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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 18.05.2000
Aktenzeichen: 8 UE 3165/97
Rechtsgebiete: HGO


Vorschriften:

HGO § 27
§ 27 Abs. 1 HGO stellt für die Frage, wer als Hausfrau im Sinne dieser Vorschrift anzusehen ist, nicht auf die jeweilige Tätigkeit ab, die während der Mandatsausübung erbracht worden wäre. Vielmehr unterscheidet die Vorschrift danach, ob die oder der Betreffende nicht nur geringfügiges Einkommen aus Erwerbstätigkeit hat.

Hausfrau im Sinne des § 27 Abs. 1 HGO ist nicht, wer nicht nur geringfügiges Erwerbseinkommen erzielt.


Tatbestand:

Die Klägerin ist Kreistagsabgeordnete bei dem Beklagten und begehrt für die Teilnahme an drei im September 1995 durchgeführten Sitzungen eine Verdienstausfallentschädigung in Form der Hausfrauenpauschale, die der Beklagte ihr verweigert.

Die einschlägige Vorschrift in der Satzung des Beklagten über die Entschädigung ehrenamtlich Tätiger vom 9. November 1979, in der Fassung vom 21. März 1994, lautet wie folgt:

§ 2

Verdienstausfall

" (1) Ehrenamtlich Tätige haben Anspruch auf Ersatz von Verdienstausfall in Höhe von 20,00 DM je angefangene Stunde der Tätigkeit, wenn ihnen nachweislich ein Verdienstausfall entstehen kann. Der Anspruch auf Zahlung des Durchschnittssatzes wird beschränkt auf Werktage, und zwar Montags bis Freitags von 7.00 Uhr bis 18.00 Uhr und Samstags von 7.00 Uhr bis 14.00 Uhr.

(2) Personen ohne eigenes Einkommen, die den ehelichen oder einen eheähnlichen oder einen eigenen Hausstand führen (Hausfrauen, Hausmänner), wird die Stundenpauschale ohne diesen Nachweis gewährt.

(3) Anstelle der Stundenpauschale kann der tatsächlich entstandene und nachgewiesene Verdienstausfall verlangt werden; dies gilt auch für erforderliche Aufwendungen, die wegen Inanspruchnahme einer Ersatzkraft zur Betreuung von Kindern, Alten, Kranken und Behinderten entstehen."

Die Klägerin ist Mutter von vier im Jahre 1995 zwischen ca. 4 und 14 Jahre alten Kindern. An drei Tagen in der Woche arbeitete sie vormittags in der Zeit zwischen 9.00 Uhr und 12.00 Uhr und an einem Tag in der Woche abends in der Zeit zwischen 20.00 Uhr und 23.00 Uhr im Rahmen einer Teilzelt-Berufstätigkeit im Büro der Stadtverordnetenfraktion von "Bündnis 90/Die Grünen" in Gießen und erzielte ein monatliches Bruttoeinkommen von ca. 1.500,00 DM. In der übrigen Zeit versorgte sie ihren Haushalt und widmete sich der Kindererziehung. Am 12. September 1995 nahm sie zwischen 15.30 Uhr und 18.00 Uhr an einer Sitzung des Frauenausschusses des Kreistags, am 21. September 1995 zwischen 14.30 Uhr und 16.30 Uhr an einer Sitzung des Kreistagsausschusses für Hauptangelegenheiten und am 25. September 1995 zwischen 17.30 Uhr und 18.00 Uhr an einer Sitzung des Kreistags teil und beantragte zusätzlich zur Aufwandsentschädigung von je 70,00 DM und dem Ersatz der jeweiligen Fahrtkosten als Ersatz von Verdienstausfall eine Stundenpauschale auf der Basis von 20,00 DM je Stunde. Diese Hausfrauenpauschale nach § 2 Abs. 2 der genannten Satzung lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 13. November 1995 mit der sinngemäßen Begründung ab, die Klägerin sei keine Hausfrau im Sinne der Satzungsregelung, denn darunter fielen nur solche Personen, die den ehelichen oder einen eheähnlichen oder einen eigenen Hausstand führten und über kein (nennenswertes) eigenes Einkommen verfügten.

Den hiergegen am 22. November 1995 eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 18. April 1996, der Bevollmächtigten der Klägerin zugestellt am 19. April 1996, zurück und widersprach der Auffassung, Hausfrau im Sinne des § 27 Abs. 1 HGO sei jede Person, die den eigenen Haushalt führe oder in einer ehelichen oder eheähnlichen Lebensgemeinschaft schwerpunktmäßig den Bereich "Haushalt" abdecke. Der Beklagte führte dazu weiter aus, unter Zugrundelegung dieser Rechtsauffassung würden alle Alleinstehenden die Voraussetzungen für die Stundenpauschale stets erfüllen und auch bei Lebensgemeinschaften könne eine klare Grenze nicht gezogen werden. Selbst Beamte und Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes könnten dann die Hausfrauenpauschale beanspruchen, weil sich der Freistellungsanspruch unter Fortzahlung der Bezüge lediglich auf die berufliche Tätigkeit beziehe, nicht aber auf den Bereich Haushalt. De facto würde die genannte Rechtsauffassung fasst alle von § 27 erfassten ehrenamtlichen Tätigkeiten von einem Ehrenamt in ein bezahltes Amt überführen. Dies sei nicht Absicht des Gesetzgebers gewesen.

Am 7. Mai 1996 hat die Klägerin Klage erhoben und vorgetragen, es sei richtig, dass gemäß der Satzung nur Personen ohne eigenes Einkommen, die einen Haushalt führten, als Hausfrau/Hausmann gälten. Die Satzung sei jedoch an § 27 der Hessischen Gemeindeordnung - HGO - zu orientieren. § 27 Abs. 1 Satz 3 HGO bestimme, dass Hausfrauen der Durchschnittssatz ohne den Nachweis des konkreten Verdienstausfalls zu gewähren sei. § 27 Abs. 1 HGO enthalte keine Definition des Begriffes "Hausfrau/Hausmann". Unabhängig davon, ob und in welcher Höhe die oder der Betreffende eigenes Einkommen habe, müsse sie/er einen Anspruch auf Ausgleich für den fiktiven Verdienstausfall haben, der dadurch entstehe, dass sie/er durch die Wahrnehmung ihres/seines Mandates an der Leistung unbezahlter Versorgungs- und/oder Erziehungsarbeit gehindert worden sei.

Der Beklagte hat an seiner in den angefochtenen Bescheiden dargelegten Rechtsauffassung festgehalten.

Das Verwaltungsgericht hat der Klage mit Urteil vom 12. März 1997 stattgegeben und den Beklagten verpflichtet, der Klägerin unter Aufhebung des Bescheides vom 13. November 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. April 1996 Verdienstausfall in Form der Hausfrauenpauschale in Höhe von 120,00 DM gemäß § 2 Abs. 1, 2 der Entschädigungssatzung zu gewähren. Die Klägerin sei "Hausfrau" im Sinne des § 27 Abs. 1 Satz 3 HGO, so dass ihr Entschädigung in Form der Hausfrauenpauschale gemäß der Entschädigungssatzung zustehe. § 2 Abs. 2 dieser Satzung, wonach nur Personen ohne eigenes Einkommen, die einen Hausstand führten, die Stundenpauschale ohne Nachweis eines Verdienstausfalls gewährt werde, stehe dem Anspruch der Klägerin nicht entgegen, denn insoweit gelte der Vorrang des Gesetzes. Bereits dem Wortlaut des § 27 Abs. 1 Sätze 1 bis 3 HGO sei kein einschränkendes Tatbestandsmerkmal zu entnehmen, wonach Hausfrau nur sein solle, wer über kein eigenes Einkommen verfüge. Eine derartige Einschränkung ergebe sich auch nicht aus Sinn und Zweck des § 27 Abs. 1 HGO. Diese Regelung beruhe auf dem Prinzip der Kompensation real erlittener Vermögens- bzw. Verdiensteinbußen, die bei Erwerbstätigen quantifizierbar, bei einer Hausfrau oder einem Hausmann hingegen nicht quantifizierbar sei. Die Führung des Haushalts sei geldwerte Erfüllung der Unterhaltsverpflichtung zwischen Eheleuten und stelle daher eine der Erwerbstätigkeit vergleichbare, wirtschaftlich ins Gewicht fallende Arbeitsleistung dar. Mandatsträger, die nur teilweise erwerbstätig seien und daneben einen Familienhaushalt versorgten, könnten in der Regel nicht verbindlich entweder der Gruppe der Erwerbstätigen oder der Gruppe der Hausfrauen zugeordnet werden. Das Abstellen auf erzielte Einkünfte sei als Abgrenzungskriterium völlig ungeeignet und sachlich nicht zu rechtfertigen. Es sei nicht nachvollziehbar, wieso z.B. eine Frau, die ganztägig einen Familienhaushalt mit mehreren Kindern versorge, daneben aber Einkünfte aus Vermietung erziele, nicht mehr Hausfrau im Sinne des § 27 Abs. 1 HGO sein solle. Da die Klägerin vorliegend die Hausfrauenpauschale für Zeiten beanspruche, in denen sie üblicherweise ihrer Hausfrauentätigkeit nachgehe, stehe ihr die insoweit geltend gemachte Entschädigung zu.

Das Urteil wurde am 26. Juni 1997 zugestellt. Auf den am 25. Juli 1997 eingegangenen Zulassungsantrag des Beklagten hat der Senat die Berufung mit Beschluss vom 4. September 1997 zugelassen.

Der Beklagte trägt vor, es sei für den Gesetzgeber überflüssig gewesen, in § 27 Abs. 1 Satz 3 HGO das Einkommen der Hausfrau gesondert zu erwähnen, da der Begriff der "Hausfrau" Einkommen regelmäßig ausschließe. Unter Hausfrau/Hausmann verstehe man im Sprachgebrauch eine Person, die den Haushalt versehe, während ein Partner berufstätig sei. Da einer Person, die ausschließlich mit der Führung eines familiären oder eigenen Haushalts beschäftigt sei, kein Verdienstausfall entstehen könne, solle durch die Regelung der Hausfrauenpauschale ein Ausgleich geschaffen werden. Für die in dieser Zeit unerledigt gebliebene Hausarbeit solle durch die Zahlung einer Hausfrauenpauschale berücksichtigt werden, dass die Tätigkeit ehrenamtlich erfolge. Der Pauschale solle keinesfalls Lohnersatzfunktion zukommen. Das Gesetz trenne zwischen Erwerbstätigen, denen ein konkreter Verdienstausfall zu ersetzen sei, und Personen, denen wegen der Beanspruchung durch die nicht erwerbsmäßige Führung eines Haushalts eine Pauschale zu zahlen sei. Es erscheine allerdings vertretbar, auch Frauen mit einem geringfügigen Einkommen aus stundenweiser Erwerbstätigkeit als Hausfrau im Sinne der Vorschrift anzusehen. Die Geringfügigkeit müsse an dem Punkt enden, wo nach objektiven Maßstäben die Hausfrauentätigkeit in den Hintergrund trete und eine primäre Erwerbstätigkeit erkennbar werde. Der von der Klägerin geleistete Leiteinsatz von zwölf Stunden in der Woche sei nicht unerheblich im Vergleich zu der von ihr noch täglich zu verrichtenden Hausarbeit. Gerade der Betrag von ca. 1.500,00 DM brutto/monatlich zeige, dass die Klägerin ein nicht mehr nur geringfügiges Erwerbseinkommen erzielt habe. Als starre Bemessungsgrenze der Geringfügigkeit sei die Versicherungspflichtgrenze von 610,00 DM heranzuziehen. Die Auffassung der Klägerin, ein nicht unerhebliches eigenes Einkommen sei ohne Belang dafür, ob sie Hausfrau sei, treffe nicht zu. Andernfalls müsse in einer Doppelverdienerehe, in der beide Ehegatten voll erwerbstätig seien und in der die Ehefrau zusätzlich die Hausarbeit zu bewältigen habe, die Ehefrau wegen dieser Doppelbelastung auch noch Hausfrau im Sinne von § 27 HGO sein. Sie sei dann jedoch nicht Hausfrau im Sinne des Gesetzes, sondern Erwerbstätige. Der Begriff Hausfrau sei durch die Umgangssprache geprägt. Wer in einem Formular die Frage nach dem ausgeübten Beruf mit Hausfrau beantworte, tue kund, dass er keiner Erwerbstätigkeit nachgehe, was nicht ausschließe, dass vielleicht andersartige Einkünfte, z.B. aus Vermögen, vorhanden seien. Darauf, dass die Haushaltsführung geldweiten Charakter besitze, komme es nicht an, denn auch andere Personengruppen erhielten, wenn sie für die Mandatswahrnehmung die erforderliche Freistellung hätten, keinen Nachteilsausgleich. Es sei nicht einsichtig, wenn einerseits eine Hausfrau mit nennenswertem Einkommen aus Berufstätigkeit für ihre Teilnahme an Sitzungen Entschädigung erhalte, während dagegen andere Personengruppen diesen Vorteil nicht genössen, obwohl sie ebenfalls ihren mandatsbedingten Ausfall der Arbeit durch Nacharbeit ausgleichen müssten. Die hessische Regelung stelle nicht auf die jeweilige Tätigkeit ab, die während der Mandatsausübung erbracht worden wäre, sondern unterscheide nach dem "Beruf'. Danach sei Hausfrau nicht, wer Erwerbseinkommen erziele, sofern es nicht nur geringfügig sei.

Der Erlass vom 10. Oktober 1978 (StAnz. 1978 S. 2086) sei 1981 aufgehoben worden. Als Grund für die Aufhebung sei dem Beklagten vom Innenministerium der Umstand genannt worden, dass es bei der Anwendung des § 27 HGO keine Probleme mehr gebe und man im Wege der Erlassbereinigung den damit überflüssig gewordenen Erlass habe entfallen lassen wollen.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Gießen vom 12. März 1997 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichts und trägt ergänzend vor, der Auffassung, dass der Begriff "Hausfrau/Hausmann" eine Person beschreibe, die ausschließlich einen Haushalt führe, liege ein Inzwischen überkommenes Bild von Ehe und Familie zugrunde. Dass § 27 Abs. 1 HGO die Einkommenslosigkeit nicht zum Tatbestandsmerkmal des Begriffs der Hausfrau mache, zeige, dass der Gesetzgeber eine derartige Einschränkung nicht gewollt habe. Nur dann, wenn es wegen des Umfangs der Erwerbstätigkeit nicht möglich sei, in den Zeiten, in denen üblicherweise einer Erwerbstätigkeit nachgegangen wird, auch noch einen Haushalt zu leiten, entfalle die Hausfraueneigenschaft. Für die Definition des Begriffs sei daher nicht darauf abzustellen, ob und in welcher Höhe neben der Haushaltsführung aus Erwerbstätigkeit Einkommen erzielt werde, sondern allein darauf, ob es angesichts des zeitlichen Umfangs der Erwerbstätigkeit noch möglich sei, einen Haushalt eigenverantwortlich zu führen. Man könne nicht aus einem Vergleich der Sätze 2 und 3 des Absatzes 1 in § 27 HGO den Begriff der Hausfrau schlussfolgern. Abzustellen sei vielmehr auf die konkrete Zeit, in der die Sitzung stattfinde und ob die betreffende Person in dieser Zeit Hausfrauentätigkeit wahrgenommen hätte. Werde von der betreffenden Person für eine Zeit, in der sie beruflichen Verdienst gehabt hätte, der Verdienstausfall geltend gemacht, so stehe ihr dieser auch zu. Mache sie jedoch die Pauschale für eine Zeit geltend, in der sie Hausfrauentätigkeit verrichtet hätte, wenn die Sitzung nicht stattgefunden hätte, so stehe ihr für diese Zeit die Hausfrauenpauschale zu. § 27 Abs. 1 Satz 3 HGO sei insofern nur eine Beweiserleichterung. Weitere Schlussfolgerungen könne man daraus jedoch nicht ziehen-.

Hausfrau/Hausmann sei daher nur derjenige, der überwiegend und eigenverantwortlich einen Haushalt für andere führe. Ausgeschlossen sei danach der Fall, dass beide Partner zu gleichen Teilen berufstätig und im Haushalt tätig seien.

Die Verwaltungsvorgänge des Beklagten (1 Heftstreifen, 48 Blatt) haben vorgelegen und sind zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die vorgenannten Unterlagen sowie die gewechselten Schriftsätze und den darüber hinausgehenden Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig und begründet.

Die Klage der Klägerin ist zwar zulässig, aber unbegründet. Ihr steht die Hausfrauenpauschale nach § 2 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 der Entschädigungssatzung vom 9. November 1979 in der Fassung der Änderung vom 21. März 1994 i.V.m. § 27 Abs. 1 Satz 3 HGO bzw. nach § 27 Abs. 1 Satz 3 HGO in alleiniger Anwendung nicht zu. Nach § 2 Abs. 2 der Entschädigungssatzung wird Personen ohne eigenes Einkommen, die den ehelichen oder einen eheähnlichen oder einen eigenen Hausstand führen (Hausfrauen, Hausmänner) die Stundenpauschale ohne den in Absatz 1 genannten Verdienstausfall-Nachweis gewährt. Die Klägerin hat nennenswertes eigenes Einkommen. Sie ist daher nicht Hausfrau im Sinne des § 27 Abs. 1 Satz 3 HGO.

§ 2 Abs. 2 der Entschädigungssatzung ist rechtswirksam. Die Vorschrift verstößt insbesondere nicht gegen § 27 Abs. 1 HGO. Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 HGO haben ehrenamtlich Tätige Anspruch auf Ersatz von Verdienstausfall. Nach Satz 2 der Vorschrift ist durch Satzung ein Durchschnittssatz festzusetzen, der nur denjenigen zu gewähren ist, denen nachweisbar ein Verdienstausfall entstehen kann. Nach Satz 3 wird Hausfrauen der Durchschnittssatz ohne diesen Nachweis gewährt. Nach Satz 4 kann die Gewährung des Durchschnittssatzes durch Satzung auf Zeiten beschränkt werden, in denen nach der allgemeinen Lebenserfahrung einer Erwerbstätigkeit nachgegangen wird. Schließlich ist in Satz 5 geregelt, dass anstelle des Durchschnittssatzes der tatsächlich entstandene und nachgewiesene Verdienstausfall verlangt werden kann, wobei dies auch für erforderliche Aufwendungen gilt, die wegen Inanspruchnahme einer Ersatzkraft zur Betreuung von Kindern, Alten, Kranken und Behinderten entstehen.

In § 27 Abs. 1 HGO ist zwar nicht ausdrücklich geregelt, ob als Hausfrauen im Sinne der Vorschrift nur diejenigen anzusehen sind, die ausschließlich einen Haushalt führen bzw. daneben allenfalls einer völlig untergeordneten Zusatzbeschäftigung nachgehen, oder ob darunter auch diejenigen fallen, die zwar einen Haushalt führen, aber zusätzlich in nicht unerheblichem Umfang einer vergüteten Erwerbstätigkeit nachgehen. Jedoch zeigen der systematische Zusammenhang, in dem die in § 27 Abs. 1 HGO getroffenen Regelungen stehen, und der Sinn und Zweck dieser Vorschriften, dass die angesprochene Frage im ersteren Sinn zu beantworten ist (vgl. Schneider/Dreßler/Lüll, Hessische Gemeindeordnung, Stand: 14. Lieferung, Februar 1999, Rdnr. 2 zu § 27).

Insoweit ist zuerst § 27 Abs. 1 Satz 1 HGO zu betrachten. Diese gleichsam als Obersatz an den Anfang der Vorschrift gestellte Regelung weist zunächst darauf hin, dass es sich um den Entschädigungsanspruch der ehrenamtlich Tätigen handelt. Das heißt, auch die Entschädigung ändert nichts daran, dass es um ein Ehrenamt geht, was darauf hindeutet, dass nicht notwendig eine vollständige finanzielle Kompensation der für die ehrenamtliche Tätigkeit aufgewandten Zeit zu erfolgen hat. Als weitere Grundregel ergibt sich aus § 27 Abs. 1 Satz 1 HGO, dass ein Anspruch auf Ersatz von Verdienstausfall besteht, was grundsätzlich voraussetzt, dass der ehrenamtlich Tätige ohne die ehrenamtliche Tätigkeit einen Verdienst gehabt hätte, also in der betreffenden Zeit einer vergüteten Erwerbstätigkeit nachgegangen wäre. Das heißt, den Durchschnittssatz können nur diejenigen ehrenamtlich Tätigen erhalten, denen in der Zeit, für die der Durchschnittssatz festgesetzt ist, nachweisbar ein Verdienstausfall entstehen kann (vgl. Schneider/Dreßler/Lüll, a.a.O., Rdnr. 2 zu § 27 HGO).

Dies wird bekräftigt durch § 27 Abs. 1 Satz 2 HGO, wonach durch Satzung ein Durchschnittssatz festzusetzen ist, der nur demjenigen zu Gute kommt, der einen Nachweis für seinen Verdienstausfall vorlegt. Von dieser Nachweispflicht werden die Hausfrauen durch § 27 Abs. 1 Satz 3 HGO ausgenommen. Schon die Gegenüberstellung derjenigen, denen nach § 27 Abs. 1 Satz 2 HGO "nachweisbar ein Verdienstausfall entstehen kann", und der Hausfrauen in § 27 Abs. 1 Satz 3 HGO deutet darauf hin, dass mit Hausfrauen im Sinne der Vorschrift alle diejenigen ehrenamtlich Tätigen gemeint sind, denen ein Verdienstausfall nicht entstehen kann. Ein Verdienstausfall kann naturgemäß - sieht man von völlig untergeordneten Nebenbeschäftigungen einer Hausfrau ab - nur bei denjenigen ehrenamtlich Tätigen eintreten, die normalerweise einen Verdienst haben, also einer vergüteten Beschäftigung nachgehen- Schon aus dieser Betrachtung des § 27 Abs. 1 Sätze 1 bis 3 HGO ergibt sich, dass diejenigen ehrenamtlich Tätigen, die Hausfrauen oder Hausmänner sind, dann nicht vom Nachweis eines Verdienstausfalls befreit sind, wenn ihnen wegen einer nicht unerheblichen vergüteten Tätigkeit ein Verdienstausfall entstehen kann.

Die hessische Regelung stellt demnach für die Frage, wer als Hausfrau im Sinne des § 27 Abs. 1 HGO anzusehen ist, nicht auf die jeweilige Tätigkeit ab, die während der Mandatsausübung erbracht worden wäre, sondern unterscheidet danach, ob die oder der Betreffende nicht nur geringfügiges Einkommen aus Erwerbstätigkeit hat. Hausfrau im Sinne des § 27 Abs. 1 Satz 3 HGO ist nicht, wer Erwerbseinkommen erzielt, sofern dieses nicht nur geringfügig ist. Ob es sich insofern anbietet, als Bemessungsgrenze einer Geringfügigkeit die Versicherungspflichtgrenze von zur Zeit 630,-- DM (§ 8 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 18 SGB IV) heranzuziehen, die 1995 allerdings niedriger lag, muss der Senat hier nicht entscheiden, da jedenfalls ein monatliches Bruttoeinkommen von 1.500,-- DM, wie es die Klägerin 1995 erzielt hat, nicht mehr als geringfügig anzusehen ist.

Im Übrigen folgt aus der in § 27 Abs. 1 Satz 2 HGO getroffenen Regelung, dass jedenfalls der ausschließlich Erwerbstätige, der keinen Haushalt führt, den Durchschnittssatz nicht erhalten kann, wenn er in Zeiten ehrenamtlich tätig ist, in denen er normalerweise seiner Erwerbstätigkeit nicht nachgeht, denn ihm ist es dann nicht möglich, den in § 27 Abs. 1 Satz 2 HGO angesprochenen Nachweis für einen Verdienstausfall vorzulegen. Danach hat z.B. sogar ein Vollzeit-Erwerbstätiger, der an den Freitagen nur vormittags arbeitet, keinen Anspruch auf den Durchschnittssatz, wenn er an Freitagnachmittagen ehrenamtlich tätig ist. Warum ein vergleichbarer Vollzeit-Erwerbstätiger, der normalerweise an den Freitagnachmittagen seinen Haushalt führt, allein wegen dieser zusätzlichen, und im Vergleich zur Erwerbstätigkeit völlig untergeordneten Tätigkeit für die Wahrnehmung des Ehrenamtes den Durchschnittssatz erhalten soll, obwohl es ihm möglich ist, zu anderen Zeiten als am Freitagnachmittag die Hausarbeit zu verrichten (etwa abends oder an Wochenenden), leuchtet nicht ein und ergibt sich aus § 27 Abs. 1 HGO auch nicht. Ein Bedürfnis, ihm den Durchschnittssatz zu gewähren, ist nicht ersichtlich. Dementsprechend berücksichtigt es den aus Art. 3 GG folgenden Grundsatz, wesentlich gleiches gleich zu behandeln, wenn auch ein sonstiger, in nicht unerheblichem Umfang tätiger Teilzeit-Erwerbstätiger für die Zeiten, in denen er normalerweise den Haushalt führt, in aller Regel die sogenannte Hausfrauenpauschale nicht erhält.

Der Beklagte weist auf Seite 3 der Berufungsbegründung vom 7. Oktober 1997 im Übrigen zu Recht darauf hin, dass auch andere Personengruppen für die Mandatsausübung keinen Nachteilsausgleich erhalten. Zu denken sei dabei an berufstätige Personen, die für die Mandatswahrnehmung die erforderliche Freistellung erhielten, dafür aber ohne Kürzung des Verdienstes ihre Arbeit zu einem anderen Zeitpunkt erledigen müssten. Es sei nicht einsichtig, wenn einerseits eine Hausfrau mit nennenswertem Einkommen aus Berufstätigkeit, die wegen der Teilnahme an Sitzungen Hausfrauentätigkeiten in andere Zeiten verlagern müsse, dafür eine Entschädigung erhalte, während dagegen andere Personengruppen diesen Vorteil nicht genössen, obwohl sie ebenfalls ihren mandatsbedingten Ausfall der Arbeit durch Nacharbeit ausgleichen müssten.

Nach allem ist Sinn und Zweck der in § 27 Abs. 1 Sätze 2 und 3 HGO hinsichtlich der Erwerbstätigen und der Hausfrauen getroffenen Unterscheidung der Umstand, dass dann ein Bedürfnis besteht, Hausfrauen einen Ersatz für die für die ehrenamtliche Tätigkeit aufgewandte Zeit zu gewähren, wenn andernfalls ein Erwerbstätiger zwar Ersatz des Verdienstausfalls erhielte, die Hausfrau aber mangels eigenen Verdienstes leer ausginge.

Ob die im Einzelnen dargelegte Unterscheidung der Erwerbstätigen von den Hausfrauen unter Berücksichtigung der historischen Entwicklung sowie heutiger soziologischer und familienpolitischer Anschauungen noch als zeitgemäß anzusehen ist, hat der Senat nicht zu entscheiden. Vielmehr ist insofern vom Inhalt der gesetzlichen Regelungen auszugehen; wie er sich aus dem Wortlaut, dem systematischen Zusammenhang der einzelnen Regelungen sowie ihrem Sinn und Zweck ergibt. Im Übrigen wird die vom Senat getroffene Auslegung dem Erfordernis der möglichst sparsamen Verwendung öffentlicher Mittel eher gerecht als eine Auslegung, bei der ein Erwerbstätiger dann die Hausfrauenpauschale erhalten kann, wenn die betreffende ehrenamtliche Tätigkeit in einer Zeit stattgefunden hat, in der der Erwerbstätige seinen Haushalt versorgt hat.

Aus dem Gesagten folgt, dass der Beklagte entsprechend § 2 Abs. 2 der Entschädigungssatzung zu Recht davon ausgeht, dass regelmäßig nur Personen ohne eigenes Einkommen, die den ehelichen oder einen eheähnlichen oder einen eigenen Hausstand führen, als Hausfrauen bzw. Hausmänner im Sinne der Entschädigungsregelungen anzusehen sind mit der Folge, dass nur ihnen gemäß der in § 27 Abs. 1 Satz 3 HGO getroffenen Regelung die Stundenpauschale ohne einen Nachweis für einen Verdienstausfall gewährt wird.

Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen, da sie unterlegen ist (§ 154 Abs. 1 VwGO).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 132 Abs. 2 VwGO).

Ende der Entscheidung

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