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Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 28.11.2007
Aktenzeichen: 6 UE 497/06
Rechtsgebiete: KWKG 2002
Vorschriften:
KWKG 2002 § 6 Abs. 1 |
2. Bei verfassungskonformer Auslegung des § 6 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 KWKG 2002 ist die Vorschrift, dass die jeweils aktuelle Fassung des Arbeitsblattes FW 308 Anwendung finde, nicht als unzulässige dynamische Verweisung zu erkennen.
3. Wesentliche Voraussetzung für das Wirksamwerden einer Neuregelung des Arbeitsblattes FW 308 ist deren ordnungsgemäße Veröffentlichung. Aus rechtsstaatlichen Gründen ist es zwingend, dass die wesentlichen Informationen über Änderungen oder Neufassung des in Bezug genommenen technischen Regelwerks den betroffenen Kreisen in gleicher Weise zugänglich gemacht werden müssen wie das ursprüngliche Regelwerk; im Fall des § 6 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 KWKG 2002 somit durch Veröffentlichung im Bundesanzeiger.
4. Es ist aus rechtsstaatlichen Gründen zweifelhaft, ob die Neufassung des Arbeitsblattes FW 308 rückwirkend in Kraft gesetzt werden kann (hier offen gelassen).
5. Im Fall einer Stichtagsregelung darf ein Antrag auf Zulassung der KWK-Anlage nur berücksichtigt werden, wenn er vollständig ist, insbesondere das in § 6 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 KWKG 2002 genannte Sachverständigengutachtern über die Einhaltung der Regeln der Technik enthält.
HESSISCHER VERWALTUNGSGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Verkündet am 28.11.2007
In dem Verwaltungsstreitverfahren
wegen Energierechts
hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof - 6. Senat - durch
Vorsitzenden Richter am Hess. VGH Igstadt, Richterin am Hess. VGH Fischer, Richter am Hess. VGH Bodenbender, ehrenamtlichen Richter Schneider v. Lepel, ehrenamtlichen Richter Becker
aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 28. November 2007
für Recht erkannt: Tenor:
Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des gesamten Verfahrens zu tragen.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der noch festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Grundlagen der Zertifizierung einer Anlage zur Energiegewinnung.
Die Klägerin ist ein kommunales Energieversorgungsunternehmen in der Form der Aktiengesellschaft. Sie betreibt gemeinsam mit zwei privatrechtlichen Unternehmen seit dem 16. Oktober 1989 das Gemeinschaftskraftwerk B-Stadt GKH, in dem durch Verbrennung von Kohle Strom und Wärme produziert werden. Die Elektrizität wird in das Versorgungsnetz der Beigeladenen, eines überregionalen Versorgungsunternehmens, eingespeist, die Wärme wird als Fernwärme sowie als Heißwasser und Dampf über entsprechende Leitungen an die Anteilseigner abgegeben.
Mit Antrag vom 7. November 2002, bei dem Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (im Weiteren: Bundesamt) per E-Mail am 8. November 2002 und schriftlich am 11. November 2002 eingegangen, beantragte die Klägerin die Zulassung des Kraftwerks als anerkannte alte Bestandsanlage für Kraft-Wärme-Kopplung nach § 6 Abs. 1 des Gesetzes für die Erhaltung, die Modernisierung und den Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung vom 19. März 2002 (BGBl. I S. 1092 - KWKG -), um gegenüber dem Netzbetreiber einen Zuschlag gemäß § 5 Abs. 1 KWKG zu erzielen.
Das für die Antragstellung nach § 6 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 KWKG erforderliche Sachverständigengutachten über die Eigenschaften der Anlage reichte die Klägerin nach Aufforderung durch das Bundesamt mit Schreiben vom 19. Dezember 2002, bei der Behörde eingegangen am 23. Dezember 2002, in zweifacher Form nach, nämlich einmal auf der Grundlage des Arbeitsblattes "FW 308" der Arbeitsgemeinschaft Fernwärme e.V. vom August 2001 (sog. Gutachten I) und einmal auf der Basis des Arbeitsblattes mit Stand November 2002 (sog. Gutachten II). Hierbei erklärte die Klägerin, die Anwendung der ursprünglichen Berechnungsmethoden sei für sie günstiger, so dass sie um Berücksichtigung des Gutachtens I bitte. Schließlich müsse sie mit den Anlagebetreibern gleich behandelt werden, welche die Zulassung ihrer KWK-Anlagen in der Zeit vor der Veröffentlichung des novellierten Arbeitsblattes FW 308 erhalten hätten. Das Gutachten II auf der Basis der Neufassung sei hilfsweise für den Fall beigefügt, dass das Bundesamt alle Anlagenbetreiber - unabhängig vom Zeitpunkt der Antragstellung - nach der novellierten Fassung zu behandeln beabsichtige.
Mit Bescheid vom 13. März 2003 erteilte das Bundesamt der Klägerin für die bezeichnete Anlage mit Wirkung vom 1. April 2002 die Zulassung als alte Bestandsanlage (im Sinne des § 5 Abs. 1 KWKG). Inhalt des Bescheides ist die Feststellung, dass die im Sachverständigengutachten II verwandten Grundlagen und Rechenmethoden den anerkannten Regeln der Technik entsprechen. Die weiteren Bestandteile des Bescheides (Nebenbestimmungen und Hinweise) sind nicht streitbefangen, so dass insoweit auf den Bescheid verwiesen werden kann.
Am 9. April 2003 legte die Klägerin Widerspruch gegen den Bescheid vom 13. März 2003 bezüglich der Nichtberücksichtigung des Gutachtens I auf Basis des Arbeitsblattes FW 308 vom August 2001 ein. Zur Begründung führte sie aus, ihr stehe aufgrund der Verfahrensgeschichte zur Novellierung des Arbeitsblattes FW 308 durch die zuständigen Fachkreise und der Äußerungen der Behördenmitarbeiter in diesem Verfahren ein Wahlrecht zu, welche Berechnungsmethode bei der Zulassung der Anlage anzuwenden sei. Das Arbeitsblatt sei in einem höchst aufwändigen Prozess durch verschiedene Arbeitskreise modifiziert worden, um es den tatsächlichen Gegebenheiten anzupassen und eine sachgerechtere Verteilung der Margen zu ermöglichen bzw. Wettbewerbsverzerrungen durch unterschiedliche Berechnungsmethoden zu vermeiden. Es habe im Verlauf des Verfahrens zahlreiche Gespräche mit dem Bundesamt gegeben, aus denen sich ergeben habe, dass das Bundesamt aufgrund der neuen Verfahren im laufenden Jahr den Anlagenbetreibern zugestehen wolle, auszuwählen, ob die bisherige Fassung des Arbeitsblattes oder die novellierte Version den zu erstellenden Sachverständigengutachten zugrunde zu legen seien. Da die ältere Berechnungsmethode für sie, die Klägerin, günstiger sei, wähle sie diese, was von dem Bundesamt berücksichtigt werden müsse. Des Weiteren sei die Antragstellung zu einem Zeitpunkt erfolgt, in dem die neue Fassung des Arbeitsblattes FW 308 noch nicht im Bundesanzeiger veröffentlicht bzw. bekanntgegeben worden sei. Die im Arbeitsblatt selbst erklärte (frühere) Inkraftsetzung auf den 5. November 2002 sei nicht zulässig.
Mit Widerspruchsbescheid vom 15. August 2003 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, das jedem Antrag auf Zulassung einer Kraft-Wärme-Kopplungsanlage beizufügende Sachverständigengutachten müsse auf der Grundlage des Arbeitsblattes FW 308 in der jeweils gültigen Fassung erstellt worden sein. Die im Jahr 2002 novellierte Fassung sei zwar erst am 22. November 2002 im Bundesanzeiger veröffentlicht worden, sei aber bereits am 5. November 2002 in Kraft getreten. Der nach diesem Tag gestellte Antrag der Klägerin müsse daher ein Gutachten enthalten, das auf der novellierten Fassung des Arbeitsblattes basiere. Die Klägerin könne sich auch nicht darauf berufen, ihr sei der Tag des Inkrafttretens nicht bekannt gewesen, da verantwortliche Mitarbeiter der Klägerin in den zuständigen Arbeitskreisen an der Novelle mitgearbeitet hätten. Auf Vertrauensschutz könne sich die Klägerin nicht berufen, da das Bundesamt weder direkt noch mittelbar durch Äußerungen seiner Bediensteten ein Vertrauen auf das Bestehen eines Wahlrechts für Anträge, die nach dem Inkrafttreten der Novelle des Arbeitsblattes gestellt würden, gesetzt habe. Das Datum des - früheren - Inkrafttretens sei der Klägerin auch bekannt gewesen, da diese durch die Mitarbeit ihrer leitenden Angestellten in den Gremien den Inhalt der Novellierung gekannt habe. Auch sei die neue Fassung ab dem 5. November 2002 im Internet auf der Seite der Arbeitsgemeinschaft für jedermann zugänglich gewesen.
Am 8. September 2003 hat die Klägerin bei dem Verwaltungsgericht Frankfurt am Main Klage erhoben. Zur Begründung hat sie ausgeführt, trotz der bejahten Zulassung der Anlage habe sie ein darüber hinausgehendes erhebliches Interesse an dem Ausspruch des zugrundeliegenden Sachverständigengutachtens. Das konkrete Gutachten werde - dem Grunde nach zutreffend - von dem streitbefangenen Bescheid in die Entscheidung einbezogen. Aufgrund der unterschiedlichen Berechnungsmethoden der Gutachten nach den verschiedenen Fassungen des Arbeitsblattes FW 308 sei aber die Strommenge, die als zuschlagsberechtigt angesehen werde, nicht gleich. Für den hier maßgeblichen Abrechnungszeitraum 1. April bis 31. Dezember 2002 resultiere aus der Berücksichtigung des Gutachtens II ein wirtschaftlicher Nachteil in Höhe von 1,7 Millionen Euro.
Die Forderung sei auch begründet, da ihr ein Anspruch auf Feststellung der Maßgeblichkeit des Gutachtens I zustehe. Grundsätzlich sei es zwar verfassungsrechtlich problematisch, für die Frage der anerkannten Regeln in § 6 Abs. 1 KWKG auf ein in privatrechtlicher Autonomie zustande gekommenes Regelwerk - hier das Arbeitsblatt FW 308 - zu verweisen. Durch die Wortwahl werde indes deutlich, dass nur eine widerlegbare Vermutung bestehen solle. Diese Bezugnahme auf das Arbeitsblatt müsse aber zur Rechtswirksamkeit durch die vorgesehene Veröffentlichung im Bundesanzeiger erfolgen, so dass die Antragstellung vor diesem Termin maßgeblich für die Bestimmung der anzuwendenden Regeln sei. Zudem bestehe aus dem Grundsatz des Vertrauensschutzes heraus ein Anspruch auf Anwendung der älteren Vorschriften.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des Zulassungsbescheides vom 13. März 2003 und unter Aufhebung des Widerspruchsbescheides vom 15. August 2003 zu verpflichten, die KWK-Anlage Anlagen-Nr. 103104, Gemeinschaftskraftwerk B-Stadt GmbH, Stelinger Straße 19, B-Stadt, mit Wirkung zum 1. April 2002 als alte Bestandsanlage bei Anwendung der anerkannten Regeln der Technik nach Maßgabe des Sachverständigengutachtens I auf der Basis der FW 308 Stand August 2001 zuzulassen,
hilfsweise
unter Teilaufhebung des Zulassungsbescheides vom 13. März 2003 und Aufhebung des Widerspruchbescheides vom 15. August 2003 festzustellen, dass die für den Zulassungsbescheid hinsichtlich der KWK-Anlage Anlagen-Nr. 103104, Gemeinschaftskraftwerk B-Stadt GmbH, Stelinger Straße 19, B-Stadt, vom 13. März 2003 maßgebliche und beim Sachverständigengutachten zugrunde zu legende Fassung der FW 308 diejenige mit Stand vom August 2001 ist und dass entsprechend das Sachverständigengutachten I maßgebliche Anlage gemäß § 6 Abs. 1 (Satz 3) Nr. 4 KWKG ist.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat zur Begründung vorgetragen, die Gespräche und öffentlichen Bekundungen der Bediensteten des Bundesamtes hätten zu keinem Zeitpunkt ein Vertrauen der Klägerin darauf auslösen können, sie könne im Falle der Antragstellung nach Inkrafttreten des novellierten Arbeitsblattes noch nach eigenem Ermessen auswählen, ob sie die ältere Version oder die Neufassung dem notwendigen Sachverständigengutachten zugrunde legen wolle. Ein solches Wahlrecht habe nur den Anlagenbetreibern zugestanden, die vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der Änderung des Arbeitsblattes ihre Anträge gestellt hätten. Da die Klägerin ihren Antrag aber nach dem 5. November 2002 gestellt habe, der von dem dazu berufenen Verein, nämlich der Arbeitsgemeinschaft für Wärme- und Heizkraftwirtschaft e.V., als der Tag des Inkrafttretens bestimmt worden sei, dürfe das Bundesamt nur das Gutachten auf Basis der Neufassung anerkennen. Damit werde die Klägerin auch nicht ungleich zu anderen Anlagebetreibern behandelt. Im Gegenteil beanspruche die Klägerin eine Ungleichbehandlung, die angesichts der gesetzlichen Anforderungen an ein den aktuellen Regeln der Technik entsprechendes Gutachten nicht zulässig sei.
Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt und sich an dem Verfahren nicht weiter beteiligt.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 7. April 2005 als unbegründet abgewiesen, da der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch nicht bestehe. Es sei nicht zu beanstanden, dass das Bundesamt die Neufassung des Arbeitsblattes FW 308 als maßgebend angesehen und seiner Entscheidung zugrunde gelegt habe. Abzustellen sei dabei aber nicht - wie die Beklagte meine - auf den Zeitpunkt der Behördenentscheidung. Vielmehr müsse der in der am 22. November 2002 veröffentlichten Fassung genannte Tag des Inkrafttretens, also der 5. November 2002, berücksichtigt werden. Ab diesem Zeitpunkt sei als Stand der Technik nur das modifizierte Arbeitsblatt anzuerkennen. Ähnlich wie Gesetze könne sich auch ein solches Regelwerk auf einen Zeitraum vor der Verkündung bzw. Bekanntgabe erstrecken, wenn es von den zuständigen Gremien endgültig verabschiedet und im Internet veröffentlicht worden sei. Ein Vertrauensschutz könne der Klägerin nicht zugesprochen werden, da sie selbst über ihre Angestellten maßgeblich an der Entwicklung der Regelungen mitgewirkt und damit Kenntnis erlangt habe. Auch der hilfsweise gestellte Antrag sei daher inhaltlich unbegründet.
Das Urteil ist der Bevollmächtigten der Klägerin am 3. Mai 2005 zugestellt worden.
Am 31. Mai 2005 hat die Klägerin den Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt und diesen am 4. Juli 2005 begründet. Mit Beschluss vom 20. Februar 2006 hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof die Berufung zugelassen (Az. 6 UZ 1548/05).
Die Klägerin begründet die Berufung unter Fortführung der erstinstanzlichen Ausführungen mit der aus § 6 KWKG zu gewinnenden Auslegung, für die Anwendbarkeit des technischen Regelwerks dürfe nur auf die im Bundesanzeiger veröffentlichte Fassung abgestellt werden. Da sie den Antrag vor diesem Zeitpunkt gestellt habe, könne sie das Arbeitsblatt in der Version 2001 anwenden. Eine Rückwirkung sei im Gegensatz zu den Ausführungen des Verwaltungsgerichts nicht zulässig. Es komme auch nicht auf die tatsächliche Kenntnis der beabsichtigten Neufassung noch deren Veröffentlichung in anderen Medien, hier dem Internet, an. Zudem müsse das Bundesamt sich daran festhalten lassen, dass es den Anlagenbetreibern, die ihre Anträge vor dem 5. November 2002 gestellt hätten, eine Wahlmöglichkeit eingeräumt habe. Dies sei dem vorliegenden Fall aber gleich zu achten, so dass diese Anlagenbetreiber durch die Möglichkeit des Optierens ihr gegenüber ungerecht bevorteilt worden seien.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des klageabweisenden Urteils des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 7. April 2005 und unter Abänderung des Zulassungsbescheides vom 13. März 2003 sowie unter Aufhebung des Widerspruchsbescheides vom 15. August 2003 zu verpflichten, das Gemeinschaftskraftwerk B-Stadt mit Wirkung zum 1. April 2002 als alte Bestandsanlage bei Anwendung der anerkannten Regeln der Technik nach Maßgabe des Sachverständigengutachtens I auf der Basis des Arbeitsblattes der Arbeitsgemeinschaft Fernwärme e.V., veröffentlicht in der Beilage zum Bundesanzeiger Nr. 169 a vom 8. September 2001, zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie trägt zur Begründung vor, die angegriffenen Bescheide seien nicht rechtswidrig. Die gesetzliche Regelung des § 6 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 KWKG entspreche den verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine Verweisung auf Regelwerke außerhalb des jeweiligen Gesetzes. Die Auslegung der Vorschrift zeige, dass der Gesetzgeber nicht eine dynamische Verweisung, sondern eine Vermutungsklausel dahingehend aufgestellt habe, dass bei Anwendung der FW 308 die anerkannten Regeln der Technik eingehalten worden seien. Doch auch dann, wenn eine Verweisung in der vorliegenden Form nicht erkannt werden könne, ergäbe sich für die Klägerin kein Anspruch auf die Abänderung des Bescheides vom 13. März 2003. Aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sei nämlich zu folgern, dass Mitglieder eines Verbandes sich die Kenntnis zurechnen lassen müssten. Die Klägerin habe aber unzweifelhaft von den Inhalten und Umständen der Änderung des Arbeitsblattes Kenntnis erlangt.
Die Beigeladene stellt keinen Antrag und erklärt sich im Berufungsverfahren nicht.
Gegenstand der mündlichen Verhandlung sind die Behördenunterlagen gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die vom Hessischen Verwaltungsgerichtshof zugelassene Berufung ist zulässig, insbesondere fristgerecht begründet worden. Sie hat indes in der Sache keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
Das Verwaltungsgericht ist offensichtlich davon ausgegangen, dass sowohl die im Hauptantrag erhobene Verpflichtungsklage als auch die im Hilfsantrag erhobene Feststellungsklage zulässig seien. Bezüglich der Verpflichtungsklage trifft dies zu.
Die Klage ist als Verpflichtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 VwGO statthaft, auch wenn die Grundentscheidung, nämlich die Zulassung der Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlage (KWK-Anlage) als alte Bestandsanlage nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 KWKG, nicht streitbefangen ist. Denn bezüglich der von der Klägerin begehrten Entscheidung, dass die für die Klägerin günstigere Berechnung der KWK-Strommenge ausgesprochen wird (Gutachten I statt II), liegt ein Verwaltungsakt gemäß § 35 Satz 1 VwVfG in Gestalt einer Nebenentscheidung vor, die selbständig geltend gemacht werden kann.
Die Feststellung bildet die Grundlage für die Berechtigung des Anlagenbetreibers, von der Beigeladenen, die nach dem KWKG verpflichtet ist, den erzeugten Strom abzunehmen, über den üblichen Preis hinaus einen Zuschlag zu verlangen (§ 4 Abs. 3 Satz 1 KWKG). Die Verpflichtung der Beigeladenen, an die Klägerin den Zuschlag zu leisten, bedingt die Zulassung der Anlage unter Einschluss einer konkreten Zertifizierung nach § 5 KWKG. Die Abrechnung des Anteils am erzeugten und verkauften Strom, der den Zuschlag auslöst, erfolgt gemäß § 8 Abs. 1 KWKG über eine nachträgliche Abrechnung, die nach den anerkannten Regeln der Technik erstellt und durch einen Wirtschaftsprüfer testiert werden muss. Nach § 8 Abs. 1 Satz 5 KWKG kann hierfür - wie bei § 6 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 KWKG - das Regelwerk des Arbeitsblatts FW 308 herangezogen werden.
Des Weiteren regelt § 6 Abs. 3 KWKG, dass die Zulassung der Anlage erlischt, wenn Eigenschaften der Anlage im Sinne des Absatzes 1 Satz 3 Nr. 4 KWKG verändert werden. Um derartige Änderungen feststellen zu können, muss mithin zumindest in Fällen wie dem vorliegenden, in dem unterschiedliche Gutachten vorgelegt werden, konkret bestimmt werden, auf welcher technischen Grundlage die Zulassung erfolgt.
Die Klägerin ist auch klagebefugt. Nach § 3 Abs. 10 KWKG gilt als Betreiber einer KWK-Anlage derjenige, der den Strom in ein Netz einspeist, wobei die Betreibereigenschaft unabhängig von der Eigentümerstellung ist. Der von der streitbefangenen Anlage erzeugte Strom wird von der Klägerin in das Netz der Beigeladenen eingespeist, so dass sie im Sinne der Zulassung der Anlage als Betreiberin gilt und die entsprechenden Anträge auf Zulassung bei dem Bundesamt zu stellen hat und zwar unabhängig davon, dass die Gemeinschaftsanlage von der Klägerin gemeinsam mit zwei privaten Gesellschaften betrieben wird.
Da eine Verpflichtungsklage statthaft ist, war die erstinstanzlich hilfsweise erhobene Feststellungsklage gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO nicht zulässig. Dieses Klagebegehren hat die Klägerin im Berufungsverfahren nicht aufrecht erhalten.
Die Klage ist indes unbegründet. Der Klägerin steht kein Anspruch auf die Erteilung eines Verwaltungsakts des Inhalts zu, dass das von ihr im Rahmen des Antrags auf Zulassung vorgelegte Sachverständigengutachten I Grundlage der Zulassung ist, so dass sie durch die ablehnenden Bescheide der Beklagten nicht in ihren Rechten verletzt ist, § 113 Abs. 1 und 5 VwGO.
Als Anspruchsgrundlage für das Begehren der Klägerin, das auf der Basis der Fassung des Arbeitsblattes FW 308 vom August 2001 erstellte Gutachten als relevant anzuerkennen, ist § 6 Abs. 1 KWKG heranzuziehen. Dieser lautet:
"Voraussetzung für den Anspruch auf Zahlung des Zuschlags ist die Zulassung als KWK-Anlage gemäß § 5. Die Zulassung ist zu erteilen, wenn die KWK-Anlage die Voraussetzungen nach § 5 erfüllt. Der Antrag muss enthalten:
1. Angaben zum Anlagenbetreiber,
2. Angaben und Nachweise über den Zeitpunkt der Aufnahme des Dauerbetriebs sowie im Falle von neuen Bestandsanlagen und modernisierten Anlagen Nachweise für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 und Nr. 3 Satz 2, 3 und 5, 4. ein nach den anerkannten Regeln der Technik erstelltes Sachverständigengutachten über die Eigenschaften der Anlage, die für die Feststellung des Vergütungsanspruchs von Bedeutung sind; als anerkannte Regeln gelten die von der Arbeitsgemeinschaft Fernwärme e.V. in Nummer 4 bis 6 des Arbeitsblattes FW 308 Zertifizierung von KWK-Anlagen - Ermittlung des KWK-Stromes (Beilage zum Bundesanzeiger Nr. 169a vom 8. September 2001) in der jeweils geltenden Fassung enthaltenen Grundlagen und Rechenmethoden. Anstelle des Gutachtens nach Satz 1 können für serienmäßig hergestellte kleine KWK-Anlagen geeignete Unterlagen des Herstellers vorgelegt werden, aus denen die thermische und elektrische Leistung sowie die Stromkennzahl hervorgehen."
Hier streitbefangen ist die in Nr. 4 genannte Voraussetzung der Vorschrift, dass der Anlagenbetreiber ein nach den anerkannten Regeln der Technik erstelltes Sachverständigengutachten vorlegt, in dem der Nachweis der KWK-Anlagenkategorie nach § 5 KWKG geführt wird und die Eigenschaften der Anlagen sowie die Rechenverfahren zur Ermittlung des KWK-Stromes darzustellen sind.
Nach der gesetzlichen Vorgabe ist das Arbeitsblatt FW 308 als eine Berechnungs- und Methodenvorgabe anzusehen, die dem Sachverständigen bei der Erstellung seines Gutachtens die Grundlagen der Berechnung zur Verfügung stellt. Der Nachweis, dass das vorzulegende Gutachten den Stand der Technik beachtet, ist indes auch auf anderem Wege zu führen.
Der unbestimmte Rechtsbegriff des Stands der Technik wird im KWKG nicht erläutert, kann aber aufgrund seiner Verwendung in anderweitigen Umweltgesetzen hinreichend definiert werden. So legt der Gesetzgeber in § 3 Abs. 6 BImSchG fest: "Stand der Technik im Sinne dieses Gesetzes ist der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zur Begrenzung von Emissionen in Luft, Wasser und Boden, zur Gewährleistung der Anlagensicherheit, zur Gewährleistung einer umweltverträglichen Abfallentsorgung oder sonst zur Vermeidung oder Verminderung von Auswirkungen auf die Umwelt zur Erreichung eines allgemein hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt gesichert erscheinen lässt. Bei der Bestimmung des Standes der Technik sind insbesondere die im Anhang aufgeführten Kriterien zu berücksichtigen." Und § 15 EnEV lautete: " (1) Das Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen kann im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit durch Bekanntmachung im Bundesanzeiger auf Veröffentlichungen sachverständiger Stellen über anerkannte Regeln der Technik hinweisen, soweit in dieser Verordnung auf solche Regeln Bezug genommen wird. (2) Zu den anerkannten Regeln der Technik gehören auch Normen, technische Vorschriften oder sonstige Bestimmungen anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft oder sonstiger Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, wenn ihre Einhaltung das geforderte Schutzniveau in Bezug auf Energieeinsparung und Wärmeschutz dauerhaft gewährleistet."
Trotz der auch in § 6 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 KWKG genannten Veröffentlichung des Arbeitsblattes im Bundesanzeiger ist eine solche normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift wie in § 15 EnEV hier allerdings nicht gegeben, da es am Moment der Veröffentlichung durch eine staatliche Stelle fehlt. Normkonkretisierende Verwaltungsvorschriften werden regelmäßig von privaten Gremien entwickelt, indes durch das zuständige Bundesministerium oder eine dafür berufene Behörde in dem bestimmten Amtsblatt oder dem Bundesanzeiger veröffentlicht (vgl. § 10 Abs. 2 WärmeschutzV).
Die Form und die Bindungswirkung derartiger und anderer Verweisungsformen sind im Einzelfall problematisch, da die Regeln der Technik auch dann nicht zu den Rechtsnormen rechnen, wenn der Gesetzgeber in gesetzlichen Bestimmungen auf die "Regeln der Technik" verweist und er diese dadurch in seinen Regelungswillen aufnimmt (BVerwG, Beschluss vom 3. September 2003 - 7 B 6.03 -, Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 167). Welche anerkannten Regeln der Technik bestehen und wie sie mit Blick auf den Einzelfall anzuwenden sind, hat das Gericht zu ermitteln. Wie weit technische Regelwerke ihrem Anspruch gerecht werden, die anerkannten Regeln der Technik zu konkretisieren, ist ebenfalls keine Rechtsfrage, sondern eine Frage der praktischen Tauglichkeit der Arbeitsergebnisse zu dem ihnen zugedachten Zweck (BVerwG, Beschluss vom 30. September 1996 - 4 B 175.96 - Buchholz 445.4 § 18 b WHG Nr. 2 = NVwZ-RR 1997, 214).
So stellt das Bundesverwaltungsgericht bezüglich der TA Luft fest (Urteil vom 21. Juni 2001 - 7 C 21.00 -, BVerwGE 114, 342), es sei Aufgabe dieses technischen Regelwerks, das auf der Grundlage des § 48 BImSchG nach Anhörung der beteiligten Kreise (§ 51 BImSchG) erlassen werde, einen gleichmäßigen und berechenbaren Gesetzesvollzug sicherzustellen. Zu diesem Zweck konkretisiere es die unbestimmten Rechtsbegriffe des Bundesimmissionsschutzgesetzes durch generelle Standards, die entsprechend der Art ihres Zustandekommens ein hohes Maß an wissenschaftlich-technischem Sachverstand verkörpern und zugleich auf abstrakt-genereller Abwägung beruhende Wertungen des hierzu berufenen Vorschriftengebers zum Ausdruck bringen könnten. Die Funktion der auf besonderen Sachverstand gegründeten TA-Luft sei es, den Gesetzesvollzug zu vereinheitlichen, wobei auch sogenannte Dynamisierungsklauseln zulässig seien.
Dem Gesetzgeber steht in Bezug auf die Möglichkeit, in einem Gesetz auf technische Regelwerke und die "Regeln der Technik" zu verweisen, zudem ein Entscheidungsraum zu. So kann der Eintritt bestimmter Rechtsfolgen von der Beachtung "allgemein anerkannter Regeln" abhängig gemacht werden (BVerwG, Beschluss vom 6. Dezember 1999 - 4 B 75.99 -, Buchholz 406.41 Baugestaltungsrecht Nr. 5 = BayVBl 2000, 698). Die tatbestandliche Anknüpfung an "allgemein anerkannte Regeln der Technik" gehört zu den herkömmlichen Regelungsmustern, die unter dem Blickwinkel der Berechenbarkeit des Rechts, der Rechtsklarheit und der Rechtssicherheit keinen Bedenken begegnen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 8. August 1978 - 2 BvL 8/77 -, BVerfGE 49, 89, 135).
Einschränkend ist indes festzustellen, dass sich der Gesetzgeber nicht des Rechts begeben darf, selbst festzulegen, wieweit die normative Wirkung seiner Regelung reicht. Dies gilt auch soweit das Gesetz auf "anerkannte Regeln" verweist und auf außerrechtliche Maßstäbe zurückgreift. Rechtliche Relevanz erlangen die Regeln nicht deshalb, weil sie eigenständige Geltungskraft besäßen, sondern nur dadurch, dass der Gesetzgeber sie in seinen Regelungswillen aufnimmt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. Dezember 1995 - 4 B 250.95 -, Buchholz 445.4 § 18 b WHG Nr. 1; Beschluss vom 30. September 1996 - 4 B 175.96 -, a.a.O.). Die unter Bestimmtheitsgesichtspunkten gebotene tatbestandliche Eingrenzung muss bei dieser Verweisungstechnik insofern gewährleistet sein, als ausschließlich "allgemein anerkannte" Regeln eine Maßstabsfunktion erfüllen. Dazu zählen diejenigen Prinzipien und Lösungen, die in der Praxis erprobt und bewährt sind und von der Mehrzahl der Praktiker als richtig und notwendig akzeptiert werden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 8. August 1978 - 2 BvL 8/77 - a.a.O., 135; BVerwG, Beschlüsse vom 18. Dezember 1995 - BVerwG 4 B 250.95 - und vom 30. September 1996 - BVerwG 4 B 175.96 - a.a.O.).
Dieser Rechtsprechung folgend ist es nicht zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber in § 6 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 KWKG nicht nur den Begriff der anerkannten Regeln der Technik für das aufzustellende Sachverständigengutachten vorgibt, sondern auch auf ein Regelwerk verweist, das von privater dritter Seite erstellt wurde. Hierbei ist entscheidend, dass dieses Regelwerk im Zeitpunkt der Verabschiedung des Gesetzes veröffentlicht war und somit vom Gesetz rezipiert werden konnte.
Allerdings belässt es der Gesetzgeber in § 6 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 KWKG nicht bei dem Verweis auf das im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Gesetzes bestehende technische Regelwerk, sondern schreibt eine Geltung des Arbeitsblattes in der jeweils gültigen Fassung vor. Damit orientieren sich die Anforderungen an die Anlagenbetreiber nicht nur an dem im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes aktuellen Stand der Technik (sogenannte starre Verweisung), sondern eröffnen eine Möglichkeit, auf Veränderungen und technischen Fortschritt zu reagieren. Dies kann sachgerecht sein, da durch eine starre Verweisung rasch eine Situation entstehen könnte, die neuere Entwicklungen unberücksichtigt lässt. Durch die Anforderungen des Gesetzes an den - jeweiligen - Stand der Technik entsprechen Verweisungen im Übrigen generell nur dann dem wissenschaftlichen und technischen Fortschritt, wenn eine gewisse Dynamik erreicht wird. Dies kann der Gesetzgeber - wie im vorliegenden Fall - durch Aufnahme der Formulierung, dass die Regeln "in ihrer jeweils gültigen Fassung" Verwendung finden sollen, erreichen.
Eine strikte, technische Regelwerke allgemein, d.h. auch mit Wirkung für die Verwaltungsgerichte verbindlich machende dynamische Verweisung ist indes verfassungsrechtlich unzulässig, da sich der Gesetzgeber in diesem Fall seiner Verantwortlichkeit vollständig begibt und die Verantwortung für nur von ihm selbst regelbare Tatbestände in die Hände Dritter legt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Januar 2007 - 2 BvR 2408/06 -, GewArch 2007, 149; Beschluss vom 9. Mai 1972 - 1 BvR 518/62 u.a. -, BVerfGE 33, 125 = NJW 1972, 1504; Büdenbender/Rosin, § 6 Rdnr. 63 f.; Kloepfer, Umweltrecht, 3. Aufl. 2004, § 3 Rdnr. 77 u. 85). Der Gesetzgeber darf sich seiner Rechtsetzungsbefugnis nicht völlig entäußern und seinen Einfluss auf den Inhalt der von den berufenen Gremien zu erlassenden Normen und Regelungen nicht gänzlich preisgeben. Das Prinzip der Demokratie gebietet, dass jede Ordnung eines Lebensbereichs durch Sätze objektiven Rechts auf eine Willensentschließung der vom Volke bestellten Gesetzgebungsorgane zurückgeführt werden können muss. Der Gesetzgeber darf seine vornehmste Aufgabe nicht anderen Stellen innerhalb oder außerhalb der Staatsorganisation zu freier Verfügung überlassen.
Verfassungsrechtlich unbedenklich erweist sich demgemäß ein Bezug auf anerkannte Regeln der Technik in der jeweils gültigen Fassung dann, wenn diesen Normen keine strikte, unmittelbar rechtsverbindliche Wirkung, sondern lediglich die Funktion einer Vermutung beigemessen wird, von der Behörden und Gerichte in begründeten Fällen abweichen können (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30. September 1996 - 4 B 175.96 -, NVwZ-RR 1997, 214 zu § 18b WHG). § 6 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 KWKG mit dem Hinweis auf die jeweils geltende Fassung des Arbeitsblattes FW 308 ist trotz der auf eine unzulässige dynamische Verweisung hindeutenden Fassung als verfassungsgemäß zu betrachten. Die Norm ist nämlich einer verfassungskonformen Auslegung dahingehend zugänglich, dass lediglich vermutet wird, dass das genannte Arbeitsblatt und die darin enthaltenen Grundlagen und Rechenmethoden die anerkannten Regeln der Technik beinhalten und folglich als solche keine allgemeine Verbindlichkeit beanspruchen.
Trotz des im Wortlaut der Vorschrift verwandten "gelten" ist eine Deutung zulässig, wonach nur eine Vermutung dafür besteht, dass bei entsprechender Berücksichtigung des Arbeitsblattes FW 308 die anerkannten Regeln der Technik angewandt worden sind. Die in anderen Gesetzen übliche Formulierung "insbesondere" würde den Regelcharakter deutlicher machen, als es in der vorliegenden Norm der Fall ist. Eine solche Klarstellung ist aber nicht zwingend, denn die Stellung der Bezugnahme auf das Arbeitsblatt FW 308 im System der Gesamtregelung ergibt, dass der Gesetzgeber von einem Regelbeispiel ausgeht. So ist mit § 6 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4, 1. Halbsatz KWKG der zur Anerkennung führende Tatbestand in Form einer Generalklausel bereits vollständig aufgezählt. Erst durch die Hinzufügung im 2. Halbsatz wird das Arbeitsblatt dahingehend in die Norm eingebunden, dass Teile davon - nämlich die Nummer 4 bis 6 - die Regeln der Technik abbilden sollen. Zutreffend weisen Büdenbender/Rosin (KWK-AusbauG, § 6 Rdnr. 66) auch darauf hin, dass sich die hier gewählte komplizierte Satzkonstruktion nur dann erklären lässt, wenn von einer Vermutungsklausel ausgegangen wird. Ansonsten hätte es sich angeboten, vorzuschreiben, dass das dem Antrag beizufügende Sachverständigengutachten zwingend anhand der Vorgaben des Arbeitsblattes in der jeweiligen Fassung zu erstellen sei.
Auch die Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung spricht für die Annahme einer Regelvermutung (BT-Drucks. 14/7024, S. 12), indem formuliert wird: "Für die Qualifizierung des Stroms als KWK-Strom ist auf die anerkannten Regeln der Technik, insbesondere das Regelwerk des Arbeitsblattes FW 308 der Arbeitsgemeinschaft Fernwärme e.V., abzustellen."
Zuletzt muss auch Beachtung finden, dass offensichtlich nicht beabsichtigt war, den hier maßgebenden unbestimmten Rechtsbegriff der "anerkannten Regeln der Technik" gegebenenfalls auch der Überprüfung durch die Verwaltungsgerichte zu entziehen. Die Behördenentscheidung, ob das vom Betreiber vorgelegte Gutachten über die Eigenschaften der Anlage nach den anerkannten Regeln erstellt wurde, sollte vielmehr erkennbar der Kontrolle der Verwaltungsgerichte unterliegen, die - gegebenenfalls durch eine Beweisaufnahme - das Vorliegen dieser Voraussetzung im Streitfall überprüfen können.
Damit ist es nach der Formulierung des Gesetzes nicht zu beanstanden, wenn der Anlagenbetreiber eine andere geeignete Möglichkeit des Nachweises wählt, die Anlageneigenschaften gegenüber der Genehmigungsbehörde nachzuweisen. Bezieht er sich nicht auf die Berechnungsmethoden des genannten Arbeitsblattes FW 308 bzw. legt diese dem Sachverständigengutachten nicht zugrunde, so darf die für die Prüfung und Entscheidung zuständige Behörde das Gutachten nicht wegen der Nichtverwendung des Arbeitsblattes zurückweisen. Die Möglichkeit des anderweitigen Nachweises sehen im Übrigen die Beteiligten nach den entsprechenden Ausführungen in der mündlichen Verhandlungen ebenso als gegeben an und das Bundesamt hat darüber hinaus erklärt, es lägen in der Behördenpraxis bereits Fälle vor, in denen Sachverständigengutachten erstellt und anerkannt worden seien, die nicht auf dem Arbeitsblatt FW 308 basierten.
Der Anlagenbetreiber ist mithin berechtigt, nicht jedoch verpflichtet, ein Gutachten auf Basis der technischen Regelungen im vorgegebenen bzw. vorgeschlagenen Arbeitsblatt FW 308 zu erstellen.
Die weitere, zur Entscheidung im vorliegenden Fall wesentliche und zwischen den Beteiligten umstrittene Frage, welche Fassung des Arbeitsblattes FW 308 zur Bescheidung des Antrags der Klägerin heranzuziehen ist und ob hierbei die Berechnungen des Gutachtens I oder die des Gutachtens II maßgeblich sind, hängt davon ab, ob und wann die geänderte Fassung des Arbeitsblattes Wirksamkeit erlangt hat.
Wesentliche Voraussetzung für das Wirksamwerden der Neuregelung ist deren ordnungsgemäße Veröffentlichung. Vom Gesetzgeber rezipiert wird das technische Regelwerk des Vereins "Arbeitsgemeinschaft für Wärme und Heizkraftwirtschaft - AGFW - e.V. bei dem Verband der Elektrizitätswirtschaft e.V." (im Weiteren AGFW), der im allgemeinen Interesse die Novellierung des Arbeitsblattes FW 308 im Jahr 2002 durchgeführt hat. Die Ansicht, die AGFW könne den Zeitpunkt des Inkrafttretens in eigener Zuständigkeit bestimmen und in einer ihr als üblich erscheinenden Weise bekanntgeben (hier durch Veröffentlichung auf der vereinseigenen Homepage), erfüllt indes nicht rechtsstaatliche Kriterien. Rechtsstaatlichen Anforderungen entspricht es, dass in einem klar und eindeutig geregelten Verfahren der Inhalt der Änderungen und der Beginn der Geltung den betroffenen Kreisen zugänglich gemacht wird. Bei der Ausgestaltung dieses Verfahrens ist derjenige, der für die Veröffentlichung des Regelwerks zuständig ist, nicht völlig frei.
Bezüglich der Publikation technischer Anleitungen führt das Bundesverwaltungsgericht im Beschluss vom 6. Dezember 1999 (- 4 B 75.99 -, Buchholz 406.41 Baugestaltungsrecht Nr. 5 = BayVBl 2000, 698) zwar aus, anerkannte Regeln der Technik würden dadurch in Recht transformiert, dass sie im Gesetz als Tatbestandsmerkmal aufgeführt würden. Aus dem Publikationserfordernis lasse sich aber nicht ableiten, dass die Regeln bei diesem Rezeptionsvorgang in derselben Weise veröffentlicht werden müssten wie das Gesetz, in dem auf sie Bezug genommen werde. Regeln zeichneten sich gerade dadurch aus, dass sie sich aus der Praxis heraus entwickelten. Ihre Anerkennung sei zudem nicht davon abhängig, dass sie bestimmten formalen Anforderungen genügten. Eine rechtssatzförmige Verkündung erübrige sich, weil es bei Regelwerken nicht darum gehe, Rechtsnormen Geltung zu verschaffen, die ohne die dafür unabdingbare Publikation nicht in Kraft treten könnten. Rechtliche Relevanz erlangten sie lediglich dadurch, dass sie im Wege der Rezeption Inhalt der Verweisungsnorm würden, die ihrerseits dem Erfordernis genügen müsse, ordnungsgemäß verkündet zu sein.
Zu der Frage, ob bei der Veränderung bzw. Neufassung der in Bezug genommenen Regelwerke eine bestimmte Verfahrensweise der Veröffentlichung eingehalten werden muss, lassen sich aus dieser Entscheidung, die die Frage einer Publikation ohne gesetzliche Bestimmung eines Regelbeispiels oder einer in Betracht zu ziehenden technischen Anleitung betrifft, keine Grundsätze herleiten. Aus der nach rechtsstaatlichen Grundsätzen zwingenden Konkretisierung der Verweisung (und dem Verbot einer dynamischen Verweisung) folgt jedoch, dass es dem Normadressaten ermöglicht werden muss, die jeweilige Regelsetzung zu finden, wenn eine konkrete "Rechtsquelle" rezipiert wird, etwa durch den Hinweis auf eine bestimmte Veröffentlichungsquelle (vgl. § 7 Abs. 5 BImSchG). Insbesondere ist die Publizitätspflicht für Änderungen immer dann zu fordern, wenn der Gesetzgeber zur Verwirklichung des konkreten Tatbestandes auf ein bestimmtes technisches Regelwerk verweist. Aus rechtsstaatlichen Gründen ist damit zwingend, dass die für Entscheidungen der Anlagenbetreiber wesentlichen Informationen über Änderungen oder Neufassungen derartiger in Bezug genommener Regelwerke den betroffenen Kreisen in gleicher Weise zugänglich gemacht werden müssen wie das ursprüngliche Regelwerk. Wird mithin als Quelle der Information ein bestimmter Verlag genannt, der technische Sammelwerke veröffentlicht, so müssen die entsprechenden Veröffentlichungen auch in diesem Verlag erfolgen. Wird eine bestimmte Fundstelle in einer regelmäßig erscheinenden Publikation genannt, so müssen auch die nachfolgenden Änderungen dort veröffentlicht werden.
Es spricht vieles dafür (ohne dass es allerdings im vorliegenden Fall einer abschließenden Beurteilung bedürfte), dass darüber hinaus generell eine allgemeine Publizitätspflicht in einer der Veröffentlichungen im Bundesanzeiger ähnlich verkörperlichten und authentischen Form erforderlich ist, wenn - wie hier - auf die Geltung eines technischen Regelwerks in der jeweils aktuellen Fassung abgestellt wird. Begibt sich der Gesetzgeber durch die Aufnahme einer Formulierung "in der jeweils gültigen Fassung" der Möglichkeit, Veränderungen der Regelwerke, auf die er im Gesetz verweist, vor der Übernahme in jedem Einzelfall zu prüfen und sodann zu entscheiden, ob sie Geltung beanspruchen sollen dürfen, so muss zumindest gewährleistet sein, dass in einem klar und eindeutig geregelten Verfahren der Inhalt der Änderungen und der Beginn der Geltung den betroffenen Kreisen zugänglich gemacht wird.
Die von der Beklagten als ausreichend betrachtete Veröffentlichung der Neufassung des Arbeitsblattes auf der Internetseite der AGFW scheidet damit von vornherein aus, wobei es keines Eingehens darauf bedarf, ob die Veröffentlichung im Internet generell den Anforderungen an die Gewährleistung der Authentizität und des Schutzes vor unbefugten Veränderungen entspricht.
Hieraus folgt, dass für die Veröffentlichung der Neufassung des Arbeitsblattes FW 308 nach § 6 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 KWKG und damit für ihre Wirksamkeit allein auf das Datum der Veröffentlichung im Bundesanzeiger am 22. November 2002 (Nr. 218a), nicht aber auf die frühere Einstellung der Texte im Internet (am 5. November 2002) abgestellt werden kann. Auf die Kenntnis einzelner Personen oder Anlagenbetreiber von Plänen der Veröffentlichung oder ihres Inhalts - die bei der Klägerin vorhanden gewesen sein dürfte - kommt es darüber hinaus nicht an.
Des Weiteren ist zweifelhaft, ob die Neufassung des Arbeitsblattes mit Veröffentlichung am 22. November 2002 rückwirkend zum 5. November 2002 in Kraft gesetzt werden konnte. Aus den bereits genannten Voraussetzungen der Rezeption privat erstellter technischer Regelwerke durch den Gesetzgeber und dem Gleichbehandlungsgebot ergibt sich, dass dem Regelwerk durch den Ersteller nicht schlicht Rückwirkung zuerkannt werden darf.
Die notwendige Verantwortungsübernahme des Gesetzgebers durch eine Verweisung auf die jeweils geltende Fassung eines technischen Regelwerks würde unmöglich gemacht, wenn die privatwirtschaftliche Organisation, der die Abfassung der in Bezug genommenen technischen Regelwerke obliegen soll, es auch in der Hand hätte, den Zeitpunkt der Geltung der Regelwerke von dem Zeitpunkt der Veröffentlichung zu trennen. Schließlich soll durch eine Pflicht der Veröffentlichung einer Änderung oder Neufassung in gleicher Weise wie im Gesetz für die ursprüngliche Version vorgegeben, verhindert werden, dass Informationen über Änderungen vorsätzlich wie fahrlässig verborgen, einzelnen Betroffenen entzogen und Vorteile einseitig den mit der Neufassung betrauten Kreisen ermöglicht werden. Diese Möglichkeiten bestünden etwa dann, wenn zwar die Veröffentlichung einer Änderung des maßgeblichen technischen Regelwerks in gleicher Weise wie das ursprüngliche Regelwerk erfolgen würde, es den betroffenen Anwendern aber wegen vorzeitigen Inkrafttretens gegebenenfalls nicht mehr möglich wäre, ihre Handlungsweisen auf die Änderung abzustimmen.
Der Vergleich mit der in Grenzen zulässigen Rückwirkung von Gesetzen zu Lasten von Betroffenen (etwa im Steuerrecht, vgl. BVerfG, Beschluss vom 15. Oktober 1996 - 1 BvL 44/92 u.a. -) verbietet sich hier bereits aus dem Gegensatz der Normqualität von Gesetzen und technischen Regelwerken. Letztere werden regelmäßig - wie im vorliegenden Fall - von nichtöffentlich tagenden privat organisierten Kreisen verfasst und redigiert. Gesetze werden hingegen vom dazu berufenen demokratisch legitimierten Gesetzgeber in einem öffentlichen Verfahren beraten und verabschiedet, so dass es jedermann möglich ist, Kenntnis von den Vorhaben zu erlangen und seine Handlungen hierauf einzustellen.
Die Frage einer möglichen Unzulässigkeit der nach dem Willen der AGFW eintretenden Rückwirkung der Neufassung des Arbeitsblattes zum 5. November 2002 kann letztlich aber offen bleiben. Für die rechtliche Beurteilung des Antrags der Klägerin ist nämlich auch dann, wenn man der Neufassung keine rückwirkende Kraft beimisst, das neugefasste Arbeitsblatt und das auf der Grundlage dieser Fassung erstellte Gutachten II maßgeblich. Dies folgt daraus, dass die Klägerin den Antrag auf Zertifizierung ihrer Anlage erst nach dem Zeitpunkt des Inkrafttretens am 22. November 2002 gestellt hat. Zwar ging das Antragsformular bereits am 8. November 2002 bei der Behörde ein. Erst im Zeitpunkt, in dem auch das Sachverständigengutachten bei der Behörde einging, d.h. am 23. Dezember 2002, kann aber von einem Antrag im Sinne des Gesetzes gesprochen werden.
Welche Anforderungen an einen Antrag zu stellen sind und auf welchen Zeitpunkt für die Entscheidung über diesen Antrag und für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer behördlichen Ablehnung abzustellen ist, richtet sich nach dem materiellen Recht.
Für die bei der Beantragung der Zulassung einer KWK-Anlage einzuhaltenden Anforderungen ist auf § 6 Abs. 1 Satz 3 KWKG abzustellen. Danach muss der Antrag auf Zulassung der KWK-Anlage zwingend mehrere Elemente enthalten, unter anderem das Sachverständigengutachten über die Einhaltung der Regeln der Technik. Nur bei einem vollständigen Antrag kann bei einer behördlichen Prüfungskompetenz eine zutreffende Beurteilung des Sachverhalts erfolgen (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 6. April 1989 - 3 TH 503/89 -, NVwZ-RR 1989, 635). Die Vollständigkeit der Antragsunterlagen ist mithin kein Selbstzweck, sondern ein wesentlicher Bestandteil eines geordneten Verwaltungsverfahrens zur Bearbeitung des Begehrens des jeweiligen Antragstellers unter Berücksichtigung eventueller Interessen von anderen Beteiligten, seien dies Behörden oder private Dritte. Vergleichbar mit dem vorliegenden Fall beginnt im Baugenehmigungsverfahren die Frist, nach deren Ablauf die Baugenehmigung im vereinfachten Genehmigungsverfahren als erteilt gilt, nicht mit der schriftlichen Eingangsbestätigung zu laufen, sondern mit dem Eingang des vollständigen Antrags (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 8. November 1996 - 4 TG 3776/96 -, NVwZ-RR 1997, 402 = BRS 58 Nr. 133; ähnlich BVerwG, Urteil vom 16. September 2004 - 4 C 7.03 -, NVwZ 2005, 213, zur Frage des gemeindlichen Einvernehmens; OVG Hamburg, Beschluss vom 22. Februar 2007 - 3 Nc 18/06 -, juris). Ebenso müssen in Genehmigungsverfahren nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz dem Antrag vollständige Unterlagen beigefügt sein, damit das Verfahren Fortgang nehmen kann (§ 10 Abs. 1 BImSchG; vgl. auch Kloepfer, Umweltrecht, 3. Aufl. 2004, § 14 Rdnr. 141 ff.). Nach § 12 Abs. 5 Gentechnikgesetz ruhen Fristen, solange die Behörde die Ergänzung der zur Entscheidung über den Antrag erforderlichen Unterlagen abwartet.
Im Fall der Zertifizierung einer KWK-Anlage muss dies auch deshalb Berücksichtigung finden, weil nicht lediglich der Antragsteller von der Entscheidung der Behörde, sondern auch Dritte maßgeblich in ihren Rechten und Pflichten betroffen werden. Dies gilt insbesondere dann, wenn ein Stichtag beachtet werden muss, da es ansonsten möglich wäre, dass der Antragsteller durch Einreichung unvollständiger Unterlagen und sukzessiver Vervollständigung der erforderlichen Ergänzungen den Zeitpunkt der Entscheidung zum Nachteil des Netzbetreibers - und mittelbar des Endverbrauchers - bestimmt. Hier muss Sorge dafür getragen werden, dass der Anlagenbetreiber durch die Abgabe unvollständiger Anträge vor dem Termin der Änderung nicht die Möglichkeit gewinnen kann, zum Nachteil betroffener Dritter die Rechtswirkung der alten Version für sich in Anspruch zu nehmen.
Auch aus der Bindung an den jeweiligen Stand der Technik folgt nichts anderes. Ist nämlich - nicht nur nach Ansicht der Beteiligten - die Neufassung des Arbeitsblattes bzw. des technischen Regelwerks zu berücksichtigen und der Zeitpunkt der Veröffentlichung insoweit maßgebend, kann ab diesem Zeitpunkt nur dann von einer Berücksichtigung der anerkannten Regeln der Technik gesprochen werden, wenn dem zu erstellenden Gutachten das aktualisierte Arbeitsblatt zugrunde lag.
Unerheblich ist in diesem Zusammenhang deshalb, ob die Behörde selbst bereits dann einen Antrag als gestellt erachtet, wenn sie einen unvollständigen Antrag erhält, etwa ein Formular, ein selbstformuliertes Schreiben oder auch bereits Informationen über die Anlage selbst. Der Antrag muss aufgrund der gesetzlichen Erfordernisse in jedem Fall einen bestimmten, notwendigen Inhalt haben, hier den Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 - 4 KWKG entsprechen, um die Prüfung der Zulassung zu ermöglichen (vgl. Büdenbender/Rosin, a.a.O., § 6 Rdnr. 29). Der Antrag der Klägerin war mithin erst dann als vollständig anzusehen, als die Klägerin der Behörde am 23. Dezember 2002 die Sachverständigengutachten (vom 16. Dezember 2002) vorlegte. Da zu diesem Zeitpunkt die Neufassung des Arbeitsblattes veröffentlicht war, durfte die Klägerin nicht auf die Version des Arbeitsblattes abstellen, die im Zeitpunkt der Erstellung des Gutachtens bzw. dessen Einreichen bei der Behörde nicht mehr Gültigkeit besaß, sondern musste - um ihren Antrag vollständig zu machen - ein Gutachten vorlegen, das auf der Grundlage der novellierten Fassung erstellt worden war. Zutreffend hat das Bundesamt daher allein das Gutachten II als maßgebend dem Zulassungsbescheid zugrunde gelegt.
Der Klägerin steht des Weiteren kein Anspruch auf Berücksichtigung des Gutachtens I aus dem Gleichbehandlungssatz des Art. 3 GG zu. Der Gleichheitssatz ist dann verletzt, wenn eine Gruppe von Betroffenen im Vergleich zu anderen Betroffenen anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, die eine Ungleichbehandlung rechtfertigen könnten (vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 7. Oktober 1980 - 1 BvL 50/79 u.a. -, NJW 1981, 271, 272). Diese Voraussetzungen sind schon nach dem Vortrag der Klägerin nicht erfüllt.
Die Klägerin hat nicht vorgetragen, dass andere Anlagenbetreiber in einer der eigenen vergleichbaren Situation (Antragstellung nach Bekanntgabe der Neufassung) durch die Beklagte anders - bevorzugt - beschieden worden sind. Vielmehr macht sie geltend, sie werde den Anlagenbetreibern gegenüber ungleich behandelt, die vor dem Inkrafttreten der Änderung des Arbeitsblattes einen Antrag gestellt hätten. Denn (nur) diesen habe das Bundesamt eine Wahlmöglichkeit eingeräumt.
Die Klägerin ist jedoch der Gruppe der Anlagenbetreiber, die ihren Antrag während der Geltung der ursprünglichen Fassung des Arbeitsblattes gestellt haben, schon bezüglich der für die rechtliche Beurteilung wesentlichen Ausgangslage nicht vergleichbar. Soweit Zulassungsanträge für KWK-Anlagen nach der Verabschiedung des KWKG 2002 und noch im Verlauf der Novellierungsverhandlungen in den Gremien der AGFW bezüglich des Arbeitsblattes FW 308 gestellt wurden, bestand für die betroffenen Anlagenbetreiber das Risiko, im Fall einer für sie negativen Änderung des Arbeitsblattes durch zu frühe Antragstellung gegebenenfalls Nachteile zu erleiden. Daraus hätte sich im Jahr 2002 die Situation ergeben können, dass alle Anträge je nach Kenntnis der Umstände der Novellierung und möglichen Konsequenzen erst kurz vor oder nach der Verabschiedung der Neufassung gestellt worden wären. Mit dem Angebot, (frühzeitigen) Antragstellern bei Antragstellung unter Geltung der Erstfassung des Arbeitsblattes FW 308 die Möglichkeit der späteren Abänderung einzuräumen, sollte Anlagenbetreibern - in Übereinstimung mit der aus dem Gesetz erkennbar werdenden Absicht, auf den aktuellen Stand der Technik abzustellen - die Möglichkeit der Aktualisierung ihres vor dem Inkrafttreten der Neufassung des Arbeitsblattes gestellten Antrages gegeben werden. Diese Möglichkeit hat die Klägerin indes - aus welchen Gründen auch immer - nicht ergriffen. Sie hat vielmehr den Antrag auf Zulassung der streitbefangenen KWK-Anlage erst nach der Novellierung und Veröffentlichung des Arbeitsblattes gestellt.
Der Klägerin steht auch kein Anspruch auf Berücksichtigung des Gutachtens I aufgrund ihrer schriftsätzlich vorgetragenen Behauptung zu, die Mitarbeiter der Beklagten hätten entsprechende Aussagen gemacht, die sich die Beklagte zurechnen lassen müsste. Eine Zusicherung nach § 38 VwVfG hat die Beklagte der Klägerin unstreitig nicht gegeben. Darüber hinaus behauptet die Klägerin auch nicht, das Bundesamt habe im Verlauf des Novellierungsprozesses ihr zu verstehen gegeben oder gar zugesagt, es bestünde auch später noch ein Wahlrecht, zwischen den Varianten zu wählen. Vielmehr macht sie geltend, sie habe die Aussagen der Mitarbeiter der Beklagten entsprechend verstanden, so dass ein Vertrauensschutz bestehe. Die Beklagte hat demgegenüber vorgetragen, für eine derartige Annahme auf Seiten der Klägerin habe sie bzw. hätten ihre Bediensteten keine Ursache gesetzt. In den entsprechenden Verlautbarungen in Fachzeitschriften, Seminaren und Gesprächsrunden sei es stets um die Fälle gegangen, in denen Anlagenbetreiber nach Verabschiedung des KWKG 2002, aber vor der Fertigstellung der beabsichtigten Novellierung des Arbeitsblattes FW 308 eine Zertifizierung beantragen würden. Dass die Klägerin diesen Angaben einen falschen Inhalt beigemessen haben kann, begründet aber keinen Anspruch auf Berücksichtigung des entsprechenden Begehrens.
Die weiter von der Klägerin behauptete Annahme, das Bundesamt habe ihr gegenüber erklärt, auch bei einer späteren Antragstellung stünde ihr wie den anderen Anlagebetreibern aus Gründen der gleichförmigen Behördenentscheidung ein Wahlrecht offen, wird von der Beklagten bestritten. Eine entsprechende schriftliche Zusicherung nach § 38 VwVfG liegt auch insoweit unstreitig nicht vor und es sind auch keine hinreichenden Anhaltspunkte für die Herbeiführung eines Vertrauens auf entsprechende Behandlung vorgetragen. Dabei muss beachtet werden, dass der Gesetzgeber nach § 38 VwVfG eine Bindungswirkung durch "einfaches" Behördenhandeln bzw. durch Verlautbarungen einzelner Bediensteter gerade ausschließen will. Da es der Beklagten nach der Veröffentlichung der Änderungen des Arbeitsblattes FW 308 jedoch verwehrt war, Gutachten, die auf der Grundlage der ursprünglichen Fassung erstellt worden waren, als dem Stand der Technik entsprechend anzuerkennen, könnten mündliche Absichtserklärungen auch dann nicht zur Verpflichtung der Beklagten führen, ein von der Klägerin bestimmtes Gutachten anzuerkennen, wenn sie bewiesen würden. Für eine Beweisaufnahme über diese Behauptung der Klägerin war mithin im vorliegenden Fall kein Raum.
Die Kosten des gesamten Verfahrens hat die Klägerin zu tragen (§ 154 Abs. 2 VwGO. Gründe für die Auferlegung der Kosten der Beigeladenen auf die Klägerin liegen nicht vor.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10 und § 711 Satz 1 ZPO i. V. m. § 167 VwGO.
Da der Rechtssache aufgrund der nicht erkennbaren Auswirkungen auf weitere Verfahren keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, liegen des Weiteren keine Gründe für die Zulassung der Revision i. S. d. § 132 Abs. 2 VwGO vor.
Beschluss
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Berufungsverfahren festgesetzt auf 1.700.000,- Euro.
Gründe:
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 2 GKG. Hierbei geht der Senat von dem von der Klägerin dargelegten wirtschaftlichen Wert des Interesses aus.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).
Ende der Entscheidung
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