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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 27.02.2008
Aktenzeichen: 6 C 883/07.T
Rechtsgebiete: AtG


Vorschriften:

AtG Anlage 3
AtG § 7 Abs. 1b
AtG § 7 Abs. 1d
Eine Übertragung der Reststrommenge des stillgelegten Kernkraftwerks Mülheim-Kärlich kommt lediglich auf die Kernkraftwerke Emsland, Neckarwestheim 2, Isar 2, Brokdorf, Grundremmingen B und C sowie bis zu einer Elektrizitätsmenge von 21,45 Terrawattstunden auf das Kernkraftwerk Biblis Block B in Betracht; eine Übertragung auf das Kernkraftwerk Biblis Block A scheidet dagegen nach den gesetzlichen Vorgaben aus.
HESSISCHER VERWALTUNGSGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Az.: 6 C 883/07.T

Verkündet am: 27. Februar 2008

In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Atom- und Strahlenschutzrechts

hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof - 6. Senat - durch

Vors. Richter am Hess. VGH Igstadt, Richter am Hess. VGH Jeuthe, Richter am Hess. VGH Heuser, Richterin am Hess. VGH Fischer, Richter am Hess. VGH Bodenbender, ehrenamtliche Richterin Böttcher, ehrenamtlichen Richter Fleckenstein

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 27. Februar 2008

für Recht erkannt: Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin ist Eigentümerin und Betreiberin der Kernkraftwerke Biblis Block A und Biblis Block B (Hessen) und begehrt die Zustimmung der Beklagten zur Übertragung von 30 Terrawattstunden (TWh) des Reststrommengen-Kontingents des stillgelegten Kernkraftwerks Mülheim-Kärlich (Rheinland-Pfalz) auf das Kernkraftwerk Biblis Block A.

Am 25. September 2006 stellte die Klägerin bei dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (im Folgenden: Bundesumweltministerium) einen Antrag auf Zustimmung zur Übertragung von 30 TWh aus der ihr für das Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich in Anlage 3 des Atomgesetzes - AtG - zugewiesenen Elektrizitätsmenge auf das Kernkraftwerk Biblis Block A und - hilfsweise - auf Zustimmung zur Übertragung von 30 TWh aus der für das Kernkraftwerk Emsland noch verfügbaren Reststrommenge auf das Kernkraftwerk Biblis Block A. Den Hauptantrag begründete die Klägerin damit, dass eine Übertragung von Strommengen aus dem Mülheim-Kärlich-Kontingent auf das Kernkraftwerk Biblis Block A nach § 7 Abs. 1d i. V. m. § 7 Abs. 1b Satz 2 AtG zustimmungspflichtig und auch zustimmungsfähig sei. Die begehrte Reststrommengenübertragung sei - so die weitere Begründung der Klägerin - aus wirtschaftlicher, unternehmerischer und volkswirtschaftlicher Sicht geboten. Die betriebswirtschaftliche Optimierung gehe nicht zu Lasten der Sicherheit, da das Kernkraftwerk Biblis Block A die sicherheitstechnischen Vorgaben des Atomgesetzes erfülle. Die Übertragung liege auch im öffentlichen Interesse.

Am 8. März 2007 übersandte das Bundesumweltministerium der Klägerin den Entwurf einer Teilentscheidung, mit der das Ministerium beabsichtigte, den Hauptantrag abzulehnen. Die Ablehnung wurde im Wesentlichen darauf gestützt, dass das Atomgesetz das Ministerium nicht ermächtige, einer Übertragung der Elektrizitätsmengen für das Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich auf das Kernkraftwerk Biblis Block A oder ein anderes in der Fußnote der Anlage 3 zum Atomgesetz nicht genanntes Kernkraftwerk zuzustimmen. Abweichend von der für andere Kernkraftwerke in § 7 Abs. 1b AtG getroffenen Regelung der Übertragungsvoraussetzungen enthalte das Atomgesetz für die in Anlage 3 Spalte 2 für das Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich aufgeführte Elektrizitätsmenge keine Differenzierung zwischen zustimmungsfreien und zustimmungspflichtigen Übertragungen. Diese Auslegung entspreche sowohl dem Wortlaut und der Systematik des Atomgesetzes als auch der Vereinbarung zwischen der Bundesregierung und den Energieversorgungsunternehmen vom 14. Juni 2000, die einschließlich der Beschränkungen der Übertragungsmöglichkeiten durch § 7 Abs. 1d AtG i. V. m. der Anlage 3 umgesetzt werden sollte, und stimme auch mit der Entstehungsgeschichte und dem Zweck der gesetzlichen Regelungen überein.

Die dem Entwurf beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung sah vor, dass Klage bei dem Verwaltungsgericht Köln erhoben werden könne.

Die Klägerin hat am 26. April 2007 bei dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof Untätigkeitsklage gem. § 75 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) erhoben.

Die sachliche und örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts stützt sie auf § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und § 52 Nr. 1 VwGO. Die von ihr - hauptsächlich - angestrebte Übertragung von Strommengen aus dem Mülheim-Kärlich-Kontingent auf das Kernkraftwerk Biblis Block A hält sie nach wie vor für zustimmungspflichtig und zustimmungsfähig.

Ein Leistungsbetrieb des Kernkraftwerks Mülheim-Kärlich und damit die Nutzung der auf das Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich entfallenden Elektrizitätsmengen durch Erzeugung im Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich selbst sei durch § 7 Abs. 1d AtG ausgeschlossen. Die Übertragbarkeit der auf das Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich entfallenden Strommenge sei damit Grundvoraussetzung für die Nutzung dieser Strommenge; übertragen werden könne sie - ganz oder teilweise - grundsätzlich auf sämtliche Kernkraftwerke der Anlage 3 Spalte 1 des Atomgesetzes. Die Übertragbarkeit sei in § 7 Abs. 1d AtG nicht auf bestimmte Kernkraftwerke eingeschränkt, insbesondere nicht auf die in der Fußnote der Anlage 3 des Atomgesetzes aufgeführten Anlagen. Vielmehr lasse § 7 Abs. 1d AtG die Übertragung des Mülheim-Kärlich-Kontingents unbeschränkt auf die dort - nämlich in Anlage 3 - aufgeführten Kernkraftwerke zu. Die Differenzierung zwischen den in der Fußnote der Anlage 3 aufgeführten und den sonstigen Kernkraftwerken diene allein der Zuordnung zustimmungsfreier und zustimmungspflichtiger Übertragungsmöglichkeiten der Strommengen des Kernkraftwerks Mülheim-Kärlich. Die Zustimmungspflichtigkeit bzw. Zustimmungsfreiheit der Übertragung von Strommengen des Kernkraftwerks Mülheim-Kärlich bestimme sich - anders als bei Übertragungen von sonstigen Kernkraftwerken - nicht nach einem Vergleich des Zeitpunkts der Aufnahme des Leistungsbetriebs von abgebender und aufnehmender Anlage; für das Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich sei nämlich im Unterschied zu allen anderen Kernkraftwerken in Anlage 3 des Atomgesetzes der Beginn des Leistungsbetriebs nicht ausgewiesen. Ein anderes Verständnis im Sinne einer eingeschränkten Übertragungsmöglichkeit der Strommenge des Kernkraftwerks Mülheim-Kärlich nur auf die in der Fußnote der Anlage aufgeführten Kernkraftwerke widerspreche den Regelungen des Atomgesetzes sowie dem Konsensvertrag; dementsprechend hätten das Bundeskanzleramt und das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie ihre Zustimmung zur begehrten Strommengenübertragung erteilt.

Die Zustimmungsentscheidung stehe auch nicht im freien Ermessen der zuständigen Behörden; es handele sich dabei um eine gebundene Entscheidung. Voraussetzung einer positiven Entscheidung seien für die Übertragung sprechende betriebswirtschaftliche Interessen, denen nicht ausnahmsweise Versagensgründe entgegenstehen dürften. Voraussetzung einer Zustimmungsentscheidung sei die Betriebswirtschaftlichkeit einer begehrten Übertragung, die allerdings originär von den Kraftwerksbetreibern zu bewerten sei und sich einer behördlichen Überprüfung entziehe. Es bedürfe im Rahmen der Zustimmungsentscheidung auch keiner materiellen Prüfung kerntechnischer Sicherheitsfragen. Für die Klägerin als Betreiberin des Kernkraftwerks Biblis Block A und gleichzeitig Inhaberin des Mülheim-Kärlich-Kontingents stelle die Übertragung von 30 TWh aus diesem Kontingent zur Sicherung des Weiterbetriebs ihres eigenen - ohne Übertragung als erstes vom Netz zu nehmenden - Kernkraftwerks Biblis Block A und die Anpassung der Laufzeit dieser Anlage als Teil einer Doppelblockanlage an Block B die wirtschaftlich günstigste Lösung dar. Die beantragte Strommengenübertragung liege auch im öffentlichen Interesse. Der Weiterbetrieb des Kernkraftwerks Biblis Block A sei für den Standort von erheblicher Bedeutung und diene dem standortübergreifenden klimapolitischen Ziel einer Reduzierung des CO2-Ausstoßes. Es existierten keine Sicherheitsaspekte, die allein auf Grund weiterer Stromerzeugung ab Erreichen einer bestimmten erzeugten TWh-Menge nicht mehr erfüllt würden und die einer behördlichen Prüfung unabhängig von der ohnehin stattfindenden kontinuierlichen aufsichtlichen Prüfung der Anlagen zugänglich wären. Auch Restrisikoerwägungen ließen sich der beantragten Übertragung angesichts der berechtigen und begründeten wirtschaftlichen Interessen der Klägerin nicht entgegenhalten.

Mit Bescheid vom 18. Mai 2007 - sog. "1. Teilentscheidung" - lehnte das Bundesumweltministerium den Hauptantrag der Klägerin, einer Übertragung von 30 TWh aus der in der Anlage 3 Spalte 2 des Atomgesetzes für das Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich aufgeführten Elektrizitätsmenge auf das Kernkraftwerk Biblis Block A zuzustimmen, ab. Wegen des Inhalts des Bescheides vom 18. Mai 2007 wird auf Bl. 58 bis 86 der Gerichtsakten verwiesen.

Die Klägerin widerspricht der Argumentation der Beklagten in der Begründung des Bescheides und betont, dass diese durch den Wortlaut, die Entstehungsgeschichte sowie Sinn und Zweck des § 7 Abs. 1b und 1d AtG gerade nicht gedeckt sei.

Die Beklagte gehe in ihrer Begründung fälschlich davon aus, der Ausschluss eines weiteren Betriebs des Kernkraftwerks Mülheim-Kärlich sei bereits durch § 7 Abs. 1 Satz 2 AtG geregelt. Dabei verkenne sie, dass § 7 Abs. 1 Satz 2 AtG ausschließlich der Verhinderung von Errichtungs- und Betriebsgenehmigungen für neue Kernkraftwerke diene. Bereits vorhandene Anlagen hätten dagegen weitere Errichtungs- und Betriebsgenehmigungen erhalten können, sei es zur Heilung von Genehmigungsdefiziten oder zur Durchführung von Änderungsverfahren. Zum Zwecke des gesetzlichen Ausschlusses eines weiteren Betriebs im Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich hätte es der Regelung in § 7 Abs. 1d AtG bedurft. Genau diese Regelung werde über die Formulierung "mit der Maßgabe" und "nur" getroffen, der kein anderer Inhalt, insbesondere nicht der von der Beklagten interpretierte Inhalt einer übertragungsbeschränkenden Wirkung zukomme. Bei der Verweisung in § 7 Abs. 1d AtG auf Absatz 1b Satz 1 bis 3 handele es sich um eine Rechtsfolgeverweisung, die sich allerdings - entgegen der Auffassung der Beklagten - nicht auf die Übertragungsmöglichkeit als solche beschränke. Die Beklagte verkenne, dass die Übertragungsmöglichkeit und Übertragungspflicht der Reststrommenge des Kernkraftwerks Mülheim-Kärlich bereits in § 7 Abs. 1d AtG geregelt sei, so dass die Inbezugnahme des Absatzes 1b in § 7 Abs. 1d AtG hierfür weder erforderlich noch aus diesem Grund erfolgt sei. Die Auffassung der Beklagten, der Gesetzgeber hätte bei zustimmungspflichtigen Übertragungsmöglichkeiten der Reststrommenge des Kernkraftwerks Mülheim-Kärlich auf andere als die in der Fußnote der Anlage 3 genannten Kraftwerke eine entsprechende Regelung in die Fußnote aufnehmen müssen, gehe über die Erfordernisse gesetzgeberischer Vorgaben hinaus. Ebenso wenig wie in der Fußnote der Anlage 3 ausdrücklich geregelt sei, dass Übertragungen der Reststrommenge des Kernkraftwerks Mülheim-Kärlich auf die dort aufgeführten Anlagen zustimmungsfrei seien, hätte es einer ausdrücklichen Regelung der zustimmungspflichtigen Übertragungsmöglichkeit auf sonstige Anlagen bedurft. Diese Übertragungsmöglichkeit ergebe sich bereits mit hinreichender Bestimmtheit aus § 7 Abs. 1d i.V.m. Absatz 1b Satz 1 und 2 AtG.

Auch die historische Auslegung ergebe nichts anderes; die Wertungen der Beklagten zur Historie seien unzutreffend. Dies ergebe sich zunächst aus der zeitlich an erster Stelle stehenden Konsensvereinbarung vom 14. Juni 2000. In Satz 1 des zweiten Absatzes der Ziff. II/5 der Vereinbarung sei keine Beschränkung der Übertragungsmöglichkeit auf bestimmte Kernkraftwerke enthalten; die Inbezugnahme von Ziff. II/4 bestätige die Möglichkeit zustimmungsfreier und zustimmungspflichtiger Übertragungen der Reststrommenge des Kernkraftwerks Mülheim-Kärlich. Die Entwicklung des § 7 Abs. 1b AtG im Gesetzgebungsverfahren ergebe nichts anderes. Es handele sich bei der Verweisung in § 7 Abs. 1d AtG auf Absatz 1b Satz 1 bis 3 nicht - wie von der Beklagten unterstellt - um eine undifferenzierte Inbezugnahme der Übertragungsmöglichkeit als solcher, sondern um eine bewusste Entscheidung des Gesetzgebers. Bei den in der amtlichen Begründung (BT-Drs. 14/6890, S. 21) angeführten "Beschränkungen" der Übertragungsmöglichkeiten der Elektrizitätsmenge des Kernkraftwerks Mülheim-Kärlich handele es sich um die zustimmungspflichtigen Übertragungsmöglichkeiten auf die nicht in der Fußnote der Anlage 3 des Atomgesetzes genannten Anlagen. Ohne die Beschränkungen einer zustimmungsfreien Übertragungsmöglichkeit auf die in Ziff. II/5, zweiter Absatz, Satz 2 der Konsensvereinbarung sowie in der Fußnote der Anlage 3 des Atomgesetzes aufgeführten Anlagen wäre aufgrund der Stilllegung des Kernkraftwerks Mülheim-Kärlich eine zustimmungsfreie Übertragung der Elektrizitätsmenge dieses Kernkraftwerks auf sämtliche anderen Kernkraftwerke gemäß § 7 Abs. 1b Satz 3 AtG möglich gewesen.

Die Erwägungen der Beklagten zur teleologischen Auslegung deuteten auf ein Fehlverständnis der Inhalte der Konsensvereinbarung hin; diese habe eine Beschränkung der Übertragungsmöglichkeit der Reststrommenge des Kernkraftwerks Mülheim-Kärlich nicht vorgesehen. Jeder andere Inhalt der Vereinbarung vom 14. Juni 2000 hätte den Interessen der Klägerin widersprochen. Die Beklagte verkenne, dass in der vereinbarten und im Atomgesetz entsprechend umgesetzten Beschränkung der zustimmungsfrei möglichen Übertragungen des Kernkraftwerks Mülheim-Kärlich auf nur "sechs" Anlagen bereits eine über die Grundsatzregelung der vollständig zustimmungsfreien Übertragung bei gleichzeitiger Stilllegung der übertragenden Anlage gemäß § 7 Abs. 1b Satz 3 AtG hinausgehende Beschränkung liege. Von einer Kompensation der Aufgabe des Kernkraftwerks Mülheim-Kärlich und jeglicher Schadensersatzansprüche durch die zustimmungsfreie Übertragungsmöglichkeit der Reststrommenge des Kernkraftwerks Mülheim-Kärlich auf die in der Fußnote der Anlage 3 des Atomgesetzes genannten drei älteren Anlagen und die dort genannten drei jüngeren Anlagen im Vergleich zum Zeitpunkt der Aufnahme des Leistungsbetriebs des Kernkraftwerks Mülheim-Kärlich könne daher keine Rede sein. Die Behauptung der Beklagten, dass die Verweisung in § 7 Abs. 1d AtG auf Anlage 3 nur Sinn mache, wenn es sich um eine abschließende Verweisung auf die in der Fußnote genannten Anlagen handele, sei durch nichts begründet. Auch der auf das Alter des Kernkraftwerks Biblis Block B abstellende Interpretationsversuch der Beklagten hinsichtlich der Regelung einer beschränkten zustimmungsfrei übertragbaren Menge des Mülheim-Kärlich-Kontingents überzeuge nicht, insbesondere existiere die nach Auffassung der Beklagten dem Ausstiegsgesetz zugrunde liegende Vermutung, dass neuere Kernkraftwerke sicherer seien als ältere, nicht.

Die für die begehrte Übertragung erforderliche Zustimmung sei als gebundene Entscheidung aufgrund begründeter betriebswirtschaftlicher Interessen, aufgrund zusätzlich für die Übertragung sprechender öffentlicher Interessen und aufgrund des Fehlens etwaiger entgegenstehender Versagensgründe zu erteilen.

Die Klägerin beantragt,

den ablehnenden Bescheid des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit vom 18. Mai 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Zustimmung zur Übertragung von 30 TWh des Reststrommengen-Kontingents des Kernkraftwerks Mülheim-Kärlich auf das Kernkraftwerk Biblis Block A zu erteilen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hält daran fest, dass eine Übertragung von Elektrizitätsmengen für das Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich auf das Kernkraftwerk Biblis Block A nicht zulässig sei; dies ergebe sowohl der Wortlaut als auch die Auslegung des Atomgesetzes. Grammatikalisch und systematisch sinnvoll lasse sich die Verweisung in § 7 Abs. 1d AtG auf die "dort aufgeführten Kernkraftwerke" nur als Verweisung auf diejenigen Kernkraftwerke interpretieren, die in der Fußnote der Anlage 3 aufgeführt seien. Entgegen der klar einschränkenden Formulierungen - "Maßgabe", "nur nach Übertragung auf die dort aufgeführten Kernkraftwerke" - enthielte § 7 Abs. 1d AtG keine Beschränkungen der Übertragungsmöglichkeiten mehr, wenn die abschließende Inbezugnahme der "dort aufgeführten Kernkraftwerke" - entsprechend der Interpretation der Klägerin - alle in der Tabelle der Anlage 3 aufgeführten Kernkraftwerke erfassen würde. Denn in der Tabelle der Anlage 3 seien neben dem Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich alle deutschen Kernkraftwerke aufgeführt, die bei Inkrafttreten der Ausstiegsnovelle noch zum Leistungsbetrieb berechtigt gewesen seien. Im Übrigen biete weder der Wortlaut des § 7 Abs. 1d AtG noch der der Fußnote zur Anlage 3 irgendeinen Hinweis darauf, dass die Aufzählung in der Fußnote der Differenzierung zwischen zustimmungsfreien und zustimmungsbedürftigen Übertragungen dienen sollte. Der Versuch der Klägerin, Übertragungen der für das Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich aufgeführten Strommenge auf andere Anlagen unter den Wortlaut des § 7 Abs. 1b AtG zu subsumieren, müsse schon deshalb scheitern, weil keiner der drei in Bezug genommenen Sätze 1 bis 3 des Absatzes 1b diese Übertragungen inhaltlich erfassen könne. Denn mangels Angabe eines Beginns des kommerziellen Leistungsbetriebs des Kernkraftwerks Mülheim-Kärlich in Anlage 3 lasse sich die Übertragung des Mülheim-Kärlich-Kontingents weder unter den Tatbestand des Absatzes 1b Satz 1 (Übertragung "alt auf neu") noch unter den Tatbestand des Absatzes 1b Satz 2 (Übertragung "neu auf alt") subsumieren, so dass trotz der Stilllegung des Kernkraftwerks Mülheim-Kärlich auch Satz 3 nicht einschlägig sei, weil diese Ausnahmevorschrift das Zustimmungserfordernis nur für bestimmte von Satz 2 erfasste Fälle entfallen lasse. Dass die Zulässigkeit der Übertragung der Mülheim-Kärlich-Strommenge sich nicht aus einer Anwendung der jeweils vom Beginn des kommerziellen Leistungsbetriebs abhängigen Sätze 1 bis 3 des § 7 Abs. 1b AtG ergeben sollte, zeige sich auch darin, dass es nur für das Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich in Anlage 3 Spalte 3 zum Atomgesetz keine gesetzliche Altersbestimmung durch datumsmäßige Festlegung des Beginns des kommerziellen Leistungsbetriebs gebe.

Auch die Entstehungsgeschichte spreche für eine abschließende Übertragbarkeit auf die in der Fußnote zu Anlage 3 genannten Kernkraftwerke. Der Umstand, dass in der Verweisungskette des § 7 Abs. 1d bei Absatz 1b ausdrücklich die Sätze 1 bis 3 in Bezug genommen werden, obwohl eine Bezugnahme auf Absatz 1b allein ausreichend gewesen wäre, erkläre sich daraus, dass zu einem früheren Zeitpunkt des Gesetzgebungsverfahrens ein Entwurf von § 7 Abs. 1b zwei weitere Sätze vorgesehen habe. In der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 14/6890, S. 21) heiße es, dass Absatz 1d in Verbindung mit der neuen Anlage 3 zum Atomgesetz die Vereinbarung vom 14. Juni 2000 zu Mülheim-Kärlich - "einschließlich der Beschränkungen der Übertragungsmöglichkeiten" - umsetze. Sinnvoll könne dies nur so verstanden werden, dass damit die Beschränkungen der Übertragung im Sinne der Fußnote zu Anlage 3 gemeint seien. Dies lege auch die Konsensvereinbarung nahe. Die strenge Indikativformulierung ("Es besteht Einvernehmen, dass die Strommenge auf das Kernkraftwerk Emsland oder... auf das Kernkraftwerk Biblis B übertragen werden.") schließe die jetzige Interpretation der Klägerin aus, dass ihr zusätzlich noch die Möglichkeit eingeräumt werden sollte, mit Zustimmung der Monitoring-Gruppe weitere Strommengenübertragungen auf Biblis B, Biblis A oder andere ältere Anlagen vorzunehmen. Die Gesetzesmaterialien belegten, dass alle am Gesetzgebungsverfahren Beteiligten davon ausgegangen seien, dass eine Stromproduktion im Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich bereits auf Grund der Rücknahme des Genehmigungsantrags ausgeschlossen gewesen sei. Auch für den historischen Gesetzgeber habe § 7 Abs. 1d AtG also nicht die Funktion gehabt, die Erteilung einer Errichtungs- oder Betriebsgenehmigung oder unmittelbar die Stromproduktion im Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich zu verbieten. Vielmehr habe der Gesetzgeber durch Absatz 1d in Verbindung mit der neuen Anlage 3 zum Atomgesetz eine die Vereinbarung vom 14. Juni 2000 zu Mülheim-Kärlich umsetzende Regelung der Übertragungsmöglichkeiten treffen wollen.

Auch Sinn und Zweck der Regelungen spreche für diese Gesetzesauslegung. § 7 Abs. 1d AtG als Rechtsgrundverweisung anzusehen, ergebe keinen Sinn, weil die in den in Bezug genommenen Rechtssätzen festgeschriebenen Inhalte für die Subsumtion auf die Übertragung von Elektrizitätsmengen von Mülheim-Kärlich ungeeignet seien. Die Verweisung in § 7 Abs. 1d AtG auf die Anlage 3 habe also nur Sinn, wenn sie als abschließende Verweisung auf die in der Fußnote namentlich bezeichneten Kernkraftwerke verstanden werde, auf die gemäß der dort getroffenen Regelung die für das Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich aufgeführte Elektrizitätsmenge übertragen werden könne. Für die Auslegung spreche auch, dass § 7 Abs. 1d AtG in Umsetzung der Konsensvereinbarung vom 14. Juni 2000 die vergleichsweise Beendigung des Genehmigungsverfahrens und des Schadensersatzprozesses gegen das Land Rheinland Pfalz vollenden sollte. Das Kontingent für Mülheim-Kärlich sei auf die Hälfte der Elektrizitätsmenge begrenzt worden, die sich auf der Grundlage einer Regellaufzeit von 32 Jahren ergeben hätte. Die abweichende Regelung hinsichtlich der Übertragungsmöglichkeit sei geboten gewesen, weil in der Übertragung der vergleichsweise eingeräumten Elektrizitätsmenge die einzige wirtschaftliche Nutzungsmöglichkeit des Mülheim-Kärlich-Kontingents bestanden habe. Der Wille zur abschließenden Regelung bezüglich dieses Kontingents komme auch dadurch zum Ausdruck, dass das Gesetz in Anlehnung an die Konsensvereinbarung insoweit eine Sonderregelung getroffen habe, als Elektrizitätsmengen nicht nur auf jüngere Kraftwerke, sondern auch auf ältere RWE-Anlagen übertragen werden könnten. Um sicherzustellen, dass eine Umgehung des Verweises auf die genannten Kernkraftwerke ausgeschlossen sei, konstatiere § 7 Abs. 1d AtG zudem, dass die von Mülheim-Kärlich auf die genannten Kernkraftwerke übertragene Elektrizitätsmenge auch "in diesen produziert" werden müsse; dadurch seien Weiterübertragungen ausgeschlossen. Auch diese Klausel wäre sinnlos, wenn sich der Verweis in § 7 Abs. 1d AtG auf alle in der Anlage genannten Kernkraftwerke bezöge. Schließlich spreche auch die Begrenzung der Übertragungsmenge für das Kernkraftwerk Biblis B in Höhe von 21,45 TWh dafür, dass die Übertragungsmöglichkeit der Elektrizitätsmenge für Mülheim-Kärlich durch die Fußnote abschließend geregelt werden sollte. Insgesamt ergebe die Auslegung unter allen methodischen Gesichtspunkten, dass das Bundesumweltministerium nach dem Atomgesetz nicht befugt sei, eine Übertragung der für das Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich aufgeführten Elektrizitätsmengen auf das Kernkraftwerk Biblis A in Form einer Zustimmungsentscheidung zuzulassen.

Rein vorsorglich werde darauf hingewiesen, dass die Verpflichtungsklage der Klägerin selbst dann abzuweisen wäre, wenn man sich ihrer gegenteiligen Auffassung anschlösse. Im Atomrecht gebe es einen allgemein anerkannten Beurteilungs- und Ermessensspielraum der Exekutive, der auch bei der von der Klägerin vertretenen Auslegung des § 7 Abs. 1b Satz 2 AtG zum Tragen kommen müsse. Gesichtspunkte für eine Reduzierung des behördlichen Beurteilungs- und Ermessensspielraums auf Null seien weder vorgetragen noch ersichtlich.

Zur Ergänzung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten - insbesondere die sog. Konsensvereinbarung mit sämtlichen Anhängen und Anlagen (Bl. 484 bis 531 der Gerichtsakten), das sog. Glossar zum Atomausstieg (Bl. 535 und 536 der Gerichtsakten), das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 16. Januar 2008 (Bl. 586 bis 611 der Gerichtsakten) sowie den Schriftsatz der Klägerin vom 22. Februar 2008 nebst Anlagen (Bl. 647 bis 680) - und die von der Beklagten eingereichten Verwaltungsvorgänge (3 Ordner), die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig.

Der Senat hat durch gesonderten Beschluss vom 30. August 2007 festgestellt, dass der Hessische Verwaltungsgerichtshof für den Rechtsstreit sachlich-instanziell (§ 48 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) und örtlich (§ 52 Nr. 1 VwGO) zuständig ist.

Die ursprünglich als Untätigkeitsklage erhobene Klage ist nach Antragsumstellung als Versagungsgegenklage zulässig (§ 75 VwGO).

Der Klägerin ist auch die gem. § 42 Abs. 2 VwGO erforderliche Klagebefugnis zuzusprechen. Für ihren Antrag auf Übertragung von Reststrommengen des Mülheim-Kärlich-Kontingents auf das Kernkraftwerk Biblis Block A beruft sie sich auf § 7 Abs. 1d i. V. m. § 7 Abs. 1b Satz 2 AtG; ein entsprechender Anspruch erscheint nach dem Vorbringen der Klägerin nicht von vornherein ausgeschlossen.

Die Klage ist allerdings unbegründet.

Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, dass das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (im Folgenden: Bundesumweltministerium) der von ihr begehrten Übertragung von 30 TWh des Reststrommengenkontingents des (stillgelegten) Kernkraftwerks Mülheim-Kärlich auf das Kernkraftwerk Biblis Block A gem. § 7 Abs. 1d i. V. m. § 7 Abs. 1b Satz 2 AtG zustimmt. Eine andere Anspruchsgrundlage kommt ebenfalls nicht in Betracht.

Die Vorschrift des § 7 Abs. 1d AtG i. V. m. Anlage 3 zum Atomgesetz ist dahingehend auszulegen, dass eine Übertragung von Reststrommengen des Mülheim-Kärlich-Kontingents auf andere als die in der Fußnote zur Anlage 3 zum Atomgesetz genannten Kernkraftwerke ausgeschlossen ist. Danach kommt eine Übertragung der Reststrommenge des stillgelegten Kernkraftwerks Mülheim-Kärlich lediglich auf die Kernkraftwerke Emsland, Neckarwestheim 2, Isar 2, Brokdorf, Grundremmingen B und C sowie bis zu einer Elektrizitätsmenge von 21,45 TWh auf das Kernkraftwerk Biblis Block B in Betracht; eine Übertragung auf das Kernkraftwerk Biblis Block A scheidet dagegen nach den gesetzlichen Vorgaben aus.

Maßgebend für die Auslegung einer Gesetzesbestimmung ist der in der Norm zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers, so wie er sich aus dem Wortlaut der Vorschrift und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den sie hineingestellt ist (BVerfG, Urteil vom 20.03.2002 - 2 BvR 794/95 -, BVerfGE 105, 135 mit weiteren Hinweisen auf die ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts). Hierbei helfen alle herkömmlichen Auslegungsmethoden - wie beispielsweise die sog. sprachlich-grammatikalische Auslegung, die sog. systematische Auslegung, die sog. historische Auslegung und die sog. teleologische Auslegung - in abgestimmter Berechtigung; unter ihnen hat keine einen unbedingten Vorrang vor einer anderen (vgl. dazu: BVerfG, Urteil vom 20.03.2002 - 2 BvR 794/95 -, a.a.O.). Dabei ist zu beachten, dass der Entstehungsgeschichte einer Vorschrift für deren Auslegung nur insofern Bedeutung zukommt, als sie die Richtigkeit einer nach den angegebenen Grundsätzen ermittelten Auslegung bestätigt oder Zweifel behebt, die auf dem angegebenen Weg allein nicht ausgeräumt werden können (BVerfG, Urteil vom 21.05.1952 - 2 BvH 2/52 -, BVerfGE 1, 299 ff.)

Der Wortlaut der vorbezeichneten Regelungen und deren Sinnzusammenhang mit anderen Gesetzesnormen sprechen nach Auffassung des Senats eindeutig dafür, dass der Gesetzgeber die Möglichkeit zur Übertragung von Reststrommengen aus dem Mülheim-Kärlich-Kontingent auf die in der Fußnote zur Anlage 3 zum Atomgesetz ausdrücklich genannten - insgesamt 7 - Kernkraftwerke beschränken wollte und beschränkt hat (im Anschluss an Schleswig-Holsteinisches OVG, Urteil vom 16.01.2008 - 4 KS 6/07 -, juris Dokument; so ausdrücklich auch: Kloepfer, Rechtsfragen zur geordneten Beendigung gewerblicher Kernenergienutzung in Deutschland, in: DVBl. 2007, 1189 [1196 Fußnote 38]; im Ergebnis ebenso: Huber, Restlaufzeiten und Strommengenregelungen, in: Deutscher Atomrechtstag 2002, 147 [147 f.]; Posser/Schmans/Müller-Dehn, Atomgesetz, Kommentar zur Novelle 2002, § 7 Rdnr. 160; Rebentisch, Zweifelsfragen der gesetzlichen Vorgaben und Optionen, in: 11. Deutsches Atomrechtssymposium, S. 61 [69 ff.]; Roßnagel, Wirtschaftsverfassung in Deutschland und Europa, in: Festschrift für Bernhard Nagel, S. 155 [163, 169]; Wieland, Rechtsprobleme der Strommengenübertragung gem. § 7 Abs. 1b bis 1d AtGesetz, Rechtsgutachten erstellt für das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, März 2007, S. 97 ff.). Das so gefundene Auslegungsergebnis wird bestätigt durch die Entstehungsgeschichte der Novelle zum Atomgesetz, insbesondere die sog. Konsensvereinbarung (Vereinbarung zwischen der Bundesregierung und den Energieversorgungsunternehmen vom 14. Juni 2000), die Gesetzesbegründung sowie den Inhalt des vom Bundesumweltministerium im Juli 2000 veröffentlichten Sonderteils der Zeitschrift Umwelt zur Vereinbarung über die geordnete Beendigung der Nutzung der Kernenergie in Deutschland.

Ausgangspunkt ist der Wortlaut von § 7 Abs. 1d AtG. Dieser beinhaltet eine Sonderregelung speziell für die Übertragung derjenigen Elektrizitätsmenge, die in Anlage 3 Spalte 2 zum Atomgesetz - mit insgesamt 107,25 TWh - für das Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich aufgeführt ist. Während die generelle Möglichkeit der Elektrizitätsmengenübertragung von einem Kraftwerk auf ein anderes in § 7 Abs. 1b AtG geregelt ist und sowohl sog. zustimmungsfreie Übertragungen als auch sog. zustimmungspflichtige Übertragungen vorsieht, lautet § 7 Abs. 1d AtG wie folgt:

"Für das Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich gelten Absatz 1a Satz 1, Absatz 1b Satz 1 bis 3 und Absatz 1c Satz 1 Nr. 3 mit der Maßgabe, dass die in Anlage 3 Spalte 2 aufgeführte Elektrizitätsmenge nur nach Übertragung auf die dort aufgeführten Kernkraftwerke in diesen produziert werden darf."

Diese Formulierung kann - nach Auffassung des Senats - bei näherer Betrachtung nur so verstanden werden, dass eine Übertragung von Reststrommengen aus dem Mülheim-Kärlich-Kontingent auf die in der Fußnote der Anlage 3 aufgezählten Kernkraftwerke beschränkt bleiben sollte. Danach sind derartige Übertragungen ohne weiteres möglich, insbesondere ohne einer Zustimmung des Bundesumweltministeriums im Einvernehmen mit dem Bundeskanzleramt und dem Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit - wie in § 7 Abs. 1b Satz 2 AtG vorgesehen - zu bedürfen; darüber hinausgehende Übertragungen mit einer derartigen Zustimmung sind dagegen ausgeschlossen.

Der Verweis in § 7 Abs. 1d AtG auf § 7 Abs. 1a Satz 1 AtG dient dazu, die wirtschaftliche Verwertbarkeit des Reststrommengenkontingents von Mülheim-Kärlich entsprechend der Vereinbarung vom 14. Juni 2000 durch Bezugnahme auf die in der Bestimmung enthaltene Möglichkeit zur Vergrößerung der Elektrizitätsmenge einer Anlage im Wege der Übertragung von einer anderen Anlage gesetzlich zu fixieren. Dieser Regelung bedurfte es deshalb, weil das Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich mangels Genehmigung und Einstellung des Leistungsbetriebs selbst über keine in unmittelbarer Anwendung von § 7 Abs. 1a Satz 1 AtG übertragbare (aktive) Elektrizitätsmenge verfügte. Im Hinblick hierauf wurde in der Anlage 3 Spalte 2 eine Elektrizitätsmenge festgesetzt, damit auf diese Weise eine Übertragung des Reststrommengenkontingents auf andere Kraftwerke möglich ist. Zugleich wurde dem Anlagenbetreiber die Mitteilungspflicht über durchgeführte Übertragungen entsprechend § 7 Abs. 1c Nr. 3 AtG auferlegt.

Soweit in § 7 Abs. 1d AtG darüber hinaus auf § 7 Abs. 1b Satz 1 bis 3 AtG verwiesen wird, reicht diese Verweisung bezüglich des Geltungsbereichs von § 7 Abs. 1b AtG nicht über den allgemeinen Bezug auf die durch § 7a Satz 1 AtG ermöglichte Vergrößerung der Elektrizitätsmenge der aufnehmenden Anlage "auf Grund von Übertragungen nach Absatz 1b" hinaus. Verdeutlicht werden soll hiermit lediglich, dass die für das Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich festgesetzte Reststrommenge entsprechend der Rechtsfolge, die in § 7 Abs. 1b AtG für sämtliche dort genannten Fallkonstellationen gemeinsam bestimmt ist, übertragen werden kann. Eine weitergehende Anwendung der in § 7 Abs. 1d AtG genannten Vorschriften mit der Folge, dass Übertragungen entsprechend dem hierin enthaltenen Regelungsschema "alt auf neu" bzw. "neu auf alt" zustimmungsfrei bzw. zustimmungspflichtig erfolgen können, scheitert daran, dass es bei dem Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich an dem Differenzierungskriterium der Aufnahme des Leistungsbetriebs fehlt. Der Begriff "mit der Maßgabe" kann folglich keine Rechtsgrundverweisung auf die an das Alter der Anlage anknüpfenden Voraussetzungen darstellen, weil dieser Anknüpfungspunkt beim Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich gerade fehlt.

Entgegen der Auffassung der Klägerin kann den Vorschriften in § 7 Abs. 1b Satz 1 bis 3 AtG im Rahmen von § 7 Abs. 1d AtG auch nicht dadurch eine über einen bloßen Verweis auf die Rechtsfolge der Übertragbarkeit der festgesetzten Reststrommengen hinausreichende Geltung beigemessen werden, dass unabhängig von dem Alter der übertragenden und aufnehmenden Anlage und damit losgelöst von dem diesen Bestimmungen zu Grunde liegenden materiellen Differenzierungskriterium schlicht an das Regelungssystem von zustimmungsfreien und zustimmungsbedürftigen Übertragungen angeknüpft wird. Nach Ansicht der Klägerin rechtfertigt sich diese Anknüpfung daraus, dass § 7 Abs. 1d AtG die Geltung von § 7 Abs. 1b Satz 1 bis 3 AtG bestimmt, so dass es auch im Bereich der Übertragung von Strommengen des Kernkraftwerks Mülheim-Kärlich eine Unterscheidung zwischen zustimmungspflichtigen und zustimmungsfreien Übertragungen geben müsse.

Hierbei wird indessen nicht zureichend berücksichtigt, dass § 7 Abs. 1b Satz 1 bis 3 AtG nur mit Maßgabe der auf die Besonderheiten der Übertragung der Reststrommenge des Kernkraftwerks Mülheim-Kärlich abgestellten Regelung im zweiten Halbsatz von § 7 Abs. 1d AtG gelten, die die Übertragung auf bestimmte, in der Fußnote der Anlage 3 zum Atomgesetz bezeichnete Anlagen und - bezüglich Biblis Block B - zudem auf begrenzte Mengenkontingente beschränkt.

Aus Sicht der Klägerin beruht diese Interpretation der Maßgabenregelung in § 7 Abs. 1d AtG auf einem grundlegend falschen Verständnis der Bedeutung der Vorschrift. Sinn und Zweck der "Maßgabe" in § 7 Abs. 1d AtG erschöpfen sich nach ihrer Meinung darin, eine weitere Produktion von Elektrizität im Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich auszuschließen und den Betreiber für die Nutzbarmachung der festgesetzten Reststrommenge zur Übertragung auf andere Anlagen zu verpflichten. Aus diesem alleinigen Sinngehalt der Vorschrift folge, dass die Maßgaberegelung in § 7 Abs. 1d AtG für das Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich keine Übertragungseinschränkungen beinhalte. Vielmehr seien auch für die Übertragung des Reststrommengenkontingents des Kernkraftwerks Mülheim-Kärlich die Sätze 1 bis 3 des § 7 Abs. 1b AtG in der Weise anwendbar, dass eine nach Zustimmungsfreiheit und Zustimmungsbedürftigkeit differenzierte Übertragung der Elektrizitätsmenge auf sämtliche in der Anlage 3 zum Atomgesetz aufgeführten Anlagen möglich sei. Anstelle des bei dem Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich nicht möglichen Altersvergleichs der Anlagen sei die Differenzierung nach zustimmungsfreien und zustimmungspflichtigen Übertragungen entsprechend Satz 1 und 2 in § 7 Abs. 1b AtG nach der in der Fußnote zur Anlage 3 des Atomgesetzes angelegten Unterscheidung vorzunehmen. Dadurch, dass an dieser Stelle bestimmte Anlagen - z.T. unter Zuordnung bestimmter Teilmengen des Mülheim-Kärlich-Kontingents - hervorgehoben werden, hat der Gesetzgeber nach Ansicht der Klägerin zum Ausdruck gebracht, dass es sich bei der (Teil-)Übertragung auf die in der Fußnote genannten Anlagen um eine zustimmungsfreie Übertragung entsprechend § 7 Abs. 1b Satz 1 AtG, bei der Übertragung auf die anderen Anlagen dagegen um eine zustimmungspflichtige Übertragung entsprechend § 7 Abs. 1b Satz 2 AtG handeln soll. Nach dieser Deutung ist im Gesetz ein letztlich für sämtliche Anlagen geltendes einheitliches, das Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich in die für Anlagen mit festgesetztem Beginn des Leistungsbetriebs geltenden Vorschriften für Reststrommengenübertragungen einbeziehendes Regelungsgefüge geschaffen worden. Für eine solche Auslegung bietet das Gesetz aber keine Grundlage.

Die Geltung des in § 7 Abs. 1b Satz 1 bis 3 AtG normierten Systems zustimmungsfreier und zustimmungspflichtiger Übertragungen auch für das Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich folgt nach der Vorstellung der Klägerin schon aus dem Rechtscharakter des § 7 Abs. 1d AtG als bloßem Verbot, die für das Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich festgesetzte Reststrommenge in der Anlage selbst zu produzieren. Die Annahme der Klägerin, mit § 7 Abs. 1d AtG habe der Gesetzgeber allein eine weitere Produktion von Elektrizität im Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich unterbinden, nicht aber bestimmte Wege für die Übertragung der für diese Anlage festgesetzten Reststrommenge vorgeben wollen, findet im Gesetz keinen Rückhalt.

Wie in dem Urteil des Schleswig-Holsteinischen OVG vom 16. Januar 2008 - 4 KS 6/07 -, Seite 15, 16 der Urteilsausfertigung, zutreffend festgestellt wird, fällt es schon nach dem Wortlaut der Vorschrift schwer, ihre Bedeutung auf ein Produktionsverbot für das Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich zu reduzieren. Wenn es dem Gesetzgeber allein darum gegangen wäre, die Erzeugung der dem Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich zugeordneten Strommenge in dieser Anlage zu unterbinden, hätte er sich damit begnügen können, ein entsprechendes Verbot auszusprechen und hätte dieses nicht in das Gewand einer Übertragungsregelung kleiden müssen, aus der sich ein solches Verbot, wenn überhaupt, nur im Umkehrschluss entnehmen lässt (vgl. Schleswig-Holsteinischen OVG, Urteil vom 16. Januar 2008, Seite 16 des Urteilsabdrucks).

Für ihre Ansicht, dass § 7 Abs. 1d AtG ausschließlich ein Produktionsverbot für das Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich beinhaltet, kann die Klägerin den Wortlaut der Bestimmung überdies nur insoweit in Anspruch nehmen, als hierin die Erzeugung der Strommenge für die Anlage von einer Übertragung abhängig gemacht wird ("...nur nach Übertragung..."). Hierin erschöpft sich der Regelungsgehalt der Vorschrift aber nicht. Die Bestimmung sieht nicht etwa pauschal eine Übertragung auf "andere Anlagen" vor, sondern trifft bezüglich der für die Übertragung in Betracht kommenden Anlagen eine konkrete Aussage, deren Bedeutung für die Auslegung der Regelung nicht schlicht ausgeblendet werden kann.

Ferner sind keine zureichenden Gründe ersichtlich, aus denen sich die Notwendigkeit eines gesetzlich ausdrücklich bestimmten isolierten Produktionsverbots für das Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich herleiten ließe.

Für das Kraftwerk bestand zum Zeitpunkt der Vereinbarung vom 14. Juni 2000, die der Gesetzgeber mit dem Atomgesetz umsetzen wollte, nach rechtskräftiger Aufhebung der 1. Teilgenehmigung (neu) zur Errichtung des Kernkraftwerks keine Genehmigung, auf deren Grundlage die Klägerin zur Wiederaufnahme des Leistungsbetriebs befugt gewesen wäre. Mangels Berechtigung zum Leistungsbetrieb fehlte es damit an der grundlegenden Voraussetzung dafür, dass die in Anlage 3 zum Atomgesetz festgesetzte Strommenge entsprechend § 7 Abs. 1a Satz 1 AtG im Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich selbst produziert werden konnte. Dies auszuschließen, soll aber nach Gaentzsch (Übertragung von Elektrizitätsmengen auf das Kernkraftwerk Biblis A, Gutachten erstellt im Auftrag des Bundeskanzleramts, Januar 2007, S. 43) der eigentliche Grund für die Regelung in § 7 Abs. 1d AtG gewesen sein.

Das Erfordernis, die Erzeugung der nach der Anlage 3 zum Atomgesetz festgelegten Elektrizitätsmenge im Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich gesetzlich zu unterbinden, wird auch nicht aus dem von der Klägerin hervorgehobenen Umstand verständlich, dass bei Abschluss der Konsensvereinbarung keine Klarheit über das Schicksal des Genehmigungsverfahrens für Mülheim-Kärlich bestand. Wenn man der Ansicht der Klägerin folgt und annimmt, dass § 7 Abs. 1 Satz 2 AtG nur die Neuerteilung von Genehmigungen für die Errichtung von Kernkraftwerken ausschließt und folglich der Heilung von Genehmigungsdefiziten bei bestehenden Anlagen nicht entgegensteht, und wenn es zutrifft, dass - jedenfalls für das Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich - für die Zukunft der Ausschluss einer neuen Genehmigung nicht vereinbart wurde, hätte es nahegelegen, dass der Gesetzgeber zur Verhinderung einer Wiederaufnahme des Leistungsbetriebs im Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich bestimmt, dass für die Anlage eine Genehmigung nach § 7 Abs. 1 Satz 1 AtG nicht erteilt wird. Eine solche Regelung hat der Gesetzgeber aber weder ausdrücklich noch etwa mittelbar durch Anordnung einer entsprechenden Anwendung des § 7 Abs. 1 Satz 2 AtG getroffen.

Nach alledem kann der Inhalt von § 7 Abs. 1d AtG nicht auf das bloße Verbot reduziert werden, die Strommenge für das Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich in dem Kraftwerk selbst zu erzeugen. Vielmehr enthält die Vorschrift - zumindest auch - eine Regelung darüber, auf welche Anlagen und in welcher Höhe diese Elektrizitätsmenge übertragen werden kann. Diese weitere Regelung bezüglich der für die Strommenge des Kernkraftwerks Mülheim-Kärlich als aufnehmende Anlagen in Betracht kommenden Kraftwerke kann bei sachgerechter Auslegung des § 7 Abs. 1d AtG und des Inhalts der Anlage 3 zum Atomgesetz nur in dem Sinne gedeutet werden, dass eine Übertragung auf die in der Fußnote zur Anlage 3 zum Atomgesetz genannten Anlagen bzw. Strommengen beschränkt ist. Die gegenteilige Ansicht der Klägerin, die für das Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich festgesetzte Strommenge könne unter Rückgriff auf das System zustimmungsfreier bzw. zustimmungspflichtiger Übertragungen in den Sätzen 1 bis 3 des § 7 Abs. 1b AtG auf sämtliche in der Anlage 3 aufgeführten Anlagen übertragen werden, ist mit dem Wortlaut des Gesetzes, dem rechtssystematischen Zusammenhang der gesetzlichen Bestimmungen und mit der Entstehungsgeschichte der Vorschriften nicht vereinbar.

Die von der Klägerin vorgenommene Auslegung findet zunächst im Wortlaut der vorgenannten Vorschriften keine Stütze.

Wenn es in § 7 Abs. 1d AtG heißt, dass die in Anlage 3 Spalte 2 aufgeführte Elektrizitätsmenge nur nach Übertragung auf die dort aufgeführten Kraftwerke in diesen produziert werden darf, liefert dies keinen Beleg dafür, dass mit "dort aufgeführten Kraftwerke" auf sämtliche in der Anlage 3 zum Atomgesetz genannten Anlagen verwiesen und damit klargestellt werden sollte, dass vom Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich potentiell auf alle diese Kraftwerke übertragen werden kann.

Als Anknüpfungspunkt für das Wort "dort" in § 7 Abs. 1d AtG sämtliche in Anlage 3 Spalte 1 zum Atomgesetz aufgeführten Kernkraftwerke - mit Ausnahme von Mülheim-Kärlich selbst - zu betrachten (so ausdrücklich: Leidinger, Die Voraussetzungen für die Übertragung von Strommengen nach dem Atomgesetz, in: DVBl. 2006, 1556 [1563]; Keienburg, Übertragung von Elektrizitätsmengen des Kernkraftwerks Mülheim-Kärlich gem. § 7 Abs. 1b, Abs. 1d AtG, in: atw 2006, 166 [167]; Ossenbühl, Rechtsfragen der Übertragung von Strommengen nach § 7 Abs. 1b und 1d AtomG, Rechtsgutachten erstattet der A., A-Stadt, und der Vattenfall Europe Nuclear Energy GmbH, Hamburg, März 2006, S. 98), hieße, einen Teil der Anlage 3 zum Atomgesetz auszublenden. Anlage 3 zum Atomgesetz kann aber nur als Einheit betrachtet werden, die in Bezug auf das Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich die Fußnote - bzw. die mit einem "Sternchen" versehene Anmerkung - mit einschließt. Gerade auf diese das Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich betreffenden Regelungen nimmt § 7 Abs. 1d AtG Bezug.

Die Maßgabeklausel in § 7 Abs. 1d AtG spricht nicht etwa die gesamte Anlage 3 zum Atomgesetz und auch nicht die Spalte 1 der Anlage mit den Bezeichnungen der damals noch in Betrieb befindlichen Anlagen unter Einbeziehung des Kernkraftwerks Mülheim-Kärlich, sondern lediglich die in der vorletzten Zeile der Spalte 2 für das Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich festgesetzte Reststrommenge von 107,25 TWh netto an. In dieser Zeile sind keine Kraftwerke aufgeführt, wohl aber in der Fußnote, die, wie sich aus dem Wortlaut ergibt, unmittelbar mit der Festsetzung der Reststrommenge für das Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich in Spalte 2 verknüpft ist ("Die für das Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich aufgeführte Elektrizitätsmenge von 107,25 TWh ..."). Dieser Zusammenhang würde sich unmittelbar erschließen, wenn der "Sternchen" - Verweis auf die Fußnote in der Spalte 2 selbst enthalten wäre. Dass dieser Verweis stattdessen (ersichtlich zur Klarstellung, dass sich die Fußnote auf das Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich bezieht) bei dem Namen des Kernkraftwerks in Spalte 1 aufgenommen wurde, ändert an dem aufgezeigten Zusammenhang nichts. Bezugspunkt für das Wort "dort" ist folglich allein die mit dem Verweis auf die Fußnote versehene Zeile für Mülheim-Kärlich in Spalte 1, auf die sich wiederum die vorletzte Zeile von Spalte 2 bezieht. Mit "dort aufgeführten Kraftwerke" gemeint sind deshalb - nur - die in der Fußnote genannten Anlagen. Für einen weitergehenden Verweis auf sämtliche weiteren in Spalte 1 aufgeführten Anlagen enthält § 7 Abs. 1d AtG keinen Anhaltspunkt.

Dass Übertragungen von Mülheim-Kärlich auf andere als die in der Fußnote zur Anlage 3 genannten Anlagen zustimmungsfrei bzw. abhängig von der Zustimmung entsprechend § 7 Abs. 1b Satz 2 AtG möglich sind, erschließt sich auch aus dem Wortlaut der weiteren Festlegungen und Bestimmungen in der Anlage 3 zum Atomgesetz nicht. Weder in den Mülheim-Kärlich betreffenden Spalten der Anlage 3 noch in den Spalten für die anderen Anlagen findet sich ein Hinweis auf § 7 Abs. 1b Satz 2 AtG, d.h. ein Anhaltspunkt dafür, dass eine Strommenge von Mülheim-Kärlich mit Zustimmung auf die anderen in der Anlage aufgeführten Kraftwerke übertragen werden kann. Ebenso wenig ist in der Fußnote zur Anlage die von der Klägerin für diesen Fall angenommene Zustimmungsfreiheit der Übertragung nach § 7 Abs. 1b Satz 1 AtG erwähnt.

Auch rechtssystematische Gründe sprechen gegen die von der Klägerin vorgenommene Interpretation des § 7 Abs. 1d AtG.

Eine rechtssystematische Verbindung zwischen den in Anlage 3 zum Atomgesetz für die Elektrizitätsmengen nach § 7 Abs. 1a AtG enthaltenen Festlegungen und Regelungen und dem Regelungssystem in § 7 Abs. 1b Satz 1 bis 3 AtG lässt sich nur hinsichtlich der Anlagen herstellen, für die in Spalte 3 der Anlage 3 zum Atomgesetz der Beginn des kommerziellen Leistungsbetriebs durch ein entsprechendes Datum bestimmt ist. Hieran wird in § 7 Abs. 1b Satz 1 bis 3 AtG hinsichtlich der Unterscheidung von zustimmungsbedürftigen und nicht zustimmungsbedürftigen Übertragungen durch den Vergleich des Alters der Anlagen anhand des Beginns des kommerziellen Leistungsbeginns ("alt auf neu" oder "neu auf alt") angeknüpft. Ein solcher Zusammenhang besteht zwischen § 7 Abs. 1b Satz 1 und 2 AtG und den auf Mülheim-Kärlich bezogenen Teilen der Anlage 3 nicht. Das Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich nimmt, wie sich aus der spezifischen Regelung des § 7 Abs. 1d AtG und den besonderen Bestimmungen für das Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich in der Anlage 3 zum Atomgesetz ergibt, gegenüber den anderen Anlagen mit festgelegtem Beginn des Leistungsbetriebes eine Sonderstellung ein.

Während in Spalte 1 der Anlage 3 zum Atomgesetz sämtliche zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Gesetzesänderung im Jahre 2002 noch in Betrieb befindlichen Kernkraftwerke zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität in zeitlich aufsteigender Reihenfolge entsprechend dem Beginn ihres kommerziellen Leistungsbetriebs aufgeführt sind, nimmt das Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich eine besondere Position am Ende der Spalte 1 ein. Zwar ist in Spalte 2 der Anlage 3 zum Atomgesetz für Mülheim-Kärlich eine Reststrommenge (ab 01.01.2000) von 107,25 TWh ausgewiesen, der Beginn des kommerziellen Leistungsbetriebs des Kernkraftwerks Mülheim-Kärlich wird in Spalte 3 der Anlage 3 zum Atomgesetz im Gegensatz zu allen anderen Kernkraftwerken jedoch nicht genannt. Stattdessen wird in der Fußnote eine vom Alter der betreffenden Anlagen unabhängige Regelung bezüglich der Übertragung der Elektrizitätsmenge des Kernkraftwerks Mülheim-Kärlich getroffen. In Anbetracht der Tatsache, dass das stillgelegte Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich Anfang des Jahres 1986 fertig gestellt und nur ca. zwei Jahre in (Probe-)Betrieb genommen worden war, zeigt ein Vergleich mit dem in Spalte 3 ausgewiesenen Beginn des kommerziellen Leistungsbetriebs der übrigen Kernkraftwerke, dass es sich bei denjenigen Kernkraftwerken, auf die ausweislich der Fußnote Elektrizitätsmengen des Mülheim-Kärlich-Kontingents ganz oder teilweise übertragen werden können, sowohl um ältere als auch um neuere (RWE-) Anlagen handelt. Hieraus wird deutlich , dass es dem Gesetzgeber mit der Benennung der betreffenden Anlagen nicht darum gegangen ist, dem Regelungssystem in § 7 Abs. 1b Satz 1 bis 3 AtG folgend eine Übertragung des Strommengenkontingents für Mülheim-Kärlich entsprechend dem Alter der betreffenden Anlagen festzulegen. Erkennbar standen für den Gesetzgeber nicht Gründe des Alters der aufnehmenden Anlagen im Vordergrund, sondern das Bestreben, die entsprechende, mit den Energieversorgungsunternehmen am 14. Juni 2000 im Kompromisswege getroffene Vereinbarung umzusetzen.

Der fehlende systematische Zusammenhang zwischen den Regelungen für das Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich in Anlage 3 zum Atomgesetz einerseits und dem weiteren Inhalt der Anlage und den Vorschriften in § 7 Abs. 1b Satz 1 und 2 AtG andererseits wird auch im Gutachten Gaentzsch (a.a.O., S. 39) hervorgehoben. Dort wird ausgeführt, dass die Ausweisung einer Reststrommenge für das Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich in Spalte 2 der Tabelle und die Bestimmungen bezüglich der Übertragbarkeit der Strommengen vom Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich in der Fußnote nicht in den systematischen Kontext der Anlage gehörten. Aufgenommen worden sei Mülheim-Kärlich mit einer Reststrommenge nur im Hinblick auf die Übertragungsmöglichkeit nach § 7 Abs. 1b AtG.

Rechtssystematischen Bedenken ist die von der Klägerin vorgenommene Auslegung vor allem aber im Hinblick auf die nach § 7 Abs. 1d AtG ebenfalls als entsprechend geltende Regelung in § 7 Abs. 1b Satz 3 AtG ausgesetzt. Diese Bestimmung lässt sich von der hierin geregelten Ausgangslage - anders als diejenige in den Sätzen 1 und 2 in Abs. 1b - durchaus auf das Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich übertragen. Wie in Satz 3 vorgesehen, hat die Anlage den Leistungsbetrieb dauerhaft eingestellt und es wurde (am 12. Juni 2001) von Seiten der Betreiberin ein Stilllegungsantrag gestellt. Dem Beginn des kommerziellen Leistungsbetriebs bei der aufnehmenden und/oder der abgebenden Anlage wird in Satz 3 keine Bedeutung zugemessen (vgl. dazu: Schleswig-Holsteinisches OVG, a.a.O., S. 20). Eine Anwendung des Satzes 3 hätte indessen zur Folge, dass Elektrizitätsmengen wegen des dauerhaft eingestellten Leistungsbetriebs und des gestellten Stilllegungsantrags für das Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich auf sämtliche in Betrieb befindlichen Kernkraftwerke zustimmungsfrei und mengenmäßig unbegrenzt übertragen werden könnten (vgl. dazu: Ossenbühl, a.a.O., S. 97 f.). Eine derartige Auslegung macht keinen Sinn, da es der in der Fußnote zur Anlage 3 getroffenen Regelung für diesen Fall nicht bedurft hätte.

Für die von der Klägerin bevorzugte "vermittelnde" Auslegung einer Rechtsfolgeverweisung mit der Maßgabe, dass der Hinweis auf die Geltung von § 7 Absatz 1b Satz 1 bis 3 auch für das Mülheim-Kärlich-Kontingent zustimmungsfreie und zustimmungspflichtige Übertragungen ermögliche, die sich nicht am Beginn des kommerziellen Leistungsbetriebs, sondern an der Fußnote zur Anlage 3 zum Atomgesetz orientierten, gibt es damit im Gesetz keine hinreichenden Anhaltspunkte. Hätte der Gesetzgeber eine derartige Regelung treffen wollen, so hätte es in der Fassung des Gesetzes zum Ausdruck kommen müssen, dass eine Übertragung von Reststrommengen des Mülheim-Kärlich-Kontingents auf die in der Fußnote zur Anlage 3 zum Atomgesetz genannten Kernkraftwerke - zustimmungsfrei - möglich ist und darüber hinaus zustimmungspflichtige Übertragungen auf die in der Fußnote nicht genannten Kernkraftwerke sowie auf das Kernkraftwerk Biblis Block B über eine Elektrizitätsmenge von 21,45 TWh hinaus möglich sind.

Die Richtigkeit des gefundenen Auslegungsergebnisses wird auch bestätigt durch die Entstehungsgeschichte der Novelle zum Atomgesetz, und zwar sowohl durch die eigentliche Gesetzesbegründung als auch durch die vorangegangene Vereinbarung zwischen der Bundesregierung und den Energieversorgungsunternehmen vom 14. Juni 2000 sowie den nachfolgend vom Bundesumweltministerium im Juli 2000 veröffentlichten Sonderteil der Zeitschrift Umwelt zur Vereinbarung über die geordnete Beendigung der Nutzung der Kernenergie in Deutschland.

Der Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und Bündnis 90/Die Grünen vom 11. September 2001 spricht bereits in seiner Begründung zu § 7 ausdrücklich davon, dass Absatz 1d in Verbindung mit der neuen Anlage 3 zum Atomgesetz die Vereinbarung vom 14. Juni 2000 zu Mülheim-Kärlich "einschließlich der Beschränkungen der Übertragungsmöglichkeit" umsetzt (vgl. dazu: BT-Drs. 14/6890, S. 21). Dass damit Beschränkungen im Sinne einer Übertragung auf die in der Fußnote zur Anlage 3 zum Atomgesetz - abschließend - genannten Kernkraftwerke gemeint waren, lässt sich bei unvoreingenommener Betrachtung auch dem Inhalt der Vereinbarung zwischen der Bundesregierung und den Energieversorgungsunternehmen vom 14. Juni 2000 entnehmen. Die dortige Regelung unter Ziff. II/5 enthält - ebenso wie § 7 Abs. 1d AtG - eine Sonderregelung für das Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich, und sie verweist - ähnlich wie § 7 Abs. 1d AtG - zur Möglichkeit der Übertragung von 107,25 TWh auf die allgemeinen Regelungen zur Übertragung von Strommengen, die unter Ziff. II/4 festgehalten sind. Ziff. II/5 der Vereinbarung vom 14. Juni 2000 lautet folgendermaßen:

"RWE zieht den Genehmigungsantrag für das Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich zurück. Ebenso nimmt das Unternehmen die Klage auf Schadensersatz gegen das Land Rheinland-Pfalz zurück. Mit der Vereinbarung sind alle rechtlichen und tatsächlichen Ansprüche im Zusammenhang mit dem Genehmigungsverfahren sowie mit den Stillstandszeiten der Anlage abgegolten.

RWE erhält die Möglichkeit entsprechend der Vereinbarung 107,25 TWh gemäß Ziff. II/4 auf andere Kernkraftwerke zu übertragen.

Es besteht Einvernehmen, dass diese Strommenge auf das Kernkraftwerk Emsland oder andere neuere Anlagen sowie auf die Blöcke B und C des Kernkraftwerks Grundremmingen sowie max. 20 % auf das Kernkraftwerk Biblis B übertragen werden."

Der Wortlaut dieser Klauseln lässt sich nur dahingehend verstehen, dass von den Parteien der Konsensvereinbarung angesichts der besonderen Genehmigungssituation des Kernkraftwerks Mülheim-Kärlich und des hierzu im ersten Absatz gefundenen Kompromisses eine abschließende Regelung des Inhalts vereinbart werden sollte, dass die Klägerin die für das Kraftwerk bestimmte Strommenge ohne weitere Voraussetzungen - nur - auf die im dritten Absatz von Ziff. II/5 aufgeführten Anlagen und mit dem dort für Biblis Block B genannten Mengenkontingent übertragen kann. Dies folgt schon daraus, dass mit "diese Strommenge" im dritten Absatz auf die (gesamte) im Absatz zuvor genannte Strommenge für das Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich von 107,25 TWh Bezug genommen wird, so dass ein (zusätzliches) Strommengenkontingent, das auf andere als die im dritten Absatz genannten Anlagen übertragen werden könnte, nicht zur Verfügung steht.

Die getroffene Regelung bringt zum Ausdruck, dass nur die dort näher umschriebenen Kernkraftwerke - teils ältere, teils neuere RWE-Anlagen - in den Genuss der Aufnahme von Reststrommengen des Mülheim-Kärlich-Kontingents kommen sollten und dass eine Übertragung von mehr als 20 % auf das älteste der genannten Kernkraftwerke - das Kernkraftwerk Biblis B - mit dem Wort "maximal" ausgeschlossen sein sollte. Dem entspricht auch die Formulierung in Anlage 2 zur sog. Konsensvereinbarung betreffend die Erklärung des Bundesumweltministeriums gegenüber RWE zum weiteren Verfahren der Nachrüstung des Kernkraftwerks Biblis Block A; dort ist ausdrücklich festgehalten, dass die Regelungen der Vereinbarung vorsehen, dass Biblis A ab dem 1. Februar 2000 bis zur Stilllegung "maximal" 62 TWh - dies entspricht Anlage 3 Spalte 2 zum Atomgesetz - produzieren darf.

Die von der Klägerin bevorzugte Auslegung der sog. Konsensvereinbarung dahingehend, dass zustimmungspflichtige Reststrommengenübertragungen auf alle übrigen Kernkraftwerke sowie auf das Kernkraftwerk Biblis Block B über die genannte Menge hinaus möglich seien, lässt sich mit dem Wortlaut der Vereinbarung nicht in Übereinstimmung bringen.

Dem oben dargestellten Verständnis des Inhalts von Ziff. II/5 der Vereinbarung vom 14. Juni 2000, die sich aus dem Wortlaut der Klausel unmittelbar erschließt, kann nicht entgegengehalten werden, die Vereinbarung im dritten Absatz von Ziff. II/5 bestimme lediglich, dass bezüglich der dort genannten Anlagen und Strommengen "bereits" Einvernehmen über eine zustimmungsfreie Übertragung erzielt worden sei.

Eine derartige Einschränkung geht aus dem Wortlaut des dritten Absatzes von Ziff. II/ 5 der Konsensvereinbarung nicht hervor. Sie lässt sich auch nicht mittelbar daraus ableiten, dass im zweiten Absatz auf die Regelung in Ziff. II/4 der Vereinbarung Bezug genommen wird. Diese Bezugnahme betrifft ausschließlich den ersten Absatz von Ziff. II/4. Dieser enthält mit der Bestimmung, wonach die Energieversorgungsunternehmen Strommengen (Produktionsrechte) durch Mitteilung der beteiligten Betreiber an das Bundesamt für Strahlenschutz von einem Kernkraftwerk auf ein anderes Kernkraftwerk übertragen können, eine Grundsatzvereinbarung hinsichtlich der Übertragbarkeit von Elektrizitätsmengen auf andere Anlagen, die entsprechend auch für die in Ziff. II/5 bestimmten Besonderheiten bei der Übertragung der Strommenge des Kernkraftwerks Mülheim-Kärlich Geltung hat. Die Vereinbarungen im zweiten Absatz von Ziff. II/4 sind dagegen für das Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich ohne Bedeutung. Das von den Energieversorgungsunternehmen und der Bundesregierung an dieser Stelle formulierte Einvernehmen darüber, dass zur Ausnutzung der den Unternehmen eingeräumten Flexibilität Strommengen von weniger wirtschaftlichen auf wirtschaftlichere Anlagen, grundsätzlich von älteren auf neuere und von kleineren auf größere Anlagen, bei Übertragung von neueren auf älteren Anlagen mit Ausnahme gleichzeitiger Stilllegung einer neueren Anlage mit Zustimmung der Monitoring-Gruppe, übertragen werden sollen, kann wegen der fehlenden Altersbestimmung des Kernkraftwerks Mülheim-Kärlich für die Auffassung der Klägerin nicht nutzbar gemacht werden. Gerade die für das Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich getroffene Sondervereinbarung im dritten Absatz von Ziff. II/5 macht deutlich, dass sich die Übertragung der für diese Anlage bestimmten Strommenge nicht nach den Kriterien des zweiten Absatzes von Ziff. II/4 richten soll. Dieser besonderen Regelung hätte es nicht bedurft, wenn die Übertragung nach den Vorstellungen der Parteien der Konsensvereinbarung ausschließlich entsprechend dem zweiten Absatz "gemäß Ziff. II/4 auf andere Anlagen" hätte erfolgen sollen.

Eine derartige dem eigentlichen Wortsinn widersprechende Auslegung lässt sich auch nicht mit dem Argument rechtfertigen, dass dem angestrebten Interessenausgleich am ehesten eine Lösung gerecht geworden wäre, die die Übertragbarkeit der für Mülheim-Kärlich ausgehandelten Reststrommenge entweder überhaupt nicht (vgl. dazu: Gaentzsch, a.a.O., S. 4 ff.) oder zumindest nicht mehr als die Übertragbarkeit der Strommengen anderer Kernkraftwerke (vgl. dazu: Ossenbühl, a.a.O., S. 93 ff.) eingeschränkt hätte. Die Frage, inwieweit die gegenläufigen Interessen der Klägerin als Betreiberin des Kernkraftwerks Mülheim-Kärlich einerseits und der (damaligen) Bundesregierung andererseits Eingang in die sog. Konsensvereinbarung gefunden haben, ist und bleibt spekulativ. Das Gericht kann die mit dem Abschluss der Vereinbarung verbundenen Absichten der Parteien dieser Vereinbarung entsprechend den zur Auslegung von Willenserklärungen geltenden Rechtsgrundsätzen (vgl. hierzu etwa Heinrichs/Ellenberger in: Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 67. Aufl., 2008, Rdnr. 7 zu § 133 BGB) nur insoweit berücksichtigen, als diese im Inhalt der Vereinbarung nach außen in Erscheinung getreten sind.

Schließlich deutet - ohne dass es darauf im Ergebnis für die Entscheidung ankäme - auch der Inhalt des vom Bundesumweltministerium in der Zeitschrift Umwelt Nr. 7 - 8/2000 herausgegebenen Sonderteils zur Vereinbarung über die geordnete Beendigung der Nutzung der Kernenergie in Deutschland darauf hin, dass die an der sog. Konsensvereinbarung Beteiligten deren Inhalt ursprünglich übereinstimmend so verstanden haben, dass nur die unter Ziff. II/5 genannten Kernkraftwerke in den Genuss der Aufnahme von Reststrommengen des Mülheim-Kärlich-Kontingents kommen sollten. In dem Sonderteil der Zeitschrift Umwelt Nr. 7 - 8/2000 ist die Vereinbarung zwischen der Bundesregierung und den Energieversorgungsunternehmen einschließlich Anlagen "wortgetreu" abgedruckt und es schließt sich ein sog. Glossar an, das zwar nicht Bestandteil der Vereinbarung ist, aber aus der Sicht des Bundesumweltministeriums einige Begriffe und wichtige Ergebnisse des Konsensbeschlusses erklärt. Auch dort kommt zum Ausdruck, dass die Klägerin als Betreiberin des Kernkraftwerks Mülheim-Kärlich die Strommengengutschrift nur zur Übertragung an bestimmte andere Kernkraftwerke erhalten soll. Es heißt nämlich in dem Glossar zum Atomausstieg unter dem Begriff Strommengenmodell u.a.:

"Sondervereinbarungen betreffen das Atomkraftwerk Obrigheim, das bis zum 31. Dezember 2002 laufen wird, sowie das Atomkraftwerk Mülheim-Kärlich, das nicht mehr in Betrieb genommen wird und für das der Betreiber eine Stromgutschrift zur Übertragung an bestimmte andere Anlagen erhält. Für das Atomkraftwerk Biblis A wird bei Einhaltung einer definierten Reststrommenge ein Nachrüstungsprogramm festgelegt."

Das Glossar zum Atomausstieg ist zwar nicht Bestandteil der sog. Konsensvereinbarung gewesen, es ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Zeitschrift Umwelt vom Bundesumweltministerium monatlich mit einer Auflage von 8.500 Stück herausgegeben und an alle Bundestagsabgeordneten versandt wird. Die Konsensvereinbarung und das Glossar zum Atomausstieg wurden nach der Paraphierung der Vereinbarung am 14. Juni 2000 auch auf der Homepage des Bundesumweltministeriums veröffentlicht. Hätte die Erläuterung des Strommengenmodells in Bezug auf das Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich zum damaligen Zeitpunkt nicht dem tatsächlichen Willen der Klägerin als Beteiligte der Konsensvereinbarung entsprochen, so hätte es nahe gelegen, der Veröffentlichung des Bundesumweltministeriums noch während des Gesetzgebungsverfahrens zu widersprechen. Auch hätte es sich angeboten, den Stimmen in der Literatur - zeitnah - zu widersprechen, die bis zum Jahr 2006 einhellig davon ausgingen, dass der Gesetzgeber die Möglichkeit zur Übertragung von Reststrommengen aus dem Mülheim-Kärlich-Kontingent auf die in der Fußnote zur Anlage 3 zum Atomgesetz ausdrücklich genannten Kernkraftwerke habe beschränken wollen und beschränkt habe (Huber, a.a.O., S. 147 [147 f.]; Posser/Schmans/Müller-Dehn, a.a.O., § 7 Rdnr. 160; Rebentisch, a.a.O., S. 61, [69 ff.]; Rossnagel, a.a.O., S. 155 [163, 169]; Wieland, a.a.O., S. 97 ff.). Die Vorstellung, Reststrommengen aus dem Mülheim-Kärlich-Kontingent auch auf andere als die in der Fußnote der Anlage 3 zum Atomgesetz genannten Kernkraftwerke übertragen zu können, scheint erst zu einem späteren Zeitpunkt aufgekommen zu sein (vgl. dazu: Keienburg, a.a.O., S. 166).

Das gefundene Auslegungsergebnis wird entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht aus verfassungsrechtlichen Gründen in Frage gestellt. Die gesetzliche Beschränkung der Übertragbarkeit der Reststrommenge des stillgelegten Kernkraftwerks Mülheim-Kärlich auf die Kernkraftwerke Emsland, Neckarwestheim 2, Isar 2, Brokdorf, Grundremmingen B und C sowie bis zu einer Elektrizitätsmenge von 21,45 TWh auf das Kernkraftwerk Biblis B verletzt die Klägerin weder in ihrem Grundrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG noch gebietet Art. 3 GG eine im Grundsatz unbeschränkte Übertragungsmöglichkeit auf alle anderen Kernkraftwerke. Der Gesetzgeber hat zwar mit der Übertragungsmöglichkeit für Produktionsmengen eine eigenständige, im Wesentlichen frei handelbare Berechtigung geschaffen, die als vermögenswertes Recht dem Schutz des Art. 14 GG unterliegt (Posser/Schmans/Müller-Dehn, a.a.O., § 7 Abs. 1 a bis d, Rdnr. 131). Diese Berechtigung unterliegt dem Schutz des Art. 14 GG allerdings nur insoweit, wie sie der Gesetzgeber mit der Novelle zum Atomgesetz ausgestaltet hat. Da der Gesetzgeber die Handelbarkeit der Produktionsmenge für das stillgelegte Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich von vornherein derart beschränkt hat, dass sie nur durch Übertragung auf die in der Fußnote zur Anlage 3 zum Atomgesetz genannten Kernkraftwerke genutzt werden kann, steht der Klägerin eine darüber hinausgehende Rechtsposition nicht zu. Als Anknüpfungspunkt für weitergehende Rechte kommt auch nicht die Position der Klägerin vor Inkrafttreten der Novelle zum Atomgesetz in Betracht. Die Rechtsstellung der Klägerin zu diesem Zeitpunkt war dadurch gekennzeichnet, dass das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 14. Januar 1998 - 11 C 11/96 - (BVerwGE 106, 115 ff.) die Revision gegen das Urteil des OVG Koblenz vom 21. November 1995 - 7 C 11685/90 -, mit dem die erste Teilgenehmigung für das Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich aufgehoben worden war, zurückgewiesen hatte. Eine neue erste Teilgenehmigung war zwar beantragt, aber noch nicht erlassen worden. Eine schützenswerte Rechtsposition war mit der erneuten Antragstellung allein nicht verbunden. Auch Art. 3 GG gebietet keine im Grundsatz unbeschränkte Übertragungsmöglichkeit der Reststrommenge des Kernkraftwerks Mülheim-Kärlich auf alle anderen Kernkraftwerke. Die Rechtsposition der Klägerin als Betreiberin des Kernkraftwerks Mülheim-Kärlich ist mit der jeweiligen Rechtsstellung der Betreiber der übrigen Kernkraftwerke nicht vergleichbar. Während alle übrigen in der Anlage 3 zum Atomgesetz genannten Kernkraftwerke zum damaligen Zeitpunkt genehmigt waren und noch betrieben wurden, war die erste Teilgenehmigung für das Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich bereits seit 1975 umstritten und endete nach einem ersten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 9. September 1988 - 7 C 3/86 - (BVerwGE 80, 207 ff.) mit dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 14. Januar 1998 (a.a.O.), das die Aufhebung der ersten Teilgenehmigung weitestgehend bestätigte. Die Frage, ob die Genehmigung für das Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich bei einer Neubewertung hätte erteilt werden müssen (so wohl: Gaentzsch, a.a.O., S. 40 Fußnote 78) oder ob eine erneute Genehmigung an der Lage des Kernkraftwerks und der damit verbundenen Erdbebenrisiken gescheitert wäre (vgl. dazu: Schleswig-Holsteinisches OVG, a.a.O., S. 24 f.), ist hypothetisch und bedarf deshalb keiner Erörterung. Jedenfalls gebietet diese genehmigungsrechtliche Sondersituation des Kernkraftwerks Mülheim-Kärlich keine Gleichbehandlung mit allen anderen zum damaligen Zeitpunkt betriebenen Kernkraftwerken in dem Sinne, dass eine im Grundsatz unbeschränkte Übertragungsmöglichkeit - teilweise zustimmungsfrei und teilweise zustimmungspflichtig - der Reststrommenge auf alle anderen Kernkraftwerke erforderlich gewesen wäre.

Nach alledem ist die Klage unbegründet.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. § 709 ZPO.

Die Zulassung der Revision stützt sich auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 30 Millionen Euro festgesetzt.

Gründe:

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 und § 39 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO und § 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG.

Ende der Entscheidung

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