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Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 23.10.2006
Aktenzeichen: 7 TG 2317/06
Rechtsgebiete: AufenthG, GG, RL 2003/86 EG, RL 2004/38 EG
Vorschriften:
AufenthG § 28 Abs. 1 S 1 Nr. 1 | |
GG Art. 3 Abs. 1 | |
RL 2003/86 EG Art. 3 | |
RL 2003/86 EG Art. 4 Abs. 1 | |
RL 2004/38 EG Art. 6 Abs. 2 |
HESSISCHER VERWALTUNGSGERICHTSHOF BESCHLUSS
In dem Verwaltungsstreitverfahren
wegen Ausländerrechts
hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof - 7. Senat - durch
Vizepräsidenten des Hess. VGH Dr. Rothaug, Richterin am Hess. VGH Dr. Rudolph, Richterin am Hess. VGH Schäfer
am 23. Oktober 2006
beschlossen:
Tenor:
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 11. September 2006 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,00 € festgesetzt.
Gründe:
Die statthafte Beschwerde bleibt ohne Erfolg.
Die Beschwerde ist zulässig. Insbesondere ist sie form- und fristgerecht eingelegt (§ 147 Abs. 1 VwGO) und auch fristgerecht begründet worden (§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO).
Die Beschwerde erweist sich jedoch als unbegründet. Denn bei summarischer Prüfung der von dem Antragsteller dargelegten Gründe kann nicht festgestellt werden, dass das Verwaltungsgericht im Ergebnis rechtsfehlerhaft entschieden hat.
Die Voraussetzungen für den Erlass der vom Antragsteller begehrten einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 VwGO sind nicht erfüllt. Denn nach dem bisherigen Vorbringen ist nicht erkennbar, dass der für den Erlass einer einstweiligen Anordnung erforderliche Anordnungsgrund gegeben ist. Der Antragsteller macht nämlich keinen Anspruch geltend, den er vor seiner Ausreise vom Inland aus verfolgen könnte. Ein Grund, der den Erlass einer Sicherungsanordnung im Sinne von § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO rechtfertigt, liegt jedoch nur dann vor, wenn die Gefahr besteht, dass durch die Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Finkelnburg/Jank, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 4. Aufl., Rdnr. 181).
Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, kann der Antragsteller die Erteilung der von ihm begehrten Aufenthaltserlaubnis gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG nicht vom Inland aus verfolgen. Da er im Oktober 2000 ohne das erforderliche Visum eingereist ist, erfüllt er nicht die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen des § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG. Dies hat zur Folge, dass die Gewährung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG im Ermessen der Ausländerbehörde steht und deshalb für den Antragsteller kein Rechtsanspruch auf diesen Aufenthaltstitel besteht. Daher kann die Aufenthaltserlaubnis auch nicht nach der Ausnahmeregelung des § 39 Nr. 5 AufenthV im Bundesgebiet eingeholt werden.
Eine andere rechtliche Beurteilung ergibt sich auch nicht aus den Ausführungen des Antragstellers im Beschwerdeverfahren zur Richtlinie 2003/86 EG des Rates betreffend das Recht auf Familienzusammenführung von 22. September 2003 (ABl. Nr. L 251, 12).
Auf eine unmittelbare Anwendbarkeit dieser Richtlinie, insbesondere Art. 4 Abs. 1, kann sich der Antragsteller nicht berufen, weil seine Ehefrau die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt und die Richtlinie gemäß Art. 3 Abs. 3 GG auf Familienangehörige von Unionsbürgern keine Anwendung findet.
Eine Besserstellung kann der Antragsteller entgegen der von ihm vertretenen Auffassung auch nicht aus dem allgemeinen Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG herleiten. Dass in bestimmten Fallkonstellationen die Familienangehörigen von Drittstaatsangehörigen mit Niederlassungserlaubnis aufenthaltsrechtlich besser gestellt sind als Familienangehörige deutscher Staatsangehöriger, begründet keine Ungleichbehandlung im Sinne von Art. 3 Abs. 1 GG.
Der sachliche Anwendungsbereich des Art. 3 Abs. 1 GG setzt eine unterschiedliche Behandlung zweier vergleichbarer Sachverhalte voraus. Diese liegt nur dann vor, wenn die Fälle, die von einer Behörde unterschiedlich behandelt worden sind, auf wesentlich gleichen Sachverhalten beruhen. Eine Ungleichbehandlung im Sinne des Art. 3 Abs. 1 GG liegt ferner nur dann vor, wenn die Vergleichsfälle der gleichen Stelle zuzurechnen sind. Daran fehlt es, wenn die beiden Sachverhalte von zwei verschiedenen Trägern öffentlicher Gewalt gestaltet werden. Der Gleichheitssatz bindet nämlich jeden Träger öffentlicher Gewalt allein in dessen konkretem Zuständigkeitsbereich (Jarras/Pieroth, Grundgesetz, 8. Aufl., Art. 3 Rdnr. 4, 4a).
Die Institutionen der Europäischen Union haben in mehreren Richtlinien Aufenthaltsrechte für Ausländer und deren Familienangehörigen geschaffen, die über die nationalen deutschen Regelungen hinausgehen. So finden sich entsprechende Rechte für die Familienangehörigen von Drittstaatsangehörigen in Art. 4 der Richtlinie 2003/86 und für die Familienangehörigen von Unionsbürgern, die sich in einem anderen Mitgliedsstaat als dem ihrer Staatsangehörigkeit aufhalten, in Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen (ABl. L 229/35). Demgegenüber überlässt die Europäische Union es ihren Mitgliedsstaaten, die Aufenthaltsrechte der Familienangehörigen ihrer eigenen Staatsangehörigen eigenständig zu regeln. Dies kann dazu führen, dass der zuletzt genannte Personenkreis nach den nationalen Regeln des Aufenthaltsgesetzes weitergehende Voraussetzungen für ein Aufenthaltsrecht zu erfüllen hat als die Familienangehörigen von Ausländern, deren Aufenthaltsrechte in den europäischen Richtlinien festgelegt worden sind. Da es sich bei den Normgebern des Deutschen Bundestages und des Rates der Europäischen Union um zwei verschiedene Träger öffentlicher Gewalt handelt, die das Aufenthaltsrecht von ausländischen Familienangehörigen gestalten, liegt keine Ungleichbehandlung im Sinne von Art. 3 Abs. 1 GG vor.
Nur ergänzend weist der Senat darauf hin, dass für den Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO auch der erforderliche Anordnungsanspruch fehlt. Denn der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 28 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG steht derzeit entgegen, dass der Antragsteller durch bestandskräftige Verfügung der Antragsgegnerin vom 11. Dezember 2000 mit unbefristeter Wirkung aus dem Bundesgebiet ausgewiesen worden ist. Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis ist daher gemäß § 11 Abs. 1 Satz 2 AufenthG ausgeschlossen, solange keine Befristung der Wirkungen der Ausweisung vorgenommen wurde und diese abgelaufen ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 2, 53 Abs. 3 Nr. 1 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 66 Abs. 3 Satz 3 und 68 Abs. 1 Satz 5 GKG).
Ende der Entscheidung
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