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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 29.03.2000
Aktenzeichen: 8 TZ 815/00
Rechtsgebiete: GG, HGO


Vorschriften:

GG Art. 28 Abs. 1
HGO § 29
HGO § 35
Es ist unzulässig, dass ein Gemeindeorgan wie der Oberbürgermeister einzelnen Abgeordneten gegen ihren Willen Informationen ganz oder zeitweise vorenthält, die es anderen Abgeordneten unmittelbar oder mittelbar zukommen lässt.
Gründe:

I.

Die Antragsteller bilden eine Fraktion in der Stadtverordnetenversammlung der Stadt, deren Oberbürgermeister der Antragsgegner ist. Ihnen war bekannt geworden, dass der Antragsgegner Vertreter aller Fraktionen außer der ihren zu sogenannten "interfraktionellen Runden" eingeladen hatte. Die Einladungen enthielten Tagesordnungen, die auch Punkte der folgenden Stadtverordnetenversammlungssitzungen betrafen. Bei einer der Sitzungen wurde mindestens ein Gutachten in seinen wesentlichen Ergebnissen vorgestellt mit dem Ziel, die Entscheidungsfindungen der Stadtverordnetenversammlung vorzubereiten.

Die Antragsteller haben im Hinblick auf eine für den 28. Januar 2000 vorgesehene "interfraktionelle Sitzung" am 27. Januar 2000 einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt um zu erreichen, dass ein Antragsteller bzw. eine Antragstellerin an den interfraktionellen Sitzungen teilnehmen könne. Sie machen geltend, dass durch die interfraktionellen Sitzungen ihr Informationsrecht und das Prinzip der Öffentlichkeit von Entscheidungen verletzt werde. Nur durch eine Teilnahme aller Fraktionen an der Entscheidungsvorbereitung für die Stadtverordnetenversammlung könne gewährleistet werden, dass auch in der öffentlichen Sitzung der Stadtverordnetenversammlung die vollständige Argumentationsbreite sichtbar werde.

Die Antragsteller haben unter anderem beantragt,

den Antragsgegner zu verpflichten, mindestens einen der Antragsteller für alle weiteren interfraktionellen Sitzungen bis zum Ende der Wahlperiode, 30.03.2001, einzuladen.

Der Antragsgegner hat beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Er nehme für sich in Anspruch, den Kreis seiner Gesprächspartner selbst zusammenzustellen. In der "interfraktionellen Runde" würden Informationen ausgetauscht, jedoch keinerlei Entscheidungen getroffen. Die Entscheidungsfindung sei den zuständigen Gremien der Stadtverordnetenversammlung vorbehalten.

Das Verwaltungsgericht hat mit Beschluss vom 28. Januar 2000 dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung aufgegeben, ab sofort einen der Antragsteller zu den interfraktionellen Runden einzuladen und ihm die Teilnahme zu ermöglichen. Es ist davon ausgegangen, dass jeder Gemeindevertreter nach dem Gleichheitssatz sein Mandat in grundsätzlich gleicher Weise ausüben könne und keine unsachgemäßen Benachteiligungen in der Ausübung seines Amtes erfahren dürfe. Da die von dem Antragsgegner veranstalteten interfraktionellen Runden dazu dienten, Informationen zu vermitteln, die für die Meinungs- und Willensbildung der Gemeindevertreter von Bedeutung seien, dürfe grundsätzlich keine Fraktion ohne gewichtige Gründe von der Teilnahme ausgeschlossen werden. Grundsätzlich sei es zwar dem Antragsgegner unbenommen, informelle Treffen von Mitgliedern der Fraktionen abzuhalten und sich dabei auch seine Gesprächspartner selbst auszusuchen. Wenn die Runden jedoch institutionalisiert würden und dabei auch noch offiziell wichtige Informationen für die Arbeit in der Gemeindevertretung ausgetauscht würden, könne der Fraktion der Antragsteller ein Anspruch auf Teilnahme an diesen Runden nicht abgesprochen werden. Der Beschluss wurde dem Antragsgegner am 1. Februar 2000 zugestellt.

Er hat am 15. Februar 2000 beantragt,

die Beschwerde gegen den Beschluss zuzulassen und nach Zulassung der Beschwerde unter Aufhebung des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses den Antrag abzulehnen.

Er trägt vor, er habe die Vorsitzenden der Fraktionen mit Ausnahme des Vorsitzenden der Fraktion der Antragsteller zunächst telefonisch und später schriftlich eingeladen und anheimgestellt, ein weiteres Mitglied der Fraktion teilnehmen zu lassen. Die für den 28. Januar 2000 vorgesehene "interfraktionelle Runde" habe er nach Ergehen des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses abgesagt.

Der Antragsgegner macht geltend, es beständen ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Beschlusses des Verwaltungsgerichts, denn er habe das Recht, in einem Kreis, den er sich zusammenstelle, politische Sondierungsgespräche mit dem Ziel zu führen, Erkenntnisse darüber zu erhalten, welche Themen und Projekte politisch mehrheitsfähig seien. Die Antragsteller hätten in den politischen Gremien in ausreichendem Maße Gelegenheit, die für ihre Mandatsausübung erforderlichen Informationen einzuholen und könnten nicht beanspruchen, diese schon zu erhalten, wenn die interfraktionellen Runden stattfänden. Da es in der Stadtverordnetenversammlung keine klar strukturierten politischen Mehrheiten mehr gebe, sondern von Fall zu Fall mit wechselnden Mehrheiten entschieden werden müsse, müsse vorher ausgelotet werden, welche Thermen und Projekte politisch mehrheitsfähig seien. Entsprechende Gespräche setzten ein Vertrauensverhältnis zwischen ihm und den Teilnehmern der von ihm einberufenen Gesprächsrunde und zwischen den Teilnehmern untereinander voraus, weil sonst die Grundlage für ein offenes Wort fehle und ein freier Gedankenaustausch nicht stattfinden könne. Deswegen müsse er seine Gesprächspartner bestimmen können.

Durch die Gespräche würden auch keine Informationsansprüche verletzt, denn im Vorfeld der politischen Entscheidungsfindung sei der Informationsstand der Mandatsträger häufig unterschiedlich. Bei der Meinungsbildung würden Vorstellungen in gedanklichen Verästelungen entwickelt, bewertet und unter Umständen wieder verworfen, ohne dass es dafür feste Spielregeln gäbe und ohne dass sich von einer Gleichzeitigkeit des Informationsstandes ausgehen lasse. Entscheidend sei einzig und allein, dass in den Gremien im Rahmen des institutionalisierten Entscheidungsprozesses die Informationen gegeben würden, die für eine sachgerechte Beurteilung einer Angelegenheit erforderlich seien, und dass sichergestellt werde, dass unter Wahrnehmung der in § 50 Abs. 2 Hessische Gemeindeordnung - HGO - normierten Rechte weitere Informationen erlangt werden könnten.

Im Übrigen lasse sich entgegen der Meinung des Verwaltungsgerichts nicht davon ausgehen, dass die interfraktionellen Runden "institutionalisiert" seien. Die schriftliche Einladung und Festlegung einer Tagesordnung seien arbeitsmethodisch adäquate Mittel, um die Teilnahme und Vorbereitung auf die Gesprächsrunde zu ermöglichen. Auch der Begriff "interfraktionell" bedeute nur, dass das Gespräch über die einzelnen Fraktionen hinweg gesucht werde, ohne dass damit Rechte und Pflichten von Fraktionen im Sinne des Kommunalrechts berührt würden. Die Kommunalverfassung schreibe nicht vor, dass im Rahmen der politischen Betätigung alle Gruppierungen gleichermaßen beteiligt sein müssten, was auch nicht mit dem Grundsatz der Demokratie unter dem Aspekt der Ermöglichung eines freien Willensbildungsprozesses übereinstimmen würde. Der Antragsgegner hält allein für entscheidungserheblich, dass im Rahmen der Beratung in den Gremien "alle Fakten auf den Tisch gelegt und alle Aspekte beleuchtet werden, über die Kenntnis erlangt werden muss, damit eine eigenständige Meinungsbildung möglich ist." Dies sei trotz der "interfraktionellen Runde" sichergestellt, weil Beschlussvorlagen schriftlich unterbreitet würden und die Anlagen dazu, auf die in der Beschlussvorlage Bezug genommen werde, eingesehen werden können. Die Beantwortung darüber hinausgehender Fragen sei gewährleistet. Wenn die Rechtsprechung es zu Recht als unzulässig angesehen habe, auf Darlegungen, die im Vorfeld der Beratungen gemacht worden seien, Bezug zu nehmen, ergebe sich im Umkehrschluss, dass es nicht unzulässig sei und ihm deswegen nicht verwehrt werden könne, vorher in einem von ihm bestimmten Teilnehmerkreis intensive Vorerörterungen zu veranstalten.

Die Antragsteller beantragen,

den Zulassungsantrag abzulehnen,

hilfsweise,

für den Fall der Zulassung die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie tragen vor, der Antragsgegner erläutere selbst, dass die "interfraktionellen Runden" keine zufälligen informellen Treffen, sondern regelmäßige und zunehmend institutionalisierte Zusammenkünfte gewesen seien. Durch die Einladung eines weiteren Teilnehmers je Fraktion könne es im Extremfall auch zu informellen "Generalproben" der jeweils folgenden Stadtverordnetenversammlung kommen. Deren Sitzungen gerieten zur Farce, wenn ein Oberbürgermeister nach willkürlichen Kriterien Gremien schaffe, die er zeitlich und mengenmäßig bevorzugt mit Informationen versorge, um Beschlussfassungen der Stadtverordneten soweit vorzubereiten, dass die Gesamtheit der Stadtverordneten bei der formellen Beschlussfassung im Ergebnis nur noch in eine Statistenrolle gedrängt werde. Die bevorzugte Information für einen ausgewählten Kreis von Stadtverordneten sei mit dem Grundsatz des freien und gleichen Mandats nicht vereinbar und widerspreche den Informationspflichten des Magistrats. Der Oberbürgermeister könne sich entgegen seiner Ansicht auch nicht darauf berufen, dass er von den Gemeindebürgern direkt gewählt worden sei, denn das sei gleichermaßen bei den Stadtverordneten der Fall. Das gleiche gelte hinsichtlich der Verantwortung, auf die sich die anderen Gemeindeorgane ebenso berufen könnten wie der Oberbürgermeister. Soweit es dem Antragsgegner darum gehe, politische Stimmungen zu sondieren, habe er die Möglichkeit, dies im Einklang mit den Regelungen der Hessischen Gemeindeordnung zu tun. Soweit der Antragsgegner sich in diesem Zusammenhang auf eine notwendige Vertrauensbasis berufe, rechtfertige dies nicht die Ausgrenzung einer Fraktion, die bisher nicht gegen die Grundsätze der Vertraulichkeit verstoßen habe. Unter diesen Umständen stelle die interfraktionelle Runde einen Verstoß gegen den Grundsatz der freien Mandatsausübung und gegen das Informationsrecht dar.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Beschwerde hat keinen Erfolg, denn der Antragsgegner hat keine Gründe dargelegt, aus denen die Beschwerde zuzulassen ist (§ 146 Abs. 5 Satz 3 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -).

Die von dem Antragsteller allein geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts (§ 146 Abs. 4 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegen nicht vor. Der Erfolg einer Beschwerde ist nicht wahrscheinlicher als der Misserfolg.

Der Antragsgegner geht davon aus, dass die von ihm unter Ausschluss der Fraktion der Antragsteller veranstalteten "interfraktionellen Runden" rechtmäßig seien, weil er berechtigt sei, politische Sondierungsgespräche in einen von ihnen zusammengestellten Teilnehmerkreis zu führen. Er vertritt die Ansicht, dass er dadurch keine Rechte der Antragsteller verletze. Dabei verkennt er die Bedeutung der Informations- und Mitwirkungsrechte, die allen Stadtverordneten zustehen.

Welche Rechte Gemeindevertreter geltend machen können, hängt von ihrem durch die Rechtsordnung bestimmten Status und den ihnen durch Gesetz eingeräumten Rechten ab. Hinsichtlich der Mitwirkungs- und Informationsrechte ist ihre Rechtsstellung in der Gemeindevertretung der von Bundestagsabgeordneten im Parlament vergleichbar. Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muss den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne des Grundgesetzes entsprechen; nicht nur in den Ländern und Kreisen, sondern auch in den Gemeinden muss das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist (Art. 28 Abs. 1 Grundgesetz - GG -). In Erfüllung dieses Verfassungsgebots ist in § 29 Hessische Gemeindeordnung - HGO - geregelt, dass die Bürger der Gemeinde unter anderem durch die Wahl der Gemeindevertretung an der Verwaltung der Gemeinde teilnehmen. Dementsprechend werden die Gemeindevertreter in vergleichbarer Weise gewählt wie die Parlamentsabgeordneten. Sie üben ihre Tätigkeit nach ihrer freien, nur durch die Rücksicht auf das Gemeinwohl bestimmten Überzeugung aus und sind an Aufträge und Wünsche der Wähler nicht gebunden (§ 35 Abs. 1 HGO). Aus der Gemeinwohlbindung ergibt sich, dass sie wie die Bundestagsabgeordneten als Vertreter aller Gemeindeangehörigen zu handeln haben. Sind die Mitglieder der Gemeindevertretung in ihrer Gesamtheit Repräsentanten der Gemeindebevölkerung, dann gilt auch für sie, was nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfG, 10. Mai 1977 - 2 BvR 705/75 - , BVerfGE 44, 308 <316>, 13. Juni 1989 - 2 BvE 1/88 -, BVerfGE 80, 188 u.a.) für die Mitglieder des Parlaments gilt. Da nicht einzelne oder eine Gruppe von Abgeordneten oder die parlamentarische Mehrheit die Repräsentanten der Bevölkerung sind, haben alle gleiche Rechte und Pflichten. Dazu gehört nicht nur das Recht, in den Gremien, denen die Volksvertreter angehören, abzustimmen, sondern auch das Recht zu beraten, wobei Beratungen voraussetzen, dass über den Beratungsgegenstand die notwendigen Informationen zur Verfügung stehen. Das gilt insbesondere für die parlamentarische Minderheit (BVerfG, 14. Januar 1986 - 2 BvE 14/83 -, BVerfGE 324 = DVBl. 1986, 227). In diesem Zusammenhang ist es unerheblich, dass die ehrenamtlich tätigen (§ 35 Abs. 2 Satz 1 HGO) Gemeindevertreter hinsichtlich des Umfangs ihrer Aufgaben und deren Art nach - die Gemeindevertretung ist vor allem mit Verwaltungsaufgaben befasst - sich insoweit nicht mit "echten" Parlamentariern vergleichen lassen.

Aus der Rechtsstellung der Abgeordneten sowie der Funktion der Gemeindevertretung und ihrer Ausschüsse sowie dem Selbstorganisationsrecht der Gemeindevertretung durch eine Geschäftsordnung, die sich im gesetzlichen Rahmen hält, ergibt sich, dass die Information und Beratung der Angelegenheiten, mit der die Gemeindevertretung zu befassen ist, in diesen Gremien stattzufinden haben. Auch insoweit gilt das gleiche wie für den Bundestag, in dem gerade "das im parlamentarischen Verfahren gewährleistete Maß an Öffentlichkeit der Auseinandersetzung und Entscheidungssuche" die Möglichkeiten eines Ausgleichs widerstreitender Interessen eröffnet, eine Auseinandersetzung und Entscheidungssuche, die bei einem weniger transparenten Vorgehen sich nicht so ergäben (BVerfG, Beschluss vom 28. Oktober 1995 - 2 BvR 526/74 -, BVerfGE 40, 237 <249>, Urteil vom 14. Januar 1986 - 2 BvE 14/83 und 4/84 -, BVerfGE 70, 324 <355>).

Dem Informationsrecht der Gemeindevertreter dient auch, dass sie nicht nur an sämtlichen Sitzungen der Gemeindevertretung mitzuwirken berechtigt sind, sondern auch an den Sitzungen der Ausschüsse der Gemeindevertretung. Dies gilt auch, soweit sie den Ausschüssen nicht angehören und die Sitzungen nicht öffentlich sind (§ 62 Abs. 4 Satz 3 HGO).

Danach ist es unzulässig, dass ein Gemeindeorgan wie der Oberbürgermeister einzelnen Abgeordneten gegen ihren Willen Informationen ganz oder zeitweise vorenthält, die anderen Abgeordneten unmittelbar oder mittelbar gegeben werden. Der Antragsgegner räumt ein, dass dies geschieht, hält es aber für unbedenklich, weil letztlich in den Gremien der Stadtverordnetenversammlung hinreichende Informationsmöglichkeiten beständen. Dies trifft so jedoch nicht zu, weil der Zeitpunkt, zu dem Informationen erteilt werden, für vorbereitende Überlegungen, wie sie unter Ausschluss der Antragsteller angestellt werden, und interne Beratungen unter den Stadtverordneten von wesentlicher Bedeutung sind.

Wenn der Vorsitzende des Gemeindevorstands ein Gremium einrichtet, in dem Informations- und Beratungsfunktionen wahrgenommen werden, die grundsätzlich der Gemeindevertretung und ihren Ausschüssen vorbehalten sind, und dabei gezielt eine Fraktion ausgeschlossen wird, so widerspricht dies den dargelegten Mitwirkungsprinzipien. Das gilt auch, soweit es sich bei den ausgeschlossenen Gemeindevertretern um Personen handelt, die aus welchen Gründen auch immer einzelnen Gemeindeorganen oder der Mehrheit der Gemeindevertretung nicht genehm sind. Solange sie von der Teilnahme an Sitzungen nicht rechtmäßig ausgeschlossen werden zum Beispiel gemäß § 60 Abs. 1 HGO, kommt ihr Ausschluss grundsätzlich nicht in Betracht.

Ob die Antragsteller keinen Anspruch auf Teilnahme an den von dem Oberbürgermeister eingerichteten "interfraktionellen Runden" haben, weil diese in der jetzigen Form rechtswidrig sind und deswegen nur hätte beansprucht werden können, dass sie nicht stattfinden, steht in diesem Zulassungsantragsverfahren nicht zur Entscheidung des Senats, denn der Zulassungsantragsteller hat seinen Antrag nicht darauf gestützt.

Zur Klarstellung sei angemerkt, dass die Informations- und Beratungsrechte der Stadtverordneten weder das Recht der Fraktionen berühren, intern zu beraten und Mitglieder des Gemeindevorstands hinzuzuziehen (§ 36 a Abs. 1 HGO), noch informelle Kontakte zwischen Fraktionen oder einzelnen Abgeordneten ausschließen. Beabsichtigt jedoch der Oberbürgermeister oder der Magistrat, Fraktionen über irgendwelche Vorgänge zu informieren, dann dürfen diese Informationen einzelnen Fraktionen nicht gegen ihren Willen solange vorenthalten werden, bis die Vorgänge in der Stadtverordnetenversammlung behandelt werden, denn Beratungsbeiträge und die Entscheidungsfindung des Einzelnen hängen wesentlich davon ab, in welchem Umfang, in welcher Form und zu welchem Zeitpunkt ihm die zur Beurteilung der Verhandlungsgegenstände einer Sitzung erforderlichen Sachinformationen zur Verfügung gestellt werden (vgl. OVG Münster, Urteil vom 23. Juli 1991 - 15 A 2638/88 - NVwZ-RR 1992, 205). Eine Praxis, durch die einzelne Fraktionen gegen ihren Willen von frühzeitigen Informationen ausgeschlossen werden, widerspricht den grundsätzlich bestehenden Mitwirkungsrechten der Stadtverordneten und der Verfahrensweise, die durch Art. 28 GG sowie die Regelung der Hessischen Gemeindeordnung vorgegeben ist.

Der Antragsgegner hat die Kosten des erfolglosen Zulassungsverfahrens gemäß § 154 Abs. 2 VwGO zu tragen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 14 Abs. 3 und Abs. 1 i.V.m. § 13 Abs. 1 und § 20 Abs. 3 Gerichtskostengesetz - GKG -.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 25 Abs. 3 Satz 2 GKG).

Ende der Entscheidung

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