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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 22.02.2006
Aktenzeichen: 5 UZ 1583/05
Rechtsgebiete: BauGB


Vorschriften:

BauGB § 9 Abs. 1 Nr. 11
BauGB § 125 Abs. 3 Nr. 2
BauGB § 129 Abs. 1
Der Einbau einer der Straßenentwässerung dienenden Querrinne kann im Sinne des § 129 Abs. 1 BauGB erforderlich sein. Soweit das Überfahren einer solchen Rinne mit dem Kfz zu einer deutlichen Reduzierung der Geschwindigkeit nötigt, kann sich eine besondere Rechtfertigung hierfür aus der Festsetzung als verkehrsberuhigter Bereich gem. § 9 Abs. 1 Nr. 11 BauGB ergeben.
HESSISCHER VERWALTUNGSGERICHTSHOF BESCHLUSS

5 UZ 1583/05

In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Heranziehung zu Erschließungsbeiträgen;

hier: Antrag auf Zulassung der Berufung

hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof - 5. Senat - durch

Vorsitzenden Richter am Hess. VGH Dr. Lohmann, Richter am Hess. VGH Dr. Apell, Richter am Hess. VGH Schneider

am 22. Februar 2006 beschlossen:

Tenor:

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Wiesbaden vom 3. Mai 2005 - 6 E 2760/04 (1) - wird abgelehnt.

Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Zulassungsverfahren auf 16.934,62 € festgesetzt.

Gründe:

Der Zulassungsantrag des Klägers ist, soweit er auf ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -) gestützt ist, zulässig, kann jedoch in der Sache keinen Erfolg haben. Das Verwaltungsgericht hat die Klage gegen die Heranziehung des Klägers zu Erschließungsbeiträgen für die Herstellung der Straße "................" im Gemeindegebiet der Beklagten als unbegründet abgewiesen und dabei sämtliche auf die Art und Weise der Bauausführung sowie die Rechtmäßigkeit der Straßenherstellung bezogenen Einwände für unberechtigt erklärt. Das hiergegen gerichtete Vorbringen des Klägers im vorliegenden Zulassungsverfahren gibt keinen Anlass, an der Richtigkeit dieser Entscheidung ernstlich zu zweifeln. Zu dem Vorbringen des Klägers ist im Einzelnen zu sagen:

1. Zu dem Einwand, die Anlegung der quer verlaufenden Entwässerungsrinne vor der Einmündung des ............... in die .................... sei entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts vom baulichen Gestaltungsermessen der Beklagten nicht mehr gedeckt, da die Rinne überflüssig sei und mit einer Absenkung von bis zu 4,6 cm zu Schäden am Kraftfahrzeug bis hin zu Achsbrüchen beim Befahren der Straße führen könne:

Die Gemeinde kann nach § 129 Abs. 1 des Baugesetzbuchs - BauGB - Erschließungsbeiträge erheben, soweit die Erschließungsanlagen e r f o r d e r l i c h sind, um die Bauflächen und die gewerblich zu nutzenden Flächen entsprechend den baurechtlichen Vorschriften zu nutzen. Das Erforderliche markiert eine äußerste Grenze, die erst dann überschritten ist, wenn die von der Gemeinde gewählte Lösung "sachlich schlechthin unvertretbar" ist (Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 7. Aufl. 2004, § 15 Rn. 8). In dem daraus sich ergebenden "Erforderlichkeitsrahmen" steht der Gemeinde, was die Art und Weise der Straßenherstellung angeht, ein weites gestalterisches Ermessen zu. Die Anlegung der Entwässerungsrinne im ............. ist unter diesem Aspekt nicht zu beanstanden. Als überflüssig lässt sich diese Maßnahme nicht bezeichnen; vielmehr durfte die Beklagte davon ausgehen, dass es auch beim ............... baulicher Vorkehrungen für einen geordneten Ablauf des Straßenoberflächenwassers in die Kanalisation bedurfte. Soweit sich die Beklagte für eine Querrinne im unteren Straßenbereich und nicht für seitliche Rinnen in Längsrichtung der Straße entschieden hat, beruht das auf den von ihr dargelegten topografischen Gegebenheiten bei der Anlegung der Straße. Von einer schlechthin unvertretbaren Lösung kann insoweit nicht die Rede sein. Dass mit der Rinne wegen der notwendigen Absenkung eine Einbuße an Fahrkomfort verbunden ist, wie in dem vom Kläger vorgelegten Privatgutachten festgestellt wird, muss hingenommen werden und bedeutet nicht etwa, dass es der Beklagten von vornherein verwehrt gewesen wäre, diese Lösung zu ergreifen. Die "Tiefe" der Rinne von bis zu 4,6 cm bei einer mittleren Tiefe von 4,3 cm laut Angaben in dem vorgelegten Gutachten erklärt sich im Übrigen wesentlich mit dem die Rinne begrenzenden "Rundbordstein", dessen Notwendigkeit aufgrund des Straßengefälles ohne weiteres einleuchtet. Die Rinne als solche ist weit weniger tief. Richtig ist, dass der Kraftfahrzeugverkehr, um eine allzu große Erschütterung beim Überfahren der Rinne zu vermeiden, dazu gezwungen ist, das Fahrtempo deutlich zu drosseln. Gerade dies lässt sich aber, wie das Verwaltungsgericht in dem angegriffenen Urteil zutreffend ausgeführt hat, mit der Ausweisung des .............. als verkehrsberuhigte Fläche, worauf durch entsprechende Beschilderung hingewiesen wird, rechtfertigen. Bei ordnungsgemäßem Befahren der Straße unter Beachtung dieser Regelung sind Schäden am Kraftfahrzeug, wie sie der Kläger befürchtet und beschreibt, nicht zu erwarten.

2. Zu dem Einwand, die Rinne stelle für ältere und behinderte Personen eine "fast unüberwindbare Hürde" dar:

Eine Erschwerung für den angesprochenen Personenkreis beim Begehen der Straße mag bestehen, kann aber ebenfalls nicht dazu führen, dass die Beklagte auf den Einbau der Querrinne hätte verzichten müssen. Der Hinweis des Verwaltungsgerichts darauf, gemäß Stellungnahme des Diplom-Ingenieurs ............... vom 30. September 2004 sei "der gesamte ............ wegen der ihm zukommenden Neigung um 13 % nicht behindertengerecht", hat durchaus seine Berechtigung. Es stellt keine "behindertenfeindliche" Argumentation dar, wenn solche Zusammenhänge hervorgehoben werden. Ihre Erschließungsaufgabe muss die Gemeinde auch in schwierigem Gelände erfüllen. Dass ein Straßenverlauf in solchem Gelände körperlich behinderte Personen beim Begehen der Straße vor besondere Probleme stellt, ist nicht zu vermeiden. Die Lösung, unter solchen Umständen lieber gänzlich auf Erschließung zu verzichten, kann als Alternative nicht ernsthaft in Betracht kommen.

3. Zu den Einwänden des Klägers, die sich auf den von der Beklagten angelegten Bürgersteig mit Zwischenstufen am ............... beziehen:

Auch insoweit ergeben sich für den Senat keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung. Angesichts des vorliegenden Lichtbildmaterials kann die Behauptung des Klägers "Kein Bürger kann sich auf diesen Steinen bewegen" nicht nachvollzogen werden. Im Übrigen bedarf es noch nicht einmal der vom Kläger angezweifelten Rechtfertigung der Gehweganlegung mit höheren Kosten, die bei Anlegung einer einheitlichen Verkehrsfläche ohne besonderen Bürgersteig entstanden wären. Soweit der maßgebliche Bebauungsplan den ............. im Sinne einer Festsetzung aus städtebaulichen Gründen gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 11 BauGB als "verkehrsberuhigten Bereich" ausweist, ist damit - entgegen der Annahme der Beklagten - nicht zwingend eine "Verkehrsmischfläche" ohne Aufteilung in Gehweg- und Fahrbereich vorgegeben. Kommt eine Verkehrsanlage aus Gründen der Topografie ohne eine solche Aufteilung nicht aus oder erleichtert diese jedenfalls - wie hier - nicht unwesentlich die Straßenanlegung, so schließt das allein noch nicht die Eigenschaft als verkehrsberuhigte Straßenanlage aus. Damit aber liegt eine A b -w e i c h u n g vom Bebauungsplan, soweit der ......... mit einem besonderen Gehweg versehen worden ist, in Wahrheit nicht vor. Das wiederum hat zur Folge, dass sich Betrachtungen darüber erübrigen, ob und inwieweit eine Abweichung, läge sie tatsächlich vor, die Rechtmäßigkeit der Straßenherstellung nach § 125 Abs. 3 Nr. 2 BauGB deshalb unberührt ließe, weil sich daraus keine höheren Kosten ergäben und so die Erschließungsbeitragspflichtigen nicht stärker belastet würden als bei plangemäßer Herstellung. Ob die Bauausführung mit besonderem Bürgersteig im vorliegenden Fall entsprechend den Darlegungen der Beklagten tatsächlich billiger war oder ob insoweit, wie der Kläger meint, vom Verwaltungsgericht noch hätte aufgeklärt werden müssen, kann daher dahinstehen.

Soweit der Kläger als Zulassungsgrund auch besondere tatsächliche Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) geltend macht, fehlt es bereits an der erforderlichen Darlegung im Sinne des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO. In der Zulassungsantragsschrift wird nicht ansatzweise in fallbezogener Auseinandersetzung mit dem Urteil des Verwaltungsgerichts dargetan, worin die besonderen Schwierigkeiten bestehen sollen, die gerade die vorliegende Rechtssache mit Blick auf das gesamte Spektrum der in verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu entscheidenden Streitfälle kennzeichnen. Aus der Darstellungsweise des Klägers, die durch die Betonung der Selbstverständlichkeit des von ihm selbst vertretenen Rechtsstandpunkts geprägt ist, lassen sich solche Schwierigkeiten jedenfalls nicht herleiten.

Der Zulassungsantrag ist nach allem mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 2 VwGO abzulehnen. Die Festsetzung des Streitwerts für das Zulassungsverfahren beruht auf den §§ 52 Abs. 1, 47, 53 Abs. 3 Nr. 1 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO und § 66 Abs. 1 Satz 4 in Verbindung mit § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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