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Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 20.04.2009
Aktenzeichen: 7 B 838/09
Rechtsgebiete: HessAGVwGO, HSOG, HWG, WHG


Vorschriften:

HessAGVwGO § 16a
HSOG § 6 Abs. 1
HSOG § 7
HWG § 53 Abs. 2
WHG § 19g
WHG § 19i Abs. 2
1. Die bloße Wahrnehmung einer Gefahrenabwehrpflicht durch den Insolvenzverwalter als Zustandsverantwortlichen begründet für ihn keine Stellung als Betreiber einer Anlage zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (Tanklager).

2. Maßgeblicher Zeitpunkt der Sach- und Rechtslage für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer wasseraufsichtsrechtlichen Maßnahme nach § 53 Abs. 2 HWG ist wie im allgemeinen Gefahrenabwehrrecht der Zeitpunkt des Erlasses der behördlichen Anordnung.

3. Die wasserrechtliche Ermächtigungsgrundlage des § 53 Abs. 2 HWG wird auch dann nicht durch die geräte- und produktsicherheitsrechtliche Vorschrift des § 15 GPSG verdrängt, wenn eine Anlage sowohl wasserrechtlichen als auch geräte- und produktsicherheitsrechtlichen Anforderungen genügen muss und diese inhaltlich identisch sind.

4. Bei dem die Durchführung eines Vorverfahrens ausschließenden Tatbestand der Nr. 13.4 der Anlage zu § 16a HessAGVwGO handelt es sich - wie bei der überwiegenden Mehrzahl der Tatbestände der Anlage zu § 16a HessAGVwGO - um eine statische Verweisung auf das darin bezeichnete Gesetz in einer bestimmten Fassung.


HESSISCHER VERWALTUNGSGERICHTSHOF BESCHLUSS

7 B 838/09

In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Wasserrechts - Stilllegungsverfügung nach § 53 Abs. 2 HWG -

hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof - 7. Senat - durch

Vizepräsidenten des Hess. VGH Dr. Rothaug, Richter am Hess. VGH Schönstädt, Richterin am Hess. VGH Schäfer

am 20. April 2009 beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Kassel vom 5. März 2009 - 7 L 1731/08.KS - mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung abgeändert.

Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers vom 19. Dezember 2008 gegen die Stilllegungsverfügung im Bescheid des Antragsgegners vom 2. Dezember 2008 wird wiederhergestellt.

Der Antragsgegner hat die Kosten des gesamten Verfahrens zu tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 40.000,00 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz im Hinblick auf eine gegen ihn als Insolvenzverwalter gerichtete wasseraufsichtsrechtliche Verfügung, die eine Masseverbindlichkeit begründen würde.

Der Antragsteller wurde mit Beschluss des Amtsgerichts C-Stadt vom 25. Juli 2008 - 11 IN 70/08 - zum vorläufigen Insolvenzverwalter für die xxxxxxxxxxxxGmbH & Co KG - im Folgenden: Schuldnerin - bestellt. Mit Beschluss vom 1. Oktober 2008 - 11 IN 70/08 - eröffnete das Amtsgericht C-Stadt das Insolvenzverfahren über die Schuldnerin und bestellte den Antragsteller zum Insolvenzverwalter.

Die Schuldnerin betrieb ein Netz von über 50 Autobahntankstellen, Rasthöfen mit Restaurants und Straßentankstellen. Auf den in ihrem Eigentum stehenden Grundstücken Flur ..., Flurstücke .../1, .../6, .../3, .../6, .../7 und ... in der Gemarkung C-Stadt - im Folgenden: Tanklagergrundstücke - hielt die Schuldnerin ein Tanklager vor, von dem aus sie einen Großteil ihrer Tankstellen belieferte.

Das Hauptzollamt Gießen erließ am 28. Juli 2008 ein Verfügungsverbot hinsichtlich der in diesem Tanklager festgestellten Lagerbestände an Energieerzeugnissen und erweiterte dieses Verfügungsverbot am 31. Juli 2008 auf künftige Zugänge. Im Zeitraum vom 15. bis 23. September 2008 entnahm das Unternehmen XXXX die in seinem Eigentum stehenden Mengen an Benzin und Öl. Im Übrigen wurden dem Tanklager seit dem 28. Juli 2008 Kraftstoffe weder entnommen noch zugeführt. Die in den sog. Toträumen der Tanks und im Rohrleitungssystem verbliebenen Restmengen von ca. 80.000 l Kraftstoff werden weiterhin über eine Leck- und Gaswarneinrichtung überwacht, die Mitarbeiter der Schuldnerin arbeitstäglich kontrollieren.

Der Antragsteller untersagte mit an die Schuldnerin gerichtetem Schreiben vom 1. Oktober 2008 die Nutzung des Tanklagers und forderte die Geschäftsführer auf, diese Untersagung den mit dem Tanklager befassten Mitarbeitern der Schuldnerin bekannt zu geben und dies schriftlich zu dokumentieren. Mit an die Geschäftsführer der Schuldnerin sowie deren Gesellschafter gerichteten Schreiben vom 22. Oktober 2008 erklärte der Antragsteller die Freigabe der Tanklagergrundstücke. Die Schlüssel zum Tanklager wurden Herrn Dr. xxx, einem der Geschäftsführer und Gesellschafter (Kommanditist) der Schuldnerin, übergeben. Herr Dr. xxx wies - mit Einverständnis des Antragstellers - die Mitarbeiter der Schuldnerin an, die Kontrolle der im Tanklager verbliebenen Restbestände fortzuführen.

Den Energielieferungsvertrag mit den Stadtwerken C-Stadt GmbH für das Tanklager kündigte der Antragsteller zunächst nicht, forderte jedoch Herrn Dr. xxx auf, die Kosten für die Energieversorgung, die zum Betrieb der Leck- und Gaswarneinrichtung des Tanklagers erforderlich ist, ab dem 23. Oktober 2008 zu übernehmen. Nachdem eine Kostenübernahme mangels Liquidität des Kommanditisten unterblieb, entschloss sich der Antragsteller, die Energieversorgung des Tanklagers zum 31. Dezember 2008 einzustellen. Hierüber wurden das Regierungspräsidium Kassel sowie der Antragsgegner unterrichtet.

Der Kreisausschuss des Antragsgegners traf daraufhin ohne vorherige Anhörung des Antragstellers mit Verfügung vom 2. Dezember 2008 diesem gegenüber folgende Regelungen:

"1. Als zuständige Wasserbehörde (§ 54 Hess. Wassergesetz) ordnen wir gemäß § 53 Hess. Wassergesetz die rechtzeitige und ordnungsgemäße Stilllegung nach Maßgabe der Vorschriften der Anlagenverordnung (VAwS) für die Anlagen zum Lagern wassergefährdender Stoffe vor Abschaltung der Energieversorgung auf den Grundstücken, Gemarkung C-Stadt, Flur ..., Flurstücke .../1, .../6, .../3, .../6, .../7 und ... an. Die Anlagen entsprechen nach Abschaltung der Energieversorgung nicht mehr den gesetzlichen Vorschriften im Sinne des § 34 Abs. 2 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) in Verbindung mit § 19g WHG und § 3 Nr. 2 der Anlagenverordnung (VAwS).

2. Die sofortige Vollziehung dieser Maßnahmen ordnen wir hiermit gem. § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO an.

3. Sofern Sie der unter Ziffer 1 getroffenen Anordnung nicht nachkommen, wird die Durchführung dieser Anordnung im Wege der Ersatzvornahme angedroht. Die Kosten der Ersatzvornahme werden für die ordnungsgemäße Stilllegung auf vorläufig 80.000,00 € veranschlagt und sind von Ihnen zu tragen. Das Recht auf Nachforderung bleibt unberührt, wenn die Ersatzvornahme einen höheren Kostenaufwand verursacht."

Zur Begründung führte der Antragsgegner im Wesentlichen aus, gemäß § 53 HWG habe die Wasserbehörde im Rahmen der Wasseraufsicht die nach pflichtgemäßem Ermessen erforderlichen Maßnahmen anzuordnen, von der Allgemeinheit, dem Einzelnen oder den Gewässern Gefahren abzuwehren. Eine nach dieser Bestimmung abzuwehrende Gefahr für die Allgemeinheit liege schon dann vor, wenn lediglich ein Verstoß gegen Rechtsvorschriften gegeben sei, die als Vorsorgeregelungen der Entstehung von Gefahren vorbeugen sollten. Die angeordneten Maßnahmen sollten sicherstellen, dass einer Verunreinigung des Grundwassers oder des Bodens vorgebeugt bzw. diese verhindert werde. Da der Antragsteller die Anlagen zum Lagern wassergefährdender Stoffe im Insolvenzverfahren übernommen habe und bis zur Freigabe der Grundstücke weitergeführt habe, sei er Betreiber dieser Anlagen. Betreiber im Sinne der Anlagenverordnung sei, wer die rechtliche oder tatsächliche Verfügungsgewalt über die Anlagen besitze. Somit sei der Antragsteller zur Erfüllung der entsprechenden Betreiberpflichten gehalten. Als Verletzung der Betreiberpflicht gelte z. B. die unsachgemäße Lagerung von wassergefährdenden Stoffen. Bei Stilllegung eines Betriebs dürften keine Gefahren mehr von den Anlagen ausgehen. Da bei Abschaltung der Energieversorgung Gefahren von den Anlagen ausgingen, weil keine ordnungsgemäße Überwachung mehr stattfinde, seien die Anlagen nicht ordnungsgemäß stillgelegt und somit wäre die Lagerung der wassergefährdenden Stoffe unsachgemäß. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird im Übrigen auf den Bescheid des Antragsgegners vom 2. Dezember 2008 Bezug genommen.

Der Antragsteller legte gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 2. Dezember 2008 mit Schreiben vom 19. Dezember 2008 Widerspruch ein, über den noch nicht entschieden ist.

Das Regierungspräsidium Kassel verfügte gegenüber dem Antragsteller mit Bescheid vom 24. März 2009 auf der Grundlage des § 15 Abs. 1 des Gesetzes über technische Arbeitsmittel und Verbraucherprodukte unter Anordnung der sofortigen Vollziehung die vorübergehende Außerbetriebsetzung des Tanklagers. Das hiergegen vom Antragsteller angestrengte Aussetzungsverfahren ist beim Verwaltungsgericht Kassel rechtshängig.

Am 22. Dezember 2008 hat der Antragsteller beim Verwaltungsgericht Kassel um vorläufigen Rechtsschutz gegen die Stilllegungsverfügung im Bescheid des Antragsgegners vom 2. Dezember 2008 nachgesucht.

Das Verwaltungsgericht Kassel hat mit dem im Tenor bezeichneten Beschluss den Antrag des Antragstellers abgelehnt. Zur Begründung der Verantwortlichkeit des Antragstellers hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, der Antragsteller als Insolvenzverwalter sei mit der Insolvenzeröffnung nicht nur Verantwortlicher für den Zustand des Grundstücks, sondern zugleich auch Betreiber des Tanklagers und damit - potenzieller - Verhaltensstörer im Sinne von § 6 Abs. 1 HSOG geworden. Zwar sei das Tanklager nach Insolvenzeröffnung nicht mehr zur Bevorratung und zum Umschlag von Kraftstoffen genutzt worden. Es sei jedoch im betriebsbereiten Zustand erhalten worden, um den Aufwand und die nicht unerheblichen Kosten einer Stilllegung zu vermeiden und eine anschließende Wiederinbetriebnahme durch einen potenziellen Erwerber bzw. Pächter zu erleichtern. Von den dabei im Tanklager verbliebenen, nicht unerheblichen Restmengen von Kraftstoffen gehe eine Gefahr für die Gewässer und das Grundwasser aus, wenn die Anlagen nicht laufend überwacht würden. Anders als bei einer Altlast, die bestehe und sich nicht verändere, sei hier ein aktives Handeln des Betreibers erforderlich, um Gefahren für die Allgemeinheit zu vermeiden, indem entweder die Überwachung aufrechterhalten werde oder die Anlage durch die zuvor beschriebenen Handlungen so stillgelegt werde, dass keine Gefahren mehr von ihr ausgehen könnten. Aus seiner öffentlich-rechtlichen Verantwortung als "Betreiber" des Tanklagers heraus habe der Antragsteller den Betrieb nicht "einfach so" einstellen können, sondern habe gemäß den Vorgaben der technischen Regeln für brennbare Flüssigkeiten TRbF 20 die Anlage so zu behandeln und zu hinterlassen, dass eine Verunreinigung der Gewässer und des Grundwassers nicht zu besorgen sei. Diese Verantwortlichkeit bestehe aufgrund seines - früheren - Verhaltens als Betreiber im Sinne von § 6 Abs. 1 HSOG auch über den Zeitpunkt hinaus, in welchem der Antragsteller durch die Freigabe des Grundstücks das Verfügungsrecht über dieses aufgebe. Die Inanspruchnahme des Antragstellers sei auch mit Rücksicht darauf rechtens, dass der Antragsteller ungeachtet der insolvenzrechtlichen Aufgabe der Verfügungsbefugnis die tatsächliche Sachherrschaft über das Tanklager nach wie vor ausübe, indem er die Energieversorgung bisher nicht abgeschaltet habe und das Tanklager weiterhin durch von ihm beauftragtes Personal überwachen lasse. Wegen der Begründung wird im Übrigen auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses Bezug genommen.

Am 23. März 2009 hat der Antragsteller gegen den ihm am 12. März 2009 zugestellten Beschluss des Verwaltungsgerichts Kassel vom 5. März 2009 - 7 L 1731/08.KS - Beschwerde eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 3. April 2009 begründet.

Der Antragsteller vertritt die Auffassung, die wasserrechtliche Ermächtigungsgrundlage des § 53 Abs. 2 WHG werde im konkreten Fall durch das Gesetz über technische Arbeitsmittel und Verbraucherprodukte sowie die Betriebssicherheitsverordnung verdrängt. Hieraus folge zugleich die Unzuständigkeit der Wasserbehörde. Darüber hinaus sei die getroffene Stilllegungsverfügung zu unbestimmt. Schließlich könne er weder als Zustands- noch als Verhaltensstörer in Anspruch genommen werden.

Der Antragsteller beantragt sinngemäß,

auf seine Beschwerde den Beschluss des Verwaltungsgerichts Kassel vom 5. März 2009 - 7 L 1731/08.KS - abzuändern und die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 19. Dezember 2008 gegen die im Bescheid des Antragsgegners vom 2. Dezember 2008 verfügte Stilllegung wiederherzustellen.

Der Antragsgegner beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Der Antragsgegner verteidigt die seine Stilllegungsverfügung bestätigende Eilentscheidung des Verwaltungsgerichts Kassel. Der Antragsteller als Insolvenzverwalter sei insbesondere der richtige Adressat der wasseraufsichtsrechtlichen Ordnungsmaßnahme. Die Freigabe der Tankanlage sei nicht wirksam, der Zugang der Freigabeerklärung werde bestritten. Der Antragsteller sei auch Betreiber der Anlage. Er habe die tatsächliche und rechtliche Verfügungsgewalt über die Anlage ausgeübt und versucht, Investoren und Käufer für das Tanklager zu gewinnen. Er habe das Tanklager in betriebsbereitem Zustand erhalten.

Wegen der Einzelheiten wird im Übrigen auf die Beschwerdebegründung des Antragstellers vom 3. April 2009 sowie die Erwiderung des Antragsgegners vom 17. April 2009 Bezug genommen.

II.

Die gemäß § 146 Abs. 1 VwGO statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde gegen den im Tenor bezeichneten Beschluss des Verwaltungsgerichts Kassel ist begründet.

Der die Stilllegungsverfügung im Bescheid des Antragsgegners vom 2. Dezember 2008 betreffende Antrag des Antragstellers nach § 80 Abs. 5 Satz 1, 2. Fall VwGO ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.

Der Zulässigkeit des Antrags auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs scheitert insbesondere nicht daran, dass der Widerspruch gegen die angegriffene wasseraufsichtsrechtliche Verfügung gesetzlich ausgeschlossen und damit infolge offensichtlicher Unzulässigkeit von vornherein ungeeignet wäre, eine aufschiebende Wirkung auszulösen (vgl. zur mangelnden Eignung eines unstatthaften Rechtsbehelfs, eine aufschiebende Wirkung herbeizuführen: OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 16. März 2005 - 19 B 374/05 - NWVBl. 2005, 352). Der durch Art. 4 des Ersten Gesetzes zur Verwaltungsstrukturreform vom 20. Juni 2002 (GVBl. I, S. 342) eingeführte Wegfall des Vorverfahrens nach § 16a des Hessischen Gesetzes zur Ausführung der Verwaltungsgerichtsordnung vom 27. Oktober 1997 (GVBl. I, S. 381), zuletzt geändert durch Gesetz vom 19. November 2008 (GVBl I, S. 970) - HessAGVwGO - i.V.m. Nr. 13.4 der Anlage zu dieser Vorschrift gilt nicht für die wasseraufsichtsrechtliche Verfügung des Antragsgegners vom 2. Dezember 2008. Nach Nr. 13.4 der Anlage zu § 16a HessAGVwGO, die als Regelung unverändert geblieben ist, entfällt das Vorverfahren gegen

"Entscheidungen nach § 74 des Hessischen Wassergesetzes in Verbindung mit der Anlagenverordnung vom 16. September 1993 (GVBl. I S. 409), zuletzt geändert durch Verordnung vom 31. März 2000 (GVBl. I S. 260)."

In der gleichfalls unverändert fortgeltenden Nr. 13.2 der Anlage zu § 16a HessAGVwGO wird als Hessisches Wassergesetz dessen Fassung vom 22. Januar 1990 (GVBl. I S. 114), zuletzt geändert durch Gesetz vom 20. Dezember 2001 (GVBl. I S. 595) identifiziert. Bei dem die Durchführung eines Vorverfahrens ausschließenden Tatbestand der Nr. 13.4 der Anlage zu § 16a HessAGVwGO handelt es sich - wie bei der überwiegenden Mehrzahl der Tatbestände der Anlage zu § 16a Hess AGVwGO - um eine statische Verweisung auf das darin bezeichnete Gesetz in einer bestimmten Fassung, nicht um eine dynamische Verweisung auf das Gesetz in seiner jeweils geltenden Fassung. Dies wird in systematischer Hinsicht dadurch bestätigt, dass der Gesetzgeber in der Anlage zu § 16a HessAGVwGO vereinzelt dynamische Verweisungen vorgesehen hat, indem er gerade nicht auf ein Gesetz in einer bestimmten Fassung Bezug genommen hat, sondern pauschal auf Entscheidungen in einem bestimmten Rechtsgebiet (vgl. etwa Nr. 3.2 [Entscheidungen Pass- und Personalausweisrecht] und Nr. 3.8 [Entscheidung im Aufenthaltsrecht ....]). Auch hat der hessische Gesetzgeber die statischen Verweisungen der Anlage zu § 16a HessAGVwGO in der Vergangenheit aktualisiert, wenn er den Wegfall des Vorverfahrens aufrecht erhalten wollte (vgl. etwa Art. 1 Nr. 3 des Dritten Gesetzes zur Verwaltungsstrukturreform vom 17. Oktober 2005 [GVBl. I S. 674), Art. 3 Nr. 4 des Gesetzes zur Änderung verwaltungsvollstreckungsrechtlicher und anderer Rechtsvorschriften vom 19. November 2008 [GVBl. I S. 970]). Für die auf § 53 Abs. 2 des Hessischen Wassergesetzes vom 6. Mai 2005 (GVBl. I S. 305), geändert durch Gesetz vom 19. November 2007 (GVBl. I S. 792) - HWG - beruhende Verfügung des Antragsgegners vom 2. Dezember 2008 gilt der Ausschluss des Vorverfahrens damit nicht, auch wenn diese Befugnisnorm nahezu wortlautidentisch mit § 74 Abs. 1 HWG a. F. als Vorgängervorschrift ist.

Hinzu kommt, dass der vom Antragsteller eingelegte Widerspruch selbst dann zur Herbeiführung der aufschiebenden Wirkung tauglich wäre, wenn man Nr. 13.4 der Anlage zu § 16a HessAGVwGO auf Entscheidungen nach § 53 HWG erstrecken wollte. Im Hinblick auf die zuvor angestellten Erwägungen wäre der vom Antragsteller erhobene Widerspruch dann jedenfalls nicht offensichtlich unzulässig und somit zur Auslösung des Suspensiveffekts geeignet.

Der Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1, 2. Fall VwGO ist auch begründet. Die Abwägung zwischen dem öffentlichen Vollziehungsinteresse und dem Aussetzungsinteresse des Antragstellers fällt zu dessen Gunsten aus. Nach dem Erkenntnisstand des Senats im Zeitpunkt seiner Beschwerdeentscheidung ist die wasseraufsichtsrechtliche Ermächtigungsgrundlage des § 53 Abs. 2 HWG anwendbar (1.) und weist die Stilllegungsverfügung keine formellen Rechtsmängel auf (2.), in materieller Hinsicht fehlt es indes an der Verantwortlichkeit des als Insolvenzverwalter in Anspruch genommenen Antragstellers sowie an der hinreichenden Bestimmtheit der Verfügung (3.)

1. Rechtsgrundlage der wasseraufsichtsrechtlichen Stilllegungsverfügung des Antragsgegners vom 2. Dezember 2008 ist § 53 Abs. 2 HWG. Nach dieser Vorschrift haben die Wasserbehörden im Rahmen der Wasseraufsicht u. a. die nach pflichtgemäßem Ermessen erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um von der Allgemeinheit, dem Einzelnen oder den Gewässern Gefahren abzuwehren, die durch den Zustand oder die Benutzung der Anlagen hervorgerufen werden, die unter das Wasserhaushaltsgesetz, dieses Gesetz oder die dazu erlassenen Vorschriften entfallen. Diese wasserrechtliche Ermächtigungsgrundlage wird entgegen der Auffassung des Antragstellers insbesondere nicht durch die geräte- und produktsicherheitsrechtliche Vorschrift des § 15 des Geräte- und Produktsicherheitsgesetzes vom 6. Januar 2004 (BGBl. I S. 2, ber. S. 219), geändert durch Gesetz vom 7. Juli 2005 (BGBl. I S. 1970) - GPSG - verdrängt. Im Hinblick auf die unterschiedlichen Regelungszwecke - einerseits Gewässerschutz, andererseits Schutz von Beschäftigten und Dritten - gilt dies auch, wenn eine Anlage sowohl wasserrechtlichen als auch geräte- und produktsicherheitsrechtlichen Anforderungen genügen muss und diese inhaltlich identisch sind (vgl. etwa die Technischen Regeln für brennbare Flüssigkeiten TRBf 20, Läger, die zu den allgemein anerkannten Regeln der Technik nach § 19g Abs. 3 WHG zählen und gleichzeitig den Stand der Technik i. S. d. § 14 Abs. 1 Nr. 3 GPSG, § 12 Betriebssicherheitsverordnung vom 27. September 2002 [BGBl. I S. 3777], geändert durch Verordnung vom 18. Dezember 2008 [BGBl. I S. 2768] - BetrSichV - wiedergeben). Das Tanklager, auf das sich die wasseraufsichtsrechtliche Verfügung des Antragsgegners bezieht, ist zum einen eine Anlage zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen i. S. d. § 19g Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1, 3. Spiegelstrich WHG, § 47 HWG, zum anderen eine überwachungsbedürftige Anlage i. S. d. §§ 1 Abs. 2, 2 Abs. 7 Nr. 9 GPSG, § 12 BetrSichV. Die Eingriffsbefugnisse der Wasserbehörden zur Gewährleistung der wasserrechtlichen Anforderungen und damit einhergehend zur Abwehr wasserrechtlicher Gefahren bestehen neben den Handlungsmöglichkeiten des für die Durchführung des Geräte- und Produktsicherheitsgesetzes grundsätzlich nach § 1 Nr. 9 Arbeitsschutzzuständigkeitsverordnung vom 8. Juli 2003 (GVBl. I S. 206), geändert durch Verordnung vom 24. April 2006 (GVBl. I S. 138) zuständigen Regierungspräsidiums.

2. Die Stilllegungsverfügung des Antragsgegners weist auch keine formellen Defizite auf. Die sachliche Zuständigkeit des Kreisausschusses des Antragsgegners als untere Wasserbehörde folgt aus §§ 54 Abs. 3, 55 Abs. 1 HWG, seine örtliche Zuständigkeit aus § 100 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 3 Abs. 1 Satz 3 HSOG. Verfahrensrechtlich konnte im Hinblick auf ein Unterbleiben der ständigen Überwachung der Tankanlage als gewässerspezifische Gefahrenlage, die mit Ablauf des 31. Dezember 2008 infolge Beendigung der Energieversorgung drohte, von einer vorherigen Anhörung des Antragstellers gemäß § 28 Abs. 2 Nr. 1 HVwVfG abgesehen werden. Der Antragsgegner hat auch dem Schriftformerfordernis des § 75 Abs. 1 Satz 1 HWG genügt.

3. Die Stilllegungsverfügung im Bescheid des Antragsgegners vom 2. Dezember 2008 erweist sich jedoch als materiell rechtswidrig. Maßgeblicher Zeitpunkt der Sach- und Rechtslage für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der wasseraufsichtsrechtlichen Maßnahme ist wie im allgemeinen Gefahrenabwehrrecht der Zeitpunkt des Erlasses der behördlichen Anordnung (vgl. Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 3. Aufl. 2004, Rdnr. 806 m.w.N.).

a) Allerdings hat der Antragsgegner zu Recht einen sein Einschreiten rechtfertigenden Gefahrentatbestand nach § 53 Abs. 2 HWG angenommen. Mit dem nach Unterbrechung der Energieversorgung drohenden Ausfall der Überwachung der Tankanlage drohte ein Verstoß gegen das der Gewässerreinheit dienende Gebot des § 19i Abs. 2 Satz 1 WHG, wonach der Betreiber einer Anlage im Sinne des § 19g Abs. 1 WHG ihre Dichtheit und die Funktionsfähigkeit der Sicherheitseinrichtungen ständig zu überwachen hat.

b) Der Antragsteller ist indes im auch insoweit maßgeblichen Zeitpunkt des wasserbehördlichen Einschreitens nicht als Verantwortlicher für diese gewässerspezifische Gefahr in Anspruch zu nehmen gewesen.

aa) Die Zustandsverantwortlichkeit des Antragstellers als andere berechtigte Person gemäß § 7 Abs. 2 HSOG i. V. m. § 53 Abs. 4 HWG aufgrund seiner nach § 80 Abs. 1 InsO entstandenen Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis als Insolvenzverwalter endete mit seiner die Tanklagergrundstücke und damit das Tanklager betreffenden Freigabeerklärung. Die Freigabe, also die einseitige Erklärung des Insolvenzverwalters gegenüber dem Schuldner, mit der ein massezugehöriges, an sich dem Insolvenzbeschlag unterfallendes Recht wieder in das insolvenzfreie Vermögen des Schuldners übertragen wird, ist auch nicht nach § 138 Abs. 1 BGB wegen Sittenwidrigkeit nichtig. Denn die Freigabe, die gewohnheitsrechtlich anerkannt ist und von der Insolvenzordnung vorausgesetzt wird (vgl. § 32 Abs. 3 InsO), ist ein von der Rechtsordnung vorgesehenes Rechtsinstitut, dessen Zweck es ist, die Masse von nicht verwertbaren Gegenständen zu entlasten. Nach dem im Eilverfahren geltenden Beweismaß der überwiegenden Wahrscheinlichkeit ist auch ein Zugang der Freigabeerklärung des Antragstellers bei dem jeweiligen Adressaten anzunehmen. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Freigabeerklärungen des Antragstellers mangels Zugangs nicht wirksam geworden sind. Vielmehr hat Herr Dr. xxxx, einer der Geschäftsführer und Gesellschafter der Schuldnerin, in seiner eidesstattlichen Versicherung vom 26. März 2009 die Freigabe der Tanklagergrundstücke im Oktober 2008 bestätigt.

Die Zustandsverantwortlichkeit des Antragstellers als Inhaber der tatsächlichen Gewalt nach § 7 Abs. 1 Satz 1 HSOG i. V. m. § 53 Abs. 4 HWG entfiel mit der Besitzeinräumung an Herrn Dr. xxx. Ein Fortbestand der Zustandshaftung des Antragstellers nach § 7 Abs. 3 HSOG i. V. m. § 54 Abs. 3 HWG schied aus, da das Tanklager infolge der Freigabe und der Besitzübertragung nicht zur herrenlosen Sache im Sinne des § 7 Abs. 3 HSOG geworden ist, vielmehr Verfügungsgewalt und Sachherrschaft der Schuldnerin wieder auflebten. Eine darüber hinausgehende nachwirkende Zustandsverantwortlichkeit, die den Antragsteller treffen könnte, sehen die bereichsspezifischen ordnungsrechtlichen Vorschriften des § 7 HSOG i. V. m. § 53 Abs. 4 HWG nicht vor (vgl. zur Zustandsverantwortlichkeit des Insolvenzverwalters: BVerwG, Urteil vom 23. September 2004 - BVerwG 7 C 22.03 - BVerwGE 122, 75, Schwemer, NordÖR 2002, 96; Kley, DVBl. 2005, 727; Eckardt, AbfallR 2008, 197).

bb) Der Antragsteller ist auch nicht als Verhaltensverantwortlicher nach § 6 Abs. 1 HSOG i. V. m. § 54 Abs. 3 HWG rechtmäßiger Adressat der Stilllegungsverfügung des Antragsgegners. Nach den genannten Vorschriften besteht eine Verantwortlichkeit der Person, die eine gewässerspezifische Gefahr verursacht hat.

Anlass für das Einschreiten der Wasseraufsicht ist die gewässerspezifische Gefahr gewesen, dass mit Ablauf des 31. Dezember 2008 das Ausbleiben einer den Anforderungen des § 19 i Abs. 2 WHG genügenden Kontrolle des Tanklagers drohte. Diese Gefahr ist dem Antragsteller als Insolvenzverwalter nicht im Sinne einer Verursachung nach § 6 Abs. 1 HSOG i.V.m. § 53 Abs. 4 HBG zurechenbar.

Verursacher einer (gewässerspezifischen) Gefahr im Sinne dieser Vorschriften ist die Person, deren Verhalten unmittelbar den Eintritt der Gefahr auslöst. Die erforderliche Unmittelbarkeit des Zusammenhangs zwischen Verhalten und Gefahr, also das Fehlen wesentlicher Zwischenursachen, ist durch eine wertende Beurteilung festzustellen. Zentrale Bedeutung kommt damit der Frage zu, inwieweit die Rechtsordnung die Entstehung einer Gefahr dem Verantwortungsbereich desjenigen zuordnet, dessen Verhalten nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass die Gefahr entfällt. Ein positives Tun begründet dabei die Verhaltensverantwortlichkeit, wenn der Handelnde die ihm durch die Rechtsordnung gezogene Gefahrengrenze überschritten hat. Durch ein Unterlassen einer Person wird die Gefahrengrenze nur überschritten, wenn die Rechtsordnung ihr eine Handlungspflicht auferlegt.

Hieran gemessen sind im für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkt des wasserbehördlichen Einschreitens unmittelbare Verursacher der Gefahr der mangelnden Überprüfung des Tanklagers die Schuldnerin bzw. deren Organe. Denn die Schuldnerin traf die Handlungspflicht zur Überwachung der Dichtheit der Anlage und der Funktionsfähigkeit von deren Sicherheitseinrichtungen nach § 19i Abs. 2 Satz 1 WHG. Die Schuldnerin ist (auch) im Zeitpunkt des wasserbehördlichen Einschreitens am 2. September 2008 als Betreiberin des Tanklagers im Sinne des § 19i Abs. 2 Satz 1 WHG anzusehen. Der Begriff des Betreibens einer Anlage beschreibt einen Dauertatbestand, der jede Art der bestimmungsgemäßen Nutzung einer Anlage erfasst. In zeitlicher Hinsicht umfasst das Betreiben bereits den etwaigen Probebetrieb einer Anlage und endet erst mit der endgültigen - den jeweiligen bereichsspezifischen Anforderungen genügenden - Außerbetriebsetzung der Anlage. Betreiber einer Anlage zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen ist demgemäß, wer im vorbezeichneten Zeitraum in tatsächlicher sowie rechtlicher Hinsicht über die Anlage bestimmt und auch wirtschaftlich für sie verantwortlich ist, also ihre Kosten trägt und Nutzen aus ihr zieht (vgl. zu Vorstehendem: Czychowski/Reinhardt, WHG, 9. Aufl. 2007, § 19i Rdnr. 4; Sieder/Zeitler/Dahme, WHG, Stand: August 2008, § 19i Rdnr. 2, jeweils m.w.N.).

Die Schuldnerin ist hiernach über den Zeitpunkt der Einstellung des Aktivgeschäfts Ende Juli 2008 hinaus Betreiberin des Tanklagers gewesen und war es auch im Zeitpunkt des Erlasses der Stilllegungsverfügung des Antragsgegners. Als Betreiberin trafen sie die Verhaltenspflichten nach §§ 19g Abs. 1 und 3; 19i Abs. 2 WHG, § 47 Abs. 3 Nr. 6 HWG i.V.m. § 3 Nr. 2 der Anlagenverordnung vom 16. September 1993 (GVBl. I S. 409), geändert durch Verordnung vom 25. Februar 2008 (GVBl. I S. 648) - VAwS - sowie der Regelungen 17 und 18 Nr. 9 und Nr. 11 der Technischen Regeln für brennbare Flüssigkeiten TRbF 20 "Läger".

Den Antragsteller als Insolvenzverwalter hat hingegen im Hinblick auf die abzuwehrende Gefahr einer nicht ordnungsgemäßen Kontrolle des Tanklagers keine Verhaltensverantwortlichkeit getroffen. Seine fehlende Bereitschaft, weiterhin die Kosten der Energieversorgung des Tanklagers zu tragen, verursacht die gewässerspezifische Gefahr lediglich wegen der fehlenden Liquidität der direkt verhaltensverantwortlichen Schuldnerin und damit grundsätzlich nur mittelbar. Eine Garantenstellung des Antragstellers, die eine Verhaltensverantwortlichkeit wegen Unterlassens der weiteren Energieversorgung und damit der ordnungsgemäßen Kontrolle des Tanklagers begründen würde, folgt auch nicht aus einer Betreiberstellung des Antragstellers. Denn der Antragsteller als Insolvenzverwalter ist nach dem Erkenntnisstand des Senats im Zeitpunkt seiner Beschwerdeentscheidung zu keinem Zeitpunkt Betreiber des Tanklagers gewesen.

Eine Betreiberstellung des Antragstellers nach Freigabe des Tanklagers scheidet bereits mangels rechtlicher Verfügungsgewalt aus. Aber auch im davor liegenden Zeitraum zwischen der Eröffnung des Insolvenzverfahrens und der Freigabe des Tanklagers ist der Antragsteller als Insolvenzverwalter trotz rechtlicher Verfügungsmacht nicht Betreiber des Tanklagers gewesen. Es fehlt an einer Fortführung des Betriebs des Tanklagers und damit an dessen wirtschaftlicher Nutzung für die Masse durch den Antragsteller. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 1. Oktober 2008 hat der Antragsteller als Insolvenzverwalter eine bestimmungsgemäße Nutzung des Tanklagers nicht wieder aufgenommen. Der Antragsteller hat in dem rund 3-wöchigen Zeitraum zwischen der Eröffnung des Insolvenzverfahrens und der Freigabe des Tanklagers lediglich sichergestellt, dass das nicht mehr genutzte Tanklager weiterhin ordnungsgemäß auf seine Dichtigkeit und die Funktionsfähigkeit der Sicherheitseinrichtungen kontrolliert wurde. Durch dieses Verhalten erfüllte der Antragsteller die aus seiner Zustandsverantwortlichkeit nach § 7 HSOG i.V.m. § 53 Abs. 4 HWG herrührende Pflicht, dafür Sorge zu tragen, dass von der seiner Sachherrschaft unterliegenden Anlage keine (gewässerspezifische) Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausging. Die Wahrnehmung einer Gefahrenabwehrpflicht durch einen Zustandsverantwortlichen allein begründet keine Stellung als Betreiber der Anlage. Hierfür ist vielmehr ein aktives betriebsgestaltendes Verhalten erforderlich, das darauf abzielt, die Anlage wirtschaftlich zu nutzen. Ein entsprechendes Verhalten des Antragstellers ist für den Senat nicht erkennbar. Dabei kann dahinstehen, ob Bemühungen eines Insolvenzverwalters, eine Anlage zu veräußern, überhaupt ein aktives betriebsgestaltendes Verhalten darstellen, das eine Betreiberstellung des Insolvenzverwalters begründet. Denn nach dem Erkenntnisstand des Senats im Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung hat der Antragsteller nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Interessenten keine Verhandlungen über die Veräußerung der Tanklagergrundstücke geführt. Eine Aufforderung zur Abgabe von sogenannten indikativen - unverbindlichen - Angeboten ("Teaser"), die im Rahmen eines vor der Insolvenzeröffnung eingeleiteten Verkaufsprozesses vom 15. September 2008 bis zum 17. September 2008 an potentielle Investoren versendet worden war, war im Hinblick auf das Tanklager erfolglos geblieben.

c) Die Rechtswidrigkeit der wasseraufsichtsrechtlichen Stilllegungsverfügung des Antragsgegners folgt darüber hinaus aus ihrer mangelnden Bestimmtheit. Nach § 37 Abs. 1 HVwVfG muss ein Verwaltungsakt inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Wird dem Verfügungsadressaten eine Handlungspflicht auferlegt, setzt das Bestimmtheitserfordernis grundsätzlich voraus, dass dem Inanspruchgenommenen im verfügenden Teil des Verwaltungsaktes aufgezeigt wird, welches konkrete Tun von ihm erwartet wird. Mindesterfordernis ist dabei die bestimmte Angabe des Ziels der geforderten Handlung. Die im Bescheid des Antragsgegners vom 2. Dezember 2008 getroffene Anordnung der rechtzeitigen und ordnungsgemäßen Stilllegung der Anlagen zum Lagern wassergefährdender Stoffe auf den Grundstücken, Gemarkung C-Stadt, Flur 65, Flurstücke 34/1, 33/6, 48/3, 48/6, 48/7 und 55 vor Abschaltung der Energieversorgung nach Maßgabe der Vorschriften der Anlagenverordnung, die auch in der Begründung des Bescheides nicht näher erläutert wird, genügt diesen Anforderungen nicht. Ohne Konkretisierung dieses Handlungsgebots in inhaltlicher und zeitlicher Hinsicht ist für den Adressaten nicht erkennbar, welche Handlungen zu welchem Zeitpunkt von ihm gefordert werden. Damit kann die Verfügung dem Antragsteller als Adressat gegenüber auch nicht im Wege des Verwaltungszwangs durchgesetzt werden und wird ihrer Titelfunktion nicht gerecht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Festsetzung des Streitwertes für das Beschwerdeverfahren beruht auf §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1, 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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