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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 01.03.2006
Aktenzeichen: 5 UE 3392/04
Rechtsgebiete: BauGB, EBS der Stadt Rotenburg/Fulda


Vorschriften:

BauGB § 131 Abs. 1
BauGB § 133 Abs. 1
EBS der Stadt Rotenburg/Fulda
Auf die Möglichkeit der Anlegung einer Zuwegunng über das an die Anbaustraße unmittelbar angrenzende vordere Grundstück kann für das Erschlossensein auch des hinteren Grundstücks nur dann verwiesen werden, wenn vorderes und hinteres Grundstück im Eigentum jeweils derselben Person oder Personenmehrheit stehen.
HESSISCHER VERWALTUNGSGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

5 UE 3392/04

In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Erschließungsbeiträgen

hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof -5. Senat - durch

Vorsitzenden Richter am Hess. VGH Dr. Lohmann, Richter am Hess. VGH Dr. Apell, Richter am Hess. VGH Schneider

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 1. März 2006 für Recht erkannt: Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Kassel vom 19. Mai 2004 - 6 E 1099/04 - wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Hinterlegung oder Sicherheitsleistung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die beklagte Stadt wendet sich mit ihrer Berufung gegen die Aufhebung ihres Erschließungsbeitragsbescheides gegenüber den Klägern für deren Grundstück Flur ..., Flurstück .../27 durch das Urteil erster Instanz.

Die Beklagte erhebt im Wege der Kostenspaltung für die Teileinrichtungen Fahrbahn und Beleuchtung der Erschließungsanlage "Zum Teufelsberg" Erschließungsbeiträge von den Anliegern.

Die Kläger sind gemeinsam Eigentümer der Grundstücke Flur ..., .../7 und .../27, die Klägerin ist Alleineigentümerin der Grundstücke Flur ..., Flurstücke .../30 und .../29. Die Grundstücke liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplanes Nr. 25 - Herz-Kreislauf-Zentrum - vom 2. Juli 1981. Dieser Bebauungsplan setzt als zulässige bauliche Nutzung in seinem südwestlichen Bereich allgemeines Wohngebiet mit bis zu zweistöckiger Bebauung bei einer Grundflächenzahl von 0,4 und einer Geschossflächenzahl von 0,8, in seinem nordwestlichen Bereich mit einer Geschossflächenzahl von 0,4 fest. Die Grundstücke der Kläger liegen an der südwestlichen Seite der Erschließungsanlage. Dabei liegt das hier streitige Grundstück .../27, das im gemeinsamen Eigentum der Kläger steht, als Hinterliegergrundstück hinter dem direkt an der Erschließungsanlage anliegenden Grundstück .../29, das im Alleineigentum der Klägerin steht. Gleichzeitig liegt es als Anliegergrundstück an der Erschließungsanlage "Hainweg" unmittelbar an. Neben den Parzellen .../24 und .../27 liegen die Parzellen .../19 ("Zum Teufelsberg") und .../21 ("Hainweg") ebenfalls als Grundstücke an den beiden Erschließungsanlagen an. Sie stehen beide im (Mit-)Eigentum derselben Eigentümer. Auf der nordöstlichen Seite der Erschließungsanlage liegt u.a. die Parzelle .../1. Diese Fläche ist mit einem Aussiedlerhof bebaut. Im oben genannten Bebauungsplan ist dieser Bereich als landwirtschaftliche Fläche ausgewiesen. Die Parzellen .../21 und .../1 hat die Beklagte nicht in das Abrechnungsgebiet einbezogen.

Mit Bescheid vom 17. Juli 2002 erhob die Beklagte für das Grundstück Flur ..., Flurstück .../27 von den Klägern einen Erschließungsbeitrag in Höhe von 10.466,16 €. Auch für die übrigen Grundstücke der Kläger und der Klägerin erhob die Beklagte Beiträge.

Die Kläger legten gegen die Heranziehung Widerspruch ein, den sie u. a. mit der Nichtheranziehung des Grundstücks Flur ..., Flurstück .../1 sowie damit begründeten, dass die Straße "Zum Teufelsberg" eine so genannte vorhandene Straße sei, die bereits seit 1926 existiert habe. Außerdem handele es sich bei dem Grundstück .../27 um ein Hinterliegergrundstück, das von dieser Straße nicht erschlossen werde.

Mit Widerspruchsbescheid vom 22. April 2003 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und begründete dies damit, dass die Straße zu keinem früheren Zeitpunkt endgültig hergestellt gewesen sei. Das Grundstück Flur ..., Flurstück .../1 sei deshalb nicht als beitragspflichtig angesehen worden, weil es in dem maßgeblichen Bebauungsplan als Aussiedlerhof und damit als landwirtschaftliche Nutzfläche ausgewiesen sei. Das Grundstück der Kläger .../27 sei als Hinterliegergrundstück über das der Klägerin gehörende Anliegergrundstück erschlossen.

Mit Schriftsatz vom 3. Juni 2003 - eingegangen beim Verwaltungsgericht Kassel am 5. Juni 2003 - haben die Kläger Klage erhoben. Zur Begründung haben sie sich im Wesentlichen auf die Ausführungen im Widerspruchsverfahren bezogen. Vor dem Verwaltungsgericht haben sie Klagen gegen die Heranziehung für die übrigen Grundstücke - außer das Grundstück .../27 - zurückgenommen.

Die Kläger haben beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 17. Juli 2002 betreffend das Grundstück Flur ..., Flurstück .../27 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. April 2003 aufzuheben.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

In einem Erörterungstermin vor dem Verwaltungsgericht hat die Beklagte dargelegt, dass für das betreffende Gebiet erstmals der Bebauungsplan vom 2. Juli 1981 erstellt worden sei, in dem lediglich das Gebäude Nr. . auf dem Grundstück Flurstück .../27 eingetragen gewesen sei. Dieses Gebäude ist bereits auf einer Fotografie aus den zwanziger Jahren - villenähnlich im Außenbereich - abgebildet. Nach Ansicht des Bevollmächtigten der Kläger ist auch das Gebäude Nr. .. auf dem Flurstück ../7 bereits in den fünfziger Jahren gebaut worden. Die Straße habe damals zu einem Steinbruch geführt und sei bis zum Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes mit einer Schotterdecke versehen gewesen. Eine Beleuchtung habe nicht bestanden. Die weitere Bebauung habe sich in den siebziger Jahren entwickelt.

Mit Urteil vom 19. Mai 2004 hat das Verwaltungsgericht den Bescheid der Beklagten vom 17. Juli 2002 in Gestalt ihres Widerspruchsbescheides vom 22. April 2003 bezüglich des Grundstücks Flur ..., Flurstück .../27 aufgehoben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, der Bescheid sei rechtswidrig, da das Grundstück nicht durch die Straße "Zum Teufelsberg" im Sinne von § 131 Abs. 1 BauGB erschlossen sei, weil das Grundstück als so genanntes Hinterliegergrundstück durch das im Alleineigentum der Klägerin stehende, selbstständig bebaubare Anliegergrundstück von der Erschließungsstraße getrennt sei. Weder bestehe über das Anliegergrundstück hinweg eine rechtlich unbedenkliche Zufahrt noch bestehe Eigentümeridentität an Anlieger- und Hinterliegergrundstück. Allein der Umstand, dass die Klägerin Alleineigentümerin des Anliegergrundstücks und Miteigentümerin des Hinterliegergrundstücks sei, reiche insoweit nicht aus. Das Grundstück der Kläger könne ferner nicht durch die Straße "Zum Teufelsberg" als erschlossen im Sinne von § 131 BauGB angesehen werden, weil es von deren Erschließungswirkung nicht erreicht werde. Bei übergroßen und an zwei Anbaustraßen anliegenden Grundstücken sei anerkannt, dass sich die Erschließungswirkung jeder Anbaustraße auf eine Teilfläche des Grundstücks beschränke, wenn etwa die Teilflächen zwei ihrem Charakter nach völlig unterschiedlichen Baugebieten angehörten oder wenn sich die von einer Anbaustraße ausgehende Erschließungswirkung erkennbar eindeutig auf eine Teilfläche des Grundstücks beschränke. Dies sei hier angesichts der Festlegungen des Bebauungsplans anzunehmen. Selbst die Beklagte nehme im Fall des an den Hainweg angrenzenden Nachbargrundstücks Flur ..., Flurstück .../21 an, dass dieses Grundstück nicht durch die Straße "Zum Teufelsberg" erschlossen werde, obwohl insoweit Eigentümeridentität mit dem an diese Straße angrenzenden Grundstück Flur ..., Flurstück .../19 bestehe. Zusätzlich hat das Verwaltungsgericht - obwohl es nach seiner Auffassung nicht darauf ankomme - darauf hingewiesen, dass seiner Auffassung nach das mit einem Aussiedlerhof bebaute Grundstück Flur ..., Flurstück .../1 im Sinne von § 131 Abs. 1 BauGB als durch die abzurechnende Straße "Zum Teufelsberg" erschlossen gelte, obwohl dieses Grundstück im Bebauungsplan "Herz-Kreislauf-Zentrum" als Fläche für die Landwirtschaft ausgewiesen sei.

Mit Beschluss vom 9. November 2004 - 5 UZ 2596/04 - hat der Senat auf Antrag der Beklagten die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.

Zur Begründung der Berufung trägt der Bevollmächtigte der Beklagten vor, das Verwaltungsgericht verkenne, dass die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zum Erschlossensein von Hinterliegergrundstücken aufgrund einheitlicher Nutzung ebenfalls griffen, wenn eine strenge Eigentümeridentität nach dem Grundbuchrecht nicht vorliege. Die Kläger seien Miteigentümer des Hinterliegergrundstücks, die Klägerin alleinige Eigentümerin des Anliegergrundstücks. Damit liege es in der Hand der Klägerin als Miteigentümerin des hinterliegenden Grundstücks, für die Erreichbarkeitsanforderungen an die Erschließungsanlage zu sorgen. Sie könne ohne jede Mitwirkung eines Dritten für eine Baulast für das in ihrem Alleineigentum stehende Anliegergrundstück Sorge tragen. Es hänge also allein vom Willen der (Mit-)Eigentümerin des Hinterliegergrundstücks ab, für die notwendigen bauordnungsrechtlichen Erschließungsanforderungen des Hinterliegergrundstücks zu sorgen. Diese Rechtsansicht werde auch durch die Entscheidungen des Senats gestützt, in denen die Voraussetzungen einer einheitlichen Nutzung auch in den Fällen bejaht worden sei, in denen Anlieger- und Hinterliegergrundstück im Miteigentum derselben Personen gestanden hätten. In diesen Fällen sei zur Verwirklichung der bauplanungs- und bauordnungsrechtlichen Anforderungen sogar der Wille beider Miteigentümer des Anliegergrundstücks notwendig. Im vorliegenden Fall reiche der Wille eines Miteigentümers des Hinterliegergrundstücks aus, um für die Erreichbarkeit desselben zu sorgen. Seien die Erreichbarkeitsanforderungen aber erfüllbar, sei weiterhin von einer einheitlichen Nutzung im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Senats auszugehen. Durch die Anlegung eines Fußwegs vom Anliegergrundstück auf das Hinterliegergrundstück sowie die einheitliche Umzäunung verwische sich aus der schutzwürdigen Sicht der übrigen Beitragspflichtigen die Grenze der beiden Grundstücke. Auch die Höhe des festgesetzten Beitrags sei nicht zu beanstanden. Entgegen den Hinweisen des Verwaltungsgerichts sei das Grundstück Flur ..., Flurstück .../1 nicht zu berücksichtigen. Das Grundstück falle nicht in den Kreis der nach § 131 Abs. 1 Satz 1 BauGB erschlossenen Grundstücke. Nach dem einschlägigen Bebauungsplan sei dieses Grundstück nach § 9 Abs. 1 Nr. 18 BauGB als Fläche für die Landwirtschaft ausgewiesen. Hinsichtlich der Grundstücke .../27 und .../29 sei zu ergänzen, dass durch die Gestaltung und auch die recht dicht an die Grundstücksgrenze zwischen den beiden Grundstücken heranreichende Bebauung auf dem Grundstück .../27 der Eindruck eines bebauten Grundstücks entstehe. Im Gegensatz dazu seien die beiden Häuser Hainweg ..., Flurstück .../36, und Hainweg ..., Flurstück .../20, zu der Erschließungsanlage "Hainweg" hin ausgerichtet. Im Gegensatz zum Wirtschaftsgebäude der Kläger sei sowohl das Wohnhaus als auch die Garage auf dem Flurstück .../19 zu der Erschließungsanlage "Zum Teufelsberg" hin ausgerichtet. Auf dem Flurstück .../21, das hinter diesem Anliegergrundstück liege, könne ein separates Wohnhaus errichtet werden, das dann durch den "Hainweg" erschlossen werde. Die Grundstücksnutzung lasse im Gegensatz zu der hier streitigen, nicht den Eindruck entstehen, dass das Hinterliegergrundstück .../21 zusammen mit dem Flurstück .../19 zur Erschließungsanlage "Zum Teufelsberg" gehöre.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Kassel vom 19. Mai 2004 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Das Verwaltungsgericht habe zu Recht den Standpunkt vertreten, dass die Veranlagung des Grundstücks der Kläger .../27 bereits an der fehlenden Eigentümeridentität scheitere. Die Klägerin und Miteigentümerin könne nicht gezwungen werden, auf ihrem Grundstück Flurstück .../29 eine Baulast einzutragen. Dies wäre eine verfassungswidrige Enteignung im Sinne von Art. 14 Grundgesetz und darüber hinaus unvernünftig, denn das Grundstück .../29 habe eine sehr breite Einfahrt von der Straße "Hainweg". Auch sei das Verhalten der Beklagten inkonsequent. Sie habe trotz Eigentümeridentität das Grundstück Flur ..., Flurstück .../21 nicht als Hinterliegergrundstück zum Grundstück Flur ..., Flurstück .../19 angesehen und zur Straße "Zum Teufelsberg" veranlagt. Auch habe das Verwaltungsgericht zu Recht darauf hingewiesen, dass die Beklagte zu Unrecht das Grundstück Flur ..., Flurstück .../1 nicht mit veranlagt habe. Unstreitig sei der Eigentümer dieser Parzelle nur Nebenerwerbslandwirt. Das Wohnhaus Zum Teufelsberg ... sei Wohngebäude für den Eigentümer genauso wie die weiteren Wohngebäude entlang der Straße "Zum Teufelsberg".

Im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte des vorliegenden Verfahrens, sowie das Verfahren VG Kassel 6 E 1238/03(4) und die Verwaltungsvorgänge der Beklagten (3 Hefter, ein Bebauungsplan) verwiesen, die insgesamt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die vom Senat mit Beschluss vom 9. November 2004 - 5 UZ 2596/04 - zugelassene Berufung der Beklagten ist auch im Übrigen zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht auf die Klage der Kläger hin den Erschließungsbeitragsbescheid der Beklagten vom 17. Juli 2002 in der Fassung ihres Widerspruchsbescheides vom 22. April 2003 aufgehoben.

Grundlage für den Erschließungsbeitragsbescheid sind die §§ 127 f. Baugesetzbuch - BauGB - in Verbindung mit der Erschließungsbeitragssatzung der Beklagten vom 26. September 1991 - EBS -.

Die Beklagte hat die Straße "Zum Teufelsberg" erstmalig hergestellt. Diesbezüglich in erster Instanz seitens der Kläger geäußerte Bedenken, die damit begründet worden waren, es handele sich bei dieser Straße um eine bei Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes bereits vorhandene Straße, haben sich nicht bestätigt. Im Erörterungstermin vor dem Verwaltungsgericht hat sich herausgestellt, dass die Straße bis zum Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes mit einer Schotterdecke versehen gewesen ist und eine Beleuchtung nicht vorhanden war. Außer dem Gebäude der Kläger auf dem streitigen Grundstück .../27 sowie dem gegenwärtigen Gebäude Nr. ..., das wohl bereits in den fünfziger Jahren gebaut worden sein soll, hat sich die weitere Bebauung erst in den siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts entwickelt. Eine zum Anbau bestimmte Straße bestand demnach zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bundesbaugesetzes nicht.

Streitig ist zwischen den Beteiligten vorrangig die Rechtsfrage, ob das Grundstück der Kläger Flur ... Flurstück .../27 durch die Erschließungsanlage "Zum Teufelsberg" erschlossen im Sinne des § 133 Abs. 1 BauGB ist, d. h. ob es gerade durch diese Erschließungsanlage "bebaubar" ist. Dies hat das Verwaltungsgericht zu Recht verneint.

Gemäß § 133 Abs. 1 Satz 1 BauGB unterliegen der Erschließungsbeitragspflicht Grundstücke - maßgeblich ist insofern der grundbuchrechtliche Grundstücksbegriff -, für die eine bauliche oder gewerbliche Nutzung festgesetzt ist, sobald sie bebaut oder gewerblich genutzt werden dürfen. Für Anliegergrundstücke, d. h. Grundstücke, die unmittelbar an die abzurechnende Erschließungsanlage angrenzen, sind diese Voraussetzungen erfüllt, wenn die tatsächliche und rechtliche Möglichkeit besteht, auf der Fahrbahn der betreffenden Anbaustraße bis zur Höhe des Grundstücks mit Kraftfahrzeugen zu fahren, dort zu halten und sie von da aus gegebenenfalls über einen Gehweg hinweg zu betreten. Bei Hinterliegergrundstücken fehlt es an dieser Möglichkeit des Heranfahrens, so dass Hinterliegergrundstücke ohne das Hinzutreten weiterer Voraussetzungen nicht durch eine nicht an sie angrenzende Erschließungsanlage erschlossen sind. Erschlossen sind sie vielmehr nur dann durch eine Erschließungsanlage - bei Hinwegdenken eventueller weiterer Erschließungsanlagen -, wenn sie von der abzurechnenden Straße im Sinne der §§ 30 ff. BauGB und damit bebauungsrechtlich erschlossen werden, d. h. wenn für das Hinterliegergrundstück gerade im Hinblick auf die abzurechnende Straße eine Baugenehmigung erteilt werden müsste (BVerwG, Urteil vom 8. Mai 2002 - 9 C 5.01 -, NVwZ-RR 2002, 770; vgl. Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 7. Aufl., § 17 Rdnr. 77 m. w. N.). Dies setzt voraus, dass das Hinterliegergrundstück die Erreichbarkeitsanforderungen erfüllt, unter denen das einschlägige Bauordnungsrecht eine Bebauung des Hinterliegergrundstücks gestattet. Dafür ist in der Regel erforderlich, dass eine tatsächliche Zuwegung über das Anliegergrundstück hinweg zur abzurechnenden Erschließungsanlage besteht und diese durch eine öffentlich-rechtliche Baulast gesichert ist.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urteil vom 26. Februar 1993 - 8 C 35.92 -, BVerwGE 92, 157 = HSGZ 1993, 305 = NVwZ 1993, 1206) ist ein Hinterliegergrundstück jedoch bereits dann "bebaubar" im Sinne des § 133 Abs. 1 BauGB, wenn es allein in der Verfügungsmacht des Eigentümers oder der Eigentümer steht, die für eine "aktuelle" Bebaubarkeit aufgestellten bundes- und landesrechtlichen Anforderungen zu erfüllen. Damit hat das Bundesverwaltungsgericht an seine Rechtsprechung angeschlossen, nach der das Erschlossensein im Sinne des § 133 Abs. 1 BauGB nicht davon abhängt, ob ein der erforderlichen regelmäßigen Erreichbarkeit entgegenstehendes (ausräumbares) Hindernis bereits beseitigt ist, wenn die Beseitigung allein in der Verfügungsmacht des oder der Eigentümer liegt oder nur an seiner fehlenden Mitwirkung scheitert (BVerwG, Urteil vom 29. Mai 1991 - 8 C 97.89 -, BVerwGE 88, 248, 252 f.). Entsprechendes soll deshalb auch dann gelten, wenn die Erfüllung der Voraussetzungen, unter denen das (bundesrechtliche) und das (landesrechtliche) Bauordnungsrecht die Bebauung eines im Sinne des § 131 Abs. 1 BauGB erschlossenen Hinterliegergrundstücks erlauben, in der Hand des Eigentümers bzw. des Erbbauberechtigten liegt. In Fällen der Eigentümeridentität, d.h. in Fällen, in denen Anlieger- und Hinterliegergrundstücke im Eigentum derselben Person oder Personen stehen, haben es die Eigentümer in der Hand, durch geeignete Maßnahmen selbst die Voraussetzungen einer Bebaubarkeit nach dem einschlägigen Bauordnungsrecht herbeizuführen. Dieser Rechtsprechung hat sich auch der Senat bereits seit längerem angeschlossen (vgl. Urteil vom 8. Juli 1993 - 5 UE 209/89 -, HSGZ 1993, 460 = ZMR 1994, 585). Die Herbeiführung der Voraussetzungen einer Bebaubarkeit können die Eigentümer etwa durch Bestellung einer Baulast (vgl. § 4, § 75 Hessische Bauordnung) oder auch durch die Vereinigung der Grundstücke erreichen. Ob gegen derartige Maßnahmen wirtschaftliche Belange des Eigentümers sprechen, ist nicht von Bedeutung, denn das Erschließungsbeitragsrecht verlangt solche Maßnahmen nicht. Die einzig von den Interessen des oder der Grundstückseigentümer bestimmte Entscheidung hat keinen Einfluss auf die Erfüllung des Merkmals des "Erschlossenseins" im Sinne des § 133 Abs. 1 BauGB. Dafür genügt, dass die Straße als Erschließungsanlage dem Grundeigentümer die Möglichkeit eröffnet, bei Hinwegdenken einer eventuellen weiteren Erschließungsmöglichkeit durch eine in seiner Hand liegende Maßnahme die Voraussetzungen für die Bebaubarkeit zu schaffen.

Legt man diese Grundsätze auf die im vorliegenden Fall gegebene Konstellation zugrunde, führt dies - wie es das Verwaltungsgericht ausgeführt hat - nicht zur Annahme des "Erschlossenseins" im Sinne des § 133 Abs. 1 BauGB. Hier steht das unmittelbar an die abzurechnende Erschließungsanlage "Zum Teufelsberg" anliegende Grundstück Flur 3, 76/29 im Alleineigentum der Klägerin, der Ehefrau des Klägers. Das streitige Hinterliegergrundstück Flur ..., Flurstück .../27 steht dagegen im Miteigentum beider Kläger, der Eheleute K. Dieses hinterliegende Grundstück wird nur durch das Anliegergrundstück .../29 von der abzurechnenden Erschließungsanlage "Zum Teufelsberg" getrennt. Bei dieser Konstellation haben es die Kläger als Miteigentümer nicht jederzeit in der Hand, durch geeignete Maßnahmen selbst die Voraussetzungen einer Bebaubarkeit nach dem Bauordnungsrecht zu schaffen. Zwar kann die Klägerin als Alleineigentümerin des Anliegergrundstücks und Miteigentümerin des streitigen Hinterliegergrundstücks jederzeit etwa eine Baulast für eine Zuwegung zu dem im Miteigentum stehenden Hinterliegergrundstück über das Anliegergrundstück schaffen. Dies allein genügt jedoch nicht. Grundbuchrechtlich sind vielmehr beide Eheleute gemeinsam Eigentümer des Hinterliegergrundstücks, so dass für die Beurteilung der rechtlichen Gestaltungsmöglichkeit bezüglich des Anliegergrundstücks auch auf beide abzustellen ist. Dem klagenden Ehemann ist es jedoch, da er eigentumsrechtlich keine Beziehung zum Anliegergrundstück hat, rechtlich nicht möglich, von sich aus die bauordnungsrechtlichen Zugangsvoraussetzungen zur abgerechneten Erschließungsanlage "Zum Teufelsberg" zu schaffen. Insofern kann die Situation nicht der Gestaltung gleichgesetzt werden, dass Anlieger- und Hinterliegergrundstück deckungsgleich im Eigentum derselben Person oder Personen stehen. Da die Frage des "Erschlossenseins" im Sinne des § 133 Abs. 1 BauGB auch nur grundstücksbezogen entschieden werden kann, lässt sich auch nicht etwa zwischen einer Beitragspflicht der Klägerin als Miteigentümerin des Hinterliegergrundstücks und Alleineigentümerin des Anliegergrundstücks und einer fehlenden Beitragspflicht des Klägers als Miteigentümer des Hinterliegergrundstücks und Nichteigentümer des Anliegergrundstücks differenzieren. Für diese klare Abgrenzung, die zur Bestimmung der Eigentümeridentität zwischen Anlieger- und Hinterliegergrundstück allein auf die Eintragung im Grundbuch abstellt, spricht auch, dass die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Annahme der Erreichbarkeitsanforderungen bei Eigentümeridentität von Anlieger- und Hinterliegergrundstück eine Ausnahme von dem Grundsatz darstellt, dass zum "Erschlossensein" eines Grundstückes grundsätzlich die tatsächliche Erreichbarkeit von der abzurechnenden Erschließungsanlage gehört und derartige Ausnahmen eng auszulegen sind.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung - ZPO -.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben (§ 132 Abs. 2 VwGO).

Ende der Entscheidung

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