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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 02.04.2007
Aktenzeichen: 8 FM 5204/06.W(1)
Rechtsgebiete: VwGO


Vorschriften:

VwGO § 60
VwGO § 146 Abs. 4 Satz 6
Das Oberverwaltungsgericht ist nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO auch dann, wenn hinreichende Gründe gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts dargelegt worden sind, nur berechtigt und verpflichtet, die dargelegten Gründe einer tiefer gehenden Überprüfung zu unterziehen, wobei sich auch diese Prüfung nur auf die fristgemäß dargelegten Gründe erstreckt (Abgrenzung zur bisherigen Rechtsprechung des Senats).

Auch wenn durch die Beschwerdebegründung die erstinstanzliche Entscheidung erschüttert worden ist, kann dies nicht dazu führen, dass nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist erstmalig vorgetragene Beschwerdegründe von dem zweitinstanzlichen Verwaltungsgericht berücksichtigt werden müssen.

Es bleibt offen, ob bei einer wegen fristgemäßer und ausreichender Darlegung von Beschwerdegründen zulässigen Beschwerde in Bezug auf den verspäteten Vortrag anderer Beschwerdegründe eine Wiedereinsetzung nach § 60 VwGO statthaft ist.

Ist davon auszugehen, dass auch unter Zugrundelegung einer durchschnittlichen Veranstaltungsdauer von je 14 Wochen im Semester in jeder Woche die im Studienplan genannten Seminarstunden stattfinden, können die in den Curriculareigenanteil einfließenden CNW-Anteile nicht - mit der Folge einer Kapazitätserhöhung - gekürzt werden.

Eine Korrektur der in der Schwundstatistik enthaltenen Zahlen ist erforderlich, wenn sogenannte "schwundfremde Faktoren" in der Statistik miterfasst worden sind. Letzteres ist der Fall, wenn durch gerichtliche Entscheidungen 40 Bewerber und im Vergleichswege 8 Studienanfänger zusätzlich zugelassen wurden. Sie sind jedenfalls in dem - höheren - Semester, in dem sie sich zur Zeit der tatsächlichen Zulassung zum Studium befänden, wenn sie unmittelbar auf ihren bei der Hochschule gestellten Antrag zugelassen worden wären, unberücksichtigt zu lassen und an dieser Stelle aus der Schwundstatistik herauszunehmen.

Zusätzlich ermittelte Studienplätze sind auf den vorklinischen Studienabschnitt (1. bis 4. Fachsemester) beschränkt, wenn für diese zusätzlichen Studienplätze keine klinische Ausbildungskapazität vorhanden ist.


HESSISCHER VERWALTUNGSGERICHTSHOF BESCHLUSS

8 FM 5204/06.W(1)

In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen vorläufiger Zulassung zum Studium der Medizin nach den Rechtsverhältnissen des Wintersemesters 2006/2007, 1. Fachsemester,

hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof - 8. Senat - durch

Richter am Hess. VGH Dr. Nassauer als Vorsitzenden, Richter am Hess. VGH Schröder Richter am Hess. VGH Dr. Dieterich

am 2. April 2007

beschlossen:

Tenor:

1. Der mit Schriftsatz vom 27. Februar 2007 gestellte Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird abgelehnt.

2. Auf die Beschwerde der antragstellenden Partei wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 17. Januar 2007 abgeändert.

Der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung aufgegeben,

a) innerhalb von 10 Tagen nach Zustellung dieses Beschlusses an sie eine Rangfolge zwischen den antragstellenden Parteien folgender Verfahren auszulosen:

8 FM 5204/06.W(1)

8 FM 5374/06.W(1)

8 FM 5386/06.W(1)

8 FM 5354/06.W(1)

8 FM 5368/06.W(1)

8 FM 5023/06.W(1)

8 FM 5153/06.W(1)

8 FM 5376/06.W(1)

8 FM 5206/06.W(1)

8 FM 5133/06.W(1)

8 FM 4337/06.W(1)

8 FM 5317/06.W(1)

8 FM 4260/06.W(1)

8 FM 4268/06.W(1)

8 FM 4680/06.W(1)

8 FM 5322/06.W(1)

8 FM 5385/06.W(1)

8 FM 4381/06.W(1)

8 FM 5373/06.W(1)

8 FM 4969/06.W(1)

8 FM 5150/06.W(1)

8 FM 5143/06.W(1)

8 FM 5200/06.W(1)

8 FM 5371/06.W(1)

8 FM 4359/06.W(1)

8 FM 5042/06.W (1)

8 FM 5044/06.W (1)

8 FM 5205/06.W (1)

8 FM 4345/06.W (1)

8 FM 5387/06.W (1)

8 FM 5289/06.W (1)

8 FM 5185/06.W(1)

8 FM 4385/06.W (1)

8 FM 5339/06.W(1)

8 FM 5198/06.W(1)

8 FM 4676/06.W(1)

8 FM 4338/06.W(1)

8 FM 4256/06.W(1)

8 FM 4262/06.W(1)

8 FM 5355/06.W(1)

8 FM 5202/06.W(1)

8 FM 5041/06.W(1)

8 FM 4365/06.W(1)

8 FM 5226/06.W(1)

8 FM 4368/06.W(1)

8 FM 5366/06.W(1)

8 FM 4336/06.W(1)

8 FM 5228/06.W(1)

8 FM 5187/06.W(1)

8 FM 4968/06.W(1)

8 FM 5227/06.W (1)

8 FM 4363/06.W (1)

und der antragstellenden Partei das Ergebnis der Auslosung unverzüglich bekanntzugeben,

b) soweit auf die antragstellende Partei bei der Auslosung einer der ersten 5 Rangplätze entfällt,

aa) die Bekanntgabe des Auslosungsergebnisses im Wege der Zustellung durch die Post mit Zustellungsurkunde vorzunehmen,

bb) die antragstellende Partei vorläufig bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über den von ihr geltend gemachten Zulassungsanspruch zum Studium der Medizin beschränkt auf den vorklinischen Studienabschnitt zuzulassen, wenn sie innerhalb einer Woche nach Zustellung des Auslosungsergebnisses bei der Antragsgegnerin die Immatrikulation beantragt und hierbei versichert, dass sie an keiner anderen Hochschule im Geltungsbereich des Hochschulrahmengesetzes vorläufig oder endgültig zum Studium der Humanmedizin zugelassen sei,

c) soweit nicht vorrangige Bewerber in der vorstehend beschriebenen Weise die Immatrikulation beantragen, die antragstellende Partei entsprechend ihrem Rang unverzüglich nachrücken zu lassen, wenn sie die Immatrikulation in derselben Weise beantragt.

Soweit auf die antragstellende Partei keiner der ersten 5 Rangplätze entfällt, wird der Antragsgegnerin gestattet, die antragstellende Partei während des Nachrückverfahrens schriftlich im Wege der Zustellung mit Postzustellungsurkunde aufzufordern, sich mit der Teilnahme am Nachrückverfahren einverstanden zu erklären. Geht die Einverständniserklärung nicht innerhalb einer Woche nach Zustellung bei der Antragsgegnerin ein, ist die antragstellende Partei von der Teilnahme am Nachrückverfahren ausgeschlossen.

Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

3. Die antragstellende Partei hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

4. Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 5.000,00 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Die antragstellende Partei hat bei dem Verwaltungsgericht Frankfurt am Main den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt, um bei der Antragsgegnerin zum Wintersemester 2006/2007 ihre vorläufige Zulassung zum 1. Fachsemester im Studiengang Medizin herbeizuführen. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag abgelehnt. Dagegen richtet sich die Beschwerde der antragstellenden Partei.

II.

Die Beschwerde ist zulässig. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 17. Januar 2007 wurde den Bevollmächtigten der antragstellenden Partei mit Empfangsbekenntnis am 22. Januar 2007 zugestellt. Die zweiwöchige Beschwerdefrist lief folglich am 5. Februar 2007, die Beschwerdebegründungsfrist am 22. Februar 2007 ab. Die Beschwerde vom 5. Februar 2007 ist per Telefax am 5. Februar 2007 und damit rechtzeitig bei dem Verwaltungsgericht eingegangen. Die Beschwerdebegründung vom 5. Februar 2007 ist per Post am 15. Februar 2007 bei dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof eingegangen. Sie ist daher ebenfalls fristgemäß.

Verspätet ist jedoch der erst am 28. Februar 2007 und damit nach Ablauf der am 22. Februar 2007 endenden Beschwerdebegründungsfrist bei dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof eingegangene Schriftsatz der antragstellenden Partei vom 27. Februar 2007, mit dem die Beschwerde ergänzend begründet wird. In diesem Schriftsatz wird ein neuer Gesichtspunkt angesprochen, der in der Beschwerdebegründung vom 5. Februar 2007 nicht enthalten ist, nämlich sinngemäß die Frage, ob mehr als die vom Verwaltungsgericht angenommenen 13 Studierenden des Studiengangs Zahnmedizin den Dienstleistungsexport der Lehreinheit Vorklinische Medizin nicht in Anspruch nehmen. Unabhängig davon, ob- wovon die antragstellende Partei im Schriftsatz vom 27. Februar 2007 ausgeht - durch die Beschwerdebegründung die erstinstanzliche Entscheidung erschüttert worden ist, kann dies nicht dazu führen, dass nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist erstmalig vorgetragene Gesichtspunkte von dem zweitinstanzlichen Verwaltungsgericht berücksichtigt werden müssen. Soweit der Senat in seiner bisherigen Rechtsprechung (vgl. Hess. VGH, Beschlüsse vom 25. Juli 2006 - 8 FM 3696/05.W (1) -, 4. Mai 2006 - 8 Kz 1285/05.W9 -, 3. Dezember 2002 - 8 TG 2413/02 - NVwZ-RR 2003, 756 = juris) anders zu verstehen gewesen sein sollte, hält er diese Auffassung jedenfalls nicht mehr aufrecht.

Die Beschwerdebegründung muss gemäß § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern und aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzen. Das Beschwerdegericht ist in seiner Prüfungskompetenz gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO zunächst auf die Prüfung beschränkt, ob die form- und fristgerecht dargelegten Beschwerdegründe - in Anlehnung an die Darlegungsvoraussetzungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 in Verbindung mit § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO - geeignet sind, tragende Erwägungen des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten so in Frage zu stellen, dass die Richtigkeit des angefochtenen Beschlusses erfolgreich in Zweifel gezogen wird (vgl. die zitierten Senatsentscheidungen). Nur wenn dies der Fall ist, ist das Beschwerdegericht befugt, aber auch verpflichtet, die Erfolgsaussichten der Beschwerde anhand der fristgemäß dargelegten Beschwerdegründe von Amts wegen umfassend selbst zu prüfen. Die eindeutig und ausdrücklich in § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO getroffene Regelung, wonach das Oberverwaltungsgericht nur die dargelegten Gründe prüft, ist nach dem Gesetzeswortlaut nicht auf die Prüfungsphase beschränkt, in der es - zunächst - darum geht, ob ernstliche Zweifel gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vorgetragen worden sind und damit die Entscheidung des Verwaltungsgerichts erschüttert worden ist. Vielmehr ist das Oberverwaltungsgericht nach dem Gesetzeswortlaut auch dann, wenn (hinreichende) Gründe gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts dargelegt worden sind, nur berechtigt und verpflichtet, die dargelegten Gründe einer tiefer gehenden Überprüfung zu unterziehen, wobei sich auch diese Prüfung nur auf die fristgemäß dargelegten Gründe erstreckt, wie sich § 146 Abs. 4 Sätze 1 bis 4 VwGO entnehmen lässt (vgl. auch OVG B-Stadt, Beschluss vom 17. Juli 2006 - 3 X 3/06 u. a. - WissR 2006, 265 = juris; VGH München, Beschluss vom 10. August 2006 - 7 CE 06.10016 u. a. - juris; OVG Lüneburg, Beschluss vom 1. Juni 2004 - 2 NB 889/04 - DVBl. 2004, 1252 = juris; OVG Münster, Beschluss vom 28. Mai 2004 - 13 C 20/04 - juris; Kopp/Schenke, VwGO, 14. Aufl., 2005, Rdnr. 43 zu § 146; gegen eine zweistufige Prüfung Bader, in: Bader/Funke-Kaiser/Kuntze/von Albedyll, Verwaltungsgerichtsordnung, 3. Auflage, 2005, Rdnr. 34 zu §146 VwGO). Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass im Beschwerdeverfahren gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO nur die vom Beschwerdeführer dargelegten Gründe zu prüfen sind (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. August 2003 - 1 BvQ 30/03 - NJW 2003, 3689 ff. = juris).

Im Übrigen bleibt es bei der bisherigen Rechtsprechung des Senats. Danach kann von einem Beschwerdeführer erwartet werden, dass er sich im Rahmen des prozessual Möglichen und Zumutbaren Kenntnis von den für die Kapazitätsberechnung maßgeblichen Unterlagen verschafft, sich in der Beschwerdebegründung im Einzelnen mit den Ausführungen des Verwaltungsgerichts auseinandersetzt und substantiierte, schlüssige und erhebliche Einwände gegen die jeweiligen kapazitätsbestimmenden Faktoren und Berechnungsschritte erhebt. Das heißt, der Beschwerdeführer muss in Auseinandersetzung mit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts darlegen, wie und an welcher Stelle des Berechnungsvorgangs und warum anders sowie mit welchen Zahlen und Werten zu rechnen ist, und warum sich dadurch welche andere Studienplatzzahl ergeben soll (vgl. zu diesen Voraussetzungen Hess. VGH, Beschlüsse vom 19. September 2006 - 8 GZ 654/06.S6 -, 25. Juli 2006, a. a. O., 4. Oktober 2005 - 8 FZ 4859/04.W -, 23. März 2005 - 8 GM 4626/03.W3 -; OVG Münster, Beschluss vom 28. Mai 2004, a. a. O.).

Nach allem ist der Vortrag im Schriftsatz vom 27. Februar 2007 verspätet. Der insofern auf Seite 4 dieses Schriftsatzes vorsorglich gestellte Wiedereinsetzungsantrag ist abzulehnen. Dabei kann dahinstehen, ob bei einer - wie hier - wegen fristgemäßer und ausreichender Darlegung von Beschwerdegründen zulässigen Beschwerde in Bezug auf den verspäteten Vortrag anderer Beschwerdegründe überhaupt eine Wiedereinsetzung nach § 60 VwGO möglich ist. Denn insofern sind hier Wiedereinsetzungsgründe nicht glaubhaft gemacht (§ 60 Abs. 2 Satz 2 VwGO). Der Bevollmächtigte der antragstellenden Partei war nicht im Sinne von § 60 Abs. 1 VwGO ohne Verschulden verhindert, die gesetzliche Beschwerdebegründungsfrist von einem Monat einzuhalten. Er trägt im dritten Absatz auf Seite 3 des Schriftsatzes vom 27. Februar 2007 ausdrücklich vor, dass die Verfügung des erstinstanzlichen Gerichts, mit der er einen weiteren Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten der Antragsgegnerin vom 2. Februar 2007 erhalten habe, bei ihm ("beim Unterzeichner") am 16. Februar 2007 eingegangen sei. Warum es ihm dann nicht innerhalb von sechs Tagen, nämlich bis zum Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist am 22. Februar 2007, möglich gewesen sein soll, auch zu den Ausführungen im Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 2. Februar 2007 Stellung zu nehmen, lässt sich der Begründung des Wiedereinsetzungsantrags vom 27. Februar 2007 nicht entnehmen. Auch die "närrischen Tage", an denen das Büro des Bevollmächtigten geschlossen gewesen sein soll, und die Arbeit an einem Buch stellen keine vernünftigen Gründe dafür dar, dass für die Dauer von sechs Tagen eine Ergänzung der Beschwerdebegründung nicht möglich gewesen sein soll.

Aus den gleichen Gründen ist auch der die Doppel- und Zweitstunden betreffende Vortrag der antragstellenden Partei zu III. im Schriftsatz vom 21. März 2007 sowie zu II. im Schriftsatz vom 29. März 2007 verspätet und unbeachtlich.

Die von der antragstellenden Partei in der Beschwerdebegründung vom 5. Februar 2007 und im Schriftsatz vom 21. März 2007 - jeweils zu I. - und im Schriftsatz vom 29. März 2007 (zu III.) zu den CNW-Anteilen (CAp) betreffend die vorklinischen Seminare erhobenen Einwände sind nicht stichhaltig. Die antragstellende Partei meint, dass bei einer anerkannten Semesterdauer von 14 Semesterwochen einerseits und der auf 12 Semesterwochen konzipierten Seminare die CNW-Anteile für diese Seminare im Verhältnis 12:14 zu kürzen seien. Auf diese von dem früher für das Studienzulassungsrecht zuständigen 6. Senat des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs problematisierte Frage (vgl. insbesondere Hess. VGH, Beschluss vom 10. August 1992 - Fa 11 G 117/91 T -, Leitsätze veröffentlicht in DVBl. 1993, 67) kommt es hier jedoch schon deshalb nicht an, weil der von der Antragsgegnerin mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 21. November 2006 vorgelegte (quantifizierte) "Studienplan 1. Studienabschnitt - Frankfurt am Main (Studienordnung neue ÄAppO-Entwurf 12.7.05)" für die Seminare jeweils eine bestimmte Anzahl Semesterwochenstunden und eine bestimmte Gruppengröße enthält und keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, dass es Semesterwochen gibt, in denen diese Seminare nicht stattfinden. Das heißt, es ist davon auszugehen, dass auch unter Zugrundelegung einer durchschnittlichen Veranstaltungsdauer von je 14 Wochen im Semester in jeder Woche die im Studienplan genannten Seminarstunden stattfinden. Nur dann, wenn eine begrenzte Zahl von Seminarstunden angeboten würde, wäre der Frage nachzugehen, ob diese begrenzte Zahl auf die durchschnittliche Zahl der Semesterwochen umgelegt werden müsste, was zu einer entsprechenden verhältnismäßigen Kürzung der Anzahl der je Semesterwoche angebotenen Seminarstunden führen könnte.

Die Antragsgegnerin hat auf Seite 3 ihres Schriftsatzes vom 20. März 2007 zu Recht darauf hingewiesen, dass der genannte Studienplan für das Fach Anatomie bei den Seminaren das "Seminar Anatomie" (2 SWS), das "Seminar mit klinischem Bezug" (2 SWS) und das "Integrierte Seminar" (1 SWS) enthält, sowie, dass das Gleiche für die Fächer Biochemie und Physiologie gilt, mit dem einzigen Unterschied, dass in diesen Fächern das "Integrierte Seminar" eine Dauer von 1,33 SWS hat. Die entsprechenden CNW-Anteile ergäben sich gleichfalls aus dem Studienplan. Diese Seminare würden gemäß Studienordnung durchgeführt und seien in vollem Umfang im CNW-Anteil des ersten Studienabschnitts zu berücksichtigen.

Diese Ausführungen sind unter Berücksichtigung der obigen Erwägungen überzeugend. Auf die Frage, ob in der Vergangenheit - entgegen der zitierten früheren Rechtsprechung des 6. Senats des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs - eine verhältnismäßige Kürzung der die Seminare betreffenden CNW-Anteile vorzunehmen war, kommt es nach allem nicht (mehr) an.

Lediglich zur Abrundung weist der Senat ergänzend darauf hin, dass nach der überzeugenden Äußerung der Antragsgegnerin auf Seite 3 oben des Schriftsatzes vom 20. März 2007 Anlage 1 zu § 2 Abs. 1 Satz 2 ÄAppO 2002 nur noch eine Gesamtstundenzahl von mindestens 630 enthält, nicht aber eine Gesamtstundenzahl einzelner Teilbereiche in der Vorklinik, wie sie noch in Anlage 1 zu § 2 Abs. 1 Satz 2 ÄAppO 1989 vorgegeben war. Auch dieser Gesichtspunkt spricht dafür, dass in allen Semesterwochen, also auch in der 13., 14. oder sogar einer weiteren Woche die angegebenen Seminarstunden angeboten werden. Das heißt, ein Bedürfnis, eine 12 Semesterwochen betreffende Maximalstundenzahl auf mehr als 12 Semesterwochen umzurechnen, was im Durchschnitt je Woche eine Verringerung der Stundenzahl ergäbe, besteht jedenfalls im streitgegenständlichen Wintersemester 2006/2007 nicht.

Allerdings hat die antragstellende Partei bereits in der Beschwerdebegründung vom 5. Februar 2007 (zu II.), aber auch im Schriftsatz vom 21. März 2007 (zu II.) und im Schriftsatz vom 26. März 2007 zu Recht darauf hingewiesen, dass die Schwundstatistik zu berichtigen ist, soweit die Studentenzahl von 355 im 2. Fachsemester des Sommersemesters 2005 zum 3. Fachsemester im Wintersemester 2005/2006 auf 389 angewachsen ist.

Nach der Rechtsprechung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs ist eine Korrektur der in der vorgelegten Schwundstatistik enthaltenen Zahlen erforderlich, wenn sogenannte "schwundfremde Faktoren" (zum Beispiel Zulassung von Ortswechslern und Quereinsteigern über die für höhere Fachsemester abgestuft festgesetzten Zulassungszahlen hinaus; Einbeziehung von durch gerichtliche Entscheidung ausgewiesenen Studenten ohne gesonderte Schwundberechnung; Buchung auch solcher Studenten in klinischen Semestern, die die Vorprüfung noch nicht abgelegt haben) in der Statistik miterfasst worden sind. Dabei wird davon ausgegangen, dass aufgrund einer sorgfältig erstellten Studentenstatistik mit Hilfe des "Hamburger Modells", das gewisse Zufälligkeiten ausgleicht, grundsätzlich Rückschlüsse auf künftige tatsächliche Abläufe möglich sind, wobei solche schwundfremde Faktoren, die nicht besonders ins Gewicht fallen, vernachlässigt werden können (vgl. Hess. VGH, Beschlüsse vom 28. September 2005 - 8 GM 4323/04.W4 -, 25. Mai 2005 - 8 MM 3578/04.W4 -, und vom 9. Oktober 1986 - Gc 42 G 6650/84 T - Seite 15 f. des amtlichen Umdrucks).

Hier handelt es sich - worauf die antragstellende Partei zu Recht hinweist - um einen ins Gewicht fallenden Faktor, denn der Anstieg der Studentenzahl um 34 anstatt einer Verringerung ist außergewöhnlich und bedarf der Erläuterung. Diese hat die Antragsgegnerin in den Schriftsätzen vom 20. März 2007 und 28. März 2007 gegeben, wobei auch das von der antragstellenden Partei in den Schriftsätzen vom 21., 26. und 29. März 2007 Gesagte berücksichtigt wird. Nach diesen Schriftsätzen ist die Zahl der 389 Studierenden im 3. Fachsemester des Wintersemesters 2005/2006 darauf zurückzuführen, dass die Antragsgegnerin aufgrund der Entscheidungen des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 11. August 2005 im Wintersemester 2005/2006 nach den Rechtsverhältnissen des Wintersemesters 2004/2005 noch 40 weitere Bewerber im Wege des Losverfahrens als Medizinstudenten aufgenommen hat und im Vergleichswege weitere 8 Studienanfänger, die während des die Rechtsverhältnisse des Wintersemesters 2004/2005 betreffenden Beschwerdeverfahrens ebenfalls im Laufe des Wintersemesters 2004/2005 zum Studium zugelassen worden sind.

Es trifft zwar zu, dass die aufgrund gerichtlicher Entscheidung des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 11. August 2005 nach den Rechtsverhältnissen des Wintersemesters 2004/2005 zusätzlich aufgenommenen 40 Studierenden nicht nachträglich der Erstsemesterzahl des Wintersemesters 2004/2005 hinzugeschlagen werden durften, was auch für die genannten 8 vergleichsweise zugelassenen Studienanfänger gilt. Nach allem sind aber die als atypische Entwicklung anzusehenden 48 Studienplätze aus dem 3. Fachsemester des Wintersemesters 2005/2006 herauszunehmen, so dass an dieser Stelle der Schwundstatistik 341 besetzte Studienplätze zu berücksichtigen sind. Ob diese 48 Studenten im 1. Fachsemester des Wintersemesters 2005/2006 berücksichtigt werden müssen, wie der Berichterstatter in seiner Aufklärungsverfügung vom 21. März 2007 angedeutet hat, kann dahinstehen, weil die Bejahung dieser Frage den Schwundfaktor für das vorliegende Semester nicht verändern würde. Aus dem Gesagten ergibt sich, dass anstatt der vom Verwaltungsgericht ermittelten 433 Studienplätze von 438 Studienplätzen für Studienanfänger auszugehen ist, so dass - 433 Studienplätze sind besetzt - noch 5 Studienplätze im Wege der Auslosung unter den verbliebenen antragstellenden Partei zu verteilen sind. Wegen der Einzelheiten der Berechnung wird auf den am Ende des Beschlusses abgedruckten Berechnungsbogen Bezug genommen.

Bei den ermittelten 5 zusätzlichen Studienplätzen handelt es sich um Teilstudienplätze, also um Studienplätze, die auf den vorklinischen Studienabschnitt (1. bis 4. Fachsemester) beschränkt sind. Dies beruht darauf, dass für diese 5 zusätzlichen Studienplätze keine klinische Ausbildungskapazität vorhanden ist. Insofern verweist der Senat auf das vom Verwaltungsgericht in anderem Zusammenhang auf den Seiten 3 und 4 des angefochtenen Beschlusses bzw. auf den Seiten 46 und 47 des im Rubrum alle Antragsteller enthaltenden Sammelbeschlusses Ausgeführte. Danach ergibt sich im 5. Fachsemester eine Studienplatzkapazität von 261 Studienplätzen. Tatsächlich waren indessen am 15. November 2006 im 5. Fachsemester 359 Studienplätze besetzt, so dass die antragstellende Partei, der mit dem vorliegenden Beschluss eine Loschance für die Studienplätze 434 bis 438 zugesprochen wird, keine klinische Ausbildungskapazität beanspruchen kann.

Der antragstellenden Partei sind nach § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO die Kosten des Beschwerdeverfahrens ganz aufzulegen, weil die Antragsgegnerin nur zu einem geringen Teil unterlegen ist. Bei den noch anhängigen 52 gerichtlichen Eilverfahren geht es um 52 Vollstudienplätze, so dass insofern unter Zugrundelegung des nach der Rechtsprechung des Senats in jedem Einzelfall anzunehmenden Streitwertes von 5.000,00 € der (fiktive) Gesamtstreitwert 260.000,00 € beträgt (52 X 5.000,00 € = 260.000,00 €). Die Antragsgegnerin ist nach der vorliegenden Entscheidung verpflichtet, 5 Teilstudienplätze, also 5 Studienplätze mit einem Teilstreitwert von je 2.000,00 € zur Verfügung zu stellen. Das heißt, die Antragsgegnerin verliert insgesamt in Bezug auf einen Streitwertanteil von 10.000,00 €. Dies entspricht 1/26 des Gesamtstreitwerts und betrifft damit nur einen geringen Teil des Streitgegenstands.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 3 Nr. 1 in Verbindung mit § 52 Abs. 1 und § 47 Absätze 1 und 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Ende der Entscheidung

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