Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 05.01.2004
Aktenzeichen: 9 TG 2872/03
Rechtsgebiete: VwGO


Vorschriften:

VwGO § 91
VwGO § 146 Abs. 4
Eine nachträgliche Antragshäufung bei der Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ist als Antragsänderung jedenfalls unzulässig, wenn die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts über den erstinstanzlichen Streitgegenstand nicht den Darlegungserfordernissen des § 146 Abs. 4 S. 3 VwGO genügt.
Hessischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss

9 TG 2872/03

In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Ausländerrechts

hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof - 9. Senat - durch

Vorsitzenden Richter am Hess. VGH Dr. Teufel, Richter am Hess. VGH Dr. Fischer, Richter am Hess. VGH Schönstädt,

am 5. Januar 2004 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 16. September 2003 (Az.: 11 G 4244/03[3]) wird als unzulässig verworfen.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 6.000,-- € festgesetzt.

Gründe:

Die Beschwerde, mit der die Antragstellerin beantragt,

unter Aufhebung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 16. September 2003 - 11 G 4244/03(3) - die aufschiebende Wirkung ihrer Klage beim Verwaltungsgericht Frankfurt am Main - 11 E 3729/03(3) - anzuordnen,

hilfsweise,

nach § 123 VwGO die Vollstreckung der aufenthaltsbeendenden Verfügung auszusetzen, bis über ihre Klage beim Verwaltungsgericht Frankfurt am Main - 11 E 3729/03(3) - und die Klage ihrer Tochter beim Verwaltungsgericht Frankfurt am Main - 11 E 3727/03(3) - betreffend die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis entschieden sei, ist gemäß § 146 Abs. 4 Satz 4 VwGO als unzulässig zu verwerfen.

Die unter der Geschäftsnummer 11 E 3729/03 beim Verwaltungsgericht Frankfurt am Main geführte Klage richtet sich gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 8. April 2003, mit dem die Antragstellerin ausgewiesen und ihr Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis abgelehnt wurde.

Soweit die Antragstellerin mit der Beschwerde ihr erstinstanzliches Eilbegehren weiter verfolgt, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs bzw. der Klage gegen die Ausweisungsverfügung im Bescheid der Antragsgegnerin vom 8. April 2003 wiederherzustellen, hat sie den Darlegungserfordernissen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO nicht genügt.

Nach § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO muss die Beschwerdebegründung einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzen. Diesen Darlegungsanforderungen wird ein Beschwerdeführer nur gerecht, wenn er aufzeigt, in welchen Punkten und weshalb die Entscheidung des Verwaltungsgerichts aus seiner Sicht überprüfungsbedürftig ist. Der Beschwerdeführer muss die Begründung des Verwaltungsgerichts aufgreifen und konkret darlegen, aus welchen Erwägungen heraus er sie für unrichtig hält (vgl. Senatsbeschluss vom 1. Dezember 2003 - 9 TG 2806/03 -).

Das Vorbringen der Antragstellerin wird diesen Anforderungen nicht gerecht. Sie hat es versäumt, sich mit den entscheidungstragenden Erwägungen des angegriffenen verwaltungsgerichtlichen Beschlusses in der von § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO geforderten Weise auseinander zu setzen. Die Ablehnung des gegen die Ausweisungsverfügung gerichteten Aussetzungsantrags auf Grund fehlenden Rechtschutzbedürfnisses durch das Verwaltungsgericht wird von der Antragstellerin im Beschwerdeschriftsatz nicht thematisiert.

Soweit die Antragstellerin erstmalig im Beschwerdeverfahren zusätzlich sinngemäß begehrt, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs bzw. der Klage gegen die Versagung der Aufenthaltserlaubnis im Bescheid der Antragsgegnerin vom 8. April 2003 anzuordnen, hilfsweise die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, bis zur verwaltungsgerichtlichen Entscheidung in den unter den Geschäftsnummern 11 E 3727/03(3) und 11 E 3729/03(3) geführten Klageverfahren von der Abschiebung abzusehen, scheitert die Zulässigkeit dieser nachträglichen Antragshäufung im Rechtsmittelverfahren jedenfalls daran, dass die den erstinstanzlichen Streitgegenstand betreffende Beschwerde der Antragstellerin unzulässig ist. Dabei kann offen bleiben, ob im Verfahren des vorläufigen Rechtschutzes eine Antragsänderung entsprechend § 91 VwGO im Beschwerdeverfahren prinzipiell ausscheidet, weil die Einführung eines neuen oder zusätzlichen Streitgegenstandes dem Beschleunigungszweck zuwider läuft, den der Gesetzgeber mit dem Begründungserfordernis in § 146 Abs. 4 Sätze 2 und 3 VwGO sowie der Einschränkung der Prüfungsbefugnis des Beschwerdegerichts in § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO akzentuiert hat (vgl. Hamburgisches OVG, Beschluss vom 2. Oktober 2002 - 4 Bs 257/02 -, Nachweis bei Juris; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 12. April 2002 - 7 S 653/02 -, NVwZ 2002, 883). Denn selbst wenn eine Erweiterung des Streitgegenstandes im Beschwerdeverfahren in entsprechender Anwendung des § 91 VwGO für zulässig erachtet wird, so setzt dies zumindest voraus, dass die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts über den erstinstanzlichen Streitgegenstand den Anforderungen des § 146 Abs. 4 Sätze 2 und 3 VwGO genügt. Erst wenn die Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses durch die Beschwerdebegründung in Zweifel gezogen ist, kann der Verwaltungsgerichtshof selbst in der Sache entscheiden und ist es überhaupt denkbar, dass der Antragsteller sein Eilrechtschutzgesuch im Beschwerdeverfahren austauscht oder erweitert (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 3. Dezember 2002 - 8 TG 2413/02 -, NVwZ-RR 2003, 756, 757). Andernfalls ist gemäß § 146 Abs. 4 Satz 4 VwGO - wie hier - die Beschwerde zwingend als unzulässig zu verwerfen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Festsetzung des Streitwertes für das Beschwerdeverfahren auf 6.000,-- € beruht auf §§ 14 Abs. 1, 13 Abs. 1 Satz 2, 19 Abs. 1 Satz 2, 20 Abs. 3 GKG. Die Antragstellerin hat sich im Beschwerdeverfahren mit drei Anträgen gegen aufenthaltsbeendende Maßnahmen gewandt. Das Interesse der Antragstellerin am jeweiligen Antrag bewertet der Senat mit der Hälfte des gesetzlichen Auffangstreitwertes nach § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG. Nach § 19 Abs. 1 Satz 2 GKG sind die Streitwerte für Haupt- und Hilfsantrag zusammenzurechnen.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 25 Abs. 3 Satz 2 GKG).

Ende der Entscheidung

Zurück