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Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 06.12.2000
Aktenzeichen: 5 UE 3224/99
Rechtsgebiete: KAG, FriedhofsG, BGB
Vorschriften:
KAG § 2 Abs. 1 | |
KAG § 10 | |
FriedhofsG § 12 | |
BGB § 1615 Abs. 2 | |
BGB § 1601 | |
BGB § 1360 A Abs. 3 | |
BGB § 1968 |
Gründe:
Auf Grund der Mitteilung, dass zwischenzeitlich der Bruder der Klägerin die streitigen Bestattungsgebühren an die Beklagte gezahlt hat, haben die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt. Das Verfahren ist daher in entsprechender Anwendung der §§ 125 Abs. 1, 92 Abs. 3 VwGO einzustellen; ferner ist zur Klarstellung auszusprechen, dass das erstinstanzliche Urteil wirkungslos ist (§ 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO in Verbindung mit § 173 VwGO in entsprechender Anwendung). Die Kostenentscheidung zu Lasten der Beklagten entspricht billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes (§ 161 Abs. 2 VwGO). Diese wäre nämlich, hätte sich der Gebührenstreit nicht durch die Zahlung des Bruders der Klägerin erledigt, im vorliegenden Berufungsverfahren unterlegen. Für diese Einschätzung sprechen die folgenden Überlegungen:
Die Erhebung von Friedhofsgebühren als Benutzungsgebühren gemäß § 10 des Hessischen Gesetzes über kommunale Abgaben (KAG) erfordert eine Gebührensatzung, die unter anderem "den Kreis der Abgabepflichtigen" bestimmt (§ 2 KAG). Die Schuldnerbestimmung muss der gesetzlichen Vorgabe entsprechen, d. h. zum Gebührenschuldner dürfen nur solche Personen bestimmt werden, die den kommunalen Friedhof als öffentliche Einrichtung tatsächlich im Sinne des § 10 Abs. 1 KAG "in Anspruch nehmen". Als von vornherein unbedenklich erweist sich bei dieser Ausgangslage die in § 2 Abs. 3 der Friedhofsgebührenordnung getroffene Regelung, dass Gebührenschuldner jeder ist, "der eine Leistung nach dieser Gebührenordnung beantragt". Die Veranlassung einer Leistungserstellung durch einen hierauf gerichteten Antrag stellt unzweifelhaft eine "Inanspruchnahme" der Einrichtung dar. Die Friedhofsgebührenordnung der Beklagten beschränkt sich freilich nicht auf die Gebührenpflicht antragstellender Personen, sondern sie erklärt in § 2 Abs. 1 drei weitere Personengruppen für gebührenpflichtig, nämlich:
(1) wer nach bürgerlichem Recht die Bestattungskosten zu tragen hat,
(2) wer sich der Friedhofsverwaltung gegenüber zur Tragung der Bestattungskosten verpflichtet hat,
(3) wer ein Nutzungsrecht an Grabstätten erworben hat.
Diese Fallgruppen lassen das Bestreben des Satzungsgebers erkennen, auch auf Personen Zugriff nehmen zu können, bei denen aus bestimmten Merkmalen oder Verhaltungsweisen auch ohne besonderen Antrag auf eine Inanspruchnahme der Friedhofseinrichtung geschlossen werden kann. Dieses Vorgehen ist mit Blick auf die gesetzliche Vorgabe so lange nicht zu beanstanden, als der jeweilige Anknüpfungspunkt tatsächlich die ihm zugedachte Indikationswirkung für eine Inanspruchnahme der Einrichtung entfaltet. Letzteres ist bei der Anknüpfung an die nach bürgerlichem Recht bestehende Verpflichtung zur Tragung der Bestattungskosten gemäß § 2 Abs. 1, 1. Alternative, auf die gerade die Heranziehung der Klägerin gestützt worden ist, nicht der Fall. Ein Zusammenhang mit der Inanspruchnahme von Friedhofsleistungen lässt sich sicherlich über die öffentlich-rechtliche Sorgepflicht der Angehörigen des Verstorbenen begründen. Diese Sorgepflicht besteht nach § 12 des Hessischen Friedhofsgesetzes (FriedhofsG) darin, "unverzüglich die zum Schutze der Gesundheit und der Totenruhe erforderlichen Sorgemaßnahmen (§ 10) sowie die Leichenschau (§ 11) zu veranlassen". Eine Inanspruchnahme der Friedhofseinrichtung kann von daher jedenfalls dann angenommen werden, wenn die Bestattung des Verstorbenen mit Wissen und Wollen eines sorgepflichtigen Angehörigen erfolgt (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13.03.1990 - 9 B 277/90 -, ZKF 1990, 279). Die bürgerlich-rechtliche Verpflichtung zur Tragung der Beerdigungskosten stellt dagegen als solche den erforderlichen Zusammenhang zur Inanspruchnahme nicht her. Wer nach bürgerlichem Recht - etwa als Erbe (§ 1968 BGB) oder als zu Lebzeiten des Verstorbenen diesem gegenüber Unterhaltsverpflichteter (§ 1615 Abs. 2 BGB sowie § 1360a Abs. 3 in Verbindung mit § 1615 Abs. 2 BGB) - die Kosten einer Beerdigung zu tragen hat, ist nicht notwendig zugleich derjenige, der für die Bestattung des Verstorbenen zu sorgen hat. Zwischen der öffentlich-rechtlichen Pflicht, für die Beerdigung eines Verstorbenen zu sorgen, und der zivilrechtlichen Pflicht zur Tragung der Bestattungskosten besteht keine Identität (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 05.12.1996 - 1 S 1366/96 -, NJW 1997, 3113; ferner VG Gießen, Urteil vom 05.04.2000 - 8 E 1777/98 -, HSGZ 2000, 388). Dementsprechend sind die jeweiligen pflichtigen Personenkreise auch nicht deckungsgleich. § 12 FriedhofsG beschränkt die Sorgepflicht auf die engeren Angehörigen, nämlich "Ehegatte, Verwandte ersten und zweiten Grades, Adoptiveltern und -kinder". Es genügt andererseits bei Verwandten zweiten Grades auch eine Verwandtschaft in ungerader Linie. Als nach bürgerlichem Recht kostentragungspflichtige Personen kommen demgegenüber sämtliche Erben sowie - auf Grund ihrer bürgerlich-rechtlichen Unterhaltsverpflichtung gemäß § 1601 BGB - sämtliche "Verwandte in gerader Linie" in Betracht (§ 1968 und § 1615 Abs. 2 BGB).
Da aus den genannten Gründen die bürgerlich-rechtliche Verpflichtung zur Tragung der Bestattungskosten keinen tauglichen Anknüpfungspunkt für die Bestimmung des Schuldners der als Benutzungsgebühr erhobenen Friedhofsgebühr darstellt, ist die diesbezügliche Regelung in § 2 Abs. 1, 1. Alternative, der Friedhofsgebührenordnung der Beklagten ungültig. Das wiederum hat zur Folge, dass auch die der Bestimmung des nach bürgerlichem Recht kostentragungspflichtigen Personenkreises dienende Regelung in § 2 Abs. 2 der Gebührenordnung insgesamt hinfällig (gegenstandslos) ist, ohne dass es noch darauf ankäme, ob der Satzungsgeber hier die nach bürgerlichem Recht kostentragungspflichtigen Personen zutreffend bezeichnet hat und wie die Kriterien, an die die jeweilige Zuordnung anknüpft, im Einzelnen zu verstehen sind.
Die Festsetzung des Streitwerts für das Berufungsverfahren beruht auf den §§ 13 Abs. 1, 14 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 25 Abs. 3 Satz 2 GKG).
Ende der Entscheidung
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