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Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 16.09.2009
Aktenzeichen: 6 C 1005/08.T
Rechtsgebiete: BImSchG, TA Luft, Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz


Vorschriften:

BImSchG § 5 Abs. 1 Nr. 1
BImSchG § 5 Abs. 1 Nr. 2
BImSchG § 6 Abs. 1
BImSchG § 10
TA Luft
Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz § 1 Abs. 1 S. 1
Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz § 2 Abs. 1
Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz § 2 Abs. 5
Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz § 3 Abs. 1 S. 1
Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz § 3 Abs. 1 S. 4
Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz § 4 Abs. 1 S. 1
Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz § 5
1. Die Befugnis von Vereinigungen i. S. d. §§ 2, 3 Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz zur Geltendmachung von Verstößen gegen nicht drittschützende Vorschriften ist sowohl nach dem Wortlaut von § 2 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 5 Nrn. 1 und 2 Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz als auch nach der Entstehungsgeschichte des Gesetzes ausgeschlossen.

2. Eine das Verbandsklagerecht bezüglich nicht drittschützender Vorschriften eröffnende richtlinienkonforme Auslegung von § 2 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 5 Nrn. 1 und 2 Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz gegen den ausdrücklichen Willen des nationalen Gesetzgebers ist nicht möglich.

3. Eine Befugnis anerkannter Umweltverbände i. S. v. §§ 2, 3 Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz zur Geltendmachung objektiver Rechtssätze des Umweltrechts lässt sich auch nicht aus einer unmittelbaren Anwendung von Art. 10a der UVP-Richtlinie bzw. Art. 15a der IVU-Richtlinie herleiten.

4. Als Verfahrensfehler i. S. v. § 4 Abs. 1 Satz 1 Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz kann grundsätzlich nur das gänzliche Fehlen einer Vorprüfung des Einzelfalls oder der Umweltverträglichkeitsprüfung gerügt werden, nicht aber die fehlerhafte Durchführung der Vorprüfung oder der Umweltverträglichkeitsprüfung (Bestätigung der Rechtsprechung des Senats im Urteil vom 24. September 2008 - 6 C 1600/07.T - DVBl. 2009, 186).


HESSISCHER VERWALTUNGSGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

6 C 1005/08.T

Verkündet am: 16. September 2009

In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Immissionsschutzrechts

hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof - 6. Senat - durch

Vorsitzenden Richter am Hess. VGH Igstadt, Richterin am Hess. VGH Fischer, Richter am Hess. VGH Bodenbender, Richter am Hess. VGH Heuser, Richter am Hess. VGH Steinberg, ehrenamtliche Richterin Greif, ehrenamtliche Richterin Kerber

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 16. September 2009 für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger, ein anerkannter Naturschutzverein, wendet sich gegen einen Bescheid des Regierungspräsidiums Darmstadt vom 29. Februar 2008, mit dem der Beigeladenen die Genehmigung erteilt wurde, auf dem Gelände des Industrieparks Höchst eine Verbrennungsanlage zur Nutzung von Ersatzbrennstoffen/Sekundärbrennstoffen (Verbrennungsanlage für nicht gefährliche Abfälle) zu errichten und zu betreiben.

Die Beigeladene stellte am 31. Januar 2006 einen Antrag auf Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb der vorbezeichneten EBS-Verbrennungsanlage. Das Genehmigungsverfahren wurde nach § 10 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes - BImSchG - in Verbindung mit der Verordnung über das Genehmigungsverfahren - 9. BImSchV - durchgeführt. Das Vorhaben wurde öffentlich bekannt gemacht. Die Veröffentlichung erfolgte am 27. November 2006 im Staatsanzeiger für das Land Hessen (Nr. 46, S. 4631), im Internet sowie in folgenden Tageszeitungen: Frankfurter Allgemeine Zeitung, Frankfurter Rundschau und Frankfurter Neue Presse. Die Auslegung der Antragsunterlagen fand in der Zeit vom 4. Dezember 2006 bis zum 4. Januar 2007 (einschließlich) statt. Innerhalb der Einwendungsfrist vom 4. Dezember 2006 bis zum 18. Januar 2007 erhoben insgesamt 824 Personen Einwendungen gegen das Vorhaben. Der Termin zur Erörterung der Einwendungen gegen den Genehmigungsantrag fand in der Zeit vom 21. bis 23. und am 26. Februar 2007 in B-Stadt statt.

Der Kläger erhob mit Schreiben vom 18. Januar 2007 Einwendungen gegen das Vorhaben, und zwar zu den Themenbereichen Naturschutz, Luftverschmutzung, UVU/UVP, Städtebau/Landschaftsbild/Bauplanungsrecht, Abfallrecht/Planungsrecht, Grundwasser und Sonstiges. Er nahm am Erörterungstermin teil und erläuterte und vertiefte seine Einwendungen.

Am 29. Februar 2008 wurde der streitgegenständliche Genehmigungsbescheid erlassen. Die amtliche Bekanntmachung erfolgte im Staatsanzeiger für das Land Hessen vom 17. März 2008. Eine Durchschrift des Genehmigungsbescheids lag in der Zeit vom 18. März 2008 bis zum 4. April 2008 bei dem Regierungspräsidium Darmstadt, im Industriepark Höchst, beim Magistrat der Stadt Hattersheim und beim Magistrat der Stadt Kelsterbach aus.

Mit Schriftsatz vom 28. April 2008 - bei dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof eingegangen am darauffolgenden Tag - hat der Kläger Drittanfechtungsklage gegen den Genehmigungsbescheid vom 29. Februar 2008 erhoben.

Die Zulässigkeit der sog. Verbandsklage stützt er auf § 2 Abs. 1 Nr. 3 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes und macht geltend, dass die Genehmigung sowohl gegen drittschützende als auch gegen nicht drittschützende Vorschriften des Umweltschutzes verstoße. Die Zulässigkeit der Geltendmachung von nicht drittschützenden Vorschriften des Umweltschutzes ergebe sich - so die Argumentation des Klägers - aus einer europarechtskonformen Auslegung des § 2 Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz.

Die Begründetheit der Klage stützt der Kläger in formeller Hinsicht darauf, dass sich die amtliche Bekanntmachung des Vorhabens im Staatsanzeiger vom 27. November 2006 auf ein anderes Flurstück bezogen habe als im Genehmigungsbescheid bezeichnet, dass die von der Behörde durchgeführte Umweltverträglichkeitsprüfung in zentralen Punkten unvollständig und fehlerhaft gewesen sei (fehlende Gesamtbetrachtung mit anderen Anlagen, fehlende Einbeziehung des von der Anlage verursachten LKW-Verkehrs, falsche Ermittlung der Zusatzbelastung mit NO2) und dass das Verhalten der am Genehmigungsverfahren beteiligten Mitarbeiter des Hessischen Landesamtes für Umwelt und Geologie (HLUG) Grund zur Besorgnis der Befangenheit gebe.

Die Begründetheit der Klage in materieller Hinsicht stützt der Kläger in erster Linie darauf, dass die dauerhafte Überschreitung des Immissionsgrenzwertes von 40 Mikrogramm/m³ NO2 im Einwirkungsbereich der Anlage der angegriffenen Genehmigung sowohl nach § 3 Abs. 4 der 22. BImSchV als auch nach Nr. 4.2.1 TA Luft entgegenstehe. Das Bundesverwaltungsgericht vertrete zwar im Rahmen der immissionsschutzrechtlichen Rechtsprechung zu Straßenplanungen die Auffassung, dass die Überschreitung von Grenzwerten der 22. BImSchV allein noch nicht zu einer Rechtswidrigkeit des Genehmigungsbescheids führe, da die Grenzwertüberschreitung von den Behörden mit den Mitteln der Luftreinhalteplanung reduziert werden könne. Eine genaue Betrachtung des Wortlauts der Luftreinhalterichtlinien 96/62/EG und 1999/30/EG zeige jedoch, dass die dort festgesetzten Grenzwerte der Genehmigung eines zur Grenzwertüberschreitung führenden Vorhabens entgegenstehen könnten. Diese strikte Auslegung der Luftreinhalterichtlinien werde sowohl im umweltrechtlichen Schrifttum als auch in der Rechtsprechung der Niederlande befürwortet. Die durch den angegriffenen Bescheid verursachte Zunahme bei NO2 von deutlich mehr als 0,1 Mikrogramm/m³ an der Messstation in Frankfurt/Main/Höchst verstoße gegen die Pflicht zur Einhaltung des strikten Grenzwertes der EU-Luftreinhalterichtlinie. Die Irrelevanzgrenze der TA Luft sei deshalb zumindest bei einer bereits durch die Vorbelastung bestehenden Grenzwertüberschreitung europarechtswidrig und dürfe nicht angewendet werden. Diese Sichtweise werde sowohl von den Regelungen des EG-Vertrages (Art. 10 Satz 1 und Art. 249 Abs. 3 EGV) als auch durch die Argumentation des Bundesverwaltungsgerichts im Vorlagebeschluss an den EuGH vom 29. März 2007 (7 C 9.06) gestützt. Entgegen der von der Genehmigungsbehörde geäußerten Hoffnung, dass der NO2-Grenzwert bis 2010 noch eingehalten werden könne, sei dem Entwurf für den Aktionsplan 2008 eindeutig zu entnehmen, dass die Luftreinhalteplanung im Bereich von Frankfurt/Main keine NO2 -Verringerung erwarten lasse. Die Nebenbestimmung 8.3.1 könne das NO2- Problem am Standort der Anlage nicht lösen und sei wegen ihrer Unbestimmtheit und der fehlenden Rechtsgrundlage rechtswidrig.

Darüber hinaus macht der Kläger zur Begründetheit der Klage in materieller Hinsicht geltend, dass die Nichteinhaltung des Jahreswertes von 1 ng/m³ für den krebserregenden Luftschadstoff Benzo(a)pyren - B(a)P - gem. § 15 der 22. BImSchV ein Genehmigungshindernis darstelle, dass der Genehmigungsbescheid zu Unrecht die Schädigung der angrenzenden FFH-Gebiete Schwanheimer Düne und Schwanheimer Wald durch zusätzliche NOx-Depositionen erlaube und eine erforderliche FFH-Prüfung fehle, dass die Genehmigung gegen das Gebot der Rücksichtnahme, gegen die IVU-Richtlinie und - schließlich - gegen den Abfallwirtschaftsplan Hessen verstoße.

Der Kläger beantragt,

den Genehmigungsbescheid vom 29. Februar 2008 - Az. IV/F 42.2 - 100h 12.13-IS-EBS - zum Bau und Betrieb einer Verbrennungsanlage zur Nutzung von Ersatzbrennstoffen (EBS-Verbrennungsanlage) aufzuheben;

hilfsweise,

den Genehmigungsbescheid vom 29. Februar 2008 - Az. IV/F 42.2 - 100h 12.13-IS-EBS - zum Bau und Betrieb einer Verbrennungsanlage zur Nutzung von Ersatzbrennstoffen (EBS-Verbrennungsanlage) bis zur Behebung der vom Gericht festgestellten Mängel außer Vollzug zu setzen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er vertritt die Auffassung, dass die Klage gem. § 2 Abs. 1 Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz unzulässig sei, soweit sich der Kläger auf die Verletzung nicht drittschützender Vorschriften des Umweltrechts berufe; im Übrigen sei die Klage jedenfalls unbegründet.

Der zuständigen Behörde seien keine für die Frage der Rechtmäßigkeit der Entscheidung relevanten Formfehler unterlaufen. Eine Wiederholung der Öffentlichkeitsbeteiligung wegen zwischenzeitlicher Änderungen der Flurstücksnummerierungen nach Grundstücksteilung sei nicht erforderlich gewesen, insbesondere sei der Anlagenstandort auch unter Zugrundelegung der alten Bezeichnung zu erkennen gewesen. Einzelne Verfahrensfehler bei der Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung könnten allein nicht zur Aufhebung der Genehmigung führen. Schwerwiegende Fehler, die die Rechtsverfolgung durch Umweltvereinigungen oder betroffene Einzelpersonen in erheblicher Weise einschränken oder schmälern könnten, würden hingegen nicht gerügt. Außerdem seien die Bedenken des Klägers gegen die Vollständigkeit und Qualität der Umweltverträglichkeitsprüfung in der Sache unberechtigt. Mit den eingereichten Antragsunterlagen sei u.a. ein Immissionsgrenzwert für NOX beantragt worden, der aus fachlicher Sicht fehlerhaft in die Immissionsprognose eingegangen sei. Der für die Belange des Immissionsschutzes in Hessen zuständige Vertreter der Fachbehörde (HLUG) sei im Rahmen des Prüfauftrages, den er von der Genehmigungsbehörde erhalten habe, verpflichtet, auf Fehler bei der Ermittlung der zu erwartenden Zusatzbelastungen durch das Vorhaben hinzuweisen. Aus der - relativ selten vorkommenden - Tatsache, dass sich die Korrektur des Fehlers zu Gunsten der Beigeladenen ausgewirkt habe, könne nicht auf eine Befangenheit eines Mitarbeiters geschlossen werden.

Der Genehmigungsbescheid sei auch materiell rechtmäßig. Aus möglichen Stickoxid-Immissionen durch die streitgegenständliche Anlage ergebe sich keine Rechtswidrigkeit des angegriffenen Genehmigungsbescheides. Der für Stickstoffdioxid nach Art. 3 der Richtlinie 1999/30/EG und § 3 Abs. 4 der 22. BImSchV ab 1. Oktober 2010 verbindliche Jahresgrenzwert von 40 Mikrogramm/m³ habe - auch wenn man ihm schon vor seiner Verbindlichkeit rechtliche Vorwirkungen zusprechen wollte - für die wesentlich in Frage stehende Beurteilung, ob die Beigeladene als Anlagenbetreiberin ihrer Schutz- und Gefahrenabwehrpflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG entsprochen habe, keine unmittelbare Bedeutung. Zur Beurteilung der Genehmigungsvoraussetzungen für immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftige Anlagen sei allein auf die normkonkretisierenden Bestimmungen der TA Luft und damit grundsätzlich auch auf die darin geregelten Bagatell- und Irrelevanzregelungen abzustellen. Nach diesen Maßstäben würden auch hinsichtlich NO2 von der streitgegenständlichen Anlage keine schädlichen Umwelteinwirkungen hervorgerufen. Nach den Berechnungen des HLUG betrage die durch die streitgegenständliche Anlage verursachte NO2- Zusatzbelastung lediglich 0,3 Mikrogramm/m³, damit könne nach Nr. 4.1 Abs. 4 Satz 4 Buchst. c Satz 2, 1. Halbsatz i. V. m. Nr. 4.2.2 Buchst. a TA Luft eine Bestimmung von Immissionskenngrößen für NO2 entfallen. Hilfsweise sei zu bemerken, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eine Überschreitung von Grenzwerten der 22. BImSchV allein noch nicht zu einer Rechtswidrigkeit des Genehmigungsbescheids führe, da eine solche Grenzwertüberschreitung von den Behörden mit den Mitteln der Luftreinhalteplanung reduziert werden könne. Auch die einschlägigen EU-Luftreinhalterichtlinien stellten die vorgenannten Grundsätze der Bundesverwaltungsgerichtsrechtsprechung nicht in Frage und führten nicht zu einer Rechtswidrigkeit der Anlagengenehmigung; aus der EuGH-Rechtsprechung, insbesondere dem TA-Luft-Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 30. Mai 1991 (C-59/89) sei ebenfalls keine absolute Geltung der einschlägigen Grenzwerte ableitbar.

Die Genehmigungsbehörde habe sich auch ausreichend und erschöpfend mit der prognostizierten Überschreitung des B(a)P-Zielwertes der 22. BImSchV beschäftigt und dies in die Entscheidungsfindung einfließen lassen. Der ermittelte Zahlenwert von 1,09 sei nach Nr. 4.5.1 der DIN 1333 zu runden sowie in der gleichen Einheit und mit der gleichen Stellenzahl wie der Zahlenwert anzugeben (Nr. 2.9 TA Luft); dementsprechend sei der Zahlenwert auf 1 ng/m³ abzurunden und eine Überschreitung des Zielwertes liege nicht vor.

Unabhängig von Zweifeln, ob naturschutzrechtliche Fehler im vorliegenden Verfahren nach dem Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz rügefähig seien, sei die Genehmigung nicht wegen einer fehlenden FFH-Verträglichkeitsprüfung oder schädlicher Umwelteinwirkungen auf angrenzende FFH-Gebiete rechtswidrig. Im Rahmen einer FFH-Vorprüfung habe hinreichend geklärt werden können, dass das Vorhaben benachbarte Natura-2000-Gebiete nicht erheblich beeinträchtigen werde. Auf Grund des Nachweises der Irrelevanz der maximalen Zusatzbelastung sei eine Beeinträchtigung der Vegetation in den angrenzenden FFH-Gebieten ausgeschlossen worden, somit hätten auch erhebliche Beeinträchtigungen der FFH-Gebiete Schwanheimer Düne, Schwanheimer Wald und Kelsterbacher Wald in ihren für die Erhaltungsziele maßgeblichen Bestandteilen ausgeschlossen und auf eine weitergehende Verträglichkeitsprüfung verzichtet werden können.

Unabhängig davon, dass das Baurecht keinen über die Vorschriften des Bundesimmissionsschutzgesetzes hinausgehenden Drittschutz unter dem Gesichtspunkt des Rücksichtnahmegebots gewähre, käme man auch bei Anwendung der für das Gebot der Rücksichtnahme üblichen Prüfmaßstäbe nicht zu einer Rechtsverletzung.

Ein Verstoß gegen die von dem Kläger zitierte Regelung der IVU-Richtlinie - Art. 9 Abs. 4 - liege ebenfalls nicht vor. Die IVU-Richtlinie verlange nur allgemein, dass die technische Beschaffenheit der betreffenden Anlage, ihr geographischer Standort und die jeweiligen Umweltbedingungen zu berücksichtigen seien, und dass die Genehmigungsauflagen Vorkehrungen zur weitestgehenden Verminderung der weiträumigen oder grenzüberschreitenden Verschmutzung vorzusehen und ein hohes Schutzniveau für die Umwelt insgesamt sicherzustellen hätten. Die Anwendung einer bestimmten Technik oder Technologie dürfe danach nicht vorgeschrieben werden.

Schließlich sei der Genehmigungsbescheid auch nicht auf Grund eines angeblichen Verstoßes gegen den Abfallwirtschaftsplan Hessen rechtswidrig. Die Vorschriften über den Abfallwirtschaftsplan seien grundsätzlich nicht drittschützend, so dass Verstöße nicht im Rahmen einer Nachbar- oder Verbandsklage nach dem Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz gerügt werden könnten. Unabhängig davon hätten die Ausweisungen in den Abfallwirtschaftsplänen nur dann Rechtswirkungen auf die Entscheidungsfindung im Genehmigungsverfahren, wenn es sich um für verbindlich erklärte Feststellungen handele (§ 32 Abs. 1 Nr. 5 KrW-/AbfG). Im Hinblick auf die Ausweisung von Standorten für neue Abfallbeseitigungsanlagen in Hessen seien keine für verbindlich erklärten Feststellungen getroffen worden.

Die Beigeladene beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie vertritt die Auffassung, dass die auf die Verbandsklagebefugnis nach dem Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz gestützte Klage bereits unzulässig und zudem nach § 2 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 UmwRG unbegründet sei, da der Genehmigungsbescheid nicht gegen Rechtsvorschriften verstoße, die dem Umweltschutz dienten, Rechte Einzelner begründeten und für die Entscheidung von Bedeutung seien.

Mit der ungenauen Bezeichnung des zu bebauenden Grundstücks seien keine Vorschriften verletzt, die dem Umweltschutz dienten, so dass die Klage insoweit bereits unzulässig sei. Eine wiederholte Bekanntmachung und Durchführung der Öffentlichkeitsbeteiligung gem. § 8 Abs. 2 der 9. BImSchV sei nicht erforderlich gewesen, da sich der Standort der EBS-Anlage tatsächlich nicht geändert habe. Schließlich sei bereits während der Öffentlichkeitsbeteiligung die Grundstücksbezeichnung umfassend erläutert und damit rechtzeitig geheilt worden.

§ 4 UmwRG erfasse nur diejenigen Fälle, in denen eine an sich erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder Vorprüfung vollständig unterblieben sei. Der Kläger rüge ausdrücklich nur die angebliche Unvollständigkeit und Fehlerhaftigkeit der Umweltverträglichkeitsprüfung; hierfür fehle es ihm an der Klagebefugnis. Die Regelung stehe auch mit den europarechtlichen Vorschriften, insbesondere Art. 10a UVP-Richtlinie, in Einklang. Diese erfordere zwar die Gewährung eines weiten Zugangs zu den Gerichten, verpflichte die einzelnen Mitgliedstaaten jedoch nicht, eine Popularklage bzw. Interessenklage einzuführen oder auf das Kriterium der Klagebefugnis i. S. d. § 42 Abs. 2 VwGO zu verzichten. Darüber hinaus sei die Umweltverträglichkeitsprüfung ordnungsgemäß durchgeführt worden, insbesondere seien die Antragsunterlagen vollständig und die Umweltverträglichkeitsuntersuchung damit nicht unzulänglich gewesen und die vorgenommene Umweltverträglichkeitsprüfung beruhe nicht auf einer fehlerhaften Berechnung der NO2-Zusatzbelastung.

Die Regelung zur Besorgnis der Befangenheit gem. § 21 HessVwVfG diene nicht dem Umweltschutz und könne daher von einer Vereinigung auch nicht gem. § 2 Abs. 1 Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz geltend gemacht werden. Soweit der Kläger meine, eine Besorgnis der Befangenheit daraus ableiten zu können, dass das HLUG der Genehmigungsbehörde "ungefragt mit eigenem Aufwand" bzw. "eigenmächtig" eine Berechnung vorgelegt habe, verkenne er, dass derartige Berechnungen zu den gesetzlichen Aufgaben des HLUG zählten. Die Berechnung selbst sei auch inhaltlich nicht zu beanstanden.

Die Rüge der angeblichen Nichteinhaltung des NO2-Grenzwertes könne aus mehreren Gründen keinen Erfolg haben. Der Immissionsgrenzwert von 40 Mikrogramm/m³ NO2 gem. § 3 Abs. 4 der 22. BImSchV gelte erst ab dem Jahr 2010, die behauptete dauerhafte Überschreitung des vorgenannten Wertes im Einwirkungsbereich der Anlage finde tatsächlich nicht statt und selbst im Falle einer Überschreitung des Immissionsgrenzwertes bestände kein Genehmigungsverbot; auch aus den Richtlinien 1999/30/EG und 96/62/EG könne der Kläger nichts für sich herleiten.

Die Rüge des Klägers, wonach der Jahreszielwert von 1 ng/m³ für Benzo(a)pyren nach § 15 der 22. BImSchV nicht eingehalten werde, gehe fehl. Für die Beurteilung der Einhaltung des Zielwertes von 1 ng/m³ sei die Rundungsregel der Nr. 2.9 TA Luft anzuwenden. Demnach folge aus dem Zahlenwert von 1,09 keine Überschreitung, sondern die sichere Einhaltung des Zielwertes von 1 ng/m³ für Benzo(a)pyren. Tatsächlich werde die Immissionssituation aus mehreren Gründen überschätzt, im realen Anlagenbetrieb sei von einer noch deutlicheren Unterschreitung des Zielwertes auszugehen. Selbst eine Überschreitung des Zielwertes stellte kein Genehmigungshindernis dar, die Behörde wäre lediglich gehalten, durch erforderliche und ohne unverhältnismäßige Kosten durchführbare Maßnahmen möglichst sicher zu stellen, dass die Zielwerte nicht überschritten würden (§ 16 Abs. 1 der 22. BImSchV).

Mit den Ausführungen zur angeblichen Schädigung angrenzender FFH-Gebiete und der angeblich fehlenden FFH-Verträglichkeitsprüfung könne der Kläger nicht gehört werden, da die Bestimmungen des Landschafts- und Naturschutzes nicht geeignet seien, subjektiv-rechtliche Positionen eines Einzelnen zu begründen. Die Klage sei insoweit unzulässig. Die angefochtene Genehmigung verstoße aber auch materiellrechtlich nicht gegen Naturschutzrecht. In dem Genehmigungsverfahren betreffend die EBS-Anlage habe bereits im Rahmen der Vorprüfung anhand objektiver Umstände eine Gefährdung der Erhaltungsziele für die FFH-Gebiete Schwanheimer Düne und Schwanheimer Wald durch das Vorhaben ausgeschlossen werden können. Die EBS-Anlage solle nicht in den genannten Gebieten selbst realisiert werden, ein Flächenverlust finde somit nicht statt. Es gingen von ihr aber auch keine Emissionen aus, die ernsthaft die Besorgnis nachteiliger Auswirkungen entstehen ließen; tatsächlich würden alle bekannten Irrelevanzschwellen unterschritten. Eine Verträglichkeitsprüfung sei damit entbehrlich gewesen; hilfsweise könne eine etwa erforderliche Verträglichkeitsprüfung im gerichtlichen Verfahren problemlos nachgeholt werden. Selbst wenn Emissionen der Anlage zu erheblichen Beeinträchtigungen der Erhaltungsziele eines Schutzgebietes führen würden, wäre das Vorhaben aus zwingenden Gründen des öffentlichen Interesses gleichwohl zulässig (Art. 6 Abs. 4 der FFH-Richtlinie).

Der Kläger könne sich im Rahmen der Verbandsklage nach dem Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz nicht auf einen Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme stützen, insoweit sei die Klage unzulässig. Die Genehmigung verstoße aber auch materiell nicht gegen das baurechtliche Gebot der Rücksichtnahme.

Mit seinen Ausführungen zum angeblichen Verstoß gegen die IVU-Richtlinie und zur angeblichen Nichtumsetzung der "besten verfügbaren Technik" könne der Kläger im Rahmen der Verbandsklage ebenfalls nicht gehört werden, insoweit sei die Klage unzulässig. Der behauptete Verstoß gegen Art. 9 Abs. 4 der IVU-Richtlinie liege aber auch materiellrechtlich nicht vor.

Schließlich sei die Klage auch insoweit unzulässig, als der Kläger einen Verstoß gegen den Abfallwirtschaftsplan Hessen rüge. Die EBS-Anlage sei zudem nicht als Abfallbeseitigungs-, sondern als Abfallverwertungsanlage anzusehen; Hauptzweck der Anlage sei es, Teile des Industrieparks Höchst mit Energie und Dampf zu versorgen.

Der Kläger hat im Laufe des gerichtlichen Verfahrens eine "Gutachtliche Stellungnahme zur Genehmigung der EBS-Anlage der B. im Industriepark in Frankfurt" des Ingenieurbüros für Umweltschutztechnik, erstellt durch Dipl.-Ing. Peter Y, vom 19. Mai 2009 vorgelegt und sich die darin behaupteten Mängel in dem angegriffenen Genehmigungsbescheid zu den Themen Abfallinput, Anlagentechnik, Anfahrbetrieb, Immissionsprognose, Immissionen von Stickstoffdioxid, Überschreitung des B(a)P-Zielwertes, Immissionsprognose nach Inbetriebnahme der Anlage, Erforderlichkeit einer Sonderfallprüfung für Chrom VI, LKW-Verkehr sowie Auswirkungen für FFH-Gebiete zu eigen gemacht. Gleichzeitig hat der Kläger unter Hinweis auf einen Vorlagebeschluss des OVG Nordrhein-Westfalen vom 5. März 2009 (8 D 58/08.AK) angeregt, auch das vorliegende Verfahren auszusetzen und dem Europäischen Gerichtshof vorzulegen.

Der Beklagte und die Beigeladene haben auf die Einwendungen aus der Gutachtlichen Stellungnahme im Einzelnen erwidert.

Auf Aufforderung des Senats hat der Beklagte die Testrechnungen des HLUG nachgereicht, die eine maximale Immissionsbelastung für NO2 von 0,3 Mikrogramm/m³ bei einem Mischungsverhältnis NO/NO2 von 90:10 und von 0,44 Mikrogramm/m³ bei einem Mischungsverhältnis 80:20 ergäben, und darauf hingewiesen, dass beide Ergebnisse deutlich unter der Irrelevanzgrenze von 1,2 Mikrogramm/m³ nach der TA Luft lägen.

Dem Senat liegen die Verwaltungsvorgänge bestehend aus den nachfolgenden Akten vor:

- 7 Akten ... (Band I bis Band VII, Seiten 1 - 1845),

- 2 Leitz-Ordner Stellungnahmen der Fachbehörden (Seiten St-1 - St-819),

- 2 Leitz-Ordner Einwendungen betreffend das EBS-Verfahren (Seiten E-1 - E-786),

- 1 Leitz-Ordner Wortprotokoll des Erörterungstermins am 21., 22., 23. und 26.02.2007,

- 1 Akte § 8a BImSchG-Bescheid (Seiten 1 - 111)

- 7 Ordner Antragsunterlagen der Beigeladenen

- 1 Hefter Verwaltungsvorgänge (Akte ..., Bd. I, Bl. 1 -227).

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der vorgenannten Verwaltungsvorgänge und den Inhalt der Gerichtsakten, insbesondere die Sitzungsniederschrift vom 16. September 2009 (Bl. 959 ff. der Gerichtsakten).

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist unbegründet.

A. Zulässigkeit der Klage

Die Klage ist zulässig.

Der angerufene Hessische Verwaltungsgerichtshof ist gem. § 48 Abs. 1 Nr. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) für die Entscheidung sachlich zuständig, denn der vom Kläger angegriffene Bescheid des Regierungspräsidiums Darmstadt vom 29. Februar 2008 betrifft die Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer ortsfesten Anlage zur Verbrennung von Abfällen (hier: nicht gefährliche Abfälle) mit einer jährlichen Durchsatzleistung von mehr als 100.000 t (hier: maximal 700.000 t).

Die Klage ist fristgerecht erhoben worden.

Die Klagefrist von einem Monat (§ 74 Abs. 1 VwGO) ist für den Kläger dadurch in Lauf gesetzt worden, dass der Genehmigungsbescheid im Staatsanzeiger für das Land Hessen vom 17. März 2008 öffentlich bekannt gemacht wurde (§ 58 VwGO i. V. m. § 41 Abs. 4 des Hessischen Verwaltungsverfahrensgesetzes [HVwVfG]). Die Befugnis zur öffentlichen Bekanntgabe des Genehmigungsbescheids i. S. d. § 41 Abs. 3 HVwVfG ergibt sich aus § 21a der Neunten Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verordnung über das Genehmigungsverfahren - 9. BImSchV). Der öffentlichen Bekanntmachung entsprechend begann der Lauf der Klagefrist am 5. April 2008 und endete am 5. Mai 2008. Die Klageschrift vom 28. April 2008 ist am darauffolgenden Tag bei dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof eingegangen und wahrt damit die Klagefrist.

Die für die Zulässigkeit der Klage erforderliche Klagebefugnis steht dem Kläger - abweichend von der allgemeinen Regelung in § 42 Abs. 2 VwGO - gem. § 2 Abs. 1 des Gesetzes über ergänzende Vorschriften zu Rechtsbehelfen in Umweltangelegenheiten nach der EG-Richtlinie 2003/35/EG (Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz) vom 7. Dezember 2006 (BGBl. I S. 2816) zu.

Das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz ist anwendbar, weil das streitgegenständliche Genehmigungsverfahren nach dem in § 5 Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz genannten Stichtag, dem 25. Juni 2005 - eingeleitet worden ist und nicht vor dem 15. Dezember 2006 Bestandskraft erlangt hat. Nach § 2 Abs. 1 Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz kann eine nach § 3 Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz anerkannte inländische oder ausländische Vereinigung, ohne eine Verletzung in eigenen Rechten geltend machen zu müssen, Rechtsbehelfe nach Maßgabe der Verwaltungsgerichtsordnung gegen eine Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz oder deren Unterlassen einlegen, wenn die Vereinigung

1. geltend macht, dass eine Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 oder deren Unterlassen Rechtsvorschriften, die dem Umweltschutz dienen, Rechte Einzelner begründen und für die Entscheidung von Bedeutung sein können, widerspricht,

2. geltend macht, in ihrem satzungsgemäßen Aufgabenbereich der Förderung der Ziele des Umweltschutzes durch die Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 oder deren Unterlassen berührt zu sein, und

3. zur Beteiligung in einem Verfahren nach § 1 Abs. 1 Satz 1 berechtigt war und sie sich hierbei in der Sache gemäß den geltenden Rechtsvorschriften geäußert hat oder ihr entgegen den geltenden Rechtsvorschriften keine Gelegenheit zur Äußerung gegeben worden ist.

Als anerkannter Naturschutzverein nach § 61 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und § 60 des Bundesnaturschutzgesetzes (Bundesnaturschutzgesetz - BNatSchG) in Verbindung mit § 47 Abs. 3 Satz 1 des Hessischen Gesetzes über Naturschutz und Landschaftspflege (Hessisches Naturschutzgesetz - HENatG) gilt der Kläger auch als anerkannt i. S. d. § 3 Abs. 1 Satz 1 und 4 Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz (zum Status des Klägers vgl. auch: Hess. VGH, Beschluss vom 02.01.2009 - 11 B 368/08.T -, NuR 2009, 255; BVerwG, Urteil vom 12.03.2008 - 9 A 3.06 -, BVerwGE 130, 299 [Rdnr. 22 f.]).

Bei der streitgegenständlichen Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer ortsfesten Anlage zur Verbrennung von Abfällen handelt es sich um eine Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz i. V. m. Nr. 8.1 Spalte 1 lit.b des Anhangs der Vierten Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen - 4. BImSchV).

Die in Nummern 1 bis 3 des § 2 Abs. 1 Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz (kumulativ) genannten weiteren Voraussetzungen für die Klagebefugnis des Klägers liegen ebenfalls vor.

Jedenfalls insoweit als der Kläger die Behauptung aufstellt, der angegriffenen Genehmigung stehe die dauerhafte Überschreitung des Immissionsgrenzwertes von 40 Mikrogramm/m³ NO2 im Einwirkungsbereich der Anlage nach § 3 Abs. 4 der Zweiundzwanzigsten Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verordnung über Immissionswerte für Schadstoffe in der Luft - 22. BImSchV) in der Fassung der Bekanntmachung vom 4. Juni 2007 (BGBl. I S. 1006) sowie nach Nr. 4.2.1 TA Luft entgegen, beruft er sich auf Rechtsvorschriften, die dem Umweltschutz dienen, Rechte Einzelner begründen und für die Entscheidung von Bedeutung sein können (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 1 Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz). Die vom Kläger in Bezug genommene Festsetzung von Immissionswerten für Stickstoffdioxid in Nr. 4.2.1 TA Luft durch Schadstoffdeposition ist Ausprägung der in § 5 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen und ähnliche Vorgänge (Bundes-Immissionsschutzgesetz - BImSchG) normierten Pflicht des Anlagenbetreibers zur Vermeidung schädlicher Umwelteinwirkungen und sonstiger Gefahren, erheblicher Nachteile und erheblicher Belästigungen u.a. für die Nachbarschaft durch den Anlagenbetrieb (vgl. dazu: Jarass, Bundes-Immissionsschutzgesetz, Kommentar, 7. Aufl., 2007, § 48 BImSchG, Rdnrn. 30 und 56 m.w.N.). Die Vorschrift des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG hat damit drittschützenden Charakter (BVerwG, Urteil vom 11.12.2003 - 7 C 19.02 -, BVerwGE 119, 329).

Der Kläger macht auch unter Hinweis auf § 2 seiner Satzung geltend, durch die angegriffene Genehmigung in seinem satzungsgemäßen Aufgabenbereich der Förderung der Ziele des Umweltschutzes berührt zu sein (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 2 Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz) und sich im Genehmigungsverfahren mit fristgerechten Einwendungen zum Umweltschutz sowie aktiver Teilnahme am Erörterungstermin beteiligt zu haben (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 3 Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz). Damit ist die Klagebefugnis unabhängig davon gegeben, ob sich auch aus den vom Kläger darüber hinaus vorgetragenen Gründen - insbesondere den behaupteten Verstößen gegen nicht drittschützende Vorschriften des Umweltschutzes - gegen die Rechtmäßigkeit der angegriffenen Genehmigung vom 29. Februar 2008 die Zulässigkeit der sog. Verbandsklage herleiten lässt. Die Sachurteilsvoraussetzungen nach § 2 Abs. 1 Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz beziehen sich auf das Klagebegehren und damit auf den Streitgegenstand insgesamt, so dass die Klagebefugnis nicht im Hinblick auf einzelne Klagegründe verneint werden kann (so ausdrücklich zu § 42 Abs. 2 VwGO: BVerwG, Urteil vom 20.05.1998 - 11 C 3.97 -, NVwZ 1999, 67 [68]).

B. Begründetheit der Klage

Die Klage ist unbegründet.

Die vom Kläger mit seinem Hauptantrag begehrte Aufhebung der der Beigeladenen erteilten Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer ortsfesten Anlage zur Verbrennung von Abfällen vom 29. Februar 2008 kommt nicht in Betracht.

Nach § 2 Abs. 5 Nr. 1 Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz - der die Regelung in § 113 VwGO modifiziert (vgl. dazu: BT-Drs. 16/2495, S. 13) - ist ein Rechtsbehelf nach Absatz 1 begründet,

"soweit die Entscheidung nach § 1 Abs. 1 oder deren Unterlassen gegen Rechtsvorschriften, die dem Umweltschutz dienen, Rechte Einzelner begründen und für die Entscheidung von Bedeutung sind, verstößt und der Verstoß Belange des Umweltschutzes berührt, die zu den von der Vereinigung nach ihrer Satzung zu fördernden Zielen gehören".

Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.

Die der Beigeladenen erteilte Genehmigung erweist sich, soweit sie Rechte Einzelner berühren kann, als rechtmäßig. Im Übrigen scheitert ein Aufhebungsanspruch des Klägers daran, dass er im Rahmen der sog. Verbandsklage nach § 2 Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz das Aufhebungsbegehren in Bezug auf eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 2 Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz nicht auf Verstöße gegen nicht drittschützende Vorschriften des Umweltschutzes stützen kann.

Die Befugnis von Vereinigungen i. S. d. §§ 2, 3 Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz zur Geltendmachung von Verstößen gegen nicht drittschützende Vorschriften des Umweltschutzes ist sowohl nach dem Wortlaut von § 2 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 5 Nrn. 1 und 2 Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz als auch nach der Entstehungsgeschichte des Gesetzes ausgeschlossen.

Der Wortlaut der vorbezeichneten Vorschriften beschränkt die Rügebefugnis der anerkannten Umweltverbände sowie die Begründetheit von Rechtsbehelfen ausdrücklich auf Rechtsvorschriften, "die dem Umweltschutz dienen, Rechte Einzelner begründen und für die Entscheidung von Bedeutung sein können bzw. sind". Die Vorschrift orientiert sich zwar an § 61 Abs. 2 BNatSchG (vgl. dazu: BT-Drs. 16/2495, S. 12); im Gegensatz zur naturschutzrechtlichen Verbandsklage findet eine Überprüfung objektiver Rechtssätze des Umweltrechts, etwa des gesamten Naturschutz- und Landschaftspflegerechts, des Verfahrensrechts (z. B. Vorschriften der Umweltverträglichkeitsprüfung) und der Vorsorgenormen (z. B. § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BImSchG) nicht statt (Schlacke, Das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz, in: NuR 2007, 8 ff [11]). Die Klage nach dem Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz ist damit schutznormakzessorisch (Ziekow, Das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz im System des deutschen Rechtsschutzes, in: NVwZ 2007, 259 ff. [261]). Es ist zwar nicht erforderlich, dass es einen konkreten Dritten gibt, der durch die Entscheidung in seinen Rechten verletzt ist; notwendig ist aber, dass die als verletzt gerügte Norm im Sinne einer Schutznorm Rechte Dritter zu begründen vermag (Wahl in: Hausmann/Sellner, Grundzüge des Umweltrechts, 3. Aufl., 2007, S. 352 Rdnr. 148). Das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz dient der Umsetzung von Art. 3 Nr. 7 und Art. 4 Nr. 4 der Richtlinie 2003/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Mai 2003 über die Beteiligung der Öffentlichkeit bei der Ausarbeitung bestimmter umweltbezogener Pläne und Programme und zur Änderung der Richtlinien 85/337/EWG und 96/61/EG des Rates in Bezug auf die Öffentlichkeitsbeteiligung und den Zugang zu Gerichten (ABl. L 156 S. 17). Den Gesetzesmaterialien lässt sich entnehmen, dass Kern des Gesetzentwurfs vom 4. September 2006 die Ermöglichung der Vereinsklage gegen bestimmte umweltrechtliche Zulassungsentscheidungen oder deren Unterlassung war, ohne dass es hierfür einer Verletzung von eigenen Rechten der betreffenden Vereinigung bedurfte (vgl. dazu: BT-Drs. 16/3312, S. 1). Dabei wurde die Problematik, die Klagemöglichkeiten der Verbände auf die Verletzung subjektiv öffentlicher Rechte zu beschränken, intensiv beraten. Die Frage der Vereinbarkeit des Gesetzes mit dem Europarecht spielte dabei eine große Rolle. Das Gesetz stellt einen politischen Kompromiss dar; eine weitergehende Verbandsklage war zum Zeitpunkt der Gesetzgebung nicht durchsetzbar (vgl. dazu: BT-Drs. 16/3312).

Eine richtlinienkonforme Auslegung von § 2 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 5 Nrn. 1 und 2 Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz gegen den ausdrücklichen Willen des nationalen Gesetzgebers - also "contra legem" - ist nicht erlaubt (vgl. dazu: EuGH, Urteil vom 04.07.2006 - C-212/04 -, NJW 2006, 2465 [Rdz. 110]; Auer, Neues zum Umfang und Grenzen der richtlinienkonformen Auslegung, in: NJW 2007, 1106 ff.).

Eine Befugnis anerkannter Umweltverbände i. S. v. §§ 2, 3 Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz zur Geltendmachung objektiver Rechtssätze des Umweltrechts lässt sich auch nicht aus einer unmittelbaren Anwendbarkeit europäischer Verbandsklagerechte herleiten.

Die Frage, ob die Bundesrepublik Deutschland die europarechtlichen Vorgaben zur Einführung einer Verbandsklage in Umweltangelegenheiten vollständig umgesetzt hat, ist in der Literatur zwar höchst umstritten. Ausgangspunkt des Streits ist das Übereinkommen über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten - die sog. Aarhus-Konvention -, das Deutschland am 21. Dezember 1998 gezeichnet und mit Gesetz vom 9. Dezember 2006 (BGBl. II S. 1251) ratifiziert hat. Art. 9 der Aarhus-Konvention verpflichtet die Vertragsstaaten, ein bestimmtes Niveau an Rechtsschutz in Umweltangelegenheiten zu gewährleisten. Die EU hat die völkerrechtlichen Vorgaben des Art. 9 Abs. 2 der Aarhus-Konvention mit der Öffentlichkeitsbeteiligungsrichtlinie (Richtlinie 2003/35/EG) umgesetzt, und zwar nahezu wortgleich in Form eines neuen Art. 10a der UVP-Richtlinie und eines neuen Art. 15a der IVU-Richtlinie (vgl. Art. 3 und 4 der Öffentlichkeitsbeteiligungsrichtlinie). Die maßgeblichen Absätze 1 bis 3 der insoweit übereinstimmenden Art. 10a UVP-RL und Art. 15a IVU-RL lauten wie folgt:

"(1) Die Mitgliedstaaten stellen im Rahmen ihrer innerstaatlichen Rechtsvorschriften sicher, dass Mitglieder der betroffenen Öffentlichkeit, die

a) ein ausreichendes Interesse haben oder alternativ

b) eine Rechtsverletzung geltend machen, sofern das Verwaltungsverfahrensrecht bzw. Verwaltungsprozessrecht eines Mitgliedstaats dies als Voraussetzung erfordert, Zugang zu einem Überprüfungsverfahren vor einem Gericht oder einer anderen auf gesetzlicher Grundlage geschaffenen unabhängigen und unparteiischen Stelle haben, um die materiell-rechtliche und verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit von Entscheidungen, Handlungen oder Unterlassungen anzufechten, für die die Bestimmungen dieser Richtlinie über die Öffentlichkeitsbeteiligung gelten.

(2) Die Mitgliedstaaten legen fest, in welchem Verfahrensstadium die Entscheidungen, Handlungen oder Unterlassungen angefochten werden können.

(3) Was als ausreichendes Interesse und als Rechtsverletzung gilt, bestimmen die Mitgliedstaaten im Einklang mit dem Ziel, der betroffenen Öffentlichkeit einen weiten Zugang zu Gerichten zu gewähren. Zu diesem Zweck gilt das Interesse jeder Nichtregierungsorganisation, welche die in Artikel 1 Abs. 2 genannten Voraussetzungen erfüllt, als ausreichend im Sinne von Absatz 1 lit. a des Artikels. Derartige Organisationen gelten auch als Träger von Rechten, die im Sinne von Absatz 1 lit. b dieses Artikels verletzt werden könnten."

Befürworter der uneingeschränkten Verbandsklage im Umweltrecht leiten daraus her, dass eine Beschränkung des Gerichtszugangs für Verbände auf solche Fälle, in denen Vorschriften verletzt sein können, die Rechte Einzelner begründen, nicht nur gegen Art. 9 Abs. 2 Aarhus-Konvention, sondern auch gegen die verbindlichen Vorgaben des Gemeinschaftsrechts verstoße (so beispielsweise: Koch, Die Verbandsklage im Umweltrecht, in: NVwZ 2007, 369 ff. [378]). Demgegenüber wird auch die Auffassung vertreten, dass der Mitgliedstaat Deutschland berechtigt sei, für die europäische Umweltverbandsklage das auf die Prüfung drittschützender Vorschriften beschränkte Individualrechtsschutzsystem einzuführen und dabei die Zulässigkeit und die Begründetheit von Rechtsbehelfen davon abhängig zu machen, dass drittschützende Umweltvorschriften verletzt werden (so beispielsweise: Schrödter, Aktuelle Entscheidungen zum Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz, in: NVwZ 2009, S. 157 ff. [158]).

Unabhängig von der Beantwortung dieser Streitfrage steht dem Kläger ein Recht zur Geltendmachung objektiver Rechtssätze des Umweltrechts aus einer unmittelbaren Anwendung der europarechtlichen Vorgaben jedenfalls nicht zu. Voraussetzung für die unmittelbare Anwendbarkeit einer Richtlinienvorschrift ist u.a., dass eine der begehrten Rechtsposition entsprechende Vorgabe unbedingt, klar und präzise sowie ihrem Wesen nach geeignet ist, unmittelbare Rechtswirkungen zu entfalten (vgl. dazu: Durner, Direktwirkung europäischer Verbandsklagerechte?, in: ZUR 2005, S. 285 ff. [288] unter Hinweis auf die gefestigte Rechtsprechung des EuGH). Eine klare und präzise Vorgabe des Inhalts, dass der nationale Gesetzgeber gezwungen wäre, eine umfassende altruistische Verbandsklage im Sinne einer sog. Totalprüfung des Umweltrechts zu schaffen, lässt sich den vorbezeichneten Richtlinien nicht entnehmen (so auch: Durner, a.a.O., S. 289 f.; Schrödter, a.a.O., S. 159).

Der Senat sieht sich nicht veranlasst, der Anregung des Klägers zu folgen und die Sache dem Europäischen Gerichtshof gem. Art. 234 EGV zur Entscheidung über diejenigen Fragen vorzulegen, die auch das OVG Nordrhein-Westfalen zum Anlass genommen hat, unter dem Datum des 5. März 2009 - 8 D 58/08.AK - (NVwZ 2009, 987) einen Vorlagebeschluss zu erlassen. Da der Senat im vorliegenden Verfahren nicht in letzter Instanz entscheidet, ist er zu einer Vorlage an den Europäischen Gerichtshof nicht verpflichtet. Er hält es vielmehr für sachgerecht, die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen und damit eine letztinstanzliche Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts herbeizuführen.

Die Rügebefugnis des Klägers ist damit hinsichtlich sämtlicher von ihm geltend gemachter Verstöße gegen nicht drittschützende Vorschriften des Umweltschutzes ausgeschlossen.

Das betrifft vor allem die in der Klagebegründung vom 14. Juli 2008 und ergänzend im Schriftsatz vom 20. Mai 2009 unter Vorlage einer "Gutachtlichen Stellungnahme" geltend gemachten Verstöße gegen den gebotenen Schutz angrenzender FFH-Gebiete - insbesondere den Vorwurf der fehlenden FFH-Verträglichkeitsprüfung -, gegen das Gebot der Rücksichtnahme, gegen die IVU-Richtlinie und gegen den Abfallwirtschaftsplan Hessen.

Bei dem in § 34 BNatSchG bzw. in § 34 HENatG normierten Gebot der Durchführung einer FFH-Verträglichkeitsprüfung handelt es sich um einen objektiven Rechtssatz des Umweltrechts, der eine Rügebefugnis Einzelner nicht zu begründen vermag; soweit - wie bei der streitgegenständlichen immissionsschutzrechtlichen Genehmigung - eine Vereinsklage nach § 61 Abs. 1 BNatSchG wegen des dort begrenzten Bereichs von naturschutzrechtlich relevanten Entscheidungen nicht in Betracht kommt, scheidet eine Überprüfung derartiger objektiver Rechtssätze aus.

Ein über die Vorschriften des Bundes-Immissionsschutzgesetzes hinausreichender Drittschutz unter dem Gesichtspunkt des baurechtlichen Gebots der Rücksichtnahme wird ebenfalls nicht gewährt. Das Bundes-Immissionsschutzgesetz bestimmt die Grenze der Zumutbarkeit von Umwelteinwirkungen für Dritte und damit das Maß der gebotenen Rücksichtnahme abschließend (Hess. VGH, Urteil vom 07.08.2007 - 2 A 690/06 -, ZUR 2008, 150 ff., und Urteil vom 24.09.2008 - 6 C 1600/07.T -, DVBl. 2009, 186 ff.).

Mit der Rüge eines Verstoßes gegen das aus dem Schutz- und Vorsorgegrundsatz erwachsende Minimierungsgebot für den Ausstoß von Luftschadstoffen unter Hinweis auf Art. 9 Abs. 4 der IVU-RL und die sog. BvT-Merkblätter (englisch: BREF) stützt sich der Kläger auf Betreiberpflichten i. S. d. § 5 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG, die grundsätzlich keine subjektiv-öffentlichen Rechte vermitteln.

Schließlich bewegt sich auch die Rüge, die streitgegenständliche Genehmigung verstoße gegen den Abfallwirtschaftsplan Hessen, außerhalb des geschützten Rechtskreises Einzelner und damit außerhalb der Rügebefugnis des Klägers.

I. Formelle Rechtmäßigkeit des Bescheids

Gegen die formelle Rechtmäßigkeit des angegriffenen Bescheids bestehen - jedenfalls soweit hiervon Rechtsvorschriften berührt sind, die Rechte Einzelner begründen - keine Bedenken. Die Genehmigung ist unter Beachtung der Verfahrensbestimmung für das Genehmigungsverfahren nach § 10 BImSchG erlassen worden, insbesondere ist die nach § 10 Abs. 6 Satz 1 BImSchG vorgeschriebene Öffentlichkeitsbeteiligung erfolgt.

Ob sich die Genehmigung vom 29. Februar 2008 - wie der Kläger meint - aus formellen Gründen als rechtswidrig darstellt, weil im Rahmen des Genehmigungsverfahrens die Umweltverträglichkeitsprüfung - UVP - nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden ist, ist für den vorliegenden Rechtsstreit ohne Belang. Es kann letztlich offen bleiben, ob das UVP-Verfahren aus den vom Kläger in diesem Zusammenhang angeführten Gründen (Unvollständigkeit und Fehlerhaftigkeit der durchgeführten Umweltverträglichkeitsprüfung durch fehlende Gesamtbetrachtung mit anderen Anlagen, fehlende Einbeziehung des von der Anlage verursachten LKW-Verkehrs und falsche Ermittlung der Zusatzbelastung mit NO2) tatsächlich fehlerbehaftet ist. Selbst wenn die Umweltverträglichkeitsprüfung entsprechend der Behauptung des Klägers fehlerbehaftet wäre, könnte er allein aus diesen Gründen eine Aufhebung des angefochtenen Genehmigungsbescheids nicht verlangen.

Die Voraussetzungen, unter denen der Kläger die Aufhebung der der Beigeladenen erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung beanspruchen kann, richten sich nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz. Danach kann die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz, d. h. eines Vorhabens, für das nach Bundes- oder Landesrecht eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung besteht, von einer Umweltschutzvereinigung unter den Voraussetzungen nach § 2 und § 3 Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz oder einer nach § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugten Privatperson u.a. dann verlangt werden, wenn die nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung in der Fassung vom 25. Juni 2005 (BGBl. I S. 1757), zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes vom 23. Oktober 2007 (BGBl. I S. 2470), erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder die erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit nicht durchgeführt und nicht nachgeholt worden ist. Um ein UVP-pflichtiges Vorhaben i. S. v. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz handelt es sich bei der streitgegenständlichen Anlage deshalb, weil es sich um eine solche zur Beseitigung oder Verwertung nicht gefährlicher Abfälle i. S. v. § 3b UVPG i. V. m. der Anlage 1 Nr. 8.1.2 zum Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz handelt.

Die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Satz 1 Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz für eine Aufhebung der Entscheidung über die Zulassung eines UVP-pflichtigen Vorhabens wegen Missachtung der Vorschriften über die Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung liegen nicht vor.

Die Genehmigungsbehörde ist davon ausgegangen, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist. Mit der Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung als Teil des förmlichen Genehmigungsverfahrens und der damit verbundenen Öffentlichkeitsbeteiligung (vgl. § 10 Abs. 3, 6 und 7 BImSchG) ist den durch das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz eingeräumten Verfahrensrechten der Umweltvereinigungen und der von dem Vorhaben betroffenen klagebefugten Personen Genüge getan. Für einen weitergehenden Anspruch auf Aufhebung der Zulassung eines UVP-pflichtigen Vorhabens i. S. v. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz - allein - wegen Verfahrensmängeln, die der Behörde bei der Vorprüfung oder bei der Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung unterlaufen sind, bietet das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz keine Grundlage. Ein solcher Anspruch wird durch § 4 Abs. 1 Satz 1 Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz - wie sich nicht nur aus dem einschränkenden Wortlaut, sondern auch aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift ableiten lässt - gerade ausgeschlossen. Hierzu hat der Senat in seinem Urteil vom 24. September 2008 - 6 C 1600/07.T -, Juris, Folgendes ausgeführt:

4 Abs. 1 Satz 1 Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz hatte in der Fassung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung vom 4. September 2006 (BT-Drucks. 16/2495) folgenden Wortlaut:

'Die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 kann verlangt werden, wenn wesentliche Verfahrensvorschriften verletzt worden sind und der Verfahrensfehler nicht geheilt werden kann. Wesentliche Verfahrensvorschriften im Sinne von Satz 1 sind in der Regel verletzt, wenn nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung, nach der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben oder nach entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften

1. eine erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung

oder

2. eine erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit nicht durchgeführt worden ist.'

Gegen diese Gesetzesfassung wurden vom Bundesrat grundsätzliche Einwände erhoben. Nach Ansicht des Bundesrates ging die beabsichtigte Einräumung einer Klagemöglichkeit für Umweltvereinigungen und Privatpersonen gegen Zulassungsentscheidungen, die unter Verstoß gegen Verfahrensvorschriften der Umweltverträglichkeitsprüfung zu Stande gekommenen sind, 'über das europarechtlich zwingend Gebotene hinaus und würde zu gravierenden Verzögerungen volkswirtschaftlich bedeutsamer Planungs- und Investitionsentscheidungen führen'. Der Bundesrat empfahl deshalb, die Bestimmung ganz zu streichen (BR-Drucks. 552/06). Die Gesetz gewordene Fassung geht auf eine die Ansicht des Bundesrats aufgreifende Empfehlung des federführenden Bundestagsausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zurück (BT-Drucks. 16/3312). In der gemeinsamen Empfehlung verschiedener Ausschüsse vom 11. September 2006 (BR-Drucks. 552/1/06, S. 12) wird zur Begründung für diese gegenüber dem Gesetzentwurf eingeschränkte Fassung Folgendes ausgeführt:

'Auch ist die von der Bundesregierung vorgesehene Fassung zu unbestimmt und damit zu weit gehend. Sie spricht von 'wesentlichen Verfahrensvorschriften' und nennt hierzu beispielhaft die Nichtdurchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung und die Nichtdurchführung der Vorprüfung über die UVP-Pflichtigkeit. Bei der jetzigen Formulierung bleibt also unklar, ob und welche Verfahrensvorschriften daneben auch noch als 'wesentlich' anzusehen sind.

Deshalb wird die obige Neuformulierung des § 4 Abs. 1 vorgeschlagen. Sie konzentriert sich auf die Umweltverträglichkeitsprüfung und auf die Vorprüfung über die UVP-Pflichtigkeit und ist damit bestimmter gefasst. Mit dieser Neuformulierung stellt der § 4 eine in sich abgeschlossene Sonderregelung zum Verwaltungsverfahrensgesetz dar.'

Die von den Ausschüssen empfohlene eingrenzende Fassung wurde von der Bundesregierung im Interesse einer Verdeutlichung des Regelungsgehaltes übernommen (vgl. Gegenäußerung zur Stellungnahme des Bundesrates vom 12. Oktober 2006, BT-Drucks. 16/2931, S. 8). Damit wurde klargestellt, dass - vorbehaltlich einer späteren Heilung - nur das gänzliche Fehlen einer Vorprüfung des Einzelfalls oder der Umweltverträglichkeitsprüfung als Verfahrensfehler im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 1 Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz gerügt werden kann, nicht aber die fehlerhafte Durchführung der Vorprüfung oder der Umweltverträglichkeitsprüfung (Schlacke, NuR 2007, 8 [13]; Ziekow, NVwZ 2007, 259 [265]; Kment, NVwZ 2007, 274 [276]: ders. in Hoppe (Hrsg.), UVPG, 3. Aufl., Vorbemerkung, Rdnr. 59).

Ob die Begrenzung auf das vollständige Unterlassen einer Einzelfallprüfung oder der Umweltverträglichkeitsprüfung als relevanter Verfahrensmangel im Anfechtungsstreit von Drittbetroffenen und Umweltvereinigungen in jeder Hinsicht den Vorgaben des Europarechts entspricht, bedarf für den vorliegenden Fall keiner Erörterung.

Die durch die Richtlinie 2003/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Mai 2003 (ABl. L 156/17) neu in die Richtlinie 85/337/EWG über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten vom 27. Juni 1985 - UVP-RL - aufgenommene Regelung in Art. 10a, die durch das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz umgesetzt wurde, verpflichtet die Mitgliedstaaten dazu, im Rahmen ihrer innerstaatlichen Rechtsvorschriften Mitgliedern der betroffenen Öffentlichkeit, die ein ausreichendes Interesse haben oder eine nach dem innerstaatlichen Recht des Mitgliedstaates erforderliche Rechtsverletzung geltend machen, Zugang zu einem Überprüfungsverfahren vor einem Gericht oder einer anderen auf gesetzlicher Grundlage geschaffenen unabhängigen und unparteiischen Stelle zu verschaffen, um die materiellrechtliche und verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit von Entscheidungen, Handlungen oder Unterlassungen anzufechten, für die die Bestimmungen der UVP-RL über die Öffentlichkeitsbeteiligung gelten. Ob dieser Verpflichtung durch das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz in ausreichendem Umfang entsprochen wurde, könnte allenfalls deshalb in Zweifel gezogen werden, weil durch die Begrenzung der Anfechtbarkeit auf das (vollständige) Unterbleiben der Vorprüfung oder Umweltverträglichkeitsprüfung ggf. auch schwerwiegende Fehler bei der Durchführung der Vorprüfung oder der Umweltverträglichkeitsprüfung, die die Rechtsverfolgung der Umweltvereinigungen oder der betroffenen Einzelpersonen in erheblicher Weise einschränken oder schmälern könnten (vor allem Mängel im Zusammenhang mit der Öffentlichkeitsbeteiligung im Sinne von § 9 - § 9b UVPG), von der Anfechtung ausgeschlossen werden (vgl. hierzu Schlacke, a.a.O. S. 14; Kment, NVwZ 2007, 274 [279, 280] und in Hoppe (Hrsg.), UVPG, 3. Aufl., Vorbemerkung, Rdnr. 71). Diese Problematik hat für den vorliegenden Fall keine Bedeutung."

An diesen für das vorliegende Verfahren in gleicher Weise bedeutsamen Erwägungen hält der Senat fest.

Mängel, die die Bekanntmachung des Vorhabens nach § 10 Abs. 3 und 4 BImSchG, die Erörterung der Einwendungen nach § 10 Abs. 6 BImSchG und/oder die Bekanntgabe des Genehmigungsbescheids nach § 10 Abs. 7 und 8 BImSchG und damit die Öffentlichkeitsbeteiligung im Sinne der oben genannten Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung bzw. der entsprechenden Bestimmungen in Art. 6 Abs. 2 bis 6 und Art. 10a UVP-RL betreffen, rügt der Kläger lediglich insoweit, als er vorträgt, die amtliche Bekanntmachung des Vorhabens im Staatsanzeiger vom 27. November 2006 habe sich auf ein anderes Flurstück bezogen als im Genehmigungsbescheid bezeichnet. Der Beklagte und die Beigeladene haben in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass eine Wiederholung der Öffentlichkeitsbeteiligung wegen zwischenzeitlicher Änderung der Flurstücksnummerierungen nach Grundstücksteilung nicht erforderlich gewesen sei, da auch unter Zugrundelegung der alten Bezeichnung der Anlagenstandort zu erkennen gewesen sei. Der Standort der EBS-Anlage habe sich tatsächlich nicht geändert; die Grundstücksbezeichnung sei bereits in der Öffentlichkeitsbeteiligung umfassend erläutert worden. Da der Kläger dem nicht entgegengetreten ist, liegt ein schwerwiegender Fehler bei der Öffentlichkeitsbeteiligung, der die Rechtsverfolgung in erheblicher Weise einschränken oder schmälern konnte, nicht vor.

Unabhängig von einer entsprechenden Rügebefugnis des Klägers in formeller Hinsicht liegt auch ein Grund zur Besorgnis der Befangenheit der beteiligten Mitarbeiter des Hessischen Landesamtes für Umwelt und Geologie (HLUG) nicht vor.

Einen Grund zur Besorgnis der Befangenheit i. S. d. § 21 Abs. 1 HVwVfG sieht der Kläger darin, dass die zuständigen Mitarbeiter des HLUG "mit der eigenmächtig durchgeführten Ausbreitungsrechnung bei verkürzten Eingangsdaten" alles daran gesetzt hätten, ein aus ihrer Sicht offenbar bestehendes Genehmigungshindernis - nämlich die Überschreitung des Irrelevanzwertes der TA Luft für NO2 - zu Gunsten der Beigeladenen zu umgehen. Dabei bezieht sich die Rüge des Klägers erkennbar auf S. 130 ff. des Genehmigungsbescheids vom 29. Februar 2008, wo das Regierungspräsidium erläutert hat, dass das HLUG entgegen den von der Beigeladenen eingereichten Antragsunterlagen nicht von einer maximalen Zusatzbelastung für Stickstoffdioxid von 1,9 Mikrogramm/m³, sondern kleiner als 1 Mikrogramm/m³ ausgehe, mit der Folge, dass die Zusatzbelastung irrelevant sei. Dem Genehmigungsbescheid sowie dem zu Grunde liegenden Schriftverkehr mit dem HLUG vom 27. März 2007 und 16. April 2007 lässt sich entnehmen, dass die unterschiedlichen Ergebnisse in der maximalen Zusatzbelastung für Stickstoffdioxid daraus resultieren, dass in den Antragsunterlagen der Beigeladenen die NO2-Konzentration mit 100 % angesetzt worden ist und das HLUG demgegenüber entsprechend den ihm üblicherweise vorgelegten Immissionsprognosen mit einem NO/NO2-Verhältnis von 80:20 oder 90:10 gerechnet hat.

Ein Grund, der geeignet ist, Misstrauen gegen eine unparteiische Amtsausübung der Mitarbeiter des HLUG zu rechtfertigen, kann in dieser Vorgehensweise nicht gesehen werden. Mit der von der vorgenannten Behörde durchgeführten Nachberechnung auf der Grundlage der von ihr als realistisch betrachteten Mengenverhältnisse von NO2 und NO sind das HLUG und die Genehmigungsbehörde lediglich ihrer Pflicht zur Sachverhaltsaufklärung nach § 24 HVwVfG nachgekommen, die sich nach § 24 Abs. 2 HVwVfG auch auf für den Antragsteller günstige Umstände bezieht, die dieser ggf. übersehen oder zu seinen Ungunsten falsch beurteilt hat.

II. Materielle Rechtmäßigkeit des Bescheids

Auch in materieller Hinsicht stellt sich die Genehmigung vom 29. Februar 2008 - jedenfalls soweit dadurch Rechtsvorschriften berührt sind, die Rechte Einzelner begründen - als rechtmäßig dar.

Eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung darf nach § 6 Abs.1 Nr. 1 BImSchG nur dann erteilt werden, wenn sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 BImSchG und einer auf Grund des § 7 BImSchG erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden. Die Vorschrift des § 5 Abs. 1 BImSchG verpflichtet den Vorhabenträger u.a. dazu, die (genehmigungsbedürftige) Anlage so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG) und - insbesondere durch die dem Stand der Technik entsprechenden Maßnahmen - Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen zu treffen (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG).

Die Schutz- und Gefahrenabwehrpflicht des Vorhabenträgers nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG äußert zu Gunsten der von der Anlage betroffenen Nachbarn drittschützende Wirkung. Der Drittschutz erstreckt sich auf sämtliche, die Schutz- und Abwehrpflicht konkretisierenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften, insbesondere die Bestimmungen in Abschnitt 4 der TA Luft, die die Anforderungen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen präzisieren und konkretisieren (vgl. dazu: Roßnagel in: Gemeinschaftskommentar zum Bundes-Immissionsschutzgesetz, Stand: Dezember 2007, § 5 BImSchG, Rdnrn. 837 - 839, m.w.N.). Die Vorsorgepflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG hat demgegenüber grundsätzlich keinen drittschützenden Charakter; etwas anderes gilt nur dann, wenn in Rechts- und Verwaltungsvorschriften für bestimmte Stoffe keine die Schutz- und Abwehrpflicht konkretisierenden Immissionswerte, sondern nur entsprechende Vorsorgewerte festgelegt sind. Im letzteren Fall können Drittbetroffene die Einhaltung der Vorsorgewerte als Ersatz für die fehlenden Schutzwerte fordern (vgl. dazu: Jarass, a.a.O., § 5 BImSchG, Rdnr. 122, m.w.N.).

Unter Berücksichtigung dieser Rechtsgrundsätze kann der Kläger die Aufhebung der Genehmigung vom 29. Februar 2008 nicht verlangen, denn die Einhaltung dem Schutz Einzelner (Dritter) dienender Pflichten der Beigeladenen nach den oben genannten Vorschriften ist sichergestellt.

a) Immissionsprognose

Soweit sich der Kläger unter Bezugnahme auf die von ihm vorgelegte "Gutachtliche Stellungnahme zur Genehmigung der EBS-Anlage der B. im Industriepark in Frankfurt" des Ingenieurbüros Umweltschutztechnik XY, .......... vom 19. Mai 2009 - im Folgenden: Gutachten Y - auf methodische und inhaltliche Mängel der von der Beigeladenen vorgelegten Immissionsprognose beruft, kann er hiermit im vorliegenden Klageverfahren nicht mehr gehört werden. Im einzelnen wird gerügt, bei der Prognose sei eine zu niedrige Jahresbetriebszeit angesetzt und mit zu geringen Emissionskonzentrationen bei einer Reihe von Schadstoffen, insbesondere Schwermetallen gerechnet worden (Abschnitt 5.1 des Gutachtens Y), in der Immissionsprognose seien fehlerhaft vom Genehmigungsantrag abweichende Emissionswerte angesetzt worden (Abschnitt 5.2) und die bei der Berechnung mit dem Windfeldmodell AUSTAL2000 zu Grunde gelegte Bodenrauhigkeit sei nicht nachvollziehbar (Abschnitt 5.3). In Abschnitt 5.4 seiner Stellungnahme legt der Gutachter dar, es bestünden begründete Zweifel daran, ob das Ausbreitungsmodell AUSTAL2000, das im Übrigen erheblich die zu erwartenden Zusatzbelastungen am Standort mit sehr häufigen Schwachwindwetterlagen und austauscharmen Wetterlagen unterschätze, für ein Untersuchungsgebiet mit einem Radius von 4.000 m ausreichend validiert sei. Im Rahmen der Immissionsprognose für den 70 m Schornstein sei unzulässigerweise mit einer zu geringen Jahresbetriebszeit und zu geringen Emissionskonzentrationen bei einer Reihe von Schadstoffen, insbesondere Schwermetallen, gerechnet worden. In Verbindung mit dem zu niedrig angesetzten Abgasvolumenstrom ergäben sich bei der Berechnung für den 70 m - Schornstein Zusatzbelastungen, die die laut Genehmigungsbescheid zulässigen Zusatzbelastungen erheblich unterschritten. Tatsächlich hätten im Rahmen der Immissionsprognose für den 70 m - Schornstein deutlich höhere Zusatzbelastungen prognostiziert werden müssen als für den 80 m - Schornstein. Hinzu komme, dass mit einer Rauhigkeitslänge gerechnet worden sei, die nicht konservativ im Sinne der TA Luft sei. Insgesamt betrachtet würden die tatsächlich bei einer maximalen Ausschöpfung der beantragten Emissionsgrenzwerte und der beantragten Betriebszeit zu erwartenden Zusatzbelastungen unterschätzt.

Mit sämtlichen dieser Einwände ist der Kläger im Gerichtsverfahren gem. § 2 Abs. 3 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes ausgeschlossen, denn diese Rügen haben in den Einwendungen des Klägers gegen das Vorhaben im Schreiben vom 18. Januar 2007 gegenüber der Genehmigungsbehörde keinen Niederschlag gefunden.

Die Vorschrift des § 2 Abs. 3 Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz bestimmt, dass eine Vereinigung im Verfahren über den Rechtsbehelf mit allen Einwendungen ausgeschlossen ist, die sie im Verfahren nach § 1 Abs. 1 nicht oder nach den geltenden Rechtsvorschriften nicht rechtzeitig geltend gemacht hat, aber hätte geltend machen können, sofern sie im Verfahren nach § 1 Abs. 1 Gelegenheit zur Äußerung gehabt hat. Darin ist ein Verweis auf die Einwendungsfristen des jeweils einschlägigen Verwaltungsverfahrens- bzw. Fachrechts zu erblicken (Ewer, Aktuelle Neuregelungen im Verwaltungsprozessrecht, in: NJW 2007, 3171 [3175]). Nach § 10 Abs. 3 Satz 1 BImSchG hat die zuständige Behörde das Vorhaben in ihrem amtlichen Veröffentlichungsblatt und außerdem entweder im Internet oder in örtlichen Tageszeitungen, die im Bereich des Standortes der Anlage verbreitet sind, öffentlich bekannt zu machen. Der Antrag und die Unterlagen - nach näherer Maßgabe des § 10 Abs. 3 Satz 2 BImSchG - sind nach der Bekanntmachung einen Monat zur Einsicht auszulegen; bis zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist kann die Öffentlichkeit gegenüber der zuständigen Behörde schriftlich Einwendungen erheben (§ 10 Abs. 3 Satz 4 BImSchG). Mit Ablauf der Einwendungsfrist sind nach § 10 Abs. 3 Satz 5 BImSchG alle Einwendungen ausgeschlossen, die nicht auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen.

In einem Einwendungsverfahren nach § 10 Abs. 3 Satz 4 BImSchG muss der Einwender, will er sich die Möglichkeit offen halten, seine Rechte notfalls im Klagewege geltend zu machen, im Rahmen der Betroffenenbeteiligung form- und fristgerecht Einwendungen erheben (BVerwG, Beschluss vom 24.07.2008 - 7 B 19.08 -, AbfallR 2008, 262). Dabei muss das Vorbringen so konkret sein, dass die Behörde erkennen kann, in welcher Weise sie bestimmte Belange einer näheren Betrachtung unterziehen soll (ständige Rechtsprechung des BVerwG, Urteil vom 21.06.2006 - 9 A 28.05 -, BVerwGE 126, 166 [172]; Urteil vom 09.02.2005 - 9 A 62.03 -, NVwZ 2005, 813 m. w. N.). Dies gilt im Immissionsschutzrecht gleichermaßen wie im Fachplanungsrecht (BVerwG, Beschluss vom 30.01.1995 - 7 B 20.95 -, Buchholz 406.25 § 10 BImSchG Nr. 3) und muss damit ebenso im Rahmen des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes gelten.

Eine thematisch begrenzte Äußerung im Rahmen einer Verfahrensbeteiligung kann einzelne Einwendungen im späteren gerichtlichen Verfahren ausschließen (Kment in: Hoppe, Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung, a.a.O., Vorbemerkung Rdnr. 64 m. w. N.). Ein anerkannter Naturschutzverein kann sich die spätere Klagemöglichkeit nur insoweit offenhalten, als er im Rahmen seiner Rügeobliegenheit zumindest Angaben dazu macht, welches Schutzgut durch das geplante Vorhaben betroffen wird und welche Beeinträchtigungen ihm drohen. Je umfangreicher und intensiver die vom Vorhabenträger bereits erfolgte Begutachtung und fachliche Bewertung ausgearbeitet ist, umso intensiver muss auch die Auseinandersetzung mit dem vorhandenen Material - gerade unter naturschutzfachlichen Gesichtspunkten - ausfallen (vgl. zum Einwendungsausschluss gem. § 61 Abs. 3 BNatSchG: BVerwG, Urteil vom 22.01.2004 - 4 A 4.03 -, UPR 2004, 266; Beschluss vom 12.04.2005 - 9 VR 41.04 -; UPR 2006, 26, und vom 23.11.2007 - 9 B 38.07 -, juris). Dem Vorhabenträger und der Genehmigungsbehörde muss aufgrund der Einwendungen eines Naturschutzvereins hinreichend deutlich werden, aus welchen Gründen zu welchen im Einzelnen zu behandelnden Fragen weiterer Untersuchungsbedarf besteht oder einer Wertung nicht gefolgt werden kann (BVerwG, Urteil vom 01.04.2004 - 4 C 2.03 -, BVerwGE 120, 276; Urteil vom 22.01.2004 - 4 A 4.03 -, a.a.O.). Auch wenn ein Verein in seinen Einwendungen Ermittlungsdefizite rügt, ist von ihm zu verlangen, dass er diesen Vorwurf hinreichend substantiiert; ohne ein substantiiertes "Gegenvorbringen" verfehlt die Anhörung der anerkannten Naturschutzvereine ihren Sinn (so ausdrücklich zum Einwendungsausschluss gem. § 61 Abs. 3 BNatSchG: Hess.VGH, Urteil vom 17.06.2008 - 11 C 1975/07.T -, NuR 2008, 785).

Ungeachtet der Tatsache, dass der Beklagte und die Beigeladene sich inhaltlich mit den Einwänden des Klägers befasst haben, erfasst der Einwendungsausschluss auch die Rügen des Klägers zur Fehlerhaftigkeit der (zwei) in den Antragsunterlagen enthaltenen Immissionsprognosen bzw. zur fehlenden Geeignetheit des dort verwendeten Rechenmodells. Diese Rügen hätte der Kläger bereits im Genehmigungsverfahren erheben können und müssen. Zum Thema Luftverschmutzung hat der Kläger im Schreiben vom 18. Januar 2007 zwar u.a. eingewandt, Inversionswetterlagen würden in den Antragsunterlagen nicht betrachtet. Die in den Antragsunterlagen enthaltenen Immissionsprognosen hat er im vorbezeichneten Schreiben allerdings nicht substantiiert angegriffen. Die nunmehr erhobenen Bedenken gegen das verwendete Prognosemodell AUSTAL2000, die Einstellung zu geringer Jahresbetriebszeiten und Emissionskonzentrationen sowie die Rechnung mit einer zu geringen Rauhigkeitslänge finden damit in dem Einwendungsschreiben vom 18. Januar 2007 keine Entsprechung.

Abgesehen davon sind die Einwände des Klägers auch in der Sache nicht berechtigt.

Die in der von der Beigeladenen überarbeiteten zweiten Immissionsprognose berücksichtigte verminderte Jahresbetriebszeit von 7.750 Stunden pro Jahr entspricht, wie der Beklagte in seinem Schriftsatz vom 16. Juni 2009 überzeugend dargelegt hat, der realistisch zu erwartenden Auslastung der Anlage, die nicht für den Dauerbetrieb vorgesehen und genehmigt ist und bei der zudem - anders als im zuvor angenommenen Dauerbetrieb mit 8.760 Stunden pro Jahr - durch Revisionen oder Betriebsstörungen verursachte Stillstandszeiten zu beachten sind. Durch die Reduzierung der Jahresbetriebszeit werden auch die in der zweiten Immissionsprognose für den 70 m-Schornstein angesetzten niedrigeren Emissionswerte und die hierin prognostizierten geringeren Zusatzbelastungen verständlich, auf die im Gutachten Y aufmerksam gemacht wird (Abschnitte 5.2 und 5.5, Seiten 22, 31). Die Rüge, bei der Verwendung von AUSTAL2000 sei mit einer der gemischten Industrie-, Gewerbe- und Wohnbebauung nicht entsprechenden Bodenrauhigkeit gerechnet worden (Abschnitt 5.3, S. 22 f.), entbehrt der Grundlage. Die erhöhte Rauhigkeit aufgrund der Gebäude in Anlagennähe wurde - wie von dem Beklagten in seinem Schriftsatz vom 16. Juni 2009 überzeugend ausgeführt - auf der Basis einer Rauhigkeitslänge von 0,5 m durch die explizite Berücksichtigung dieser Gebäude bei der Immissionsprognose berücksichtigt. Die weiteren Einwände gegen die ausreichende Validierung von AUSTAL2000 und seiner Eignung zur Bewältigung von Ausbreitungsrechnungen bei höher gelegenen Emissionsquellen mit größerem Einwirkungsbereich beschränken sich auf allgemein gehaltene Bedenken gegen die Tauglichkeit des eingesetzten Rechenmodells, mit dem die Richtigkeit der durchgeführten Berechnungen nicht in Zweifel gezogen werden kann. Der Betreiber genügt seiner Verpflichtung zur prognostischen Abschätzung der von der Anlage ausgehenden Immissionen grundsätzlich durch die Verwendung eines den technischen und rechtlichen Anforderungen der TA Luft entsprechenden und anerkannten Ausbreitungsmodells. Zum Einsatz eines bestimmten Modells ist er ebenso wenig verpflichtet wie zur Überprüfung der bei der Berechnung mit Hilfe eines Modells gewonnenen Ergebnisse durch ein anderes Modell (Hess. VGH, Urteil vom 07.05.2009 - 6 C 1142/07.T -, juris).

b) Einhaltung von NO2-Immissions- und Grenzwerten

Soweit mit der Klage geltend gemacht wird, von der genehmigten Anlage gingen unzulässig hohe Zusatzbelastungen mit Stickstoffdioxid aus, ist der Kläger mit diesem Vorbringen in gleicher Weise präkludiert wie mit seinen gegen die Immissionsprognose der Beigeladenen erhobenen (allgemeinen) Einwänden. In seinem Schreiben vom 18. Januar 2007 an die Genehmigungsbehörde hat sich der Kläger im Kapitel "B. Luftverschmutzung" unter Nr. 1 lediglich pauschal auf die nach seiner Auffassung in den Antragsunterlagen nicht ausreichend beachtete Vorbelastung des geplanten Standorts mit Schadstoffen berufen und hat darauf hingewiesen, das Vorhaben stehe den Forderungen des Luftreinhalteplans für den Ballungsraum Rhein-Main nach Reduktion der Luftbelastung entgegen. Die nunmehr auf der Basis der in der Immissionsprognose der Beigeladenen berechneten maximalen NO2- Zusatzbelastung erhobene Rüge, die mit dem Ausstoß von Stickstoffdioxid durch die Anlage verbundene dauerhafte Überschreitung des in § 3 Abs. 4 der 22. BImSchV enthaltenen Immissionsgrenzwertes von 40 Mikrogramm/m³ NO2 im Einwirkungsbereich der Anlage sei ebenso unzulässig wie die Überschreitung des NO2-Immissionswertes nach Nr. 4.2.1 TA Luft, lässt sich den Ausführungen im Schreiben vom 18. Januar 2007 nicht einmal andeutungsweise entnehmen. Die an späterer Stelle (Abschnitt B, Nr. 2) formulierte Forderung, dass bei NO2 nicht der nach der 22. BImSchV für 2006 geltende Grenzwert, sondern der für 2007 geltende niedrigere Grenzwert heranzuziehen sei, hat zu den mit der Klage erstmals erhobenen Rügen bezüglich einer überhöhten Zusatzbelastung mit Stickstoffdioxid keinen unmittelbaren Bezug.

Selbst wenn man aber davon ausginge, dass mit dem Vorbringen im Schreiben vom 18. Januar 2007 den Anforderungen an eine ausreichende Substantiierung der oben genannten Einwendungen (noch) entsprochen würde, wären diese Einwände jedenfalls in der Sache unberechtigt. Entgegen der Ansicht des Klägers steht der Erteilung der Genehmigung weder die Verletzung der Schutzpflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG durch schädliche Umwelteinwirkungen in Form überhöhter Belastungen mit Stickstoffoxiden entgegen noch die Missachtung des Immissionsgrenzwerts für Stickstoffdioxid nach § 3 Abs. 4 der 22. BImSchV.

Für eine unzulässige, weil den Jahres-Immissionswert der TA Luft zum Schutz der menschlichen Gesundheit nach Nr. 4.2.1, Tabelle 1, von 40 Mikrogramm/m³ überschreitende und als solche nicht genehmigungsfähige Belastung mit Stickstoffdioxid (NO2) ist nichts ersichtlich. Nach der für den Senat erkennbaren Sachlage unterschreitet die NO2-Zusatzbelastung des Beurteilungsgebiets die Grenze, die in Nr. 4.2.2, Satz 1 Buchst. a) TA Luft für irrelevante Zusatzbeiträge luftverunreinigender Stoffe nach Nr. Nr. 4.2.1, Tabelle 1 TA Luft bestimmt ist.

Die oben genannte Bestimmung schreibt vor, dass trotz der Überschreitung eines Immissionswertes nach Tabelle 1 durch die Gesamtbelastung (Nr. 4.7.1 TA Luft) mit einem in Nr. 4.2.1 genannten luftverunreinigenden Stoff an einem Beurteilungspunkt die Genehmigung wegen dieser Überschreitung nicht versagt werden darf, wenn hinsichtlich dieses Schadstoffs die Kenngröße für die Zusatzbelastung durch die Emissionen der Anlage an diesem Beurteilungspunkt 3,0 v.H. des Immissions-Jahreswertes nach Tabelle 1 nicht überschreitet und durch eine Auflage sichergestellt ist, dass weitere Maßnahmen zur Luftreinhaltung, insbesondere Maßnahmen, die über den Stand der Technik hinausgehen, durchgeführt werden. Ergibt die Immissionsprognose bei einem Luftschadstoff für das gesamte Beurteilungsgebiet eine irrelevante Zusatzbelastung, entfällt für diesen Stoff im Regelfall die Verpflichtung zur Ermittlung der Kenngrößen für die Vor- und die Gesamtbelastung (Nr. 4.1 Satz 4 Buchst. c) TA Luft). In diesen Fällen wird grundsätzlich davon ausgegangen, dass eine Überschreitung der Immissionswerte durch den Betrieb der Anlage auszuschließen ist bzw. dass von der Anlage kein relevanter Beitrag zur Immissionsbelastung geleistet wird (Nr. 4.1 Satz 5 TA Luft).

Die Voraussetzungen, unter denen nach den vorgenannten Bestimmungen der TA Luft die Ermittlung der Gesamtbelastung durch einen Luftschadstoff unterbleiben kann und die Zusatzbelastung mit diesem Stoff durch den Betrieb der Anlage ungeachtet einer womöglich hohen Vorbelastung für die Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung ohne Bedeutung ist, liegen bezüglich der zu erwartenden Einträge mit Stickstoffdioxid vor. Der für NO2 geltende (Jahres-) Irrelevanzwert von 1,2 Mikrogramm/m³ (3 % von 40 Mikrogramm/m³) wird nach den vorliegenden Gegebenheiten im gesamten Beurteilungsgebiet deutlich unterschritten.

Zwar wurde durch die von der Beigeladenen mit dem Antrag vorgelegte Immissionsprognose vom 11. Oktober 2006 (vgl. Tabelle auf Seite 13) eine Zusatzbelastung von 1,9 Mikrogramm/m³ (Schornsteinhöhe: 80 m) bzw. 1,8 Mikrogramm/m³ (Schornsteinhöhe: 70 m) berechnet. Dieser Wert wurde durch die Genehmigungsbehörde ohne erkennbaren Rechtsfehler außer Betracht gelassen, denn die Ersteller der Immissionsprognose sind bei der Berechnung von der Annahme ausgegangen, dass durch die Anlage Stickoxide ausschließlich in Form von Stickstoffdioxid emittiert werden. Dies entspricht nicht dem in der Immissionsprognose (vgl. Seite 7, letzter Absatz) selbst gewählten Ansatz, den in die Ausbreitungsrechnung einfließenden Emissionswert (höchstmöglich) mit den bei Ausnutzung des Grenzwertes in § 5 Abs. 1 Nr. 1 der 17. BImSchV entstehenden Emissionen zu berücksichtigen. Der in der vorgenannten Bestimmung geregelte Grenzwert knüpft an die Gesamtmasse der emittierten Stickoxide (NOx) an, nicht an die Emission von Stickstoffdioxid. Im Hinblick hierauf geht auch der in der Klagebegründung und in dem Gutachten Y (Abschnitt 6.2 Seite 33, vorletzter Absatz) erhobene Einwand, es müsse, weil der Genehmigungsbescheid "eine Emission von 100% NO2 am Schornstein zulasse", mit diesem Wert gerechnet werden, fehl. Durch die Nebenbestimmung in Nr. 8.3.2 des Genehmigungsbescheides, dass die Emissionsgrenzwerte gemäß § 5 Abs. 1 der 17. BImSchV immer einzuhalten sind, wird der Beigeladenen eine Gesamtemission von Stickoxiden (NOx) von im Tagesmittel maximal 200 mg/m³ ermöglicht. Der vorgenannte Grenzwert bezieht sich folglich nicht auf Stickstoffdioxid. Ein 100%-Ausstoß von NO2 ist im Übrigen weder als Berechnungsparameter von der TA Luft vorgegeben - diese enthält bezüglich des anzusetzenden Anteils von NO2 bzw. des Mischungsverhältnisses zwischen NO, NO2 und anderen Stickoxiden (NOx) keine Vorgaben -, noch entspricht die Emission von Stickoxiden vollständig in der Form von NO2 dem üblichen Betriebszustand bei Großfeuerungsanlagen der vorliegenden Art.

Wie das HLUG in seiner Stellungnahme vom 23. März 2007 dargelegt hat, liegen Stickstoffoxide an der Schornsteineinmündung regelmäßig nicht als (reines) NO2, sondern als NO-NO2-Gemisch vor. Erst durch den Zutritt weiteren Sauerstoffs nach dem Ausstoß vergrößert sich der Anteil des Stickstoffdioxids, wobei sein Anteil in Immissionsberechnungen der hier maßgeblichen Art auf 10 % bis 20 % angesetzt werde.

Das HLUG hat, wie von ihm in einer weiteren Stellungnahme vom 16. April 2007 im Einzelnen dargelegt wird, auf der Basis des von ihm als wirklichkeitsnah betrachteten Mischungsverhältnisses von 10 % NO2 und 90 % NO - dies entspricht bei der nach Nr. 8.3.2 des Bescheides in Verbindung mit § 5 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. f) der 17. BImSchV genehmigten Gesamtemission von 200 mg/m³ NOx einer Masse von 117 mg NO und 20 mg NO2 - eine Zusatzbelastung von 0,3 Mikrogramm/m³ errechnet. Für das gleichfalls in der Bandbreite der wahrscheinlichen Zusammensetzung liegende Mischungsverhältnis von 20 % NO2 und 80 % NO - hierbei handelt es sich um die beim bestimmungsgemäßem Betrieb für die Luftreinhaltung ungünstigsten Betriebsbedingungen im Sinne der im Gutachten Y an der oben genannten Stelle zitierten Bestimmung in Anhang 3 Nr. 2 Abs. 2 der TA Luft - wird in der erwähnten Stellungnahme vom 16. April 2007 zwar noch kein konkreter Rechenwert genannt, die im gerichtlichen Verfahren nachgereichten Testrechnungen des HLUG ergeben aber für das Mischungsverhältnis 20 % NO2 und 80 % NO eine maximale Zusatzbelastung von 0,44 Mikrogramm/m³. Gegen diese von der Genehmigungsbehörde in ihrem Bescheid (vgl. S. 130 f.) vollinhaltlich übernommene Bewertung bestehen keine rechtlichen Bedenken. Das Erfahrungswissen beteiligter Fachbehörden ist, auch wenn dieses sich nicht in der TA Luft, VDI-Richtlinien oder sonstigen Vorschriften niedergeschlagen hat, bei der Prüfung der Genehmigungsvoraussetzungen nach § 5 Abs. 1 BImSchG zu beachten (vgl. BVerwG, Urteil vom 14. 02.1978 - 1 C 102.76 -, NJW 1978, 1450 [1451]).

Dass der von dem HLUG auf der Basis eines Mischungsverhältnisses von 20 % NO2 und 80 % NO ermittelte Wert der Zusatzbelastung mit NO2 von 0,44 Mikrogramm/m³ einen Anteil von 1 v.H. des NO2-Immissionswertes von 40 Mikrogramm/m³ nach Tabelle 1 der TA Luft überschreitet, ist entgegen der Rechtsauffassung des Klägers ohne rechtliche Bedeutung. Der Kläger zielt mit seinem dementsprechenden Hinweis auf die Empfehlung des Länderausschusses für Immissionsschutz (LAI) - Unterausschüsse Luft/Technik und Luft/Überwachung - vom 21./22. September 2004 ab. Danach kann bei der Anwendung von Nr. 4.2.2 TA Luft grundsätzlich "bei der Verhältnismäßigkeitsüberprüfung davon ausgegangen werden, dass bei einer Zusatzbelastung von maximal 1 % des Immissions-Jahreswertes keine über den Stand der Technik hinausgehenden Maßnahmen zur Luftreinhaltung mehr gefordert werden können, da dann der Aufwand für die sich dann ergebende Minderung des Massenstroms nicht mehr verhältnismäßig ist". Die Regelung in Nr. 4.2.2 TA Luft ist indessen im vorliegenden Fall bezüglich der zu erwartenden Stickstoffdioxidbelastung nicht anwendbar, denn die NO2 - Zusatzbelastung bewegt sich im gesamten Beurteilungsgebiet unterhalb der Irrelevanzschwelle. Nach Nr. 4.1 Satz 4 Buchst. c TA Luft ist der Belastungsbeitrag folglich ohne Rücksicht auf die Ermittlung der Kenngrößen für die Vor- und Gesamtbelastung irrelevant, da davon ausgegangen wird, dass durch diese durchgängig irrelevante Zusatzbelastung per se kein relevanter Beitrag zur Luftbelastung im Beurteilungsgebiet geleistet wird (Nr. 4.1 Satz 5 TA Luft).

Der angegriffenen Genehmigung steht zudem nicht - wie vom Kläger unter Punkt 3.2.1. der Klagebegründung vom 14. Juli 2008 gerügt - eine Überschreitung des in § 3 Abs. 4 der 22. BImSchV festgelegten Immissionsgrenzwertes von 40 Mikrogramm/m³ NO2 entgegen. Dieser Grenzwert ist für das hier vorliegende Verfahren schon deshalb nicht von Bedeutung, weil der in der vorgenannten Bestimmung zum Schutz der menschlichen Gesundheit festgelegte Immissionsgrenzwert erst ab 1. Januar 2010 einzuhalten ist und die Regelung in Bezug auf die Erteilung immissionsschutzrechtlicher Genehmigungen keine rechtlichen Vorwirkungen äußert (Hess. VGH, Urteil vom 24.09.2008 - 6 C 1600/07.T -, DVBl. 2009, 186 [189]). Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Genehmigungsbescheides - maßgeblicher Zeitpunkt ist der der behördlichen Entscheidung am 29. Februar 2008 (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11.01.1991 - 7 B 102.90 -, Buchholz 406.25 § 4 BImSchG Nr. 5) - könnte folglich allenfalls der gemäß § 3 Abs. 5 in Verbindung mit Abs. 4 der 22. BImSchV für das Jahr 2008 geltende Grenzwert von 44 Mikrogramm/m³ NO2 bedeutsam sein. Dieser Immissionsgrenzwert wurde im Jahre 2007 in dem hier maßgeblichen Ballungsraum Rhein-Main (vgl. § 9 Abs. 2 Satz 1 der 22. BImSchV) an verschiedenen Messstationen, darunter auch an der Messstation Frankfurt-Höchst, mit einem Jahresmittelwert von 47 Mikrogramm/m³ NO2, überschritten (vgl. Lufthygienischer Jahresbericht 2007 des Hessischen Landesamtes für Umwelt und Geologie, S. 6). Diese Überschreitung des Immissionsgrenzwertes ist für die Rechtmäßigkeit der erteilten Genehmigung indessen nicht relevant.

Der Kläger weist zwar zu Recht darauf hin, dass weder die Richtlinie 96/62/EG des Rates vom 27. September 1996 über die Beurteilung und die Kontrolle der Luftqualität (ABl. L. 296 vom 21.11.1996, S. 55) noch die hierzu ergangene "Tochterrichtlinie" 1999/30/EG des Rates vom 22. April 1999 über Grenzwerte für Schwefeldioxid, Stickstoffdioxid und Stickstoffoxide, Partikel und Blei in der Luft (ABl. L. 163 vom 29.06.1999, S. 41) oder die zur Umsetzung der vorgenannten Richtlinien erlassene 22. BImSchV Ausnahmen von den Grenzwerten für die vorgenannten Luftschadstoffe vorsehen. Die Einhaltung der Grenzwerte der 22. BImSchV ist indessen keine Voraussetzung für die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für eine Anlage, die - wie die vorliegende - durch ihre Emissionen zu der Schadstoffbelastung in dem durch die Überschreitung des Grenzwertes betroffenen Gebiet beitragen wird.

Die oben genannten Luftqualitätsrichtlinien der EG und die 22. BImSchV richten sich nicht an die Anlagenbetreiber, sondern an die Mitgliedstaaten bzw. an die Behörden, denen zur Erreichung bestimmter Ziele zur Luftreinhaltung Pflichten auferlegt werden. Zu diesem Zweck werden Immissionsgrenzwerte, Toleranzmargen und Alarmschwellen festgelegt. Um zu erreichen, dass die Immissionsgrenzwerte und Alarmschwellen nicht überschritten werden, müssen die Mitgliedstaaten bzw. die zuständigen Behörden Luftreinhalte- und Aktionspläne aufstellen oder andere Maßnahmen ergreifen. Ein auf die Verminderung von Stickstoffoxiden oder Stickstoffdioxid im Ballungsraum Rhein-Main oder im Gebiet der Stadt B-Stadt abzielender Aktionsplan nach § 47 Abs. 2 BImSchG bestand zu dem hier maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Genehmigungsbescheides nicht. Der Aktionsplan für die Stadt B-Stadt vom 25. Oktober 2005 beinhaltete - anders als der im August 2008 erlassene Aktionsplan B-Stadt 2008 - lediglich konkrete Maßnahmen zur Reduzierung des Feinstaubs (PM10). Es besteht entgegen der Rechtsauffassung des Klägers aber keine Verpflichtung der Behörde, in Ermangelung eines Aktionsplans die Einhaltung der Grenzwerte vorhabenbezogen durch Versagung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung sicherzustellen. Die Grenzwerte stehen in unmittelbarem Zusammenhang mit dem in Umsetzung der gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben normierten System der Luftreinhalteplanung in Form eines abgestuften Regelungsmechanismus, der Grenzwertüberschreitungen immissionsquellenunabhängig begegnen soll. Zwar werden hierdurch - wie die Formulierung des § 45 Abs. 1 Satz 2 BImSchG zeigt - auf Einhaltung der Grenzwerte gerichtete Maßnahmen außerhalb der Luftreinhalteplanung nicht ausgeschlossen, auf die in Ermangelung eines Aktionsplans zur Abwehr von Gesundheitsgefahren ggf. auch ein Anspruch Dritter bestehen kann. Die durch das Gemeinschaftsrecht gewährte Freiheit der Wahl zwischen den zur Einhaltung der Grenzwerte geeigneten Mitteln, die auch durch die Regelungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der 22. BImSchV nicht beschränkt wird, gilt jedoch auch insoweit und schließt eine Verpflichtung der Behörde, die Einhaltung der Grenzwerte vorhabenbezogen zu garantieren, aus (BVerwG, Urteile vom 26.05.2004 - 9 A 6.03 -, BVerwGE 121, 57 [61] und vom 27.09.2007 - 7 C 36.07 -, BVerwGE 129, 296).

Ein Zusammenhang zwischen den EG-Luftreinhalterichtlinien bzw. der 22. BImSchV und den Genehmigungsvorschriften des nationalen Rechts einschließlich der diese Bestimmungen konkretisierenden Regelungen der TA Luft besteht lediglich insoweit, als auf dieser Grundlage keine Luftverunreinigungen zugelassen werden dürfen, deren Vermeidung nach den EG-Richtlinien und der 22. BImSchV gerade sicherzustellen ist. Deshalb darf zwischen den Immissionswerten der TA Luft und den Grenzwerten der Richtlinien und der 22. BImSchV kein Widerspruch auftreten. Ein solcher Widerspruch besteht auch nicht, denn die Grenzwerte aus den oben genannten Luftqualitätsrichtlinien wurden - mit Ausnahme des Wertes für Kohlenmonoxid - in gleicher Höhe, mit denselben Bezugszeiträumen und mit denselben zulässigen Überschreitungshäufigkeiten in die TA Luft übernommen (vgl. dazu: Hansmann in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band II, Stand: August 2002, 3.2 TA Luft Vorb. Rdnr. 17; derselbe in: NVwZ 2003, 266 [267]; Jarass, Luftqualitätsrichtlinien der EU und die Novellierung des Immissionsschutzrechts, in: NVwZ 2003, 257 [263]). Durch die Kongruenz der Immissionswerte der TA Luft und der Grenzwerte der 22. BImSchV ist grundsätzlich sichergestellt, dass durch die Erteilung der Genehmigung das mit den EG-Richtlinien und der 22. BImSchV verfolgte Ziel der Einhaltung der Immissionsgrenzwerte nicht gefährdet wird. Dies gilt auch für die Anwendung der in der TA Luft enthaltenen Irrelevanz- und Bagatellgrenzen. Bedenken gegen die Europarechtskonformität dieser Irrelevanzgrenzen bestehen mit Rücksicht darauf, dass durch die EG-Luftreinhalterichtlinien nur signifikante Luftverunreinigungen erfasst werden sollen, nicht. Damit ist für die Beurteilung der Genehmigungsvoraussetzungen für immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftige Anlagen nach wie vor - allein - auf die Genehmigungsvorschriften des Bundes-Immissionsschutzgesetzes einschließlich der normkonkretisierenden Bestimmungen der TA Luft und damit grundsätzlich auch auf die darin geregelten Bagatell- und Irrelevanzregelungen abzustellen (Hess. VGH, Urteil vom 24.09.2008 - 6 C 1600/07.T -, a.a.O., mit weiteren Nachweisen).

Ein Anspruch des Betreibers auf Genehmigungserteilung besteht nach § 6 Abs. 1 BImSchG unter der Voraussetzung, dass sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 BImSchG und einer auf Grund des § 7 BImSchG erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden, und andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen. Da die Vorschriften der 22. BImSchV keine Pflichten des Anlagenbetreibers normieren und vorhabenbezogene Anforderungen aus einem Luftreinhalte- oder Aktionsplan nach § 47 Abs. 1 bzw. 2 BImSchG als sonstige öffentlich-rechtliche Vorschriften im Sinne von § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG fehlen, richtet sich die Erfüllung der Schutz- und Vorsorgepflichten des Anlagenbetreibers allein nach § 5 BImSchG und nach den zur Konkretisierung dieser Pflichten erlassenen Bestimmungen der TA Luft. Ist den dort geregelten Anforderungen - wie im vorliegenden Fall - genügt, hat die zuständige Behörde die Genehmigung auch dann zu erteilen, wenn durch den Betrieb der Anlage ein zusätzlicher Beitrag zu der überhöhten Belastung des Gebiets durch einen von der 22. BImSchV erfassten Schadstoff geleistet wird.

Für die weitergehende, letztlich zu einem vollständigen Genehmigungsstopp führende Forderung des Klägers, bei festgestellten Überschreitungen des Immissionsgrenzwertes dürften keinerlei weitere Zusatzbelastungen mit dem betreffenden Schadstoff zugelassen werden, besteht folglich auch mit Blick auf das Europarecht keine Grundlage. Die Sichtweise des Klägers entspricht auch nicht der Auffassung der Europäischen Kommission. Diese hat in einer Antwort auf die schriftliche Anfrage von Abgeordneten der Fraktion Verts/ALE (E-2866/07DE) - Bl. 1345 ff. der Behördenakten - betont, dass sie in der beabsichtigten Zulassung weiterer Belastungen mit Stickstoffdioxid durch Anlagen in Frankfurt-Höchst keine Zuwiderhandlung gegen das Minimierungsgebot in der Richtlinie 1999/30/EG sieht. Im Einzelnen wird hierzu ausgeführt:

"Eine weitere Verschmutzung lässt sich bisweilen nicht vermeiden, weil der sozioökonomische Fortschritt und sogar Maßnahmen zur Verbesserung des betrieblichen Umweltschutzes neue Emissionen erzeugen können (so kann die Verbrennung von Abfällen die Umweltbelastung durch Geländeauffüllung wesentlich verringern und als Energiequelle genutzt werden)."

Eine strengere Behandlung minimaler Belastungsbeiträge im nationalen Recht anderer Mitgliedstaaten - wie sie der Kläger unter Hinweis auf eine Entscheidung des niederländischen Staatsrats für die Niederlande behauptet - ist, da allein auf das deutsche Recht abzustellen ist, ohne Relevanz.

Über eventuelle nachträgliche Anforderungen an den Betrieb der Anlage ist ggf. nach Erlass eines Aktionsplanes im Rahmen eines integrierten, den Verursachungsbeiträgen der verschiedenen Emittenten entsprechenden Konzepts zu entscheiden. Dem hat die Genehmigungsbehörde durch die Bedingung in Nr. 8.3.1 des Bescheides hinreichend Rechnung getragen.

c) Nichteinhaltung des Benzo(a)pyren -Zielwertes

Die mit der Klage erhobene weitere Rüge, durch die von der Anlage ausgehenden Schadstoffbelastungen werde der Zielwert für Benzo(a)pyren gem. § 15 der 22. BImSchV von 1 ng/m³ als über ein Kalenderjahr gemittelter Gesamtgehalt in der PM10-Fraktion verfehlt, ist ebenfalls von dem Einwendungsausschluss nach § 2 Abs. 3 Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz umfasst. In dem Schreiben des Klägers vom 18. Januar 2007 an die Genehmigungsbehörde findet der jetzt beanstandete Verstoß gegen die Zielwertbestimmung in § 15 der 22. BImSchV durch überhöhten Schadstoffeintrag mit Benzo(a)pyren keine Erwähnung, obwohl sich die von dem Kläger zur Begründung seiner diesbezüglichen Beanstandungen herangezogenen Daten vollständig aus der mit dem Genehmigungsantrag vorgelegten Immissionsprognose ergeben.

Im Übrigen hätte die Rüge des Klägers auch in der Sache keinen Erfolg.

Für die Rechtmäßigkeit des Genehmigungsbescheides ist die von dem Kläger (Punkt 3.2.2 der Klagebegründung vom 14.07.2008) problematisierte Einhaltung des Zielwertes nach § 15 der 22. BImSchV irrelevant. Es kommt deshalb nicht entscheidend darauf an, ob die Genehmigungsbehörde auf der Basis der vorgelegten Immissionsprognose zu Recht eine maximale Zusatzbelastung für Benzo(a)pyren von 0,39 ng/m³ zu Grunde gelegt und auf Grund der Vorbelastungssituation eine Gesamtkonzentration von 1,09 ng/m³ errechnet hat. Ebenso wenig muss der Frage nachgegangen werden, ob dieser Wert durch Rundung entsprechend Nr. 2.9 der TA Luft auf einen dem Zielwert der 22. BImSchV entsprechenden Wert zu reduzieren ist.

Abgesehen davon, dass § 16 Abs. 1 der 22. BImSchV die Einhaltung der Zielwerte erst ab dem 31. Dezember 2012 vorschreibt, werden durch § 15 der 22. BImSchV keine für die Errichtung und den Betrieb immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftiger Anlagen verbindlichen Grenz- oder Richtwerte normiert.

Die Festlegung der Zielwerte für verschiedene Schadstoffe in der vorgenannten Bestimmung erfolgte durch die Erste Änderungsverordnung vom 27. Februar 2007 (BGBl. I S. 241) zur Umsetzung der Richtlinie 2004/107/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 2004 über Arsen, Kadmium, Quecksilber, Nickel und polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe in der Luft (ABl. 2005 L 23 S. 3). In den Erwägungsgründen 5 und 6 der vorgenannten Richtlinie wird darauf hingewiesen, dass es sich bei den Zielwerten um ausschließlich an die Mitgliedsstaaten gerichtete Vorgaben mit der Verpflichtung handelt, sämtliche unter Kostengesichtspunkten verhältnismäßige und effiziente Maßnahmen zur Erreichung der Belastungsgrenzen zu ergreifen, nicht jedoch um Umweltqualitätsnormen im Sinne von Art. 2 Nr. 7 der Richtlinie 96/61/EG, die nach Art. 10 dieser Richtlinie strengere Auflagen als die erfordern, die unter Einsatz der besten verfügbaren Techniken zu erfüllen sind. In der Begründung zur Ersten Änderungsverordnung zur 22. BImSchV (BT-Drucks. 16/574, S. 17) wird unter Bezug auf die erwähnten Erwägungen ergänzend klargestellt, dass es sich bei den Zielwerten nicht um durch Richtlinien der Europäischen Gemeinschaften bestimmte Grenzwerte zum Schutz der menschlichen Gesundheit u.a. für Polyzyklische Aromatische Kohlenwasserstoffe handelt, die nach Nr. 4.2.1 Satz 2 TA Luft mit Umsetzung in deutsches Recht als Immissionswerte im Sinne von Nr. 4.2.1 TA Luft gelten. Wie die Immissionsgrenzwerte nach §§ 3 bis 7 der 22. BImSchV sind auch die Zielwerte gemäß § 15 der 22. BImSchV in das in Umsetzung der gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben normierte System der Luftreinhalteplanung eingebettet, das dem Grundsatz nach nicht vorhabenbezogen, sondern quellenunabhängig ausgerichtet ist. Auch insoweit gibt es grundsätzlich keine Verpflichtung der zuständigen Behörden, die Erreichung der Zielwerte durch auf bestimmte Vorhaben bezogene Maßnahmen oder durch Versagung einer Genehmigung zu garantieren.

Für den Betreiber einer Abfallverbrennungsanlage sind bezüglich seiner für die Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nach § 6 BImSchG maßgeblichen Pflichten nach § 5 BImSchG in Folge dessen allein die Emissionsgrenzwerte der 17. BImSchV als Ausfluss der Forderung nach Einsatz der nach gegenwärtigem Stand zur Reduzierung von Schadstoffen verfügbaren besten Technik maßgeblich. Wird dem Betreiber einer Abfallverbrennungsanlage - wie hier in Nr. 8.3.2 des Genehmigungsbescheides geschehen - die Einhaltung der Grenzwerte nach der 17. BImSchV aufgegeben, ist grundsätzlich nicht nur dem Vorsorgegebot nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG, sondern in aller Regel auch der Schutzpflicht des Betreibers nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG genügt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10.06.1998 - 7 B 25.98 -, Buchholz 406.25 § 5 BImSchG Nr. 24). Bedenken daran, dass der für die vorliegende Anlage festgelegte, u.a. für Benzo(a)pyren geltende Summengrenzwert nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. c) der 17. BImSchV eingehalten werden wird, sind von dem Kläger nicht vorgetragen worden und sind auch im Übrigen nicht ersichtlich.

Ihrer aus § 16 Abs. 2 der 22. BImSchV folgenden Verpflichtung zur Ergreifung geeigneter Maßnahmen zur Verhinderung einer Überschreitung der Zielwerte nach der 22. BImSchV ist die Genehmigungsbehörde durch Beifügung der Nebenbestimmung in Nr. 8.2.26 des Genehmigungsbescheides hinreichend nachgekommen.

d) Sonderfallprüfung für Chrom VI

Mit seinem unter Bezug auf Punkt 9 des Gutachtens Y erhobenen Vorwurf, die im Rahmen der Immissionsprognose in der Umweltverträglichkeitsuntersuchung für den 80 m-Schornstein angegebene Zusatzbelastung mit Chrom VI sei nicht nachvollziehbar und es sei - mit der Notwendigkeit einer Sonderfallprüfung - zu befürchten, dass bei einer korrekten Berechnung der Zusatzbelastungen die Irrelevanzschwelle des LAI für Chrom VI von 0,051ng/m³ überschritten werde, ist der Kläger präkludiert. Seine diesbezüglichen auf den Inhalt der Antragsunterlagen bezogenen Einwendungen hätte der Kläger bereits im Verlauf der Einwendungsfrist gelten machen können und müssen; da sie sich thematisch den mit Schreiben vom 18. Januar 2007 erhobenen Einwendungen nicht zuordnen lassen, ist der Kläger damit im Gerichtsverfahren ausgeschlossen.

e) Abfallinput

Erfolglos macht der Kläger unter Bezug auf die Ausführungen seines sachverständigen Beistands unter Punkt 2.1.1 seines Gutachtens geltend, der Genehmigungsbescheid lege im Vergleich zu anderen EBS-Verbrennungsanlagen, z. B. in Korbach oder Rheinberg, extrem hohe Schadstoffgehalte fest. Die Rüge des Gutachters bezieht sich auf die auf Seite 6 des Genehmigungsbescheides enthaltene tabellarische Aufstellung, in der der größte Gehalt an Schadstoffen in den zur Verbrennung zugelassenen Abfällen bestimmt wird. Der Einwand des Gutachters zielt damit entgegen der Überschrift des betreffenden Abschnitts 2.1.1 nicht nur auf Schwermetalle, sondern auf sämtliche in der erwähnten Tabelle aufgeführten Schadstoffe, d.h. auch auf das in Abschnitt 2.1.2 gesondert behandelte Chlor bzw. Chlorid. Durch die Wiedergabe der Werte in der genannten Tabelle hat die Genehmigungsbehörde ihrer Verpflichtung nach § 21 Abs. 3 Nr. 5 der 9. BImSchV entsprochen, auf der Grundlage der entsprechenden Daten in den Antragsunterlagen (vgl. § 4a der 9. BImSchV) Angaben über den größten Gehalt an Schadstoffen in den zur Verbrennung zugelassenen Abfällen in den Bescheid aufzunehmen. Da weder in den vorgenannten Bestimmungen der 9. BImSchV noch an anderer Stelle Regelungen über Höchstgrenzen des Abfallinputs enthalten sind, können entgegen der im Gutachten Y vertretenen Auffassung allein aus der Höhe der Festsetzungen zum Höchstgehalt an Schadstoffen in den angenommenen Abfällen im Genehmigungsbescheid keine Anhaltspunkte für die Rechtswidrigkeit dieser Regelung hergeleitet werden. Maßgeblich ist vielmehr, ob durch die Verbrennung von Abfällen in der genehmigten Größenordnung schädliche Umwelteinwirkungen ausgehen und ob hierdurch den Anforderungen an die Vorsorge vor Schadstoffbelastungen genügt werden kann. In welcher Höhe der Schadstoffgehalt in Abfällen bei anderen Verbrennungsanlagen zugelassen wurde, ist für die hier in Frage stehende Anlage im Übrigen bedeutungslos. Der weitere Einwand des Gutachters, im Genehmigungsbescheid fehle es an zureichenden Bestimmungen für den Fall der Anlieferung eines mit verschiedenen Schwermetallen belasteten Abfalls, so dass - entgegen der Zulassung nur für nicht gefährliche Abfalle - theoretisch Ersatzbrennstoffe mit mehreren der in der Tabelle des Genehmigungsbescheides genannten Stoffe mit ihrem jeweiligen Höchstgehalt verwendet werden könnten, geht fehl. In dem Bescheid ist durch eine der Tabelle beigefügte Fußnote ausdrücklich bestimmt, dass Abfälle, die mit einem Maximalgehalt der in der Tabelle durch * gekennzeichneten Schadstoffparameter angeliefert werden, dann keine - zugelassenen - ungefährlichen Abfälle mehr sind, wenn andere gefährlichkeitsrelevante Parameter im Ersatzbrennstoff enthalten sind. Mit Rücksicht hierauf konnte sich die Genehmigungsbehörde darauf beschränken, die gefährlichen Abfälle durch Rückgriff auf die Bestimmungen der Abfallverzeichnis-Verordnung vom 10. Dezember 2001, BGBI. I S. 3379 - AVV -, und den Abfallschlüssel in Anlage zu § 2 Abs. 1 AVV (vgl. Nr. 6.2.1 des Bescheides) von der Verbrennung auszuschließen. Damit sind die vom sachverständigen Beistand des Klägers geäußerten Bedenken gegen die Bestimmtheit bzw. Vollziehbarkeit des Genehmigungsbescheids in Bezug auf die Höhe der Schwermetallkonzentrationen des Abfallinputs - auch unter Berücksichtigung der Ausführungen des Klägers im Schriftsatz vom 20. Juli 2009 - ausgeräumt.

Soweit im Gutachten Y schließlich gerügt wird, in den Antragsunterlagen hätten notwendige Angaben nach § 4a Abs. 3 Nr. 4 der 9. BImSchG zum größten Gehalt an Schadstoffen in den zur Verbrennung vorgesehenen Abfällen gefehlt und die Behörde sei insoweit ihren Prüfungspflichten nicht nachgekommen, da sie die Beigeladene um eine Ergänzung ihres Genehmigungsantrags hätte bitten müssen, ist der Kläger mit diesem Einwand ausgeschlossen. Die Rüge der fehlenden Angaben hätte der Kläger bereits im Verlauf der Einwendungsfrist - erforderlichenfalls unter Einschaltung des sachverständigen Beistands bereits zu diesem Zeitpunkt - geltend machen können und müssen; da sich die Rüge thematisch den mit Schreiben vom 18. Januar 2007 erhobenen Einwendungen nicht zuordnen lässt, ist der Kläger damit auch im Gerichtsverfahren ausgeschlossen.

Bei seinem im Gutachten unter Punkt 2.1.2 geäußerten Vorbehalt, Chlor eigne sich wegen seines Aggregatzustandes und seiner Giftigkeit nicht zur Verbrennung in einer Abfallverbrennungsanlage, wird nicht berücksichtigt, dass Chlor in Abfällen nicht in seiner gasförmigen Ausgangsform, sondern in Form von chemischen Verbindungen enthalten ist. In entsprechenden Behältnissen angeliefertes gasförmiges Chlor ist demgegenüber, worauf der Beklagte zu Recht hinweist, als gefährlicher Abfall als Input in der EBS-Verbrennungsanlage nicht zugelassen.

Einer besonderen Klarstellung im Genehmigungsbescheid bedurfte es insoweit nicht.

Unter Punkt 2.1.3 des Gutachtens Y wird Kritik an dem Vorgehen der Behörde im Genehmigungsverfahren und zum Inhalt des Genehmigungsbescheides bezüglich des Verbrennungsdurchsatzes geübt. Mit der Rüge, der Betriebsbereich der Feuerungsanlage sei nicht hinreichend bestimmt, weil die Genehmigungsbehörde es unterlassen habe, im Genehmigungsverfahren von der Beigeladenen ein Feuerungsleistungsdiagramm (FLD) anzufordern, das Angaben zu den maximalen und minimalen Heizwerten sowie zu den maximalen und minimalen stündlichen Durchsätzen einer Verbrennungsanlage enthalte und hierdurch die in § 4a Abs. 3 Nr. 2 und 3 der 9. BImSchV geforderten Angaben konkretisiere, ist der Kläger im Gerichtsverfahren wiederum ausgeschlossen, da auch diese Rüge nicht mit den im Schreiben vom 18. Januar 2007 erhobenen Einwendungen korrespondiert.

Soweit der Gutachter in dem vorgenannten Abschnitt 2.1.3 ferner beanstandet, in dem Genehmigungsbescheid sei unter Nr. 3 ein gänzlich unrealistischer und damit fehlerhafter Mindestdurchsatz von 0 t/h festgelegt, werden die besonderen Verhältnisse der genehmigten EBS-Verbrennungsanlage außer Betracht gelassen. Wie der Beklagte auf den Hinweis des Gutachters, der Betrieb einer Abfallverbrennungsanlage sei erst ab einem bestimmten Mindestdurchsatz an Abfällen möglich, überzeugend erläutert hat, ist die vorliegende Anlage nicht als Kraftwerk im Dauerbetrieb mit strikten Energielieferpflichten ausgelegt, sondern dient als zusätzliche Anlage der preisgünstigen, autarken Energieversorgung des Industrieparks Höchst, insbesondere für Ausfallzeiten. Die EBS-Anlage könne, etwa wenn Grenzwerte nicht eingehalten würden oder keine Ersatzbrennstoffe zur Verfügung stünden, außer Betrieb gesetzt werden. Zum (Wieder)-Anfahren und zur Warmhaltung des Kessels müsse die Verbrennungsanlage in einem reinen Gasbetrieb (Erdgas) gefahren werden, da die Beschickung der Verbrennungsanlage mit Ersatzbrennstoffen erst bei Erreichen der Mindesttemperatur möglich sei. Ebenso könne eine Beschickung nur so lange erfolgen, wie die Mindesttemperatur aufrecht erhalten werde, und die Beschickung sei zu unterbrechen, wenn es in Folge eines Ausfalls oder einer Störung von Rauchgasreinigungseinrichtungen zur Überschreitung eines kontinuierlich überwachten Emissionsgrenzwertes kommen könne. Insofern sei der Betrieb der Anlage mit einem Abfalldurchsatz von null Tonnen pro Stunde formal zulässig und opportun. Die Nebenbestimmungen 8.2.10, 8.2.17 bis 8.2.22 sowie 8.6.2 bis 8.6.8 im Genehmigungsbescheid vom 29. Februar 2008 regelten in diesem Sinne die Umsetzung der materiellen Anforderungen aus der 17. BImSchV. Diesen nachvollziehbaren und überzeugenden Ausführungen ist der Kläger nicht entgegen getreten.

Zu Unrecht wirft der Gutachter der Behörde darüber hinaus vor (Abschnitt 2.1.4 des Gutachtens), sie habe in der Regelung über die Heizwerte der zur Verbrennung zugelassenen Abfälle (Nr. 4 des Bescheides) und in der Nebenbestimmung in Nr. 8.2.7 unter Missachtung der Forderung in § 21 Abs. 3 Nr. 3 (gemeint ist offenbar Nr. 4) der 9. BImSchV, die kleinsten und größten Heizwerte der zur Verbrennung zugelassenen Abfalle anzugeben, eine eindeutige Festlegung auf ein bestimmtes Heizwertband vermieden. Dies ist unrichtig, denn die oben genannte Regelung über die minimalen und maximalen Heizwerte ist ungeachtet des Wortes "können" als konkrete Festlegung auf die dort genannte Werte zu verstehen.

Soweit der Gutachter in seinen Ausführungen zu den Eingangskontrollen (Punkt 2.2 des Gutachtens) die Erarbeitung eines Qualitätssicherungssystems schon im Genehmigungsverfahren vermisst, ist der Kläger mit dieser Rüge im vorliegenden gerichtlichen Verfahren ausgeschlossen. Da die Beigeladene mit den Antragsunterlagen kein entsprechendes Konzept vorgelegt hatte, hätte der Kläger die Genehmigungsbehörde vor Ablauf der Einwendungsfrist auf diesen aus seiner Sicht bestehenden Mangel hinweisen müssen. Die Forderung des Klägers nach einer bereits bei Genehmigung fertig ausgestalteten Qualitätskontrolle ist auch in der Sache unberechtigt. Das Erfordernis einer ausreichenden Inputkontrolle wird durch die entsprechenden allgemeinen Bestimmungen in Nr. 6.3.1 und 6.3.2 und die Auflage zur Vorlage eines Qualitätssicherungskonzepts in Nr. 6.3.3 ausreichend gewährleistet. Die Notwendigkeit, schon vor Inbetriebnahme jedes erdenkliche Risiko durch eine fehlerhafte Annahmekontrolle auszuschließen, besteht nicht (vgl. Thüringer OVG, Beschluss vom 22.02.2006 -1 EO 708/05 -, Juris, Rdnr. 96).

In Bezug auf die vom Gutachter des Weiteren geforderten Radioaktivitätskontrollen führt der Beklagte in seiner Erwiderung überzeugend aus, eine Untersuchung des Inputs auf Radioaktivität werde im BvT-Merkblatt (Merkblatt über beste verfügbare Techniken für Großfeuerungsanlagen, in teilweiser deutscher Übersetzung veröffentlicht vom Umweltbundesamt, Juli 2006) nicht generell empfohlen, sondern nur für gemischte Siedlungsabfälle, Krankenhausabfälle und in Anlagen zur Verbrennung von gefährlichen Abfällen; auf eine Anlage zur Verbrennung von vorbehandelten und qualitätsgeprüften, nicht gefährlichen Abfällen könne diese Empfehlung nicht übertragen werden. Mindestens unter derzeitigen Verhältnissen bestehe keine Veranlassung, in EBS-Verbrennungsanlagen grundsätzlich die Einrichtung von Detektoren für Radioaktivität vorzusehen.

Der Kläger ist diesen Ausführungen zwar entgegengetreten (vgl. S. 10 des Schriftsatzes vom 20. Juli 2009); die Beigeladene hat indessen zu Recht darauf hingewiesen, dass der Kläger auch mit dieser Einwendung im Gerichtsverfahren ausgeschlossen ist, da er sie im Schreiben vom 18. Januar 2007 nicht erhoben hat.

Unter Punkt 3 seines Gutachtens beschäftigt sich der sachverständige Beistand des Klägers mit der Leistungsfähigkeit der Rauchgasreinigung und kommt mittels Schwermetallbilanzierungen anhand einiger ausgewählter Szenarien zu dem Ergebnis, dass sowohl bei hohen Gehalten an Quecksilber als auch bei hohen Gehalten an Cadmium und Arsen Einzel- bzw. Summengrenzwerte der 17. BImSchV überschritten würden. Die Rauchgasreinigung wäre - so der Gutachter - nicht in der Lage, beim Auftreten von hohen Gehalten dieser Stoffe im Abfallinput - wie in der Bilanzierung angenommen - die im Genehmigungsbescheid festgelegten Grenzwerte einzuhalten. Die Genehmigungsbehörde sei in diesem Punkt ihrer Prüfpflicht nicht in ausreichendem Maße nachgekommen.

Der Kläger hätte auch diese - in der mündlichen Verhandlung nochmals bekräftigte - Rüge bereits während der Einwendungsfrist geltend machen können und müssen. Er orientiert sich dabei zwar an der Nebenbestimmung 8.3.2 des Genehmigungsbescheids vom 29. Februar 2008. Dass die geplante Anlage anhand ausgewählter Szenarien nicht in der Lage sein wird, die in § 5 Abs. 1 der 17. BImSchV enthaltenen Emissionsgrenzwerte einzuhalten, hätte der Kläger jedoch auch ohne Kenntnis des Genehmigungsbescheids fristgerecht einwenden können. Da sich diese Rüge thematisch den mit Schreiben vom 18. Januar 2007 erhobenen Einwendungen nicht zuordnen lässt, ist der Kläger damit auch im Gerichtsverfahren ausgeschlossen.

Unabhängig davon ist die Rüge auch in der Sache unberechtigt. Der Beklagte hat den Einwand des Gutachters Y, die Rauchgasreinigung werde nicht in der Lage sein, beim Auftreten hoher Gehalte an Schwermetallen im Abfallinput die im Genehmigungsbescheid festgelegten Grenzwerte einzuhalten, mit überzeugenden Argumenten entkräftet. Er hat zum einen darauf hingewiesen, dass es sich bei den gewählten Inputbeschränkungen um Maximalwerte im Sinne von Grenzwerten handele, nicht um Betriebswerte. Als Betriebswerte seien auf Grund von Literaturangaben Werte zu erwarten, welche die im Genehmigungsbescheid festgelegten Höchstwerte für Schadstoffgehalte weit unterschritten. Zum anderen hat er dargelegt, dass es für die geplante und genehmigte EBS-Anlage der Beigeladenen keine Referenzanlage gebe, die in gleicher verfahrenstechnischer Ausführung errichtet und betrieben werde. Die im Gutachten Y aufgeführten Bilanzierungen seien daher für die Anlage der Beigeladenen auch nur eingeschränkt bzw. bedingt aussagekräftig. Dass die Genehmigungsbehörde in einer solchen Situation empirische Untersuchungen in der Phase der warmen Inbetriebnahme zur Emissionsoptimierung der Fahrweise der EBS-Verbrennungsanlage bevorzugt, die sowohl die Anlagentechnik als auch die Betriebsführung der konkreten Anlage berücksichtigt, ist aus der Sicht des Senats nicht zu beanstanden. Die Behörde hat zu diesem Zweck die Nebenbestimmungen 8.2.5 und 8.2.17 in den Genehmigungsbescheid aufgenommen, die im Rahmen des Anfahr- und Probebetriebs (Phase der warmen Inbetriebnahme) gewährleisten sollen, dass die im Genehmigungsbescheid festgelegten Emissionsgrenzwerte sicher eingehalten werden.

Der sachverständige Beistand des Klägers nimmt unter Punkt 4 des Gutachtens ferner Bezug auf die Nebenbestimmung 8.2.4 des Genehmigungsbescheids und weist darauf hin, dass das geforderte An- und Abfahrprogramm schon vor Erteilung der Genehmigung von der Beigeladenen hätte vorgelegt und im Genehmigungsverfahren hätte geprüft werden müssen. Genau dies sei auch von einer Fachbehörde des Regierungspräsidiums Darmstadt, Abteilung Umwelt Frankfurt, mit Schreiben vom 29. November 2006 unter Hinweis auf einen Bericht des Bayerischen Landesamtes für Umweltschutz über PCDD/F-Emissionen bei Anfahrvorgängen von Müllverbrennungsanlagen gefordert worden. Auch mit dieser Rüge ist der Kläger - ungeachtet der Erwiderungen des Beklagten auf S. 11 des Schriftsatzes vom 16. Juni 2009 und der Beigeladenen auf S. 5 des Schriftsatzes vom 17. Juli 2009 - im Gerichtsverfahren ausgeschlossen, da sie mit den im Schreiben vom 18. Januar 2007 geltend gemachten Einwendungen nicht korrespondiert.

f) LKW-Verkehr

Schließlich rügt der sachverständige Beistand des Klägers unter Punkt 10 des Gutachtens - wie bereits im Einwendungsschreiben des Klägers vom 18. Januar 2007 geltend gemacht -, dass im Rahmen der Immissionsprognose die Emissionen des LKW-Verkehrs nicht berücksichtigt worden seien. Es sei nicht nachvollziehbar, wie der Beklagte zu der Auffassung komme, die vom Anlagenverkehr auf dem Werksgelände verursachten LKW-Emissionen seien selbst im Nahbereich irrelevant. Die Regelung der TA Luft, dass bei der Ermittlung der Massenströme die Emissionen im Abgas der gesamten Anlage einzubeziehen seien, ergebe nur dann einen Sinn, wenn auch bei der Berechnung der Immissionsprognose alle Emissionsquellen berücksichtigt würden. Dies bedeute, dass auch Orte mit zu berücksichtigen seien, an denen Menschen im näheren Umfeld der Anlage außerhalb des Betriebsgeländes beispielsweise beruflich tätig seien. Durch die Nichtberücksichtigung des LKW-Verkehrs im Nahbereich der Anlage sei die Genehmigungsbehörde ihrer Prüfpflicht nicht in ausreichendem Umfang nachgekommen. Der Beklagte hat darauf erwidert, dass die von den an- und abtransportierenden Lastkraftwagen ausgehenden Luftschadstoffemissionen für die im Industriepark Frankfurt-Höchst gelegenen Betriebe einschließlich der in der näheren Nachbarschaft gelegenen Betriebe bzw. für dort beschäftigte Personen keine schädlichen Umwelteinwirkungen hervorrufe. Anders als bei direkt in wenigen Metern Abstand von öffentlichen Verkehrswegen wohnenden Personen seien insbesondere Beschäftigte in Anlagen, die in 50, 100 oder mehr Metern Entfernung von der streitgegenständlichen Anlage lagen, keinen relevanten NO2-Emissionen mehr ausgesetzt. LKW-Abgase zögen zwar nicht direkt, aber nach einer relativ schmalen seitlichen Ausbreitung nach oben weg. Hinzu komme, dass sich Arbeitnehmer in Fremdbetrieben der hier vorliegenden Art eher selten in offenen Anlagenbereichen aufhielten, sondern überwiegend in geschlossenen Räumen (Steuerungsräume, Messwarten etc.). Überschneidungen der Schornsteinemissionen mit denen aus dem LKW-Verkehr lägen nicht vor. Im Übrigen weist er darauf hin, dass der in der Richtlinie 1999/30/EG des Rates über Grenzwerte u.a. für Stickstoffdioxid und Stickstoffoxide vom 22. April 1999 verwendete Begriff der "Luft" zwar grundsätzlich die Außenluft der Troposphäre umfasst, hiervon aber die Luft an Arbeitsplätzen ausdrücklich ausgenommen werde (Art. 2 Nr. 1). Ergänzend dazu hat die Beigeladene auf die Rüge des Klägers erwidert, der LKW-Verkehr sei aufgrund der Geringfügigkeit nicht berücksichtigt worden. Der durch die EBS-Anlage induzierte Verkehr liege im Promillebereich des bestehenden Verkehrs-Gesamtaufkommens am Kelsterbacher Knoten und im Prozentbereich des im Bereich des Südwerks stattfindenden Verkehrs. Nach den Planfeststellungsunterlagen zum Ausbau des Flughafens Frankfurt am Main hätten bei der Ist-Aufnahme im Jahr 2000 ca. 59.000 Verkehrsbewegungen von und zum Kelsterbacher Knoten stattgefunden. Die ca. 480 täglichen LKW-Fahrten von und zur EBS-Anlage machten daran gemessen 0,8 % aus; bezogen auf die 18.800 Verkehrsbewegungen am Tor Süd des Industrieparks Höchst liege ihr Anteil bei 2,5 %. Die Messstation Süd der X..., an der der Großteil des nach Norden fahrenden Schwerlastverkehrs obligatorisch vorbeifahren müsse, weise langjährig keine erhöhten, verkehrsinduzierten Immissionswerte für den bereits bestehenden Verkehr auf. Darüber hinaus würden durch LKW-Verkehr nur bodennahe Emissionen verursacht. Diese wirkten sich nur im unmittelbaren Nahbereich der Verkehrswege aus und seien aufgrund des geringen Anteils des EBS-induzierten Verkehrs am Verkehrsaufkommen selbst im Nahbereich irrelevant. Im Hinblick auf Gefährdungen der Nachbarbetriebe fänden die geplanten Verkehrsbewegungen auf der Südseite der EBS-Verbrennungsanlage statt, während sich die Nachbarbetriebe nord-westlich der Anlage befänden, so dass keine unmittelbare räumliche Nähe zu den Nachbarbetrieben oder zu einer Wohnbebauung gegeben sei.

Unabhängig davon, welche tatsachlichen und rechtlichen Schlussfolgerungen aus den Erwiderungen des Beklagten und der Beigeladenen zu ziehen sind, lassen sich dem Vorbringen des Klägers, insbesondere dem Gutachten Y, jedenfalls keine substantiierten Angaben dazu entnehmen, inwieweit der LKW-Verkehr im Nahbereich der Anlage zu einer Überschreitung der Irrelevanzschwelle für bestimmte Immissionswerte führen könnte.

C.

Nach alledem kann der Kläger auch mit seinem Hilfsantrag, bis zur Behebung der vom Gericht festgestellten Mängel des Genehmigungsbescheids vom 29. Februar 2008 die Vollziehung dieses Bescheids auszusetzen, nicht durchdringen.

D.

Der Kläger hat als Unterlegener die Kosten des Verfahrens zu tragen (§ 154 Abs. 1 VwGO). Es entspricht der Billigkeit, dem Kläger gem. § 162 Abs. 3 VwGO auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, denn diese hat sich durch ihren Klageabweisungsantrag einem Kostenrisiko ausgesetzt (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit wegen der Kosten beruht auf § 709 Satz 1 und 2 ZPO i. V. m. § 167 VwGO.

Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegen vor.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 30.000,00 € festgesetzt.

Gründe:

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG. Im vorliegenden Verfahren entspricht es der für die Festsetzung des Streitwertes maßgebenden, sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache, den Streitwert auf 30.000,- Euro festzusetzen.

Der Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung vom 7./8. Juli 2004 (NVwZ 2004, 1327) sieht bei Verbandsklagen die Festsetzung von mindestens 15.000,- Euro vor (Nr.1.2). Der Senat orientiert sich - ebenso wie das OVG Lüneburg im Beschluss von 17. Dezember 2008 -12 OA 347/08 - (NVwZ-RR 2009, 406) - an der Streitwertpraxis des Bundesverwaltungsgerichts, das den Streitwert in Verfahren von Naturschutzverbänden üblicherweise mit 30.000,- Euro bemisst (vgl. dazu: BVerwG, Beschl. v. 31.01.2006 - 4 B 49/05 -, NVwZ 2006, 823).

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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