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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 30.08.2007
Aktenzeichen: 6 A 883/07
Rechtsgebiete: AtG, VwGO


Vorschriften:

AtG § 7 Abs. 1b S 2
VwGO § 48 Abs. 1 Nr. 1
VwGO § 52 Nr. 1
Für Streitverfahren hinsichtlich der Übertragung von Elektrizitätsmengen nach § 7 Abs. 1b Satz 2 AtG ist die sachlich-instanzielle Zuständigkeit des Oberverwaltungsgerichts nach § 48 Abs. 1 Nr. 1 VwGO begründet.

Örtlich zuständig ist gemäß § 52 Nr. 1 VwGO das Oberverwaltungsgericht, in dessen Zuständigkeitsbereich sich die Aufnahme der Elektrizitätsmenge vorgesehene Anlage befindet (hier KKW Biblis A).


HESSISCHER VERWALTUNGSGERICHTSHOF BESCHLUSS

Az.: 6 A 883/07

In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Atom- und Strahlenschutzrechts

hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof - 6. Senat - durch

Richter am Hess. VGH Igstadt, Richterin am Hess. VGH Fischer, Richter am Hess. VGH Schneider, Richter am Hess. VGH Jeuthe, Richter am Hess. VGH Heuser

am 30. August 2007 beschlossen:

Tenor:

Der Hessische Verwaltungsgerichtshof ist für den Rechtsstreit zuständig.

Gründe:

I.

Die Klägerin erstrebt mit der am 26. April 2007 erhobenen Klage die Verpflichtung der Beklagten, die Zustimmung zur Übertragung von 30 TWh des Reststrommengenkontingents des Kernkraftwerks Mülheim-Kärlich (im Folgenden: KKW Mülheim-Kärlich) auf das Kernkraftwerk Biblis, Block A (im Folgenden: KKW Biblis A) zu erteilen. Den am 26. September 2006 gestellten Antrag der Klägerin auf Zustimmung zur Übertragung der vorgenannten Reststrommenge des KKW Mülheim-Kärlich auf das KKW Biblis A lehnte das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (im Folgenden: BMU) mit Bescheid vom 18. Mai 2007 ab. In der dem Bescheid beigefügten Rechtsbehelfsbelehrung wurde darauf hingewiesen, dass gegen die Entscheidung innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Klage bei dem Verwaltungsgericht Köln erhoben werden könne.

Die Beteiligten sind unterschiedlicher Auffassung bezüglich der Zuständigkeit des angerufenen Hessischen Verwaltungsgerichtshofs.

1.

Die Klägerin sieht in dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof das für die Klage sachlich und örtlich zuständige Gericht.

Die sachliche Zuständigkeit des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs ergebe sich aus § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VwGO. Die Regelung in § 48 Abs. 1 VwGO, der die erstinstanzliche Zuständigkeit für eine Vielzahl von Verfahren den Oberverwaltungsgerichten zuweise, diene neben der Verfahrensbeschleunigung und der Entlastung der Verwaltungsgerichtsbarkeit auch dazu, bestimmte Verfahren von erheblicher wirtschaftlicher und politischer Brisanz durch die Oberverwaltungsgerichte entscheiden zu lassen. Die überregionale wirtschaftliche und politische Bedeutung der Verfahren über die Übertragung von Reststrommengen sei offensichtlich. Die hier maßgebliche Regelung in § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VwGO sei nicht auf Streitigkeiten über die Erteilung oder Versagung atomrechtlich erforderlicher Genehmigungen beschränkt. Vielmehr erfasse sie schon nach ihrem klaren Wortlaut sämtliche Streitigkeiten, die mit dem Betrieb einer Anlage nach § 7 AtG in Verbindung stünden. Die in der Rechtsbehelfsbelehrung des BMU zum Ausdruck kommende gegenteilige Rechtsauffassung verkenne den Regelungszusammenhang der atomrechtlichen Bestimmungen über die Elektrizitätsmengen und dem Betrieb der hier in Frage stehenden Anlage Biblis A. Wie sich aus § 7 Abs. 1a Satz 1 AtG ergebe, erlösche die Berechtigung zum Leistungsbetrieb einer Anlage, wenn die in der Anlage 3 Spalte 2 für die Anlage aufgeführte Elektrizitätsmenge oder die sich aufgrund von Übertragungen ergebende Elektrizitätsmenge produziert sei. Für die Fortführung bzw. Verlängerung des Leistungsbetriebs einer Anlage sei daher die Übertragung von Elektrizitätsmengen auf der Grundlage des § 7 Abs. 1b AtG entscheidend.

Der Hessische Verwaltungsgerichtshof sei nach § 52 Nr. 1 VwGO auch das für die Klage örtlich zuständige Gericht. Wie Streitigkeiten über das Recht, eine kerntechnische Anlage zu errichten oder zu betreiben, falle auch der Streit über die Übertragung von Elektrizitätsmengen als Rechtsstreit um ein ortsgebundenes Recht unter die Zuständigkeitsbestimmung des § 52 Nr. 1 VwGO. Das Streitverfahren über die Zustimmung zur Übertragung von Elektrizitätsmengen habe einen engen Bezug zum Betrieb der zur Aufnahme bestimmten Anlage, vorliegend also des KKW Biblis A. Dieser enge Anlagenbezug folge daraus, dass Regelungsgegenstand der Zustimmung nur die Übertragung einer bestimmten Elektrizitätsmenge des Kontingents des KKW Mülheim-Kärlich auf das KKW Biblis A und damit der Ausnutzbarkeit dieser Elektrizitätsmenge in dieser konkreten Anlage sei. Auch die gesetzlichen Formulierungen in § 7 Abs. 1a - d AtG knüpften an den Betrieb kerntechnischer Anlagen an. Dieser anlagenbezogene Ansatz werde bereits daraus deutlich, dass nach § 7 Abs. 1b AtG Elektrizitätsmengen von einer Anlage auf eine andere Anlage übertragen würden. Damit erfolge die Übertragung von Elektrizitätsmengen strikt anlagenbezogen. Eine nicht einer bestimmten Anlage konkret zugewiesene Elektrizitätsmenge sei gesetzlich nicht vorgesehen. Aus der Tatsache, dass Elektrizitätsmengen weiter übertragen werden könnten, könne nicht der Schluss gezogen werden, dass es an der Ortsgebundenheit des Rechts im Sinne von § 52 Nr. 1 VwGO fehle. Diese Ortsgebundenheit sei bereits deswegen nicht infrage gestellt, weil der Streitgegenstand der vorliegenden Klage allein die Übertragung einer bestimmten Elektrizitätsmenge vom KKW Mülheim-Kärlich auf das KKW Biblis A sei. Die Ortsgebundenheit des hier streitigen Rechts folge auch aus einer Parallele zur Rechtsprechung zum Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz (im Folgenden: TEHG). Anders als die hier in Streit stehenden Elektrizitätsmengen seien die Emissionsberechtigungen wegen ihrer Handelbarkeit nicht zwingend an die Anlage gebunden, der sie erstmals zugeteilt worden seien. Ungeachtet dessen habe das Verwaltungsgericht Augsburg auf der Basis des bis zum 28. Dezember 2004 geltenden Rechts angenommen, dass Streitigkeiten aufgrund des Emissionszertifikatehandelsregimes ortsgebundene Rechtsverhältnisse gemäß § 52 Nr. 1 VwGO zum Gegenstand hätten. Die Ausführungen des Gerichtes in seinem Beschluss vom 1. September 2004 wiesen darauf hin, dass es aufgrund des anlagenbezogenen Ansatzes des TEHG seine örtliche Zuständigkeit nach § 52 Nr. 1 VwGO auch für die zum vorliegenden Rechtsstreit vergleichbaren Streitigkeiten über die Zuteilung von Berechtigungen nach § 9 Abs. 1 TEHG angenommen hätte. Da für die Anwendung des § 52 Nr. 1 VwGO die Ausnutzbarkeit der zur Übertragung vorgesehenen Elektrizitätsmenge in der Anlage Biblis A maßgeblich sei, sei es zwingend, den Standort dieser Anlage als für die Bestimmung der örtlichen verwaltungsgerichtlichen Zuständigkeit maßgeblich anzusehen. Bezugspunkt der streitgegenständlichen Übertragung sei gerade und allein die aufnehmende Anlage Biblis A.

2.

Die Beklagte verneint die Zuständigkeit des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs und beantragt, den Rechtsstreit an das nach ihrer Ansicht zuständige Verwaltungsgericht Köln zu verweisen.

Der Hessische Verwaltungsgerichtshof sei - so die Beklagte - zunächst sachlich unzuständig. Der vorliegende Rechtsstreit falle nicht in den Zuständigkeitskatalog des § 48 Abs. 1 Nr. 1 VwGO.

§ 48 Abs. 1 Nr. 1 VwGO gelte nicht für jedweden Rechtsstreit, der in irgendeinem Zusammenhang mit den dort genannten Anlagen und Vorhaben stehe. Die erstinstanzliche Zuständigkeit des Oberverwaltungsgerichts solle vielmehr nur für solche Verfahren begründet sein, bei denen die in der Vorschrift jeweils enumerativ aufgeführten Tätigkeiten gerade der rechtliche Streitgegenstand sei. Dies sei bei der hier in Streit stehenden Strommengenübertragung nicht der Fall. Die in § 48 Abs. 1 Nr. 1 VwGO aufgeführten zuständigkeitsbegründenden Tatbestände seien an die Begrifflichkeiten des § 7 AtG angelehnt. Die Strommengenübertragung im Sinne von § 7 Abs. 1b Satz 2 AtG unterfalle danach nicht dem atomrechtlichen Betriebsbegriff. Bei der Strommengenübertragung gehe es, anders als bei dem Betrieb, nicht um die auf Dauer angelegte funktionsmäßige Nutzung der Anlage. Dies werde bereits aus der unterschiedlichen Verwendung des Begriffs "Betrieb" in § 7 Abs. 1 AtG, § 48 Abs. 1 Nr. 1 VwGO einerseits und der Formulierung "Berechtigung zum Leistungsbetrieb" in § 7 Abs. 1a AtG bzw. "Elektrizitätsmengen" in § 7 Abs. 1b und d AtG andererseits deutlich. Auch systematisch unterscheide das Atomgesetz zwischen dem Betrieb der Anlage und der Übertragung von Elektrizitätsmengen. Die Voraussetzungen des Betriebs im Sinne von § 7 Abs. 1 und 2 AtG seien von den zuständigen Landesbehörden im Rahmen von Genehmigungs- und Aufsichtsverfahren zu prüfen. Für die Zustimmung zur Übertragung von Reststrommengen sei demgegenüber das BMU zuständig. Bei der Entscheidung über die Übertragung von Elektrizitätsmengen seien über die genehmigungs- und aufsichtsrechtlichen Voraussetzungen hinaus auch andere Gesichtspunkte zu beachten. Die Beurteilung der Zulässigkeit von Strommengenübertragungen sei nicht allein anhand von Sicherheitskriterien vorzunehmen, sondern u.a. auch anhand von ökonomischen Erwägungen. Auch die anzustellenden Sicherheitserwägungen unterschieden sich vom Genehmigungs - und Aufsichtsverfahren dadurch, dass der bei der Übertragung von Strommengen vorzunehmende Sicherheitsvergleich Fragen der Risikominimierung jenseits des genehmigten und aufsichtsrechtlichen Bereiches betreffe. Bei Anträgen nach § 7 Abs. 1b Satz 2 AtG würden nicht erneut Rechtsfragen des bereits bestandskräftig genehmigten Betriebes aufgeworfen. Die systematischen Unterschiede würden auch daran erkennbar, dass sich unmittelbar aufgrund des von der Klägerin beantragten Verwaltungsaktes keine unmittelbaren Auswirkungen auf die Berechtigung zum Leistungsbetrieb ergeben würden. Zwar hätte die beantragte Zustimmung im Falle ihrer Wirksamkeit ggf. Auswirkungen auf die Berechtigung zur Fortsetzung des Betriebs von Biblis A. Diese Rechtsfolge träte indessen erst dann ein, wenn die Klägerin von der erteilten Zustimmung Gebrauch mache. Das Bundesverwaltungsgericht habe es in seinem Urteil vom 19. Mai 1988 (- BVerwG 7 C 43.88 -, Buchholz 451.171 AtG Nr. 22) auf der Grundlage des Wortlauts des damaligen Art. 2 § 9 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Entlastung der Gerichte in der Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit vom 31. März 1978 (BGBl. I S. 446) - EntlG - abgelehnt, die Ausnahmebestimmung über die Zuständigkeit des Oberverwaltungsgerichts für Streitverfahren über die Stilllegung einer atomrechtlichen Anlage erweiternd auf (damals) in dem Zuständigkeitskatalog nicht explizit aufgeführte Streitigkeiten um den Abbau einer stillgelegten Anlage auszulegen. Der Gesetzgeber habe dieser Rechtsprechung durch das 4. Gesetz zur Änderung der Verwaltungsgerichtsordnung (vom 17. Dezember 1990, BGBl. I S. 2809), mit dem der Zuständigkeitskatalog des EntlG in Dauerrecht überführt worden sei, zwar durch die Aufnahme des sicheren Einschlusses und des Abbaus von Anlagen Rechnung getragen, aber - weiterhin - keine umfassende Zuständigkeitsbestimmung für atomrechtliche Verfahren zu Gunsten des Oberverwaltungsgerichts eingeführt und sei von dieser Linie auch nach Einfügung der Absätze a bis d in § 7 AtG nicht abgewichen. Auch die Voraussetzungen nach § 48 Abs. 1 Satz 2 VwGO seien bei dem hier zur Entscheidung vorliegenden Streitverfahren um die Zulässigkeit von Strommengenübertragungen nach § 7b bis d AtG nicht erfüllt, weil diese Frage weder die genehmigungsrechtliche Zulässigkeit nach § 7 Abs. 1 Nr. 2 AtG, im Genehmigungsverfahren nachgelagerte Verfahren nach den §§ 17, 19 AtG, noch in betrieblichem oder räumlichem Zusammenhang stehende Nebeneinrichtungen betreffe. Auch die Zielvorstellung des Gesetzgebers bei der Einführung der erstinstanzlichen Zuständigkeit der Oberverwaltungsgerichte, den Instanzenzug zu straffen, die bei dem häufig durch Dritte geführten Streit über Genehmigungen und Erlaubnisse für Großvorhaben mit zum Teil überregionaler politischer Bedeutung zu erwartenden langen Verfahrenslaufzeiten zu kürzen und möglichst alle mit diesen Verfahren in Zusammenhang stehenden Fragen in die Hand eines Gerichts zu legen, treffe auf Rechtsstreite über Strommengenübertragungen nicht zu. Diese Verfahren bewegten sich durchweg außerhalb des der Landesverwaltung zugewiesenen Bereichs des Kernkraftwerksbetriebs. Der Gesetzgeber habe durch die AtG-Novelle 2002 mit der "Berechtigung zum Leistungsbetrieb" eine neue, von den anlagenzulassungsrechtlichen Voraussetzungen nach § 7 Abs. 1 und 2 AtG unabhängige Kategorie geschaffen, um die Beendigung der gewerblichen Kernenergienutzung im Sinne der Konsensvereinbarung mit den Energieversorgungsunternehmen sicherzustellen.

Darüber hinaus fehle es - so die Beklagte - auch an der örtlichen Zuständigkeit des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs. Eine Zuständigkeit auf der Grundlage von § 52 Nr. 1 VwGO bestehe nicht, denn der vorliegende Rechtsstreit betreffe weder das unbewegliche Vermögen noch ein ortsgebundenes Recht.

Der vorliegende Rechtsstreit über die Zustimmung zur Strommengenübertragung weise den erforderlichen konkreten Bezug zum Grundstück der empfangenden Anlage nicht auf. Bei der Entscheidung über die Erteilung der Zustimmung seien eine ganze Reihe anlagenübergreifender sicherheitstechnischer, ökonomischer und sonstiger Aspekte zu berücksichtigen. Die Vielzahl möglicher Entscheidungskonstellationen deute sich schon jetzt an. Das BMU habe seit September 2006 neben dem Antrag der Klägerin über vier weitere Anträge auf Zustimmung zu Strommengenübertragungen zu entscheiden, wobei einer dieser Anträge die Übertragung von Strommengen des KKW Mülheim-Kärlich auf das KKW Brunsbüttel betreffe. Schon dies mache verständlich, dass es sich bei den Strommengenübertragungen jeweils um übergreifende Entscheidungen handele, die nicht von vornherein einen Bezug nur zu einem bestimmten Grundstück aufwiesen. Überdies seien die Elektrizitätsmengen ihrer Rechtsnatur nach nicht ortsgebunden. Das Bundesverwaltungsgericht habe bezogen auf die Freisetzungsgenehmigung für gentechnisch veränderte Organismen selbst für eine nur für einen Standort erteilte Genehmigung die Ortsbezogenheit verneint. Dementsprechend hänge auch die Erteilung der Zustimmung zur Übertragung von Strommengen nicht unmittelbar vom Standort der für den Empfang der Strommengen vorgesehenen Anlage ab. Es sei offensichtlich, dass Strommengen, die von einer Anlage auf eine andere Anlage übertragen werden könnten, keine ortsgebundenen Rechte sein könnten. Anderenfalls wäre eine Übertragung gerade ausgeschlossen. Das Unternehmen, das mit der Verpflichtungsklage das Recht zur Übertragung eines in Elektrizitätsmengen quantifizieren Produktionsrechts auf eine andere Anlage geltend mache, wolle gerade die bisherige Bindung an eine andere Anlage auflösen. Der Hinweis der Klägerin auf die Rechtslage im TEHG gehe fehl. Das von der Klägerin zitierte Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg betreffe die Frage, ob auf bestimmte Anlagen die Anforderungen des Emissionshandels anzuwenden seien. Ob diese Rechtsprechung auch auf Zuteilungsentscheidungen nach dem TEHG oder sonstige Maßnahmen nach diesem Gesetz anwendbar ist, sei offengelassen worden. Überdies entspreche auch der mit der Übertragung der örtlichen Zuständigkeit auf das ortsnahe Gericht in § 52 Nr. 1 VwGO verfolgte Zweck gegen eine Anwendung dieser Zuständigkeitsregelung. Der spezifische Bezug zu einem bestimmten Ort, der es rechtfertigen könnte, das mit der besseren Ortskenntnis ausgestattete Gericht entscheiden zu lassen, liege bei den Rechtsstreitigkeiten über die Strommengenübertragungen nicht vor. Bei der hier erforderlichen abstrakt-generellen Betrachtung lasse es sich nicht a priori sagen, ob bei der Ermittlung und Bewertung des entscheidungserheblichen Sachverhalts schwerpunktmäßig die abgebende oder aber die empfangende Anlage im Mittelpunkt einer Beweiserhebung stehe. Der bei § 52 Nr. 1 VwGO im Vordergrund stehende Aspekt der Vertrautheit mit den örtlichen Verhältnisse könne demnach nicht den Ausschlag geben. Zudem seien die Voraussetzungen der Strommengenübertragungen von den Voraussetzungen gemäß § 7 Abs. 1 und 2 AtG sowie den aufsichtsrechtlichen Regelungen abgekoppelt, weshalb für die Erteilung einer Zustimmung auch nicht die ansonsten in der Regel für atomrechtliche Entscheidungen zuständigen örtlichen Landesbehörden zuständig seien, sondern das BMU. Schließlich spreche auch der Umstand, dass das BMU mehrere Zustimmungsentscheidungen zur Übertragung von Reststrommengen zwischen Kraftwerken an unterschiedlichen Standorten treffen müsse, für eine Konzentration aller Zustimmungen nach § 7 Abs. 1 b AtG betreffende Rechtsstreitigkeiten auf den Gerichtsstand der beklagten Behörde im Sinne von § 52 Nr. 2 VwGO. Entscheidungen würden auch für unterschiedliche Standorte nach den gleichen Kriterien getroffen, so dass im Falle der Entscheidung der Gerichte am Gerichtsstand der beklagten Behörde in besonderem Maße gewährleistet sei, dass auch die gerichtliche Überprüfung einheitlich erfolge und abweichende Entscheidungen von jeweils für die betreffenden Standorte zuständigen Gerichten vermieden würden.

II.

Nachdem die Beklagte die sachliche und örtliche Zuständigkeit des von der Klägerin angerufenen Hessischen Verwaltungsgerichtshofs bestreitet, ist gemäß § 83 Satz 1 VwGO und § 17a Abs. 3 Satz 2 GVG in entsprechender Anwendung vorab über die Zuständigkeit des erkennenden Gerichts zu entscheiden.

Der Hessische Verwaltungsgerichtshof ist für die von der Klägerin erhobene Klage auf Verpflichtung der Beklagten, der beantragten Übertragung von 30,0 TWh aus der in Anlage 3, Spalte 2 des Atomgesetzes für das KKW Mülheim-Kärlich aufgeführten Elektrizitätsmenge auf das KKW Biblis A zuzustimmen, zuständig. Seine sachliche Zuständigkeit ergibt sich aus § 48 Abs. 1 Nr. 1 VwGO, seine örtliche Zuständigkeit aus § 52 Nr. 1 VwGO (ebenso der VGH Baden-Württemberg für seine Zuständigkeit bezüglich des dort anhängigen Streitverfahrens auf Übertragung von Elektrizitätsmengen von Block II auf Block I des KKW Grundremmingen, Beschluss vom 20. August 2007 - 10 S 690/07). Der Auffassung der Beklagten, das Verwaltungsgericht Köln sei zur Entscheidung über das Verwaltungsstreitverfahren berufen, folgt der Senat nicht.

1.

Für den Rechtsstreit ist, anders als von der Beklagten angenommen, die sachlich-instanzielle Zuständigkeit des Oberverwaltungsgerichts nach § 48 Abs. 1 Nr. 1 VwGO begründet.

Nach der vorgenannten Bestimmung entscheidet das Oberverwaltungsgericht erstinstanzlich über Rechtsstreitigkeiten, die die Errichtung, den Betrieb, die sonstige Innehabung, die Veränderung, die Stilllegung, den sicheren Einschluss und den Abbau von Anlagen im Sinne der §§ 7 und 9 a Abs. 3 des Atomgesetzes betreffen.

Die Voraussetzungen dieser Zuständigkeitsregelung sind im vorliegenden Fall erfüllt, denn bei dem zur Entscheidung anstehenden Rechtsstreit über die Rechtmäßigkeit der Verweigerung einer Übertragung von Strommengen vom KKW Mühlheim-Kärlich auf das KKW Biblis A handelt es sich um eine den Betrieb von Anlagen im Sinne von § 7 AtG betreffende Streitigkeit.

a)

Nach Auffassung der Beklagten ist die hier maßgebliche Vorschrift des § 48 Abs. 1 Nr. 1 VwGO für Streitverfahren über die Zulässigkeit von Reststrommengen nach § 7 Abs. 1a bis d AtG schon deshalb nicht einschlägig, weil die hier in Streit stehende Entscheidung über die Zustimmung zur beantragten Strommengenübertragung vom KKW Mülheim-Kärlich auf das KKW Biblis A den genehmigten Bestand des KKW Biblis A unberührt lasse und es folglich an dem nach Meinung der Beklagten erforderlichen "unmittelbaren Genehmigungsbezug" fehlt. Mit der damit erhobenen Forderung, dass eine unter § 48 Abs. 1 Nr. 1 VwGO zu subsumierende Streitigkeit einen unmittelbaren Bezug zur Genehmigung der Hauptanlage nach § 7 Abs. 1 Satz 1 AtG oder zur Zulassung einer Nebenanlage im Sinne von § 48 Abs. 1 Satz 2 VwGO aufweisen müsse, legt die Beklagte der Vorschrift einen zu engen Inhalt bei.

Eine Einschränkung des Anwendungsbereichs der Vorschrift in dem von der Beklagten angenommenen Sinn lässt sich weder aus dem Wortlaut der Bestimmung, noch aus ihrer Entstehungsgeschichte oder aus den von dem Gesetzgeber mit der Übertragung der erstinstanzlichen Zuständigkeit an die Oberverwaltungsgerichte nach dem geltenden § 48 Abs. 1 VwGO bzw. nach der Vorgängerreglung in Art. 2 § 9 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Entlastung der Gerichte in der Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit vom 31. März 1978 (BGBl. I S. 446) - EntlG - verfolgten Zwecken ableiten.

Schon der Wortlaut des § 48 Abs. 1 Nr. 1 VwGO lässt eine Beschränkung der Zuständigkeitszuweisung an die Oberverwaltungsgerichte in dem von der Beklagten befürworteten Sinn nicht zu. § 48 Abs. 1 Nr. 1 VwGO knüpft nicht an die nach § 7 Abs. 1 Satz 1 bzw. § 7 Abs. 3 Satz 1 AtG erteilte oder zu erteilende Genehmigung an, sondern an die der Genehmigung unterliegenden Tatbestände. Damit erfasst die Vorschrift nach ihrem Wortlaut auch solche Sachverhalte, die unabhängig vom Bestand der Genehmigung etwa auf den Betrieb oder die Innehabung einer atomrechtlichen Anlage nach § 7 oder § 9a Abs. 3 AtG einwirken oder hiermit in sonstiger Weise in unmittelbarer Verbindung stehen. Dementsprechend hat etwa der Hessische Verwaltungsgerichtshof in seinem Beschluss vom 22. Dezember 1993 - 14 Q 2724/93 -, NVwZ 1994, 1125, seine Zuständigkeit nach § 48 Abs. 1 Nr. 1 VwGO für den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung auf Untersagung des - nicht zu den genehmigten Betriebsvorgängen des betreffenden Brennelementwerks gehörenden - Personal- und Geräteeinsatzes zum Zwecke der Um- und Auslagerung von Brennstäben und Brennelementen aus der staatlichen Verwahrung mit der Erwägung angenommen, dass Personal und Geräte zwar nicht für den Betrieb, wohl aber im räumlichen Bereich des Betriebes des Brennelementwerks eingesetzt werden sollen.

Auch auf die Entstehungsgeschichte des § 48 Abs. 1 Nr. 1 AtG kann sich der Beklagte mit seinem einschränkenden Verständnis der Zuständigkeitsregelung nicht stützen.

Allerdings geht die Beklagte im Grundsatz zu Recht davon aus, dass der in § 48 Abs. 1 VwGO eingangs verwendete Begriff "sämtliche Streitigkeiten" nicht im Sinne einer generellen Zuständigkeitszuweisung für alle denkbaren Streitigkeiten nach den im Katalog dieser Vorschrift im Einzelnen angeführten Materien gemeint ist. Das Oberverwaltungsgericht sollte also, was § 48 Abs. 1 Nr. 1 VwGO anbelangt, nicht für sämtliche atomrechtlichen Streitverfahren erstinstanzlich zuständig sein, sondern nur für solche, die die in § 48 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 VwGO abschließend aufgeführten Gegenstände betreffen (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Mai 1988 - BVerwG 7 C 43.88 -, Buchholz 451.171 AtG Nr. 22, zur Vorgängerreglung in Art. 2 § 9 Abs. 1 Nr. 1 EntlG; Hess.VGH, Beschlüsse vom 5. August 1987 - 5 A 2204/86 -, NVwZ 1988, 75, vom 20. Dezember 1988 - 8 A 699/88 -, ESVGH 39, 139, und vom 2. August 1993 - 14 A 995/92 -, NVwZ 1994, 1036).

Dies folgt aus den Zielvorstellungen des Gesetzgebers bei der Einführung der erstinstanzlichen Zuständigkeit der Oberverwaltungsgerichte in von ihm als besonders bedeutsam erachteten Streitverfahren. Diese Ziele bestehen nicht darin, aus Gründen einer möglichst klaren Abgrenzung der instanziellen Zuständigkeiten von Verwaltungsgerichten und Oberverwaltungsgerichten den letzteren bestimmte Rechtsmaterien zur alleinigen Entscheidung zuzuweisen. Vielmehr ging es dem Gesetzgeber darum, bei bestimmten Großverfahren mit besonderer rechtlicher, politischer oder wirtschaftlicher Bedeutung und hieraus folgenden überregionalen Auswirkungen und großer Tragweite die bei zwei Tatsacheninstanzen als überlang empfundenen Verfahrenslaufzeiten durch Konzentration der erstinstanzlichen Zuständigkeit bei den Oberverwaltungsgerichten zu verkürzen. Die Übertragung der erstinstanzlichen Zuständigkeit in diesen Verfahren sollte auf die Fälle beschränkt werden, in denen sie von der Zielsetzung des Gesetzes her notwendig ist (vgl. zum Vorstehenden die Empfehlung des Rechtsausschusses zum "Entwurf eines Gesetzes zur Beschleunigung verwaltungsgerichtlicher und finanzgerichtlicher Verfahren" vom 20. Mai 1985, BT-Drucks. 10/3368, Seiten 7 und 8, und die Begründung des Entwurfs zum 4. VwGOÄndG vom 27. April 1990, BT-Drucks. 11/7030, Seite 22). Die Eingangszuständigkeit der Verwaltungsgerichte nach § 45 VwGO für die in der Sonderzuweisung angesprochenen Rechtsmaterien blieb mithin auch nach Überführung der Regelung über die erstinstanzliche Zuständigkeit der Oberverwaltungsgerichte in Dauerrecht dem Grundsatz nach unberührt.

Als Folge hiervon sind die Verwaltungsgerichte in erster Instanz nicht nur für Rechtsstreitigkeiten bezüglich solcher Vorhaben zuständig, die im Katalog des § 48 Abs. 1 VwGO überhaupt nicht genannt sind (z.B. Wasserkraftwerke, vgl. BT-Drucks. 10/3368, Seite 8; Beförderung von Kernbrennstoffen nach § 4 AtG, vgl. Hess.VGH, Beschluss vom 20. Dezember 1988 - 8 A 699/88 -, ESVGH 39, 139; Benutzungsgebühren, die nach § 21a bzw. § 21b AtG von Dritten für die Benutzung von Anlagen nach § 9a Abs. 3 AtG erhoben werden; vgl. von Oertzen, DÖV 1985, 749 [750]), oder die die einschränkenden Voraussetzungen einer Zuständigkeitsregelung in § 48 Abs. 1 VwGO nicht erfüllen (z.B. bei § 48 Abs. 1 Nr. 3 VwGO Feuerungsanlagen für feste, flüssige oder gasförmige Brennstoffe mit einer Feuerungswärmeleistung von nicht mehr als dreihundert Megawatt), sondern auch für Verwaltungsstreitverfahren, die zwar einen Bezug zu den in § 48 Abs. 1 VwGO bezeichneten Merkmalen aufweisen, in denen aber diese für die Zuweisung der erstinstanzlichen Zuständigkeit an die Oberverwaltungsgerichte maßgeblichen Kriterien selbst nicht Gegenstand des Streits sind. Letzteres kann der Fall sein bei Rechtstreitigkeiten, die sich im Vorfeld der Genehmigung von in § 48 Abs. 1 VwGO genannten Vorhaben oder in Abwicklung eines abgeschlossenen Verfahrens nach § 48 Abs. 1 VwGO ergeben (vgl. z.B. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 30. August 1989 - 7 B II 9/83 -, NVwZ 1989, 1178, betreffend den Zutritt zu einem atomrechtlichen Erörterungstermin; OVG C-Stadt, Beschluss vom 13. Dezember 1990 - 2 A 9.90 - NVwZ 1991, 448, betreffend die Vollziehung eines fernstraßenrechtlichen Planfeststellungsbeschlusses; Hess.VGH, Beschluss vom 5. August 1987 - 5 A 2204/86 -, NVwZ 1988, 75, betreffend die Anfechtungsklage gegen einen isolierten Kostenbescheid im Zusammenhang mit einem atomrechtlichen Genehmigungsverfahren, das schon vor Erlass des Kostenbescheides durch Rücknahme des Antrags seine Erledigung gefunden hatte). Die erstinstanzliche Zuständigkeit verbleibt daneben nach § 45 VwGO etwa auch für solche Verfahren bei den Verwaltungsgerichten, in denen die zuständigkeitsbegründenden Merkmale nach § 48 Abs. 1 VwGO allenfalls inzident im Sinne einer Annex- oder Vorfrage zu prüfen sind (vgl. etwa Hess.VGH, Beschluss vom 2. August 1993 - 14 A 995/92 -, NVwZ 1994, 1036, betreffend ein Streitverfahren um die Kosten für Untersuchungs- und Aufsichtsmaßnahmen nach § 21 AtG). In den vorstehend genannten Rechtsstreitigkeiten besteht die Notwendigkeit für einen in erster Linie dem Beschleunigungszweck dienenden Wegfall einer Tatsacheninstanz nicht (vgl. Hess.VGH, Beschluss vom 2. August 1993, am angegebenen Ort).

Unter Beachtung dieser sich aus dem Gesetzeszweck ergebenden Einschränkungen sollten die Oberverwaltungsgerichte in den Fällen des § 48 Abs. 1 VwGO aber grundsätzlich in allen hierauf bezogenen Streitverfahren in erster Instanz zur Entscheidung berufen sein.

Es entspricht dem ausdrücklich erklärten Willen des Gesetzgebers, den Zuständigkeitskatalog so zu fassen, dass alle eine Anlage oder ein Planfeststellungsverfahren betreffenden Streitigkeiten einbezogen werden. Es sei zweckmäßig, dass ein Gericht für alle mit einem Vorhaben zusammenhängenden Fragen zuständig ist (BT-Drucks. 10/3368, Seite 8). Zur Vermeidung einer von dem Gesetzgeber nicht gewünschten gespalteten Zuständigkeit zwischen Verwaltungsgerichten und Oberverwaltungsgerichten wurde die erstinstanzliche Zuständigkeit des Oberverwaltungsgerichts "weit in das Vorfeld" des betreffenden Vorhabens erstreckt und nach § 48 Abs. 1 Satz 2 VwGO auf Rechtsstreite um sämtliche für das Vorhaben erforderlichen Genehmigungen und Erlaubnisse - auch in Bezug auf solche für Nebeneinrichtungen - ausgeweitet, die mit dem Vorhaben in einem räumlichen und betrieblichen Zusammenhang stehen (vgl. hierzu OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 19. Mai 1987 - 7 C 1/87 -, NVwZ 1988, 76).

Die dem Gesetz zu Grunde liegende Erwägung, eine Aufspaltung der Zuständigkeiten zwischen Verwaltungsgerichten und Oberverwaltungsgerichten in den in § 48 Abs. 1 VwGO bezeichneten Großverfahren zu vermeiden, macht es entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten erforderlich, die Vorschrift dem Normzweck entsprechend weit auszulegen (Hess.VGH, Beschluss vom 4. Januar 2006, - 12 Q 2825/05 -, ESVGH 56, 135). Das Oberverwaltungsgericht ist mit Rücksicht hierauf nicht nur für die mit einem Hauptsacheverfahren nach § 48 Abs. 1 VwGO einhergehenden Nebenverfahren (vgl. OVG Bremen, Beschluss vom 6. Oktober 1986 - 1 B 34/86 -, NVwZ 1987, 431; Hess.VGH, Beschluss vom 4. Januar 2006, - 12 Q 2825/05 - ESVGH 56, 135) zuständig. Vielmehr wird die Zuständigkeit etwa auch für die sich im Zusammenhang mit einem solchen Verfahren ergebenden verfahrensrechtlichen Streitigkeiten bejaht (vgl. hierzu OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 19. Mai 1987 - 7 C 1/87 -, NVwZ 1988, 76, betreffend den Anspruch auf Hinzuziehung zum Genehmigungsverfahren; Hess.VGH, Beschluss vom 4. Januar 2006, am angegebenen Ort, betreffend den Anspruch auf Einsicht in die Verfahrensakte eines Planfeststellungsverfahrens). Bezüglich der hier einschlägigen Vorschrift des § 48 Abs. 1 Nr. 1 VwGO wird eine Zuständigkeit des Oberverwaltungsgerichts z.B. für Streitverfahren um eine Teilgenehmigung nach § 18 AtVfV, einen Vorbescheid (§ 7a AtG), inhaltliche Beschränkungen und Auflagen sowie die Rücknahme und den Widerruf der Genehmigung nach § 17 AtG bejaht (vgl. Bier in Schoch/Schmidt/Aßmann/Pietzner, VwGO, Stand: Mai 2007, Rdnr. 19 zu § 48 VwGO, mit weiteren Nachweisen). Der Hessische Verwaltungsgerichtshof hat zudem seine Zuständigkeit nach § 48 Abs. 1 Nr. 1 VwGO auch für in den Betrieb des Kernkraftwerks eingreifende behördliche Anordnungen nach § 19 Abs. 3 AtG angenommen, und zwar auch in Bezug auf Wechselwirkungen des Betriebs mit nicht aus dem Betrieb herrührenden Vorgängen (Beschluss vom 22. Dezember 1993 - 14 Q 2724/93 -, NVwZ 1994, 1125).

Da § 48 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 VwGO durch das Gesetz zur geordneten Beendigung der Kernenergienutzung zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität vom 22. April 2002 (BGBl. I S. 1351) - im Folgenden: AtG-Novelle 2002 - keine Änderung erfahren hat, gelten die mit der Bestimmung verknüpften Zielvorstellungen des Gesetzgebers unverändert fort.

Die Anwendung des § 48 Abs. 1 Nr. 1 VwGO scheitert nach alledem nicht schon daran, dass mit dem vorliegenden Rechtsstreit um die Zustimmung zur Strommengenübertragung vom KKW Mülheim-Kärlich auf das KKW Biblis A die Frage der Zulässigkeit des Anlagenbetriebs von Biblis A nicht (erneut) aufgeworfen wird und es folglich an einem "unmittelbaren Genehmigungsbezug" fehlt.

b)

Die Klage um die Erteilung der Zustimmung des BMU zur beabsichtigten Übertragung von Reststrommengen des KKW Mülheim-Kärlich auf das KKW Biblis A betrifft auch im Sinne von § 48 Abs. 1 Nr. 1 VwGO den Betrieb von Anlagen im Sinne des § 7 AtG. Die gegenteilige Ansicht der Beklagten entbehrt einer tragfähigen rechtlichen Grundlage.

Bereits aus dem Begriff "Betrieb" - dieser ist in § 48 Abs. 1 Nr. 1 VwGO einerseits und in den Bestimmungen des Atomgesetzes andererseits in gleicher Weise auszulegen (vgl. Bier in Schoch/Schmidt/Aßmann/Pietzner, VwGO, Stand: Mai 2007, Rdnr. 19 zu § 48 VwGO) - folgt unmissverständlich, dass hierunter auch die durch § 7 Abs. 1b bis d AtG ermöglichten Übertragungen von Strommengen von einer Anlage auf eine andere fallen.

Wie die Beklagte zutreffend ausführt, ist unter "Betrieb" die auf Dauer angelegte funktionsmäßige Nutzung der Anlage zu verstehen. Diese funktionsmäßige Nutzung besteht bei der gewerblichen Nutzung der Kernenergie in der Erzeugung von Elektrizität. Das Recht zur Erzeugung von Elektrizität im Leistungsbetrieb ist eigentlicher und zentraler Bestandteil des Nutzungs- und Betriebsrechts, das dem Betreiber auf Grund der ihm nach § 7 Abs. 1 AtG erteilten Genehmigung zusteht (vgl. Ossenbühl, Rechtsgutachten "Rechtsfragen der Übertragung von Strommengen nach § 7 1 b und 1 d AtomG", März 2006, S. 41). Die besondere Kennzeichnung des Betriebs als "Leistungsbetrieb" dient, wie auch die Beklagte ausdrücklich hervorhebt, lediglich der Klarstellung, dass auch der "Stillstandsbetrieb" nach Beendigung der Elektrizitätserzeugung im Interesse einer geordneten Stilllegung der Anlage noch zum genehmigten Teil des Betriebs zählt. Der "Leistungsbetrieb" und das Recht zu seiner Fortführung sind folglich, ebenso wie die Inanspruchnahme der gesetzlichen Möglichkeit zur Strommengenübertragung, unmittelbarer Bestandteil und Ausfluss des "Betriebs" der Anlage.

Schon wegen dieses untrennbaren begrifflichen und inhaltlichen Zusammenhangs verbietet es sich, dem Begriff "betreiben" in § 7 Abs. 1 Satz 1 AtG bzw. "Betrieb" in § 48 Abs. 1 Nr. 1 VwGO die Begriffe "Berechtigung zum Leistungsbetrieb" in § 7 Abs. 1a AtG bzw. "Elektrizitätsmengen" in § 7 Abs. 1b AtG als Gegensätze entgegenzuhalten.

Ein solcher Gegensatz lässt sich auch aus einer systematischen Betrachtung der oben genannten Vorschriften nicht ableiten. Im Gegenteil stehen alle diese Begriffe durch ihre gemeinsame Verortung in § 7 AtG und ihre rechtliche Verknüpfung in dieser Bestimmung in einem engen systematischen Zusammenhang.

Nach § 7 Abs. 1 a Satz 1 AtG erlischt die Berechtigung zum Leistungsbetrieb der Anlage, wenn die Elektrizitätsmenge, die für sie in Anlage 3 Spalte 2 zum AtG oder die sich auf Grund von Übertragungen nach Absatz 1b ergebende Elektrizitätsmenge produziert ist. Die Fortführung des Leistungsbetriebs und damit des zentralen Teils des Betriebs der Anlage ist somit vom Bestehen eines originären Rests der Elektrizitätsmenge für die Anlage nach Anlage 3 Spalte 2 zum AtG oder von der Übertragung eines Strommengenkontingents von einer anderen Anlage abhängig. Der unmittelbare Bezug zum "Betrieb" der Anlage im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 AtG und § 48 Abs. 1 Nr. 1 VwGO wird somit vom Gesetz selbst hergestellt.

Auch aus der Entstehungsgeschichte des § 7 Abs. 1a bis d AtG lässt sich eine Verselbständigung dieser Regelungen in dem vom Beklagten angenommenen Sinn nicht ableiten.

Der Gesetzgeber hat das mit der Genehmigung nach § 7 Abs. 1 AtG verbundene Recht zur Produktion von Elektrizität allein deshalb teils restriktiver (Festlegung von Reststrommengen ab 1. Januar 2000, § 7 Abs. 1a AtG in Verbindung mit Anlage 3 Spalte 2), teils erweiternder (Möglichkeit zur Übertragung von Strommengen, § 7 Abs. 1b bis d AtG) Sonderregelungen unterworfen, um einerseits den Ausstieg aus der friedlichen Nutzung der Kernenergie zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität in einem absehbaren Zeitraum zu erreichen und andererseits, um bis zur Beendigung einen ordnungsgemäßen Betrieb der Anlagen zu gewährleisten und während der Restlaufzeiten der Kernkraftwerke den Betreibern eine effektive und wirtschaftliche Nutzung und Verteilung von Produktionsmengen zu ermöglichen (vgl. die Begründung zum Gesetzentwurf, BT-Drucks. 14/6890, S. 21, 22). Damit hat der Gesetzgeber das Recht zur Erzeugung von (bestimmten) Elektrizitätsmengen nur im Interesse eines geordneten Ausstiegs aus der gewerblichen Nutzung der Kernenergie von dem aus der Genehmigung verbundenen (allgemeinen) Nutzungsrecht extrahiert und nur zu diesem begrenzten Zweck eine auf bestimmte Anlagen beschränkte Übertragung von produzierbaren Reststrommengen vorgesehen. Es lag indessen nicht in seiner Absicht, das Recht zur Erzeugung von Elektrizitätsmengen in einer Weise zu verselbständigen, dass dieses etwa als ein frei übertragbares Wirtschaftsgut unabhängig vom Betrieb einer Anlage eingestuft werden könnte. Dass die Entscheidung über die Zustimmung zu Strommengenübertragungen anderen Zuständigkeiten und materiellen Beurteilungsmaßstäben unterliegt als die Genehmigung der Anlage selbst, ist in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung.

Es kann nach allem keine Rede davon sein, der Gesetzgeber habe mit dem Begriff "Berechtigung zum Leistungsbetrieb" und "Elektrizitätsmengen" von dem Betrieb der Anlage unabhängig zu betrachtende eigenständige Rechtsinstitute schaffen wollen.

Die Beklagte meint weiterhin, der Rechtsstreit betreffe den Betrieb des KKW Biblis A deshalb nicht, weil ungeachtet der tatsächlichen Auswirkungen einer Erteilung der beantragten Zustimmung auf die Berechtigung zur Fortführung des Betriebs dieses Kernkraftwerks unmittelbare Rechtsfolgen nicht durch den beantragten Verwaltungsakt, sondern erst durch das Gebrauchmachen von der erteilten Zustimmung durch die Klägerin einträten. Auch dieser Argumentation kann der Senat nicht folgen.

Wie bereits oben ausgeführt, besteht zwischen den Reststrommengen, die einem Kernkraftwerk nach Anlage 3 Spalte 2 zum AtG originär oder nach Übertragung von Strommengen zusätzlich zugeordnet sind, und dem (genehmigten) Betrieb der Anlage nach der gesetzlichen Systematik in § 7 Abs. 1a Satz 1 AtG ein unmittelbarer Zusammenhang. Nach dieser Regelung erlischt die der Klägerin für das KKW Biblis A erteilte Genehmigung ohne die begehrte Übertragung von zusätzlichen, dem KKW Mülheim-Kärlich zugeordneten Strommengen, wenn die für das KKW Biblis A nach Anlage 3 Spalte 2 für den Zeitraum ab 1. Januar 2000 festgesetzte Reststrommenge von 62,00 TWh netto produziert ist. Mit Übertragung der Strommenge von 30 TWh netto des KKW Mülheim-Kärlich verlängert sich für die Klägerin dagegen die Möglichkeit, die Genehmigung für das KKW Biblis A auszunutzen, gemäß § 7 Abs. 1 a Satz 1 AtG bis zur Erschöpfung dieser ihr zusätzlich zugestandenen Produktionsmenge. Die Übertragung der Reststrommenge aus dem Kontingent des KKW Mülheim-Kärlich und die hierfür gemäß § 7 Abs. 1b Satz 2 AtG erforderliche Zustimmung beinhalten folglich entgegen der Auffassung der Beklagten eine den Betrieb des KKW Biblis A betreffende unmittelbare rechtliche Begünstigung. Diese kann nicht unter Hinweis darauf in Zweifel gezogen werden, dass die Klägerin nach Erteilung des beantragten Verwaltungsakts von diesem noch tatsächlich Gebrauch machen muss.

Schließlich ändert auch der Umstand, dass bei der Entscheidung über die verweigerte Strommengenübertragung zwei Anlagen in den Blick zu nehmen sind, am Vorliegen des Tatbestandes nach § 48 Abs. 1 Nr. 1 VwGO nichts. Dieser weist Streitverfahren der erstinstanzlichen Zuständigkeit der Oberverwaltungsgerichte zu, die den Betrieb von Anlagen nach §§ 7 und 9a Abs. 3 AtG betreffen. Nach dem Wortlaut des § 48 Abs. 1 Nr. 1 VwGO sind damit auch Rechtsstreite umfasst, die den Betrieb mehrerer atomrechtlicher Anlagen nach §§ 7 und 9a Abs. 3 AtG oder den Betrieb einer von mehreren dieser Anlagen betreffen. Zwar ist der Einfluss auf den Betrieb mehrerer Anlagen ein Spezifikum der erst durch die AtG-Novelle 2002 neu aufgenommenen Vorschriften zur Übertragung von Strommengen nach § 7 Abs. 1b bis d AtG. Da der Gesetzgeber § 48 Abs. 1 Nr. 1 VwGO im Zuge der AtG-Novelle 2002 aber nicht geändert hat, entsprach es erkennbar seinem Willen, diese Regelung ihrem allgemein gehaltenen Wortlaut entsprechend auch auf Streitverfahren im Kontext des § 7 Abs. 1b bis d AtG anzuwenden.

Die erstinstanzliche Zuständigkeit des Oberverwaltungsgerichts nach § 48 Abs. 1 Nr. 1 VwGO in diesen Streitverfahren erscheint schließlich auch mit Blick auf die mit dieser Bestimmung verfolgten Ziele zwingend. Sämtliche Gründe, die den Gesetzgeber dazu bewogen haben, die Oberverwaltungsgerichte erstinstanzlich mit Großverfahren zu befassen, nämlich besondere rechtliche, politische und wirtschaftliche Bedeutung, überregionale Auswirkung und erhebliche Tragweite des Verfahrens, treffen auf die Streitverfahren um die Zulässigkeit der Übertragung von Strommengen von einer Anlage auf eine andere in besonderer Weise zu.

Handelt es sich nach der Gesetzessystematik somit eindeutig um einen den Betrieb einer atomrechtlichen Anlage betreffenden und damit der Sonderzuständigkeit des Oberverwaltungsgerichts nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VwGO unterfallenden Rechtstreit, lassen sich die Grundsätze, die das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 19. Mai 1988 - BVerwG 7 C 43.88 -, Buchholz 451.171 AtG Nr. 22, aufgestellt hat, nicht zur Begründung der von der Beklagten befürworteten sachlichen Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts nach § 45 VwGO heranziehen.

In der genannten Entscheidung hat das Bundesverwaltungsgericht bezüglich Art. 2 § 9 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Entlastung der Gerichte in der Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit vom 31. März 1978 (BGBl. I S. 446) - EntlG -, der Vorgängerreglung von § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VwGO, festgestellt, dass der in der vorgenannten Bestimmung des EntlG enthaltene Zuständigkeitskatalog nur für die dort genannten ausgewählten technischen Großvorhaben gelte, bei denen das gerichtliche Verfahren durch Beschränkung auf eine Tatsacheninstanz beschleunigt werden solle. Deshalb seien - so das Bundesverwaltungsgericht in der genannten Entscheidung - überwiegend solche Vorhaben erfasst, die die Errichtung und den Betrieb von Anlagen, in einigen Fällen auch deren Änderung oder Erweiterung, beträfen. In keinem Falle seien jedoch Streitigkeiten über die Beseitigung (den Abbau) einer Anlage erfasst. Deshalb sei für Streitigkeiten über die Stilllegung einer atomrechtlichen Anlage nicht nach Art. 2 § 9 Abs. 1 Nr. 1 EntlG das Oberverwaltungsgericht, sondern das Verwaltungsgericht zuständig. Diese - ausschließlich - auf den Begriff der Stilllegung in Art. 2 § 9 Abs. 1 Nr. 1 EntlG bezogenen Erwägungen des Bundesverwaltungsgerichts sind auf den vorliegenden Rechtsstreit nicht übertragbar.

Mit seinen Ausführungen hat das Bundesverwaltungsgericht lediglich verdeutlicht, dass es die begrenzte Zuweisung von erstinstanzlichen Zuständigkeiten an die Oberverwaltungsgerichte nicht zulässt, jegliche mit diesen Zuständigkeiten in irgendeiner Weise in Verbindung stehende Rechtsstreitigkeit der Zuständigkeit des Oberverwaltungsgerichts zuzuordnen. Mit Rücksicht hierauf hat es das Bundesverwaltungsgericht abgelehnt, den in Art. 2 § 9 Abs. 1 Nr. 1 EntlG verwendeten Begriff der Stilllegung in dem Sinne erweiternd auszulegen, dass hierunter auch der Abbau einer bereits stillgelegten Anlage fällt (der sichere Einschluss und der Abbau sind in § 48 Abs. 1 Nr. 1 VwGO nunmehr ausdrücklich einbezogen, vgl. hierzu den Gesetzentwurf für das 4. VwGOÄndG vom 27. April 1990, BT-Drucks. 11/7030, S. 22). Diese Grundsätze haben für das vorliegende Verwaltungsstreitverfahren keine Bedeutung, denn Rechtsstreitigkeiten hinsichtlich der Übertragung von Reststrommengen betreffen aus den oben dargestellten Gründen den Betrieb der Anlage im Sinne von § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VwGO.

2.

Der angerufene Hessische Verwaltungsgerichtshof ist für das vorliegende Klageverfahren auch örtlich zuständig.

Die örtliche Zuständigkeit richtet sich nach § 52 VwGO. Als Anknüpfungspunkte für die örtliche Zuständigkeit kommen nur der Sitz des BMU als Bundesbehörde, die den beantragten Verwaltungsakt zu erlassen hat (§ 52 Nr. 2 Satz 1 und 2 VwGO), und der Standort der abgebenden Anlage Mülheim-Kärlich bzw. der Standort der zur Aufnahme bestimmten Anlage Biblis A, jeweils nach § 52 Nr. 1 VwGO, in Betracht. Die Zuständigkeit der "belegenen Sache" nach § 52 Nr. 1 VwGO ist, der Systematik des § 52 VwGO entsprechend, gegenüber der Zuständigkeit nach § 52 Nr. 2 VwGO vorgreiflich.

Die örtliche Zuständigkeit des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs für den Rechtsstreit ist nach § 52 Nr. 1 VwGO begründet, denn es handelt sich um eine Streitigkeit um ein ortsgebundenes Recht, wobei dieses seine besondere Prägung durch den Standort des KKW Biblis in Hessen erhält.

Mit dem Begriff "ortsgebunden" in § 52 Nr. 1 VwGO sollen Rechte und Rechtsverhältnisse erfasst werden, die zu einem bestimmten Territorium in der Weise in einer besonderen Beziehung stehen, dass zwischen dem strittigen Recht und der betreffenden Örtlichkeit eine weitgehende Verbindung gegeben ist (BVerwG, Beschlüsse vom 24. Juli 1962 - BVerwG 7 ER 420.62 -, Buchholz 310 § 52 VwGO Nr. 2, vom 30. Januar 1964 - BVerwG II ER 402.63 -, BVerwGE 18, 26 [28] und vom 10. Dezember 1996 - BVerwG 7 AV 11.96 u.a. -, Buchholz 310 § 52 VwGO Nr. 37). Das Recht oder das Rechtsverhältnis müssen nicht unmittelbar mit der Örtlichkeit verknüpft sein. Allerdings genügt nicht jedwede Beziehung des streitigen Rechts oder Rechtsverhältnisses mit einem bestimmten Territorium. Für die von § 52 Nr. 1 VwGO vorausgesetzte enge örtliche Anbindung des Rechts oder des Rechtsverhältnisses ist vielmehr eine hinreichend nachhaltige Verbindung zwischen Recht bzw. Rechtsverhältnis und der betreffenden Örtlichkeit erforderlich. Der Rechtsstreit muss derart durch die örtlichen Verhältnisse geprägt sein, dass eine Entscheidung nicht ohne Rücksicht auf die dort gegebenen Besonderheiten getroffen werden kann (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 3. März 1989 - BVerwG 8 C 98.85 -, Buchholz 401.71 AFWoG Nr. 3, und vom 10. Dezember 1996, am angegebenen Ort; Sodann/Ziekow, VwGO, 2. Aufl., Rdnr. 8 zu § 52 VwGO). Diese Voraussetzungen sind bei dem hier zur Entscheidung vorliegenden Verwaltungsstreitverfahren erfüllt.

In diesem Verfahren ist darüber zu befinden, ob die Klägerin Anspruch darauf hat, dass das BMU der am 25. September 2006 beantragten Übertragung einer Elektrizitätsmenge von 30 TWh vom KKW Mülheim-Kärlich auf das KKW Biblis A seine Zustimmung erteilt. Es ist davon auszugehen, dass es zur rechtlichen Beurteilung des in Streit stehenden Rechts wesentlich auf die Verhältnisse am Standort des zur Aufnahme bestimmten KKW Biblis A ankommen wird, die Entscheidung also nicht ohne Berücksichtigung der dortigen Verhältnisse erfolgen kann. Diese Ortsnähe folgt zum einen aus dem Rechtscharakter der Elektrizitätsmengen, auf die in § 7 Abs. 1a bis d AtG Bezug genommen wird, zum anderen daraus, dass bei der rechtlichen Überprüfung, ob die Verweigerung der Zustimmung zur Übertragung von Strommengen nach § 7 Abs. 1b Satz 2 AtG von einer neueren auf eine ältere Anlage Bestand hat, der Schwerpunkt der Betrachtung bei der aufnehmenden älteren Anlage (hier bei dem KKW Biblis) liegt.

Das Recht zur Erzeugung von Elektrizität ist unmittelbarer und zentraler Bestandteil des Nutzungs- und Betriebsrechts, das dem Betreiber aufgrund der ihm nach § 7 Abs. 1 AtG erteilten Genehmigung zusteht (Ossenbühl, Rechtsgutachten "Rechtsfragen der Übertragung von Strommengen nach § 7 1 b und 1 d AtomG", März 2006, Seite 41). Hieraus folgt, dass Elektrizität dem Grundsatz nach nur im Rahmen der erteilten Genehmigung nur in der oder den von der Genehmigung erfassten Anlage(n) produziert werden darf. Eine Übertragung von Teilen oder Mengenkontingenten dieses Produktionsrechts auf andere Anlagen oder Betreiber ist wegen dieses unmittelbaren Genehmigungs- und Anlagenbezugs grundsätzlich ausgeschlossen. Sich im Hinblick auf den Umfang des Nutzungsrechts des Betreibers im Rahmen der atomrechtlichen Genehmigung ergebende Rechtsstreitigkeiten sind damit, ebenso wie Streitverfahren um die Errichtungsgenehmigung selbst (vgl. Hierzu Hess VGH, Beschluss vom 5. August 1987 - 5 A 2204/86 -, NVwZ 1988, 75 a.E.), zwangsläufig solche um ein "ortsgebundenes Recht" im Sinne von § 52 Nr. 1 VwGO. Die durch die AtG-Novelle 2002 in das AtG eingefügten Regelungen zur Übertragung von Strommengen haben die Genehmigungs- und Anlagenbindung des Nutzungsrechts und damit die von § 52 Nr. 1 VwGO vorausgesetzte Ortsnähe nicht beseitigt.

Wie bereits oben ausgeführt, lag es nicht in der Absicht des Gesetzgebers, durch die Schaffung der Möglichkeit zur Übertragung von Strommengen das Recht zur Erzeugung von Elektrizitätsmengen in einer Weise zu verselbständigen, dass hierdurch ein letztlich frei übertragbares oder gar handelbares Produktionsrecht unabhängig vom Betrieb einer bestimmten Anlage entsteht. Eine solche freie Übertragbarkeit von Strommengen würde dem mit den genannten Bestimmungen verfolgten Ziel, die Nutzung der Kernenergie zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität als bei zu beenden, gerade zuwiderlaufen. Folgerichtig wird in dem im Auftrag des BMU erstellten Gutachten von Prof. Dr. D. ("Rechtsprobleme der Strommengenübertragungen gemäß § 7 Abs. 1b bis 1 d AtGesetz") vom März 2007 (S. 102 ff.) unter Hinweis auf die spezifisch anlagenbezogenen Voraussetzungen der Übertragung die Möglichkeit einer weiteren ("Ketten-")Übertragung verneint. Die Anlagenbindung des Rechts aufgrund der erteilten atomrechtlichen Genehmigung bleibt somit ungeachtet einer erfolgten Übertragung bestehen. Durch die Übertragung ändert sich lediglich die Zuordnung dieses Produktionsrechts. Die Strommengen werden nach ihrer Übertragung wesentlicher Bestandteil der Genehmigung der aufnehmenden Anlage und legen nunmehr gemäß § 7 Abs. 1a Satz 1 AtG deren zeitlichen Ablauf fest.

Ob die Voraussetzungen für die Übertragung von Elektrizitätsmengen erfüllt sind, hängt maßgeblich von den Verhältnissen am Standort der zur Aufnahme bestimmten Anlage ab. Zwischen den beteiligten herrscht Einvernehmen darüber, dass die von der Klägerin begehrte Übertragung von Strommengen von den KKW Mühlheim-Kärlich auf das KKW Biblis A der Regelung in § 7 Abs. 1b Satz 2 AtG unterfällt, die Übertragung also der Zustimmung des BMU im Einvernehmen mit dem Bundeskanzleramt und dem Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie bedarf. In den Fällen des § 7 Abs. 1b Satz 2 AtG wird sich zwangsläufig die Frage als entscheidungserheblich stellen, ob die Übertragung auf die ins Auge gefasste ältere Anlage unter Beachtung der hierzu maßgeblichen (zwischen den Beteiligten umstrittenen) rechtlichen Kriterien möglich ist. Diese Frage ist ohne Betrachtung gerade der Verhältnisse am Aufnahmestandort, insbesondere nicht ohne Prüfung der Plausibilität der nach Angaben des Betreibers für diesen Standort sprechenden Gründe, nicht zu beantworten. Dies gilt in besonderer Weise dann, wenn man die im Gutachten von Prof. Dr. D. vom März 2007 (S. 48 ff.) vertretene Ansicht zu Grunde legt, dass für die Entscheidung über die Zustimmung zu einer Übertragung "alt auf neu" gemäß § 7 Abs. 1b Satz 2 AtG eigene Sicherheitserwägungen der Behörde zu Grunde gelegt werden können. Diese Erwägungen würden eine vergleichende Betrachtung des Sicherheitsniveaus beider Anlagen voraussetzen (vgl. Gutachten Prof. Dr. D., S. 67), bei der der Analyse des Sicherheitsstandards der aufnehmenden älteren Anlage zentrale Bedeutung zukäme. Im vorliegenden Fall ergibt sich dieser - für § 52 Nr. 1 VwGO maßgebliche - Schwerpunkt schon daraus, dass das KKW Mühlheim-Kärlich keine in Betrieb befindliche Anlage ist und folglich (nur) auf (Sicherheits-)Aspekte abgestellt werden kann, die sich aus dem Betrieb des KKW Biblis A ergeben.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1, § 83 Satz 2 VwGO).

Ende der Entscheidung

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