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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 05.07.2006
Aktenzeichen: 5 UZ 1006/06
Rechtsgebiete: GG, HessKAG, HStS der Gemeinde Riedstadt


Vorschriften:

GG Art. 105 Abs. 2a
HessKAG § 7 Abs. 2
HStS der Gemeinde Riedstadt
Wird von einem Angehörigen der Bundespolizei ein Diensthund außerhalb der Dienstzeit zu Hause gehalten, kann ihn eine kommunale Satzung der Hundesteuerpflicht unterwerfen.
HESSISCHER VERWALTUNGSGERICHTSHOF BESCHLUSS

5 UZ 1006/06

In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Hundesteuer

hier: Antrag auf Zulassung der Berufung

hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof - 5. Senat - durch

Vorsitzenden Richter am Hess. VGH Dr. Lohmann, Richter am Hess. VGH Dr. Apell, Richter am Hess. VGH Schneider

am 5. Juli 2006 beschlossen:

Tenor:

Auf den Antrag der Beklagten wird die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Darmstadt vom 8. Februar 2006 - 4 E 428/04(2) - zugelassen.

Das Verfahren wird als Berufungsverfahren unter dem Aktenzeichen 5 UE 1611/06 fortgeführt.

Gründe:

Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Darmstadt vom 8. Februar 2006 ist zulässig und begründet. Die Darlegungen des Bevollmächtigten der Beklagten zum Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -) wecken auch beim Senat derartige Zweifel.

Das Verwaltungsgericht hat die Heranziehung des Klägers - er ist Polizeiobermeister bei der Bundespolizei - zu Hundesteuern für seinen außerhalb der Dienstzeit zu Hause gehaltenen Diensthund aufgehoben. Zur Begründung hat es zum einen ausgeführt, der Kläger sei nicht Hundehalter im Sinne des § 2 Abs. 2 Satz 1 der Hundesteuersatzung der Beklagten - HStS -, da er den Hund nicht im eigenen oder im Interesse eines Hausangehörigen im eigenen Haushalt aufgenommen habe. Zwar sei nach § 2 Abs. 2 Satz 2 HStS auch Halter, wer einen Hund länger als zwei Monate gepflegt, untergebracht oder auf Probe oder zum Anlernen gehalten habe, dieser Steuertatbestand sei jedoch verfassungskonform im Rahmen der Vorschriften des Art. 105 Abs. 2a Grundgesetz und § 7 Abs. 2 Kommunalabgabengesetz auszulegen. Es liege kein durch eine persönliche, private Lebensführung veranlasster Aufwand vor, der Ausdruck einer eigenen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit sei, sondern ein dienstlich veranlasster Aufwand. Dieser könne nicht Gegenstand einer Besteuerung mit einer Aufwandsteuer sein.

Zu Recht bezieht sich der Bevollmächtigte der Beklagten auf das Urteil des Senats vom 25. Juni 2003 - 5 UE 1174/01 - (HSGZ 2003, 311 = NVwZ-RR 2004, 213). Mit den dort im Einzelnen dargelegten Grundsätzen der Erhebung einer Hundesteuer als Aufwandsteuer ist die Entscheidung des Verwaltungsgerichts nicht vereinbar. Der Senat hat in dem genannten Urteil folgendes ausgeführt:

"... Aufwandsteuer im Sinne des Art. 105 Abs. 2a Grundgesetz - GG - sind Steuern auf die in der Einkommensverwendung für den persönlichen Lebensbedarf zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit. Sie knüpfen an das Halten eines Gegenstandes oder an einen tatsächlichen oder rechtlichen Zustand an (BVerfG, Beschluss vom 6. Dezember 1983 - 2 BvR 1275/79 -, BVerfGE 65, 325, 346 f.; BVerwG, Urteile vom 10. Oktober 1995 - 8 C 40.93-, BVerwGE 99, 303, 304 f.; und vom 12. April 2000 - 11 C 12.99 -, BVerwGE 111, 122, 125 f.). Ausschlaggebendes Merkmal ist der Konsum in Form eines äußerlich erkennbaren Zustandes, für den finanzielle Mittel aufgewendet werden. Der Aufwand im Sinne eines Konsums ist dabei typischerweise Ausdruck und Indikator der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, ohne dass es darauf ankommt, von wem und mit welchen Mitteln dieser finanziert wird und welchen Zwecken er des Näheren dient (BVerfG, Beschluss vom 6. Dezember 1983, a.a.O., S. 357; BVerwG, Urteil vom 12. April 2000, a.a.O., S. 126; Beschluss vom 31. Oktober 1990 - 8 B 72.90 -, Buchholz 11 Art. 105 GG Nr. 16). In dem Konsum äußert sich in der Regel die Leistungsfähigkeit. Ob der Aufwand die Leistungsfähigkeit im Einzelfall überschreitet, ist für die Steuerpflicht nicht erheblich (BVerfG, Beschluss vom 6. Dezember 1983, a.a.O., S. 347 f.). Allerdings genügt es nicht, wenn eine Steuer überhaupt an die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit anknüpft. Begriffsmerkmal der Aufwandsteuer ist vielmehr auch, dass sie einen besonderen Aufwand erfasst, der über die Verwendung von Einkommen und Vermögen zur Befriedigung des allgemeinen Lebensbedarfs hinausgeht (BVerfG, Beschluss vom 10. August 1989 - 2 BvR 1532/88 -, NVwZ 1989, 1152; BVerwG, Urteil vom 29. November 1991 - 8 C 107.89 -, Buchholz 11 Art. 105 GG Nr. 16 m.w.N.).

Die Besteuerung des Haltens von Hunden gilt als eine der traditionellen Aufwandsteuern (BVerwG, Beschluss vom 28. November 1997 - 8 B 224.97 -, Buchholz 401.65 Hundesteuer Nr. 5 = ZKF 1998, 179; Beschluss vom 31. Oktober 1990, a.a.O.; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 23. Januar 1997 - 22 A 2455/96 -, NVwZ 1999, 318; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 16. Dezember 2002 - 2 S 3113/00 -, BWGZ 2003, 297). In Hessen bestand bis zur Aufhebung zum 31. Dezember 1998 (s. oben) eine gesetzliche Verpflichtung der Gemeinden zur Erhebung der Hundesteuer nach dem Hessischen Hundesteuergesetz. Die Halterdefinition in § 3 Abs. 2 HStG knüpfte dabei an die Vorgängerregelungen im Gebiet des späteren Landes Hessen und letztlich an die Rechtsprechung des Preußischen Oberverwaltungsgerichts (Urteil vom 4. Mai 1911 - VII C 523/10 -, PrOVGE 59, 107) an (vgl. zur historischen Entwicklung: Urteile des Senats vom 29. März 2000 - 5 UE 2111/97 -, NVwZ 2000, 958 = ZKF 2000, 253; und vom 19. Januar 1995 - 5 UE 454/94 -, HSGZ 1995, 201). Danach war als Halter eines Hundes definiert, wer einen Hund in seinen Haushalt oder Wirtschaftsbetrieb aufgenommen hat, um ihn seinen Zwecken oder denen seines Haushalts oder seines Betriebes dienstbar zu machen (§ 3 Abs. 2 HStG). Eine Differenzierung danach, ob der Hund aus beruflichen oder privaten Gründen gehalten wurde, fand nach dieser Definition gerade nicht statt. Der Wortlaut des § 2 Abs. 2 HStG der Beklagten bestimmt als Hundehalter nur noch denjenigen, der einen Hund im eigenen Interesse oder im Interesse eines Haushaltsangehörigen im eigenen Haushalt aufnimmt. Die Aufnahme in den Wirtschaftsbetrieb ist somit nicht mehr erfasst. Nicht Gegenstand des Steuertatbestandes ist aber der Zweck der Haltung des Hundes - sei er beruflich oder privat.

Eine derartige Einschränkung verlangt auch nicht der verfassungsrechtliche Begriff der Aufwandsteuer. Wie oben bereits dargelegt ist bei der Besteuerung eines besonderen Aufwands unerheblich, welchen Zwecken der Aufwand des Näheren dient. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Beschluss zur Zweitwohnungssteuer vom 6. Dezember 1983 (a.a.O., S. 357) sogar - insoweit bindend - festgestellt, dass im Hinblick auf den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG ein sachlicher Grund für eine Satzungsregelung fehlt, die auswärtige Zweitwohnungsinhaber, die aus beruflichen oder Ausbildungsgründen eine Zweitwohnung im Gemeindegebiet innehaben, von der Steuerpflicht ausnimmt. Der Unterschied besteht danach allein im Zweck des besteuerten Aufwandes. Das Wesen der Aufwandsteuer schließt es aber aus, für die Steuerpflicht von vornherein auf eine wertende Berücksichtigung der Absichten und verfolgten Zwecke, die dem Aufwand zugrunde liegen, abzustellen. Maßgeblich darf allein der Konsum als Ausdruck und Indikator der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit sein. Daran anknüpfend hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass Erwerbszweitwohnungen der Zweitwohnungssteuer unterworfen werden können (BVerwG, Urteil vom 12. April 2000, a.a.O.), weil es nicht darauf ankommt, welchen Zwecken der besteuerte Aufwand im Sinne eines Konsums dient.

Nichts anderes kann im Rahmen der Beurteilung der Hundesteuer gelten. Auch dort ist bei der Beurteilung, ob eine Aufwandsteuer vorliegt, ohne Belang, welchen Zwecken die Einkommens- oder Vermögensverwendung im Einzelfall dient (BVerwG, Beschluss vom 31. Oktober 1990, a.a.O.). Somit widerspricht eine Besteuerung einer Hundehaltung, die - ganz oder teilweise - beruflichen Zwecken dient, nicht dem verfassungsrechtlichen Begriff der Aufwandsteuer. Etwas anderes lässt sich - entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts - auch nicht aus dem, in der ständigen Rechtsprechung zum Begriff der Aufwandsteuer verwendeten Begriff der "persönlichen Lebensführung" (so aber wohl auch: OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 23. Januar 1997, a.a.O.; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 16. Dezember 2002, a.a.O.; vgl. auch Birk in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand: März 2003, § 3 Rdn. 135 ff; Eigenthaler, KStZ 1987, 61; Meier, KStZ 2002, 165) folgern. Wie oben ausgeführt erfassen Aufwandsteuern den besonderen, über die Befriedigung des allgemeinen Lebensbedarfs hinausgehenden Aufwand für die persönliche Lebensführung, besteuern also die in der Einkommensverwendung für den persönlichen Lebensbedarf zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit. Dieser Begriff der "persönlichen Lebensführung" kann jedoch nicht - was offensichtlich das Verwaltungsgericht und die genannte Rechtsprechung zugrundelegen - mit "privater Lebensführung" im Gegensatz zu "beruflicher Lebensführung" gleichgesetzt werden, denn der Zweck der Aufwendung bleibt - wie oben erläutert - unberücksichtigt. Die Begriffe der "persönlichen Lebensführung" und des "persönlichen Lebensbedarfs" dienen vielmehr der Beschränkung des Steuertatbestandes auf den konsumtiven Aufwand als Kennzeichen der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und der Abgrenzung zur Einkommensverwendung als reine Geld- und Vermögensanlage, die somit der reinen Einkommenserzielung dient, wie etwa im Rahmen der Zweitwohnungssteuer bei nicht selbst genutzten, als Kapitalanlage dienenden Wohnungen (BVerwG, Urteil vom 10. Oktober 1995, a.a.O.). Die Lebensführung eines Steuerpflichtigen bleibt auch, soweit sie beruflichen Zwecken dient, in diesem Sinne eine persönliche Lebensführung. Dies hat auch das Bundesverwaltungsgericht in seiner oben genannten Entscheidung zu aus beruflichen Gründen genutzten Zweitwohnungen ausgeführt und die entgegengesetzte Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Niedersachsen (Urteil vom 21. April 1999 - 13 L 5282/98 -, NVwZ-RR 1999, 790) aufgehoben, die genau mit der gleichen Argumentation, die auch das Verwaltungsgericht für das beruflichen Zwecken dienende Halten von Hunden verwendet, derartige Zweitwohnungen wegen des beruflichen Nutzungszwecks nicht der "persönlichen Lebensführung" zurechnen wollte.

Der Senat legt diese von Bundesverfassungsgericht und Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der Beurteilung der Zweitwohnungssteuer entwickelten Grundsätze zur Aufwandsteuer auch bei der Beurteilung der Hundesteuer zugrunde (a.A. offenbar: OVG Nordrhein-Westfalen und VGH Baden-Württemberg, a.a.O.). Eine Hundehaltung, die ganz oder teilweise beruflichen Zwecken dient, unterfällt demnach bei Erfüllung der satzungsmäßigen Voraussetzungen des Steuertatbestandes ebenfalls der Aufwandsteuer. Eine einschränkende Auslegung ist verfassungsrechtlich nicht vorgegeben...."

Bei Anwendung dieser Grundsätze ergeben sich keine ernstlichen Bedenken gegen die Heranziehung des Klägers zur Hundesteuer aufgrund der Satzung der Beklagten. Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 HStS ist Hundehalter, wer einen Hund im eigenen Interesse oder im Interesse eines Hausangehörigen im eigenen Haushalt aufnimmt. Wie der Senat in dem genannten Urteil ausgeführt hat, ist es für das "eigene Interesse" nicht von Bedeutung, ob mit der Haltung des Hundes private oder berufliche Zwecke verfolgt werden. Das Wesen der Aufwandsteuer schließt es nämlich aus, für die Steuerpflicht von vornherein auf eine wertende Berücksichtigung der beabsichtigten und verfolgten Zwecke, die dem Aufwand, zugrunde liegen, abzustellen. Die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Differenzierung zwischen einem durch eine persönliche, private Lebensführung veranlassten Aufwand der Ausdruck einer eigenen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit sein könne, und einem dienstlich veranlassten Aufwand ist demnach nicht maßgeblich (vgl. die oben genannten Nachweise). Ebenfalls kommt es nicht darauf an, von wem und mit welchen Mitteln der Aufwand finanziert wird und welchen Zwecken er des Näheren dient. Dies bedeutet, dass die dem Kläger von seinem Dienstherrn pauschal gezahlte Entschädigung für die Haltung des Diensthundes in seinem Haushalt an dem Charakter des Aufwandes, der einer Steuer unterworfen werden kann, nichts ändert.

Die Entscheidung über die Kosten des Zulassungsverfahrens folgt der Kostenentscheidung im Berufungsverfahren.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Es wird darauf hingewiesen, dass gemäß § 124a Abs. 3 VwGO die nunmehr zugelassene Berufung innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Beschlusses zu begründen ist. Die Begründung ist beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag und im Einzelnen anzuführende Berufungsgründe enthalten. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

Ende der Entscheidung

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