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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 17.12.2003
Aktenzeichen: 5 UE 1734/02
Rechtsgebiete: 2. ÄndS, EWS, KAG


Vorschriften:

2. ÄndS vom 07.04.2003
EWS der Stadt Hessisch-Lichtenau v. 04.02.2002
KAG § 11
Schränken Rüstungsaltlasten auf Privatgrundstücken deren bauliche Nutzbarkeit ein, ist eine Gleichbehandlung dieser Einschränkungen mit den einen Verminderungszwang auslösenden öffentlich-rechtlichen Baubeschränkungen gerechtfertigt.
Hessischer Verwaltungsgerichtshof Im Namen des Volkes Urteil

5 UE 1734/02

In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Heranziehung zu Vorausleistungen auf einen Abwasserbeitrag

hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof - 5. Senat - durch

Vorsitzender Richter am Hess. VGH Dr. Lohmann, Richter am Hess. VGH Dr. Apell, Richter am Hess. VGH Dr. Göbel-Zimmermann, ehrenamtlichen Richter Mauch, ehrenamtlichen Richter Röll

auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 17. Dezember 2003 für Recht erkannt: Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Kassel vom 11. Januar 2002 - 6 E 810/99(3) - abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des gesamten Verfahrens zu tragen.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die beklagte Stadt wendet sich mit ihrer Berufung gegen die in erster Instanz erfolgreiche Klage des Klägers gegen seine Heranziehung zu Vorausleistungen auf einen künftigen Abwasserbeitrag.

Der Kläger ist Eigentümer des in der Gemarkung ......................... der Beklagten liegenden Grundstücks Flur .., Flurstück ../.., B-Straße.

Die Beklagte lässt aufgrund eines von ihr aufgestellten Generalentwässerungsplanes im Zusammenhang mit der Erneuerung der Kläranlage ...................... für die in deren Einzugsbereich liegenden und an diese bereits angeschlossenen Stadtteile ......................., B-Stadt, .................... und ............ das dort bestehende, eine Vollkanalisation vermittelnde Leitungsnetz erneuern. Für die Stadtteile ............. und ..................., die bislang nur über eine Teilkanalisation verfügten, verschafft sie den in diesen Stadtteilen liegenden Grundstücken über den Anschluss an die vorgenannte Kläranlage erstmals eine Vollkanalisation, die es erlaubt, sämtliche Abwässer unvorbehandelt dem Abwassernetz zuzuführen.

Mit Bescheid vom 27. Januar 1999 zog die Beklagte den Kläger für sein oben genanntes Grundstück zu einer Vorausleistung auf einen künftigen Abwasserbeitrag in Höhe von 1.995,00 DM heran. Die damalige Heranziehung beruhte auf den Regelungen der Entwässerungssatzung der Beklagten vom 8. Dezember 1994 in der Fassung der 7. Änderungssatzung vom 11. September 1998.

Mit Schreiben vom 17. Februar 1999 legte der Kläger gegen den Heranziehungsbescheid Widerspruch ein, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 11. März 1999 zurückwies.

Mit Schreiben vom 24. März 1999 - eingegangen beim Verwaltungsgericht Kassel am 25. März 1999 - hat der Kläger Klage erhoben.

Zur Begründung hat er die seiner Ansicht nach fehlerhafte Beitragssatzregelung in der zugrundegelegten Entwässerungssatzung gerügt.

Der Kläger hat sinngemäß beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 27. Januar 1999 in der Gestalt ihres Widerspruchsbescheides vom 11. März 1999 aufzuheben.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat ihre damalige Entwässerungssatzung, insbesondere die dort vorgesehene Beitragssatzregelung für rechtmäßig gehalten.

Mit Urteil vom 11. Januar 2002 hat das Verwaltungsgericht den Vorausleistungsbescheid der Beklagten vom 27. Januar 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. März 1999 aufgehoben, weil es die Beitragssatzregelung in § 10 Abs. 2 EWS in der Fassung der 7. Änderungssatzung vom 14. September 1998 für die Erneuerung der Vollkanalisation in den Stadtteilen ......................, B-Stadt, .................. und ............ für unwirksam gehalten hat.

Nach Erlass einer neuen Entwässerungssatzung vom 14. Februar 2002, die nach ihrem durch die 1. Änderungssatzung vom 1. März 2002 geänderten Art. 3 Nr. 1 mit den diesbezüglichen Regelungen rückwirkend zum 1. Dezember 2001 in Kraft getreten war, hat der Senat auf Antrag der Beklagten mit Beschluss vom 13. Juni 2002 - 5 UZ 507/02 - die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts aufgrund der neuen Rechtslage zugelassen. Nach § 1 EWS betreibt die Stadt nunmehr zur Erfüllung ihrer Pflicht zur Abwasserbeseitigung sechs öffentliche Einrichtungen, darunter als eine Einrichtung die der Abwasserreinigungsanlage ...................... zugeordneten Anlagen (................, .......- ..........., ..........., .........................., ................ und ................).

Mit der 2. Änderungssatzung vom 7. April 2003 hat die Beklagte § 10 Abs. 2 EWS erneut geändert und neue Beitragssätze hinsichtlich Grundstücksfläche und Geschossfläche festgelegt. Dem liegt ein geändertes Bauprogramm zugrunde, das nur noch die bis zum Jahr 2005 beabsichtigten und finanzierbaren Maßnahmen an der Einrichtung einbezieht.

Zur Begründung ihrer Berufung trägt die Beklagte vor, sie verfüge nunmehr über eine rechtswirksame Grundlage für den angefochtenen Heranziehungsbescheid. In der neuen Satzung seien auf der Basis von nunmehr sechs öffentlichen Einrichtungen ordnungsgemäß errechnete und untereinander stimmige Schaffens- und Ergänzungsbeiträge festgelegt worden. Damit seien die Bedenken, auf die das erstinstanzliche Gericht sein der Klage stattgebendes Urteil gestützt habe, ausgeräumt. Nach Durchführung einer Anhörung im Stadtteil ................. und weiterer in der Zwischenzeit gewonnener Erkenntnisse zur Nutzung und Nutzbarkeit der dortigen Grundstücke sei die Beitragssatzkalkulation für die öffentliche Einrichtung für die Ortsteile .............., ......................., ...................., .........., ........... und ...................... durch die 2. Änderungssatzung zur Entwässerungssatzung angepasst worden. Zunächst habe die Stadtverordnetenversammlung ein modifiziertes Bauprogramm beschlossen, auf dessen Grundlage die Abwasserbeiträge neu kalkuliert worden seien. Man gehe nunmehr davon aus, dass in .................... - abweichend von bisherigen Vorgaben - 664.680 € investiert würden, wobei sich diese Zahl daraus erkläre, dass nur solche Kosten eingestellt worden seien, die bis zum Jahre 2005 anfallen sollten und die die Stadt auch finanzieren könne. Für den Stadtteil .................... bestehe eine Abrundungssatzung. Diese weise nach der Änderung eine Baumassenzahl von 5,0 aus, was einer Geschossflächenzahl von 1,4 entspreche. In diesem Ortsteil seien unzählige Trümmer aus der Munitionsproduktion während des dritten Reiches vorhanden. Es handele sich um ausladende Bunkerbauwerke mit überdimensionalen Fundamenten und Stahlbetonkonstruktionen, die zwar bei Kriegsende gesprengt worden seien, von denen die Fundamente aber erhalten seien. Auch die durch die Sprengung entstandenen Trümmer seien nicht entfernt worden. Um diese seien in der Folgezeit Erdwälle aufgeschüttet worden. Das führe letzten Endes dazu, dass die fraglichen Grundstücke nicht oder nur untergeordnet genutzt werden könnten. Der unverhältnismäßig hohe Aufwand zur Entfernung der Trümmer, Erdwälle und Fundamente verhindere, dass entsprechende Beseitigungsbestrebungen entständen. Aus diesem Grund sei es zu einer Verminderung der Geschossflächenzahlen bei den betroffenen Grundstücken gekommen. Dabei habe die Stadt nicht die Grundstücksflächen selbst reduziert, sondern sei davon ausgegangen, dass die bauliche Ausnutzbarkeit wegen der vorgeschilderten Situation eingeschränkt sei und damit die Geschossflächenzahl beeinflusst werde. Selbstverständlich gingen geringere Ausnutzbarkeiten bei einzelnen Grundstücken mit einer Reduzierung der Gesamtfläche einher, so dass sich daraus letztlich eine Höherbelastung aller Beitragspflichtigen ergebe. Die von Klägerseite angesprochenen Berechnungen des Ingenieurbüros A. seien keine von der Stadtverordnetenversammlung anerkannten und beschlossenen Grundlagen für die Beitragssatzkalkulation. Allein die im modifizierten Bauprogramm zugrundegelegten Investitionskosten seien von der Stadtverordnetenversammlung anerkannt und entsprechend beschlossen worden. Darauf habe sich die Verwaltung bei der Kalkulation der Beiträge gestützt. Allerdings seien für die so genannten "Hessentagsstraßen" bereits die Erkenntnisse des Gutachtens A. eingeflossen.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Kassel vom 11. Januar 2002 die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er wendet sich im Berufungsverfahren nunmehr im Wesentlichen gegen die Grundlagen und Ergebnisse der Kalkulation der Beklagten, die zu den in der Satzung vorgesehenen Beitragssätzen geführt hat. Seiner Ansicht nach hat die Beklagte zum einen zu hohe Gesamtkosten für das vorgesehene Bauprogramm zugrunde gelegt. Zum anderen sei die Beklagte bei der Kalkulation für den Ortsteil .................. von einer zu geringen baulichen Ausnutzbarkeit ausgegangen. So habe die ursprüngliche Abrundungssatzung eine Geschossflächenzahl von 2,4 vorgesehen. Diese sei für die Kalkulation maßgeblich.

Dem Gericht haben folgende Unterlagen vorgelegen und sind insgesamt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen:

Die Gerichtsakte des Verfahrens, der Verwaltungsvorgang der Beklagten bezüglich der Heranziehung des Klägers (1 Hefter), Kalkulationsunterlagen der Beklagten (1 Karton), 1 Ordner der Beklagten "Finanzierungshilfeantrag 2002/2005, 1 Ordner der Beklagten "Juli 2002 - Ingenieurbüro A.", 2 Ordner der Beklagten "Kanal 2003 - Ingenieurbüro A.", 1 Hefter der Beklagten "Dokumentation ...................", 1 Lageplan der HIM ".....................", 1 Leitungsplan ".................." sowie 1 Hefter des Klägers "A-Stadt-OT ........................".

Entscheidungsgründe:

Die vom Senat mit Beschluss vom 13. Juni 2002 (5 UZ 507/02) zugelassene Berufung der Beklagten ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere fristgerecht begründet worden.

Die Berufung ist auch begründet.

Der Bescheid der Beklagten über die Heranziehung des Klägers zu einer Vorausleistung auf einen Abwasserbeitrag vom 27. Januar 1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11. März 1999 ist zum maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

Die Beklagte hat nach Ergehen des Urteils des Verwaltungsgerichts vom 11. Januar 2002 mit ihrer neuen Entwässerungssatzung vom 4. Februar 2002, die nach ihrem durch die 1. Änderungssatzung vom 1. März 2002 rückwirkend geänderten Art. 3 Nr. 1 mit den die Beitragserhebung betreffenden Regelungen rückwirkend zum 1. Dezember 2001 in Kraft getreten ist, eine neue Rechtsgrundlage geschaffen. Diese hat sie durch ihre 2. Änderungssatzung vom 7. April 2003 in den Beitragssätzen für die Grundstücksfläche und die Geschossfläche erneut geändert. Diese - nunmehr geltende - Fassung der Entwässerungssatzung - im Folgenden: EWS - ist der Entscheidung über die Rechtmäßigkeit des streitigen Bescheides über die Heranziehung zu einer Vorausleistung zugrunde zu legen. Die Erhebung von Vorausleistungen auf den künftigen Beitrag setzt voraus, dass eine gültige satzungsrechtliche Grundlage besteht. Tritt eine gültige Beitragssatzung erst nach Erlass des Vorausleistungsbescheides in Kraft, so kann der Bescheid - bei rückwirkendem Satzungsrecht mit Wirkung für die Vergangenheit, ansonsten mit Wirkung für die Zukunft - rechtmäßig werden. Für die gerichtliche Überprüfung kommt es auf die Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung an (vgl. Beschlüsse des Senats vom 12. November 1996 - 5 TG 2230/96 -, HSGZ 1997, 290 = NVwZ-RR 1998, 127, vom 30. Juli 1996 - 5 TG 2261/96 -, und vom 27. Juli 2001 - 5 UZ 1450/01 -).

Die nunmehr geltende Entwässerungssatzung der Beklagten in der Fassung der 2. Änderungssatzung hat die Mängel des früheren Satzungsrechts beseitigt. Damit verfügt der streitige Vorausleistungsbescheid über eine wirksame Rechtsgrundlage. Die Satzung hat nunmehr im Gegensatz zu ihrer Vorgängerregelung sechs selbständige öffentliche Einrichtungen zur Abwasserbeseitigung gebildet (§ 1 EWS), darunter das der Abwasserreinigungsanlage für die ............, ..................., ..........., ...................., ........-........... und .............. zugeordnete System. Um die Beitragserhebung für die Erweiterung und Erneuerung dieser öffentlichen Einrichtung wird im vorliegenden Verfahren gestritten. Nach § 10 Abs. 2 EWS sind gesonderte Beitragssätze ausgewiesen einerseits (a) für "Neuanlieger", die mit einem Schaffungsbeitrag für die erstmalige Verschaffung der Anschlussmöglichkeit zu belasten sind, andererseits (b) für "Altanlieger", die sich mit einem ihren ursprünglichen Schaffungsbeitrag ergänzenden Beitrag am hinzukommenden Aufwand für Erneuerungs- und Erweiterungsarbeiten an den bislang bestehenden Anlagen zu beteiligen haben. Dieser "Ergänzungsbeitrag" für Altanlieger ist zusätzlich stadtteilbezogen differenziert. Innerhalb der hier streitigen öffentlichen Einrichtung sind unterschiedliche Beitragssätze hinsichtlich des Ergänzungsbeitrags für einerseits die Stadtteile ..............., Siedlung .........., ................ und ................., andererseits für die Stadtteile ....................... und .................. festgelegt (§ 10 Abs. 2 b Spalten 1 und 2 EWS). Dies trägt der Tatsache Rechnung, dass die betroffenen Anliegergruppen einer unterschiedlichen Belastung für die jeweilige "Altanlage" ausgesetzt waren, was sich - folgerichtig - bei der Abrechnung der Erneuerungs- und Erweiterungsarbeiten zur Herstellung der stadtteilübergreifenden einheitlichen Vollkanalisation in unterschiedlich hohen Ergänzungsbeiträgen ausdrückt. Die Rechtmäßigkeit dieser Satzungskonstruktion hat der Senat bereits in seinem Beschluss über die Zulassung der Berufung der Beklagten festgestellt (Beschluss vom 13. Juni 2002 - 5 UZ 507/02 -; gleich lautend Beschluss vom selben Tag - 5 UZ 427/02 -, HSGZ 2002, 446 = KStZ 2003, 78). Diese rechtliche Grundüberlegung der Beitragsregelung der Beklagten in ihrer neuen Entwässerungssatzung ist nach dem Zulassungsverfahren auch von Klägerseite im Berufungsverfahren nicht mehr in Zweifel gezogen worden. Streitig ist nunmehr seitens des Klägers nur noch die Richtigkeit der von der Beklagten bei der Errechnung der Beitragssätze angestellten Kalkulation.

Die Festlegung eines Beitragssatzes durch den Satzungsgeber erfordert eine Rechenoperation, bei der der voraussichtlich umlagefähige Aufwand durch die aus der insgesamt zu belastenden Fläche errechnete Summe der satzungsrechtlich maßgeblichen Maßstabseinheiten zu teilen ist, um so den auf die Einzelmaßstabseinheit entfallenden Betrag zu ermitteln. Nach der Rechtsprechung des Senats beschränkt sich die gerichtliche Kontrolle für eine derartige "Globalkalkulation" auf eine Ergebniskontrolle; das heißt zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung muss eine Kalkulation vorliegen, die die satzungsmäßigen Beitragssätze trägt (vgl. die Nachweise in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand: September 2003, § 8 Rdnrn. 867 f.).

Die Beklagte hat ausweislich der von ihr vorgelegten Kalkulation des Abwasserbeitrags für die Einrichtung der Abwasserbehandlungsanlage ................. (bestehend aus ..........., ............, ..................., .................., .................... und ................) zunächst den "Schaffungsbeitrag für Neuanlieger im Einrichtungsgebiet" ermittelt. Dieser bezieht sich auf die Möglichkeit des Anschlusses an die neu herzustellende gemeinsame Vollkanalisation für die - schon früher mit Vollkanalisation ausgestatteten - Stadtteile ................, ..........., .................... und .................. und die - bislang nur über eine Teilkanalisation verfügenden - Stadtteile ........................ und ............. . In diesen sind sämtliche Kosten einzustellen, die auf den noch genutzten Bestand der Altanlagen, die Erneuerungs- und Erweiterungsarbeiten zur Herstellung der neuen Vollkanalisation sowie auf künftige Erweiterungen aus Anlass des Anschlusses neuer Baugebiete entfallen. Auf der "Flächenseite" sind sämtliche schon an die Altanlagen anschließbaren, sowie die im Zuge des Ausbaus zu einer neuen Vollkanalisation und künftiger Baugebietserweiterungen hinzukommenden Flächen zu berücksichtigen. Dementsprechend ist die Beklagte vorgegangen und hat so einen "Schaffungsbeitrag für Neuanlieger" im Gebiet dieser Einrichtung nach der 2. Änderungssatzung in Höhe von 2,11 € je qm Grundstücksfläche und 2,34 € je qm Geschossfläche ermittelt. Von diesem Schaffungsbeitrag ausgehend hat die Beklagte den "Ergänzungsbeitrag" ermittelt, dem die Aufgabe zukommt, die mit den ursprünglichen Schaffungsbeiträgen verbundene Belastung auf die Höhe des Schaffungsbeitrags für die neu geschaffene Vollkanalisation gleichsam "aufzustocken". Die Belastung der Altanlieger mit der Differenz zwischen dem Schaffungsbeitrag der Neuanlieger für die neu geschaffene Vollkanalisationsanlage und ihrem ursprünglichen eigenen Schaffungsbeitrag stellt innerhalb der verschiedenen Anliegergruppen die mit der Globalberechnung bezweckte Gleichmäßigkeit der Belastung her. Durch einen Vergleich der Schaffungsbeiträge der Altanlieger der früheren Anlagen mit dem errechneten Schaffungsbeitrag der Neuanlieger hat die Beklagte die zu entrichtenden Ergänzungsbeiträge ermittelt. Der Ergänzungsbeitrag beträgt für die .........- .........., die Siedlung ............, ................... und ................... 1,63 € je qm Grundstücksfläche und 1,74 € je qm Geschossfläche, für die Stadtteile .................... und .........-............ 2,03 € je qm Grundstücksfläche und 2,24 € je qm Geschossfläche. Die höhere Belastung für die Altanlieger in den letztgenannten Stadtteilen erklärt sich mit der geringeren früheren Belastung für die dortige Teilkanalisation. Diese Anlagen waren weniger aufwändig als die in den anderen Stadtteilen bereits eingerichteten Vollkanalisationsanlagen, und es entspricht infolge dessen der Beitragsgerechtigkeit, dass für den Ausbau der Teil- zur Vollkanalisation nunmehr auch ein entsprechend höherer Ergänzungsbeitrag zu zahlen ist.

Zum einen wird von der Klägerseite die Richtigkeit der Höhe der von der Beklagten für das von ihr nunmehr zugrunde gelegte so genannte "Bauprogramm 2005" angenommenen Baukosten in Zweifel gezogen. Dafür bezieht sich die Klägerseite im Wesentlichen auf die von ihr angenommenen Ergebnisse eines Gutachtens des Ingenieurbüros A., das nach ihrem Vortrag erheblich geringere Kosten für die geplanten Maßnahmen prognostiziert.

Die Beklagte hat sowohl ihre Kalkulation, als auch umfangreiche Unterlagen über die Höhe der zugrunde gelegten Beträge der jeweiligen einzelnen Baumaßnahmen vorgelegt. Diese beruhen der Höhe nach zum einen - soweit die Maßnahmen bereits abgeschlossen sind - auf den tatsächlichen Baukosten, zum anderen auf Schätzungen nach der Anlage zur Verordnung über pauschale Investitionszuweisungen zum Bau von Abwasseranlagen vom 26. April 2002 (GVBl. I S. 97 ff.). Die Vertreter der Beklagten haben in der mündlichen Verhandlung im Einzelnen dargelegt, dass die gesamte bisherige Planung des Bauprogramms auf den Erkenntnissen des Anfang der 90er Jahre erstellten Gutachtens des Ingenieurbüros B. beruhe. Zur Überprüfung und Aktualisierung der Erkenntnisse dieses Gutachtens hat die Beklagte ein weiteres Gutachten - diesmal mit hydrodynamischer Berechnung - des Ingenieurbüros A. in Auftrag gegeben. Ein Teil dieses Gutachtens über die so genannten "Hessentagsstraßen" ist bereits vorzeitig im August 2002 der Beklagten vorgelegt worden. Nach ihren Ausführungen sind dessen Erkenntnisse bezüglich der Maßnahmen in den so genannten "Hessentagsstraßen" bereits in die Kalkulation eingeflossen. Weitere Ergebnisse des Gutachtens des Ingenieurbüros A., dessen Abschluss nach Bekunden der Beklagten noch nicht vorliegt, sind im August des Jahres 2003 bei der Beklagten eingegangen, von ihren politischen Gremien aber noch nicht in die Planungen einbezogen worden. Demgegenüber vermeint die Klägerseite - wie sie vorträgt "vom Hörensagen" - erfahren zu haben, dass aufgrund dieses Gutachtens nunmehr erheblich geringere Kosten zu erwarten seien.

Der klägerische Vortrag weckt insofern keine Zweifel an der Richtigkeit der von der Beklagten in die Kalkulation eingestellten Kosten. Soweit bereits abgeschlossene Baumaßnahmen mit den tatsächlichen Kosten angesetzt werden, ist dies bereits der Höhe nach nicht zu beanstanden. Soweit die Beklagte bei der Kalkulation von den gegenwärtig maßgeblichen Planungen ausgeht und auf deren Grundlage die Kostenschätzungen nach der Anlage zur Verordnung über pauschale Investitionszuweisungen zum Bau von Abwasseranlagen vorgenommen hat, ist auch dies nicht zu beanstanden. Zum einen ist dabei zu berücksichtigen, dass der Kommune bei der Planung derartiger Maßnahmen zum Bau und zur Erweiterung und Erneuerung von Abwasseranlagen ein weites Planungsermessen zusteht. Insofern ist es nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte ihrer Kalkulation den Stand der gegenwärtigen Planungen zugrunde legt. Zum anderen ist zu berücksichtigen, dass Beitragskalkulationen zwangsläufig Prognoseanteile enthalten. Dies bezieht sich auf Kostenanteile, die für zukünftige Maßnahmen einbezogen werden, insbesondere aber auch auf die Beurteilung von Vorausleistungen, da in diesem Fall die tatsächlichen Kosten der jeweiligen Maßnahmen noch nicht im Einzelnen abschließend feststehen. Gegenüber den von der Beklagten vorgelegten Kostenansätzen hat die Klägerseite letztlich keine substantiierten Zweifel wecken können. Vielmehr ist die Beklagtenseite - soweit erkennbar - von den derzeit abschätzbaren Kostenansätzen ausgegangen.

Entgegen der Ansicht der Klägerseite sind auch die von der Beklagten in die Kalkulation eingestellten beitragspflichtigen Flächen des Ortsteils ...................... nicht zu beanstanden.

Der Ortsteil ...................... war im Zweiten Weltkrieg Standort für ausgedehnte Munitionsproduktionsanlagen. Es befinden sich deshalb dort auf vielen Grundstücken noch - teilweise unterirdische - Überreste der damaligen Anlagen sowie von Bunkern, die zwar von alliierter Seite nach Kriegsende größtenteils gesprengt, jedoch in wesentlichen Teilen nicht beseitigt worden sind. Außerdem sind in der Vergangenheit für diese Produktionsanlagen in großem Umfang Versorgungsleitungen in großer Dimensionierung und über die heutigen Privatgrundstücke hinweg angelegt worden, die auch heute noch in großen Teilen in Betrieb sind.

Für den Ortsteil ..................... bestand in der Vergangenheit eine so genannte Abrundungssatzung nach § 34 Abs. 4 Baugesetzbuch - BauGB -, die jedoch keine Festsetzung der nutzbaren Geschossfläche in Form einer Geschossflächenzahl enthielt. Insofern wurde ursprünglich gemäß § 14 Abs. 1 EWS als Geschossflächenzahl für den unbeplanten Innenbereich für dieses Gebiet als Industrie- und sonstiges Sondergebiet eine Geschossflächenzahl von 2,4 zugrunde gelegt. Weil dieser Nutzungsgrad jedoch aufgrund der örtlichen Verhältnisse nicht zu erreichen war, hat die Stadtverordnetenversammlung der Beklagten am 23. August 2002 die Abrundungssatzung für den Ortsteil ........................ geändert und das Maß der baulichen Nutzung für dieses Gebiet auf die Baumassenzahl 5,0 festgesetzt. Danach ergibt sich nach § 13 in Verbindung mit § 12 Abs. 2 EWS für dieses Gebiet eine Geschossflächenzahl von 1,4. Weil jedoch bei einem großen Teil der Grundstücke des Ortsteils durch Kanal-, Wasser- und Stromleitungen sowie durch Trümmer der ehemaligen Produktionsanlagen ein erheblicher Anteil der Grundstücksfläche nicht nutzbar ist, hat die Beklagte die jeweils nicht nutzbare Grundstücksfläche ermittelt und danach die jeweils zugrunde zu legende Geschossfläche beschränkt. Ihre Vertreter haben dazu in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erläutert, dass den Feststellungen des Trümmerbestandes ein entsprechender Plan der Hessischen A. GmbH zugrunde liegt. Auf Grundlage der Eintragung in den Plan sei jeweils vor Ort festgestellt worden, inwieweit sich auf den Grundstücken noch nutzbare Gebäudeteile befänden. Soweit diese nutzbar waren, hat die Beklagte insofern nach ihrem Vortrag die Geschossflächen nicht vermindert. Soweit Beeinträchtigungen durch Trümmer und andere unterirdische Anlagen festgestellt wurden, hat die Beklagte nach ihrem Vortrag anhand des Planes diese Flächen vermessen und insoweit die der Ermittlung der Geschossfläche zugrunde zu legende nutzbare Fläche vermindert. Diese Vorgehensweise ist nicht zu beanstanden.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Erschließungsbeitragsrecht sind öffentlich-rechtliche Baubeschränkungen, die die Ausschöpfung des für ein Grundstück vorgesehenen Maßes der zulässigen baulichen Nutzung hindern, bei der Anwendung der satzungsmäßigen Verteilungsregelung zu berücksichtigen, wenn das behinderte Nutzungsmaß eine Komponente des einschlägigen Verteilungsmaßstabs darstellt (BVerwG, Urteil vom 3. Februar 1989 - 8 C 66.87 -, BVerwGE 81, 251, zum beplanten Gebiet, und Urteil vom 10. Oktober 19995 - 8 C 12.94 -, Buchholz 406.11 § 131 BauGB Nr. 100 = NVwZ 1996, 800, zum unbeplanten Innenbereich). Von einem derartigen "Verminderungszwang" ist auch für das Anschlussbeitragsrecht auszugehen. Hier legt die Entwässerungssatzung der Beklagten als Verteilungsmaßstab in § 10 EWS zum einen die Grundstücksfläche und zum anderen die zulässige Geschossfläche zugrunde. Hinsichtlich der Grundstücksfläche ist das Nutzungsmaß keine Komponente des einschlägigen Verteilungsmaßstabs, so dass die Beklagte zu Recht insoweit die Fläche bei der Ermittlung des auf die Grundstücksfläche entfallenden Beitragsanteils nicht vermindert hat. Soweit der Beitragsmaßstab in § 10 EWS jedoch die zulässige Geschossfläche berücksichtigt, ist das bauliche Nutzungsmaß Teil des Verteilungsmaßstabs, so dass Beschränkungen zu berücksichtigen sind. Die Beklagte hat zum einen die Flächen, die durch öffentliche Versorgungsleitungen in Anspruch genommen sind und deshalb nicht überbaut werden dürfen, zum anderen aber auch die durch eine Bebauung hindernde Trümmer belegten Flächen bei der Ermittlung der Geschossfläche herausgerechnet. Hinsichtlich der öffentlichen Versorgungsleitungen, die nicht überbaut werden dürfen, ist von öffentlich-rechtlichen Baubeschränkungen auszugehen, die die Ausschöpfung des für das jeweilige Grundstück vorgesehenen Maßes der zulässigen baulichen Nutzung hindern. Zu Recht hat nach Ansicht des Senats die Beklagte aber auch die Beschränkungen durch die Bauwerkreste aus dem Zweiten Weltkrieg und deren Trümmer berücksichtigt. Die tatsächliche Beschränkung der baulichen Nutzbarkeit durch diese Trümmer, deren Beseitigung nach Beispielsrechnungen der Beklagten meist einen Aufwand erfordern würden, der über dem Wert des Grundstücks liegt, kommt den oben genannten öffentlich-rechtlichen Baubeschränkungen in der Wirkung gleich. Eine bauliche Nutzung ist insoweit ausgeschlossen. Die Nähe zu öffentlich-rechtlichen Baubeschränkungen wird durch die öffentlichen Lasten zur Beseitigung der Altlasten unterstrichen.

Die Beklagte hat eine Aufstellung über sämtliche einzelnen Grundstücke des Ortsteils ......................, bei denen sie eine Verminderung der Geschossfläche angenommen hat, vorgelegt und dies durch Beispiele in einer Dokumentation untermauert. Die gegen die Richtigkeit dieser Ermittlung von Klägerseite vorgebrachten Zweifel überzeugen den Senat nicht. So hat die Klägerseite zwar eine Anzahl von kurzfristig gefertigten Fotografien einzelner Grundstücke aus dem Ortsteil .................... vorgelegt. Aus diesen ergibt sich jedoch nicht, dass die Beklagte für einzelne Grundstücke falsche Werte zugrunde gelegt hat. Vielmehr konnten die Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat jeweils zu den dargestellten Grundstücken Stellung nehmen. Fehler oder Zweifel an den von der Beklagten zugrunde gelegten Flächen haben sich nicht ergeben. Auch das tatsächliche Vorgehen bei der Ermittlung und Berechnung der Flächen hat die Beklagtenseite nachvollziehbar dargelegt. Insgesamt ergeben sich deshalb keine durchgreifenden Zweifel an der von der Beklagten zur Ermittlung der Beitragssätze angestellten Kalkulation.

Da somit nunmehr eine rechtmäßige Satzungsgrundlage in der Entwässerungssatzung der Beklagten vom 4. Februar 2002 in der Fassung der 2. Änderungssatzung vom 7. April 2003 vorliegt, ist damit der ursprünglich rechtswidrige, im vorliegenden Verfahren streitige Vorausleistungsbescheid vom 27. Januar 1999 rechtmäßig geworden. Auch der Höhe nach steht die geänderte satzungsrechtliche Grundlage einer Heilung nicht entgegen, da die Beklagte sich bei der Erhebung der Vorausleistungen auf einen Teilbetrag in Höhe von 1,50 DM je qm Grundstücksfläche und Geschossfläche beschränkt hatte. Die damit verbundene Belastung bleibt hinter den - jetzt in Euro ausgedrückten - Beitragssätzen des neuen Satzungsrechts deutlich zurück. Da in dem Heranziehungsbescheid vom 27. Januar 1999 die Vorausleistung ganz allgemein auf einen "Abwasserbeitrag" bezogen war, deckt sich dies auch mit der nunmehr gültigen Beitragssatzregelung der neuen Entwässerungssatzung, nach der die Unterscheidung zwischen Netz- und Kläranlagenbeitrag aufgegeben worden ist.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit den §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung - ZPO -.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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