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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 05.08.2009
Aktenzeichen: 7 B 2059/09
Rechtsgebiete: GG, HSchG


Vorschriften:

GG Art. 2 Abs. 1
GG Art. 3 Abs. 1
HSchG § 26 Abs. 1 S. 5
HSchG § 26 Abs. 3
1. Aus Art. 2 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG können über einen Mindeststandard an staatlicher Bildungsgewährleistung hinaus keine grundrechtlich geschützten Leistungsansprüche hergeleitet werden. Insbesondere ergibt sich daraus kein Anspruch auf eine Änderung oder Erweiterung des schulischen Unterrichtsangebots der eine bestimmte organisatorische Gestaltung der Schule.

2. Die Vorschrift des § 26 Abs. 3 Satz 1 HSchG ist eine reine Organisationsregelung, die das Entscheidungsrecht der Schulkonferenz nach § 129 Nr. 4 HSchG konkretisiert. Die Regelung ist demgemäß nicht dazu bestimmt, den Individualinteressen der Schüler des Gymnasialzweiges einer schulformbezogenen Gesamtschule zu dienen.

3. Die von der Schulkonferenz gemäß § 26 Abs. 3 Satz 1 HSchG beschlossene Rückkehr zur 6-jährigen Organisation des Gymnasialzweiges einer schulformbezogenen Gesamtschule unter Einbeziehung der bereits aufgenommenen Schüler in den Jahrgangsstufen 6 bis 8, die 5-jährig organisiert sind, beinhaltet eine unechte Rückwirkung oder tatbestandliche Rückanknüpfung.

4. Bei den Schülern, die in den Schuljahren 2006/2007 und 2007/2008 in eine schulformbezogene Gesamtschule aufgenommen wurden und mittlerweile die Jahrgangsstufen 6 und 7 abgeschlossen haben, liegt ein schutzwürdiges Vertrauen in die Fortführung der in Hessen mit Änderungsgesetz vom 29. November 2004 eingeführten 5-jährigen Organisation des gymnasialen Bildungsgangs vor. Die Schüler dieser Jahrgangsstufen brauchten nicht damit zu rechnen, dass die vom Gesetzgeber vorgenommene Änderung schon wenige Jahre später durch eine Organisationsmaßnahme an ihrer Schule zurückgenommen wird.


HESSISCHER VERWALTUNGSGERICHTSHOF BESCHLUSS

7 B 2059/09

In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Schulrechts - Rückkehr zur 6-jährigen Organisation des Gymnasialzweiges einer schulformbezogenen Gesamtschule auch für während 5-jähriger Organisationsform aufgenommene Schüler

hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof - 7. Senat - durch

Vizepräsidenten des Hess. VGH Dr. Rothaug, Richterin am Hess. VGH Schäfer, Richter am Hess. VGH Dr. Ferner

am 5. August 2009

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Gießen vom 18. Juni 2009 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Antragstellerin zu tragen.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 5.000,00 € festgesetzt.

Gründe:

Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg.

Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere ist sie form- und fristgerecht eingelegt (§ 147 Abs. 1 Satz 1 VwGO) und auch fristgerecht begründet worden (§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO).

Die Beschwerde erweist sich jedoch als unbegründet. Denn bei summarischer Prüfung der von der Antragstellerin dargelegten Gründe kann nicht festgestellt werden, dass das Verwaltungsgericht im Ergebnis rechtsfehlerhaft entschieden hat. Die Voraussetzungen für den Erlass der von der Antragstellerin nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO begehrten Regelungsanordnung liegen auch nach Auffassung des Beschwerdegerichts nicht vor.

1. Die Antragstellerin erstrebt mit ihrem Antrag, den Antragsgegner zu verpflichten, sie in der xxxschule - einer schulformbezogenen (kooperativen) Gesamtschule - in xxx ab dem Beginn des - gemäß § 57 Satz 1 HSchG seit 1. August - laufenden Schuljahres 2009/2010 in der Jahrgangsstufe 8 vorläufig in einem 6-jährig organisierten Gymnasialzweig zu unterrichten. Dieser Antrag zielt auf eine faktische Vorwegnahme der Hauptsacheentscheidung ab. Denn die im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes von der Antragstellerin erstrebte vorläufige Regelung könnte aufgrund der zu erwartenden Dauer bis zu einem rechtskräftigen Abschluss eines folgenden - bisher noch nicht einmal rechtshängigen - Hauptsacheverfahrens nicht mehr rückgängig gemacht werden.

Entsprechend dem Zweck des Verfahrens auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes nach § 123 Abs. 1 VwGO können Verwaltungsgerichte grundsätzlich nur vorläufige Anordnungen treffen und dürfen einem Antragsteller nicht schon in vollem Umfang - wenn auch zeitlich befristet - eine Rechtsposition einräumen, die er nur im Klageverfahren erreichen kann. Im Hinblick auf das Gebot des effektiven Rechtsschutzes aus Art. 19 Abs. 4 GG gilt dieses grundsätzliche Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache jedoch nicht uneingeschränkt. Es greift nicht ein, wenn die beantragte faktische Vorwegnahme schlechterdings notwendig ist, um unzumutbare Nachteile abzuwenden, die im Hauptsacheverfahren nicht mehr beseitigt werden könnten, und wenn zugleich ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg in der Hauptsache spricht. Eine entsprechende gerichtliche Anordnung ergeht somit nur dann, wenn diese erhöhten Anforderungen sowohl an den Anordnungsgrund als auch an den Anordnungsanspruch erfüllt sind (Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl. 2007, § 123 Rdnr. 14).

Vorliegend sind die erhöhten Anforderungen an die Darlegung und die Glaubhaftmachung des erforderlichen Anordnungsanspruchs nicht erfüllt. Nach dem Vorbringen der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren kann nämlich nicht angenommen werden, dass sie mit hoher Wahrscheinlichkeit die Unterrichtung an der xxxschule in einem 6-jährig organisierten Gymnasialzweig beanspruchen kann.

2. Es besteht keine hohe Wahrscheinlichkeit, dass die Antragstellerin entsprechend ihren Ausführungen im Beschwerdeverfahren aus ihrem Grundrecht auf freie Entfaltung ihrer Persönlichkeit gemäß Art. 2 Abs. 1 GG einen Anspruch auf Unterrichtung in einem 6-jährig organisierten Gymnasialzweig an der xxxschule in der Jahrgangsstufe 8 herleiten kann.

a) Bei der Ableitung von unmittelbaren Leistungsansprüchen aus den als Abwehrrechten konzipierten Grundrechten ist schon im Allgemeinen Zurückhaltung geboten, soweit sich aus dem Regelungsgehalt der einzelnen Grundrechtsnorm nicht ausnahmsweise etwas anderes ergibt. Hinsichtlich der Gewährleistung von Leistungsansprüchen aus Art. 2 Abs. 1 GG gilt das Gebot entsprechender Zurückhaltung in besonderem Maße, weil dessen Schutzbereich sehr weit und unbestimmt ist und die aus dem Grundrecht folgenden Ansprüche zudem unter einem allgemeinen Gesetzesvorbehalt stehen (Di Fabio in Maunz/Dürig, Kommentar zum Grundgesetz, Band 1, Stand: Oktober 2008, Art. 2 Rdnr. 58).

Bei Sachverhalten aus dem schulischen Bereich wird das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG vor allem durch Art. 7 Abs. 1 GG beschränkt, der dem Staat im schulischen Bereich eine erhebliche Gestaltungsfreiheit belässt. Weitere Einschränkungen ergeben sich aus den einfachgesetzlichen Regelungen der Schulgesetze der Länder. Schüler können sich daher zwar gegenüber belastenden Maßnahmen der Schule auf ihre Grundrechte berufen. Sie haben aber über die einfachgesetzlich geregelten Ansprüche hinaus aus dem Grundrecht der freien Entfaltung der Persönlichkeit grundsätzlich keine Leistungsansprüche gegenüber den Ländern als Trägern der staatlichen Schulbehörden. Ob die Regelung in Art. 2 Abs. 1 GG zumindest ein Grundrecht auf Bildung gewährt (so: BVerwG, Urteil vom 15.11.1974 - VII C 12.74 - BVerwGE 47, 201 ff.) kann offen bleiben. Jedenfalls können aus Art. 2 Abs. 1 GG über einen Mindeststandard an staatlicher Bildungsgewährleistung hinaus keine Leistungsansprüche hergeleitet werden; insbesondere ergibt sich daraus kein Anspruch auf eine Änderung oder Erweiterung des schulischen Unterrichtsangebots oder eine bestimmte organisatorische Gestaltung der Schule (BVerwG, Beschluss vom 02.07.1979 - 7 B 139.79 - DÖV 1979, 911 ff.; Di Fabio in Maunz/Dürig, a. a. O., Art. 2 Rdnr. 58; Niehues/Rex, Schul- und Prüfungsrecht, Band 1: Schulrecht, 4. Aufl. 2006, Rdnr. 167 f.).

b) Die Antragstellerin hat in ihrem Beschwerdevorbringen zudem nicht hinreichend berücksichtigt, dass das durch Art. 2 Abs. 1 GG gewährleistete Grundrecht auf freie Entfaltung ihrer Persönlichkeit durch die verfassungsmäßige Ordnung beschränkt ist. Damit stehen Abwehr- und etwaige Leistungsansprüche aus Art. 2 Abs. 1 GG unter dem Vorbehalt, dass verfassungsgemäße Rechtsnormen keine einschränkenden Regelungen enthalten.

aa) Das Persönlichkeitsrecht von Schülern einer schulformbezogenen Gesamtschule wird u. a. dadurch begrenzt, dass die Schulkonferenz gemäß § 26 Abs. 3 Satz 1 HSchG über die 5- oder 6-jährige Organisation des Gymnasialzweiges eine Entscheidung treffen kann, wobei der Beschluss der Schulkonferenz für seine rechtliche Verbindlichkeit allerdings gemäß §§ 26 Abs. 3 Satz 2, 23 Abs. 7 Satz 4 HSchG der Genehmigung durch das Staatliche Schulamt bedarf.

Hier ist der Beschluss der Schulkonferenz der xxxxschule vom 8. Dezember 2008 - ebenso wie der ergänzende Beschluss vom 29. Juni 2009 - nicht wirksam geworden. Denn das Staatliche Schulamt hat mit Schreiben vom 11. Mai 2009 die Genehmigung für die von der Schulkonferenz beschlossene Rückkehr zur 6-jährigen Organisation ihres Gymnasialzweiges unter Einbeziehung aller Jahrgangsstufen ab dem Schuljahr 2009/2010 versagt. Das Staatliche Schulamt ist hierbei in Ausübung seiner Fachaufsicht gemäß §§ 92 Abs. 3 Nr. 1, 93 Abs. 1 HSchG tätig geworden. Es hat bei seiner Entscheidung gemäß § 93 Abs. 2 Satz 5 HSchG hinreichend die pädagogische Eigenverantwortung der Schule nach § 127b HSchG gewahrt. Nach dem gegenwärtigen Sach- und Streitstand ist nämlich davon auszugehen, dass sich die von der Schulkonferenz beschlossene Organisationsänderung entsprechend der Bewertung des Staatlichen Schulamts in einem Hauptsacheverfahren voraussichtlich als rechtswidrig erweisen wird. Bei der summarischen Prüfung der Rechtslage spricht auch nach Auffassung des Senats viel dafür, dass die von der Schulkonferenz beschlossene Organisationsänderung zum Schuljahr 2009/2010 unter Einbeziehung derjenigen Klassen, die in diesem Schuljahr in die Jahrgangsstufen 7 und 8 übergegangen sind, gegen das in Art. 20 Abs. 3 GG verankerte Rechtsstaatprinzip und den sich hieraus ergebenden Grundsatz des Vertrauensschutzes verstößt.

bb) Wie das Verwaltungsgericht bereits zutreffend ausgeführt hat, beinhaltet die von der Schulkonferenz gemäß § 26 Abs. 3 Satz 1 HSchG beschlossene Organisationsänderung eine sog. unechte Rückwirkung oder tatbestandliche Rückanknüpfung. Die Rückkehr zur 6-jährigen Organisation des Gymnasialzweiges ab dem Schuljahr 2009/2010 gilt nur für die Zukunft, wirkt aber durch die Einbeziehung der bereits aufgenommenen Schüler in den jetzigen Jahrgangsstufen 6 bis 8, die bereits 5-jährig organisiert sind, auf einen noch nicht abgeschlossenen Sachverhalt ein.

Eine unechte Rückwirkung bzw. tatbestandliche Rückanknüpfung neuer gesetzlicher Regelungen ist grundsätzlich zulässig. Die hierzu entwickelten Grundsätze sind entsprechend anzuwenden, soweit die Umsetzungen einer neuen Regelung in die Disposition der Träger öffentlicher Verwaltung gestellt sind und die zuständigen Organe diese neue gesetzliche Regelung in eigener Verantwortung anwenden. Der von der Änderung einer Rechtslage betroffene Personenkreis hat nämlich gegenüber den Verwaltungsbehörden in gleicher Weise einen Anspruch auf Rechtssicherheit im Sinne von Vertrauensschutz wie gegenüber den gesetzgebenden Organen (vgl. hierzu: Grzeszick in Maunz/Dürig, a. a. O., Band 3, Art. 20, Abschnitt VII Rdnr. 69).

In den Fällen einer unechten Rückwirkung bzw. tatbestandlichen Rückanknüpfung überwiegt regelmäßig das vom Gesetzgeber bzw. von der umsetzenden Verwaltungsbehörde verfolgte Gemeinwohlziel das Vertrauen der hiervon betroffenen Personen darauf, dass sich der sie begünstigende Zustand nicht ändern wird. Die unechte Rückwirkung erweist sich dagegen als rechtswidrig, wenn der Schutz des Vertrauens ausnahmsweise Vorrang vor den verfolgten Zielen des Gesetzgebers bzw. der Verwaltungsbehörde genießt. Dies ist anzunehmen, wenn die neue gesetzliche Regelung oder die Art und Weise ihrer Umsetzung einen entwertenden Eingriff in ein schutzwürdiges Rechtsverhältnis vornimmt und die betroffenen Personen hiermit nicht zu rechnen brauchten und sie deshalb die eingetretene Änderung bei ihren vor diesem Zeitpunkt getroffenen Dispositionen nicht berücksichtigen konnten (BVerfG, Beschluss vom 13.05.1986 - 1 BvR 99/85 und 1 BvR 461/85 - BVerfGE 72, 175 ff.; Bay. Verfassungsgerichtshof, Entscheidung vom 16.12.1992 - Vf 14-VI-90 - zit. n. juris; Bay. VGH, Urteil vom 29.04.2004 - 7 N 02.2640 - zit. n. juris, Leibholz/Rinck, Grundgesetz, Kommentar, Stand: Oktober 2008, Art. 20 Rdnr. 1661). Zur Bestimmung der verfassungsmäßigen Grenze einer unechten Rückwirkung ist das Vertrauen des Einzelnen auf den Fortbestand der bisherigen Rechtslage mit der Bedeutung des vom Gesetzgeber bzw. von der umsetzenden Verwaltungsbehörde verfolgten Anliegens für das Wohl der Allgemeinheit abzuwägen (vgl. Leibholz/Rinck, a. a. O., Art. 20 Rdnr. 1671).

Die von der Schulkonferenz der xxxschule beschlossene Organisationsänderung wird diesen Vorgaben für eine rechtmäßige rückwirkende Regelung im Sinne einer unechten Rückwirkung nicht gerecht. Denn die Schulkonferenz hat bei ihrer Entscheidung das schutzwürdige Vertrauen der Schüler der jetzigen Jahrgangsstufen 7 und 8 nicht hinreichend berücksichtigt.

aaa) Entgegen der Auffassung der Antragstellerin liegt kein Wertungswiderspruch darin begründet, dass das Verwaltungsgericht einerseits einen subjektiven Anspruch der Antragstellerin auf Unterrichtung in einem 6-jährig organisierten Gymnasialzweig verneint und andererseits bei der rechtlichen Überprüfung der von der Schulkonferenz beschlossenen Organisationsänderung das schutzwürdige Vertrauen der hiervon betroffenen Mitschüler der Antragstellerin für beachtlich angesehen hat. Mit seiner Würdigung hat das Verwaltungsgericht rechtsfehlerfrei berücksichtigt, dass die von der Antragstellerin in ihrem erstinstanzlichen Antrag als Anspruchsgrundlage angeführte Regelung des § 26 Abs. 3 Satz 1 HSchG eine reine Organisationsregelung ist, die das Entscheidungsrecht der Schulkonferenz nach § 129 Nr. 4 HSchG konkretisiert. Die Regelung in § 26 Abs. 3 Satz 1 HSchG ist demgemäß nicht dazu bestimmt, den Individualinteressen der Schüler des Gymnasialzweiges einer schulformbezogenen Gesamtschule zu dienen. Dies ergibt sich zum einen aus der Struktur des § 26 HSchG, der mit seinen Rechtssätzen den Aufbau einer schulformbezogenen Gesamtschule umschreibt. Zum anderen zeigt sich das Fehlen einer drittschützenden Zielsetzung des § 26 Abs. 3 Satz 1 HSchG auch in seiner Einordnung im dritten Teil des Hessischen Schulgesetzes, der in seinem ersten Abschnitt die Gliederung und Organisation der Schule zum Gegenstand hat. Da die Regelung des § 26 Abs. 3 Satz 1 HSchG somit nicht den Schutz von Individualinteressen bezweckt, verleiht sie kein subjektives Recht (vgl. zur sog. Schutznormtheorie: BVerwG, Urteil vom 30.03.1995 - 3 C 8.94 - BVerwGE 98, 118 ff.; Schmidt-Aßmann in Maunz/Dürig, a. a. O., Band 3 Art. 19 Rdnr. 128).

Ein Wertungswiderspruch ergibt sich auch nicht im Hinblick darauf, dass die Antragstellerin in der Beschwerdebegründung ihr Begehren auf das Grundrecht auf freie Entfaltung ihrer Persönlichkeit aus Art. 2 Abs 1 GG stützt.

Leistungsansprüche aus Art. 2 Abs. 1 GG, auf die die Antragstellerin sich beruft, und Abwehrrechte von Mitschülern der Antragstellerin gegenüber belastenden Veränderungen, die sich ebenfalls aus Art. 2 Abs. 1 GG ergeben und unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes zu beachten sind, haben eine unterschiedliche Reichweite. Das Grundrecht verleiht aus den bereits genannten Gründen in seiner vorrangigen Funktion als Abwehrrecht aller Voraussicht nach kein subjektives Recht der Antragstellerin auf eine 6-jährige Organisation des Gymnasialzweigs der xxxschule. In Einklang hiermit steht, dass jedes Handeln von Trägern öffentlicher Verwaltung der Gesetzesbindung unterliegt. Hierbei sind insbesondere die Vorgaben des Grundgesetzes zu beachten, zu denen auch das Rechtsstaatsprinzip in Art. 20 Abs. 3 GG und der daraus folgende Vertrauensschutz der Mitschüler gehört (BVerfG, Beschluss vom 13.05.1986, a. a. O.).

bbb) Der Beschluss der Schulkonferenz der xxxschule über die Rückkehr zu einer 6-jährigen Organisation des Gymnasialzweigs für alle Jahrgangsstufen schon zum Schuljahr 2009/2010 stellt einen entwertenden Eingriff in den nach Art. 2 Abs. 1 GG geschützten Grundrechtsbereich der hiervon betroffenen Mitschüler der Antragstellerin dar.

Entgegen der Darstellung der Antragstellerin in ihrer Beschwerdebegründung ist das Verwaltungsgericht in seiner angegriffenen Entscheidung nicht den Ausführungen des Antragsgegners gefolgt und hat eine erhebliche Grundrechtsverletzung der Mitschüler bejaht. Ein schwerwiegender Eingriff in Grundrechte ist für das ausnahmsweise Überwiegen des Vertrauensschutzes auch nicht zwingend erforderlich. Vielmehr reicht es aus, dass mit der neuen gesetzlichen Regelung oder ihrer Umsetzung durch die Verwaltungsbehörde eine bisher günstige Rechtslage beseitigt wird und die betroffenen Personen hiermit nicht zu rechnen brauchten und dies deshalb bei ihren Dispositionen vor der Änderung nicht berücksichtigen konnten (BVerfG, Beschluss vom 13.05.1986 - 1 BvR 99/85 und 1 BvR 461/85 - BVerfGE 72, 175 ff.; Bay. VGH, Beschluss vom 18.10.1993 - 7 CE 93.2949 - NVwZ-RR 1994, 160).

Wie aus dem Verwaltungsvorgang und den Darlegungen des Antragsgegners hervorgeht, haben sich einige Schüler und deren Eltern bei der Auswahl der weiterführenden Schule bewusst für die xxxschule mit dem seinerzeit vorhandenen 5-jährig organisierten Gymnasialzweig entschieden und sich nicht um die Aufnahme in eine integrierte Gesamtschule mit einer 6-jährig organisierten Mittelstufe bemüht. Der Vorteil der bislang 5-jährigen Organisation des Gymnasialzweiges liegt darin, ein Jahr früher die Schulausbildung abschließen zu können und nach einem erfolgreichen Berufsausbildungsabschluss nicht durch die Konkurrenz von jüngeren Absolventen aus anderen europäischen Staaten bei der Arbeitsplatzsuche im Wettbewerb benachteiligt zu sein. Dieser Vorteil der kürzeren Schulausbildung wird durch den Beschluss der Schulkonferenz vom 8. Dezember 2008 beseitigt.

Im Hinblick auf die spätere berufliche Entwicklung handelt es sich für die betroffenen Mitschüler der Antragstellerin um eine deutliche Verschlechterung der Rechtslage gegenüber dem von ihnen geplanten kürzeren schulischen Bildungsweg. Zudem haben entsprechend den Ausführungen des Verwaltungsgerichts die Schüler der jetzigen Jahrgangsstufen 7 und 8 auch schon zwischen einem Jahr und drei Jahren Unterricht nach den erhöhten Stundentafeln abgeleistet. Damit haben sie schon erhebliche Leistungen auf dem Weg zu einer verkürzten Gymnasialausbildung erbracht, die im Rahmen des bestehenden Schulverhältnisses grundsätzlich schutzwürdig sind.

ccc) Der Senat vermag bei seiner summarischen Prüfung im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes auch nicht der Auffassung der Antragstellerin zu folgen, es fehle an der für einen Vertrauensschutz erforderlichen tatsächlichen Grundlage.

Zunächst kommt es bei der Prüfung des von der Schulkonferenz bei ihrer Entscheidung zu beachtenden Vertrauensschutzes nicht darauf an, welche Dispositionen die Antragstellerin ihrerseits vor der eingetretenen Rechtsänderung getroffen hat. Denn sie selbst erstrebt eine Organisationsänderung und beruft sich nicht auf Vertrauensschutz.

Hinsichtlich der Mitschüler, die sich in ihrer Disposition für einen 5-jährig organisierten Gymnasialzweig an der xxxschule beeinträchtigt sehen, ist bei der zu treffenden Abwägung zwischen dem von der Schulkonferenz verfolgten öffentlichen Wohl und dem Vertrauen dieser Schüler auf den Fortbestand der bisherigen Rechtslage davon auszugehen, dass für die Schüler der jetzigen Jahrgangsstufen 7 und 8 im Zeitpunkt ihres Wechsels auf die weiterführende Schule eine Wahlmöglichkeit zwischen einem 5-jährig organisierten Gymnasialzweig an einer schulformbezogenen Gesamtschule und einer 6-jährig organisierten Mittelstufe an einer integrierten Gesamtschule bestanden hat. Der Antragsgegner hat hierzu auf die integrierte Gesamtschule B-Stadt hingewiesen, die nach der Verkürzung des gymnasialen Bildungsgangs durch das Änderungsgesetz vom 29. November 2004 (GVBl. I S. 330) mit Wirkung zum 1. August 2005 von der Änderung der Rechtslage nicht betroffen war und infolge dessen die 6-jährige Organisation ihrer Mittelstufe beibehalten hatte.

Dem kann die Antragstellerin nicht mit Erfolg entgegenhalten, diese integrierte Gesamtschule habe in den letzten Jahren keine Schüler aus ihrem Wohnort, der Gemeinde xxx, aufgenommen.

Zum einen hat die Antragstellerin schon nicht dargetan und glaubhaft gemacht, dass alle Schüler der betroffenen Jahrgangsstufen aus xxx stammen, was dem Senat auch nicht wahrscheinlich erscheint. Ihrem Vortrag sind auch keine objektiven Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass der Erfolg einer Bewerbung von Mitschülern aus dem Landkreis B-Stadt oder aus dem Stadtgebiet B-Stadt um einen Platz in dieser oder einer anderen integrierten Gesamtschule von vornherein ausgeschlossen gewesen wäre. Denn es hängt von einer Vielzahl von Faktoren und der jeweiligen Bewerbersituation in jedem Jahrgang ab, welche Schüler beispielsweise die integrierte Gesamtschule B-Stadt besuchen können. Die Behauptung der Antragstellerin, alle Mitschüler der betroffenen Jahrgangsstufen hätten keine Wahlfreiheit gehabt, erweist sich nach dem vorliegenden Sachverhalt als rein hypothetisch.

Zum anderen - und hierauf kommt es maßgeblich an - besteht eine Wahlmöglichkeit im Sinne einer schutzwürdigen Disposition dann, wenn im Zeitpunkt der Auswahl der weiterführenden Schule verschiedene Organisationsformen grundsätzlich zur Verfügung gestanden haben. Darauf, ob die im Einzelfall getroffene Schulwahl auch Erfolg gehabt hätte, kommt es hingegen nicht an.

ddd) Bei den Mitschülern der Antragstellerin, die in den Schuljahren 2006/2007 und 2007/2008 in die xxxschule aufgenommen wurden und mittlerweile die Jahrgangsstufen 6 und 7 abgeschlossen haben, liegt ein schutzwürdiges Vertrauen in die Fortführung der in Hessen mit Änderungsgesetz vom 29. November 2004 eingeführten 5-jährigen Organisation des gymnasialen Bildungsgangs vor. Die Schüler dieser Jahrgangsstufen brauchten nicht damit zu rechnen, dass die vom Gesetzgeber vorgenommene Änderung schon wenige Jahre später durch eine Organisationsmaßnahme an ihrer Schule zurückgenommen wird.

Nach Auffassung des Senats ist ein schutzwürdiges Vertrauen der genannten Schüler nicht deshalb zu verneinen, weil die politischen Diskussionen über den Nutzen der Reform der gymnasialen Ausbildung auch nach der Gesetzesänderung anhielten. Denn eine öffentliche kontroverse Diskussion um eine Gesetzesänderung führt für sich allein noch nicht dazu, dass ein etwaiges schutzwürdiges Vertrauen der von der Neuregelung betroffenen Personen entfällt. Das Bekanntwerden von Gesetzesinitiativen und die öffentliche Berichterstattung über die Vorbereitung einer Neuregelung lassen die Schutzwürdigkeit des Vertrauens in die bisherige Rechtslage noch nicht entfallen (Staatsgerichtshof des Landes Hessen, Urteil vom 11.06.2008 - P. St. 2133 und P. St. 2158 - NVwZ 2008, S. 383 ff.). Ein schutzwürdiges Vertrauen in den Fortbestand der bestehenden Rechtslage entfällt vielmehr erst im Zeitpunkt der Beschlussfassung, die die Rechtslage verbindlich neu regelt. Erst in diesem Moment ist der Unsicherheitsfaktor beseitigt, ob und wie die Neuregelung ausgestaltet ist (BVerfG, Beschluss vom 14.05.1986 - 2 BvL 2/83 - BVerfGE 72, 200).

Eine andere rechtliche Bewertung ergibt sich auch nicht aus der von der Antragstellerin zitierten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 14. Juli 1981 zur Neuregelung von Unterhaltsansprüchen im Eherechtsreformgesetz vom 1. Juli 1977 (- 1 BvL 28/77 - BVerfGE 57, 361 ff.). In dem genannten Fall hat das Bundesverfassungsgericht den betroffenen Eheleuten nur einen eingeschränkten Vertrauensschutz zugebilligt, weil über einen längeren Zeitraum wiederholte Gesetzesinitiativen gescheitert waren und ein erhebliches öffentliches Interesse an einer schnellen Einführung der für gerecht erachteten neuen Unterhaltsregelungen bestand. Die Erwägungen des Bundesverfassungsgerichts führten jedoch nicht zum Ausschluss eines Vertrauensschutzes, sondern legten ihm nur bei der Abwägung ein geringeres Gewicht bei.

Bei seiner summarischen Prüfung verneint der Senat ein schutzwürdiges Vertrauen aber für diejenigen Mitschüler der Antragstellerin, die erst im Schuljahr 2008/2009 in die xxxschule aufgenommen worden sind und mittlerweile die Jahrgangsstufe 5 abgeschlossen haben. Denn im Zeitpunkt ihrer Aufnahme im Sommer 2008 war durch das Änderungsgesetz vom 5. Juni 2008 (GVBl. I S. 761) die gesetzliche Neuregelung, die den schulformbezogenen Gesamtschulen die Rückkehr zu einem 5-jährig organisierten Gymnasialzweig ermöglichte, bereits beschlossen und am 19. Juni 2008 auch schon in Kraft getreten. Die Schüler des zuletzt aufgenommenen Jahrgangs mussten somit bei ihrer Auswahlentscheidung die Möglichkeit einbeziehen, dass die xxxschule von der nach § 26 Abs. 1 Satz 5, Abs. 3 Satz 1 HSchG eingeräumten Befugnis zur Änderung der Organisation ihres Gymnasialzweiges in Zukunft Gebrauch machen wird. Die veränderte Rechtslage schon bei Aufnahme in die schulformbezogene Gesamtschule unterscheidet ihre getroffene Schulwahl von der Disposition der Schüler der Jahrgangsstufen 7 und 8. Denn ist davon auszugehen, dass ein Teil der Schüler dieser Jahrgangsstufen eine andere Entscheidung getroffen hätten, wenn sie schon zum damaligen Zeitpunkt hätten damit rechnen müssen, dass in die Kontinuität ihrer Schullaufbahn zu einem so späten Zeitpunkt in dieser Weise eingegriffen wird.

eee) Hiernach sind bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit der mit dem Beschluss der Schulkonferenz vom 8. Dezember 2008 verbundenen unechten Rückwirkung die Interessen der xxxschule an einer schnellen und möglichst umfassenden Rückkehr zu einem 6-jährig organisierten Gymnasialzweig mit den Interessen der Mitschüler der Antragstellerin aus den Aufnahmejahrgängen 2006 und 2007 (jetzige Jahrgangsstufen 7 und 8) an der Fortsetzung des Unterrichts in einer 5-jährigen Organisationsform gegeneinander abzuwägen. Bei dieser Gesamtbetrachtung ist nach Auffassung des Senats mit hinreichender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass dem Vertrauensschutzinteresse der genannten Mitschüler der Vorrang gebührt.

Zunächst vermag der Senat im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht zu erkennen, dass die Schulkonferenz der xxxschule mit ihrem Beschluss ein öffentliches Interesse verfolgt, dem ein besonders hohes Gewicht zukommt. Wie von der Antragstellerin selbst angeführt, gehen die Meinungen auch innerhalb der für das hessische Schulwesen verantwortlichen Behörden und Personen darüber auseinander, ob die 5- oder die 6-jährige Organisationsform für Schüler im gymnasialen Bildungsgang vorteilhafter ist. Daher vermag der Senat im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht festzustellen, dass die von der Schulkonferenz beschlossene Rückkehr zu einem 6-jährig organisierten Gymnasialzweig tatsächlich zu einer erheblichen Verbesserung der schulischen Ausbildung führt.

Mindestens offen erscheint auch, ob die 6-jährige Organisationsform entsprechend dem "Konzept der xxxschule für die Rückkehr von G 8 zu G 9" von November 2008 zu der beabsichtigten Pädagogik mit einer positiveren Perspektive und einer Verbesserung des Lernklimas führt. Insbesondere hat die Antragstellerin keine Tatsachen vorgetragen, die erkennen lassen, dass in einem 6-jährig organisierten Gymnasialzweig das soziale Lernen der Schüler mehr gefördert, den besonderen Interessen der Schüler und ihrem schulischen Engagement mehr nachgegangen werden könne. Hingegen erscheint auch möglich, dass bei etlichen der von der Verlängerung der Schulzeit betroffenen Schüler der jetzigen Jahrgangsstufen 7 und 8 eine Frustration hervorgerufen wird, wenn die Anstrengungen der absolvierten Unterrichtsintensivierung ohne erkennbaren Nutzen bleiben. Es erscheint allerdings plausibel, dass die Durchlässigkeit zwischen den Schulzweigen erhöht wird. Insgesamt bleibt daher zweifelhaft, ob die von der Schulkonferenz beschlossene Neuregelung der Organisation des Gymnasialzweigs geeignet ist, in wesentlichen Bereichen des schulischen Lebens die mit dem Konzept beabsichtigte Lenkung zu erreichen.

Bei der zu treffenden Interessenabwägung fällt nach Auffassung des Senats im Rahmen der summarischen Prüfung besonders ins Gewicht, dass die von der Schulkonferenz mit der Umorganisation verfolgten Ziele keine solche Dringlichkeit besitzen, dass die Einbeziehung der Schüler aus den jetzigen Jahrgangsstufen 7 und 8 erforderlich und damit auch gerechtfertigt erscheint. Die xxxschule hatte nämlich in den vorausgegangenen drei Jahren nach der Einführung des verkürzten gymnasialen Bildungsgangs in den unteren Jahrgangsstufen ihres Gymnasialzweigs eine abweichende Organisation gegenüber den oberen Jahrgangsstufen, deren Schüler ihre gymnasiale Ausbildung in der 6-jährigen Organisationsform fortsetzten. Dass durch die verschiedenen Strukturen in den unterschiedlichen Jahrgängen die Erreichung der vorgegebenen Bildungsziele infrage gestellt gewesen wären, ist nicht erkennbar. Daher erscheint es nach dem vorliegenden Sachverhalt nicht aus Gründen der Dringlichkeit geboten, in die getroffene Entscheidung zur Umorganisation auch alle im 5-jährig organisierten Gymnasialzweig bereits aufgenommenen Schüler einzubeziehen.

Weiter lässt der Senat sich bei der von ihm getroffenen Abwägung von dem Rechtsgedanken leiten, dass das Vertrauen der von einer Änderung der Rechtslage betroffenen Personen umso schutzwürdiger und das Ausmaß des Vertrauensschadens umso größer ist, je weniger Zeit bis zum Inkrafttreten der Neuregelung verbleibt und je weniger der Übergang zur neuen Rechtslage durch Übergangsregelungen erleichtert wird (vgl. hierzu Bay. VGH, Urteil vom 29.04.2004 - 7 N 02.2640 - zit. n. juris). Hier hat die Schulkonferenz für die beschlossene Umorganisation weder eine Übergangsregelung zumindest für die Schüler der jetzigen Jahrgangsstufen 7 und 8 vorgesehen noch den Zeitpunkt für die Einführung der Organisationsänderung soweit in die Zukunft verschoben, dass den betroffenen Schülern ausreichend Zeit belassen worden wäre, um sich auf die eingetretene Änderung der Rechtslage an der xxxschule einzustellen und sich - im Fall des Wirksamwerdens des Beschlusses der Schulkonferenz durch eine Genehmigung des Staatlichen Schulamtes - gegebenenfalls mit einem ausreichenden zeitlichen Vorlauf um die Aufnahme in eine andere Schule mit einer 5-jährigen Organisation des Gymnasialzweigs zu bemühen. Solche Erleichterungen wären, wie der Senat bereits ausgeführt hat, der xxxschule durchaus möglich gewesen.

Schließlich erachtet der Senat das Vertrauensinteresse der Schüler der beiden genannten Jahrgänge auch deshalb als besonders schutzwürdig, weil die letzte Organisationsänderung des Gymnasialzweigs erst drei Jahre zurückliegt. Erhebliche Änderungen in kurzen Zeitabständen führen in besonderem Maß zur Belastung der Lernsituation und Verunsicherung über den weiteren schulischen Werdegang.

fff) Nicht zu folgen ist ferner der von der Antragstellerin vertretenen Rechtsauffassung, die Regelung in § 26 Abs. 1 Satz 5 HSchG erlaube nur eine einheitliche Organisation sämtlicher Jahrgangsstufen eines Gymnasialzweiges. Der hessische Gesetzgeber hat es mit der letzten Gesetzesänderung vom 5. Juni 2008 den schulformbezogenen Gesamtschulen überlassen, selbst darüber zu entscheiden, ob sie ihre jeweiligen Gymnasialzweige 5-jährig oder 6-jährig organisieren möchten. Dass entsprechend der Auffassung der Antragstellerin die Rückkehr zu einer 6-jährigen Organisation des Gymnasialzweiges zwangsläufig auch die schon in die Schule aufgenommenen Jahrgangsstufen erfassen und die Änderung auch schon in dem auf dem Beschluss der Schulkonferenz folgenden Schuljahr umgesetzt werden muss, ergibt sich weder aus dem Wortlaut des § 26 Abs. 1 Satz 5 HSchG noch aus der Begründung des später umgesetzten Gesetzesentwurfes vom 15. April 2008 (vgl. hierzu LT-Drs. 17/51). Die zur Entscheidung berufenen Schulkonferenzen haben mithin die Befugnis sowie die Verpflichtung, das Vertrauen der in ihre Schule bereits aufgenommenen Schüler in eine kontinuierliche Fortsetzung ihres schulischen Werdegangs angemessen zu berücksichtigen.

ggg) Schließlich kann die Antragstellerin die nach Auffassung des Senats mit hoher Wahrscheinlichkeit gegebene Rechtswidrigkeit der mit dem Beschluss der Schulkonferenz vom 8. Dezember 2008 ausgelösten unechten Rückwirkung der getroffenen Umorganisation nicht erfolgreich mit dem Argument infrage stellen, bei Zugrundelegung dieser Rechtsauffassung hätten die besonderen Regelungen für den Fall einer Nichtversetzung in § 12 Abs. 9 der Verordnung zur Gestaltung des Schulverhältnisses, eingefügt durch die Verordnung zur Änderung von Verordnungen zum verkürzten gymnasialen Bildungsgang vom 20. Juni 2008 (ABl. 2008, S. 239), nicht ergehen dürfen. In dieser Norm werden die Versetzungsbedingungen in der Weise modifiziert, dass die im achtjährigen gymnasialen Bildungsgang nicht versetzten Schüler, die bei einem Verbleib an der besuchten Schule in den neunjährigen Bildungsgang wechseln müssen, in den Jahrgangsstufen 5 und 6 die jeweilige Jahrgangsstufe im neunjährigen Bildungsgang wiederholen, während die Schüler in den Jahrgangsstufen 7 bis 9 nach der Entscheidung der Versetzungskonferenz in eine Jahrgangsstufe des neunjährigen Bildungsgangs eingestuft werden. Bei ihrer Argumentation verkennt die Antragstellerin indes, dass dem Vertrauensschutz einzelner Schüler dann geringeres Gewicht zukommt, wenn die Verzögerung ihrer Schullaufbahn durch Wiederholungen einzelner Jahrgangsstufen oder Unterbrechungen durch Auslandsaufenthalte in ihrem eigenen Verantwortungsbereich liegt.

cc) Ob die Rüge der Antragstellerin, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht die Herstellung des Benehmens mit dem Schulträger gemäß § 26 Abs. 3 Satz 1 HSchG verneint, zutreffend ist, kann vor dem dargestellten Hintergrund offen bleiben. Der Wortlaut des § 26 Abs. 3 Satz 1 HSchG spricht allerdings dafür, dass die Abstimmung mit dem Schulträger nicht - wie vom Verwaltungsgericht angenommen - bei der Erstellung der Konzeption der Gesamtkonferenz, sondern bei der Entscheidung der Schulkonferenz über die 5- oder 6-jährige Organisation des Gymnasialzweiges zu erfolgen hat. Auf diese Rechtsfrage kommt es indes nicht mehr an. Denn aus den obigen Ausführungen des Senats ergibt sich, dass sich die Versagung der Genehmigung des Beschlusses der Schulkonferenz vom 8. Dezember 2008 durch das Staatliche Schulamt bereits mit hoher Wahrscheinlichkeit wegen des überwiegenden Vertrauensschutzes der betroffenen Mitschüler der Antragstellerin aus den jetzigen Jahrgangsstufen 7 und 8 als rechtmäßig erweist.

dd) Im Hinblick auf die vom Senat getroffene rechtliche Würdigung der vom Staatlichen Schulamt ausgesprochenen Versagung der für die Umorganisation nach §§ 26 Abs. 3 Satz 2, 23 Abs. 7 Satz 4 HSchG erforderlichen Genehmigung erweisen sich die übrigen Rügen der Antragstellerin gegen die weiteren Ausführungen des Verwaltungsgerichts im angegriffenen Beschluss nicht als entscheidungserheblich.

3. Die Antragstellerin kann die für das kommende Schuljahr erstrebte Unterrichtung in einem 6-jährig organisierten Gymnasialzweig in der Jahrgangsstufe 8 an der xxxschule schließlich auch nicht aus Art. 3 Abs. 1 GG beanspruchen.

Die Antragstellerin kann zwar aus Art. 3 Abs. 1 GG ein subjektives Recht auf Teilhabe an den vorhandenen öffentlichen Bildungseinrichtungen herleiten. Ein solches Teilhaberecht berechtigt jedoch allein dazu, bei der Verteilung der verfügbaren Schulangebote nicht ohne vertretbaren Grund schlechter behandelt zu werden als andere Schüler. Ansprüche auf die Erfüllung individueller Interessen ergeben sich daraus grundsätzlich nicht (OVG Berlin, Beschluss vom 22.02.2002 - 8 SN 164.01 - NVwZ-RR 2002, 577 ff.). Somit kann die Antragstellerin auch nicht die Einführung einer anderen Organisationsstruktur an der von ihr besuchten Schule beanspruchen.

Soweit die Antragstellerin die Befürchtung äußert, die Versagung weiter reichender Leistungsansprüche aus den Grundrechten würde den Schülern die für die Durchsetzung ihrer angestrebten Schulbildung notwendigen Ansprüche vorenthalten, ist sie auf die Regelungen in den Schulgesetzen der Länder zu verweisen. Diese enthalten zahlreiche Regelungen, die für die Schüler einklagbare Ansprüche begründen, wie etwa in § 69 Abs. 2 Satz 1 HSchG den von der Antragstellerin genannten Anspruch auf Unterricht.

Im Übrigen hat die Antragstellerin auch nicht dargelegt, inwiefern ihre weitere Unterrichtung in einem 5-jährig organisierten Gymnasialzweig einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG darstellt.

Der Gleichheitssatz verbietet lediglich, wesentlich Gleiches willkürlich ungleich und wesentlich Ungleiches willkürlich gleich zu behandeln (BVerfG, Urteil vom 23.10.1951 - 2 BvG 1/51 - BVerfGE 1, 14 [16 und 52]). Hier hat das Staatliche Schulamt bei der Versagung der Genehmigung der von der Schulkonferenz am 8. Dezember 2008 beschlossenen Rückkehr zu einem 6-jährig organisierten Gymnasialzweig für alle Jahrgangsstufen den Vertrauensschutz der Schüler, die an der xxxschule bereits in einem 5-jährig organisierten Gymnasialzweig unterrichtet wurden, angemessen berücksichtigt. Dabei hat die Behörde sich von dem sachlichen Grund leiten lassen, dass die auf die neue Rechtslage gestützte Wiedereinführung eines 6-jährig organisierten Gymnasialzweigs für alle Jahrgangsstufen zu einer nicht unerheblichen Belastung derjenigen Schüler führt, die an der xxxschule bereits in einem 5-jährig organisierten Gymnasialzweig unterrichtet worden sind und ihre Schulausbildung in dieser Organisationsform fortsetzen möchten. Die vom Staatlichen Schulamt vertretene Auffassung, die Genehmigung der von der Schulkonferenz gewünschten Organisationsmaßnahme komme nur in Betracht, wenn sie auf die neu aufzunehmenden Jahrgänge begrenzt werde, erscheint damit nicht willkürlich. Eine solche Differenzierung nach Jahrgängen führt zwar zu gewissen Härten für diejenigen Schüler der jetzigen Jahrgangsstufen 7 und 8, die zukünftig eine Beschulung in einem 6-jährig organisierten Gymnasialzweig bevorzugt hätten. Jedoch sind Übergangsregelungen bei Rechtsänderungen hinzunehmen, wenn dadurch dem Vertrauensschutz anderer Betroffener Rechnung getragen wird (vgl. OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 07.06.1995 - 3 M 43/95 - zit. n. juris).

Nach alledem ist die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Antragstellerin hat auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen (§ 154 Abs. 2 VwGO).

Die Festsetzung des Streitwertes ergibt sich aus §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 2, 53 Abs. 3 Nr. 1 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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