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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 06.11.2003
Aktenzeichen: 5 UZ 2270/03
Rechtsgebiete: KAG, StrBS


Vorschriften:

KAG § 11
StrBS der Stadt Bad Hersfeld
Wird durch einen beitragsfähigen Ausbau ein unselbständiges Verbindungsstück zwischen zwei Erschließungsanlagen nach natürlicher Betrachtungsweise durch den gemeinsamen Ausbau Teil der einen Anlage, ist die Gemeinde beim späteren Ausbau der anderen Anlage für die Abrechnung an die ursprüngliche Zuordnung des Verbindungsstücks gebunden, auch wenn nunmehr eine Zuordnung zur später ausgebauten Anlage nach natürlicher Betrachtungsweise in Betracht käme.
Hessischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss

5 UZ 2270/03

In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Straßenausbaubeitrags

hier: Antrag auf Zulassung der Berufung

hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof - 5. Senat - durch

Vorsitzender Richter am Hess. VGH Dr. Lohmann Richter am Hess. VGH Dr. Apell, Richter am Hess. VGH Dr. Göbel-Zimmermann

am 6. November 2003 beschlossen:

Tenor:

Der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Kassel vom 4. Juni 2003 - 6 E 1938/02 - wird abgelehnt.

Die Beklagte hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auch für das Berufungszulassungsverfahren auf einen Betrag von 11.389,54 € festgesetzt.

Gründe:

Der auf sämtliche gesetzlichen Zulassungsgründe (§ 124 Abs. 2 Nrn. 1 bis 5 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -) gestützte Zulassungsantrag der Beklagten bleibt ohne Erfolg.

Die Ausführungen der Beklagten zum Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) wecken beim Senat keine derartigen Zweifel.

Die Beklagte wendet sich im Wesentlichen gegen die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass das etwa 35 m lange schmale Straßenstück zwischen dem platzartig ausgeweiteten, durch die jetzt abgerechnete Baumaßnahme zur Fußgängerzone ausgebauten Teil der " " und der " " ungeachtet der gemeinsamen Straßenbezeichnung nicht der " ", sondern der " " zuzuordnen ist und seine Anlieger deshalb nicht in die Abrechnung des Ausbaus der " " einbezogen werden können. Dieses Teilstück war bereits in den Jahren 1976/77 gemeinsam mit der " " als Fußgängerzone ausgebaut worden. Die Beklagte sieht bei einer "natürlichen Betrachtungsweise" zum Zeitpunkt der Fertigstellung des jetzt abgerechneten Ausbaus eines Teils der " " zur Fußgängerzone das Verbindungsstück wieder als Teil dieses Abrechnungsabschnitts an. Ihre diesbezüglichen Ausführungen wecken jedoch beim Senat keine ernstlichen Zweifel am Ergebnis der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung.

Nach der Rechtsprechung des Senats deckt sich nach hessischem Kommunalabgabenrecht der Anlagenbegriff im Straßenbaubeitragsrecht im Wesentlichen mit dem des Erschließungsbeitragsrechts. Insofern ist für die Beurteilung der Reichweite einer als öffentliche Einrichtung anzusehenden Straßenanlage ausgehend von einer natürlichen Betrachtungsweise maßgeblich auf das durch die tatsächlichen Verhältnisse geprägte Erscheinungsbild, wie Straßenführung, Straßenbreite, Straßenlänge und Straßenausstattung abzustellen (vgl. Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand: September 2003, § 8 Rdnr. 96 mit Nachweisen aus der Rechtsprechung des Senats). Der Straßenbezeichnung selbst kommt dabei nur eine Indizfunktion zu. Der Senat hat insofern bereits im Eilverfahren (Beschluss vom 5. Februar 2002 - 5 TZ 3257/01 -) darauf hingewiesen, dass das hier zu beurteilende Straßenstück aufgrund seiner Länge von nur ca. 35 m eine für die Annahme einer eigenständigen Verkehrsanlage zu geringe Ausdehnung aufweist, so dass es einer der anschließenden Verkehrsanlagen anlagenmäßig zugeordnet werden muss. Aufgrund der einheitlichen Straßenbreite und auch der gemeinsamen Umgestaltung zur Fußgängerzone Mitte der 70iger Jahre hat der Senat bereits im Eilverfahren eine Zuordnung zur " " als näherliegend angesehen. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht in seine Beurteilung auch den Gesichtspunkt mit einbezogen, dass das Teilstück bereits im Jahre 1976/77 gemeinsam mit der " ............" zur Fußgängerzone ausgebaut und damit nach natürlicher Betrachtungsweise ein unselbständiger Teil dieser Anlage geworden war. Damit war damals der Ausbau dieser Anlage (" " einschließlich Verbindungsstück zur " ") eine - auch für die Anlieger des Verbindungsstücks - beitragsfähige Ausbaumaßnahme. Baut nun in einem derartigen Fall in späterer Zeit die Kommune auch die anschließende Anlage in gleichem Umfang aus - wie hier zur Fußgängerzone -, so kann dies nicht dazu führen, dass für die Anlieger des - nunmehr nicht erneut ausgebauten - Verbindungsstücks auch der Ausbau der anderen anschließenden Anlage beitragsfähig wird, auch wenn nunmehr - wovon die Beklagte ausgeht - aufgrund des erreichten Ausbauzustandes nach natürlicher Betrachtungsweise eine Einbeziehung des Verbindungsstücks als Teil der zuletzt ausgebauten Anlage in Betracht käme. Vielmehr ist die Kommune bei der Abrechnung der späteren Ausbaumaßnahme auf die in der Vergangenheit anlässlich des Ausbaus vorgenommene Zuordnung des Verbindungsstücks festgelegt. Anderenfalls käme für einen - zeitlich versetzt - vorgenommenen einheitlichen Ausbau eine mehrfache Beitragsfähigkeit der Anlieger des wechselseitig zugeordneten Teilstücks in Betracht. Dass die Beklagte in den 70iger Jahren für den Ausbau der Anlage " .........." zur Fußgängerzone insgesamt auf die Erhebung von Beiträgen verzichtet hat, ist nicht von entscheidender Bedeutung. Entscheidend ist vielmehr die Beitragsfähigkeit.

Dieses Ergebnis steht auch entgegen der Ansicht der Beklagten nicht im Widerspruch zu dem im Erschließungsbeitragsrecht geltenden Grundsatz, wonach es für die Beurteilung der Reichweite einer Erschließungsanlage auf die natürliche Betrachtungsweise im Zeitpunkt des Entstehens der Beitragspflicht ankommt (BVerwG, Urteil vom 7. Juni 1996 - 8 C 30.94 - BVerwGE 101, 225, 229). Auch im Erschließungsbeitragsrecht ist, um sicherzustellen, dass für die erstmalige Herstellung der erschließenden Anlage von den jeweiligen Anliegern nur einmal ein Beitrag erhoben wird, unabhängig von der natürlichen Betrachtungsweise etwa die nachträgliche Verlängerung einer Erschließungsanlage als selbständige Anlage gesondert abzurechnen (BVerwG, Urteil vom 5. Oktober 1984 - 8 C 41.83 -, Buchholz 406.11 § 135 BBauG Nr. 26 = KStZ 1985, 49, Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 6. Aufl., § 12 Rdnr. 15). Gleiches gilt bei nachträglicher Herstellung unselbständiger Stichstraßen (BVerwG, Urteil vom 18. Mai 1990 - 8 C 80.88 -, Buchholz 406.11 § 127 BBauG/BauGB Nr. 61 = NVwZ 1991, 77; vgl. auch: Beschluss des Senats vom 4. März 1986 - 5 TH 160/85 -, ZKF 1986, 207 = GemHH 1987, 20, zum Abrechnungsabschnitt bei einem nachträglichen Ausbau eines Mittelteils einer Straße, nachdem die übrigen Teile bereits in der Vergangenheit ausgebaut und abgerechnet waren).

Aus den Ausführungen der Beklagten ergibt sich auch nicht der Zulassungsgrund der besonderen rechtlichen Schwierigkeit der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO). Dafür ist es erforderlich darzulegen, dass das vorliegende Verwaltungsstreitverfahren signifikant im Schwierigkeitsgrad von dem Durchschnitt verwaltungsgerichtlicher Streitverfahren abweicht. Dies ergibt sich aus dem Vortrag der Beklagten, die sich allein auf die Komplexität des Beitragsrechts sowie die im vorliegenden Fall gegebenen schwierigen Rechtsfragen bezieht, nicht.

Ebenfalls fehlt es an der Darlegung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Wird dieser Zulassungsgrund geltend gemacht, so muss, um dem gesetzlichen Darlegungserfordernis zu genügen, dargetan werden, welche konkrete und in ihrer Bedeutung über den Einzelfall hinausreichende Rechtsfrage oder welche bestimmte und für eine Vielzahl gleichgelagerter Fälle bedeutsame Frage tatsächlicher Art im Berufungsverfahren geklärt werden soll und inwieweit diese Frage einer (weitergehenden) Klärung im Berufungsverfahren bedarf. Grundsätzliche Bedeutung hat ein Verwaltungsstreitverfahren nur dann, wenn es eine tatsächliche oder rechtliche Frage aufwirft, die für die Berufungsinstanz entscheidungserheblich ist und über den Einzelfall hinaus im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung einer Klärung bedarf. Hier benennt die Beklagte bereits keine konkrete Frage tatsächlicher oder rechtlicher Art. Soweit man zu Gunsten der Beklagten annehmen will, sie wolle die Frage der Maßgeblichkeit der natürlichen Betrachtungsweise als klärungsbedürftig benennen, ergeben sich daraus keine nicht bereits aus der bisherigen Rechtsprechung geklärten Fragen, wie die obigen Ausführungen zeigen.

Auch der Zulassungsgrund der Divergenz zu einer Entscheidung des erkennenden Senats (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) ergibt sich aus den Ausführungen der Beklagtenseite nicht. Für die Darlegung einer Divergenz ist es erforderlich, sowohl mindesten einen Rechtssatz zu benennen, den das Verwaltungsgericht in der angefochtenen Entscheidung aufgestellt hat, als auch mindestens einen Rechtssatz eines der im Gesetz genannten Obergerichte, von dem das Verwaltungsgericht abgewichen ist. Eine derartige Darlegung ist der Beklagten nicht gelungen. Wie bereits oben im Rahmen des Zulassungsgrundes der ernstlichen Zweifel ausgeführt, liegt eine Abweichung der angefochtenen Entscheidung von der Rechtsprechung des Senats nicht vor.

Letztlich fehlt es auch an der Darlegung eines der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegenden Verfahrensmangels, der geltend gemacht wird, vorliegt und auf dem die Entscheidung beruhen können muss (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) durch die Beklagte. Sie bezieht sich insofern auf ihren vom Verwaltungsgericht in der mündlichen Verhandlung als nicht entscheidungserheblich abgelehnten Antrag, über die Zugehörigkeit des Verbindungsstücks zur " " durch Inaugenscheinnahme Beweis zu erheben. Wie sich aus den Ausführungen im Rahmen des Zulassungsgrundes der ernstlichen Zweifel durch den Senat ergibt, wäre es in der Tat auf diese Beurteilung nicht mehr angekommen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Entscheidung über den Streitwert auf den §§ 13 Abs. 2, 14 Gerichtskostengesetz - GKG -.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO und § 25 Abs. 3 Satz 2 GKG).

Ende der Entscheidung

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