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Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 27.05.2004
Aktenzeichen: 6 TG 709/04
Rechtsgebiete: GG, HHG, LHO, PsychThG
Vorschriften:
GG Art. 100 Abs. 1 | |
HHG § 105 | |
LHO § 3 Abs. 2 | |
PsychThG § 5 Abs. 1 | |
PsychThG § 6 Abs. 1 |
Hessischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss
In dem Verwaltungsstreitverfahren
wegen Subventionen
hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof - 6. Senat - durch
Vorsitzenden Richter am Hess. VGH Dr. Schulz, Richterin am Hess. VGH Dyckmans, Richterin am Hess. VGH Fischer
am 27. Mai 2004 beschlossen:
Tenor:
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 16. Februar 2004 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 20.000,-- € festgesetzt.
Gründe:
Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Die von dem Antragsteller im Beschwerdeverfahren dargelegten und für die Entscheidung des Senats maßgeblichen Gründe (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) lassen nicht erkennen, dass die vom Verwaltungsgericht getroffene Entscheidung rechtsfehlerhaft wäre.
Der Antragsteller führt zur Begründung des Rechtsmittels allerdings zunächst zutreffend aus, dass sich aus dem Fehlen eines Haushaltstitels für die begehrten staatlichen Leistungen nicht ohne weiteres schließen lässt, es fehle an einem Rechtsanspruch auf Gewährung der in Anspruch genommenen Leistungen. In diesem Zusammenhang verweist der Antragsteller zutreffend auf § 3 Abs. 2 der Landeshaushaltsordnung - LHO -, wonach durch den Haushaltsplan Ansprüche weder begründet noch aufgehoben werden. Hieraus ergibt sich aber zugleich, dass eine außerhalb des Haushaltsplans liegende Anspruchsgrundlage zur Begründung eines Rechtsanspruchs auf eine staatliche Leistung unentbehrlich ist. Der Antragsteller selbst führt unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts aus, dass das Haushaltsgesetz keine Grundlage für unmittelbare Ansprüche auf Gewährung einer Subvention darstellt (BVerfG, Beschluss v. 22.10.1974 - 1 BvR 3/72 -, BVerfGE 38, 121, 127 f.).
An einer solchen Anspruchsgrundlage fehlt es hier. Sie ergibt sich insbesondere nicht aus dem Psychotherapeutengesetz - PsychThG -, dessen Inhalt der Antragsteller wiederum zutreffend wiedergibt, aus dem er aber unzutreffende rechtliche Schlüsse zieht. Richtig ist insbesondere, dass die nach § 5 Abs. 1 PsychThG vorgesehene Ausbildung gemäß § 6 Abs. 1 PsychThG an Hochschulen oder an anderen Einrichtungen vermittelt wird, die als Ausbildungsstätten für Psychotherapie oder als Ausbildungsstätten für Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapie staatlich anerkannt sind. Um eine solche Ausbildungsstätte handelt es sich bei dem Antragsteller. Zu Unrecht meint er aber, aus den im Psychotherapeutengesetz enthaltenen Bestimmungen über Ausbildung und Ausbildungsstätte ergebe sich eine Gleichstellung mit Hochschulen, die einen Anspruch auf Mindestfinanzierung zur Folge habe. Eine Gleichstellung der Hochschulen und der anderen Einrichtungen im Sinne des § 6 Abs. 1 PsychThG liegt nur insoweit vor, als auch die Ausbildung an einer solchen Einrichtung über das Bestehen der staatlichen Prüfung nach § 5 Abs. 1 PsychThG gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 2 PsychThG zur Approbation nach § 1 Abs. 1 Satz 1 PsychThG führen kann. Inwieweit Personen, die die Approbation als Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeut erlangen wollen, aus den Bestimmungen des Gesetzes einen Anspruch auf Zugang zu den anderen Einrichtungen im Sinne des § 6 Abs. 1 PsychThG geltend machen können, kann hier dahingestellt bleiben. Jedenfalls ist nicht erkennbar, dass das Psychotherapeutengesetz eine Verpflichtung der Länder zur Gewährung von Finanzhilfen für die genannten Einrichtungen und entsprechende Leistungsansprüche der Einrichtungen begründen wollte.
Eine dahingehende Verpflichtung und entsprechende Berechtigung lässt sich auch nicht mit Hilfe der von dem Antragsteller erstrebten Gleichstellung mit staatlichen Hochschulen erreichen. Zum einen ist festzuhalten, dass es sich bei dem Antragsteller gerade nicht um eine Hochschule, sondern um eine andere Einrichtung im Sinne des § 6 Abs. 1 PsychThG handelt. Im Übrigen steht auch privaten Hochschulen nicht ohne weiteres ein Anspruch auf staatliche Beihilfen zu. Sie haben etwa in Nordrhein-Westfalen keinen Anspruch auf staatliche Finanzhilfen (Leuze/Bender, WissHG NRW, § 114 Rdnr. 16). In Hessen ist allerdings für Träger staatlich anerkannter nichtstaatlicher Hochschulen nach § 105 des Hochschulgesetzes - HHG - eine staatliche Finanzhilfe vorgesehen. Die Gewährung der dort angesprochenen Beihilfen zu den Vergütungskosten der Lehrkräfte solcher Hochschulen steht jedoch im Gegensatz zu dem durch die Wortwahl in der Beschwerdeschrift erweckten Eindruck im Ermessen des Antragsgegners.
Bei dieser Rechtslage mag es bereits zweifelhaft erscheinen, ob dem Antragsteller überhaupt ein Recht auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über die Bewilligung von Landesmitteln für das Jahr 2004 zusteht (vgl. hierzu Bay. VGH, Beschluss v. 08.04.1994 - 22 B 93.933 -, GewArch 1994, 328). Jedenfalls können bei den hier vorliegenden Gegebenheiten auch die Grundsätze des Vertrauensschutzes nicht zu einer Verpflichtung des Antragsgegners führen, dem Antragsteller die beantragte Zuwendung zu gewähren. Der Antragsteller beruft sich darauf, dass der Antragsgegner durch die Streichung der in den vergangenen Jahren vorgesehenen Haushaltsmittel als Gesetzgeber auf Rechtsbeziehungen zum Antragsteller eingewirkt habe, die in der Vergangenheit begründet wurden, auf Dauer angelegt und noch nicht abgeschlossen seien. Ohne Zweifel betrifft der Entschluss des Haushaltsgesetzgebers, die streitbefangenen Zuwendungen zu streichen, einen Sachverhalt, dessen Umstände aus Zeiträumen vor dem Inkrafttreten des jetzt geltenden Haushaltsgesetzes herrühren. Ein solcher für rechtliche Regelungen vielfach vorliegender Befund enthält jedoch nicht ohne weiteres eine verfassungsrechtlich unzulässige Anknüpfung (BVerfG, Beschluss v. 22.03.1983 - 2 BvR 475/78 -, BVerfGE 63, 343, 356). Aber auch wenn man entsprechend der Rechtsansicht des Antragstellers im vorliegenden Fall von einer sogenannten unechten Rückwirkung ausgeht, erscheint das Vertrauen des Antragstellers auf die ständige Fortschreibung der bisherigen haushaltsgesetzlichen Regelungen nicht vertrauenswürdig. Ob eine unechte Rückwirkung sich verfassungsrechtlich als zulässig darstellt, hängt davon ab, ob der Bürger im Vertrauen auf den Bestand einer bestimmten gesetzlichen Regelung eine Rücksichtnahme durch den Gesetzgeber billigerweise erwarten darf. Bei der Entscheidung über diese Frage ist zwischen dem Ausmaß des Vertrauensschadens einerseits und der Bedeutung des gesetzgeberischen Anliegens für das Wohl der Allgemeinheit andererseits abzuwägen (BVerfG, Beschluss v. 23.03.1971 - 2 BvL 17/69 -, BVerfGE 30, 392, 404). Der Antragsteller durfte den dauernden Fortbestand der ihm gewährten Förderung billigerweise schon deshalb nicht erwarten, weil er wissen musste, dass der Gesetzgeber für jedes Jahr neu über die Förderung zu entscheiden hatte. Nach § 4 Satz 1 LHO ist nämlich das Kalenderjahr zugleich Rechnungsjahr (Haushaltsjahr). Der Haushaltsplan wird vor Beginn des Rechnungsjahres durch das Haushaltsgesetz festgestellt, wie sich aus § 1 Satz 1 LHO ergibt. Dabei kann der Haushaltsplan nach § 12 Abs. 1 LHO höchstens, nach Jahren getrennt, für zwei Haushaltsjahre aufgestellt werden. Sieht der Haushaltsgesetzgeber für ein neues Rechnungsjahr eine Subvention, die in der Vergangenheit gezahlt wurde, nicht mehr vor, so verkürzt er damit nicht eine durch einen bestehenden Haushaltsplan für die Zukunft bereits vorgesehene Leistung. Vielmehr unterlässt er es, die in früheren Rechnungsjahren für deren Dauer in den Haushaltsplan aufgenommenen Leistungen erneut zu veranschlagen. Unabhängig von dem bereits hervorgehobenen Umstand, dass durch den Haushaltsplan nach § 3 Abs. 2 LHO Ansprüche ohnehin nicht begründet werden, macht die Bindung des Haushaltsplanes an das Rechnungsjahr deutlich, dass der Haushaltsgesetzgeber auf diese Weise nicht in einen rechtlich geschützten Bereich des Antragstellers, sondern lediglich in dessen wirtschaftliche Erwartungen eingreift. Mit diesen Erwartungen wird ohne Zweifel zugleich die Hoffnung des Antragstellers enttäuscht, dass die unbestrittene soziale Bedeutung und der anerkannte Wert seiner Tätigkeit für den Gesetzgeber auch künftig Anlass zur finanziellen Förderung sein werden. Zur Verfassungsordnung gehört jedoch die Handlungsfähigkeit des Staates gegenüber dem unvermeidlichen oder politisch gezielt gewollten Wandel der Lebensverhältnisse. Die Möglichkeit, die Rechtsordnung zu ändern, Konjunkturpolitik, Sozialpolitik oder Gesellschaftspolitik zu betreiben, ist damit unabdingbar verbunden (BVerfG, Beschluss v. 22.03.1983 - 2 BvR 475/78 -, BVerfGE 63, 343, 357). Diese Notwendigkeiten setzen sich im vorliegenden Fall gegenüber den Erwartungen des Antragstellers durch. Der Haushaltsgesetzgeber darf sich auf Grund des ihm von Verfassungs wegen zustehenden weiten Ermessens dazu entschließen, im Wege einer Schwerpunktsetzung zu Lasten des Antragstellers zu sparen.
Es besteht auch keine Möglichkeit, dem Antragsteller im vorliegenden Verfahren für eine Übergangszeit mit Rücksicht auf von ihm in der Vergangenheit eingegangene Verpflichtungen eine verringerte Förderung zukommen zu lassen. Die Verwaltungsgerichte können die Verwaltung nicht zu Leistungen verpflichten, auf die wie im vorliegenden Fall kein Rechtsanspruch besteht und für die der Haushaltsgesetzgeber keine Haushaltsmittel bereitgestellt hat.
Der Senat sieht schließlich auch keine Veranlassung, im Hinblick auf die von dem Antragsteller unter dem Gesichtspunkt unzulässiger Rückwirkung aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die der Versagung der Förderung zugrunde liegende Entscheidung des Haushaltsgesetzgebers das vorliegende Verfahren auszusetzen und nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einzuholen. Da es sich bei der Feststellung des Haushaltsplans um ein lediglich formelles Gesetz handelt, das ausschließlich im Organbereich wirkt und - wie schon mehrfach hervorgehoben - keine Grundlage für Rechtsansprüche des Einzelnen bietet, kommt es auf die Gültigkeit des Haushaltsgesetzes bei der hier zu treffenden Entscheidung nicht an, sodass eine Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG ausgeschlossen ist (BVerfG, Beschluss v. 22.10.1974 - 1 BvL 3/72 -, BVerfGE 38, 121, 127 f.).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 20 Abs. 3 i.V.m. § 13 Abs. 1 Satz 1 und § 14 GKG; sie lehnt sich an die von den Beteiligten nicht infrage gestellte Festsetzung durch das Verwaltungsgericht für den ersten Rechtszug an.
Dieser Beschluss ist nach § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.
Ende der Entscheidung
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