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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 24.06.2003
Aktenzeichen: 7 UE 3606/99.A
Rechtsgebiete: AuslG


Vorschriften:

AuslG § 53 Abs. 6 S. 1
Ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis im Sinne des § 53 Absatz 6 Satz 1 AuslG kann sich im Einzelfall auch daraus ergeben, dass ein Ausländer wegen einer schweren Erkrankung eines Medikaments bedarf, das im Zielstaat nicht im Rahmen des öffentlichen Gesundheitswesens in Apotheken erhältlich ist, sondern aus dem Ausland mit hohem Kostenaufwand beschafft werden muss, wenn der Betroffene aus persönlichen Gründen nicht in der Lage ist, den damit verbundenen finanziellen und organisatorischen Aufwand zu leisten. (Anschluss an Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 29. Oktober 2002 - 1 C 1.02 -, DVBl. 2003, 463).
Hessischer Verwaltungsgerichtshof Im Namen des Volkes Urteil

7. Senat 7 UE 3606/99.A

In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Asylrechts einschließlich aufenthaltsbeendender Maßnahmen nach dem Asylverfahrensgesetz

hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof - 7. Senat - durch

Vorsitzenden Richter am Hess. VGH Höllein

als Berichterstatter ohne mündliche Verhandlung am 24. Juni 2003 für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Bundesbeauftragten für Asylangelegenheiten wird unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Gießen vom 31. August 1999 - 9 E 34260/94.A - die Klage auch insoweit abgewiesen, als das Verwaltungsgericht die im Bescheid des Bundesamts für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 22. August 1994 - A 1 886 144-138 - zu Ziffer 2 getroffene Regelung aufgehoben und die Beklagte verpflichtet hat festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG bezüglich Jugoslawien (ohne die Provinz Kosovo) vorliegen. Das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge wird verpflichtet festzustellen, dass bei den Klägern Abschiebungshindernisse nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG vorliegen.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die in zweiter Instanz entstandenen Kosten haben die Kläger zu je einem Viertel und im Übrigen der Bundesbeauftragte für Asylangelegenheiten zu tragen. Bezüglich der in erster Instanz entstandenen Kosten bleibt es bei der vom Verwaltungsgericht getroffenen Kostenentscheidung. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Dieses Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beteiligten können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, falls nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher seinerseits Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der am 24. Mai 1965 geborene Kläger und die am 13. August 1966 geborene Klägerin sind Eheleute, serbisch-montenegrinische (ehemals jugoslawische) Staatsangehörige und ethnische Albaner. Sie wohnten zuletzt in Srbica und reisten von dort aus auf dem Landweg Anfang August 1994 nach Deutschland ein. Nachdem sie sich am 9. August 1994 als Asylsuchende bei einer Außenstelle des Bundesamts für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge gemeldet und am 11. August 1994 förmlich Asylanträge gestellt hatten, erklärten sie anlässlich einer Vorprüfungsanhörung des Bundesamts für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge am 12. August 1994 unter anderem, die Polizei habe im Februar 1994 ihr Haus durchsucht und sie geschlagen, weil ein Bruder des Klägers örtlicher Vorsitzende der Lidhja Demokratike e Kosoves (LDK) gewesen sei und weil sie Albaner seien. Wegen der Einzelheiten wird auf die Niederschrift der Vorprüfungsanhörung vom 12. August 1994 (Blatt 16 ff. der Beiakten des Bundesamts für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge) Bezug genommen.

Das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge lehnte mit Bescheid vom 22. August 1994 - A 1 886 144-138 -, auf den wegen seiner Begründung verwiesen wird, die Asylanträge ab (Ziffer 1 des Bescheidtenors), stellte fest, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 und des § 53 AuslG nicht vorliegen (Ziffern 2 und 3 des Bescheidtenors) und forderte die Kläger unter Androhung ihrer Abschiebung nach Jugoslawien zur Ausreise aus der Bundesrepublik Deutschland innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung auf (Ziffer 4 des Bescheidtenors). Zur Begründung ihrer am 2. September 1994 erhobenen Klage gegen diesen Bescheid haben die Kläger unter Vorlage entsprechender fachärztlicher Bescheinigungen geltend gemacht, der Kläger leide an einer hochgradigen Sehschwäche bei Albinismus, die Klägerin unter einer nur begrenzt behandlungsfähigen Hautkrankheit (Ichthyosis linearis circumflexa).

Das Verwaltungsgerichts Gießen hat mit einem - mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung erlassenen - Urteil vom 31. August 1999 unter Klageabweisung im Übrigen die zu Ziffern 2, 3 und 4 getroffenen Regelungen aufgehoben und die Beklagte verpflichtet festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG bezüglich Jugoslawien (ohne die Provinz Kosovo) vorliegen. Wegen der Einzelheiten, auch wegen der in erster Instanz gestellten Anträge, wird auf das angegriffene Urteil Bezug genommen.

Die mit Beschluss des Senats vom 24. November 1999 - 7 UZ 2946/99.A - hinsichtlich der Feststellung der Voraussetzung des § 51 Abs. 1 AuslG "bezüglich Jugoslawien (ohne die Provinz Kosovo)" zugelassene Berufung des Bundesbeauftragten für Asylangelegenheiten hat dieser Beteiligte unter Bezugnahme auf Entscheidungen des OVG Koblenz und des Senats mit der Auffassung begründet, ein Anspruch nach § 51 Abs. 1 AuslG scheitere am Vorliegen einer inländischen Fluchtalternative für Kosovo-Albaner in ihrer Heimatprovinz.

Der Bundesbeauftragte für Asylangelegenheiten beantragt,

die Klage unter Abänderung des angefochtenen Urteils in vollem Umfang abzuweisen.

Die Kläger haben im Berufungsverfahren ihr Vorbringen zur Art und Schwere ihrer Erkrankungen und zu den in Deutschland und in ihrem Heimatland bestehenden Behandlungsmöglichkeiten vertieft und ergänzt. Wegen der Einzelheiten wird auf die mit Schriftsätzen ihres früheren Bevollmächtigten und zusammenfassend mit Schriftsatz ihres jetzigen Bevollmächtigten vom 8. Mai 2003 (Band II Blatt 311 ff. GA) vorgelegten Unterlagen Bezug genommen.

Das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge hat mit Schriftsatz vom 29. April 2003 anlässlich der Ablehnung eines vom Berichterstatter unterbreiteten Vergleichsvorschlags darauf hingewiesen, die Sozialhilfestelle des Main-Kinzig-Kreises habe dem Unterzeichner dieses Schriftsatzes gegenüber eine Übernahme der Kosten des von der Klägerin benötigten Medikaments Neotigason im Heimatland der Kläger grundsätzlich zugesagt.

Der Berichterstatter hat Auskünfte des Auswärtigen Amts und des Komitees CAP ANAMUR zu den Möglichkeiten einer Behandlung der bei der Klägerin festgestellten Erkrankung und einer Beschaffung des zur Behandlung benötigten Medikaments Neotigason im Herkunftsland der Kläger eingeholt. Wegen des Ergebnisses der Anfragen (Band II Blatt 248 ff. GA) wird auf die Schreiben der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Belgrad vom 28. März 2003 (Blatt 260 f. GA) und die als Anlage beigefügte Stellungnahme eines Vertrauensarztes der Botschaft vom 21. März 2003, das Schreiben des Deutschen Verbindungsbüros Kosovo in Pristina vom 9. April 2003 (Band II Blatt 264 GA) sowie das Schreiben des Komitees CAP ANAMUR vom 2. März 2003 (Band II Blatt 259 GA) Bezug genommen.

Der Berichterstatter hat die Beteiligten mit Schreiben vom 7. Mai 2003 unter Hinweis auf den Senatsbeschluss vom 5. Mai 2003 - 7 UE 375/01.A - unter Beifügung eines Abdrucks dieses Beschlusses und unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die in dem Beschluss aufgelisteten Erkenntnisquellen darauf hingewiesen, dass das Gericht diese Dokumente auch bei seiner Entscheidung im vorliegenden Verfahren neben den in diesem Verfahren eingeholten Auskünften verwerten werde.

Die Beteiligten haben sich hierzu nicht innerhalb der gesetzten Frist geäußert. Sie haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung und durch den Berichterstatter anstelle des Senats erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Behördenakte des Bundesamtes Bezug genommen. Diese Unterlagen sind ebenso Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen wie die nachfolgend aufgeführten Erkenntnisquellen:

1. 28.10.1993 Sachverständiger Dr. Harald Kotschy vor VG München 2. Jan. 1994 Jens Reuter (Südost-Institut München - Abt. Gegenwartsforschung, Referat <ehem.> Jugoslawien): Die politische Verfolgung in Kosovo 1992/93 3. 28.03.1994 Zeuge Bujar XX vor VG Minden 4. 05.05.1994 ai: Menschenrechtssituation in der Bundesrepublik Jugoslawien - Kosovo 5. 04.07.1994 AA an VG Stuttgart 6. 15.11.1994 sachverständige Zeugin Christine von Kohl vor VG Sigmaringen 7. 13.12.1994 GfbV an VG München 8. 23.03.1995 Zeuge Peter XX vor VG Aachen 9. 21.06.1995 AA: Lagebericht Bundesrepublik Jugoslawien 10. 01.08.1995 ai an VG Düsseldorf 11. 14.09.1995 AA an VG Oldenburg 12. 08.12.1995 AA an VG München - M 21 K 93.50346 - 13. 23.04.1996 UNCHR an VG Regensburg 14. Mai 1996 IGFM: Apartheid und Ethnische Säuberung im Kosova 15. 27.08.1996 AA an VG Oldenburg 16. 30.10.1996 BND an VG Karlsruhe 17. 04.11.1996 AA: Lagebericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Jugoslawien 18. 07.11.1996 AA an Hess. VGH 19. 19.03.1997 AA an VG Sigmaringen 20. 14.04.1997 AA: Lagebericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Jugoslawien 21. 02.07.1997 AA an VG Berlin 22. 14.08.1997 AA an VG Karlsruhe 23. 21.10.1997 AA an VG Wiesbaden 24. 05.12.1997 AA an VG Ansbach 25. 12.01.1998 CDHRF Informationsdienst: Der Jahresbericht über Verletzungen von Menschenrechten und Grundfreiheiten im Kosovo im Verlauf des Jahres 1997 26. 12.02.1998 AA an VG Berlin 27. 03.04.1998 GfbV an Hess. VGH 28. 25.08.1998 AA an VG Saarland 29. Aug. 1998 GfbV: Kosovo: Krieg, Vertreibung, Massaker 30. 24.09.1998 AA an VG Schleswig 31. 18.11.1998 AA: Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Jugoslawien 32. 23.12.1998 AA an Hess. VGH 33. 28.12.1998 AA an Niedersächsisches OVG 34. 12.01.1999 AA an VG Trier 35. 04.02.1999 UNHCR an VG Sigmaringen 36. 18.03.1999 AA an VG Ansbach 37. 12.05.1999 AA an VG Ansbach 38. 11.06.1999 SZ: Das Militärabkommen für die Krisenprovinz 39. 12.06.1999 FR: Friedenstruppe und Wiederaufbau 40. 20.06.1999 dpa: Belgrad bestätigt vollständigen Truppenabzug aus dem Kosovo 41. 01.07.1999 dpa: Eine halbe Million Kosovo-Albaner sind nach Auskunft des UNHCR zurückgekehrt 42. 01.07.1999 SZ: UN vereidigen erste Richter im Kosovo 43. 05.08.1999 SZ: Wiederaufbau nach dem Krieg 44. 17.08.1999 GfbV an Niedersächsisches OVG 45. 06.09.1999 GfbV an VGH Baden-Württemberg 46. 06.09.1999 UNHCR/OSZE "Zweite Einschätzung der Situation ethnischer Minderheiten im Kosovo" (beglaubigte Übersetzung aus dem Englischen) 47. 08.09.1999 ai an VG Wiesbaden 48. 12.09.1999 dpa: Truppen mindestens 5 Jahre im Kosovo 49. 17.09.1999 Umfassende Berichterstattung der UN über den Kosovo (beglaubigte Übersetzung aus dem Englischen) 50. 24.09.1999 ai an VG Magdeburg 51. 06.10.1999 Bericht der UNMIK "Die UN im Kosovo" (13. Juli bis 6. Oktober 1999, Arbeitsübersetzung aus dem Englischen) 52. 12.10.1999 FR: Skopje sagt Rückkehrern nach Kosovo Durchreise zu 53. 15.10.1999 Lagebericht der UNO-Mission Übergangsverwaltung im Kosovo "Frieden für Kosovo" (beglaubigte Übersetzung aus dem Englischen) 54. 18.10.1999 AA an VG München 55. 21.10.1999 AA an VG Köln 56. 27.10.1999 Büro des zivilen Koordinators für Kosovo-Soforthilfe Pristina an AA 57. 03.11.1999 UNHCR/OSZE "Überblick über die Situation ethnischer Minderheiten im Kosovo" 58. 20.11.1999 Schweizerische Flüchtlingshilfe: Kosovo Lageübersicht - Oktober 1999 - 59. Nov. 1999 GfbV "Die Lage der Roma und Aschkali im Kosovo" 60. 02.12.1999 UNHCR an Niedersächsisches OVG 61. 08.12.1999 AA: ad hoc-Bericht zur aktuellen Lageentwicklung im Kosovo 62. 08.12.1999 Schweizerische Flüchtlingshilfe an VGH Baden-Württemberg 63. 08.12.1999 Schweizerische Flüchtlingshilfe an VG Karlsruhe 64. 18.12.1999 Büro des zivilen Koordinators für Kosovo-Soforthilfe Pristina an VG Karlsruhe 65. 30.12.1999 dpa: Gewalt im Kosovo 66. Dezember 1999 UNHCR: Informationen zur Rückkehr in das Kosovo 67. 12.01.2000 UNHCR an VG Wiesbaden "Situation von Muslimen im Sandzak" 68. 17.01.2000 Schweizerische Flüchtlingshilfe an VG München: "Situation der Albanerinnen in Südserbien" 69. 25.01.2000 Schweizerische Flüchtlingshilfe an VG Schleswig: "Situation der Roma und Aschkali in Kosova/Rückkehrgefährdung" 70. 29.01.2000 Büro des zivilen Koordinators für Kosovo-Soforthilfe Pristina an VG Bremen 71. 07.02.2000 FR: KFOR verhindert Sturm auf serbischen Stadtteil 72. 09.02.2000 dpa: Kosovo-Übergangsrat soll "Mini-Parlament" der Krisenprovinz sein 73. 15.02.2000 AA an VG Sigmaringen 74. 15.02.2000 FR: KFOR-Truppe nimmt Gewalttäter in Mitrovica fest 75. 22.02.2000 Nicolaus v. Holtey: Zwei Reisen zur Erkundung der Lage der Ashkali und Roma im Kosovo; Reisebericht September/Oktober 1999 76. 01.03.2000 UNHCR an VG Karlsruhe - A 11 K 12107/99 - 77. 01.03.2000 UNHCR an VG Karlsruhe - A 11 K 12672/99 - 78. 06.03.2000 GfbV an VG Kassel 79. 07.03.2000 UNHCR an VG Karlsruhe 80. 10.03.2000 Bundesamt für Verfassungsschutz an VG Köln 81. 14.03.2000 dpa: Koschnick: Deutsche Soldaten werden lange im Kosovo bleiben 82. 15.03.2000 FR: Nato will KFOR-Truppe jetzt doch aufstocken 83. 16.03.2000 Der Beauftragte der Hessischen Landesregierung für die Rückkehr bosnischer Bürgerkriegsflüchtlinge und Rückkehr in das Kosovo - Geschäftsstelle - an Hess. VGH: Situationsberichte Kosovo 84. 16.03.2000 Nürnberger Zeitung: Der Kosovo verschlingt immer mehr Soldaten 85. 16.03.2000 SZ: Verletzte bei Serben-Protest in Mitrovica 86. 21.03.2000 FAZ: EU hebt Verbot von Flügen nach Jugoslawien auf 87. 22.03.2000 GfbV an VG Kassel 88. 22.03.2000 Schweizerische Flüchtlingshilfe an VG Karlsruhe 89. 24.03.2000 FAZ: Rudolf Scharping: Die Kossovo-Krise wirkt wie ein Katalysator 90. 25.03.2000 SZ: Schröder will Kosovo-Hilfe erhöhen 91. 29.03.2000 dpa: Kouchner: Kosovo-Wahlen auch ohne serbische Flüchtlinge 92. 30.03.2000 AA an VG Kassel 93. 30.03.2000 Schweizerische Flüchtlingshilfe an VG Schleswig: Medizinische Situation in Kosova: Versorgungsmöglichkeit und mögliche Unterbringung in anderen Landesteilen - 15 A 34/97 - 94. 30.03.2000 Schweizerische Flüchtlingshilfe an VG Schleswig: Situation der türkischen Minderheit - 15 A 73/98 - 95. 31.03.2000 GfbV an VG Schleswig 96. 31.03.2000 AA an VG Würzburg 97. März 2000 Schweizerische Flüchtlingshilfe: Kosova-Lageanalyse - März 2000 - 98. 05.04.2000 GfbV an VG Karlsruhe - A 11 K 12200/99 - 99. 05.04.2000 GfbV an VG Karlsruhe - A 11 K 12108/99 - 100. 10.04.2000 GfbV an VG Köln 101. 18.04.2000 UNHCR an VG Aachen 102. 19.04.2000 FR: Eurokorps führt KFOR-Friedenstruppe an 103. 20.04.2000 UNHCR an VG Karlsruhe 104. 26.04.2000 FAZ: Schießereien in Südserbien 105. 26.04.2000 AA an VG Frankfurt am Main 106. 26.04.2000 AA an VG Frankfurt am Main 107. 02.05.2000 Der Beauftragte der Hessischen Landesregierung für die Rückkehr bosnischer Bürgerkriegsflüchtlinge und Rückkehr in das Kosovo - Geschäftsstelle - an Hess. VGH: Rückkehr kosovo-albanischer Flüchtlinge auf dem Landweg 108. 18.05.2000 AA: ad hoc-Bericht zur aktuellen Lageentwicklung im Kosovo 109. 30.05.2000 AA an Niedersächsisches OVG 110. 31.05.2000 GfbV an VG Aachen 111. 31.05.2000 UNHCR an Niedersächsisches OVG 112. 30.06.2000 UNHCR an VG Aachen 113. 24.07.2000 AA an VG Ansbach 114. 31.08.2000 Schweizerische Flüchtlingshilfe an VG Schleswig 115. August 2000 Schweizerische Flüchtlingshilfe - Zur sozialen und humanitären Situation im Kosovo im Sommer 2000 116. 05.09.2000 AA an VG Köln 117. September 2000 Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge - Die medizinische Versorgung im Kosovo 118. 12.09.2000 AA an VG Sigmaringen 119. 04.10.2000 UNHCR an VG Kassel 120. 21.11.2000 AA: ad hoc-Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Jugoslawien (Kosovo) 121. 21.12.2000 GfbV an VG München 122. 28.12.2000 AA an VG Frankfurt am Main 123. 04.01.2001 AA an VGH Baden-Württemberg 124. 04.01.2001 UNHCR an VG Schleswig 125. 20.04.2001 UNHCR an VG Berlin 126. 08.05.2001 AA: Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Jugoslawien 127. 08.05.2001 AA an VG Sigmaringen 128. 17.07.2001 AA an VG Karlsruhe 129. 04.09.2001 AA: ad hoc-Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Jugoslawien (Kosovo) 130. 26.10.2001 UNHCR an VG Kassel 131. 06.02.2002 AA: Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Jugoslawien (Serbien und Montenegro) 132. 08.05.2002 UNHCR an VG Kassel 133. 04.06.2002 AA: ad hoc-Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Jugoslawien (Kosovo) 134. 16.10.2002 AA: Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Jugoslawien (Serbien und Montenegro) 135. 27.11.2002 AA: ad hoc-Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Jugoslawien (Kosovo) 136. 06.02.2003 FAZ: Ein Staat auf Bewährung

Entscheidungsgründe:

Die zugelassene Berufung des Bundesbeauftragten für Asylangelegenheiten, über die der Berichterstatter mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann (§§ 87a Abs. 2 und 3, 101 Abs. 2, 125 Abs. 1 Satz 1 VwGO), ist begründet, soweit sie sich gegen die im angefochtenen Urteil erfolgte Aufhebung des in Ziffer 2 des Tenors des Bundesamtsbeschlusses vom 22. August 1994 sowie gegen die in dem Urteil ausgesprochene Verpflichtung, festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG bezüglich Jugoslawien (ohne die Provinz Kosovo) vorliegen, richtet. Die Berufung ist unbegründet und deswegen zurückzuweisen, soweit sie sich gegen die Aufhebung der in Ziffern 3 und 4 des Tenors des Bescheids des Bundesamts für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 22. August 1994 getroffenen Entscheidungen richtet. Insoweit ist das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge zu der Feststellung zu verpflichten, dass bei den Klägern Abschiebungshindernisse nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG vorliegen.

Die Klage ist auch insoweit abzuweisen, als das Verwaltungsgericht die Beklagte verpflichtet hat, hinsichtlich der Kläger die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG festzustellen. Die Kläger haben keinen Anspruch auf die Feststellung der Voraussetzungen von Abschiebungsschutz gemäß § 51 Abs. 1 AuslG.

Nach dieser Vorschrift darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG und des Asylrechts nach Art. 16a Abs. 1 GG sind deckungsgleich, soweit es die Verfolgungshandlung, das geschützte Rechtsgut und den politischen Charakter der Verfolgung betrifft. Bezüglich der anzulegenden Maßstäbe bei der erforderlichen Gefahrenprognose ergeben sich ebenfalls keine unterschiedlichen Anforderungen (BVerwG, Urt. v. 18.01.1994 - BVerwG 9 C 48.92 - BVerwGE 95, 42 <53>; BVerwG, Urt. v. 05.07.1994 - BVerwG 9 C 1.94 - Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 173 = NVwZ 1995, 391).

Asylrecht als politisch Verfolgter im Sinne des Art. 16a Abs. 1 GG und damit Abschiebungsschutz nach § 51 Abs. 1 AuslG genießt, wer bei einer Rückkehr in seine Heimat aus politischen Gründen Verfolgungsmaßnahmen mit Gefahr für Leib und Leben oder Beeinträchtigungen seiner persönlichen Freiheit zu erwarten hat. Politisch verfolgt ist, wer in Anknüpfung an die politische Überzeugung, die religiöse Grundüberzeugung, die Volkszugehörigkeit oder in Anknüpfung an andere unverfügbare Merkmale, die sein Anderssein prägen, gezielt intensive und ihn aus der übergreifenden Friedensordnung des Staates ausgrenzende Rechtsverletzungen erlitten hat oder wem diese unmittelbar drohten oder noch drohen (BVerfG, B. v. 10.07.1989 - 2 BvR 502/86 u.a. - BVerfGE 80, 315 <333>; BVerfG, B. v. 11.05.1993 - 2 BvR 1989/92 u.a. - NVwZ 1993, 975). Politische Verfolgung ist somit grundsätzlich staatliche Verfolgung, wobei solche staatsähnlichen Organisationen dem Staat gleichstehen, die den Staat verdrängt haben oder denen dieser das Feld überlassen hat und die ihn daher insoweit ersetzen (BVerfG, B. v. 10.08.2000 - 2 BvR 260/98, 1353/98 - AuAS 2000, 187). Wer nur von regionaler oder örtlich begrenzter politischer Verfolgung (vgl. zum Begriff und zur Abgrenzung: BVerwG, Urt. v. 30.04.1996 - BVerwG 9 C 171.95 - BVerwGE 101, 134 <139 f.>; BVerwG, Urt. v. 09.09.1997 - BVerwG 9 C 43.96 - BVerwGE 105, 204) betroffen ist, ist allerdings nur dann schutzbedürftig im Sinne des Asylrechts, wenn er auch in anderen Teilen seines Heimatstaates eine zumutbare Zuflucht nicht finden kann und dadurch landesweit in eine ausweglose Lage versetzt wird (so genannte inländische Fluchtalternative) (BVerfG, B. v. 10.11.1989 - 2 BvR 403, 1501/84 - BVerfGE 81, 58; BVerwG, Urt. v. 15.05.1990 - BVerwG 9 C 17.89 - BVerwGE 85, 139; BVerwG, Urt. v. 30.04.1996 - BVerwG 9 C 171.95 - a.a.O.).

Diese Grundsätze gelten entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts auch im Rahmen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG. Der Argumentation des Verwaltungsgerichts, wonach die unterschiedlichen Rechtsfolgen einer Asylberechtigung nach Art. 16a GG und eines Abschiebungsverbotes nach § 51 Abs. 1 AuslG für die Auffassung sprächen, dass die Grundsätze zur inländischen Fluchtalternative im Rahmen des § 51 Abs. 1 AuslG keine Anwendung fänden, und dass es bei dem Abschiebungsverbot des § 51 Abs. 1 AuslG "nicht unmittelbar um die Gewährung von Schutz" gehe, sondern darum, "dass durch Gesetz aufgrund Völkerrecht verboten ist, mit der zwangsweisen Abschiebung des Ausländers in den Verfolgerstaat einen Beitrag zu dessen politischer Verfolgung zu leisten", vermag der Senat nicht zu folgen. Zum Einen ist die Schlussfolgerung des Verwaltungsgerichts, die unterschiedlichen Rechtsfolgen der genannten Vorschriften sprächen für eine Unterschiedlichkeit auch der Voraussetzungen dieser Rechtsfolgen und damit zugleich für eine Nichtanwendbarkeit der Grundsätze der inländischen Fluchtalternative im Rahmen des § 51 Abs. 1 AuslG, nicht überzeugend. Denn bei unterschiedlichen Rechtsfolgen zweier Anspruchsnormen müssen nicht notwendig sämtliche Voraussetzungen dieser beiden Normen verschieden sein. Zum Anderen geht auch der Hinweis, bei § 51 Abs. 1 AuslG gehe es nicht unmittelbar um die Gewährung von Schutz, sondern materiell um das völkerrechtliche Verbot, mit der zwangsweisen Abschiebung des Ausländers in den Verfolgerstaat einen Beitrag zu dessen politischer Verfolgung zu leisten, fehl. Vielmehr setzt § 51 Abs. 1 AuslG ebenso wie Art. 16a GG grundsätzlich die Schutzlosigkeit des Betroffenen im eigenen Land voraus. Dies folgt bereits daraus, dass der Begriff des von politischer Verfolgung Bedrohten im Sinne des § 51 Abs. 1 AuslG mit dem Begriff des Flüchtlings im Sinne des Art. 1 A Nr. 2 Abs. 1, Art. 33 Nr. 1 des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 (BGBl II S. 559; Genfer Konvention - im Folgenden: GK) übereinstimmt (BVerwG, Urt. v. 18.01.1994 - BVerwG 9 C 48.92 - a.a.O.) und der oben beschriebene Grundsatz der Subsidiarität des Asylrechts im Ausland gegenüber der Schutzgewährung durch den eigenen Staat gerade auch das Flüchtlingsvölkerrecht kennzeichnet. So ist nach Art. 1 A Nr. 2 Abs. 1 GK Flüchtling nur der Verfolgte, der den Schutz des Landes seiner Staatsangehörigkeit nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen begründeter Verfolgungsfurcht nicht in Anspruch nehmen will. Der Verfolgte soll sich mithin zunächst an den Staat seiner Staatsangehörigkeit wenden, ehe er im Ausland Schutz sucht (vgl. hierzu: BVerfG, B. v. 10.07.1989 - 2 BvR 502/86 u.a. - a.a.O. <343>; BVerwG, Urt. v. 06.08.1996 - BVerwG 9 C 172.95 - NVwZ 1997, 194 <196>). Dementsprechend wurde auch in einem "Gemeinsamen Standpunkt des EU-Rats vom 4. März 1996" betreffend die harmonisierte Anwendung der Definition des Begriffs "Flüchtling" in Art. 1 GK (ABl. EG Nr. L 63/2 ff.) unter Ziffer 8 bestimmt, dass - wenn die Verfolgung eindeutig auf einen bestimmten Teil des Herkunftslandes beschränkt ist - zur Feststellung, ob die Voraussetzungen des Art. 1 A GK erfüllt sind, geprüft werden müsse, ob der Betreffende in einem anderen Teil seines Herkunftslandes wirksamen Schutz finden und billigerweise erwartet werden kann, dass er sich dorthin begibt (ebenso: UNHCR, Handbuch über Verfahren und Kriterien zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft gemäß dem Abkommen von 1951 und dem Protokoll von 1967 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, nicht-amtliche Übersetzung, 1979, Ziffer 91). Aus diesen Gründen geht der - sinngemäße - Hinweis des Verwaltungsgerichts, eine Anwendung der Grundsätze der inländischen Fluchtalternative im Rahmen des § 51 Abs. 1 AuslG widerspreche auch völkerrechtlichen Grundsätzen, ins Leere.

Die zur Bejahung politischer Verfolgung erforderliche gegenwärtige Verfolgungsbetroffenheit ist gegeben, wenn dem Schutzsuchenden im Falle der Rückkehr bei verständiger Würdigung aller bekannten Umstände politische Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht, wobei die insoweit erforderliche Prognose einen absehbaren zukünftigen Zeitraum mit einzubeziehen hat (BVerwG, Urt. 03.12.1985 - BVerwG 9 C 22.85 - NVwZ 1986, 760; BVerwG, Urt. v. 05.11.1991 - BVerwG 9 C 118.90 - BVerwGE 89, 162). Einem Ausländer, der bereits vor seiner Ausreise politisch verfolgt worden ist, kann eine Rückkehr dagegen nur zugemutet werden, wenn die Wiederholung von Verfolgungsmaßnahmen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen ist, d.h., wenn keine ernsthaften Zweifel an seiner Sicherheit vor abermals einsetzender Verfolgung bestehen. Insofern gilt für die erforderliche Prognose hier ein herabgestufter Wahrscheinlichkeitsmaßstab (BVerfG, B. v. 02.07.1980 - 1 BvR 147, 181, 182/80 - BVerfGE 54, 341 <360 f.>; BVerwG, Urt. v. 25.09.1984 - BVerwG 9 C 17.84 - BVerwGE 70, 169; BVerwG, Urt. v. 18.02.1997 - BVerwG 9 C 9.96 - BVerwGE 104, 97).

Für einen nicht landesweit, sondern nur regional Verfolgten besteht eine inländische Fluchtalternative in anderen Landesteilen, wenn der Betroffene dort nicht in eine ausweglose Lage gerät. Dies setzt voraus, dass er in den in Betracht kommenden Gebieten vor politischer Verfolgung hinreichend sicher ist und ihm jedenfalls dort auch keine anderen Nachteile und Gefahren drohen, die nach ihrer Intensität und Schwere einer asylerheblichen Rechtsgutsbeeinträchtigung aus politischen Gründen gleichkommen, sofern diese existenzielle Gefährdung am Herkunftsort so nicht bestünde (BVerfG, B. v. 10.07.1989 - 2 BvR 502/86 u.a. - a.a.O.). Dem liegt die Überlegung zugrunde, dass dem regional Verfolgten zwar nicht zugemutet werden darf, sich, um der Verfolgung zu entgehen, in eine existenzielle Notlage zu begeben, dass er aber dann, wenn er dieser Notlage bereits an seinem Herkunftsort ausgesetzt war, durch die Wohnsitznahme am verfolgungssicheren Ort keine verfolgungsbedingte und darum unzumutbare Verschlechterung seiner Lebensumstände erleidet (BVerwG, Urt. v. 09.09.1997 - BVerwG 9 C 43.96 - BVerwGE 105, 204 <211>). Das Fehlen des wirtschaftlichen Existenzminimums am Ort einer inländischen Fluchtalternative ist damit nur asylerheblich, wenn es verfolgungsbedingt ist.

Der Zeitpunkt für den Vergleich der einander gegenüberzustellenden wirtschaftlichen Situationen hängt davon ab, für welchen Zeitpunkt die Frage des Bestehens einer inländischen Fluchtalternative zu beurteilen ist. Geht es darum, ob der Asylsuchende vorverfolgt ausgereist ist, ob er also vor seiner Flucht landesweit in einer ausweglosen Lage war oder an den Ort einer innerstaatlichen Fluchtalternative hätte ausweichen können, kommt es für die Erheblichkeit einer dort bestehenden wirtschaftlichen Notlage darauf an, ob diese Notlage im Zeitpunkt der Ausreise auch am Herkunftsort - die dortige Verfolgung hinweggedacht - bestanden hat; bejahendenfalls scheidet eine Vorverfolgung aus. Geht es dagegen um die Frage, ob dem bereits geflohenen Asylsuchenden im Falle einer heutigen Rückkehr in sein Heimatland eine innerstaatlichen Fluchtalternative zur Verfügung steht, so muss die wirtschaftliche Lage, die im verfolgungsfreien Gebiet herrscht, mit der Lage verglichen werden, die im Rückkehrzeitpunkt an dem Herkunftsort des Asylsuchenden besteht (BVerwG, Urt. v. 09.09.1997 - BVerwG 9 C 43.96 - a.a.O.). Daraus folgt, dass sich die Frage nach der wirtschaftlichen Existenzmöglichkeit oder sonstigen existenziellen Gefährdung am Ort der inländischen Fluchtalternative dann nicht stellt, wenn - bezogen auf den Rückkehrzeitpunkt - der ursprüngliche Herkunftsort des Asylsuchenden mit dem zum heutigen Zeitpunkt verfolgungssicheren Gebiet identisch ist (BVerwG, Urt. v. 09.09.1997 - BVerwG 9 C 43.96 - a.a.O.; BVerwG, Urt. v. 05.10.1999 - BVerwG 9 C 15.99 - InfAuslR 2000, 32 <33>).

Sind der Herkunftsort des Asylsuchenden und der aus heutiger Sicht verfolgungssichere Ort identisch, entbindet dieser Umstand nicht von der Prüfung der sonstigen für die Bejahung einer inländischen Fluchtalternative erforderlichen Voraussetzungen, da für die Prognose, ob dem Ausländer bei einer Rückkehr in den Heimatstaat politische Verfolgung droht, stets das Staatsgebiet in seiner Gesamtheit in den Blick zu nehmen ist (BVerwG, Urt. v. 05.10.1999 - BVerwG 9 C 15.99 - a.a.O.). Daher ist auch bei einem Zusammentreffen dieser beiden Orte grundsätzlich zu prüfen, ob der zurückkehrende Asylbewerber bei unterstellter Verfolgungsgefahr in den übrigen Landesteilen in dem Gebiet der "inländischen Fluchtalternative" hinreichend sicher vor politischer Verfolgung leben und er dieses Gebiet auch ohne unzumutbare Gefährdung tatsächlich erreichen kann (BVerwG, Urt. v. 13.05.1993 - BVerwG 9 C 59.92 - Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 162). In diesem Zusammenhang genügt es, dass der Betroffene den hinreichend verfolgungssicheren Ort in zumutbarer Weise freiwillig erreichen könnte, da er auch in diesem Fall nicht des subsidiären Schutzes vor politischer Verfolgung in der Bundesrepublik Deutschland bedarf (BVerwG, Urt. v. 16.11.1999 - BVerwG 9 C 4.99 - NVwZ 2000, 331).

Die Grundsätze über die inländische Fluchtalternative sind auch dann anzuwenden, wenn der Verfolgerstaat in einer Region seine Gebietsgewalt vorübergehend faktisch verloren hat und am Ort der inländischen Fluchtalternative eine andere staatliche oder staatsähnliche Friedensordnung besteht (BVerwG, Urt. v. 08.12.1998 - BVerwG 9 C 17.98 - BVerwGE 108, 84; BVerwG, Urt. v. 05.10.1999 - BVerwG 9 C 15.99 - a.a.O.). Erst wenn der Staat in der Region des Kosovo die faktische Gebietsherrschaft - etwa durch Annexion oder Sezession - endgültig verloren hätte, wäre das Kosovo Ausland, so dass es als inländische Fluchtalternative nicht mehr in Betracht käme. Das Kosovo ist jedoch nach wie vor Teil von Serbien, weil auf seinem Gebiet noch kein neuer Staat entstanden ist. Bisher ist die Völkergemeinschaft zu keinem Zeitpunkt von ihrem in der Sicherheitsratsresolution 1244 vom 10. Juni 1999 zum Ausdruck gebrachten Bekenntnis zur Souveränität und territorialen Integrität der ehemaligen Bundesrepublik Jugoslawien und des neuen Staatenbundes Serbien und Montenegro abgerückt; Serbien hat seinen Anspruch auf das Kosovo auch nicht aufgegeben. Außerdem fehlt es an einem Anerkennungsakt der Völkergemeinschaft, der indiziell auf die Entstehung eines neuen Staates hinweisen könnte. Daher gilt das Kosovo nach wie vor als Teil von Serbien (vgl. Hessischer VGH, Urt. v. 15.02.2000 - 7 UE 3645/99.A -; VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 17.03.2000 - A 14 S 1167/98 -; Nds. OVG, B. v. 03.05.2001 - 8 L 1233/99 -; OVG NRW, B. v. 15.05.2000 - 5 A 5355/99.A -; Thür. OVG, Urt. v. 25.04.2002 - 3 KO 264/01 -; AA, Lagebericht v. 06.02.2002 (131.); AA, ad hoc-Bericht v. 27.11.2002 (135.)).

Unter Beachtung dieser Maßgaben ist das Gericht aufgrund der in das Verfahren eingeführten Erkenntnisquellen der Überzeugung, dass die Kläger bei einer heutigen Rückkehr in ihre Heimatprovinz hinreichend sicher vor politischer Verfolgung wären, weshalb dahingestellt bleiben kann, ob sie vor ihrer Ausreise aus dem Kosovo individuell verfolgt oder in gruppengerichteter Form Opfer politischer Verfolgung gewesen sind.

Ebenso kann dahingestellt bleiben, ob die Kläger im Rückkehrfalle außerhalb des Kosovo individuell oder wegen ihrer Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Kosovo-Albaner politisch verfolgt würden.

Die Provinz Kosovo gehört zwar staatsrechtlich noch zum Territorium von Serbien. Serbien hat aber die effektive Gebietsgewalt auf dem Territorium des Kosovo seit dem Einrücken der UN-Friedenstruppe Kosovo Force (KFOR) und seit dem vollständigen Abzug aller serbischen bzw. jugoslawischen Armeetruppen, sonderpolizeilichen Einheiten und paramilitärischen Gruppen aus dem Kosovo im Juni 1999 auf der Grundlage des von der Bundesrepublik Jugoslawien angenommenen G-8-Friedensplans und der vom UN-Sicherheitsrat beschlossenen Kosovo-Friedensresolution 1244 vorübergehend verloren, so dass eine vom ehemaligen jugoslawischen Staat ausgehende oder ihm zurechenbare politische Verfolgung der Kosovo-Albaner in diesem Gebiet ausgeschlossen ist (vgl. zur Voraussetzung effektiver Gebietsgewalt für staatliche Verfolgung: BVerfG, B. v. 10.07.1989 - 2 BvR 502/86 u.a. - a.a.O.). Diese Resolution autorisiert sowohl die Präsenz der KFOR-Truppen als auch eine internationale Zivilpräsenz, die die Einrichtung einer Übergangsverwaltung im Kosovo zum Ziel hat. Durch die Präsenz der KFOR-Truppen ist es auch für absehbare Zeit ausgeschlossen, dass Serbien auf militärischem Weg die effektive Gebietsherrschaft im Kosovo wiedererlangen könnte. Die UN- Resolution 1244 sieht vor, dass die internationale zivile Präsenz und die internationale Sicherheitspräsenz zunächst für einen Zeitraum von zwölf Monaten eingerichtet werden, dass dieser Zeitraum jedoch zu verlängern ist, wenn der Sicherheitsrat nichts anderes beschließt (vgl. Punkt 19 der Resolution). Für Letzteres gibt es keinerlei Anhaltspunkte, zumal die Stationierung der KFOR-Truppen zur Sicherung der dauerhaften Rückkehr der Vertriebenen und zur allgemeinen Befriedung der Region erfolgt ist. Die KFOR-Truppen selbst gehen von einer mindestens fünfjährigen Präsenz im Kosovo aus (vgl. dpa-Meldung vom 29.12.1999 (65.)). Schließlich bieten auch die vorhandenen Erkenntnisquellen keinerlei Hinweise dafür, dass sich die KFOR und die internationale zivile Präsenz in absehbarer Zeit aus dem Kosovo zurückziehen (vgl. AA, ad hoc-Berichte v. 04.06.2002 (133.) u. v. 27.11.2002 (135.); Schweizerische Flüchtlingshilfe, Kosovo-Lageanalyse vom März 2000 (97.); VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 17.03.2002 - A 14 S 1167/98 -; OVG Nordrhein-Westfalen, B. v. 13.03.2001 - 14 A 4479/94.A -; Niedersächsisches OVG, B. v. 03.05.2001 - 8 L 1233/99 -; Thüringisches OVG, Urt. v. 25.04.2002 - 3 KO 264/01 -).

Da die Organe von Serbien seit dem Einmarsch der KFOR-Truppen die Gebietsgewalt im Kosovo verloren haben, scheiden sie als Urheber politischer Verfolgung im Sinne von Art. 16a Abs. 1 GG und § 51 Abs. 1 AuslG mithin aus. Entsprechendes gilt für albanische Gruppierungen, weil die Gebietsgewalt im Kosovo allein von der UNMIK und den KFOR-Truppen ausgeübt wird. Es bestehen keine Erkenntnisse dafür, dass albanische Gruppierungen - etwa die frühere "Befreiungsarmee des Kosovo" (UCK) - in Teilen des Kosovo ein staatsähnliches Herrschaftsgefüge von gewisser Stabilität im Sinne einer "übergreifenden Friedensordnung" errichtet haben (vgl. dazu: BVerfG, B. v. 10.08.2000 - 2 BvR 260/98, 1353/98 - a.a.O.). Vielmehr sind diese Gruppierungen, u.a. die UCK, von der internationalen Verwaltung in den Aufbau einer multi-ethnischen Interimsverwaltung eingebunden worden. Die UCK hat die im Juli 1999 gegenüber der KFOR deklarierten Waffen abgegeben und sich am 21. September 1999 formell aufgelöst. Um den ehemaligen Mitgliedern eine Rückkehr ins Zivilleben zu ermöglichen, wurde am 1. Februar 2000 ein ziviles Hilfskorps mit dem Namen "Kosovo Protection Corps" (KPC, alb. TMK) eingerichtet, das u.a. den Katastrophenschutz, den Such- und Rettungsdienst, die Minenräumung, den Wiederaufbau und humanitäre Hilfseinsätze übernommen hat. Ein weiteres Programm unter Führung der International Organization for Migration (IOM) sieht die Reintegration von ehemaligen UCK-Angehörigen ins Zivilleben durch schulische und berufliche Bildungsprogramme, Stipendien, Job-Vermittlung, Existenzgründungkredite etc. vor. Angesichts dessen liegt die Ausübung staatlicher Machtbefugnisse zur Zeit ausschließlich in der Hand der internationalen Verwaltung mit UNMIK und KFOR (AA, ad hoc-Bericht v. 27.11.2002 (135.)). Darüber hinaus hat sich die ehemalige Befreiungsbewegung in mehrere politische Parteien und Bewegungen aufgespalten, die ihrerseits um die Macht konkurrieren. Dementsprechend ist in Übereinstimmung mit der Schweizerischen Flüchtlingshilfe davon auszugehen, dass eine organisierte politische und militärische Machtstruktur auf albanischer Seite nicht besteht (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Kosovo-Lageanalyse vom März 2000 (97.); vgl. auch OVG Lüneburg, B. v. 22.03.2001 - 8 L 5280/98 -; OVG NRW, Urt. v. 05.05.2000 - 14 A 3334/94.A -; VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 27.04.2000 - A 14 S 2559/98 -).

Die Kläger können das Kosovo als verfolgungssichere Heimatregion auch ohne unzumutbare Gefährdung erreichen; insbesondere sind sie nicht darauf angewiesen, dabei andere Teile de Staatsgebiets von Serbien und Montenegro zu betreten. Im August 1999 wurde der Flughafen Pristina in begrenztem Umfang für Charterflüge geöffnet, womit prinzipiell allen jugoslawischen Staatsangehörigen die Möglichkeit eröffnet wurde, über diesen Flughafen auf dem Luftweg direkt in das Kosovo zurückzukehren. Die Neueröffnung des Flughafens Pristina für den zivilen Flugverkehr Anfang 2000 verbesserte die Voraussetzungen für eine Erweiterung der Rückkehrangebote (AA, ad hoc-Bericht vom 21.11.2000 (120.)). Bilaterale Abkommen mit Mazedonien und Albanien über die (freiwillige) Durchreise und (zwangsweise) Durchbeförderung in das Kosovo wurden am 11. Oktober 1999 bzw. am 27. Januar 2000 unterzeichnet (AA, ad hoc-Bericht vom 08.12.1999 (61.) und vom 04.09.2001 (129.). Am 21. März 2000 wurde von den Regierungen von Albanien, Bosnien und Herzegowina, Deutschland, Italien, Kroatien, Österreich, der Schweiz, Slowenien und Ungarn außerdem eine Vereinbarung über die Gestattung der Durchreise ausreisepflichtiger jugoslawischer Staatsangehöriger unterzeichnet, in der die Vertragsstaaten allen ausreisepflichtigen jugoslawischen Staatsangehörigen, darunter den Kosovo-Albanern, zum Zweck der Rückkehr die freiwillige, einmalige und visumfreie Durchreise gestatten (soweit nicht im Einzelfall für einen Transitstaat ein Einreiseverbot besteht). Damit ist die freiwillige Rückkehr jugoslawischer Staatsangehöriger (Kosovo-Albaner) nunmehr auch auf dem Landweg möglich.

Dahingestellt bleiben kann, ob wegen der Identität von Herkunfts- und Zufluchtsort für die Kläger eine inländische Fluchtalternative selbst dann eröffnet sein könnte, wenn im Kosovo das wirtschaftliche Existenzminimum nicht gewährleistet wäre oder ihnen sonstige nicht asylerhebliche Gefahren drohten. Zwar erübrigt sich bei einer Identität des Herkunftsorts und des Bereichs der inländischen Fluchtalternative regelmäßig eine Prüfung der Existenzmöglichkeit am verfolgungssicheren Ort (vgl. Hess. VGH, Urt. v. 15.02.2000 - 7 UE 3654/99.A -). Etwas anderes kann aber dann gelten, wenn das Fehlen eines wirtschaftlichen Existenzminimums am Ort einer inländischen Fluchtalternative verfolgungsbedingt ist. Zu Gunsten der Kläger könnte anzunehmen sein, dass die gegenwärtige wirtschaftliche Situation und die Versorgungslage im Kosovo maßgeblich durch die Verfolgungsmaßnahmen des jugoslawischen Staates im Frühjahr 1999 gegenüber den Kosovo-Albanern bestimmt worden sind. Vor diesem Hintergrund kann nicht ausgeschlossen werden, dass die zur Zeit im Kosovo herrschende Situation (zumindest teilweise) verfolgungsbedingt ist (vgl. auch Niedersächsisches OVG, B. v. 03.05.2001 - 8 L 1233/99 -; VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 17.03.2000 - A 14 S 1167/98 -).

Das Gericht hat daher zu Gunsten der Kläger die Frage geprüft, ob sie bei einer Rückkehr in das Kosovo mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit in ihrem wirtschaftlichen Existenzminimum gesichert und vor sonstigen Nachteilen und Gefahren geschützt wären, die nach ihrer Intensität und Schwere einer asylerheblichen Rechtsgutsbeeinträchtigung aus politischen Gründen gleichkommen, und ist zu dem Ergebnis gelangt, dass die Existenzgrundlage für die Kläger gesichert ist und dass ihnen auch keine sonstigen erheblichen Nachteile und Gefahren drohen.

Ein Leben über dem Existenzminimum ist im Kosovo durch die Anwesenheit der KFOR-Truppen, die Zivilpräsenz der UNO und die Aktivitäten von über 300 Hilfsorganisationen gewährleistet. Deren Einsatz hat zur Folge, dass die zurückkehrenden Kosovo-Albaner auch im Übrigen nicht in eine ausweglose Situation geraten.

Der Aufbau einer zivilen Übergangsverwaltung und die Wiederherstellung kommunaler Strukturen in Umsetzung der UN-Resolution schreiten erkennbar weiter fort. Die UN-Mission im Kosovo, die inzwischen in vier "Säulen" gegliedert ist, hat auf der Grundlage der UN-Resolution 1244 de facto die Verantwortung für das gesamte öffentliche Leben im Kosovo und ist in den Verwaltungen aller Landkreise vertreten. Sie hat verschiedene Verordnungen erlassen, die den rechtlichen Rahmen ihrer Tätigkeit regeln. Nach der Verordnung Nr. 1 vom 25. Juli 1999 ist die gesamte gesetzgebende und vollziehende Gewalt in Bezug auf das Kosovo auf die UNMIK übergegangen, die durch den Sonderbeauftragten des Generalsekretärs der UN ausgeübt wird. Durch eine weitere Verordnung der UNMIK ist das vor 1989 geltende Recht wieder eingeführt worden, soweit es nicht dem Zweck der UN-Resolution widerspricht oder die UNMIK anderslautende Verordnungen erlässt. Als großer Fortschritt wird die Unterzeichnung eines Abkommens vom 15. Dezember 1999 angesehen, in dem die Bildung eines gemeinsamen Regierungsrats mit maßgeblichen albanischen Führern vereinbart wurde. Schließlich fanden am 26. Oktober 2002 im gesamten Kosovo Kommunalwahlen statt, die, anknüpfend an die Ergebnisse der Kommunalwahlen vom 28. Oktober 2000, abermals zu einer Stärkung der gemäßigten Kräfte geführt haben, da der "Demokratische Bund Kosovo" (LDK) unter dem Vorsitz von Ibrahim Rugova 45,2 % der abgegebenen Stimmen, die Partei des früheren Führers der UCK, Thaci, aber lediglich 29,1 % erhielt. Aus den Parlamentswahlen am 17. November 2001 ist die LDK ebenfalls als Sieger hervorgegangen (AA, Ad-hoc-Bericht v. 27.11.2002 (135.); AA, ad hoc-Bericht v. 04.09.2001 (129.)).

Die Versorgung mit Lebensmitteln und sonstigen Bedarfsgütern ist im Kosovo ebenfalls gewährleistet. Bereits seit August 1999 sind im Kosovo wieder Lebensmittel überall zu kaufen (Gesellschaft für bedrohte Völker an VGH Baden-Württemberg v. 06.09.1999 (45.); Schweizerische Flüchtlingshilfe an VGH Baden-Württemberg v. 08.12.1999 (57.)). Trotz eines deutlichen Rückgangs der landwirtschaftlichen Produktion infolge der Kosovo-Krise (AA, Ad-hoc-Bericht v. 04.09.2001 (129.)) ist die Bevölkerung des Kosovo bis auf wenige Ausnahmen (z.B. sozial schwache Bewohner von Enklaven) nicht mehr auf die Lebensmittelversorgung von internationalen Hilfsorganisationen angewiesen (AA, ad hoc-Bericht v. 27.11.2002 (135.)). Die Gesundheits- und Sozialbehörde der UN-Verwaltung für den Kosovo hat zudem mit dem Aufbau eines Sozial(hilfe)systems begonnen, das seit Juni 2000 vorerst von Familien, die kein arbeitsfähiges Mitglied und keine anderen Einkunftsquellen haben, in Anspruch genommen werden kann. Ab Oktober 2000 ist der anspruchsberechtigte Personenkreis um die Gruppe derjenigen Familien erweitert worden, deren grundsätzlich arbeitsfähige Mitglieder tatsächlich keine Arbeit finden können (UNHCR, Lagebericht v. September 2000 (119.)). Aufgrund des bestehenden Sozialhilfesystems im Kosovo kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass ältere Menschen, allein erziehende Elternteile mit kleinen Kindern oder sonstige Personen mit einer geringeren "Selbsthilfekapazität" bei einer heutigen Rückkehr in das Kosovo einer extremen Gefahrenlage ausgesetzt sein würden.

Rückkehrende Kosovo-Albaner müssen auf Dauer auch nicht mit völlig unzureichenden Wohnverhältnissen oder mit Obdachlosigkeit rechnen. Zwar wurden im Verlauf der Kosovo-Krise fast 120.000 Häuser in Mitleidenschaft gezogen, davon 100.000 schwer beschädigt oder völlig zerstört. Nach Angaben von UNHCR und UNMIK sind bisher mehr als 40.000 Häuser repariert worden (AA, ad hoc-Bericht v. 27.11.2002 (135.)). Außerdem konnten schon vor Einbruch des Winters 1999/2000 etwa 400.000 Menschen winterfeste Räume zur Verfügung gestellt werden. Zusätzlich wurden temporäre Sammelunterkünfte bereitgestellt (UNHCR, Lagebericht v. September 2000 (119.)). Inzwischen werden längerfristig angelegte Programme zum Wiederaufbau von Wohnraum von der Abteilung für Wiederaufbau der UNMIK (JIAS - Joint Interim Administration Structure) und Entwicklungshilfeorganisationen durchgeführt. Abteilungen der JIAS haben auch die Bereitstellung von Notunterkünften für Bedürftige übernommen (UNHCR, Lagebericht v. September 2000 (119.)).

Der Wiederaufbau der Infrastruktur des Kosovo und die Entwicklung der Wirtschaft weisen ebenfalls Fortschritte auf. Die Weltbank bewilligte 25 Millionen Dollar als erste Tranche für eine 60-Millionen-Dollar-Strategie zur Unterstützung des Wiederaufbaus der Infrastruktur des Kosovo und der Entwicklung einer modernen Wirtschaft über einen Zeitraum von 18 Monaten (Lagebericht der UNO-Mission v. 15.10.1999 (53.)). Die EU-Kommission hat beschlossen, für das Kosovo bis zum Jahr 2006 insgesamt 5,6 Milliarden Euro aufzubringen. Für die Umsetzung des von der EU finanzierten Wiederaufbauprogramms ist am 1. Februar 2000 eine Wiederaufbau-Agentur eingerichtet worden, die zusammen mit der ihr vorgeschalteten EU-Task Force bereits wichtige Wiederaufbauprojekte auf den Weg gebracht hat (AA, ad hoc-Bericht v. 04.09.2001 (129.)). Die Phase der humanitären und infrastrukturellen Nothilfe ist mittlerweile abgeschlossen. Schwerpunkt der Projektarbeit ist nunmehr der Aufbau und die Unterstützung demokratischer Institutionen und rechtsstaatlicher Strukturen (AA, ad hoc-Bericht v. 27.11.2002 (135.)). Seit Juni 1999 wurde im Rahmen einer großen internationalen Hilfsoperation, an der neben den Hilfsorganisationen der Vereinten Nationen und anderen internationalen humanitären Organisationen mehr als 250 Nichtregierungsorganisationen unter der Koordination der UNMIK beteiligt waren, mehr als 850.000 in das Kosovo zurückgekehrten Menschen geholfen, ihr Leben wieder aufzubauen (UNHCR, Lagebericht v. September 2000 (119.)).

Auch der gegenwärtige Zustand des Gesundheitswesens im Kosovo begründet im Allgemeinen keine existenzielle Notlage für zurückkehrende Kosovo-Albaner. Zwar wurde durch die gewalttätigen Auseinandersetzungen bis Juni 1999 auch der Gesundheitssektor durch Flucht oder Tod von medizinischem Personal, Zerstörung von medizinischen Einrichtungen sowie Versorgungsengpässen schwer in Mitleidenschaft gezogen. Inzwischen haben aber die medizinischen Versorgungseinrichtungen im Kosovo in den meisten Orten wieder das Vorkriegsniveau erreicht. Grundsätzlich ist die Behandlung aller Erkrankungen möglich. Die Versorgung mit Medikamenten ist in der Universitätsklinik in Pristina am besten; sie hängt aber weiterhin fast ausschließlich von Hilfslieferungen internationaler Organisationen ab. In den staatlichen Gesundheitszentren können trotz der großen Anstrengungen der Hilfsorganisationen Medikamente im Einzelfall fehlen. Ansonsten ist die staatliche (Gratis-)Versorgung mit Medikamenten (zunächst) gesichert. Wenn in staatlichen Strukturen Medikamente nicht erhältlich sind, können diese oft in privaten Apotheken gekauft werden. Die internationale Gemeinschaft kann in der Regel, sofern es die Finanzlage zulässt, jedes Medikament beschaffen (AA an VG Sigmaringen v. 15.02.2000 (73.)). Außerdem bemühen sich die internationalen Hilfsorganisationen um eine medizinische Grundversorgung der Bevölkerung. Alle Krankenhäuser - außer der Universitätsklinik von Pristina gibt es noch fünf weitere regionale Krankenhäuser in Mitrovica, Gnjilane, Pec, Prizren und Djakova - und die 29 Polikliniken in den größeren Städten sind wieder geöffnet. Außerdem sind 234 kleinere Polikliniken in den ländlichen Gegenden, sog. Ambulantas, in Betrieb. Die medizinische Infrastruktur verbesserte sich vor allem an der Universitätsklinik in Pristina, insbesondere in der Herzstation, erheblich. Auch weitere Krankenhäuser, u.a. das Krankenhaus von Djakova, erhielten neue Geräte und Ausrüstungen. Zudem sind mobile Ärzteteams und Zahnärzte auch in entlegenen Gebieten im Einsatz. In Notfällen behandeln auch KFOR-Krankenhäuser Zivilpersonen sämtlicher Volksgruppen (AA, ad hoc-Bericht vom 04.09.2001 (129.); Bericht des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom September 2000 (117.); Schweizerische Flüchtlingshilfe, Lageanalyse vom März 2000 (97.)).

Die Behandlung psychisch kranker Menschen hat sich im Kosovo dank der Unterstützung internationaler Organisationen verbessert. Ambulante Behandlungen sind in verschiedenen Regionen des Kosovo möglich; in Shtime existiert eine psychiatrische Anstalt. In den psychiatrischen Abteilungen der Krankenhäuser gibt es derzeit noch keine Therapiekonzepte nach westeuropäischen Maßstäben; die Behandlung erfolgt vornehmlich medikamentös. Die Organisation Medicins sans Frontiers baut zusammen mit anderen Organisationen ein Netz von Mediatoren auf Gemeindeebene auf, die für therapeutische Ansätze sensibilisiert werden (Bericht des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom September 2000 (117.)). Depressionen können im Kosovo medizinisch versorgt werden; entsprechende Psychopharmaka stehen zur Verfügung (AA an VG Würzburg v. 31.03.2000 (96.)).

Eine extreme Gefahr für Leib oder Leben der Rückkehrer ergibt sich weiterhin auch nicht aus den auf dem Territorium des Kosovo noch vorhandenen Minen und Sprengfallen, die sowohl serbische Militäreinheiten als auch die UCK im Rahmen der bewaffneten Auseinandersetzungen verlegt haben, sowie den nicht detonierten Geschossen aus den Nato-Angriffen. Ursprünglich waren 3.500 Gebiete als minengefährdet bezeichnet worden. Seit August 1999 sind die Unfälle mit Minen und aufgrund ausgelöster Kampfmittel jedoch zurückgegangen (Schweizerische Flüchtlingshilfe an VGH Baden-Württemberg v. 08.12.1999 (62.)). Inzwischen gab es zahlreiche Minenräumprogramme, an denen 16 Organisationen teilnahmen (AA, ad hoc-Bericht v. 04.09.2001 (129.)). Darüber hinaus gibt es seit Sommer 1999 "Mine Awareness Programme" (Informationskampagne über die Gefahr von Minen und explosiven Geschossen) (Schweizerische Flüchtlingshilfe an VGH Baden-Württemberg v. 08.12.1999 (62.)), die die Gefährdung ausreichend beherrschbar erscheinen lassen. Hinzu kommt, dass nach Abschluss des humanitären Minenräumprogrammes Ende 2001 die wichtigsten Räumaufgaben inzwischen erfüllt sind (AA, ad hoc-Bericht v. 04.09.2001 (129.); AA, ad hoc-Bericht vom 04.06.2002 (133.)).

Schließlich hat sich auch die allgemeine Sicherheitslage im Kosovo erheblich verbessert. Zwar haben eine weit verbreitete Gewaltbereitschaft, die große Zahl frei zirkulierender Waffen, organisierte Kriminalität und das Dominanzstreben ehemaliger UCK-Angehöriger negative Auswirkungen auf die Sicherheitslage (AA, ad hoc-Bericht v. 27.11.2000 (135.); AA, ad hoc-Bericht v. 04.06.2002 (133.)). Die festzustellende Gewaltbereitschaft hat sich inzwischen aber erheblich reduziert. Dies beruht zum einen auf dem Einsatz der KFOR-Streitkräfte, die zur Zeit über 30.339 Soldaten verfügen. Zum anderen besteht eine internationale Polizei, die von den benötigten 4.700 Vollzugsbeamten 4.500 vor Ort hat. Außerdem ist mit dem Aufbau einer lokalen, multi-ethnischen Polizei begonnen worden. Der Aufbau des Justizwesens geht ebenfalls voran; derzeit sind 393 örtliche Richter und Staatsanwälte aus allen ethnischen Gruppen tätig (AA, ad hoc-Bericht v. 27.11.2002 (133.)). Vor diesem Hintergrund besteht keine beachtliche Wahrscheinlichkeit für die Klägerseite, Opfer von Gewalttätigkeiten im Kosovo zu werden. Übergriffe von Serben in Gebieten, in denen albanische Volkszugehörige die ethnische Minderheit bilden, können KFOR-Truppen und Polizei zwar nicht immer verhindern. Diesen serbisch-dominierten Gebieten können sich Kosovo-Albaner aber in zumutbarer Weise entziehen (vgl. AA, ad hoc-Bericht v. 04.09.2001 (129.)).

Aus alledem folgt, dass den Klägern im Kosovo eine inländische Fluchtalternative zur Verfügung steht.

Den Klägern steht jedoch ein Abschiebungshindernis nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG zur Seite, so dass die anders lautende Feststellung im angegriffenen Bescheid des Bundesamts für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge aufzuheben und das Bundesamt zu verpflichten ist, das Vorliegen dieses Abschiebungshindernisses festzustellen.

Über diese Frage ist ebenso wie über die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung im vorliegenden Berufungsverfahren ungeachtet der eingeschränkten Berufungszulassung und der Tatsache zu entscheiden, dass die Berufung des Bundesbeauftragten für Asylangelegenheiten sich nicht gegen die insoweit getroffenen Entscheidungen des Bundesamts für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge richtet. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist ein auf umfassende Überprüfung einer Entscheidung des Bundesamts für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge über einen uneingeschränkten Asylantrag gerichtetes Klagebegehren auch in einem allein vom Bundesbeauftragten für Asylangelegenheiten betriebenen Berufungsverfahren ungeachtet der Zulassungsentscheidung und der Fassung der im Berufungsverfahren gestellten Anträge sachgerecht dahin auszulegen (§§ 86 Abs. 3, 88 VwGO), dass ein sinngemäß als Hilfsbegehren aufzufassendes Klagebegehren auf Verpflichtung des Bundesamts für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge zur Feststellung von Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG und ein Anfechtungsbegehren bezüglich einer Abschiebungsandrohung nach §§ 34, 38 AsylVfG i. V. m. § 50 Abs. 1 Satz 2 AuslG wieder "aufleben", wenn im Berufungsverfahren das Rechtsmittel des Bundesbeauftragten für Asylangelegenheiten gegen eine Verpflichtung des Bundesamts für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge zur Anerkennung als Asylberechtigte bzw. zur Feststellung der Voraussetzungen des § 51 AsylVfG erfolgreich ist (BVerwG, Urt. v. 15. April 1997 - 9 C 19.96 - NVwZ 1997, 1132 = InfAuslR 1997, 420; Urt. v. 28. April 1998 - 9 C 2.98 -; B. v. 12. August 1999 - 9 B 268.99, Buchholz 402.240 § 53 AuslG Nr. 19).

Im Hinblick auf den Verlust der effektiven Gebietsgewalt des Staates im Kosovo bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Klägerseite bei einer Rückkehr in die Provinz Kosovo die konkrete Gefahr drohen könnte, der Folter unterworfen zu werden (§ 53 Abs. 1 AuslG) oder dass ihr dort wegen einer Straftat die Verhängung der Todesstrafe drohen würde (§ 53 Abs. 2 Satz 1 AuslG).

Auch ein Abschiebungshindernis nach § 53 Abs. 4 AuslG i.V.m. Art. 3 EMRK liegt für die Kläger hinsichtlich Serbien und Montenegro nicht vor. Ein Abschiebungshindernis nach dieser Vorschrift besteht nur dann, wenn dem Ausländer im Zielstaat der Abschiebung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit landesweit eine Behandlung droht, die alle tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 3 EMRK erfüllt (BVerwG, Urt. v. 02.09.1997 - BVerwG 9 C 40.96 - BVerwGE 105, 187; BVerwG, Urt. v. 11.11.1997 - BVerwG 9 C 13.96 - BVerwGE 105, 322). Dabei kann grundsätzlich nur eine im Zielstaat von einer staatlichen Herrschaftsmacht begangene oder zu verantwortende Misshandlung eine unmenschliche Behandlung im Sinne des Art. 3 ERMK sein (BVerwG, Urt. v. 17.10.1995 - BVerwG 9 C 15.95 - BVerwGE 99, 331; BVerwG, Urt. v. 15.04.1997 - BVerwG 9 C 38.96 - BVerwGE 104, 265; BVerwG, Urt. v. 02.09.1997 - BVerwG 9 C 40.96 - a.a.O.), d.h., es muss ein geplantes, vorsätzliches und auf eine bestimmte Person gerichtetes Handeln vorliegen (BVerwG, Urt. v. 17.10.1995 - 9 C 15.95 - a.a.O.). Da der Staat im Kosovo gegenwärtig keine effektive Gebietsgewalt ausübt und eine von der internationalen Staatengemeinschaft ausgehende oder zu verantwortende unmenschliche Behandlung im Sinne von Art. 3 EMRK von vornherein nicht ersichtlich ist, insbesondere UNMIK-Kontrolleure sowie Mitarbeiter der OSZE im gesamten Kosovo für die Einhaltung der Menschenrechte aktiv sind, liegen auch die Voraussetzungen für ein Abschiebungshindernis nach § 53 Abs. 4 AuslG nicht vor.

Den Klägern ist jedoch ein Abschiebungshindernis nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG zuzuerkennen, weil die Klägerin im Falle einer Rückkehr in ihr Heimatland wegen ihrer im vorliegenden Verfahren nachgewiesenen schwerwiegenden und ständig behandlungsbedürftigen Erkrankung im Falle einer Rückkehr nach Serbien und Montenegro, insbesondere in ihr Heimatgebiet im Kosovo einer erheblichen konkreten Gefahr für Leib und Leben ausgesetzt wäre, so dass ihre Abschiebung dorthin nicht in Betracht kommt. Das Gericht sieht es durch die vorliegenden Urkunden und Auskünfte und die auf einem Teil dieser Urkunden beruhenden glaubhaften Erläuterungen der Kläger als erwiesen an, dass die Klägerin unter einer - so die Darstellung des Klinikums der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt am Main vom 22. April 2002 (Band II Blatt 317 GA) - "schweren, seltenen und erblich bedingten Hauterkrankung" (Cornel-Netherton-Syndrom) leidet, die in Deutschland bereits zu einer stationären Behandlung der Klägerin geführt hat und die jetzt ständiger ambulanter Behandlung mit dem Medikament Neotigason 25 bedarf. Dieses Medikament bzw. gleichwertige andere Medikamente sind nach übereinstimmenden Auskünften des Vertrauensarztes der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Belgrad vom 21. März 2003 (Band II Blatt 261 GA) und des Komitees CAP ANANMUR vom 2. März 2003 (Band II Blatt 259 GA) im Kosovo derzeit nicht im Rahmen des offiziellen Gesundheitssystems bzw. in öffentlich zugänglichen Apotheken erhältlich. Zwar hat der Vertrauensarzt der Deutschen Botschaft in Belgrad in seiner Auskunft darauf hingewiesen, dass über private Apotheken das Medikament aus dem Ausland zum Preis von 112 € pro Packung zu 100 Kapseln à 10 mg zu beschaffen sei. Wegen der hohen Anforderungen, die in der Rechtsprechung insbesondere des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 29. Oktober 2002 - 1 C 1.02 -, DVBl. 2003, 463) an die Medikationssicherheit im Zielstaat zur Abwendung einer Gefahr für Leib und Leben des betroffenen Ausländers gestellt werden, reicht dies indessen nicht aus, um die Voraussetzungen des § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG im vorliegenden Einzelfall verneinen zu können. Denn wegen der schwerwiegenden Erkrankungen sowohl des Klägers (Blindheit) als auch der Klägerin (Netherton-Syndrom), die über keinen nennenswerten familiären Hintergrund im Zielstaat verfügen, kann nicht als wahrscheinlich angesehen werden, dass sie sich dort die finanziellen Mittel für eine Beschaffung der von der Klägerin benötigten Medikamente aus dem Ausland erwerben können. Zudem dürften sie krankheitsbedingt auch kaum in der Lage sein, unter erschwerten örtlichen Verhältnissen die organisatorischen Voraussetzungen für eine sichere Medikation aus dem Ausland zu schaffen. Die finanziellen Aspekte der Medikamentenbeschaffung hat das Bundesverwaltungsgericht in seiner zitierten Entscheidung vom 29. Oktober 2002 besonders hervorgehoben, indem es folgendes ausgeführt hat:

"Ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis im Sinne des § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG kann sich auch aus der Krankheit eines Ausländers ergeben, wenn diese sich im Heimatland verschlimmert, weil die Behandlungsmöglichkeiten dort unzureichend sind. Das Bundesverwaltungsgericht hat dies bisher ausdrücklich nur für solche Fallgestaltungen ausgesprochen, in denen eine notwendige ärztliche Behandlung oder Medikation für die betreffende Krankheit in dem Herkunftsstaat wegen des geringeren Versorgungsstandards generell nicht verfügbar war. Ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis kann sich darüber hinaus trotz an sich verfügbarer medikamentöser und ärztlicher Behandlung aber auch aus sonstigen Umständen im Zielstaat ergeben, die dazu führen, dass der betroffene Ausländer diese medizinische Versorgung tatsächlich nicht erlangen kann. Denn eine zielstaatsbezogene Gefahr für Leib und Leben besteht auch dann, wenn die notwendige Behandlung oder Medikation zwar allgemein zur Verfügung steht, dem betroffenen Ausländer individuell jedoch aus finanziellen oder sonstigen Gründen nicht zugänglich ist (vgl. auch Beschluss vom 29. April 2003 - BVerwG 1 B 59.02 - zur Veröffentlichung in Buchholz unter 402.240 § 53 AuslG vorgesehen)."

Da es den Klägern nicht nur an den finanziellen, sondern auch an den organisatorischen Voraussetzungen für eine Beschaffung der benötigten Medikamente für die Klägerin aus dem Ausland nach Serbien und Montenegro fehlt, ist letztlich auch unerheblich, ob die für die Kläger derzeit zuständige Sozialhilfebehörde bereit wäre, die Kosten für die Medikamentenbeschaffung dorthin zu übernehmen, wie das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge im Rahmen der Bemühungen um eine gütliche Belegung des Rechtsstreits hat ausführen lassen. Abgesehen davon, dass das insoweit angekündigte Schuldanerkenntnis nicht vorgelegt worden ist, würde selbst eine auf Dauer angelegte Zahlungsbereitschaft der Sozialhilfebehörde, für die eine rechtliche Grundlage nicht ohne Weiteres ersichtlich ist, nicht die organisatorischen Probleme lösen, vor die sich die Kläger im Falle einer Rückkehr in ihr Heimatland hinsichtlich der Medikation der Klägerin gestellt sähen.

Deshalb ist auf das durch den Teilerfolg der Berufung des Bundesbeauftragten für Asylangelegenheiten hinsichtlich der Feststellung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG "wieder aufgelebte" Verpflichtungsbegehren der Kläger das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge zur Feststellung des Vorliegens eines Abschiebungshindernisses nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG zu verpflichten.

Auch die Aufhebung der in Ziffer 4 des Tenors des angegriffenen Bundesamtsbescheides enthaltenen Abschiebungsandrohung durch das Verwaltungsgericht erweist sich im Ergebnis als richtig, weil die Kläger aufgrund des nunmehr festzustellenden Abschiebungshindernisses nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG nicht nach Serbien und Montenegro abgeschoben werden dürfen.

Die Beteiligten werden allerdings darauf hingewiesen, dass bei einer nachhaltigen Verbesserung der Versorgungsverhältnisse in Serbien und Montenegro im medizinischen Bereich durchaus eine Überprüfung der aufgrund dieses Urteils zu treffenden Entscheidung des Bundesamts für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge möglich und angebracht erscheint, insbesondere dann, wenn das Gesundheitssystem in Serbien und Montenegro künftig in der Lage sein sollte, die von der Klägerin benötigten Medikamente und die notwendige ärztliche Versorgung im Rahmen des öffentlichen Gesundheitssystems kostenlos oder zu für die Kläger erschwinglichen Preisen sicher zu stellen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 VwGO und § 83b Abs. 1 AsylVfG. Die Kostenquotelung ergibt sich aus der Erwägung, dass das Obsiegen und Unterliegen der jeweiligen Hauptbeteiligten sowohl in erster Instanz als auch im Berufungsverfahren jeweils gleichwertige Streitgegenstände betrifft.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre Grundlage in § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 Satz 1 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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