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Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 21.08.2009
Aktenzeichen: 7 B 2407/09
Rechtsgebiete: HSchG
Vorschriften:
HSchG § 60 Abs. 4 | |
HSchG § 66 |
HESSISCHER VERWALTUNGSGERICHTSHOF BESCHLUSS
In dem Verwaltungsstreitverfahren
wegen Grundschulaufnahme - Gestattung einer Ausnahme von der Sprengelpflicht -
hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof - 7. Senat - durch
Vizepräsidenten des Hess. VGH Dr. Rothaug, Richter am Hess. VGH Schönstädt, Richter am Hess. VGH Kohlstädt
am 21. August 2009 beschlossen:
Tenor:
Die Beschwerde der Antragsteller gegen die Ablehnung ihres Antrags auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes durch Beschluss des Verwaltungsgerichts Darmstadt vom 12. August 2009 - 7 L 840/09.DA - wird aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung, die auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens weiterhin Geltung beanspruchen, als unbegründet zurückgewiesen (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO).
Im Hinblick auf die von den Antragstellern in der Beschwerdebegründung vom 14. August 2009 dargelegten Gründe, die gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO den Umfang der Prüfung des Beschwerdegerichts bestimmen, weist der Senat ergänzend darauf hin, dass die in § 60 Abs. 4 HSchG angeordnete grundsätzliche Pflicht der Schülerinnen und Schüler in der Grundstufe, die Schulpflicht durch den Besuch derjenigen Grundschule zu erfüllen, in deren Schulbezirk sie wohnen, keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet. Diese sog. Sprengelpflicht findet ihre verfassungsrechtliche Legitimation in Art. 7 Abs. 1 GG, der dem Staat umfassende Befugnisse zur Organisation, Planung und Beaufsichtigung des Schulwesens sowie einen eigenen Erziehungsauftrag einräumt. Neben organisatorischen Belangen wie etwa einer möglichst gleichmäßigen Aus- und Belastung der einzelnen Schulen spricht für die Verfassungsmäßigkeit der Bildung der Grundschulbezirke das verfassungsrechtlich zulässige Ziel, allen schulpflichtigen Kindern eines Bezirks unabhängig von ihrer sozialen Herkunft in einem einheitlichen Bildungsgang grundlegende Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten zu vermitteln und dadurch für alle - unabhängig vom weiteren Bildungsweg - eine gemeinsame Grundlage für die schulische Bildung zu ermöglichen (vgl. zu letztgenannter Zwecksetzung: BVerfG [2. Kammer des Ersten Senats], Beschluss vom 11. Dezember 2000 - 1 BvL 15/00 - NVwZ-RR 2001, 311, 313). Die Verfassungsmäßigkeit eines in der Sprengelpflicht liegenden Eingriffs in Freiheitsgrundrechte der Eltern und/oder des Kindes wird auf der Normebene zudem durch § 66 HSchG sichergestellt, der bei Vorliegen eines wichtigen Grundes und nicht erschöpfter Aufnahmekapazität der anderen Schule Ausnahmen von der Sprengelpflicht zulässt.
Der Umstand, dass allen Schulen vom Gesetzgeber durch §§ 127a, 127b, 127c HSchG Gestaltungsspielräume einschließlich der Entwicklung eigenständiger pädagogischer Profile eröffnet werden, berührt die Verfassungsmäßigkeit der für die Grundschule geltenden Sprengelpflicht nach § 60 Abs. 4 HSchG nicht maßgebend. Denn es bleibt dem Gesetzgeber von Verfassungs wegen unbenommen, objektiv-rechtlich den Schulen mit dem Ziel einer Optimierung ihres Erziehungs- und Bildungsauftrags Gestaltungsspielräume zu eröffnen, ohne zugleich subjektiv-rechtlich den Schülerinnen und Schülern in der Grundstufe ein Wahlrecht hinsichtlich der von ihnen zu besuchenden Grundschule einzuräumen.
Die verwaltungsgerichtliche Verneinung eines einfach-gesetzlichen Gestattungsanspruchs nach § 66 HSchG mangels Vorliegens eines wichtigen Grundes hat auch im Rahmen einer Gesamtabwägung, deren Unterlassen die Antragsteller rügen, Bestand. Selbst in der Summe begründen die Gesichtspunkte der bilingualen Sprachförderung im Hinblick auf einen "voraussichtlich spätestens im Jahr 2013" erfolgenden Umzug ins englischsprachige Ausland, der weiteren musikalischen Förderung der Antragstellerin zu 1. sowie der Erleichterung der beruflichen und sozialen Situation der Antragsteller nämlich keinen wichtigen Grund im Sinne des § 66 HSchG, der die mit der Bildung fester Grundschulbezirke verfolgten öffentlichen Zwecke ausnahmsweise zurücktreten lässt. Keiner der von den Antragstellern für ihr Begehren angeführten Gesichtspunkte hat - wie das Verwaltungsgericht in seinem ausführlich begründeten Beschluss zutreffend aufgezeigt hat - ein Gewicht, das die Annahme eines wichtigen Grundes zuließe. Die Zusammenschau der Gesichtspunkte rechtfertigt ebenfalls keine andere Beurteilung. Denn die individuelle Situation der Antragsteller weicht nicht in hinreichend erheblicher Weise von der anderer Kinder und deren Eltern ab, die aufgrund des § 60 Abs. 4 HSchG zum Besuch der xxxschule verpflichtet sind. Die Unterschiede zwischen der begehrten Beschulung an der xxx Schule und der an der örtlich zuständigen xxxschule sind auch unter Berücksichtigung des Kindeswohls der Antragstellerin zu 1. nicht von einem solchen Gewicht, dass ausnahmsweise der Besuch der xxx Schule zuzulassen wäre.
Bei dieser Sach- und Rechtslage ist die von den Antragstellern aufgeworfene Frage unerheblich, ab welchem Grad der Wahrscheinlichkeit eines Obsiegens im Klageverfahren eine einstweilige Anordnung ergehen darf, die die Entscheidung in der Hauptsache vorwegnimmt.
Der Hilfsantrag, der sinngemäß für den Fall gestellt ist, dass das Beschwerdegericht nicht vor dem Zeitpunkt der Einschulung der Antragstellerin zu 1. entscheidet, ist aufgrund des heute getroffenen Beschlusses des Senats gegenstandslos.
Die Antragsteller haben die Kosten des Beschwerdeverfahrens gemäß §§ 154 Abs. 2, 159 Satz 2 VwGO als Gesamtschuldner zu tragen.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auch für das Beschwerdeverfahren gemäß §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 2, 53 Abs. 3 Nr. 1 GKG auf 5.000,00 € festgesetzt.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
Ende der Entscheidung
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