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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 11.09.2007
Aktenzeichen: 7 TG 1718/07
Rechtsgebiete: HSchG, VOBGM


Vorschriften:

HSchG § 3 Abs. 7
HSchG § 12
HSchG § 13 Abs. 6
HSchG § 70 Abs. 1
HSchG § 127b Abs. 2
VOBGM § 17 Abs. 2
VOBGM § 19
1. Aus den Formulierungen in § 19 Abs. 1 VOBGM (ABl. 2005, S. 438) geht hervor, dass nach hessischer Rechtslage bilinguale Unterrichtsangebote grundsätzlich als Schwerpunktbildung innerhalb eines bestehenden Bildungsganges anzusehen sind.

2. Bei einem bilingualen Zug i. S. v. § 19 Abs. 2 VOBGM handelt es sich um einen Unterfall eines bilingualen Unterrichtsangebotes i. S. v. § 19 Abs. 1 VOBGM.

3. In aller Regel wird auch ein bilingualer Zug lediglich als Schwerpunktbildung innerhalb eines herkömmlichen Bildungsganges anzusehen sein. Dies schließt indes nicht aus, dass ein bilinguales Unterrichtsangebot im konkreten Einzelfall so viele Besonderheiten, die für eine spätere berufliche Ausbildung von Bedeutung sind, aufweisen kann, dass entgegen den Vorgaben des Verordnungsgebers ausnahmsweise ein eigenständiger Bildungsgang darin zu erblicken ist.


HESSISCHER VERWALTUNGSGERICHTSHOF BESCHLUSS

7 TG 1718/07

In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Schulrechts - Aufnahme in eine weiterführende Schule mit bilingualem Zug -

hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof - 7. Senat - durch

Vizepräsidenten des Hess. VGH Dr. Rothaug, Richterin am Hess. VGH Schäfer, Richter am Hess. VGH Dr. Ferner

am 11. September 2007 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Darmstadt vom 20. Juli 2007 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Antragstellerin zu tragen.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,00 € festgesetzt.

Gründe:

Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg.

Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere ist sie form- und fristgerecht eingelegt (§ 147 Abs. 1 VwGO) und auch fristgerecht begründet worden (§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO).

Die Beschwerde erweist sich jedoch als unbegründet. Denn bei summarischer Prüfung der von der Antragstellerin dargelegten Gründe kann nicht festgestellt werden, dass das Verwaltungsgericht rechtsfehlerhaft entschieden hat. In der erstinstanzlichen Entscheidung wird zutreffend ausgeführt, dass die Voraussetzungen für den Erlass der begehrten Regelungsanordnung gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO nicht vorliegen. Nach dem Vorbringen im Beschwerdeverfahren ist auch für den Senat nicht ersichtlich, dass der Antragstellerin durch die Ablehnung ihres Antrages auf Aufnahme in die ...schule - Gymnasium - in der Stadt Darmstadt durch Verfügung vom 9. Mai 2007 konkrete erhebliche Nachteile, wie sie für den Erlass einer Regelungsanordnung erforderlich sind, drohen. Der Senat kann daher auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts gemäß § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO Bezug nehmen.

Auch nach dem ergänzenden Vorbringen im Beschwerdeverfahren kann die Antragstellerin nicht mit Erfolg einen Anspruch auf Aufnahme gemäß § 70 Abs. 1 Satz 1 HSchG in eine Schule in der Stadt Darmstadt geltend machen. Denn nach dem eindeutigen Wortlaut dieser Regelung besteht ein Anspruch auf Aufnahme nur hinsichtlich einer Schule des Schulträgers, in dessen Gebiet der Schüler seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Die Antragstellerin erstrebt jedoch nicht, eine weiterführende Schule im Landkreis Darmstadt-Dieburg zu besuchen, wo sie wohnt, sondern sie will in ein bestimmtes Gymnasium in dem Gebiet eines anderen Schulträgers, der Stadt Darmstadt, aufgenommen werden.

Die Antragstellerin verweist zwar zutreffend darauf, dass nach § 70 Abs. 1 Satz 1 HSchG der Anspruch auf Aufnahme in eine Schule des eigenen Schulträgers durch Zugangsregelungen, die durch oder aufgrund des hessischen Schulgesetzes festgelegt worden sind, zugunsten auswärtiger Schüler modifiziert werden kann. Gleichwohl ergibt sich hieraus kein Anspruch der Antragstellerin gemäß § 70 Abs. 1 Satz 1 HSchG auf Aufnahme in die ...schule.

Die Stadt Darmstadt war gemäß § 140 Abs. 1 HSchG befugt, als Schulträgerin eine öffentlich-rechtliche Vereinbarung mit dem Landkreis Darmstadt-Dieburg über die Aufnahme von Schülern aus bestimmten Gemeinden des Landkreises oder von Schülern des gesamten Landkreises, die eine bestimmte Sprachenfolge in den Fremdsprachen-Fächern belegen wollen, zu schließen. Von dieser Befugnis hat die Stadt Darmstadt durch die öffentlich-rechtliche Vereinbarung vom 6. Februar 1997 (Blatt 82 der Akte) Gebrauch gemacht.

Eine unmittelbare Begünstigung kann die Antragstellerin hieraus aber nicht herleiten, weil sie weder gemäß § 1 Abs. 1 und 2 der Vereinbarung in der Gemeinde M. oder der Gemeinde M. wohnt noch gemäß § 1 Abs. 3 der Vereinbarung als erste Fremdsprache eine der dort aufgezählten Sprachen gewählt hat.

Die Antragstellerin kann auch nicht unter Berufung auf den Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG mittelbar aus der öffentlich-rechtlichen Vereinbarung einen Aufnahmeanspruch in die ...schule in Darmstadt herleiten. Selbst wenn der öffentlich-rechtliche Vertrag vom 6. Februar 1997 wegen Verstoßes gegen den Gleichheitsgrundsatz nichtig sein sollte, hätte dies zunächst nur die Folge, dass die darin begünstigten Schüler keinen Anspruch mehr auf Aufnahme in eine der weiterführenden Schulen der Stadt Darmstadt besäßen. Hieraus ergäbe sich aber für die Antragstellerin kein Vorteil, da sie selbst weiterhin keinen Anspruch auf Berücksichtigung ihres eigenen Aufnahmebegehrens hätte. Die von ihr erstrebte Konsequenz, dass die Schüler aus ihrem Wohnort A-Stadt mit den Schülern aus den Gemeinden M. und M. gleichzustellen seien und auch für diese ein Aufnahmeanspruch bestehen soll, kann sich aus der geltend gemachten Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes nicht ergeben. Denn bei einer unwirksamen Rechtsetzung eines Trägers öffentlicher Verwaltung kann ein Anspruch auf entsprechende Teilhabe nicht geltend gemacht werden. Ein Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht besteht nämlich nicht.

Im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes kann zumindest nach der derzeitigen Sachlage auch nicht mit der erforderlichen hinreichenden Wahrscheinlichkeit ein Anspruch der Antragstellerin auf Aufnahme in die ...schule gemäß § 70 Abs. 1 Satz 3 i. V. m. Satz 1 HSchG angenommen werden. Denn nach ihrem Vorbringen im Beschwerdeverfahren erachtet es der Senat nicht als überwiegend wahrscheinlich, dass es im Gebiet des Landkreises Darmstadt-Dieburg keine Schule des von ihr gewählten Bildungsganges gibt.

Das Vorbringen der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren lässt nicht hinreichend sicher erkennen, dass das derzeitige Unterrichtsangebot der ...schule als eigenständiger Bildungsgang im Sinne von § 12 Abs. 2 HSchG anzusehen ist, der im Landkreis Darmstadt-Dieburg weder an der von ihr derzeit besuchten ...-Schule in G. noch an einer anderen weiterführenden Schule angeboten wird.

Für ihre Rechtsauffassung, die ...schule biete einen eigenständigen Bildungsgang an, verweist die Antragstellerin in erster Linie auf den dort gemäß § 28 Satz 1 HSchG i. V. m. § 19 Abs. 2 der Verordnung zur Ausgestaltung der Bildungsgänge und Schulformen der Grundstufe (Primarstufe) und der Mittelstufe (Sekundarstufe I) und der Abschlussprüfungen in der Mittelstufe - VOBGM - vom 14. Juni 2005 (ABl. S. 438 ff.) eingerichteten bilingualen Zug.

Nach Auffassung des Senats wird mit der Einrichtung eines bilingualen Zuges an einer Schule gemäß § 19 Abs. 2 VOBGM grundsätzlich kein gegenüber dem herkömmlichen gymnasialen Bildungsgang eigenständiger Bildungsgang begründet. Es handelt sich vielmehr lediglich um ein durch die Bildung von Schwerpunkten innerhalb des gymnasialen Bildungsgangs geschaffenes Bildungsangebot (vgl. § 19 Abs. 1 VOBGM).

Unter einem Bildungsgang ist allgemein das abstrakte Bildungsangebot einer Fachrichtung zu verstehen (OVG Lüneburg, Urteil vom 20.12.1995 - 13 L 7975/94 - NVwZ-RR 1996, 161). Aus § 12 Abs. 2 Satz 1 HSchG ist für die Rechtslage in Hessen zu entnehmen, dass die Bildungsgänge der Sekundarstufe inhaltlich durch die Gegenstandsbereiche des Unterrichts und die Abschlüsse als Bildungsziel unter Berücksichtigung der durch das jeweilige Bildungsziel vorgegebenen Anforderungen bestimmt werden. Sie haben nach § 12 Abs. 2 Satz 2 HSchG ihre Grundlage in den gemeinsamen Lernzielen und werden mit dem Vorrücken in höhere Jahrgangsstufen nach inhaltlichen Schwerpunkten, der Art der Erschließung und der Erweiterung und Vertiefung der Gegenstandsbereiche ausdifferenziert. Das weitere Kriterium eines sich im Abschluss konkretisierenden Bildungsziels führt dazu, dass das hessische Recht in der Mittelstufe grundsätzlich nur die Bildungsgänge der Hauptschule, der Realschule und des Gymnasiums kennt (Hess. VGH, Beschlüsse vom 25.06.1998 - 7 UE 4200/96 - NVwZ-RR 1999, 798, vom 02.01.2003 - 7 UZ 4019/00 - NVwZ-RR 2003, 433, und vom 17.01.2003 - 7 UZ 2265/02 -). Demgemäß bestimmt § 17 Abs. 2 Satz 2 VOBGM, dass die Schulformen der Hauptschule, der Realschule und des Gymnasiums jeweils einen Bildungsgang umfassen.

Im Hinblick darauf kann die Annahme eines eigenständigen Bildungsganges allenfalls dann in Betracht kommen, wenn eine Schwerpunktbildung zugleich auch durch eine besondere Ausgestaltung des Abschlusses oder zumindest durch den Erwerb spezifischer Zusatzqualifikationen geprägt ist (vgl. OVG Lüneburg, a. a. O., und Hess. StGH, Urteil vom 17.06.1992, StAnz, 3391, 3404). Hiernach ist also nicht in jeder besonderen fachlichen Schwerpunktbildung im schulischen Angebot ein eigenständiger Bildungsgang zu sehen.

Von einem Bildungsgang im dargestellten Sinne abzugrenzen sind besondere pädagogische Profile, die sich Schulen unter Nutzung ihrer organisatorischen und inhaltlichen Gestaltungsräume gemäß § 127b Abs. 2 Satz 5 HSchG geben können.

Bei der Frage, unter welchen Voraussetzungen die Einrichtung eines bilingualen Unterrichtsangebotes ausnahmsweise als eigenständiger Bildungsgang anzusehen ist, orientiert sich der Senat vorrangig an den rechtlichen Vorgaben in § 19 VOBGM. Aus den Formulierungen in § 19 Abs. 1 VOBGM geht hervor, dass bilinguale Unterrichtsangebote grundsätzlich nur als Schwerpunktbildung innerhalb eines bestehenden Bildungsganges anzusehen sind. Bei einem bilingualen Zug im Sinne von § 19 Abs. 2 VOBGM handelt es sich um einen Unterfall eines bilingualen Unterrichtsangebotes im Sinne von § 19 Abs. 1 VOBGM. Dies zeigt sich in der Regelung des § 19 Abs. 3 VOBGM. Dort heißt es nämlich, bilinguale Unterrichtsangebote sollen "auch" außerhalb eines bilingualen Zuges angeboten werden. Somit wird in aller Regel auch ein bilingualer Zug lediglich als Schwerpunktbildung innerhalb eines herkömmlichen Bildungsganges anzusehen seien. Dies schließt indes nicht aus, dass ein bilinguales Unterrichtsangebot - insbesondere ein bilingualer Zug - im konkreten Einzelfall so viele Besonderheiten, die für eine spätere berufliche Ausbildung von Bedeutung sind, aufweisen kann, dass entgegen den Vorgaben des Verordnungsgebers ausnahmsweise ein eigenständiger Bildungsgang gegeben ist.

Ein solcher Ausnahmefall liegt hier nicht vor. Die derzeitige Ausgestaltung des bilingualen Zuges an der ...schule bietet nach dem Vorbringen im Beschwerdeverfahren keine hinreichenden Anhaltspunkte, die die ausnahmsweise Annahme eines eigenständigen Bildungsganges rechtfertigen können. Insbesondere weicht die inhaltliche Gestaltung des Unterrichts nicht weitreichend von den bilingualen Angeboten der ...-Schule und der anderen Gesamtschulen im Landkreis Darmstadt-Dieburg ab.

In der ...schule wird - wie in § 19 Abs. 2 Satz 2 VOBGM vorgesehen - in den Jahrgangsstufen 5 und 6 für alle Schüler, die nicht in einem zweisprachigen deutsch-englischen Elternhaus aufwachsen, durch eine zusätzliche Unterrichtsstunde im Fach Englisch auf den in der Jahrgangsstufe 7 beginnenden bilingualen Zug hingeführt. Sodann wird ab Jahrgangsstufe 7 bis einschließlich Jahrgangsstufe 9 in mehreren Fächern aus dem mathematisch-naturwissenschaftlichen Bereich und auch einmal im Fach Kunst bilingual unterrichtet. Dieser Aufbau des bilingualen Zuges entspricht dem vom Verordnungsgeber ins Auge gefassten Regelfall.

Zwar hat sich die ...schule ein besonderes Profil dadurch geschaffen, dass sie das bilinguale Unterrichtsangebot im Gegensatz zur ...-Schule in G. auf den mathematisch-naturwissenschaftlichen Bereich konzentriert und durch die Einbeziehung von Qualitätskriterien wie den Anforderungskatalog von Mint-EC-Schulen sowie durch die Einstellung von Sachfachlehrern mit englischsprachiger Unterrichtserfahrung ein sehr hohes Lernniveau bietet. Hierbei handelt es sich aber ausschließlich um eine besondere Schwerpunktbildung innerhalb des herkömmlichen gymnasialen Bildungsganges.

Das Angebot bleibt inhaltlich im Grundsatz vergleichbar mit dem bilingualen Unterrichtsangebot der ...-Schule, in der in der Jahrgangsstufe 5 durch eine zusätzliche Unterrichtsstunde im Fach Englisch auf freiwilliger Basis auf den bereits dort in der Jahrgangsstufe 6 beginnenden bilingualen Unterricht in den Fächern Biologie und Erdkunde hingeführt wird. In der Jahrgangsstufe 7 wird dann das Fach Politik und Wirtschaft bilingual vermittelt, in den Jahrgangsstufen 8 und 9 das Fach Geschichte. Ähnlich gestaltet sich das bilinguale Unterrichtsangebot an der ...-Schule in P. Hier wird seit dem im August begonnenen Schuljahr 2007/2008 ebenfalls ein bilingualer Zug aufgebaut, beginnend mit einem erweiterten Englischunterricht in der Jahrgangsstufe 5. Ab Jahrgangsstufe 7 wird dort ein Sachfach ausschließlich in englischer Unterrichtssprache vermittelt. Hierbei wird zwischen den Fächern Erdkunde, Geschichte sowie Politik und Wirtschaft gewechselt.

Eine andere rechtliche Beurteilung ergibt sich auch nicht im Hinblick darauf, dass die ...schule auch Schulbücher in englischer Sprache verwendet sowie besonders qualifizierte Lehrkräfte eingestellt hat, die neben ihrer Lehrbefähigung im Sachfach auch über englischsprachige Unterrichtserfahrung verfügen. Durch das beschriebene Lernmaterial sowie durch die besonders qualifizierten Lehrer ändert sich der Lerninhalt - gerade in naturwissenschaftlichen Fächern - nicht derart grundlegend, dass der vermittelte Unterrichtsstoff mit einem Sachfachunterricht ausschließlich in deutscher Unterrichtssprache nicht mehr vergleichbar wäre. Vielmehr tritt lediglich eine vertiefte englische Sprachkompetenz zu dem herkömmlichen Unterrichtsinhalt hinzu.

Des Weiteren enthalten auch die Ausführungen der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren zu den ihren Angaben zufolge für die Schüler des bilingualen Zuges an der ...schule erreichbaren zusätzlichen Bildungsabschlüssen keine Tatsachen, die für den beruflichen Werdegang von so erheblicher Bedeutung sind, dass im Hinblick hierauf ein eigenständiger Bildungsgang angenommen werden könnte.

Bei den von der Antragstellerin genannten Certi Lingua und Certi Lingua Junior handelt es sich schon nach ihrem eigenen Vorbringen um keine internationalen Bildungsabschlüsse. Die Zertifikate bescheinigen lediglich eine erfolgreiche Teilnahme am bilingualen Unterricht. Auch können internationale Bildungsabschlüsse wie das deutsche internationale Abitur (DIP), das International Baccalaureate (IB) und auch das International General Certificate of Secondary Education (IGCSE) derzeit an der ...schule nicht erworben werden.

Ob derartige ausländische oder internationale Abschlüsse entsprechend der Behauptung der Antragstellerin irgendwann in der Zukunft auf der ...schule einmal erworben werden können und insoweit eine Konzeption existiert, kann offen bleiben. Denn maßgeblich für die vorliegende Sachentscheidung ist allein die Sachlage im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts. Eine etwaige Konzeption, in den nächsten acht Jahren bis zum voraussichtlichen Schulabschluss der Antragstellerin den Erwerb internationaler Bildungsabschlüsse an der Schule zu ermöglichen, könnte jedenfalls derzeit noch keinen Bildungsgang begründen, an dem die Antragstellerin bereits jetzt teilnehmen kann.

Selbst wenn derartige Abschlüsse zusätzlich zu dem nationalen Abitur erworben werden könnten, wäre nach den eingangs dargestellten Erwägungen des Senats fraglich, ob dann der bilinguale Zug an der ...schule als eigenständiger Bildungsgang angesehen werden könnte. Für eine solche rechtliche Einordnung könnte sprechen, dass ein internationaler Schulabschluss für eine spätere berufliche Ausbildung von Bedeutung sein kann. Andererseits hat der hessische Gesetzgeber in § 13 Abs. 6 HSchG den Erwerb ausländischer oder internationaler Abschlüsse nach entsprechender Einführung durch Rechtsverordnung allein "durch die Bildung von Schwerpunkten innerhalb eines Bildungsgangs " vorgesehen. Dies spricht wiederum dafür, dass selbst in diesem Fall kein eigenständiger Bildungsgang bestünde.

Soweit die Antragstellerin meint, die ...schule biete zudem deshalb einen eigenen Bildungsgang an, weil sie als Zentrum für Sprach- und Hochbegabtenförderung konzipiert sei, kann auch dieser Argumentation nicht gefolgt werden. Für hochbegabte Schüler sieht § 3 Abs. 7 HSchG ausdrücklich vor, dass sie durch Beratung und "ergänzende Bildungsangebote" in ihrer Entwicklung gefördert werden sollen. Hiernach soll diese Schülergruppe nach dem Willen des Gesetzgebers grundsätzlich nicht in einem eigenständigen Bildungsgang unterrichtet werden. Vielmehr ist beabsichtigt, sie in ihren besonderen Begabungen innerhalb des herkömmlichen gymnasialen Bildungsgangs zu fördern.

Ferner führt die Konzeption einer internationalen Begegnungs- und Europaschule nicht dazu, dass die ....schule einen Bildungsgang anbietet, der im Landkreis Darmstadt-Dieburg nicht zur Verfügung steht. Zwar wird sich die geplante Kooperation mit einer privatrechtlich organisierten Sprachenschule ebenso wie die schulformübergreifende Zusammenarbeit mit anderen schulischen Einrichtungen und Kindergärten in Darmstadt sicher positiv auf die Förderung der Schüler der ...schule in der englischen Fremdsprache auswirken. Die von der Antragstellerin insoweit angesprochene Förderung bleibt aber nicht auf die Schüler des bilingualen Zuges begrenzt, sondern prägt das Erscheinungsbild der ...schule insgesamt, ohne dass die dortigen Lehrinhalte weitgehend vom Bildungsinhalt eines herkömmlichen Gymnasiums abweichen. Auch insoweit handelt es sich daher lediglich um eine besondere Schwerpunktbildung im pädagogischen Profil der Schule im Sinne von § 127b Abs. 2 Satz 5 HSchG.

Schließlich ergeben sich aus den beiden von der Antragstellerin angeführten obergerichtlichen Entscheidungen keine rechtlichen Aspekte, die der hier im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vertretenen Auffassung des Senats entgegenstehen.

Die Entscheidung des OVG Bautzen vom 10. Oktober 2006 (- 5 B 289/05 - zit. nach juris) setzt sich mit § 7 Abs. 4 Schulgesetz Sachsen auseinander. Die Rechtslage in diesem Bundesland ist aber nicht mit der hessischen Gesetzeslage vergleichbar. Denn in § 7 Abs. 4 Schulgesetz Sachsen hat der Gesetzgeber selbst vorgesehen, dass zur Förderung besonders begabter Schüler "besondere Bildungswege" an ausgewählten Gymnasien angeboten werden. Im Gegensatz hierzu sehen die hessischen Regelungen vor, dass die Förderung bestimmter Kompetenzen der Schüler durch Schwerpunktbildungen innerhalb der bestehenden Bildungsgänge erfolgen soll.

Die von der Antragstellerin genannte Entscheidung des OVG Bremen vom 5. Dezember 1995 (- 1 BA 31/95 - zit. nach juris) betraf die Forderung eines Schülers, einem bestimmten Gymnasium zugewiesen zu werden, in dem ab Jahrgangsstufe 7 ausschließlich bilingual unterrichtet wurde, und zwar mehrzügig bis einschließlich Jahrgangsstufe 13. Ob bei einer solchen besonderen Ausgestaltung des Unterrichts über die derzeit durch § 19 VOBGM vorgegebenen Grenzen hinaus ein eigenständiger Bildungsgang anzunehmen wäre, kann hier offen bleiben. Denn die ...schule bietet einen so weitreichenden Gebrauch der englischen Fremdsprache als Unterrichtssprache nicht an.

Die Antragstellerin kann schließlich für sich keinen gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO sicherbaren Anspruch auf Aufnahme in die ...schule daraus herleiten, dass der Antragsgegner möglicherweise bereits in der Vergangenheit eine Rechtsverordnung gemäß § 13 Abs. 6 HSchG hätte verabschieden können, die den Erwerb ausländischer oder internationaler Abschlüsse vorsieht. Ob und wann der Antragsgegner solche Regelungen trifft, ist nach § 13 Abs. 6 HSchG in sein Ermessen gestellt. Die Antragstellerin hat daher keinen Rechtsanspruch auf Erlass einer solchen Regelung, sondern kann nur gemäß Art. 7 Abs. 2 GG an einem hinreichend vielfältigen öffentlichen Schulangebot teilhaben. Aus diesem Grundrecht folgt für den staatlichen Gesetzgeber das Gebot, ein differenziertes Angebot an unterschiedlichen Schulformen zur Verfügung zu stellen. Das Erfordernis eines staatlichen Schulsystems mit hinreichenden Wahlmöglichkeiten ist aber mit anderen öffentlichen Belangen abzuwägen, zu denen auch die Übersichtlichkeit der Bildungsgänge und der finanzielle Aufwand für die Schaffung zusätzlicher Bildungsangebote gehören (Niehues, Schul- und Prüfungsrecht, Band I: Schulrecht, 3. Auflage 2000, Rn.160). Die Antragstellerin hat nicht hinreichend dargetan, dass der Antragsgegner gegen dieses Abwägungsgebot verstoßen hat.

Im Hinblick auf die obigen Ausführungen hat das Verwaltungsgericht schließlich seine Entscheidung auch nicht auf eine unzureichend aufgeklärte Tatsachengrundlage gestützt. Es war entgegen der Rechtsauffassung der Antragstellerin nicht gehalten, weitere Ermittlungen des Sachverhalts selbst durchzuführen. Zwar trifft es zu, dass in einem auf den Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO gerichteten Verfahren für die Ermittlung des Sachverhalts der Amtsermittlungsgrundsatz gemäß § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO analog gilt. Das Erfordernis der Glaubhaftmachung der tatsächlichen Voraussetzungen des Anordnungsanspruchs und des Anordnungsgrundes schließt ergänzende eigene Ermittlungen des Gerichts gemäß § 86 VwGO jedenfalls grundsätzlich nicht aus. Dies vermag allerdings nichts daran zu ändern, dass der Mitwirkungspflicht des jeweiligen Antragstellers besondere Bedeutung zukommt und dieser gehalten ist, das Gericht von der Wahrscheinlichkeit des behaupteten Anspruchs zu überzeugen (VGH München, Beschluss vom 15.03.2001 - 10 ZE 01.320 - NVwZ-RR 2001, 477).

Diesen Anforderungen ist die Antragstellerin auch durch ihren Sachvortrag im Beschwerdeverfahren nicht hinreichend nachgekommen. Da es nach ihrem Vorbringen nicht hinreichend wahrscheinlich erscheint, dass die ...schule in Darmstadt mit ihrem bilingualen Zug einen eigenständigen Bildungsgang anbietet, der im Landkreis Darmstadt-Dieburg nicht besucht werden kann, brauchte das Verwaltungsgericht insbesondere nicht durch Beiziehung der Behördenakten der Frage nach dem Umfang der Aufnahmekapazität an der ...schule und den getroffenen Auswahlerwägungen zwischen den nach § 70 Abs. 1 Satz 1 HSchG für eine Aufnahme in Betracht kommenden Schülern nachzugehen. Des Weiteren war entgegen der Auffassung der Antragstellerin vom Verwaltungsgericht nicht zu klären, inwieweit derzeit das Rechtsetzungsverfahren für den Erlass einer Rechtsverordnung vorangeschritten ist, welches zukünftig den Erwerb ausländischer oder internationaler Abschlüsse ermöglichen könnte.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen (§ 154 Abs. 2 VwGO).

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,00 € festgesetzt (§§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 2, 53 Abs. 3 Nr. 1 GKG), denn der Senat bringt in auf Aufnahme in eine weiterführende Schule gerichteten einstweiligen Rechtsschutzverfahren in ständiger Rechtsprechung (Beschlüsse vom 07.09.1990 - 7 TG 241/90 -, vom 05.11.1991 - 7 TG 2074/91 - NVwZ-RR 1992, 361, und vom 21.08.2001 - 7 TZ 2015/01 -) den halben Regelstreitwert in Ansatz.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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