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Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 26.06.2007
Aktenzeichen: 8 UZ 1463/06.A
Rechtsgebiete: AufenthG


Vorschriften:

AufenthG § 60
1. Aus der Notwendigkeit der gerichtlichen Überzeugungsbildung über eine geltend gemachte Verfolgungsgefährdung wegen eines in Deutschland erfolgten Glaubenswechsels vom Islam zum Christentum ergibt sich das Erfordernis der Prüfung, ob der Glaubenswechsel auf einem inneren Bedürfnis oder auf asyltaktischen Erwägungen beruhte, denn nur bei einer ernsthaften Gewissensentscheidung ist einem schutzsuchenden Ausländer ein Verschweigen, Verleugnen oder gar die Aufgabe der neuen Glaubensüberzeugung zur Vermeidung von Repressionen im Heimatland nicht zuzumuten, weil ihm das "religiöse Existenzminimum" entzogen würde und er in eine auswegslose Lage geriete.

2. Auf eine ernsthafte Gewissensentscheidung kommt es nur dann nicht an, wenn schon allein der in Deutschland formal vollzogene Übertritt vom islamischen zum christlichen Glauben mit der hier ausgeübten Glaubensbetätigung im islamischen Heimatland des Schutzsuchenden mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit selbst dann zu erheblichen Verfolgungsmaßnahmen führt, wenn er dort den christlichen Glauben verheimlicht, verleugnet oder aufgibt.


HESSISCHER VERWALTUNGSGERICHTSHOF BESCHLUSS

8 UZ 1463/06.A

In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Asylrechts Afghanistan/Abschiebungsschutz

hier: Zulassung der Berufung

hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof - 8. Senat - durch

Vorsitzenden Richter am Hess. VGH Höllein, Richter am Hess. VGH Dr. Nassauer, Richter am Hess. VGH Jeuthe

am 26. Juni 2007 beschlossen:

Tenor:

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Kassel vom 4. Mai 2006 - 3 E 762/04.A - wird abgelehnt.

Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsantragsverfahrens zu tragen.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe:

Der noch innerhalb der Zwei-Wochen-Frist gemäß § 78 Abs. 4 Sätze 1 und 2 AsylVfG am 20. Juni 2006 beim Verwaltungsgericht eingegangene Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das seiner damaligen Verfahrensbevollmächtigten am 6. Juni 2006 zugestellte Urteil des Verwaltungsgerichts Kassel vom 4. Mai 2006 ist abzulehnen.

Der Kläger hat in dem Zulassungsantragsschreiben seines jetzigen Verfahrensbevollmächtigten vom 20. Juni 2006 den zunächst geltend gemachten Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG nicht in einer den Anforderungen des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylVfG entsprechenden Weise dargelegt.

Grundsätzliche Bedeutung hat eine asylrechtliche Rechtsstreitigkeit nur dann, wenn sie eine rechtliche oder tatsächliche Frage aufwirft, die für die Berufungsinstanz entscheidungserheblich ist und über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit und/oder der Fortbildung des Rechts im allgemeinen Interesse einer Klärung bedarf. Der Zulassungsantrag hat im Einzelnen darzulegen und in rechtlicher sowie in tatsächlicher Hinsicht zu erläutern, warum die Rechtssache eine in diesem Sinne klärungsfähige und klärungsbedürftige Rechts- oder Tatsachenfrage aufwirft.

Zur Begründung der Klärungsbedürftigkeit ist darzulegen, warum eine über die Feststellungen und Wertungen des angefochtenen verwaltungsgerichtlichen Urteils hinausgehende Klärung durch das Berufungsgericht erforderlich ist. Dazu bedarf es einer eingehenden Auseinandersetzung i.d.R. unter Benennung abweichender verwaltungs- oder oberverwaltungsgerichtlicher Entscheidungen, gegensätzlicher Auskünfte, Stellungnahmen, Gutachten, Presseberichte oder sonstiger Erkenntnisquellen, aus denen sich zumindest eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür ergibt, das nicht die Feststellungen, Erkenntnisse und Einschätzungen des Verwaltungsgerichts, sondern die gegenteiligen Behauptungen in der Zulassungsantragsschrift zutreffend sind, so dass zur Klärung der sich dann stellenden Fragen die Durchführung eines Berufungsverfahrens erforderlich erscheint.

Diesen Anforderungen wird das Vorbringen des Klägers nicht gerecht.

Er hat auf Seite 2 unter I. der Zulassungsantragsschrift zwar als grundsätzlich bedeutsam die Fragen aufgeworfen,

"1. ob dem Antragsteller als zum Christentum konvertierter Muslime mit öffentlicher Taufe, Gottesdiensten und regelmäßiger Teilnahme am Bibelkreis eine asylrelevante Verfolgung in Afghanistan nicht droht, wenn er wie vom Verwaltungsgericht vorgeschlagen bei Rückkehr seinen Übertritt leugnet und sich - entgegen seiner Überzeugung - zum Islam konvertiert,

2. ob bei der Beurteilung der Frage der asylrelevanten Verfolgung eines konvertierten Muslimen zum Christentum bei einer Rückkehr nach Afghanistan auf den äußeren Akt, also auf die empfangene Taufe und dem vor Zeugen schriftlich und mündlich abgelegte Bekenntnis "er entsage dem Islam und Mohammed sei kein Prophet", dem regelmäßigem Besuch von Gottesdiensten und Bibelkreisen oder vielmehr auf ein mutmaßliches inneres religiöses Bedürfnis abzustellen ist".

Es ist schon fraglich, ob es an der Entscheidungserheblichkeit dieser beiden Fragen fehlt, weil dem Kläger mit Bescheid vom 12. Oktober 1998 ein Abschiebungshindernis gemäß § 53 Abs. 6 AuslG (heute: § 60 Abs. 7 AufenthG) bestandskräftig zugesprochen worden ist und deshalb für seine auf Feststellung eines weiteren Abschiebungsverbotes gerichtete Klage kein Rechtsschutzbedürfnis bestehen könnte. Wegen der seit Inkrafttreten des Aufenthaltsgesetzes zum 1. Januar 2005 bestehenden Gleichbehandlung der Abschiebungsverbote des § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG in § 25 Abs. 3 und § 59 Abs. 3 AufenthG dürfte das früher angenommene Rangverhältnis zwischen den Abschiebungsverboten nicht mehr anzunehmen sein, so dass bei Vorliegen eines Abschiebungsverbotes (hier: § 60 Abs. 7 AufenthG) die Prüfung eines weiteren Abschiebungsverbotes (hier: § 60 Abs. 2 und 5 AufenthG) nicht mehr erforderlich wäre (vgl. VG Aachen, Urteil vom 19. Dezember 2005 - 6 K 684/03.A - juris Rdnrn. 16 und 18; VG Ansbach, Beschluss vom 22. Dezember 2005 - AN 15 S 05.31536 - juris Rdnr. 13; vgl. jedoch auch BVerwG, Urteil vom 21. November 2006 - 1 C 10/06 - NVwZ 2007 S. 465 ff. = InfAuslR 2007 S. 213 ff. = juris Rdnr. 12).

Diese Frage der Entscheidungserheblichkeit kann jedoch letztlich offen bleiben, denn der Kläger hat jedenfalls die Klärungsbedürftigkeit der von ihm aufgeworfenen Fragen nicht im obigen Sinne hinreichend dargelegt.

Die unter 2. aufgeworfene Frage ist vom Verwaltungsgericht ausweislich der vorgenommenen Prüfung auf den Seiten 6 bis 8 der angefochtenen Entscheidung (zunächst) dahin beantwortet worden, dass bei einer geltend gemachten Verfolgungsgefährdung wegen eines in Deutschland erfolgten Glaubenswechsels vom Islam zum Christentum maßgeblich darauf abzustellen ist, ob dies auf einem inneren Bedürfnis oder auf asyltaktischen Erwägungen beruhte.

Dieses Prüfungserfordernis ergibt sich - ohne dass es dazu der Durchführung eines Berufungsverfahrens bedürfte - aus der Notwendigkeit der gerichtlichen Überzeugungsbildung über die für den Fall der Rückkehr des konvertierten Ausländers in sein Heimatland geltend gemachte religiöse Verfolgungsgefährdung. Denn nur wenn verlässlich festgestellt werden kann, dass die Konversion auf einer glaubhaften Zuwendung zum christlichen Glauben im Sinne einer ernsthaften Gewissensentscheidung, auf einem ernst gemeinten religiösen Einstellungswandel mit einer identitätsprägenden festen Überzeugung und nicht lediglich auf bloßen Opportunitätsgründen beruht, kann - wie das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen hat - davon ausgegangen werden, dass ein Verschweigen, Verleugnen oder gar die Aufgabe der neuen Glaubensüberzeugung zur Vermeidung staatlicher oder nichtstaatlicher Repressionen im Heimatland den Betroffenen grundsätzlich und in aller Regel unter Verletzung seiner Menschenwürde existenziell und in seiner sittlichen Person treffen und in eine ausweglose Lage bringen würde und ihm deshalb nicht zuzumuten ist (zweifelnd BVerfG, Kammerbeschluss vom 19. Dezember 1994 - 2 BvR 1426/91 - InfAuslR 1995 S. 210 f. = juris Rdnrn. 13 f.; vgl. aber auch BVerwG, Urteile vom 18. Februar 1986 - 9 C 16/85 - BVerwGE 74 S. 31 [38] = juris Rdnr. 21 und vom 20. Januar 2004 - 1 C 9/03 - BVerwGE 120 S. 16 ff. = InfAuslR 2004 S. 319 ff.. = NVwZ 2004 S. 1000 ff. = juris Rdnr. 12). Nur bei einem in diesem Sinne ernsthaften Glaubenswechsel könnte das Gericht zu der Überzeugung gelangen, dass der schutzsuchende Ausländer bei einer Rückkehr in sein islamisches Heimatland von seiner neuen christlichen Glaubensüberzeugung nicht ablassen könnte und deshalb in eine auswegslose Lage geriete (vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 15. August 2006 - 22 K 350/05.A - juris Rdnr. 63). Es entspricht deshalb verwaltungsgerichtlicher Praxis, bei einer geltend gemachten Verfolgungsgefährdung wegen eines in Deutschland erfolgten Glaubenswechsels umfassend und erschöpfend zu prüfen, ob der schutzsuchende Ausländer nicht nur formal, sondern auch seiner inneren Überzeugung nach seiner neuen, im Heimatland von Verfolgung bedrohten Religion verbunden ist (vgl. u. a. beispielhaft: VG Düsseldorf, Urteile vom 15. August 2006 a.a.O. juris Rdnrn. 61 f. und vom 29. August 2006 - 2 K 3001/06.A - juris Rdnrn. 37 ff.; VG Meiningen, Urteil vom 10. Januar 2007 - 5 K 20256/03.Me - juris Rdnr. 30; VG Darmstadt, Urteil vom 10. November 2005 - 5 E 1749/03.A(4) - juris, Urteilsabdruck S. 7 f.).

Entgegenstehende verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung hat der Kläger in seiner Zulassungsantragsschrift nicht benannt und ist auch nicht ersichtlich.

Das bedeutet allerdings nicht, dass die vom Kläger in beiden aufgeworfenen Fragen angesprochenen äußeren Umstände, wie die öffentliche Taufe, das vor Zeugen schriftlich und mündlich abgelegte Bekenntnis, dem Islam zu entsagen und Mohammed sei kein Prophet, und wie der regelmäßige Besuch von Gottesdiensten und Bibelkreisen, für die Verfolgungsgefährdung von vornherein völlig irrelevant sind.

Das kann etwa dann anders sein, wenn der in Deutschland formal vollzogene Übertritt vom islamischen zum christlichen Glauben mit der hier ausgeübten Glaubensbetätigung schon allein für sich im islamischen Heimatland des Schutzsuchenden mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit selbst dann zu erheblichen Verfolgungsmaßnahmen führt, wenn er dort den christlichen Glauben verheimlicht, verleugnet oder ggfs. aufgibt (vgl. etwa BVerfG, Kammerbeschluss vom 19. Dezember 1994 a.a.O. juris Rdnr. 14; BVerwG, Urteil vom 20. Januar 2004 a.a.O. juris Rdnr. 10). Das würde aber nicht nur eine in diesem Sinne dort regelmäßig und mit hinreichender Dichte geübte Verfolgungspraxis, sondern auch voraussetzen, dass die allein in Deutschland stattgefundenen Geschehnisse den staatlichen Stellen oder maßgeblichen Gruppen im Heimatland des Betroffenen mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit bekannt werden.

Soweit dazu das Verwaltungsgericht (ergänzend) auf Seite 8 seiner Entscheidungsgründe ausgeführt hat, es sei nicht ersichtlich, dass die afghanischen Behörden von der Taufe des Klägers und seinem Bekenntnis, er entsage dem Islam und Mohammed sei kein Prophet, Kenntnis erlangt haben könnten, hat der Kläger dazu nichts ausgeführt, so dass es deshalb schon an einer Entscheidungserheblichkeit der von ihm zu einer derartigen afghanischen Verfolgungspraxis aufgeworfenen Fragen fehlen dürfte.

Jedenfalls hat er aber eine Klärungsbedürftigkeit für diese unter 1. aufgeworfene Tatsachenfrage nicht hinreichend dargelegt; abgesehen davon, dass der Kläger - entgegen seinen Formulierungen - nach den hier maßgeblichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts nicht "entgegen seiner Überzeugung" seinen Übertritt zum christlichen Glauben leugnen und wieder zum Islam konvertieren und dabei "vorgeben" müsste, nur aus asyltaktischen Gründen zum Christentum übergetreten zu sein.

Entgegen den oben aufgeführten Darlegungsanforderungen hat er jedenfalls weder gerichtliche Entscheidungen noch tatsächliche Erkenntnisquellen angeführt, die eine derartige Verfolgungspraxis wegen eines im Ausland nur formal getätigten Religionswechsels in Afghanistan beachtlich wahrscheinlich erscheinen lassen könnten.

Der Hinweis auf die bereits "in Deutschland" einsetzende Verfolgung von - innerlich überzeugten - Konvertiten ist dafür nicht geeignet, zumal die eingereichten Berichte aus dem Internet nicht afghanische, sondern iranische Staatsangehörige betreffen; selbst für diese wird wegen eines im Ausland erfolgten Übertritts zum Christentum eine beachtliche generelle Verfolgungswahrscheinlichkeit verneint und nur für herausgehobene Kirchenführer etc. angenommen (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Januar 2004 a.a.O. juris Rdnr. 10).

Die Berufung auf den einzigen bisher für Afghanistan bekannt gewordenen und in dem vom Kläger eingereichten Bericht der Zeitung "Die Welt" vom 29. März 2006 dargestellten Fall kann eine Klärungsbedürftigkeit im Hinblick auf eine allein auf den formalen Glaubensübertritt in Deutschland bezogene Verfolgungsgefährdung nicht begründen. Der fragliche Pressebericht enthält nämlich keine Aussage über das Verhalten des Abdul Rahman in Afghanistan. Aus anderen Berichten ergibt sich aber, dass er auf Grund eines Familienzwists u. a. wegen seines Glaubenswechsels in Kabul angezeigt worden sei und sich gegenüber der Staatsanwaltschaft bzw. gegenüber dem Richter geweigert habe, seinen christlichen Glauben aufzugeben und zum Islam zurückzukehren, obwohl ihm dann verziehen und die Anklage fallengelassen worden wäre (vgl. u.a. RP online vom 19. März 2006 und FR online vom 21. März 2006); es spricht nach einem Bericht sogar viel dafür, dass er ein physisch schwer angeschlagener Mann und nicht immer "Herr seiner Sinne" gewesen sei (vgl. Spiegel 14/2006 vom 3. April 2006 S. 118). Abgesehen von dem danach in diesem Fall verfolgungsverursachenden Verhalten in Afghanistan selbst sind weitere konkrete Fälle von Verfolgungsmaßnahmen wegen eines im Ausland erfolgten Religionswechsels nicht mehr bekannt geworden.

Zwar wird darüber berichtet, dass vom Islam zum Christentum übergetretene Konvertiten in Afghanistan gezwungen seien, ihre Religion allenfalls im häuslichen Rahmen auszuüben, auch wenn Repressionen in städtischen Gebieten wegen der größeren Anonymität weniger zu befürchten seien als in Dorfgebieten (vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht Afghanistan vom 17. März 2007, Stand: Februar 2007, S. 14 f.), dass sie sich sogar verstecken und ihren Glauben verheimlichen müssten (vgl. Auswärtiges Amt, Auskunft an VG Hamburg vom 22. Dezember 2004, unter Berufung auf Angaben der Unabhängigen Afghanischen Menschenrechtskommission) und dass für eine Konvertitin praktisch nicht einmal eine heimliche Glaubensausübung möglich sei (vgl. Gutachten Dr. Danesch an VG Braunschweig vom 13. Mai 2004 S. 2). Diese Auskünfte beziehen sich aber ebenfalls nur auf die Gefährdungssituation, die für zum Christentum konvertierte Afghanen dadurch entsteht, dass sie ihren neuen Glauben in ihrem Heimatland beibehalten und dort ausüben wollen.

Eine Klärungsbedürftigkeit für die in der Fragestellung des Klägers enthaltene Behauptung, allein wegen des in Deutschland nach außen erkennbaren Glaubenswechsels und der hier geübten Glaubensbetätigung könne eine asylrelevante Verfolgung in Afghanistan drohen, ergibt sich daraus aber nicht; ganz abgesehen davon, dass der Kläger diese Erkenntnisse selbst nicht angeführt hat.

Dem klägerischen Antragsschreiben lässt sich weiterhin nicht der auf Seite 4 unter II. geltend gemachte Zulassungsgrund gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 2 AsylVfG wegen einer Abweichung von dem - bereits oben zitierten - Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 20. Januar 2004 - 1 C 9/03 - entnehmen.

Eine Divergenzzulassung setzt die Darlegung voraus, dass das Verwaltungsgericht in dem angefochtenen Urteil einen entscheidungserheblichen Rechtsgrundsatz aufgestellt hat, der einem in der genannten Divergenzentscheidung aufgestellten (abstrakten) Rechtssatz widerspricht, und dass eine solche Abweichung auch tatsächlich vorliegt. Da es sich bei der Divergenzberufung um einen Unterfall der Grundsatzberufung handelt, muss mit der Divergenzrüge weiterhin eine grundsätzliche Frage aufgeworfen werden, die insbesondere aus Gründen der Rechtssicherheit und der Rechtseinheitlichkeit im allgemeinen Interesse einer Klärung bedarf.

Einen solchen abstrakten Rechtssatz des Bundesverwaltungsgerichts, von dem das angefochtene Urteil abgewichen sein soll, hat der Kläger nicht ausdrücklich formuliert. Immerhin lässt sich seinen Ausführungen die Anforderung des Bundesverwaltungsgerichts entnehmen, es müsse geprüft werden, ob der Besuch von Gottesdiensten abseits der Öffentlichkeit im Sinne eines religiösen Existenzminimums ohne Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit im Heimatland eines hier konvertierten Ausländers möglich sei (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Januar 2004 a.a.O. juris Rdnr. 18); dies habe das Verwaltungsgericht offen gelassen, weil sich der Kläger seiner Ansicht nach nicht aus einem inneren Bedürfnis dem Christentum zugewandt habe, so dass er kein "forum internum" benötige.

Damit ist nach den oben zur fehlenden grundsätzlichen Bedeutung der vorliegenden Rechtssache angeführten Gründen eine Divergenz zu der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts nicht dargelegt, weil danach eine religiöse Verfolgung durch Entzug des "religiösen Existenzminimums" einen solchen schutzsuchenden Ausländer nicht treffen kann, der lediglich aus asyltaktischen Gründen zum christlichen Glauben übergetreten und deshalb gerade nicht in seiner "religiös-personalen Identität" betroffen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Januar 2004 a.a.O. juris Rdnr. 13).

Soweit der Kläger zu dieser Einschätzung des Verwaltungsgerichts rügt, diese sei auf Grund einer "beliebig mit der aus einer Momentaufnahme des Gerichts gewonnenen subjektiven Einschätzung" erfolgt, handelt es sich lediglich um eine inhaltliche Kritik an der verwaltungsgerichtlichen Einzelfallwürdigung, die eine Berufungszulassung gemäß § 78 Abs. 3 AsylVfG nicht rechtfertigen kann.

Schließlich liegt auch der vom Kläger auf Seite 5 unter III. seiner Zulassungsantragsschrift geltend gemachte Zulassungsgrund gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylVfG i.V.m. § 138 Nr. 6 VwGO wegen eines "nicht mit Gründen versehenen" Urteils nicht vor.

Ein solcher Verfahrensmangel ist nur dann anzunehmen, wenn in einem Urteil wesentliche Entscheidungsgründe entweder gänzlich fehlen oder so formelhaft, unverständlich oder in sich widersprüchlich abgefasst sind, dass nicht erkennbar ist, welche tatsächlichen Feststellungen oder rechtlichen Erwägungen für die gerichtliche Entscheidung insgesamt - also auch für einzelne Ansprüche oder Teilfragen - maßgeblich waren (vgl. u.a. Bayer. VGH, Beschluss vom 17. August 2005 - 1 ZB 05.30344 - und Hess. VGH, Beschluss vom 15. Januar 1990 - 12 TE 3516/88 - jeweils juris m.w.N.).

Das ist hier aber nicht der Fall.

Soweit der Kläger wegen des uneingeschränkt auf "die Voraussetzungen des § 60 AufenthG" zielenden Klageantrags Ausführungen des Verwaltungsgerichts zum Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG vermisst, ist ihm entgegenzuhalten, dass diese nicht Gegenstand des vorliegenden Klageverfahrens waren, denn über die Voraussetzungen der Vorgängervorschrift des § 51 Abs. 1 AuslG war bereits durch Urteil des Verwaltungsgerichts Kassel vom 12. Dezember 2003 - 3 E 2603/01.A - rechtskräftig negativ entschieden worden.

Gegenstand des vorliegenden Verfahrens war lediglich der Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 25. Februar 2004, mit dem das Vorliegen von Abschiebungshindernissen nach § 53 Abs. 1 und 4 AuslG verneint worden war; die mit Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 12. Oktober 1998 getroffene Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 53 Abs. 6 AuslG (heute: § 60 Abs. 7 AufenthG) ist nämlich nach wie vor gültig, so dass das Verwaltungsgericht die Abschiebungsandrohung hinsichtlich Afghanistans gemäß § 59 Abs. 3 AufenthG aufgehoben und dies auf Seite 8 des Urteils begründet hat. Da nach dem hier fraglichen Bescheid vom 25. Februar 2004 allenfalls noch das Abschiebungshindernis gemäß § 53 Abs. 1 AuslG (heute: § 60 Abs. 2 AufenthG) hinsichtlich der Frage einer drohenden Folter prüfungsrelevant gewesen wäre, kann nicht davon die Rede sein, dass die maßgeblichen Erwägungen des Gerichts sich dem Urteil nicht entnehmen lassen. Die Ausführungen zur Ablehnung eines Abschiebungshindernisses gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 9 EMRK sind ohne weiteres auch auf dieses Abschiebungsverbot übertragbar; dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 3 und 4 AufenthG nicht vorliegen, bedurfte keiner Begründung.

Nach alledem ist der Zulassungsantrag des Klägers mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 2 VwGO abzulehnen; Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylVfG nicht erhoben.

Dieser Beschluss ist gemäß § 78 Abs. 5 Satz 2 und § 80 AsylVfG unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

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