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Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 26.11.2008
Aktenzeichen: 5 UE 291/07
Rechtsgebiete: BauGB
Vorschriften:
BauGB § 131 Abs. 1 | |
BauGB § 132 | |
BauGB § 133 |
HESSISCHER VERWALTUNGSGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Verkündet am 26. November 2008
In dem Verwaltungsstreitverfahren
wegen Heranziehung zu einer Vorausleistung auf den Erschließungsbeitrag
hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof - 5. Senat - durch
Vorsitzenden Richter am Hess. VGH Dr. Lohmann, Richter am Hess. VGH Dr. Apell, Richter am Hess. VGH Schneider, die ehrenamtliche Richterin Wendel, den ehrenamtlichen Richter Wissgott
aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 26. November 2008 für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Kassel vom 21. Dezember 2006 - 6 E 1017/06 - wie folgt abgeändert:
Der Vorausleistungsbescheid der Beklagten vom 26. Oktober 2004 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 9. Dezember 2004 und der Widerspruchsbescheid vom 7. Juni 2006 werden in Höhe des 4.397,45 € übersteigenden Betrages der streitigen Festsetzung aufgehoben.
Die Klage im Übrigen wird abgewiesen.
Insoweit wird auch die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin zu einem Sechstel und der Beklagten zu fünf Sechsteln auferlegt.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der vollstreckbaren Kosten abwenden, wenn nicht die Gegenseite zuvor Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand:
Die Klägerin ist Eigentümerin des 717 qm großen, mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks Eisenbahnweg ... im Stadtgebiet der Beklagten (Gemarkung Harleshausen, Flur ..., Flurstück ...). Sie wendet sich im vorliegenden Verfahren gegen die Heranziehung zu einer Vorausleistung auf den Erschließungsbeitrag für die Herstellung des Eisenbahnwegs als Erschließungsanlage nördlich der Einmündung des Kiefernwegs.
Der Eisenbahnweg, dessen Straßenkörper vollständig auf Grundfläche der Beklagten liegt, führt nördlich der genannten Einmündung ein kurzes Stück beidseitig durch das Stadtgebiet der Beklagten. Im weiteren Verlauf bis zur Einmündung in die Straße Steffensbreite im Norden grenzt der Eisenbahnweg nur noch auf seiner Westseite an das Stadtgebiet der Beklagten, im Osten dagegen an das Stadtgebiet der benachbarten Stadt Vellmar. Die Grundstücke auf der westlichen Straßenseite liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplans 4 A der Beklagten ("Wegmannspark"), der für dieses Gebiet ein allgemeines Wohngebiet mit zulässiger zweigeschossiger Bebauung vorsieht. Sämtliche Grundstücke auf dieser Straßenseite sind bebaut (Eisenbahnweg 17 bis 39). Von den Grundstücken auf der anderen Straßenseite sind bislang nur die auf Vellmarer Stadtgebiet gelegenen ersten vier Grundstücke südlich der Einmündung in die Straße "Steffensbreite" mit Wohnhäusern bebaut (Eisenbahnweg 32, 34, 36 und 40). Die nach Süden sich anschließenden weiteren Grundstücke auf Vellmarer Stadtgebiet sind für eine Bebauung mit insgesamt fünf Einfamilienhäusern vorgesehen; hierfür sind - ausweislich einer der Beklagten erteilten Auskunft der Stadt Vellmar vom 6. Juni 2008 - Baugenehmigungen mit einer bis 24. November 2009 verlängerten Geltungsdauer erteilt. Hinter den auf der Ostseite des Eisenbahnwegs gelegenen Grundstücken verläuft auf einer durch eine unterschiedlich breite Böschung trogartig abgesenkten Trasse der Schienenweg der Eisenbahnlinie von Kassel nach Warburg. Der Schienenweg und die ihn begrenzende Böschung nähern sich aufgrund ihres leicht bogenförmigen Verlaufs dem Eisenbahnweg in Richtung Süden zunehmend an, wodurch sich für die Grundstücke auf der östlichen Straßenseite des Eisenbahnwegs bis zur Einmündung des Kiefernwegs eine in einem spitzen Winkel endende Verschmälerung ergibt.
Nachdem die Beklagte auf der Grundlage einer Beschlussfassung ihrer Bau- und Planungskommission vom 18. Oktober 2000 zum "Ausbau des Eisenbahnwegs vom Kiefernweg bis zur Steffensbreite" auf dieser Strecke eine bituminöse Baustraße hatte anlegen lassen, zog sie die Eigentümer der auf der westlichen Straßenseite des Eisenbahnwegs gelegenen Grundstücke zu Vorausleistungen auf den Erschließungsbeitrag für diese Straßenanlage heran. Für das Grundstück der Klägerin setzte sie mit Bescheid vom 26. Oktober 2004, geändert durch Bescheid vom 9. Dezember 2004, eine Vorausleistung in Höhe von 6.486,16 € fest. Die Klägerin erhob hiergegen mit Schreiben vom 25. November 2004 Widerspruch, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 7. Juni 2006 zurückwies. Zum Merkmal der zeitlichen Absehbarkeit der endgültigen Herstellung der Erschließungsanlage als Voraussetzung für die Erhebung von Vorausleistungen gem. § 133 Abs. 3 Satz 1 des Baugesetzbuchs (BauGB) heißt es in dem Widerspruchsbescheid, dass die Bau- und Planungskommission mit Beschluss vom 15. März 2006 die Vornahme des Endausbaus mit Bordsteineinfassung, endgültiger Entwässerungsanlage sowie abschließender Asphaltdeckschicht bis Ende 2007 beschlossen habe.
Die Klägerin erhob hierauf am 27. Juni 2006 beim Verwaltungsgericht Kassel Klage. Sie machte im Klageverfahren unter Wiederaufnahme ihres Vorbringens im Widerspruchsverfahren geltend: Ein Erschließungsbeitrag für den Eisenbahnweg könne nicht erhoben werden, da diese Straße als Erschließungsanlage bereits vorhanden gewesen sei. Die Straße habe zum Teil über eine glatte Teerdecke verfügt. Ende Dezember 1957/Anfang 1958 sei eine Straßenbeleuchtung an Holzmasten mit oberirdischer Versorgungsleitung installiert worden. Anschließend sei auch die Kanalisation verlegt worden. Aufgrund dieser Maßnahmen sei von einer vorhandenen Erschließungsanlage auszugehen, weshalb für die jetzigen Ausbaumaßnahmen allenfalls Straßenbeiträge erhoben werden könnten. Zumindest müsse sich die Beklagte so behandeln lassen, als sei die Erstherstellung als Erschließungsanlage bereits in der Vergangenheit erfolgt, denn sie habe über 30 Jahre ohne Einschränkung jeglichen Verkehr auf dem Eisenbahnweg geduldet, ohne darauf hinzuweisen, dass es für die Erstherstellung noch eines weiteren Ausbaus bedürfe. - Unabhängig davon sei der Beitragsanspruch verjährt bzw. verwirkt, denn nach dem Beschluss der Planungskommission vom 18. Oktober 2000 habe auf einen Endausbau des Eisenbahnwegs verzichtet werden sollen. Es habe genügen sollen, dass die Straße für längere Zeit in einen guten Zustand versetzt werde. - Ein Fehler der streitigen Heranziehung bestehe ferner darin, dass die Beklagte den gesamten Aufwand allein auf die "Kasseler Anlieger" umgelegt habe. Gehe man davon aus, dass weder die Stadt Vellmar noch die Vellmarer Anlieger mit den Kosten der auf Kasseler Stadtgebiet verlaufenden Erschließungsanlage belastet werden könnten, so komme zugunsten der Kasseler Anlieger der in der Rechtsprechung entwickelte "Halbteilungsgrundsatz" zur Anwendung. Das bedeute, dass sich die Belastung der Anlieger im Kasseler Stadtgebiet auf die Hälfte der Herstellungskosten zu beschränken habe. Die andere Hälfte müsse die Stadt selbst übernehmen. Dass die Beklagte in einem im Jahre 1985 mit der Stadt Vellmar abgeschlossenen Vertrag auf eine Beteiligung der Vellmarer Anlieger an den Kosten verzichtet habe, rechtfertige es nicht, den daraus resultierenden Beitragsausfall auf die Kasseler Anlieger abzulasten. Ein Vertrag zu Lasten Dritter sei ungültig. Im Übrigen laufe eine derartige Vereinbarung auf eine Fürsorgepflichtverletzung gegenüber den eigenen Bürgern hinaus. Insoweit könnten die Kasseler Anlieger Schadensersatz verlangen, der darin bestehe, dass sie so zu stellen seien, als würden auch die Vellmarer Grundstücke in die Verteilung des umzulegenden Aufwands einbezogen. - Zu beanstanden seien auch mehrere Kostenpositionen. Eine funktionierende Beleuchtungsanlage habe bereits bestanden und sei als solche abgerechnet worden. Die eingestellten "Grabungskosten" seien nur zur Hälfte umlegungsfähig, da die Städtischen Werke den für die Verlegung der Kabel der neuen Straßenbeleuchtung erstellten Graben genutzt hätten, um dort auch andere Versorgungsleitungen unterzubringen. Die Kosten für eine Stützmauer und für so genannte Poller müssten außer Betracht bleiben, denn die Stützmauer befinde sich auf einem Vellmarer Grundstück, und die Poller dienten dem Schutz dieses Grundstücks. Dafür könnten nicht Kasseler Anlieger belastet werden. Nicht nachvollziehbar und deshalb zu streichen sei die Rechnungsposition "Vermessungspauschale 1.200,-- €". - Die Berechnung der streitigen Vorausleistung leide auch insoweit an einem Mangel, als es die Beklagte unterlassen habe, das etwa 1.300 qm große Grundstück auf der östlichen Straßenseite, welches zum Kasseler Stadtgebiet gehöre, in die Aufwandsverteilung einzubeziehen.
Die Klägerin beantragte,
den Bescheid der Beklagten vom 26. Oktober 2004 und den Änderungsbescheid vom 9. Dezember 2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 7. Juni 2006 insoweit aufzuheben, als er mehr als 3.000,-- € Erschließungsbeitragskosten festsetzt.
Die Beklagte beantragte,
die Klage abzuweisen.
Sie trug vor, dass der Eisenbahnweg in der Vergangenheit niemals als Erschließungsanlage endgültig fertig gestellt gewesen sei. In dem Straßenverzeichnis Harleshausen aus dem Jahre 1936 werde er als "unfertige Straße" bezeichnet. Davon gehe auch ein Anliegerstraßenbauprogramm aus dem Jahre 1987 aus. Fotos aus der Zeit vor dem hier streitigen Ausbau belegten eindrucksvoll den unfertigen früheren Straßenzustand. Es habe sich - einschließlich Beleuchtungsanlage - um ein "Provisorium" gehandelt. Die Vellmarer Anlieger könnten an der Aufwandsverteilung nicht beteiligt werden, weil die Straßenbaulast für den Eisenbahnweg allein bei ihr - der Beklagten - liege. Sie habe mit Rücksicht hierauf die Planung von vornherein auf einen Umfang beschränkt, der für die hinreichende Erschließung der Kasseler Grundstücke unerlässlich sei.
Mit Urteil vom 21. Dezember 2006 - 6 E 1017/06 - wies das Verwaltungsgericht die Klage ab. In den Entscheidungsgründen heißt es: Die zulässige Klage sei nicht begründet, denn die angefochtene Heranziehung sei rechtmäßig und verletze die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Straßenausbaumaßnahme auf der Strecke des Eisenbahnwegs zwischen Kiefernweg und Steffensbreite stelle sich als erstmalige Herstellung einer Erschließungsanlage dar. Diese sei entgegen der Auffassung der Klägerin nicht schon zu einem früheren Zeitpunkt endgültig hergestellt gewesen. Dass es sich um eine bislang unfertige Straße gehandelt habe, ergebe sich aus der entsprechenden Bezeichnung im Straßenverzeichnis Harleshausen von 1936, aus "Anerkennungsurkunden" der Anlieger aus den Jahren 1955, 1961 und 1976, aus dem "Anliegerstraßenbauprogramm" vom 12. Mai 1987, aus einem "Vermerk" vom 20. November 1986 über den Ausbau als Baustraße sowie schließlich aus dem "Herstellungsplan" vom 18. Oktober 2000, den die Bau- und Planungskommission unter Berücksichtigung des Ergebnisses einer Anliegerversammlung vom 28. September 1999 beschlossen habe. Mit ihrem weiteren Ausbaubeschluss vom 15. März 2006 habe dann die Bau- und Planungskommission den zu erreichenden Endausbauzustand beschrieben und zeitlich fixiert. Der Annahme einer bislang unfertigen Anlage stehe nicht entgegen, dass bereits über Jahre hinweg Straßenreinigungsgebühren für den Eisenbahnweg erhoben worden seien. Auch die jahrzehntelange Duldung jeglichen Verkehrs auf dem Eisenbahnweg sei hierfür kein Hinderungsgrund. Eine Verwirkung der Verpflichtung der Gemeinde zur Herstellung der Erschließungsanlage entsprechend den Erfordernissen der Bebauung und des Verkehrs komme nicht in Betracht. - Dass die Beklagte den Aufwand nur auf die Kasseler Anlieger umlegen könne, sei die Konsequenz der auf ihr eigenes Stadtgebiet beschränkten Satzungshoheit. Hieraus ergebe sich aber nicht zwangsläufig die Beschränkung auf eine Umlegung von nur 50 % des Aufwands. Der für die Konstellation der lediglich einseitig zum Anbau bestimmten Straße entwickelte "Halbteilungsgrundsatz" komme von vornherein dann nicht zur Anwendung, wenn sich der Ausbau auf einen Umfang beschränke, der für die Erschließung der anbaubaren einen Straßenseite als "unerlässlich" erweise. Von letzterem sei in dem vorliegenden Fall in Bezug auf die an das Kasseler Stadtgebiet angrenzende westliche Straßenseite auszugehen. Das Ausbauprogramm der Beklagten überschreite die Grenze des Unterlässlichen für gerade diese Straßenseite nicht. Geplant sei ein Endausbau mit einer Fahrbahnbreite zwischen 4,50 und 5,20 m sowie mit zusätzlichen Begrenzungsborden in einer Breite von jeweils 0,25 m. Von der Anlegung von Geh- und Radwegen sowie öffentlichen Parkbuchten werde abgesehen, so dass sich der gesamte Straßenverkehr auf einem maximal 5,70 m breiten Straßenkörper abzuspielen habe. Die Einschätzung der Beklagten, dass diese Straßenbreite als für die Bewältigung des Anlieger- und Durchgangsverkehrs unerlässlich anzusehen sei, begegne keinen Bedenken. - Als Kosten der erstmaligen Herstellung der Erschließungsanlage seien auch die Kosten der neuen Beleuchtungsanlage berücksichtigungsfähig. Bei der bisherigen Beleuchtungseinrichtung mit oberirdischer Leitungsführung an Holzmasten handele es sich nicht um eine bereits fertig gestellte Teileinrichtung, die seinerzeit auf der Grundlage einer Kostenspaltung habe abgerechnet werden können. Ausweislich des Inhalts der Behördenakten sei ein Kostenspaltungsbeschluss auch nie gefasst worden. - Die sonst geäußerten Bedenken der Klägerin gegen Einzelpositionen der jetzt streitigen Abrechnung seien ebenfalls nicht berechtigt. Die Prüfung einer etwaigen Kostenersparnis durch Verlegung auch anderer Versorgungsleitungen im hergestellten Kabelschacht sei in Vorausleistungsverfahren noch nicht notwendig; sie könne vielmehr der endgültigen Abrechnung vorbehalten bleiben. Gleiches gelte für die beanstandeten Stützmauer- und Pollerkosten. Auch Vermessungskosten seien grundsätzlich zum beitragsfähigen Aufwand zu zählen. - Was das zum Kasseler Stadtgebiet gehörende etwa 1.300 qm große Grundstück auf der Ostseite des Eisenbahnwegs angehe, so handele es sich nach den zu den Akten gereichten Unterlagen erkennbar um Außenbereichsgelände, denn dieses Grundstück liege außerhalb des Geltungsbereichs des Bebauungsplans Wegmannspark der Beklagten und werde auch von keinem Bebauungszusammenhang erfasst. Es gehöre vielmehr zu der bewaldeten Fläche "Jungfernkopf" und sei damit als Grundstück im Außenbereich nicht beitragspflichtig. - Für eine Aufrechnung mit einem Schadensersatzanspruch wegen Nichtbeteiligung der Vellmarer Anlieger an den Erschließungskosten sei schon deshalb kein Raum, weil nur mit rechtskräftig festgestellten oder unstreitigen Gegenforderungen aufgerechnet werden könne.
Nach Zustellung des erstinstanzlichen Urteils am 12. Januar 2007 hat die Klägerin am 8. Februar 2007 die in dem Urteil zugelassene Berufung eingelegt. Mit am 5. März 2007 beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof eingegangenem Schriftsatz haben die Bevollmächtigten der Klägerin die Berufung schriftlich begründet. Im Einzelnen tragen sie vor:
Bei natürlicher Betrachtungsweise sei entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts die hier maßgebliche Erschließungsanlage nicht auf die Strecke des Eisenbahnwegs zwischen Kiefernweg und Steffensbreite zu beschränken, sondern sie umfasse den gesamten Eisenbahnweg zwischen Wegmannstraße und Steffensbreite. Soweit südlich der Einmündung des Kiefernwegs auf einer Länge von etwa 50 m Waldfläche an den Eisenbahnweg angrenze, unterbreche dies den Anlagenzusammenhang nicht. Gehe man von der Gesamtstrecke aus, so könne die Annahme einer bislang unfertigen Erschließungsanlage nicht richtig sein, denn dann ergebe sich mit einem etwa 180 m langen Teilstück im Norden ein in der Relation zur Gesamtausdehnung nur geringfügiger Streckenanteil, bei dem eine einwandfreie Asphaltdecke noch nicht vorgelegen habe. Die Ausweisung des Eisenbahnwegs als "unfertige Straße" im Straßenverzeichnis Harleshausen von 1936 könne seinerzeit richtig gewesen sein, doch hätten dann zwischen 1955 und 1965 mit Beleuchtung, Entwässerung und einer den Anforderungen an das Befahren mit schweren Versorgungsfahrzeugen genügenden Fahrbahndecke diejenigen Merkmale vorgelegen, von denen die Eigenschaft als erstmals hergestellte Erschließungsanlage abhänge. Der Eintritt von Schäden in der Folgezeit beruhe auf mangelhafter Unterhaltung der bereits hergestellten Straßenanlage. - Bei ihrer Beschlussfassung vom 18. Oktober 2000 habe die Bau- und Planungskommission den Ausbau auf die Anlegung einer bituminösen Baustraße einschließlich Entwässerung beschränkt. Eine Weiterführung des Ausbaus sei nicht beabsichtigt gewesen. Hiervon ausgehend scheitere die Erhebung von Vorausleistungen bereits daran, dass das Erreichen eines Zustandes, der sich als endgültige Fertigstellung der Erschließungsanlage bezeichnen ließ, nicht gem. § 133 Abs. 1 Satz 1 BauGB "innerhalb von vier Jahren" abzusehen gewesen sei. Die Beklagte sei an ihre damalige Entscheidung, den Ausbau nicht weiterzuführen, gebunden. Sie habe mangels Änderung der tatsächlichen Verhältnisse diese Entscheidung nicht wieder rückgängig machen können. - Wegen der Fürsorgepflichtverletzung, die in dem vertraglichen Verzicht der Beklagten auf Kostenbeteiligung auch der Vellmarer Anlieger zu sehen sei, hätten die Eigentümer der im Stadtgebiet Kassel gelegenen Grundstücke Anspruch darauf, so gestellt zu werden, als gebe es diesen Verzicht nicht und seien demgemäß auch die Vellmarer Grundstücke mit dem auf sie entfallenden Anteil der Kosten zu belasten. Dies führe zu einer Einbeziehung von zusätzlich 6.000 qm Anliegerfläche in die Aufwandsverteilung, wodurch sich die Beitragsforderung für das Grundstück der Klägerin um etwa 40 % ermäßige. Hinzu kämen vorzunehmende Abzüge bei den bereits im erstinstanzlichen Verfahren beanstandeten Kostenpositionen. Die Kosten für die neue Beleuchtungsanlage müssten gänzlich unberücksichtigt bleiben, da es eine Straßenbeleuchtung in Form von Laternen an Holzmasten bereits gegeben habe. Zu kürzen seien weiter die von der Firma Rohde in Rechnung gestellten "Grabungskosten", denn als Folge der Verlegung mehrerer Leitungen im gleichen Graben ergebe sich eine Kostenersparnis. Abzusetzen seien auch die Vermessungskosten sowie die Kosten für die überflüssige Anlegung einer Stützmauer und die Installierung von Pollern zum Schutz eines vermeintlich gefährdeten Zauns. Bei richtiger Berechnung reduziere sich der auf das Grundstück der Klägerin entfallende Forderungsbetrag auf 3.571,-- €, wobei noch nicht einmal berücksichtigt sei, dass die Kosten der neu installierten Beleuchtungsanlage herauszurechnen seien, und dass zu der zu belastenden Fläche an sich auch das 1.300 qm große Grundstück in dem östlich des Eisenbahnwegs gelegenen Teil des Stadtgebiets der Beklagten gehöre. Wenn die Klägerin unter diesen Umständen einen Beitrag in Höhe von 4.000,-- € für ihr Grundstück anerkenne, sei das großzügig. Soweit dieser Betrag über den Anerkennungsumfang im ersten Rechtszug hinausgehe, werde die Klage zurückgenommen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Kassel vom 21. Dezember 2006 - 6 E 1017/06 - abzuändern und den Bescheid der Beklagten vom 26. Oktober 2004 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 9. Dezember 2004 und des Widerspruchsbescheides vom 7. Juni 2006 insoweit aufzuheben, als die festgesetzte Vorausleistung auf den künftigen Erschließungsbeitrag 4.000,-- € übersteigt.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Sie nimmt zur Begründung auf die Gründe des erstinstanzlichen Urteils sowie auf den bisherigen eigenen Vortrag Bezug, ferner auch auf die Gründe des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Kassel vom 24. März 2005 im vorangegangenen Eilverfahren 6 G 150/05 und des Beschlusses des Senats vom 9. Januar 2006 im zugehörigen Beschwerdeverfahren. Zur Abgrenzung der hier maßgeblichen Erschließungsanlage trägt sie ergänzend vor, dass der Eisenbahnweg im Abschnitt zwischen der Wegmannstraße und der Straße "Am Wäldchen" bereits 1964 abgerechnet worden sei. Die daran sich anschließende Straßenstrecke bis zum Kiefernweg verlaufe im Außenbereich. Die Beschränkung der hier maßgeblichen Erschließungsanlage auf die Strecke Kiefernweg bis Steffensbreite sei dadurch vorgegeben.
Der Senat hat in einem Ortstermin am 14. Mai 2008 durch den Vorsitzenden als Berichterstatter Beweis erhoben zur Ausstattung und zur Fertigstellung des Eisenbahnwegs im Abschnitt zwischen Kiefernweg und Steffensbreite sowie zu den beiderseits angrenzenden Flächen, die durch den Eisenbahnweg erschlossen werden. Wegen der dabei getroffenen tatsächlichen Feststellungen wird auf das Terminsprotokoll vom 14. Mai 2008 verwiesen.
Die Beklagte hat auf Anforderung des Senats mit Schreiben vom 7. Juli 2008 eine Vergleichsberechnung vorgelegt, bei der die Vellmarer Grundstücke auf der Ostseite des Eisenbahnwegs in die Verteilung des umzulegenden Erschließungsaufwands einbezogen sind. Aus dieser Berechnung ergibt sich für das Grundstück der Klägerin eine Ermäßigung der streitigen Vorausleistung von bisher 6.486,16 € auf 4.596,06 €. Die Bevollmächtigten der Klägerin haben gegen diese Vergleichsberechnung eingewandt, dass in ihr die Vellmarer Grundstücke nur mit einem Nutzungsfaktor von 1,0 für eingeschossige Bebauung berücksichtigt seien. Darüber hinaus fehle nach wie vor eine Einbeziehung der auf der Ostseite des Eisenbahnwegs gelegenen Parzelle 150/113 in die Aufwandsverteilung.
In der mündlichen Verhandlung am 26. November 2008 hat die Beklagte eine weitere Vergleichsberechnung vorgelegt, bei der nunmehr die Pollerkosten (1.475,23 €) ausgeklammert bleiben und - auf der Flächenseite - die Parzelle 150/13 der Deutschen Bahn mit einer Größe von 900 qm in die Aufwandsverteilung eingestellt ist. Nach dieser Berechnung sinkt der Erschließungsbeitrag für das Grundstück der Klägerin auf 4.397,45 €.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten des vorliegenden Verfahrens (2 Bände), die beigezogene Gerichtsakte des zuvor durchgeführten Eilverfahrens VG Kassel 6 G 150/05 = Hess. VGH 5 TG 1155/05 sowie die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten (1 Leitzordner, 1 Hefter), Pläne und Unterlagen, Bezug genommen; diese waren sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Soweit die Klägerin im Berufungsverfahren abweichend von ihrem im erstinstanzlichen Verfahren gestellten Klageantrag - Aufhebung der angefochtenen Bescheide in Höhe des 3.000,-- € übersteigenden Betrages der Vorausleistungsfestsetzung - nur noch Aufhebung insoweit begehrt, als die festgesetzte Vorausleistung auf den künftigen Erschließungsbeitrag 4.000,-- € übersteigt, liegt eine teilweise Klagerücknahme vor. Diese ist von den Bevollmächtigten der Klägerin auch ausdrücklich erklärt worden (Gerichtsakte Bl. 147). Die nach § 92 Abs. 1 Satz 2 VwGO erforderliche Einwilligung hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung am 26. November 2008 erteilt. Das Verfahren ist daraufhin in diesem Umfang abgetrennt und eingestellt worden.
Die Berufung der Klägerin gegen das erstinstanzliche Urteil im Übrigen ist zulässig. Sie hat, soweit die angefochtene Heranziehung 4.397,45 € übersteigt, auch in der Sache Erfolg, denn in diesem Umfang hätte das Verwaltungsgericht der Klage stattgeben müssen. Abzuweisen ist die Klage dagegen insoweit, als der von der Klägerin anerkannte Betrag - im erstinstanzlichen Verfahren noch 3.000,-- €, später dann 4.000,-- € - niedriger ist als 4.397,45 €.
Was die Berechtigung der streitigen Vorausleistungserhebung dem Grunde nach angeht, so ist die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die streitige Straßenbaumaßnahme der erstmaligen Herstellung des Eisenbahnwegs als Erschließungsanlage dient, nicht zu beanstanden. Von einer bereits bestehenden - zu einem früheren Zeitpunkt erstmals hergestellten - Erschließungsanlage kann nicht ausgegangen werden. Aus den verschiedenen Unterlagen (Straßenverzeichnis Harleshausen 1936, Anerkennungsurkunden von Anliegern aus den Jahren 1955, 1961 und 1976, Vermerk vom 20.11.1986, Anliegerstraßenbauprogramm vom 12. Mai 1987 sowie die Beschlussfassungen der Planungskommission vom 18.10.2000 und vom 15.03.2006) und dem bisherigen tatsächlichen Ausbauzustand, der den an die Herstellung von Erschließungsanlagen gemäß der Regelung der Herstellungsmerkmale im Satzungsrecht der Beklagten zu stellenden Anforderungen nicht entsprach, ergibt sich, dass es sich um eine unfertige Straße mit noch unvollständiger provisorischer Befestigung handelte. Dass auf dieser Straße bereits Straßenverkehr "jeglicher Art" stattfand und sie bereits in die städtische Straßenreinigung einbezogen war, ändert daran nichts.
Das auf die Möglichkeit der Erhebung von Vorausleistungen bezogene Bedenken, ob die Beklagte überhaupt - über die Anlegung einer "Baustraße" hinaus - den für die erstmalige Herstellung als Erschließungsanlage erforderlichen endgültigen Ausbauzustand in absehbarer Zeit anstrebe (dazu: Senatsbeschluss vom 09.01.2006 - 5 TG 1155/05 - mit der Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs der Klägerin gegen den Vorausleistungsbescheid vom 26.10.2004), ist dadurch entfallen, dass die Bau- und Planungskommission der Beklagten mit Beschluss vom 15. März 2006 unter Aufhebung ihrer früheren Beschlussfassung den endgültigen Ausbau des Eisenbahnwegs mit Herstellung auch der Straßeneinfassungen und der endgültigen Entwässerungsanlage sowie Aufbringung der Asphaltdeckschicht (Verschleißschicht) beschlossen hat. Zwischenzeitlich hat der Eisenbahnweg, wie sich bei der Besichtigung der Örtlichkeit bestätigt hat, diesen endgültigen Ausbauzustand auch erreicht, so dass nach Eingang sämtlicher Unternehmerrechnungen die Anlage endgültig wird abgerechnet werden können.
Die streitige Heranziehung zu einer Vorausleistung weist jedoch der Höhe nach Mängel auf. Der voraussichtliche endgültige Erschließungsbeitrag für das Grundstück der Klägerin beläuft sich bei richtiger Berechnung lediglich auf 4.397,45 €, also den Betrag, den die von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung des Berufungsverfahrens vorgelegte zweite Vergleichsberechnung ausweist. Als Vorausleistung im Sinne des § 133 Abs. 3 Satz 1 BauGB kann die Beklagte nicht mehr als diesen Betrag verlangen. Im Einzelnen ist zu der Berechnung zu sagen:
Die Beklagte hat den umlegungsfähigen Teil des für die Herstellung des Eisenbahnwegs zwischen Kiefernweg und "Steffensbreite" voraussichtlichen entstehenden Aufwands allein auf die in ihrem Stadtgebiet gelegenen Grundstücke auf der westlichen Straßenseite umgelegt. Nicht in die Verteilung einbezogen wurden die Grundstücke auf der östlichen Straßenseite, die zum überwiegenden Teil - zwischen der Straße Steffensbreite im Norden bis auf Höhe des Grundstücks Eisenbahnweg 21 im Süden - auf Vellmarer Stadtgebiet liegen und nur auf der in Richtung Süden verbleibenden kurzen Strecke bis zur Abzweigung des Kiefernwegs zum Gebiet der Beklagten gehören. Das Verwaltungsgericht hat diese Abrechnung gebilligt und zur Begründung ausgeführt, dass in die Aufwandsverteilung nur solche Grundstücke einbezogen werden könnten, die im Stadtgebiet der Beklagten gelegen und damit von deren Satzungshoheit erfasst seien. Auf diese Grundstücke könne der gesamte umlegungsfähige Aufwand umgelegt werden. Eine Anwendung des für die Abrechnung einseitig anbaubarer Straßen entwickelten Halbteilungsgrundsatzes scheide deshalb aus, weil die Beklagte bei der Anlegung des Eisenbahnwegs mit einer Fahrbahnbreite mit 4,50 m und 5,20 m zuzüglich Begrenzungsborden mit einer Breite von jeweils 0,25 m den Rahmen eines für die Erschließung auch nur einer Straßenseite unerlässlichen Ausbauumfangs nicht überschritten habe.
Diesem Ansatz des Verwaltungsgerichts kann sich der Senat nicht anschließen. Nach § 131 Abs. 1 BauGB ist der ermittelte beitragsfähige Erschließungsaufwand für eine Erschließungsanlage "auf die durch die Anlage erschlossenen Grundstücke zu verteilen". Zu den erschlossenen Grundstücken zählen bei einer an der Grenze des Gemeindegebiets verlaufenden Erschließungsanlage auch die auf der anderen Straßeseite angrenzenden "gebietsfremden" Grundstücke. Als solche sind sie kraft Gesetzes in die Verteilung des umlegungsfähigen Aufwands einzubeziehen (so zu Recht: Battis/Krautzberger/-Löhr, Baugesetzbuch, 10. Auflage 2007, § 131 Rn. 6). Die Erschließungswirkung macht nicht an der Gemeindegrenze halt, sondern sie tritt als Folge einer bestimmten Beziehung zwischen Erschließungsanlage und angrenzender Fläche unabhängig von einem hierauf gerichteten Willen der für den Straßenbau zuständigen Gebietskörperschaft tatsächlich ein. Die tatsächlich eintretende Erschließungswirkung kann auch auf dem Gebiet der anderen Gemeinde für eine Bebauung der hier angrenzenden Fläche "genutzt" werden. Davon wurde auf der Vellmarer Seite des Eisenbahnwegs auch schon Gebrauch gemacht, wie die Bebauung zeigt, die hier zum Teil (Eisenbahnweg 32 - 40) schon realisiert ist, zum Teil als nach Süden sich anschließende weitere Bebauung in Aussicht genommen und genehmigt ist. Von einer beidseitig - oder jedenfalls ganz überwiegend beidseitig - anbaubaren Straße ausgehend, verbietet sich die vom Verwaltungsgericht unter Anknüpfung an entsprechende Ausführungen bei Driehaus (Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 8. Auflage 2007, § 10 Rn. 11) in Betracht gezogene Anwendung des "Halbteilungsgrundsatzes" bei Abrechnung einseitig anbaubarer Straßen. Für eine Beschränkung des umzulegenden Aufwands ist beim Eisenbahnweg schon deshalb kein Raum, weil tatsächlich beide Straßenseiten an der Aufwandsverteilung zu beteiligen sind. Damit erübrigen sich von vornherein Überlegungen dazu, ob gegebenenfalls deshalb der gesamte Aufwand auf nur eine Straßenseite umgelegt werden könnte, weil der tatsächlich vorgenommene Ausbau den Rahmen des für diese Straßenseite Unerlässlichen nicht übersteigt.
Ob mit der nach § 131 Abs. 1 BauGB gebotenen Einbeziehung der im Gebiet einer anderen Gemeinde angrenzenden Grundstücke in die Verteilung des Erschließungsaufwands die Möglichkeit einhergeht, auch für diese Grundstücke entsprechend der auf sie entfallenden Beteiligung einen Erschließungsbeitrag festzusetzen und ihre Eigentümer zu diesem Beitrag heranzuziehen, braucht aus Anlass des vorliegenden Falles letztlich nicht entschieden zu werden, denn für die Bestimmung der Höhe des auf das Grundstück der Klägerin entfallenden Erschließungsbeitrags reicht die Feststellung aus, dass - jedenfalls - die auf der Vellmarer Seite erschlossenen Grundstücke in die Aufwandsverteilung einzubeziehen sind. Zu der verbreiteten, selten freilich kritisch reflektierten Auffassung, dass es die auf das eigene Gemeindegebiet beschränkte "Satzungshoheit" der Gemeinde nicht erlaube, Erschließungsbeiträge für "gemeindefremde" Grundstücke zu erheben (so auch Battis/Krautzberger/Löhr, a.a.O., § 127 Rn. 7, ungeachtet der in diesem Kommentar zu Recht bejahten Einbeziehung solcher Grundstücke in die Verteilung) sei nur soviel gesagt, dass man das auch anders sehen kann. Die im Sinne des § 131 Abs. 1 BauGB erschlossenen Grundstücke unterliegen nach § 133 Abs. 1 BauGB unter der Voraussetzung der Bebaubarkeit aufgrund planerischer Ausweisung oder der Baulandeigenschaft kraft Verkehrsauffassung "der Beitragspflicht". Ihre Beitragspflichtigkeit mit korrespondierender Beitragserhebungsberechtigung der Gemeinde ergibt sich damit - nicht anders als die in § 131 BauGB geregelte Verteilung des ermittelten beitragsfähigen Erschließungsaufwands - unmittelbar aus dem Gesetz. Der durch § 132 BauGB vorgeschriebenen Satzung kommt lediglich die Aufgabe zu, konkretisierend, d.h. in Ausführung allgemeiner gesetzlicher Vorgaben unter Berücksichtigung der jeweiligen Örtlichkeit "Art und Umfang der Erschließungsanlagen im Sinne des § 129" (Ziff. 1), "die Art der Ermittlung und Verteilung des Aufwands sowie die Höhe des Einheitssatzes" (Ziff. 2), die "Kostenspaltung" nach § 127 Abs. 3 (Ziff.3) und "die Merkmale der endgültigen Herstellung einer Erschließungsanlage" (Ziff. 4) zu bestimmen. Bezugspunkt der Satzungsregelung ist dabei die im Gemeindegebiet verlaufende Erschließungsanlage, die die Gemeinde in Wahrnehmung ihrer Straßenbaulast anlegt. Die "Satzungshoheit" ist insoweit kein Problem. Das Erfordernis gültigen Satzungsrechts in den genannten Punkten ändert nichts daran, dass der Beitrag auf der Grundlage des Gesetzes selbst und der dort getroffenen Schuldnerbestimmung entsteht und erhoben wird. Die "Gesetzgebungshoheit", die dieses erlaubt, ist nicht auf Regelungen für ein bestimmtes Gemeindegebiet beschränkt. Sie deckt damit - in Fällen der vorliegenden Art - auch die Erstreckung der Beitragserhebung auf "gemeindefremde" erschlossene Grundstücke ohne weiteres ab.
Die Einbeziehung der zum Stadtgebiet Vellmar gehörenden Grundstücke auf der Ostseite des Eisenbahnwegs bei der Verteilung des Erschließungsaufwands scheitert auch nicht daran, dass es sich bei diesen Grundstücken um Außenbereichsgrundstücke handeln würde, die selbst bei tatsächlich realisierter Bebauung - wie im Falle der Grundstücke Eisenbahnweg 32, 34, 36 und 40 - nicht als im Sinne des § 131 Abs. 1 Satz 1 BauGB erschlossene Grundstücke zu behandeln wären (dazu: Driehaus, a.a.O., § 17 Rn. 22). Durch die zusammenhängende Bebauung westlich des Eisenbahnwegs, die sich im Bereich des Stadtgebiets der Beklagten bis zur Straße "Zum Feldlager" hinzieht, und im unmittelbaren Anschluss daran in die zusammenhängende Bebauung des Stadtteils Vellmar-West der Nachbarstadt Vellmar übergeht, ergibt sich ein Bau- und Siedlungszusammenhang, der auch noch das zur Stadt Vellmar gehörende Gelände östlich des Eisenbahnwegs erfasst. Die hier im nördlichen Straßenabschnitt bereits realisierte Bebauung tritt als "Anschlussbebauung" in Erscheinung, die den Bebauungszusammenhang auf die Ostseite des Eisenbahnwegs erstreckt. Dass die Bebauung westlich des Eisenbahnwegs zum Stadtgebiet der Beklagten gehört, steht dem nicht entgegen. Es ist nicht möglich, diese Bebauung gleichsam "auszublenden" und in der auf der Vellmarer Straßenseite bereits verwirklichten Bebauung einen "Siedlungssplitter" im (Vellmarer) Außenbereich zu sehen. Im Übrigen ergibt sich unabhängig von der zusammenhängenden Bebauung westlich des Eisenbahnwegs die Einbindung des Geländes auf der Ostseite des Eisenbahnwegs in einen größeren Bebauungszusammenhang auch daraus, dass im Osten der Bahnstrecke Kassel-Warburg in unmittelbaren Anschluss an die auch hier verlaufende Böschung auf Vellmarer Stadtgebiet zusammenhängende Bebauung bis zur wiederum weiter östlich verlaufenden Straße "Bei den Weidebäumen" entstanden ist. Verkehrsanlagen haben, auch wenn ihre Fläche selbst von Bebauung freizuhalten ist, nicht notwendig eine "Unterbrechung" des Innenbereichs zur Folge. Auch unter diesem Aspekt ist es mithin gut nachzuvollziehen, dass von der zuständigen Bauaufsichtsbehörde und der Stadt Vellmar keine durchgreifenden Bedenken gesehen wurden, den für eine Bebauung innerhalb des Stadtgebiets noch verbleibenden Geländestreifen auf der Ostseite des Eisenbahnwegs als "Innenbereich" anzusehen und demgemäß Bebauung zu genehmigen, die sich nach Süden an die bereits realisierte Bebauung auf dieser Straßenseite anschließt.
Der Einbeziehung der bebaubaren Grundstücke des Vellmarer Stadtgebiets auf der Ostseite des Eisenbahnwegs in die Aufwandsverteilung steht schließlich auch nicht die "öffentlich-rechtliche Vereinbarung" zwischen den Städten Kassel und Vellmar vom 28. Juni 1984/28. Januar 1985 entgegen. In dieser Vereinbarung ist in Bezug auf den Eisenbahnweg nördlich der Einmündung des Kiefernwegs vorgesehen, dass er als "in voller Breite auf dem Gebiet der Stadt Kassel" verlaufende Straßenanlage (§ 2 Ziff. 3 Satz 2 der Vereinbarung) von der Stadt Kassel in vollem Umfang "von der Planung bis zur Abrechnung" abgerechnet werde (§ 3). Weiter heißt es in § 6 Satz 1, jede Gemeinde sei berechtigt, zur Deckung der Baukosten für einen nach der Vereinbarung ihr obliegenden Straßenausbau "Erschließungsbeiträge nach dem BBauG oder KAG von den im jeweiligen Gemarkungsgebiet gelegenen Grundstücken zu erheben". Es schließt sich sodann (Satz 2) die Erklärung an, dass beide Gemeinden darauf "verzichten, Anlieger aus dem anderen Gemeindegebiet zur Deckung des entstehenden Ausgabebedarfs heranzuziehen". Dieser Verzicht impliziert nach dem übereinstimmenden Verständnis der beiden Vertragsparteien die Nichteinbeziehung der jeweils gebietsfremden Grundstücke - im Bereich des Eisenbahnwegs also der auf seiner Ostseite angrenzenden Grundstücke des Vellmarer Stadtgebiets - in die Verteilung des jeweiligen Erschließungsaufwands. Damit aber wird dem Gebot aus § 131 Abs. 1 BauGB zuwider gehandelt, den ermittelten "beitragsfähigen" Erschließungsaufwand für eine Erschließungsanlage auf "die erschlossenen" - und das heißt: auf sämtliche erschlossenen - Grundstücke zu verteilen. Die Regelung des § 131 BauGB steht nicht zur Disposition der Kommunen; sie vertraglich abzubedingen bzw. einzuschränken, ist nicht möglich. Die Vereinbarung zwischen den Städten Kassel und Vellmar kann in diesem Punkt keinen Bestand haben. Erschwerend kommt hinzu, dass es sich bei der fraglichen Regelung, wie die Klägerin schon im erstinstanzlichen Verfahren zu Recht angemerkt hat, um einen unzulässigen "Vertrag zu Lasten Dritter" handelt. Die vereinbarte Nichtbeteiligung der jeweils gebietsfremden Grundstücke an dem zu verteilenden Erschließungsaufwand führt zu einer entsprechend höheren Belastung der jeweils gebietseigenen Grundstücke und benachteiligt damit die Anlieger im eigenen Stadtgebiet, die als solche am Vertrag nicht mitgewirkt haben.
Die Beklagte hat aufgrund gerichtlicher Hinweise zur Rechtslage, die an die im Ortstermin am 13. Mai 2008 getroffenen tatsächlichen Feststellungen anknüpfen, zwei Vergleichsberechnungen vorgelegt. Bei der ersten Vergleichsberechnung sind die tatsächlich bebauten Grundstücksparzellen auf der Ostseite des Eisenbahnwegs (Parzelle 45/2 = Eisenbahnweg 40, Parzelle 113/1 = Eisenbahnweg 36, Parzelle 113/2 = Eisenbahnweg 34 sowie Parzelle 113/5 = Eisenbahnweg 32), die als "Baulücke" in Erscheinung tretende Parzelle 45/1 sowie die noch unbebaute Parzelle 113/5 mit fünf bereits genehmigten Bauvorhaben (Eisenbahnweg 30, 30 A, 30 B, 30 C und 30 D) in die Verteilung des umlegungsfähigen Erschließungsaufwands einbezogen. In der zweiten Vergleichsberechnung kommt dann als weiteres einzubeziehendes Grundstück auf der Ostseite des Eisenbahnwegs die im Eigentum der Deutschen Bahn stehende Parzelle 150/13, an deren Südseite das Vellmarer Stadtgebiet endet, mit einer Fläche von 900 qm hinzu. Nach wie vor ausgeklammert bleibt in der letztgenannten Berechnung die nach Süden spitzwinkelig zulaufende Fläche, die zum Stadtgebiet der Beklagten gehört. Auf der Kostenseite wurden in der zweiten Vergleichsberechnung die Pollerkosten in Höhe von 1.475,23 € herausgenommen. Auf diese Weise ergab sich eine Absenkung des auf das Grundstück der Klägerin entfallenden - voraussichtlichen - Erschließungsbeitrags auf noch 4.397,45 €.
Der Senat geht davon aus, dass in der zweiten Vergleichsberechnung sowohl die umzulegenden Kosten als auch die belastbaren Flächen zutreffend ermittelt und berücksichtigt sind, so dass Grund zur Beanstandung nicht mehr besteht. Soweit die Klägerin nach wie vor weitere Korrekturen für erforderlich hält, kann dem nicht gefolgt werden. Der Einbeziehung auch noch des zum Stadtgebiet der Beklagten gehörenden spitzwinkelig zulaufenden Grundstücks auf der Ostseite des Eisenbahnwegs bedarf es nicht. Zu dieser Fläche hat das Verwaltungsgericht zu Recht die Auffassung vertreten, dass es sich "erkennbar" um Außenbereich handele. Die Fläche liegt außerhalb des Bebauungsplans Nr. 4 NW-A der Beklagten und wird von keinem Bebauungszusammenhang erfasst. Sie gehört vielmehr zu der bewaldeten Fläche "Jungfernkopf", die sich dem Innenbereich entzieht. Mit der Einschätzung des Verwaltungsgerichts in diesem Punkt stimmt der Eindruck, der sich für den Berichterstatter des Senats bei der Augenscheinseinnahme im Ortstermin am 14. Mai 2008 ergab, voll und ganz überein. - Nicht zu beanstanden ist ferner die Zugrundelegung eines Nutzungsfaktors von 1,0 für die in der Vergleichsberechnung berücksichtigten Vellmarer Grundstücke auf der Ostseite des Eisenbahnwegs. Die Annahme einer über ein Vollgeschoss hinausgehenden Bebaubarkeit dieser Grundstücke verbietet sich aufgrund der tatsächlich realisierten Umgebungsbebauung. Im Unterschied zur Situation auf der westlichen Straßenseite gibt es laut Auskunft der Stadt Vellmar für die in ihrem Stadtgebiet angrenzenden Grundstücke am Eisenbahnweg keinen Bebauungsplan, der eine stärkere bauliche Ausnutzung als die Bebauung mit einem Vollgeschoss zulassen würde. - Der von der Klägerin geltend gemachte Abzug bei den "Grabungskosten" für die Anlegung eines Kabelgrabens im Bereich des Unterbaus der Straße kommt ebenfalls nicht in Frage, denn die in diesem Graben verlegte Stromleitung dient der Straßenbeleuchtung, und die Mitverlegung anderer Kabel ändert nichts an der Notwendigkeit der Grabungsarbeiten allein für die Herstellung der Straße. - Unberechtigt ist schließlich der Einwand der Klägerin, als Kosten der Straßenbeleuchtung könnten nur die Kosten der ursprünglichen Beleuchtungsanlage (oberirdische Leitung an Holzmasten) umgelegt werden. Bei der früheren Straßenbeleuchtung handelte es sich um ein "Provisorium". Das Bauprogramm bezüglich einzelner Teileinrichtungen kann im Übrigen auch noch im Zuge der Bauausführung abgeändert werden, solange die Erschließungsanlage insgesamt noch nicht fertig gestellt ist.
Das Urteil des Verwaltungsgerichts Kassel ist nach allem auf die Berufung der Klägerin in dem Umfang, wie es sich aus dem Tenor ergibt, abzuändern. Soweit danach die Klage keinen Erfolg haben konnte, war die Berufung zurückzuweisen. Die ausgesprochene Kostenfolge mit der Belastung der Klägerin mit 1/6 und der Beklagten mit 5/6 der Verfahrenskosten trägt den jeweiligen Anteil des Obsiegens bzw. Unterliegens der beiden Beteiligten angemessen Rechnung.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten ergibt sich aus den §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 der Zivilprozessordnung in Verbindung mit § 167 VwGO.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 132 Abs. 2 VwGO).
Ende der Entscheidung
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