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Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 05.02.2004
Aktenzeichen: 8 UE 1018/01
Rechtsgebiete: AO, MOG, VO (EWG) Nr. 2204/90
Vorschriften:
AO § 239 Abs. 1 Satz 1 | |
MOG § 12 Abs. 1 | |
MOG § 14 Abs. 1 Satz 2 | |
VO (EWG) Nr. 2204/90 Art. 3 Abs. 3 |
2. Diese Zinsforderung gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 MOG unterliegt der einjährigen Festsetzungsfrist des § 239 Abs. 1 Satz 1 AO.
Hessischer Verwaltungsgerichtshof Im Namen des Volkes Urteil
In dem Verwaltungsstreitverfahren
wegen Marktordnungsrecht/Verzugszinsen
hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof - 8. Senat - durch
Vorsitzenden Richter am Hess. VGH Dr. Lohmann, Richter am Hess. VGH Dr. Nassauer, Richter am Hess. VGH Jeuthe, ehrenamtliche Richterin Hölzel, ehrenamtlichen Richter Ketter
auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 5. Februar 2004 für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 23. September 1999 - 1 E 3858/97 - abgeändert.
Der Zinsbescheid der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung vom 28. Juli 1997 in der Fassung ihres Widerspruchsbescheides vom 2. Dezember 1997 wird insoweit aufgehoben, als die festgesetzte und angeforderte Zinsforderung den Betrag von 4.462,50 DM (entspricht: 2.281,64 €) übersteigt.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die darüber hinausgehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat 1/5 und der Beklagte hat 4/5 der Kosten des gesamten Verfahrens zu tragen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Schuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht der jeweilige Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin wehrt sich gegen eine marktordnungsrechtliche Zinsforderung wegen einer verspäteten Abgabenzahlung.
Mit Bescheid vom 28. Oktober 1992 hatte die Bundesanstalt für Landwirtschaftliche Marktordnung (balm), die Rechtsvorgängerin der Beklagten, von der Klägerin auf Grund einer Verwendungsprüfung die Zahlung eines Unterschiedsbetrages gemäß Art. 3 Abs. 3 der VO (EWG) Nr. 2204/90, Art. 4 Abs. 1 der VO (EWG) Nr. 2742/90 und § 10 KaseinVV in Höhe von 84.506,24 DM gefordert. Bei der Prüfung sei festgestellt worden, dass die Klägerin ein als Kaseinat anzusehendes Milcheiweißprodukt ohne Genehmigung bei der Herstellung von Käse verwendet habe. Der Betrag sei bis zum 30. November 1992 auf das angegebene Konto der balm zu überweisen. Anschließend war am Ende des Bescheides unmittelbar vor der Rechtsbehelfsbelehrung wörtlich ausgeführt:
"Das Nichteinhalten der gesetzten Zahlungspflicht hat gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes zur Durchführung der Gemeinsamen Marktorganisationen (MOG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. August 1986 zur Folge, dass der angeforderte Betrag vom Fälligkeitstag an mit 3 % über dem jeweiligen Diskontsatz der Deutschen Bundesbank zu verzinsen ist."
Auf den Widerspruch der Klägerin hatte die balm den geforderten Betrag auf 59.576,97 DM ermäßigt und mit Bescheid vom 22. November 1994 den Widerspruch im Übrigen zurückgewiesen. Das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main hatte die Anfechtungsklage mit rechtskräftig gewordenem Urteil vom 24. Oktober 1996 - 1 E 3850/94 (1) - abgewiesen.
Nachdem die Klägerin den Betrag am 20. Mai 1997 gezahlt hatte, erließ die Beklagte unter dem 28. Juli 1997 den vorliegend streitigen Zinsbescheid, mit dem sie die in dem Bescheid vom 28. Oktober 1992 "dem Grunde nach geltend gemachten Zinsen" auf 20.051,10 DM festsetzte und anforderte. Zur Begründung berief sie sich auf § 14 Abs. 1 MOG und auf den am 1. Dezember 1992 eingetretenen Verzug.
Ihren dagegen mit der Begründung erhobenen Widerspruch, § 14 MOG sei nicht anwendbar, weil es nicht um die Rückforderung einer besonderen Vergünstigung, sondern um eine der Konventionalstrafe ähnliche Gebühr gehe, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 2. Dezember 1997 zurück. Da mit dem Bescheid vom 28. Oktober 1992 auch ein Zinsanspruch gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 MOG dem Grunde nach bestandskräftig festgestellt worden sei, komme es auf die Rechtmäßigkeit des Ausgangsbescheides in diesem Zusammenhang nicht mehr an.
Am 29. Dezember 1997 hat die Klägerin beim Verwaltungsgericht Frankfurt am Main Klage auf Aufhebung des Zinsbescheides erhoben und zur Begründung im Wesentlichen geltend gemacht:
In dem Ausgangsbescheid vom 28. Oktober 1992 sei nach dem objektiven Empfängerhorizont keine regelnde Feststellung der Verzinsungspflicht getroffen, sondern lediglich auf die gesetzliche Rechtsfolge des § 14 MOG hingewiesen worden.
Die Zinsforderung könne nicht auf § 14 Abs. 1 MOG gestützt werden. Satz 1 dieser Regelung scheide aus, weil es sich bei dem eingeforderten Betrag nicht um die Rückerstattung einer besonderen Vergünstigung handele. Es liege auch keine Abgabe im Sinne des Satzes 2 vor. Abgaben seien entweder Steuern und Zölle oder Gebühren und Beiträge sowie Sonderabgaben. Bei der Zahlungspflicht nach Art. 3 Abs. 3 der VO (EWG) Nr. 2204/90 handele es sich nach dem in den Erwägungsgründen erklärten Willen der EG-Kommission und nach dem Wortlaut der Vorschrift aber um eine Strafe. Zwar solle auch die Abschöpfung des durch die unzulässige Verwendung von Kasein erzielten wirtschaftlichen Vorteiles erreicht werden, dadurch solle aber vor allem die nicht genehmigte Verwendung von Kasein im Sinne einer Strafnorm mit Präventivcharakter pönalisiert werden. Es gehe weder um die Erzielung von Einnahmen des Staates noch um eine Gegenleistung für eine besondere staatliche Leistung, sondern um die Zahlung einer wegen Fehlverhaltens auferlegten Strafe zur Ahndung eines Verstoßes gegen eine Verfahrensvorschrift.
Schließlich sei ein Zinsanspruch jedenfalls nach den gemäß § 12 Abs. 1 MOG anwendbaren Vorschriften der Abgabenordnung (AO) zumindest teilweise verjährt. Hier sei ab Fälligkeit der Hauptforderung, die unabhängig vom Suspensiveffekt des eingelegten Widerspruchs rückwirkend zum 1. Dezember 1992 eingetreten sei, die einjährige Festsetzungsfrist gemäß § 239 Abs. 1 Satz 1 AO gelaufen, so dass rechtmäßig nur Zinsen für den Zeitraum ab 1. Januar 1996 in Höhe von 4.649,77 DM hätten festgesetzt werden dürfen.
Demgegenüber hat die Beklagte ergänzend zur Begründung ihres Widerspruchsbescheides geltend gemacht, abgesehen von der bereits erfolgten Festsetzung dem Grunde nach sei jedenfalls § 14 Abs. 1 Satz 2 MOG Rechtsgrundlage für den Zinsbescheid. Der streitige Betrag gemäß Art. 3 Abs. 3 der VO (EWG) Nr. 2204/90 stelle eine Abgabe dar, weil damit die Abschöpfung des durch eine unzulässige Verwendung von Kasein erzielten wirtschaftlichen Vorteils zur Korrektur des Marktes erfolge. Es handele sich deshalb nicht um eine Strafe mit Präventivfunktion. Auf die hier fraglichen Verzugszinsen seien die Vorschriften der Abgabenordnung gemäß § 12 Abs. 1 Satz 1 MOG nicht anwendbar. Es seien vielmehr die allgemeinen privatrechtlichen Verjährungsnormen heranzuziehen, so dass die Verjährungsfrist am 31. Dezember 1996 abgelaufen und der Zinsanspruch lediglich für den Zeitraum vor dem 1. Januar 1994 verjährt sei.
Das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main hat mit Urteil vom 23. September 1999 - 1 E 3858/97 - den Zinsbescheid vom 28. Juli 1997 und den Widerspruchsbescheid vom 2. Dezember 1997 aufgehoben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:
Für den angefochtenen Zinsbescheid fehle eine Rechtsgrundlage.
Entgegen der Auffassung der Beklagten seien die Zinsen nicht bereits in dem Ausgangsbescheid vom 28. Oktober 1992 dem Grunde nach festgesetzt, vielmehr sei lediglich auf die gesetzliche Regelung des § 14 Abs. 1 MOG hingewiesen worden. Im vorliegenden Fall sei zum Zeitpunkt des Erlasses dieses Bescheides noch gar kein Zinsanspruch entstanden. Eine Festsetzung noch gar nicht entstandener Zinszahlungspflichten sei eher fernliegend.
Der angefochtene Bescheid könne auch nicht auf § 14 MOG gestützt werden. Die Rechtsnatur der geforderten Geldzahlung nach Art. 3 Abs. 3 der VO (EWG) Nr. 2204/90 könne dahinstehen. Es handele sich weder um die Geltendmachung eines Anspruchs auf Erstattung einer Vergünstigung noch um eine Abgabe. Selbst wenn man darin eine der Abschöpfung ähnliche Geldforderung sehen sollte, scheitere die Rechtsnatur einer Abgabe jedenfalls daran, dass sich der Geldbetrag nicht auf die Differenz zwischen dem Interventionspreis für Magermilchpulver und dem Marktpreis für Kasein beschränke, sondern um 10 % erhöht sei. Darin komme zum Ausdruck, dass es sich um eine Verwaltungssanktion handele, die eine Geldleistung eigener Art darstelle.
Auf Antrag der Beklagten hat der Senat mit Beschluss vom 29. März 2001 - 8 UZ 4099/99 - die Berufung gegen dieses Urteil wegen ernstlicher Zweifel an seiner Richtigkeit gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zugelassen.
Nach Zustellung des Beschlusses am 9. April 2001 hat die Beklagte die Berufung mit am 9. Mai 2001 eingegangenen Schriftsatz begründet. Sie macht u.a. noch geltend:
In dem Bescheid vom 28. Oktober 1992 sei eine Zinsregelung getroffen worden, die auch unter der aufschiebenden Bedingung nicht fristgerechter Zahlung habe erfolgen dürfen.
Bei der Zahlungsverpflichtung aus Art. 3 Abs. 3 der VO (EWG) Nr. 2204/90 handele es sich im Übrigen nicht um eine Verwaltungssanktion oder Strafe, sondern um eine Abgabe i.S.d. § 14 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 12 Abs. 1 Satz 1 MOG. Dieser Regelung liege ein weiter Abgabenbegriff zu Grunde, unter den allgemein Geldzahlungspflichten fielen, die zum Ausgleich einer Marktstörung dienten. Art. 3 Abs. 3 der VO (EWG) Nr. 2204/90 bezwecke nicht, die Verwendung von Kasein oder Kaseinat zu untersagen und eine verbotswidrige Verwendung zu sanktionieren, es werde lediglich ein Marktausgleichmechanismus geschaffen. Wegen der hohen Einstandspreise würden zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit an Kaseinhersteller für den Rohstoff Milch Beihilfen gewährt. Das Gleichgewicht des Milchmarktes werde dadurch gestört, dass dadurch verbilligtes Kasein/Kaseinat in der Käseproduktion als attraktives Substitut die Magermilch verdrängen könnte. Deshalb bedürfe die Verwendung von Kasein/Kaseinat einer Genehmigung, die bisher von der Kommission lediglich für Schmelzkäse zugelassen worden sei. Die Verwendung von Kasein/Kaseinat in anderen Käsesorten sei nicht generell verboten, es solle lediglich durch die Ausgleichszahlung gemäß Art. 3 Abs. 3 der VO (EWG) Nr. 2204/90 bei ungenehmigter Kasein/Kaseinatverwendung eine Verdrängung der Milch verhindert werden. Die Abgabe stelle keine Sanktion, sondern ein Spiegelbild zur zuvor bei der Kaseinherstellung gewährten Beihilfe dar, die aus Wettbewerbsgründen gerade nicht der allgemeinen Käseherstellung zu Gute kommen solle. Art. 4 der VO (EWG) Nr. 2742/90 spreche demgemäß auch von der Ausgleichszahlung als den "wiedereingezogenen Beträgen", nicht etwa von einer Verwaltungsstrafe. Dass die Ausgleichszahlung keinen Sanktionscharakter habe, werde auch daraus erkennbar, dass in Deutschland in Übereinstimmung mit dem Gemeinschaftsrecht die Verwendung von Kasein/Kaseinat auch in Sauermilchkäse ausdrücklich gestattet sei. Dafür könne zwar keine Genehmigung erteilt werden, dieser geplante Einsatz müsse vielmehr gemäß § 4 KaseinVV bei der Beklagten angezeigt werden, die dann gemäß § 10 KaseinVV die - von den Herstellern einkalkulierte - Ausgleichszahlung fordere. Der Charakter als Marktregulierungsmaßnahme ergebe sich auch aus der Höhe des abzuführenden Betrages, der sich nicht an einem Bußgeldkatalog orientiere, sondern den Unterschied zwischen dem Preis für Kasein und dem Interventionspreis für Magermilchpulver ausgleiche. Diesem Ziel diene auch die Erhöhung um 10 %, weil als Referenzgröße für Magermilchpulver nicht der Marktpreis, sondern der regelmäßig geringere Interventionspreis herangezogen worden sei. Dieser Aufschlag stelle damit einen pauschalierten Ausgleich für Marktschwankungen, nicht jedoch ein Strafelement dar. Neben dieser Marktausgleichsregelung gebe es ein den Mitgliedstaaten überlassenes zusätzliches Strafsystem, das Deutschland in § 11 KaseinVV geregelt habe. Diese Sanktion beziehe sich nicht auf die ungenehmigte Verwendung von Kasein/Kaseinat, sondern auf deren Nichtanzeige.
Aus einer solchen Gesamtbetrachtung der Bestimmungen über Kasein/Kaseinat lasse sich auch herleiten, dass es sich bei dem gemäß Art. 3 Abs. 3 der VO (EWG) Nr. 2204/90 geforderten Geldbetrag um die "Erstattung einer besonderen Vergünstigung" handele, weil dadurch der durch die Ersparnis der Kasein/Kaseinat-Herstellungskosten erlangte wirtschaftliche Vorteil abgeschöpft werde. Da die Ausnutzung der durch die Herstellungsbeihilfe entstandenen Vergünstigung in tatsächlicher Hinsicht nicht mehr rückgängig gemacht werden könne, werde eine finanzielle Erstattung vorgenommen.
Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der VO (EG, Euratom) Nr. 2988/95, denn nach Art. 4 Abs. 4 dieser Verordnung stellten solche Maßnahmen ausdrücklich keine Sanktionen dar, die in dem Entzug eines rechtswidrig erlangten Vorteils durch die Verpflichtung zur Zahlung des geschuldeten oder die Rückerstattung des rechtswidrig erhaltenen Geldbetrages bestünden, während Sanktionen nach Art. 5 der Verordnung vorsätzlich oder fahrlässig begangene Unregelmäßigkeiten voraussetzten, so dass diese nicht nur dem Ausgleich, sondern auch der Ahndung nicht regelrechten Verhaltens dienen sollten. Bei der Ausgleichszahlung nach Art. 3 Abs. 3 der VO (EWG) Nr. 2204/90 handele es sich aber lediglich um die Rückerstattung eines rechtswidrig erhaltenen Geldbetrages in Form ersparter Aufwendungen.
Die Zinsforderung sei im Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides vom 28. Juli 1997 auch nicht bereits verjährt gewesen. Die Vorschriften der Abgabenordnung über die Festsetzungsverjährung seien auf Zinsforderungen gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 oder 2 MOG unanwendbar. Nach der Rechtsprechung des Hess. VGH und des BVerwG unterlägen diese Zinsforderungen gemäß § 62 Satz 2 VwVfG in entsprechender Anwendung des § 197 BGB a.F. einer vierjährigen Verjährungsfrist. Die Verjährung sei durch den Bescheid vom 28. Oktober 1992 gemäß § 53 Abs. 1 Satz 1 VwVfG unterbrochen worden, da dieser bereits eine materielle Festsetzung der Zinsen enthalten habe. Mit der Bestandskraft des Bescheides, nämlich der Rechtskraft des verwaltungsgerichtlichen Urteils vom 24. Oktober 1996, sei die Verjährungsfrist am 25. November 1996 angelaufen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 23. September 1999 - 1 E 3858/97 - aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen,
und wiederholt und vertieft zur Begründung im Wesentlichen ihr erstinstanzliches Vorbringen. Ergänzend macht sie geltend, allein die Tatsache, dass § 11 KaseinVV auch Verstöße gegen die Anzeigepflicht als Ordnungswidrigkeit sanktioniere, führe nicht dazu, dass die Beträge nach § 3 Abs. 3 der VO (EWG) Nr. 2204/90 nicht (auch) als Sanktionen zu charakterisieren seien. Eine Strafe könne jedoch schon nach allgemeinem Sprachgebrauch nicht als Abgabe qualifiziert werden. Nach der VO (EG, Euroatom) Nr. 2988/95 des Rates über den Schutz der finanziellen Interessen der Gemeinschaft sei zwischen verwaltungsrechtlichen Maßnahmen einerseits und Sanktionen andererseits zu unterscheiden. Danach sei als verwaltungsrechtliche Sanktion der vollständige oder teilweise Entzug eines nach Gemeinschaftsrecht gewährten Vorteils auch dann anzusehen, wenn der Wirtschaftsteilnehmer nur einen Teil dieses Vorteils rechtswidrig erlangt habe. Der Einstufung als Sanktion stehe nicht entgegen, dass damit marktordnungsrechtliche Zwecke verfolgt würden. So verfolge eine Sanktion nach einem Urteil des EuGH vom 11. Juli 2002 das Ziel, die Märkte zu stabilisieren, die Lebenshaltung der Landwirte zu stützen und für die Belieferung der Verbraucher zu angemessenen Preisen Sorge zu tragen. Als Bestandteil marktordnungsrechtlicher Regelungen grenzten sich Sanktionen gerade dadurch von strafrechtlichen Maßnahmen ab. Nach diesem EuGH-Urteil bestehe die dort behandelte Sanktion in der Zahlung einer Geldbuße, die sich nach der Höhe des Betrages bemesse, den der Wirtschaftsteilnehmer zu Unrecht erhalten hätte, wenn die zuständigen Behörden keine Unregelmäßigkeit entdeckt hätten. Die Sanktion sei daher Bestandteil der Ausfuhrerstattungsregelung und besitze keinen strafrechtlichen Charakter. Eine gemeinschaftsrechtliche Sanktion könne jedoch keine Abgabe im Sinne des Marktordnungsrechts sein und sei deshalb nicht nach § 14 MOG zu verzinsen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf den Inhalt der Streitakten im vorliegenden und im Verfahren des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main zum Aktenzeichen 1 E 3850/94 (1) sowie auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige, insbesondere rechtzeitig begründete Berufung der Beklagten ist nur zu einem geringen Teil begründet.
Das Verwaltungsgericht hat der Anfechtungsklage der Klägerin zu Unrecht in vollem Umfang stattgegeben. Es hat den angefochtenen Zinsbescheid der Beklagten vom 28. Juli 1997 in der Fassung ihres Widerspruchsbescheides vom 2. Dezember 1997 im Ergebnis insoweit zu Recht gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO aufgehoben, als die festgesetzte und angeforderte Zinsforderung den Betrag von 4.462,50 DM (entspricht: 2.281,64 €) übersteigt. Es hätte die Klage aber in Höhe von 4.462,50 DM (entsprechend 2.281,64 €) abweisen müssen, denn insoweit ist der Bescheid rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Der von der Beklagten geltend gemachte Zinsanspruch ergibt sich aus § 14 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes zur Durchführung der Gemeinsamen Marktorganisationen i.d.F. vom 27. August 1986 (BGBl. I S. 1397 ff.) und vom 20. September 1995 (BGBl. I S. 1146 ff.) - MOG -; beide hinsichtlich der hier anzuwendenden Vorschriften gleichlautenden Fassungen dieses Gesetzes sind anzuwenden, weil der streitige Zinszeitraum vom 1. Dezember 1992 bis zum 20. Mai 1997 läuft. Die Vorschrift des § 14 Abs. 1 Satz 2 MOG ist - entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts - anwendbar, denn der mit dem Ausgangsbescheid vom 28. Oktober 1992 i.d.F. des Teilabhilfebescheides vom 11. Juli 1994 und des Widerspruchsbescheides vom 22. November 1994 geforderte Unterschiedsbetrag gemäß Art. 3 Abs. 3 der Verordnung (EWG) Nr. 2204/90 des Rates vom 24. Juli 1990 mit zusätzlichen, Käse betreffenden Grundregeln der Gemeinsamen Marktorganisation für Milch und Milcherzeugnisse (ABl. Nr. L 201 vom 31. Juli 1990 S. 7 f.) - VO (EWG) Nr. 2204/90 - stellt eine Abgabe zu Marktordnungszwecken gemäß § 12 Abs. 1 Satz 1 MOG dar.
Die zwischen den Beteiligten streitige und vom Verwaltungsgericht wohl zutreffend dahin beantwortete Frage, dass in dem bestandskräftigen Ausgangsbescheid vom 28. Oktober 1992 die Zinszahlungspflicht nicht bereits dem Grunde nach eigenständig und verbindlich geregelt, sondern lediglich auf die im Fall einer verspäteten Zahlung nach dieser gesetzlichen Vorschrift eintretende Rechtsfolge hingewiesen worden ist, bedarf deshalb keiner abschließenden Entscheidung.
Der gemäß Art. 3 Abs. 3 der VO (EWG) Nr. 2204/90 für die ohne Genehmigung verwendete Menge Kasein und Kaseinat zu zahlende Unterschiedsbetrag zwischen dem Interventionspreis für Magermilchpulver und dem Marktpreis für Kasein und Kaseinat, erhöht um 10 %, stellt eine zu Lenkungs- und Finanzierungszwecken erhobene Abgabe i.S.d. § 14 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 12 Abs. 1 Satz 1 MOG und nicht eine präventiven Zwecken dienende Strafe oder sonstige Sanktion dar.
Dafür spricht schon der Wortlaut des letzten Absatzes der Erwägungsgründe zu dieser Verordnung, wonach die Mitgliedstaaten - und nicht die Gemeinschaft - für die Durchführung der gemeinschaftsrechtlichen Regelungen über die Verwendung von Kasein und Kaseinat insbesondere Kontrollvorschriften erlassen und entsprechende Strafen vorsehen sollen, die den durch eine unzulässige Verwendung erzielten wirtschaftlichen Vorteil aufwiegen. Wäre der in Art. 3 Abs. 3 der VO (EWG) Nr. 2204/90 geregelte Unterschiedsbetrag ebenfalls als Strafe anzusehen, würden zusätzlich geforderte nationale Strafen dem Grundsatz "ne bis in idem" widersprechen. Dementsprechend ist der Unterschiedsbetrag nach dem Wortlaut dieser Vorschrift "unbeschadet der von den Mitgliedstaaten festgelegten oder festzulegenden Strafen" zu zahlen. Die Vorschrift geht also von einem Nebeneinander von nationalstaatlich vorgesehenen Strafen und einem nach Gemeinschaftsrecht zu zahlenden Unterschiedsbetrag aus.
Dass es sich bei diesem Betrag nicht um eine Strafe oder Verwaltungssanktion, sondern um eine Marktregulierungszwecken dienende Abschöpfungsabgabe handelt, ergibt sich aus dem Zusammenhang und aus Sinn und Zweck des gesamten die Verwendung von Kasein und Kaseinat zur Käseherstellung betreffenden gemeinschaftsrechtlichen und nationalen Regelungssystems.
In der VO (EWG) Nr. 2204/90 ist kein Verbot der ungenehmigten Verwendung von Kasein oder Kaseinat zur Käseherstellung ausgesprochen. Die unerwünschte mittelbare Subventionierung durch die Beihilfe, die für die vorangegangene Verwendung von in der Gemeinschaft erzeugter Magermilch bei der Kasein/Kaseinat-Herstellung gewährt worden ist, soll lediglich dadurch begrenzt werden, dass die ungenehmigte Kasein/Kaseinat-Verwendung zur Käseherstellung die Zahlungspflicht gemäß Art. 3 Abs. 3 der VO (EWG) Nr. 2204/90 auslöst, die Genehmigung also lediglich der Befreiung von dieser Zahlungsverpflichtung dient.
Diese Sichtweise wird durch die umsetzenden nationalen Regelungen in der Verordnung zur Durchführung der Marktordnungsvorschriften über die Verwendung von Kasein und Kaseinat zur Herstellung von Käse und Käseerzeugnissen aus Käse (Kasein-Verwendungsverordnung) vom 22. November 1990 (BGBl. I S. 2538 f.) - KaseinVV - bestätigt und noch weiter verdeutlicht. Danach ist eine Verwendung von Kasein oder Kaseinat ohne entsprechende Genehmigung nicht verboten, sondern gemäß § 4 KaseinVV lediglich anzeigepflichtig, und zwar erkennbar mit dem Zweck, dass die Beklagte als für die Durchführung dieser Verordnung zuständige Behörde nach einer entsprechenden Anzeige den hier fraglichen Unterschiedsbetrag gemäß § 10 KaseinVV anfordern kann. Deshalb wird nicht die ungenehmigte Verwendung, sondern die vorsätzliche oder leichtfertige Nichterstattung der vorgeschriebenen und die Abgabenerhebung erst ermöglichenden Verwendungsanzeige in § 11 KaseinVV als Ordnungswidrigkeit sanktioniert. Es wäre auch mit dem deutschen Rechtssystem kaum vereinbar, wenn ein Wirtschaftsteilnehmer durch eine bußgeldbewehrte Vorschrift - wie hier die §§ 4 und 11 KaseinVV - verpflichtet würde, eine Handlung, nämlich die ungenehmigte Verwendung von Kasein oder Kaseinat, der zuständigen Behörde selbst anzuzeigen, wenn diese unter Strafandrohung verboten wäre.
Schließlich wird die Abschöpfungs- und Ausgleichsfunktion des Zahlungsbetrages gemäß Art. 3 Abs. 3 der VO (EWG) Nr. 2204/90 durch die Regelung in Art. 4 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 2742/90 der Kommission vom 26. September 1990 mit Durchführungsvorschriften zur Verordnung (EWG) Nr. 2204/90 des Rates (ABl. Nr. L 264 vom 27. September 1990 S. 20 f.) - VO (EWG) Nr. 2742/90 - über die Verwendung der gezahlten Unterschiedsbeträge besonders deutlich. Danach fließen nämlich "die so wiedereingezogenen Beträge ... an die auszahlenden Stellen oder Einrichtungen zurück, die sie von den vom Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft, Abteilung Garantie, finanzierten Ausgaben in Abzug bringen". Das bedeutet, dass der durch die Beihilfe für die Verwendung von in der Gemeinschaft erzeugter Magermilch zur Kasein/Kaseinat-Herstellung bewirkte wirtschaftliche Vorteil für die ungenehmigte Verwendung von Kasein oder Kaseinat für die Käseherstellung wieder abgeschöpft und diese so "wiedereingezogenen Beträge" für die Finanzierung des Gemeinsamen Agrarmarkts eingesetzt werden. Die Abgabe dient somit dazu, dass betroffene, eine Vergünstigung zweckwidrig ausnutzende Wirtschaftsteilnehmer durch Abschöpfung ihres Vorteils die Stützungsmaßnahmen der Marktorganisation für Milch und Milcherzeugnisse refinanzieren. Damit dient diese Abgabe neben ihrem Lenkungszweck auch der Finanzbeschaffung, nicht aber der zwangsweisen Durchsetzung eines gesetzlichen Verbots.
Etwas anderes ergibt sich - entgegen der verwaltungsgerichtlichen Auffassung - auch nicht aus dem in Art. 3 Abs. 3 der VO (EWG) Nr. 2204/90 vorgesehenen 10 %-igen Aufschlag auf den Unterschiedsbetrag zwischen dem Interventionspreis für Magermilchpulver und dem Kasein/Kaseinat-Marktpreis. Dazu hat die Beklagte nachvollziehbar und überzeugend dargelegt, dass dieser Aufschlag nicht Sanktionszwecken, sondern dem pauschalen Ausgleich für Marktschwankungen dient, weil es in der Gemeinschaft keinen einheitlichen Marktpreis für Magermilchpulver gibt und der deshalb herangezogene Interventionspreis regelmäßig - teilweise sogar deutlich - unter dem jeweiligen Marktpreis liegt.
Dieses Ergebnis wird durch die Bestimmungen der von der Klägerin herangezogenen Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95 des Rates vom 18. Dezember 1995 über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften (ABl. Nr. L 312 vom 23. Dezember 1995 S. 1 ff.) - VO (EG, Euratom) Nr. 2988/95 - nicht in Frage gestellt, sondern im Gegenteil bestätigt. In Art. 4 Abs. 4 dieser Verordnung ist ausdrücklich geregelt, dass die in den vorangegangenen Absätzen vorgesehenen Maßnahmen, nämlich insbesondere der Entzug eines durch eine Unregelmäßigkeit erlangten rechtswidrigen Vorteils, zuzüglich - falls dies vorgesehen ist - der Zinsen, gerade keine Sanktion darstellt. Demgegenüber führen nach Art. 5 Abs. 1 der Verordnung Unregelmäßigkeiten nur dann zu verwaltungsrechtlichen Sanktionen, wie etwa der Zahlung einer Geldbuße oder eines den rechtswidrig erhaltenen oder hinterzogenen Betrag übersteigenden Betrages, wenn die Unregelmäßigkeiten vorsätzlich oder fahrlässig begangen worden sind. Das ist aber für die hier fragliche Zahlung des Unterschiedsbetrages gemäß Art. 3 Abs. 3 der VO (EWG) Nr. 2204/90 keine Voraussetzung, und zwar auch nicht etwa für eine Erhöhung des zu zahlenden Betrages. Ganz abgesehen davon ist die ungenehmigte Kasein/Kaseinat-Verwendung zur Käseherstellung nicht verboten und stellt schon deshalb keine Unregelmäßigkeit im Sinne der VO (EG, Euratom) Nr. 2988/95 dar.
Aus diesem Grund kann sich die Klägerin auch nicht auf die von ihr genannten Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) vom 27. Oktober 1992 - C-240/90 - und vom 11. Juli 2002 - C-210/00 - (amtl. Slg. 1992 S. I-05383 bzw. 2002 S. I-06453 = juris) berufen, weil sich diese auf Sanktionen beziehen, die der Bekämpfung von Unregelmäßigkeiten dienten, die gemäß Art. 1 Abs. 2 der VO (EG, Euratom) Nr. 2988/95 als Verstöße gegen Gemeinschaftsbestimmungen definiert sind, die aber bei der ungenehmigten Kasein/Kaseinat-Verwendung gerade nicht vorliegen.
Der danach zu Recht auf § 14 Abs. 1 Satz 2 MOG gestützte Zinsanspruch ist jedoch für die Zeit bis zum 31. Dezember 1995 bereits verjährt, so dass mit dem angefochtenen Bescheid vom 28. Juli 1997 nur noch die ab 1. Januar 1996 entstandenen Zinsen in Höhe von 4.462,50 DM geltend gemacht werden durften.
Die Zinsforderung wegen verspäteter Abgabenzahlung unterliegt den verfahrensrechtlichen Vorschriften der Abgabenordnung (AO) und damit der einjährigen Festsetzungsverjährung gemäß § 239 Abs. 1 Satz 1 AO.
Zwar hat der Senat mit Beschluss gemäß § 130 a VwGO vom 18. Juli 2002 - 8 UE 37/97 - (vgl. S. 19 f. des Entscheidungsabdrucks m.w.N.) entschieden, dass für die - hier nicht fragliche - Verzinsung von Beihilferückzahlungen gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 MOG gemäß § 62 Satz 2 VwVfG in entsprechender Anwendung des § 197 BGB a.F. eine vierjährige Verjährungsfrist anzunehmen sei (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 17. August 1995 - 3 C 17/94 - BVerwGE 99 S. 109 ff. = BayVBl. 1996 S. 183 ff. = juris), und hat dies damit begründet, dass die Verweisung in § 14 Abs. 2 MOG auf die einjährige Verjährungsfrist des § 239 Abs. 1 Satz 1 AO weder als allgemeiner öffentlich-rechtlicher Grundsatz noch im Wege der Analogie auf die in Absatz 1 des § 14 MOG geregelten Zinsansprüche übertragbar sei. Das ergebe sich zum einen daraus, dass die detaillierten Verjährungsvorschriften der Abgabenordnung als für den Sonderbereich der Abgabenerhebung erlassene Regelungen nicht als allgemeine Rechtsgrundsätze für das Verwaltungsrecht im Übrigen herangezogen werden könnten, und zum anderen daraus, dass der Gesetzgeber in den beiden Absätzen des § 14 MOG deutlich unterschiedliche Verzinsungsregelungen je nachdem getroffen habe, ob es sich um Ansprüche des Staates gegen den Bürger auf Rückerstattung zu Unrecht gewährter besonderer staatlicher Vergünstigungen oder auf Leistung von Abgaben einerseits oder umgekehrt um Ansprüche des Bürgers auf staatliche Gewährung besonderer Vergünstigungen andererseits handele, und dass er in Absatz 1 im Gegensatz zu Absatz 2 gerade nicht die Vorschriften der Abgabenordnung für anwendbar erklärt habe.
In Übereinstimmung mit dieser Begründung leitet der Senat hier die Anwendbarkeit der Abgabenordnung auf Zinsansprüche wegen verspäteter Abgabenzahlung gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 MOG nicht über den Verweis in Absatz 2 dieser Vorschrift her, sondern daraus, dass diese Zinsen nach der Systematik des MOG wegen der verspäteten Zahlung von Abgaben zu Marktordnungszwecken im Sinne des § 12 Abs. 1 Satz 1 MOG erhoben werden und dass für diese zu verzinsenden Abgaben dort die entsprechende Anwendung der Vorschriften der Abgabenordnung vorgeschrieben ist.
Zwar ist § 12 Abs. 1 Satz 1 MOG auf den Zinsanspruch nicht unmittelbar anwendbar, weil dieser selbst nicht nach europarechtlichen Regelungen gemäß § 1 Abs. 2 MOG hinsichtlich Marktordnungswaren, sondern nach der nationalen Regelung in § 14 Abs. 1 Satz 1 MOG erhoben wird. Der vom Fälligkeitstag der Abgabenforderung an entstehende Zinsanspruch ist aber als Nebenforderung gegenüber dieser Hauptforderung akzessorisch, so dass es gerechtfertigt erscheint, ihn denselben verfahrensrechtlichen Vorschriften der Abgabenordnung zu unterwerfen, denen auch der Abgabenanspruch selbst unterliegt (so im Ergebnis auch: BFH, Urteil vom 17. August 1993 - VII R 123/92 - ZfZ 1994 S. 19 f.).
Das entspricht auch dem Willen des Gesetzgebers, der in Abweichung von der grundsätzlichen Unverzinslichkeit staatlicher Förderleistungen in § 14 Abs. 2 Satz 1 MOG zu Gunsten klagender Bürger eine auf Prozesszinsen beschränkte Ausnahmeregelung nach Maßgabe der §§ 236, 238 und 239 AO getroffen hat, um damit die Verzinsung in öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten wegen derartiger Vergünstigungen einerseits und wegen Abgaben im Marktordnungsrecht andererseits einheitlich der Abgabenordnung zu unterwerfen (vgl. BT/Ds. 10/5236 vom 20. März 1986 S. 14 zu Nr. 9; BVerwG, Urteil vom 17. Februar 2000 - 3 C 11/99 - NVwZ 2000 S. 818 f.).
Diese Auffassung stimmt weiterhin mit den früheren Überlegungen des Senats im Beschluss vom 18. Juli 2002 überein, wonach die Verjährungsvorschriften der Abgabenordnung nur in solchen Sachbereichen auch ohne besondere Verweisung generell entsprechend herangezogen werden können, die hinreichend ähnliche Strukturen aufweisen wie die der Abgabenordnung unterworfenen Gebiete (vgl. Stelkens/Sachs, in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 6. Aufl. 2001, Rdnr. 2 a zu § 53 m.w.N.), was für die Erhebung der Abgabe gemäß Art. 3 Abs. 3 der VO (EWG) Nr. 2204/90, die gemäß § 12 Abs. 1 Satz 1 MOG der entsprechenden Anwendung der Abgabenordnung unterliegt, ohne Weiteres zu bejahen ist.
Wegen der vereinheitlichenden Sonderregelung in § 14 Abs. 1 Satz 2 MOG über Zinsbeginn und Zinshöhe, die zur Abschöpfung des wirtschaftlichen Vorteils verspäteter Abgabenzahlung geeignet sein soll, ist die Regelung in § 240 AO über die 1 %-igen Säumniszuschläge hier nicht anwendbar, mangels einer Verjährungsregelung in § 14 Abs. 1 MOG wohl aber die im 1. Unterabschnitt über die Verzinsung enthaltene Vorschrift des § 239 Abs. 1 AO über die einjährige Zinsfestsetzungsfrist.
Diese Festsetzungsfrist begann nach dem danach entsprechend anzuwendenden § 170 Abs. 1 AO am 31. Dezember 1992, nämlich mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Verpflichtung zur Zahlung der Abgabe gemäß Art. 3 Abs. 3 der VO (EWG) Nr. 2204/90 mit Erlass des Heranziehungsbescheides vom 28. Oktober 1992 entstanden und zum 1. Dezember 1992 fällig geworden war.
Der Fälligkeit stand die aufschiebende Wirkung des gegen diesen Bescheid von der Klägerin erhobenen Widerspruchs nicht entgegen, weil der Abgabenbescheid gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO sofort vollziehbar war und weil die aufschiebende Wirkung jedenfalls nicht die Wirksamkeit eines angefochtenen Verwaltungsaktes beseitigt, sondern nur dessen Vollziehbarkeit entgegensteht und der Erlass eines Zinsbescheides nicht als Vollziehung eines Abgabenbescheides anzusehen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. August 1995 a.a.O.; Hess. VGH, Urteil vom 14. September 1992 - 8 UE 1218/88 - ESVGH Bd. 43 S. 41 ff. = juris). Die Beklagte hätte deshalb schon während des Anfechtungsverfahrens gegen den Ausgangsbescheid vom 28. Oktober 1992 und nicht erst nach dessen rechtskräftigem Abschluss durch das Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 24. Oktober 1996 die jeweils entstandenen Zinsen festsetzen können.
Mit dem hier angefochtenen Zinsbescheid vom 28. Juli 1997 konnten demgemäß angesichts der einjährigen Verjährungsfrist des § 239 Abs. 1 Satz 1 AO nur noch die ab 1. Januar 1996 entstandenen Zinsen festgesetzt und angefordert werden. Danach errechnet sich ein noch nicht verjährter Zinsbetrag von 4.462,50 DM, wobei der in der Anlage zum Zinsbescheid angegebene Zinssatz zu Grunde gelegt und die Vorschrift des § 238 AO in der Fassung vor der Währungsumstellung entsprechend herangezogen wird, wonach der zu verzinsende Betrag auf volle Hundert Deutsche Mark nach unten abzurunden ist (also hier auf 59.500,00 DM) und nur volle Monate zu berücksichtigen sind, angefangene Monate (hier der 1. bis 20. Mai 1997) also außer Ansatz bleiben.
Soweit die Beklagte darüber hinaus einen um 15.588,60 DM höheren Zinsbetrag von insgesamt 20.051,10 DM festgesetzt und angefordert hat, ist der angefochtene Bescheid rechtswidrig, deshalb vom Verwaltungsgericht im Ergebnis zu Recht aufgehoben worden und die Berufung der Beklagten zurückzuweisen. Im Übrigen, d.h. hinsichtlich des Zinsbetrages von 4.462,50 DM, ist die Klage auf die Berufung der Beklagten hin abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO, die Kostenquote entspricht in etwa dem jeweiligen Unterliegen der Beteiligten.
Die Entscheidungen über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung und über die Abwendungsbefugnis ergeben sich aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10 und § 711 ZPO.
Da der Senat die Kategorisierung des Unterschiedsbetrages gemäß Art. 3 Abs. 3 der VO (EWG) Nr. 2204/90 als Abgabe nicht für klärungsbedürftig hält und im Übrigen nur die nationalen Vorschriften des § 12 Abs. 1 Satz 1 und des § 14 Abs. 1 Satz 2 MOG ausgelegt hat, sieht er keine Veranlassung, das Verfahren auszusetzen und dem Europäischen Gerichtshof gemäß Art. 234 Abs. 2 des EG-Vertrages vorzulegen.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen ebenfalls nicht vor.
Ende der Entscheidung
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