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Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 28.11.2005
Aktenzeichen: 7 UZ 153/05.A
Rechtsgebiete: AufenthG, AuslG


Vorschriften:

AufenthG § 60 Abs. 7
AuslG § 53 Abs. 6
Der Personenkreis der bürgerkriegsbedingt unter einer posttraumatischen Belastungsstörung Leidenden aus dem Kosovo stellt keine Bevölkerungsgruppe im Sinne des § 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG (jetzt: § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG) dar.
HESSISCHER VERWALTUNGSGERICHTSHOF BESCHLUSS

7 UZ 153/05.A

In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Asylrechts

hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof - 7. Senat - durch

Vizepräsidenten des Hess. VGH Dr. Rothaug, Richter am Hess. VGH Schönstädt, Richterin am Hess. VGH Schäfer

am 28. November 2005 beschlossen:

Tenor:

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Kassel vom 24. November 2004 - 4 E 2805/02.A - wird abgelehnt.

Der Kläger hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe:

Der gemäß § 78 Abs. 4 des Asylverfahrensgesetzes - AsylVfG - statthafte Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das im Tenor bezeichnete Urteil des Verwaltungsgerichts Kassel bleibt ohne Erfolg. Die in der Antragsschrift vom 6. Januar 2005 geltend gemachten Gründe rechtfertigen die begehrte Zulassung der Berufung nicht.

1. Das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge lehnte mit Bescheid vom 25. November 2002 den Antrag des Klägers ab, das Verwaltungsverfahren wiederaufzugreifen und unter Abänderung des früheren Bescheides vom 10. März 1999 das Vorliegen der Voraussetzungen des § 53 AuslG festzustellen.

Das Verwaltungsgericht Kassel wies mit dem angegriffenen Urteil die auf Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 53 Abs. 6 AuslG beschränkte Verpflichtungsklage des Klägers ab. Der Kläger - serbisch-montenegrinischer Staatsangehöriger albanischer Volkszugehörigkeit, der mit überwiegender Wahrscheinlichkeit an einer posttraumatischen Belastungsstörung leide, - werde durch eine Rückführung nicht konkreter Todesgefahr oder schwerster Verletzung ausgesetzt, da posttraumatische Belastungsstörungen auch im Kosovo in einer Weise behandelt werden könnten, die eine solch extreme Gefahrenlage ausschließe. Das Vorliegen einer derart extremen Gefahrenlage sei maßgeblich, da der Personenkreis der bürgerkriegsbedingt unter schweren posttraumatischen Belastungsstörungen leidenden Flüchtlinge, die aus dem Kosovo stammten, eine in sonstiger Weise bestimmte Ausländergruppe im Sinne von § 54 Satz 1 AuslG bilde. Abschiebungsschutz werde Angehörigen einer solchen Gruppe grundsätzlich allein durch eine generelle Regelung der obersten Landesbehörde nach § 54 AuslG gewährt. Nur wenn der Ausländer mangels einer Regelung nach § 54 AuslG sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde, greife im Hinblick auf die Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG in verfassungskonformer Auslegung des § 53 Abs. 6 AuslG individueller Abschiebungsschutz ein. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

2. Der Kläger beruft sich gegenüber dem angegriffenen Urteil auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nach § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG, den er im Hinblick auf mehrere Fragen für gegeben erachtet.

a. Grundsätzliche Bedeutung misst der Kläger zunächst der Rechtsfrage bei, ob bürgerkriegsbedingt unter einer posttraumatischen Belastungsstörung Leidende aus dem Kosovo eine Gruppe im Sinne des § 53 Ab. 6 Satz 2 AuslG darstellen.

Im Zusammenhang mit dieser Rechtsfrage hält der Kläger ferner die Tatsachenfrage für prinzipiell bedeutsam, ob die Anzahl der bürgerkriegsbedingt unter einer posttraumatischen Belastungsstörung leidenden Ausländer aus dem Kosovo hoch genug ist, um von einer Gruppe ausgehen zu können.

Grundsätzliche Bedeutung kommt nach Auffassung des Klägers zudem der Rechtsfrage zu, ob bei dem Vorliegen einer posttraumatischen Belastungsstörung die anzunehmende Gefahr einer Retraumatisierung sowie eines Suizids im Falle einer Rückkehr in das Land, in dem das traumatisierende Ereignis stattgefunden hat, tatbestandsmäßig im Sinne des § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG ist.

Schließlich bezeichnet der Kläger als grundsätzlich bedeutsam die Rechtsfrage, ob die im Kosovo vorliegenden Behandlungsmöglichkeiten einer posttraumatischen Belastungsstörung ausreichend sind, um im Rahmen von § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG einen Zugang zur erforderlichen Behandlung zu bejahen.

Wegen der vom Kläger für das Vorliegen des Zulassungsgrundes nach § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG im Einzelnen angeführten Gesichtspunkte verweist der Senat auf die Antragsschrift vom 6. Januar 2005.

b. Die vom Kläger erhobenen Grundsatzrügen rechtfertigen die Zulassung der Berufung nicht.

Grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG weist eine Rechtssache auf, wenn sie eine (auch) für die Berufungsentscheidung erhebliche, klärungsfähige und klärungsbedürftige Rechts- oder Tatsachenfrage allgemeiner, fallübergreifender Bedeutung aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder ihrer Fortentwicklung der berufungsgerichtlichen Klärung bedarf (vgl. Senatsbeschlüsse vom 14. Oktober 2005 - 7 UZ 2417/05 - und vom 24. Oktober 2005 - 7 UZ 970/05 - zur gleichlautenden Vorschrift des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO; Hess. VGH, Beschlüsse vom 2. Dezember 2004 - 9 UZ 3450/02.A - und vom 20. April 2005 - 9 UZ 2170/05.A -). Gemäß § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylVfG hat sich die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache zu allen genannten Voraussetzungen zu verhalten (vgl. Hess. VGH, Beschlüsse vom 23. März 2005 - 9 UZ 2158/01.A - und vom 20. April 2005 - 9 UZ 2170/04.A -).

aa. Nach diesem Maßstab ist zunächst die grundsätzliche Bedeutung der - vom Kläger als solche bezeichneten - Rechtsfrage, ob bürgerkriegsbedingt unter einer posttraumatischen Belastungsstörung Leidende aus dem Kosovo eine Gruppe im Sinne des § 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG darstellen, zu verneinen.

Grundsätzliche Bedeutung kann der vom Kläger aufgeworfenen Frage allerdings nicht schon abgesprochen werden, weil sie mit der Vorschrift des § 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG am 1. Januar 2005 außer Kraft getretenes Recht betrifft (vgl. Art. 15 Abs. 3 Nr. 1 des Gesetzes zur Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung und zur Regelung des Aufenthalts und der Integration von Unionsbürgern und Ausländern - Zuwanderungsgesetz -). Denn das am 1. Januar 2005 in Kraft getretene Aufenthaltsgesetz - AufenthG - enthält in § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG eine inhaltsgleiche Regelung, bei der die Frage in gleicher Weise gestellt werden kann (vgl. zur grundsätzlichen Bedeutung von auslaufendes Recht betreffenden Rechtsfragen: BVerwG, Beschluss vom 20. Dezember 1995 - BVerwG 6 B 35.95 - NVwZ-RR 1996, 712; Hess. VGH, Beschluss vom 27. Juni 2005 - 9 UZ 1784/04 -; Eyermann, VwGO, 11. Aufl. 2000, § 132 Rdnr. 11).

Die Erfolglosigkeit dieser Grundsatzrüge des Klägers folgt vielmehr zunächst daraus, dass in der Antragsschrift vom 6. Januar 2005 nicht ordnungsgemäß dargelegt worden ist, welche Rechtsfrage insoweit für prinzipiell bedeutsam und in einem Berufungsverfahren für klärungsbedürftig erachtet wird.

Die Feststellung des Verwaltungsgerichts, wonach bürgerkriegsbedingt unter einer posttraumatischen Belastungsstörung Leidende aus dem Kosovo als eine in sonstiger Weise bestimmte Ausländergruppe im Sinne des § 54 Satz 1 AuslG anzusehen seien, denen eine allgemeine Gefahr drohe, so dass die Sperrwirkung des § 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG eingreife und ein Abschiebungshindernis nur dann bestehe, wenn der Ausländer im Falle seiner Abschiebung sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde, gründet auf einer bestimmten Ermittlung des Sinngehalts des § 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG (Auslegung der Norm) und einem darauf aufbauenden Subsumtionsschluss (Anwendung der Norm).

Weder der Formulierung der Rechtsfrage auf Blatt 4 noch den Darlegungen auf Blättern 4 bis 9 der Antragsschrift vom 6. Januar 2005 lässt sich eindeutig entnehmen, ob der Kläger die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Auslegung des § 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG oder die verwaltungsgerichtliche Subsumtion oder aber sowohl Rechtsauslegung als auch Rechtsanwendung für berufungsgerichtlich klärungsbedürftig erachtet. Eine entsprechende Herausarbeitung der - für grundsätzlich bedeutsam gehaltenen - Rechtsfrage indes ist von § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylVfG gefordert, zumal Art und Umfang der erforderlichen Darlegungen zur Entscheidungserheblichkeit, zur allgemeinen Bedeutung sowie zur Klärungsfähigkeit und Klärungsbedürftigkeit von der jeweils aufgeworfenen Rechtsfrage abhängig sind (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 24. Januar 1989 - 13 TE 2168/88 -; GK-AsylVfG, § 78 Rdnr. 593 ff.; Marx, AsylVfG, 6. Aufl. 2005, § 78 Rdnr. 56 ff., 69 f.).

Ungeachtet dieses die ordnungsgemäße Bezeichnung der Rechtsfrage betreffenden Darlegungsdefizits kommt eine Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung aber auch weder im Hinblick auf die verwaltungsgerichtliche Auslegung des § 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG noch wegen der Subsumtion des Verwaltungsgerichts unter diese Vorschrift in Betracht.

Der Rechtsfrage, welche Anforderungen der Begriff der Bevölkerungsgruppe in § 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG stellt, fehlt die Klärungsbedürftigkeit. Rechtsfragen sind (nur) klärungsbedürftig, wenn sie durch die Rechtsprechung nicht schon hinreichend geklärt sind oder wenn ihre Beantwortung sich weder unmittelbar aus dem Gesetz ergibt noch sonst von vornherein außer Zweifel steht (vgl. GK-AsylVfG, § 78 Rdnr. 112).

Der Begriff der Bevölkerungsgruppe, deren Angehörige sich aufgrund der Sperrwirkung des § 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG nicht mit Erfolg auf das Abschiebungshindernis des § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG berufen können, ist durch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts höchstrichterlich geklärt.

Nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG kann von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG bestimmt, dass Gefahren in diesem Staat, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, bei Entscheidungen nach § 54 AuslG berücksichtigt werden. Eine allgemeine Gefahr im Sinne des § 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG liegt dabei (nur) vor, wenn ein Missstand im Abschiebezielstaat die Bevölkerung insgesamt oder eine Bevölkerungsgruppe so trifft, dass grundsätzlich jedem, der der Bevölkerung oder der Bevölkerungsgruppe angehört, deshalb mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit dieselbe erhebliche Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit im Sinne des § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG droht. Jedenfalls bei Betroffensein einer Bevölkerungsgruppe ist das Eingreifen des § 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG zudem davon abhängig, dass die Bevölkerungsgruppe zahlenmäßig so groß und die Gefahr von solcher Art ist, dass das Erfordernis einer politischen Leitentscheidung nach § 54 AuslG besteht (vgl. zu Vorstehendem: BVerwG, Urteil vom 25. November 1997 - BVerwG 9 C 58.96 - BVerwGE 105, 383; Urteil vom 27. April 1998 - BVerwG 9 C 13.97 - NVwZ 1998, 973; Urteil vom 8. Dezember 1998 - BVerwG 9 C 4.98 - BVerwGE 108, 77; Urteil vom 12. Juli 2001 - BVerwG 1 C 5.01 - BVerwGE 115, 1).

Die davon zu unterscheidende - die Ebene der Rechtsanwendung betreffende - weitere Frage, ob der Personenkreis der bürgerkriegsbedingt unter einer posttraumatischen Belastungsstörung Leidenden aus dem Kosovo dem so höchstrichterlich geklärten Begriff der Bevölkerungsgruppe im Sinne des § 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG unterfällt, bedarf gleichfalls nicht der Klärung in einem berufungsgerichtlichen Verfahren. Die Klärungsbedürftigkeit dieser Frage fehlt, da sie im Wege eines Subsumtionsschlusses eindeutig zu verneinen ist (so auch OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 16. Februar 2004 - 14 A 548/04.A - Juris).

Das Krankheitsbild auch der bürgerkriegsbedingten posttraumatischen Belastungsstörung ist infolge seiner Abhängigkeit sowohl von den Besonderheiten des erlebten belastenden Ereignisses als auch von individuellen Persönlichkeitsfaktoren des Erlebenden so vielfältig, dass schon - unabhängig von im Zielstaat der Abschiebung bestehenden Behandlungsmöglichkeiten - die Situation, dass jedem Betroffenen eine erhebliche Gefahr für Leib oder Leben in gleicher Weise droht, nicht gegeben ist. Hinzu tritt, dass - der Verschiedenheit des Krankheitsbildes korrespondierend - für die Abwehr einer erheblichen Gefahr für Leib und Leben, um die allein es im Zusammenhang des § 53 Abs. 6 AuslG geht, von Fall zu Fall unterschiedliche Therapieerfordernisse bestehen. Die Verfügbarkeit der jeweils notwendigen Behandlungsmöglichkeiten sowie deren Erreichbarkeit für den Betroffenen im Kosovo aber differiert gleichfalls in einer Weise, die eine einheitliche Beurteilung als allgemeine Gefahr für eine Bevölkerungsgruppe im Sinne des § 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG nicht zulässt.

Die aufgezeigte Mannigfaltigkeit der aus einer posttraumatischen Belastungsstörung resultierenden Gefahrenlagen steht auch der von § 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG für das Eingreifen der Sperrwirkung zusätzlich vorausgesetzten Notwendigkeit einer politischen Leitentscheidung nach § 54 AuslG für den Personenkreis der bürgerkriegsbedingt unter einer posttraumatischen Belastungsstörung Leidenden aus dem Kosovo entgegen.

Der Umstand, dass es der obersten Landesbehörde nach § 54 AuslG (jetzt: § 60a Abs. 1 AufenthG) möglich wäre, die Aussetzung von Abschiebungen für diesen Personenkreis anzuordnen, ist für die Sperrwirkung des § 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG unerheblich. Denn der Begriff der Bevölkerungsgruppe im Sinne des § 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG ist - wie die Begriffsbestimmung des Bundesverwaltungsgerichts zeigt - ein anderer und engerer als der der in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppe in § 54 AuslG, der bis zur Grenze des Willkürverbots jede Zusammenfassung von Ausländern durch die oberste Landesbehörde zu einer Gruppe anhand von Kriterien, die diese gemeinsam aufweisen, zulässt.

bb. Der vom Kläger aufgeworfenen Tatsachenfrage, ob die Anzahl der bürgerkriegsbedingt unter einer posttraumatischen Belastungsstörung leidenden Ausländer aus dem Kosovo hoch genug sei, um von einer Gruppe ausgehen zu können, fehlt die für die Zulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung erforderliche Erheblichkeit für die Entscheidung des Berufungsgerichts. Der Personenkreis der bürgerkriegsbedingt unter einer posttraumatischen Belastungsstörung leidenden Ausländer aus dem Kosovo wird nämlich - wie dargelegt - vom Begriff der Bevölkerungsgruppe in § 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG nicht erfasst, ohne dass es auf seine zahlenmäßige Größe ankäme.

cc. Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtsfrage, ob bei dem Vorliegen einer posttraumatischen Belastungsstörung die anzunehmende Gefahr einer Retraumatisierung sowie eines Suizids im Falle einer Rückkehr in das Land, in dem das traumatisierende Ereignis stattgefunden habe, tatbestandsmäßig im Sinne des § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG sei, hat der Kläger nicht ordnungsgemäß im Sinne des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylVfG dargelegt. In der Antragsschrift vom 6. Januar 2005 wird eine - ggf. neuerliche - berufungsgerichtliche Klärungsbedürftigkeit der Frage nicht aufgezeigt, da es an einer hinreichenden Auseinandersetzung mit der zum Anwendungsbereich des § 53 Abs. 6 AuslG bereits ergangenen obergerichtlichen und höchstrichterlichen Rechtsprechung fehlt.

Nach dieser Rechtsprechung erfasst § 53 Abs. 6 AuslG zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse, während inlandsbezogene Abschiebungshindernisse der Regelung des § 55 Abs. 2 AuslG unterfallen. Bezogen auf posttraumatische Belastungsstörungen liegt ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis im Sinne des § 53 Abs. 6 AuslG hiernach vor, wenn wegen der mangelhaften Leistungsfähigkeit des Gesundheitssystems im Heimatland und der daraus folgenden mangelnden Behandlungsmöglichkeit der Erkrankung eine wesentliche oder gar zur Lebensgefahr führende Gesundheitsverschlimmerung für den Betroffenen zu befürchten ist. Ein inlandsbezogenes Abschiebungshindernis im Sinne des § 55 Abs. 2 AuslG ist demgegenüber gegeben, wenn die Abschiebung eines Ausländers aus rechtlichen bzw. tatsächlichen Gründen unmöglich wird, weil von der Abschiebung als solcher negative Auswirkungen zu befürchten sind, also gerade die zwangsweise Durchsetzung der Ausreisepflicht des Erkrankten zu einer Retraumatisierung oder zu einer suizidalen Gefährdung führt (vgl. zu Vorstehendem: BVerfG, Beschluss vom 26. Februar 1998 - 2 BvR 185/98 - InfAuslR 1998, 241, Beschluss vom 16. April 2002 - 2 BvR 553/02 - InfAuslR 2002, 415; BVerwG, Urteil vom 25. November 1997 - BVerwG 9 C 58.96 - DVBl. 1998, 284, Urteil vom 21. September 1999 - BVerwG 9 C 8.99 - NVwZ 2000, 206; Hess. VGH, Urteil vom 8. September 2003 - 12 UE 2937/02.A - ESVGH 54, 54; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 7. Mai 2002 - 11 S 389/01 - InfAuslR 2001, 384; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 16. Dezember 2004 - 13 A 4512/03.A - Nachweis bei Juris).

Das Vorbringen des Klägers in der Antragsschrift enthält keine relevanten Gesichtspunkte, die einen erneuten Klärungsbedarf hinsichtlich des so bestimmten Anwendungsbereichs des § 53 Abs. 6 AuslG begründen. Ob eine posttraumatische Belastungsstörung im Einzelfall ein zielstaatsbezogenes oder ein inlandsbezogenes Abschiebungshindernis darstellt oder sogar beide Abschiebungshindernisse für den Betroffenen begründet, ist keine Frage, die eine Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung nach § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG rechtfertigen könnte.

dd. Der vom Kläger als prinzipiell bedeutsam bezeichneten Rechtsfrage, ob die im Kosovo vorliegenden Behandlungsmöglichkeiten einer posttraumatischen Belastungsstörung ausreichend seien, um im Rahmen von § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG einen Zugang zur erforderlichen Behandlung zu bejahen, mangelt es an der grundsätzlichen Klärungsbedürftigkeit, da die Zubilligung eines Abschiebungshindernisses nach § 53 Abs. 6 AuslG stets vom individuellen Krankheitsbild des an einer posttraumatischen Belastungsstörung leidenden Ausländers abhängt, so dass sich die Problematik des Zugangs zur jeweils erforderlichen Behandlung im Kosovo einer generalisierenden und über den Einzelfall hinausgreifenden Beurteilung entzieht.

3. Der Kläger beruft sich gegenüber dem angefochtenen Urteil ferner auf den Zulassungsgrund des § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylVfG i. V. m. § 138 VwGO und macht verschiedene Verfahrensfehler geltend.

a. Als Versagung rechtlichen Gehörs beanstandet der Kläger die Ablehnung eines in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrags "darüber, dass eine dringend behandlungsbedürftige posttraumatische Belastungsstörung ... vorliegt, die im Falle einer Rückkehr in das Kosovo zu einer Retraumatisierung führen würde." (Nr. III.2.1., Bl. 13, 14 der Antragsschrift).

Diese Rüge genügt nicht den Anforderungen, die § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylVfG an die Darlegung einer Gehörsverletzung durch die Ablehnung eines Beweisantrags stellt. Erforderlich ist hierfür, dass im Zulassungsantrag in substantiierter Auseinandersetzung mit den vom Verwaltungsgericht für die Antragsablehnung in der mündlichen Verhandlung und ggf. in den Entscheidungsgründen des Urteils angegebenen Gründen aufgezeigt wird, welchen ordnungsgemäß gestellten und erheblichen Beweisantrag das Verwaltungsgericht in einer Weise abgelehnt hat, die im Prozessrecht keine Stütze mehr findet (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 14. Februar 2002 - 9 UZ 1249/98.A - Nachweis bei Juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 25. April 2002 - 8 A1530/02.A - AuAS 2002, 212; Marx, AsylVfG, 6. Aufl. 2005, § 78 Rdnr. 525 ff.).

Der Kläger hat im Zulassungsantrag bereit nicht hinreichend deutlich gemacht, welchen der laut Anlage zum Protokoll vom 24. November 2004 in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisanträge, die jeweils durch Beweisthema und Beweismittel gekennzeichnet sind, seine unter Nr. III.2.1. erhobene Rüge betrifft. Bezieht man die Ausführungen des Klägers auf den am ehesten in Betracht kommenden Beweisantrag 1 a) (vgl. Bl. 165 der Gerichtsakte) - zum Beweis der Tatsache, dass der Kläger infolge seiner Erlebnisse im Kosovo vor seiner Flucht nach Deutschland an einer posttraumatischen Belastungsstörung leidet, die dringend psychotherapeutisch behandelt werden muss und die im Falle einer Rückkehr in das Kosovo zu einer Retraumatisierung und somit erheblichen Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Klägers führen würde, was im Kosovo als dem Gebiet, in dem die Traumatisierung zugefügt wurde, aufgrund der Retraumatisierungsgefahr nicht behandelt werden könnte, wird die Einholung eines Sachverständigengutachtens beantragt, wobei angeregt wird, hiermit Trauma Transform Consult (ehemals DIPT) zu beauftragen - steht dem Erfolg der Gehörsrüge entgegen, dass das Verwaltungsgericht in im Hinblick auf Art. 103 Abs. 1 GG nicht zu beanstandender Weise von der begehrten Beweiserhebung durch Sachverständige mit der Begründung abgesehen hat, es verfüge aufgrund der in das Verfahren eingeführten Dokumente über genügend eigene Sachkunde. Dieses gerichtliche Prozessverhalten weist keine gehörsrechtlichen Defizite auf. Zunächst steht es grundsätzlich im Ermessen des Gerichts, wie es sich die für seine Entscheidung erforderliche Sachkunde verschafft. Demgemäß kann das Gericht auch den Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens mit dem Hinweis auf die eigene Sachkunde, die zur tatsächlichen Würdigung des Sachverhalts erforderlich ist, ablehnen (vgl. Hess. VGH, Beschlüsse vom 23. März 2005 - 9 UZ 2158/01.A - sowie vom 27. Mai 2005 - 9 UZ 206/03.A -). Allerdings muss ein Gericht, um einen Antrag auf Beweiserhebung durch Sachverständige unter Berufung auf sein Wissen aus ihm vorliegenden amtlichen Auskünften und sonstigen beigezogenen Erkenntnisquellen prozessordnungsgemäß abzulehnen, im Ablehnungsbeschluss oder jedenfalls in der Sachentscheidung nachvollziehbar darlegen, woraus es seine Sachkunde bezieht (vgl. Hess. VGH, Beschlüsse vom 22. März 2004 - 9 UZ 925/00.A - DÖV 2004, 628 [Ls] und vom 27. Mai 2005 - 9 UZ 206/03.A -). Dieser Darlegungspflicht ist das Verwaltungsgericht indes nachgekommen. Denn es hat in der Begründung für die Ablehnung der Beweisanträge in den Entscheidungsgründen des Urteils u. a. auf seine Feststellung Bezug genommen, wonach posttraumatische Belastungsstörungen auch im Kosovo in einer Weise angemessen neuropsychiatrisch behandelt werden können, die auch im Fall des Klägers die Annahme einer Rückführung unter Inkaufnahme konkreter Todesgefahr oder schwerster Verletzung auch unter Berücksichtigung einer unter Umständen drohenden Retraumatisierung als ausgeschlossen erscheinen lasse. Diese Feststellung hat das Verwaltungsgericht unter Benennung und Würdigung verschiedener Auskünfte getroffen (S. 7 bis 11 des amtlichen Urteilsumdrucks) und damit die Erkenntnisquellen, aus denen es seine Sachkunde schöpft, in einer das Gehörsrecht des Klägers wahrenden Weise offen gelegt.

b. Für eine weitere Gehörsverletzung führt der Kläger an, das Verwaltungsgericht habe den Aspekt einer Retraumatisierungsgefahr nicht zur Kenntnis genommen und sich mit diesem Gesichtspunkte weder im Tatbestand noch in den Entscheidungsgründen des Urteils auseinander gesetzt (Nr. III.2.2., Bl. 15 f. der Antragsschrift).

Der Zulassungsgrund der Versagung rechtlichen Gehörs nach § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylVfG i. V. m. § 138 Nr. 3 VwGO wird hiermit nicht dargetan. Das Gehörsrecht verpflichtet ein Gericht dazu, das Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in seine Erwägungen einzubeziehen. Ein Gericht ist demgegenüber nicht verpflichtet, jedes Vorbringen ausdrücklich zu erwähnen, inhaltlich zu bescheiden und damit die Tatsache der Gehörsgewährung nachweisbar zu dokumentieren. Vielmehr ist grundsätzlich davon auszugehen, dass ein Gericht das Vorbringen der Beteiligten kennt und würdigt. Ein Verstoß gegen das rechtliche Gehör kommt deshalb nur in Betracht, wenn sich aus besonderen Umständen des Einzelfalls konkret eine Verletzung der gehörsrechtlichen Berücksichtigungspflicht ergibt (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 23. März 2005 - 9 UZ 2158/01.A -; GK-AsylVfG § 78 Rdnr. 269 f.).

Hiernach ist eine unterbliebene Wahrnehmung der vom Kläger vorgetragenen Retraumatisierungsgefahr nicht feststellbar. Die Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils (S. 7 und 12 des amtlichen Urteilsumdrucks) belegen vielmehr, dass das Verwaltungsgericht seiner gehörsrechtlichen Kenntnisnahme- und Verarbeitungspflicht genügt hat. Der Umstand, dass das Gericht eine für den Kläger bei Rückkehr in das Kosovo bestehende Retraumatisierungsgefahr für das Vorliegen eines Abschiebungshindernisses in verfassungskonformer Auslegung des § 53 Abs. 6 AuslG nicht ausreichend erachtet hat, betrifft die materiell-rechtliche Rechtsfindung und ist gehörsrechtlich irrelevant.

c. In der "Ablehnung des Beweisantrags, dass der Kläger einer traumaspezifische Psychotherapie bedarf" sieht der Kläger eine weitere Gehörsverletzung (Nr. III.2.3., Bl. 16 der Antragsschrift).

Auch diese Gehörsrüge verfehlt die Darlegungsanforderungen des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylVfG. Denn der Kläger hat auch insofern versäumt ordnungsgemäß darzutun, welchen ordnungsgemäß gestellten und - nach der maßgeblichen materiell-rechtlichen Auffassung des Verwaltungsgerichts - erheblichen Beweisantrag (Beweisthema und Beweismittel) das Verwaltungsgericht mit welcher Begründung abgelehnt hat und warum diese Ablehnung mit dem Prozessrecht unvereinbar ist.

d. Die in der Antragsschrift unter Nr. III.2.4. sowie Nr. III.2.5. (Bl. 16 - 18 der Antragsschrift) geltend gemachten Gehörsverstöße, die die verwaltungsgerichtliche Annahme einer im Kosovo möglichen Mindestversorgung Traumatisierter sowie die Berücksichtigung einer Stellungnahme der Frau Dr. S. vom 18. November 2004 betreffen, liegen gleichfalls nicht vor.

Das Verwaltungsgericht hat - ausgehend von seinem materiell-rechtlichen Standpunkt, wonach ein Abschiebungshindernis nach § 53 Abs. 6 AuslG für den Kläger als Angehörigen einer Bevölkerungsgruppe nur besteht, wenn er bei Abschiebung sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde - in Würdigung von Auskünften des deutschen Verbindungsbüros in Pristina, aber auch unter Berücksichtigung der Stellungnahme der Frau Dr. S. vom 18. November 2004 (vgl. S. 7 - 11 des amtlichen Urteilsumdrucks), eine medizinische Grundversorgung im Kosovo bejaht, die eine extreme Gefahrenlage der bezeichneten Art für den Kläger ausschließt. Diese Beweiswürdigung selbst ist der materiell-rechtlichen Rechtsfindung zuzuordnen und daher prinzipiell mit der das gerichtliche Verfahren betreffenden Gehörsrüge nicht erfolgreich angreifbar. Gehörsrechtliche Defizite im Zusammenhang mit dieser Beweiswürdigung sind nicht feststellbar, insbesondere waren sowohl die die Auslegung und Anwendung des § 53 Abs. 6 AuslG betreffenden rechtlichen Fragen als auch die Tatsachenfrage der medizinischen Versorgung Traumatisierter im Kosovo keine Gesichtspunkte, mit denen ein gewissenhafter und kundiger Prozessbevollmächtigter nicht zu rechnen brauchte. Die Stellungnahme der Frau Dr. S. vom 18. November 2004 hat das Verwaltungsgericht auch bei seiner Feststellung berücksichtigt, beim Personenkreis der bürgerkriegsbedingt an einer posttraumatischen Belastungsstörung Leidenden handele es sich um eine zahlenmäßig große Gruppe (vgl. S. 6 des amtlichen Urteilsumdrucks).

e. Soweit der Kläger eine letzte Gehörsverletzung darin erblickt, dass sich das Verwaltungsgericht ohne vorherigen Hinweis einer auf "S. 4 der Klage" (richtig: S. 4 des Urteils) ohne Belege bezeichneten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts angeschlossen habe (Nr. III.2.6., Bl. 18 f. der Antragsschrift), ist der Zulassungsgrund des § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylVfG i. V. m. § 138 Nr. 3 VwGO gleichfalls nicht gegeben. Denn das Gehörsrecht begründet im Grundsatz keine gerichtliche Hinweis- oder Belehrungspflicht. Etwas anderes gilt nur im Ausnahmefall zur Vermeidung einer Überraschungsentscheidung, etwa wenn ein Gericht auf einen rechtlichen Gesichtspunkt abzustellen beabsichtigt, mit dem auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter selbst unter Berücksichtigung der Vielzahl vertretbarer Rechtsauffassungen nicht zu rechnen braucht, oder wenn ein Gericht entsprechend unvorhersehbare Anforderungen an den Sachvortrag stellt (vgl. zu Vorstehendem: Senatsbeschluss vom 25. Oktober 2005 - 7 UZ 2516/05 -; BVerfG, Beschluss vom 29. Mai 1991 - 1 BvR 1383/90 - BVerfGE 84, 188 [190], Beschluss vom 19. Mai 1992 - 1 BvR 986/91 - BVerfGE 86, 133 [144]).

Ein einen gerichtlichen Hinweis erfordernder Ausnahmefall lag hier nicht vor, da sich das Verwaltungsgericht einer auch publizierten ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Auslegung des § 53 Abs. 6 AuslG angeschlossen hat. Belegstellen für diese höchstrichterliche Rechtsprechung finden sich im Übrigen auf Seite 5 des amtlichen Urteilsumdrucks.

f. Schließlich liegt auch der vom Kläger unter Nr. III.2.7. (Bl. 19 f. der Antragsschrift) geltend gemachte Zulassungsgrund der fehlenden Entscheidungsbegründung nach § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylVfG i. V. m. § 138 Nr. 6 VwGO nicht vor.

Dieser Zulassungsgrund ist gegeben, wenn "die Entscheidung nicht mit Gründen versehen ist". Die Vorschrift des § 138 Nr. 6 VwGO bezieht sich auf den notwendigen formellen Inhalt eines Urteils nach § 117 Abs. 2 Nr. 5 VwGO. Danach müssen im Urteil diejenigen Entscheidungsgründe schriftlich niedergelegt werden, welche für die richterliche Überzeugungsbildung leitend gewesen sind. Sinn dieser Regelung ist es, die Beteiligten über die dem Urteil zu Grunde liegenden tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen zu unterrichten und dem Rechtsmittelgericht die Nachprüfung der Entscheidung auf ihre inhaltliche Richtigkeit in prozessrechtlicher und materiell-rechtlicher Hinsicht zu ermöglichen. Nicht mit Gründen versehen im Sinne des § 138 Nr. 6 VwGO ist eine Entscheidung demgemäß nur, wenn sie so mangelhaft begründet ist, dass die Entscheidungsgründe diese Doppelfunktion nicht mehr erfüllen können. Das ist allerdings nicht nur dann der Fall, wenn dem Tenor der Entscheidung überhaupt keine Gründe beigegeben sind, sondern auch dann, wenn die Begründung völlig unverständlich und verworren ist, so dass sie nicht erkennen lässt, welche Überlegungen für die Entscheidung maßgebend gewesen sind. Ein solcher Fall liegt indes nur vor, wenn die Entscheidungsgründe rational nicht nachvollziehbar, sachlich inhaltslos oder aus sonstigen Gründen derart unbrauchbar sind, dass die angeführten Gründe unter keinem denkbaren Gesichtspunkt geeignet sind, den Urteilstenor zu tragen. Hingegen verletzt ein Urteil § 138 Nr. 6 VwGO nicht schon dann, wenn die Entscheidungsgründe lediglich unklar, unvollständig, oberflächlich oder unrichtig sind (vgl. BVerwG, Beschluss vom 5. Juni 1998 - BVerwG 9 B 412.98 - NJW 1988, 3290; Beschluss vom 4. Dezember 1998 - BVerwG 8 B 187.98 - NVwZ-RR 2000, 257; Hess. VGH, Beschlüsse vom 28. Januar 1998 - 12 UZ 1793/97.A - NVwZ-RR 1998, 466, vom 17. Januar 2005 - 9 UZ 1436/02.A -, vom 22. März 2005 - 9 UZ 2996/03.A - sowie vom 2. Juni 2005 - 9 UZ 717/05.A -).

Nach diesem Maßstab weisen die Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils des Verwaltungsgerichts Kassel keine Mängel auf, die die Voraussetzungen für den Zulassungsgrund der fehlenden Entscheidungsbegründung erfüllen. Überdies verhalten sich die Entscheidungsgründe des Urteils - entgegen der Darstellung des Klägers in der Antragsschrift - auch zur Frage der Retraumatisierung sowie zur Stellungnahme der Frau Dr. S. vom 18. November 2004.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b Abs. 1 AsylVfG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 78 Abs. 5 Satz 2, 80 AsylVfG).

Ende der Entscheidung

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