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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 16.06.2004
Aktenzeichen: 5 UE 233/04
Rechtsgebiete: BuVwKostG, HVwKostG Fassung 1972


Vorschriften:

BuVwKostG § 20
HVwKostG Fassung 1972 § 17
Auf die vierjährige Frist ab Anspruchsentstehung, mit deren Ablauf der Anspruch auf Zahlung von Kosten nach § 17 Abs. 1 HVwKostG Fassung 1972 erlischt, finden die einzelnen Tatbestände für die Unterbrechung der Verjährung des § 17 Abs. 3 HVwKostG Fassung 1972 nur Anwendung, wenn der jeweilige Tatbestand nicht eine bereits fällige Zahlungsverpflichtung voraussetzt.
Hessischer Verwaltungsgerichtshof Im Namen des Volkes Urteil

5 UE 233/04

In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Vermessungskosten

hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof - 5. Senat - durch

Vorsitzenden Richter am Hess. VGH Dr. Lohmann, Richter am Hess. VGH Dr. Apell, Richter am Hess. VGH Schneider, ehrenamtlicher Richter Wilhelm Wald, ehrenamtlicher Richter Bernd Weber,

auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 16. Juni 2004 für Recht erkannt: Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Kassel vom 19. Februar 2003 - 6 E 349/01 - wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Beklagte begehrt mit seiner Berufung die Abweisung der in erster Instanz erfolgreichen Klage gegen einen von ihm erlassenen Bescheid über Vermessungskosten. Im Auftrag des Klägers vom 24. Oktober 1993 nahm der Beklagte eine Teilungsvermessung vor, mit der er im November 1993 begann. Die Vermessungsschriften reichte der Beklagte im September 1994 beim Katasteramt A-Stadt ein.

Auf eine an ihn gerichtete Kostenanforderung des Beklagten vom 7. April 1995 zahlte der Kläger trotz Mahnung des Beklagten vom 8. Oktober 1996 nicht. Im Jahr 1999 wurde seitens des Beklagten der Landkreis A-Stadt mit der Vollstreckung beauftragt, der diese dem Kläger am 13. Juli 1999 ankündigte.

Nachdem der Kläger vor dem Verwaltungsgericht Kassel (Az.: 6 E 2585/99) Feststellungsklage bezüglich der Berechtigung der Vollstreckung erhoben hatte, erklärte der Beklagte in diesem Verfahren, dass aus der Kostenanforderung vom 7. April 1995 keine weiteren Rechte hergeleitet würden, nachdem seitens des Verwaltungsgerichts darauf hingewiesen worden war, dass es sich bei der Kostenanforderung nach der Rechtsprechung der Kammer nicht um einen Verwaltungsakt handele.

Mit Bescheid vom 22. März 2000 forderte daraufhin der Beklagte vom Kläger einen Betrag von 6.787,02 DM.

Mit Widerspruchsbescheid vom 22. Januar 2001 gab das Hessische Landesvermessungsamt dem Widerspruch des Klägers vom 27. März 2000 in Höhe eines Betrages von 54,59 DM statt und setzte die Kostenschuld neu mit 6.732,43 DM fest. Im Übrigen wies es den Widerspruch zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Mahnung und die Vollstreckungsankündigung die Verjährung unterbrochen hätten. Die Verjährungsfrist beginne erst mit Ablauf des Jahres, in dem der Verwaltungsakt bekannt gegeben worden sei.

Mit am 15. Februar 2001 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz seines Bevollmächtigten hat der Kläger Klage erhoben.

Zur Begründung hat er sich auf die Verjährung des Anspruchs nach § 19 Abs. 1 Hessisches Verwaltungskostengesetz in der Fassung vom 3. Januar 1995 (im Folgenden: HVwKostG 1995) mit Ablauf des Jahres 1998 berufen. Soweit von einer Unterbrechung der Verjährung durch die Mahnung auszugehen sei, sei der Anspruch mit Ablauf des Jahres 1999 verjährt. Der Vollstreckungsversuch habe die Verjährung nicht unterbrochen, da die Vollstreckungsgrundlage - ein zu vollstreckender Verwaltungsakt - gefehlt habe. Im Übrigen habe der Beklagte sich durch Erklärung vom 7. Februar 2000 verpflichtet, keine weiteren Rechte aus der Kostenanforderung herzuleiten. Darüber hinaus dürfe der Beklagte die entstandenen Kosten gar nicht durch Verwaltungsakt festsetzen.

Der Kläger hat beantragt,

den Kostenbescheid vom 22. März 2000 und den Widerspruchsbescheid des Hessischen Landesvermessungsamtes vom 22. Januar 2001 aufzuheben.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat vorgetragen, zugrunde zu legen sei das Hessische Verwaltungskostengesetz in der Fassung von 1972 (im Folgenden: HVwKostG 1972) und nicht, wie der Kläger irrig annehme, die Fassung aus dem Jahr 1995. Die Mahnung und die Vollstreckungsandrohung hätten die Verjährung unterbrochen. Nach § 17 Abs. 6 HVwKostG 1972 erlösche der Kostenanspruch nicht vor Ablauf von sechs Monaten, nachdem die Kostenentscheidung unanfechtbar geworden sei oder sich das Verfahren auf andere Weise erledigt habe. Es liege auch kein wirksamer Verzicht auf den Kostenanspruch vor. Die Erklärung vom 7. Februar 2000 betreffe nur die Kostenanforderung vom 7. April 1995, nicht aber den Kostenanspruch selbst. Nach hessischem Recht müssten öffentlich bestellte Vermessungsingenieure die bei ihnen entstandenen Kosten durch Verwaltungsakt geltend machen. Dies entspreche auch der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung.

Mit Urteil vom 19. Februar 2003 hat das Verwaltungsgericht den Kostenbescheid des Beklagten vom 22. März 2000 sowie den Widerspruchsbescheid des Hessischen Landesvermessungsamtes vom 22. Januar 2001 aufgehoben, weil der Zahlungsanspruch des Beklagten mit Ablauf des Jahres 1998 nach der auf diesen Fall noch anzuwendenden Vorschrift des § 17 Abs. 1 HVwKostG 1972 durch Verjährung erloschen sei.

Auf Antrag des Beklagten hat der Senat mit Beschluss vom 21. Januar 2004 dessen Berufung zugelassen.

Zur Begründung der Berufung führt der Bevollmächtigte des Beklagten aus, entgegen der Auffassung des angefochtenen Urteils sei die dem Kostenbescheid vom 22. März 2000 zugrunde liegende Forderung nicht verjährt. Dieses komme nur deshalb zu einem Ablauf der Festsetzungsverjährung, weil es das Verwaltungskostengesetz in der Fassung von 1972 und nicht in der Fassung von 1995 zugrunde lege, in der die vierjährige Festsetzungsverjährung nicht mehr enthalten sei. Die Amtshandlung des Beklagten sei im September 1994 abgeschlossen gewesen. Gemäß Art. 7 des Gesetzes zur Änderung verwaltungsverfahrens- und kostenrechtlicher Vorschriften vom 1. Dezember 1994 finde deshalb die neue Gesetzesfassung Anwendung. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus Art. 7 Nr. 4 der Übergangsvorschriften, da dort klargestellt sei, dass die bisherigen Vorschriften nur dann Anwendung fänden, wenn die Amtshandlung noch nicht beendet sei. Entgegen der Auffassung des angefochtenen Urteils sei bei dieser eindeutigen Regelung auch kein Raum für eine so genannte teleologische Interpretation. Selbst wenn man aber unterstelle, dass § 17 Abs. 1 HVwKostG 1972 zur Anwendung komme, habe das angefochtene Urteil zu Recht keine Unterbrechungshandlung angenommen. Auch die Kostenanforderung vom 7. April 1995 sei geeignet gewesen, die Festsetzungsverjährung zu unterbrechen. Insoweit sei unerheblich, inwieweit sie die Voraussetzungen für einen vollstreckbaren Verwaltungsakt erfüllt habe. Darüber hinaus sei eine Unterbrechungswirkung aus § 17 Abs. 6 HVwKostG 1972 gegeben. Die Kostenanforderung sei angefochten gewesen, wobei es unerheblich sei, zu welchem Zeitpunkt die Anfechtung erhoben worden sei. Maßgeblich sei allein die Beendigung dieses Verfahrens, was mit der Erledigungserklärung vom 25. Februar 2000 geschehen sei. Innerhalb der Sechs-Monats-Frist sei ein wirksamer Kostenbescheid, nämlich der vom 22. März 2000 ergangen. Dies stelle eine erneute Unterbrechungshandlung dar. Eine etwaige Festsetzungsverjährung werde auch durch die Mahnung vom 8. Oktober 1996 und die Vollstreckungsankündigung vom 13. Juli 1999 nach § 17 Abs. 3 HVwKostG 1972 unterbrochen.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Kassel vom 19. Februar 2003 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält das erstinstanzliche Urteil für rechtlich zutreffend. Soweit im Zulassungsbeschluss ausgeführt werde, eine Verjährung des Anspruchs sei durch wirksame Unterbrechungstatbestände nicht eingetreten, werde darauf hingewiesen, dass eine solche Unterbrechung notwendigerweise einen Beginn des Laufes der Verjährungsfrist erfordere. Gemäß § 17 Abs. 1 HVwKostG 1972 verjähre der Anspruch auf Zahlung von Kosten nach drei Jahren. Die Verjährung habe bei dieser Vorschrift mit Ablauf des Kalenderjahres begonnen, in dem der Anspruch fällig geworden sei. Gemäß § 13 HVwKostG 1972 seien die Kosten mit Bekanntgabe der Kostenentscheidung an den Kostenschuldner fällig geworden. Eine solche Kostenentscheidung setze begriffsnotwendig und systematisch eine hoheitliche Entscheidungsfindung voraus, deren Abschluss durch einen Bescheid gekennzeichnet sei. Dies ergebe sich insbesondere aus § 12 HVwKostG 1972 und der Tatsache, dass die Kosten sich aus Gebühren und Auslagen zusammensetzten. Es sei daher eine offizielle Bekanntgabe der festgesetzten Kosten in Form eines Verwaltungsaktes notwendig. Eine andere Form der Bekanntmachung erfülle nicht die Voraussetzungen, die § 12 HVwKostG 1972 an eine Kostenentscheidung stelle. In § 17 Abs. 1 und 2 HVwKostG 1972 sei ausdrücklich eine Anspruchsverjährung von drei Jahren geregelt. Die so genannte Festsetzungsverjährung des § 17 Abs. 1 Satz 3 HVwKostG 1972 stelle bereits dem Wortlaut nach ("erlischt") keine Verjährungsregel im engeren Sinne, sondern vielmehr eine Ausschlussfrist für die Geltendmachung eines Zahlungsanspruches dar. Dies ergebe sich bereits aus dem Vergleich mit Abs. 1 ("verjährt"). Dieser Ausschluss werde mit Eintritt der Verjährung, spätestens jedoch mit Ablauf des vierten Jahres nach Entstehen des Anspruchs wirksam. Die Regelung diene nicht der Bestimmung der Verjährung, sondern der Rechtssicherheit. Die Unterbrechungstatbestände des Abs. 3 könnten daher nicht auf die so genannte Festsetzungsverjährung angewandt werden. Dies ergebe sich auch nach systematischer Auslegung der Norm. Eine Anwendung des Verjährungstatbestandes "schriftliche Zahlungsaufforderung" auf die so genannte Festsetzungsverjährung führe zu einem systemwidrigen Widerspruch zu der Fälligkeitsregelung in § 13 HVwKostG 1972 und den inhaltlichen Anforderungen an einer Kostenentscheidung nach § 12 HVwKostG 1972. Aus der Kostenentscheidung solle vollständig ersichtlich sein, welcher konkrete Anspruch geltend gemacht werde. Eine unspezifische Zahlungsaufforderung im Sinne von § 17 Abs. 3 HVwKostG 1972 könne daher nur dann eine rechtliche Wirkung, wie etwa eine Unterbrechung der Verjährung, erwirken, wenn bereits feststehe, worauf sich diese Zahlungsaufforderung beziehe. Im Zusammenhang mit den weiteren Unterbrechungstatbeständen wie Zahlungsaufschub, Stundung und Aussetzung der Vollziehung ergebe sich in der Gesamtschau ebenfalls, dass diesen Maßnahmen bereits eine rechtlich relevante Kostenentscheidung zugrunde liegen müsse.

Im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie des Verwaltungsvorgangs des Hessischen Landesvermessungsamtes (1 Hefter) verwiesen, die insgesamt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die vom Senat zugelassene Berufung des Beklagten ist auch im Übrigen zulässig, aber nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat der Klage des Klägers gegen den Kostenbescheid des Beklagten vom 22. März 2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides des Hessischen Landesvermessungsamtes vom 22. Januar 2001 zu Recht stattgegeben.

Rechtsgrundlage des streitigen Kostenbescheides ist § 1 Hessisches Verwaltungskostengesetz - HVwKostG - vom 11. Juli 1972 (GVBl. I S. 235, zuletzt geändert durch VwKostO vom 2. September 1993, GVBl. I S. 376) in Verbindung mit der Verwaltungskostenordnung für den Geschäftsbereich des Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung vom 14. Juni 1993 (GVBl. I S. 211). Allerdings war der mit dem Kostenbescheid vom 22. März 2000 seitens des Beklagten geltend gemachte Anspruch auch nach Ansicht des Senats - entgegen seinen Bedenken im Beschluss über die Zulassung der Berufung - bereits bei Erlass des Bescheides durch Verjährung erloschen.

Wie der Senat bereits im Zulassungsbeschluss ausgeführt hat, ist für die Frage der Verjährung die Fassung des Hessischen Verwaltungskostengesetzes vom 11. Juli 1972 und nicht die am 1. Februar 1995 in Kraft getretene Neufassung zugrunde zu legen. Zu der Neufassung durch das Gesetz zur Änderung verwaltungsverfahrens- und kostenrechtlicher Vorschriften vom 11. Dezember 1994 (GVBl. I S. 677) hat der Gesetzgeber in Art. 7 des Gesetzes Übergangsvorschriften vorgesehen. Nach Art. 7 Abs. 4 des Gesetzes gelten für Amtshandlungen, die aufgrund eines Antrages oder einer Anregung des Kostenschuldners begonnen wurden, die aber noch nicht beendet sind, die bisherigen Vorschriften, soweit sie für den Kostenschuldner im Einzelfall günstiger sind. Damit wollte der Gesetzgeber auf nach alter Rechtslage begonnene Verwaltungsverfahren die alten Kostenbestimmungen anwenden, auch wenn die Amtshandlung erst nach dem Inkrafttreten der Neufassung am 1. Februar 1995 abgeschlossen wurde, wenn die bisherigen Vorschriften im Einzelfall günstiger waren. Sollen jedoch in derartigen Fällen als Übergangsregelung die alten Kostenvorschriften Anwendung finden, so ergibt sich daraus zwingend, dass für Amtshandlungen, die im zeitlichen Geltungsbereich der alten Fassung des Hessischen Verwaltungskostengesetzes nicht nur begonnen, sondern auch beendet worden sind, erst recht die alte Gesetzesfassung Anwendung finden muss. Eine ausdrückliche Regelung dieses Falles hat der Gesetzgeber augenscheinlich deshalb unterlassen, da er davon ausgegangen ist, dass in den Fällen, in denen Amtshandlungen bereits unter der alten Gesetzesfassung beendet worden sind, diese auch kostenmäßig bereits abgerechnet sind.

Nach § 17 Abs. 1 HVwKostG 1972 verjährt der Anspruch auf Zahlung von Kosten nach drei Jahren. Die Verjährung beginnt mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Anspruch fällig geworden ist. Mit Ablauf dieser Frist, spätestens mit Ablauf des vierten Jahres nach der Entstehung, erlischt der Anspruch. Damit bestand nach dieser Gesetzesfassung neben der so genannten Zahlungsverjährung von drei Jahren ab Fälligkeit des Anspruchs eine weitere so genannte "Festsetzungsverjährung", nach der spätestens mit Ablauf des vierten Jahres nach der Entstehung der Anspruch erlosch. Diese - in der ab dem 1. Februar 1995 geltenden Neufassung des Hessischen Verwaltungskostengesetzes nicht mehr enthaltene - Regelung gab wörtlich die Regelung des § 20 Abs. 1 des Verwaltungskostengesetzes des Bundes - BuVwKostG - vom 23. Juni 1970 (BGBl. I S. 821) wieder, die insoweit auch heute noch unverändert gilt. Dort hatte der ursprüngliche Gesetzesentwurf der Bundesregierung nur die Zahlungsverjährung und ihre Hemmungs- und Unterbrechungsregelungen nach dem Vorbild der Abgabenordnung vorgesehen (BT-Drs. 6/330 S. 17 zu § 20). Auf einen in der Bundestagsdrucksache nicht begründeten Vorschlag des Innenausschusses wurde in die endgültig beschlossene Gesetzesfassung in Abs. 1 die Regelung über die absolute Festsetzungsgrenze von vier Jahren ab Anspruchsentstehung eingefügt, ohne dass insoweit Anpassungen in den Regelungen über die Hemmungs- und Unterbrechungstatbestände der Abs. 2 f. erfolgten (BT-Drs. 6/605 S. 11). Grundsätzlich geht die Kommentarliteratur deshalb von der Anwendbarkeit der Hemmungs- und Unterbrechungsmaßnahmen auch auf die vierjährige so genannte "Festsetzungsverjährung" aus, ohne allerdings die besondere Problematik zu erörtern (vgl. Schlabach, Verwaltungskostenrecht, Loseblattsammlung, Stand: Juli 2002, 3.2 § 20 VwKostG Rdnrn. 10, 15; Böhm, Hessisches Verwaltungskostenrecht, § 17).

Eine pauschale Anwendung aller Hemmungs- und Unterbrechungstatbestände des § 17 Abs. 2 und 3 HVwKostG 1972 auch auf die vierjährige so genannte Festsetzungsverjährung scheitert jedoch an den Unterschieden zur dreijährigen Zahlungsverjährung. Auf diese waren nämlich die Hemmungs- und Unterbrechungstatbestände in § 20 Abs. 2 und 3 BuVwKostG ursprünglich zugeschnitten. Wie oben bereits ausgeführt, hatte der ursprüngliche Gesetzentwurf der Bundesregierung nur die Zahlungsverjährung mit deren Hemmungs- und Unterbrechungstatbeständen nach dem Vorbild der diesbezüglichen Regelungen der Abgabenordnung vorgesehen. Die so genannte Festsetzungsverjährung hat dagegen in der Abgabenordnung spezielle eigene Regelungen (vgl. §§ 169 ff. a. a. O.). Bei der Einfügung der Festsetzungsverjährung in § 20 Abs. 1 BuVwKostG, dem § 17 Abs. 1 HVwKostG 1972 nachgebildet war, wurden diese Unterschiede jedoch nicht besonders berücksichtigt.

Die dreijährige Zahlungsverjährung beginnt mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Anspruch fällig geworden ist. Fällig wird der Anspruch gemäß § 13 HVwKostG 1972 mit der Bekanntgabe der Kostenentscheidung an den Kostenschuldner, wenn nicht die Behörde einen späteren Zeitpunkt bestimmt. Die Anforderungen an die Kostenentscheidung sind dabei in § 12 HVwKostG 1972 (§ 14 HVwKostG 1995) festgelegt. Demgegenüber beginnt die vierjährige "Festsetzungsverjährung" mit der Entstehung des Anspruchs und endet mit Ablauf des vierten Jahres nach dieser Anspruchsentstehung. Der Anspruch entsteht gemäß § 7 HVwKostG 1972 (§ 12 HVwKostG 1995), soweit ein Antrag notwendig ist, mit dessen Eingang bei der zuständigen Behörde, im Übrigen mit der Beendigung der gebührenpflichtigen Amtshandlung. Betrachtet man unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte die Unterbrechungstatbestände des § 17 Abs. 3 HVwKostG 1972, so wird deutlich - worauf auch die Bevollmächtigte des Klägers hingewiesen hat -, dass zumindest ein großer Teil dieser Tatbestände direkt auf die Zahlungsverjährung zugeschnitten sind und deshalb nur unter der Voraussetzung des Beginns der Frist der Zahlungsverjährung durch Bekanntgabe einer Kostenentscheidung eine sinnvolle Anwendung erlaubt. So setzen u. a. eine Stundung eines Kostenanspruchs, ein Zahlungsaufschub, eine Aussetzung der Vollziehung oder ein Vollstreckungsaufschub zwingend die Bekanntgabe einer Kostenentscheidung voraus, durch die erst ein Zahlungsanspruch fällig wird. Denn solange keine konkrete Zahlungspflicht besteht, kommen derartige Handlungen zur Unterbrechung, Aussetzung oder Durchsetzung dieser Pflicht sinnvoller Weise nicht in Betracht. Anderes könnte etwa für die Unterbrechungstatbestände "Anmeldung im Konkurs" oder "Ermittlungen des Kostengläubigers über Wohnsitz oder Aufenthalt des Zahlungspflichtigen" gelten, da diese auch ohne die einen Anspruch festsetzende Kostenentscheidung eine sinnvolle Anwendung denkbar erscheinen lassen.

Die im vorliegenden Fall allein in Betracht zu ziehenden Unterbrechungstatbestände "schriftliche Zahlungsaufforderung" und "Vollstreckungsmaßnahme" setzen ebenfalls einen Beginn der Zahlungsverjährung voraus. Eine schriftliche Zahlungsaufforderung, die eine Verjährung unterbrechen soll, setzt ebenso denknotwendig voraus, dass bereits ein fälliger Kostenanspruch, dass heißt eine konkrete Zahlungspflicht, besteht, zu deren Zahlung aufgefordert wird, wie eine Vollstreckungsmaßnahme einen fälligen Kostenanspruch voraussetzt, der vollstreckt werden soll. Hier war jedoch vor dem streitigen Kostenbescheid des Beklagten vom 22. März 2000 eine den Anforderungen des § 12 HVwKostG 1972 entsprechende Kostenentscheidung in Form eines Bescheides gerade nicht ergangen. Ein fälliger Kostenanspruch des Beklagten bestand demnach noch nicht. Die so genannte Kostenanforderung vom 7. April 1995 war insofern allein eine Art Rechnung, die diesen Anforderungen nicht genügte, somit keinen fälligen Kostenanspruch des Beklagten begründete. Die vierjährige Festsetzungsverjährungsfrist begann allerdings mit der Entstehung des Kostenanspruchs, d. h. mit Abschluss der Amtshandlung der Vermessung (§ 7 HVwKostG 1972), also spätestens mit Einreichung der Vermessungsschriften durch den Beklagten beim Katasteramt A-Stadt im September 1994. Die Vier-Jahres-Frist war demnach Ende des Jahres 1998 abgelaufen. Da insofern kein Unterbrechungstatbestand erfüllt ist, ist der hier streitige Kostenbescheid vom 22. März 2000 erst nach Erlöschen des Kostenanspruchs durch Ablauf der Vier-Jahres-Festsetzungsfrist ergangen. Er ist demnach rechtswidrig.

Der Bescheid ist auch nicht gemäß § 17 Abs. 6 HVwKostG 1972 als rechtmäßig anzusehen. Nach dieser Bestimmung erlöschen Ansprüche aus einer Kostenentscheidung dann, wenn diese angefochten wird, nicht vor Ablauf von sechs Monaten, nachdem die Kostenentscheidung unanfechtbar geworden ist oder das Verfahren sich auf andere Weise erledigt hat. Auch diese Regelung setzt eine Kostenentscheidung nach § 12 HVwKostG 1972 voraus. Anderes lässt sich bereits auf Grund der Verwendung des identischen Begriffs "Kostenentscheidung", der in § 12 HVwKostG 1972 bestimmt ist, nicht vertreten. Deshalb führt auch diese Regelung nicht zu einer Verlängerung der Festsetzungsfrist von vier Jahren ab Anspruchsentstehung.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten beruht auf § 167 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - in Verbindung mit den §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung - ZPO -.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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