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Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 23.01.2003
Aktenzeichen: 9 UE 1735/98.A
Rechtsgebiete: GG, AuslG
Vorschriften:
GG Art. 16 a Abs. 1 | |
AuslG § 51 Abs. 1 | |
AuslG § 53 Abs. 6 |
2. Im Übrigen Fortführung der bisherigen Rechtsprechung des Senats, wonach Mitgliedern der AAPO oder ihrer Exilorganisation im Falle ihrer Rückkehr nach Äthiopien wegen ihrer Mitgliedschaft oder wegen niederer Funktionärstätigkeiten für die AAPO ohne das Hinzutreten weiterer Umstände keine politische Verfolgung durch die EPRDF-Regierung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht.
9 UE 1735/98.A VG Wiesbaden 5 E 30710/95.A (3)
Hessischer Verwaltungsgerichtshof Im Namen des Volkes Urteil
In dem Verwaltungsstreitverfahren
wegen Asylrechts
hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof - 9. Senat - durch
als Berichterstatter auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 23. Januar 2003 für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung des Bundesbeauftragten für Asylangelegenheiten wird der Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts Wiesbaden vom 23. Dezember 1996 (Az.: 5 E 30710/95.A <3>) aufgehoben, soweit die Beklagte verpflichtet worden ist, den Kläger als Asylberechtigten anzuerkennen und festzustellen, dass bei dem Kläger Abschiebungshindernisse nach § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen und die Abschiebungsandrohung hinsichtlich Äthiopien aufgehoben worden ist. Insoweit wird die Klage abgewiesen. Die Beklagte wird verpflichtet festzustellen, dass bei dem Kläger Abschiebungshindernisse nach § 53 Abs. 6 AuslG hinsichtlich Äthiopien vorliegen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger 5/6, der Bundesbeauftragte für Asylangelegenheiten zu 1/6 zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, falls nicht der jeweilige Kostengläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der am in geborene Kläger ist äthiopischer Staatsangehöriger amharischer Volkszugehörigkeit. Er reiste eigenen Angaben zufolge am 6. November 1994 in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragte am 22. November 1994 seine Anerkennung als Asylberechtigter.
Am 23. November 1994 wurde der Kläger beim Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge im Rahmen der Vorprüfung zu seinen Asylgründen angehört. Dort führte er aus, er habe in Äthiopien vor seiner Ausreise bei der orthodoxen Kirche gearbeitet und sich im Juli 1992 der Oppositionspartei AAPO angeschlossen. Bei seiner kirchlichen Arbeit habe er die äthiopische Bevölkerung über die Ziele und Pläne der AAPO informiert. Im Februar 1994 sei er von EPRDF-Angehörigen verhaftet und in ein Gefängnis in Debre Berhan gebracht worden. Er sei dann von Ende Februar bis Mai 1994 im Gefängnis gewesen und dort auch gefoltert worden. Man habe ihm vorgeworfen, dass er im Rahmen seiner kirchlichen Tätigkeit die Bevölkerung gegen die Regierung aufgewiegelt habe. Mit Hilfe der Kirche sei er dann letztendlich wieder freigekommen. Man habe ihm aber gesagt, er könne durchaus wieder ins Gefängnis kommen, wenn er sich nicht auf die Wahrnehmung seiner kirchlichen Aufgaben beschränke. Auch habe er im September 1994 noch einmal an einer Demonstration teilgenommen, die anlässlich der Gerichtsverhandlung gegen in stattgefunden habe. Dabei hätten ihn einige Wachleute gesehen und er habe daraufhin Äthiopien verlassen, aus Angst, getötet zu werden.
Mit Bescheid vom 22. Mai 1995 lehnte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge den Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigter ab und stellte fest, dass weder die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG noch Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG vorliegen. Darüber hinaus wurde der Kläger aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb eines Monats nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens zu verlassen und ihm für den Fall der Nichteinhaltung der Ausreisefrist die Abschiebung nach Äthiopien oder in einen anderen Staat, in den er einreisen darf oder der zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist, angedroht. Auf die Begründung dieses Bescheids wird Bezug genommen (vgl. Bl. 28 ff. der Bundesamtsakte).
Gegen den ihm am 24. Mai 1995 zugestellten Ablehnungsbescheid hat der Kläger am gleichen Tage Klage erhoben. Zu deren Begründung bezog er sich im Wesentlichen auf sein Vorbringen während der Vorprüfungsanhörung, das er vertiefte und ergänzte. Des Weiteren bat er unter Vorlage der Kopie einer Geburtsurkunde um die Korrektur seines bislang angenommenen Geburtsdatums. Im Hinblick auf dieses Dokument wird auf Bl. 31 f. der Gerichtsakte verwiesen.
Der Kläger beantragte,
den Bescheid der Beklagten vom 22. Mai 1995 aufzuheben und diese zu verpflichten, den Kläger als asylberechtigt im Sinne des Art. 16 a GG anzuerkennen und festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG sowie Abschiebungshindernisse gemäß § 53 AuslG vorliegen.
Die Beklagte beantragte,
die Klage abzuweisen.
Mit Gerichtsbescheid vom 23. Dezember 1996 verpflichtete das Verwaltungsgericht Wiesbaden die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 22. Mai 1995, den Kläger als Asylberechtigten anzuerkennen sowie festzustellen, dass für ihn die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG (im Tenor irrtümlich: AsylVfG) vorliegen. Zur Begründung heißt es im Wesentlichen, das Auswärtige Amt habe dem Verwaltungsgericht nicht alle Erkenntnisse und Informationen über die politischen Verhältnisse in Äthiopien, insbesondere über eine mögliche Verfolgung von Mitgliedern der oppositionellen AAPO mitgeteilt. Da nur solche Umstände ernsthaft verschweigenswürdig seien, die asylerheblich seien, würdige das Gericht das Verschweigen maßgeblicher, wenn nicht nahezu aller Informationen über die politische Lage der einzigen als Partei zugelassenen und zugleich größten oppositionellen Organisation in Äthiopien durch das Auswärtige Amt im Ergebnis dahingehend, dass jeder Äthiopier, der als möglicherweise oppositionell eingestellt oder tätig angesehen werde, ernsthaft und unmittelbar mit Verfolgung zu rechnen habe. Deshalb genüge schon die Asylantragstellung in der Bundesrepublik Deutschland, um - anknüpfend an die Verweigerung aussagekräftiger und fundierter Berichte des Auswärtigen Amtes - das Vorliegen von politischer Verfolgung festzustellen.
Mit Schriftsatz vom 28. Januar 1997 stellte der Bundesbeauftragte für Asylangelegenheiten den Antrag,
die Berufung zuzulassen.
Diesem Antrag entsprach der 3. Senat des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs mit Beschluss vom 27. März 1998, weil das angefochtene Urteil im Hinblick auf die Verfolgungsgefährdung wegen Asylantragstellung in relevanter Weise nachträglich von der Entscheidung des Senats vom 18. Dezember 1997 - 3 UE 3402/97.A - abweiche.
Im Berufungsverfahren führte der Bundesbeauftragte für Asylangelegenheiten aus, die Begründetheit des Rechtsmittels ergebe sich bereits aus der im Zulassungsbeschluss dargestellten Divergenz der angefochtenen Entscheidung von der Rechtsprechung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs.
Der Bundesbeauftragte für Asylangelegenheiten beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts Wiesbaden vom 23. Dezember 1996 abzuändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Im Hinblick auf die dazu schriftsätzlich gegebene Begründung, in der u. a. auf exilpolitische Aktivitäten des Klägers im Rahmen einer äthiopischen Kirchengemeinde verwiesen wird, wird auf die Schriftsätze vom 29. Juli 1998 (Bl. 98 bis 112 der Gerichtsakte), vom 1. April 1999 (Bl. 203 bis 259 der Gerichtsakte), vom 29. Januar 2002 (Bl. 277 bis 282 der Gerichtsakte) sowie vom 13. Dezember 2002 (Bl. 317 der Gerichtsakte) Bezug genommen.
Die Beklagte stellt im Berufungsverfahren keinen Antrag.
Im Rahmen der mündlichen Verhandlung wurde dem Kläger Gelegenheit zum Ausräumen etwaiger Widersprüchlichkeiten seines Vorbringens und zur Ergänzung seines bisherigen Sachvortrags gegeben. Im Übrigen wurde der Kläger zu den von ihm angegebenen Gründen seiner Ausreise, seinen exilpolitischen Aktivitäten in Deutschland und seiner persönlichen Lebenssituation ergänzend informatorisch angehört. Diesbezüglich wird auf die Sitzungsniederschrift vom 23. Januar 2003 Bezug genommen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter einverstanden erklärt.
Die Verwaltungsvorgänge des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (1 Hefter) betreffend den Kläger sind beigezogen und ebenso zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden, wie die den Beteiligten mit der Terminsladung sowie in der mündlichen Verhandlung bekannt gegebenen Auskünfte und sonstigen Erkenntnisquellen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Akteninhalt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Gemäß §§ 125 Abs. 1, 87 a Abs. 2 und 3 VwGO entscheidet im Einverständnis der Beteiligten der Berichterstatter anstelle des Senats.
Die zugelassene Berufung ist auch ansonsten zulässig; sie ist insbesondere in einer den Anforderungen des - auch in Asylstreitverfahren geltenden - § 124 a Abs. 3 VwGO noch genügenden Weise begründet worden. Der Bundesbeauftragte für Asylangelegenheiten hat nach Zustellung des Zulassungsbeschlusses vom 27. März 1998 am 5. Mai 1998 mit Schriftsatz vom 13. Mai 1998 einen bestimmten Berufungsantrag gestellt und wegen der Begründung auf die Ausführungen im Zulassungsbeschluss Bezug genommen. Darin liegt eine ordnungsgemäße Berufungsbegründung. Sie genügt den Anforderungen des § 124 a Abs. 4 VwGO, da der Bundesbeauftragte für Asylangelegenheiten mit der zulässigen Bezugnahme auf den Zulassungsbeschluss hinreichend deutlich dargelegt hat, warum das verwaltungsgerichtliche Urteil aus seiner Sicht keinen Bestand haben kann (vgl. zu den inhaltlichen Anforderungen an die Berufungsbegründung: BVerwG, Urteil vom 30. Juni 1998 - BVerwG 9 C 6.98 -, BVerwGE 107, 117 = NVwZ 1998, S. 1311).
Die Berufung des Bundesbeauftragten für Asylangelegenheiten ist begründet, soweit das Verwaltungsgericht der auf die Verpflichtung zur Asylanerkennung nach Art. 16 a GG und auf Feststellung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG gerichteten Klage stattgegeben hat. Der angefochtene Gerichtsbescheid war daher insoweit und auch soweit durch das Verwaltungsgericht die Abschiebungsandrohung aufgehoben worden ist, aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Ziffer 1, 2 und 4 des angefochtenen Bescheids des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Denn der Kläger hat in dem nach § 77 Abs. 1 AsylVfG maßgeblichen Zeitpunkt der Berufungsentscheidung keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte ihn als Asylberechtigten nach Art. 16 a Abs. 1 GG anerkennt (I.) und feststellt, dass in seiner Person die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG (II.) oder Abschiebungshindernisse nach § 53 Abs. 4 AuslG (III.) vorliegen. Unbegründet ist die Berufung allerdings, soweit es um die Feststellung von Abschiebungshindernissen nach § 53 Abs. 6 AuslG (IV.) geht. Ungeachtet dessen erweist sich auch die Abschiebungsandrohung als rechtmäßig (V.). Daraus ergeben sich die zu treffenden Nebenentscheidungen (VI.).
I.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter nach Art. 16 a Abs. 1 GG.
Asylrecht als politisch Verfolgter im Sinne von Art. 16 a Abs. 1 GG genießt, wer bei einer Rückkehr in seine Heimat aus politischen Gründen Verfolgungsmaßnahmen mit Gefahr für Leib und Leben oder Beeinträchtigungen seiner persönlichen Freiheit zu erwarten hat (BVerfG, Beschluss vom 2. Juli 1980 - 1 BvR 147/80 -, BVerfGE 54, 341). Wer unverfolgt seinen Heimatstaat verlassen hat, ist gemäß § 28 AsylVfG nur dann als Asylberechtigter anzuerkennen, wenn ihm aufgrund eines beachtlichen Nachfluchttatbestandes politische Verfolgung droht (BVerfG, Beschluss vom 26. November 1986 - 2 BvR 1058/85 -, BVerfGE 74, 51).
Eine Verfolgung ist in Anlehnung an den Flüchtlingsbegriff des Art. 1 Abschnitt A Nr. 2 Genfer Konvention - GK - als politisch im Sinne von Art. 16 a Abs. 1 GG anzusehen, wenn sie auf die Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder die politische Überzeugung des Betroffenen zielt (BVerfG, Beschluss vom 1. Juli 1987 - 2 BvR 478/86 -, BVerfGE 76, 143; BVerwG, Urteil vom 26. Juni 1984 - BVerwG 9 C 185.83 -, BVerwGE 69, 320). Diese spezifische Zielrichtung ist anhand des inhaltlichen Charakters der Verfolgung nach deren erkennbarem Zweck, nicht nach den subjektiven Motiven des Verfolgenden zu ermitteln (BVerfG, Beschluss vom 10. Juli 1989 - 2 BvR 502/86 -, BVerfGE 80, 315). Werden nicht Leib, Leben oder die physische Freiheit gefährdet, sondern andere Grundfreiheiten wie etwa die Religionsausübung oder die berufliche und wirtschaftliche Betätigung, so sind nur solche Beeinträchtigungen asylrelevant, die nach Intensität und Schwere die Menschenwürde verletzen und über das hinausgehen, was die Bewohner des Heimatstaates aufgrund des dort herrschenden Systems allgemein hinzunehmen haben (BVerfG, Beschluss vom 1. Juli 1987 - 2 BvR 478/86 -, a. a. O.).
Die Gefahr einer derartigen Verfolgung ist gegeben, wenn dem Asylsuchenden bei verständiger Würdigung aller Umstände seines Falles politische Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht, wobei die insoweit erforderliche Zukunftsprognose auf die Verhältnisse im Zeitpunkt der letzten gerichtlichen Tatsachenentscheidung abgestellt und auf einen absehbaren Zeitraum ausgerichtet sein muss (BVerwG, Urteil vom 3. Dezember 1985 - BVerwG 9 C 22.85 -, NVwZ 1986, 760). Die Prüfung der beachtlichen Wahrscheinlichkeit erfordert eine qualifizierende Betrachtungsweise, die neben der Eintrittswahrscheinlichkeit auch die zeitliche Nähe des befürchteten Eingriffs berücksichtigt (BVerwG, Urteil vom 14. Dezember 1993 - BVerwG 9 C 45.92 -, EZAR 200 Nr. 30).
Einem Asylbewerber, der bereits einmal politisch verfolgt war, kann eine Rückkehr in seine Heimat nur zugemutet werden, wenn die Wiederholung von Verfolgungsmaßnahmen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen ist (BVerfG, Beschluss vom 2. Juli 1980 - 1 BvR 147/80 -, a. a. O.). Allerdings kann die Asylanerkennung wegen anderweitigen Verfolgungsschutzes, insbesondere nach Einreise aus einem sicheren Drittstaat, ausgeschlossen sein (Art. 16 a Abs. 2 GG; §§ 26 a, 27, 29 Abs. 1 und 2 AsylVfG; vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Mai 1996 - 2 BvR 1938/93 -, BVerfGE 94, 49).
Aufgrund der ihm obliegenden prozessualen Mitwirkungspflicht ist der Asylbewerber gehalten, von sich aus umfassend die in seine Sphäre fallenden Ereignisse substantiiert und in sich schlüssig zu schildern sowie eventuelle Widersprüche zu seinem Vorbringen in früheren Verfahrensstadien nachvollziehbar aufzulösen, so dass sein Vortrag insgesamt geeignet ist, den Asylanspruch lückenlos zu tragen (BVerwG, Urteil vom 23. Februar 1988 - BVerwG 9 C 32.87 -, EZAR 630 Nr. 25). Insbesondere muss das Vorbringen den politischen Charakter der Verfolgungsmaßnahmen deutlich hervortreten lassen (BVerwG, Urteil vom 22. März 1983 - BVerwG 9 C 68.81 -, Buchholz 402.24 Nr. 44 zu § 28 AuslG). Bei der Darstellung der allgemeinen Umstände im Herkunftsland genügt es dagegen, dass die vorgetragenen Tatsachen die nicht entfernt liegende Möglichkeit politischer Verfolgung ergeben.
Die Gefahr einer asylrelevanten Verfolgung kann schließlich nur festgestellt werden, wenn sich das Gericht in vollem Umfang die Überzeugung von der Wahrheit des von dem Asylbewerber behaupteten individuellen Verfolgungsschicksals verschafft, wobei allerdings der sachtypische Beweisnotstand hinsichtlich der Vorgänge im Verfolgerstaat bei der Auswahl der Beweismittel und bei der Würdigung des Vortrags und der Beweise angemessen zu berücksichtigen ist (BVerwG, Urteil vom 12. November 1985 - BVerwG 9 C 27.85 -, InfAuslR 1986, 79).
Ausgehend von diesen allgemein anerkannten Grundsätzen kann aufgrund der persönlichen Angaben des Klägers zu seinem Asylbegehren bei der Vorprüfungsanhörung am 23. November 1994 und im Rahmen seiner informatorischen Anhörung im Berufungsverfahren am 23. Januar 2003 sowie seiner übrigen schriftsätzlichen Äußerungen im Rahmen des Verwaltungs- und Gerichtsverfahrens unter Berücksichtigung der in das Verfahren eingeführten Auskünfte und sonstigen Erkenntnisquellen zur Überzeugung des Senats nicht festgestellt werden, dass der Kläger wegen bereits erlittener oder drohender Verfolgung Äthiopien verlassen hat und ihm bei Rückkehr dorthin asylrelevante politische Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht.
Der Kläger ist nicht vorverfolgt.
Vorverfolgt sind nur Personen, bei deren Ausreise aus dem Heimatland politische Verfolgung schon eingetreten war und denen bereits zu diesem Zeitpunkt politische Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohte (vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Dezember 1993 - BVerwG 9 C 45.92 -, Buchholz 402.25 AsylVfG § 1 Nr. 166).
Diese Voraussetzungen erfüllt der Kläger nicht.
Der Senat vermochte nicht die Überzeugung zu gewinnen, dass der Kläger mit den von ihm dargestellten Umständen und Gründen seiner Ausreise aus Äthiopien einen tatsächlich erlebten Geschehensablauf wiedergegeben hat. Das entsprechende Vorbringen des Klägers ist vielmehr als insgesamt unglaubhaft zu bewerten.
Maßgebliche Zweifel an der Richtigkeit des Vorbringens des Klägers ergeben sich für den Senat daraus, dass die Darstellung vermeintlich fluchtauslösender Ereignisse im Kern von Ungereimtheiten und nicht aufgelösten Widersprüchen gekennzeichnet ist. Hinzu tritt die fehlende Plausibilität der Sachverhaltsdarstellung, die nicht zuletzt aus dem erst in der mündlichen Verhandlung endgültig geklärten tatsächlichen Geburtsdatum des Klägers resultiert (= ). Im Rahmen seiner Vorprüfungsanhörung beim Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge gab der Kläger zunächst zu Protokoll, seine Eltern und seine Geschwister seien verschwunden und er wisse nicht, wo diese sich befänden. Zuletzt habe er sie im Mai 1992 in Addis Abeba gesehen. Dem widersprechend führte der Kläger in der mündlichen Verhandlung aus, seine Mutter sei bereits gestorben, als er noch ein kleines Kind gewesen sei. Sein Vater und sein Bruder, mit denen er zusammengelebt habe, seien im Winter des Jahres 1993 von militärisch gekleideten Personen zu Hause abgeholt worden. Ihn selbst habe während dieser Zeit das dort ebenfalls anwesende Zimmermädchen versteckt. Er selbst sei - so die weiteren Ausführungen des Klägers bei der behördlichen Vorprüfungsanhörung - von bewaffneten EPRDF-Angehörigen verhaftet und in ein Gefängnis in der Stadt Debre Berhan gebracht worden. Nach dem Grund für seine Verhaftung befragt, gab der Kläger zu Protokoll, ihm sei von den äthiopischen Sicherheitskräften vorgeworfen worden, dass er über seine kirchliche Arbeit hinaus die äthiopische Bevölkerung gegen die äthiopische Regierung aufgestachelt und deshalb gegen die Regierung gearbeitet habe. Dem widerspricht wiederum die Darstellung der betreffenden Geschehnisse durch den Kläger im gerichtlichen Verfahren. Informatorisch dazu befragt, führte der Kläger nämlich aus, er sei durch Polizisten vor der Kirche verhaftet worden und man habe ihn dann zum Polizeirevier gebracht. Dort sei er eine Woche geblieben und erst dann nach Debre Berhan ins Gefängnis verbracht worden. Man habe ihm vorgeworfen, er habe Jugendliche aufgehetzt, dass sie gegen das Kirchenoberhaupt rebellieren würden. Als unmittelbar fluchtauslösend stellte der Kläger bereits beim Bundesamt und daran anknüpfend in der schriftsätzlichen Erwiderung auf die Berufungsbegründung seine Beteiligung an einer Demonstration dar, die - wie sich auch aus den in das Verfahren eingeführten Erkenntnisquellen entnehmen lässt - am 20. September 1994 anlässlich einer Gerichtsverhandlung gegen vor und in dem Gerichtsgebäude in Addis Abeba stattfand. Dazu führte der Kläger bei der Vorprüfungsanhörung aus, er habe dort mit anderen Mitgliedern der AAPO demonstriert. Einige Wachleute hätten ihn dort gesehen und danach habe er sich sofort entschlossen, Äthiopien zu verlassen. In der schriftsätzlichen Erwiderung auf die Berufungsbegründung heißt es dazu, an diesem Tag habe in seiner Kirchengemeinde eine Konferenz stattgefunden und es sei danach anlässlich der Anwesenheit eines Priesters aus Amerika eine Messe zelebriert worden. Sodann hätten sich die Diakone - u. a. auch er selbst - sowie der Priester in voller kirchlicher Einkleidung zu dem Gerichtsgebäude begeben. An der Demonstration hätten auch viele andere Kirchenvertreter anderer Gemeinden teilgenommen. Als sie dort eingetroffen seien, sei das Gerichtsgebäude bereits nicht mehr betretbar gewesen. So habe man davor demonstriert. Bei der Demonstration sei es dann zu Verhaftungen gekommen. Er sei sich sicher, dass die äthiopischen Sicherheitskräfte die teilnehmenden Kirchenvertreter und insbesondere auch ihn selbst erkannt hätten, da er nicht nur eine bekannte Persönlichkeit gewesen, sondern zudem auch noch in Kirchenbekleidung anwesend gewesen sei. Mit dieser Sachverhaltsdarstellung lässt sich die Schilderung der betreffenden Geschehnisse im Rahmen der informatorischen Befragung in der mündlichen Verhandlung nicht vereinbaren. Dort gab der Kläger an, sie hätten sich zunächst in der Kirche versammelt, um dann alle geschlossen zu der Demonstration zu gehen. Auf Nachfrage erklärte der Kläger, ein besonderer Gottesdienst habe in der Kirche zuvor nicht stattgefunden. Ebenso wenig erwähnte der Kläger die angeblich vor der zelebrierten Messe in Anwesenheit des ausländischen Priesters abgehaltene Konferenz. Vielmehr führte er auf weitere Nachfrage des Berichterstatters aus, es habe in der Kirche am Tag der Demonstration - wie an jedem anderen Tag auch - nur am Vormittag ein Gottesdienst stattgefunden. Nachmittags sei dann Schule gewesen. Unabhängig von vorstehenden Widersprüchlichkeiten fällt zudem auf, dass nahezu die gesamte mündliche Schilderung der nach Darstellung des Klägers für seine Ausreise ausschlaggebenden Ereignisse ohne Benennung konkreter Details erfolgte und der Kläger auch bei Nachfragen - sowohl bei seiner Vorprüfungsanhörung als auch im Rahmen seiner ergänzenden informatorischen Befragung in der mündlichen Verhandlung - bei recht stereotypen und vagen Angaben blieb. Allein deshalb vermochte der Kläger dem Senat zu keinem Zeitpunkt den Eindruck zu vermitteln, er gebe einen tatsächlich erlebten Geschehensablauf wieder, zumal sich die betreffenden Ereignisse bei ihm - sollten sie tatsächlich geschehen sein - nachdrücklich eingeprägt haben dürften. Hinzu tritt - und hierauf stellt der Senat ganz maßgeblich ab - die sich aus dem jugendlichen Alter des Klägers bei seiner Ausreise ergebende fehlende Plausibilität seines Vorbringens. Zwar wurde bei der Asylantragstellung des Klägers als dessen Geburtsdatum der notiert. Der Kläger hat jedoch bereits im erstinstanzlichen Verfahren - ohne dass dies seinerzeit im Rubrum vermerkt oder sonst in irgendeiner Weise berücksichtigt worden wäre - unter Vorlage der Kopie einer auf seinen Namen ausgestellten äthiopischen Geburtsurkunde um Korrektur seines Geburtsdatums gebeten. Aus dieser Urkunde, deren Übereinstimmung mit dem ihr vom Kläger damals vorgelegten Originaldokument die Klägerbevollmächtigte auf Nachfrage in der mündlichen Verhandlung anwaltlich versicherte, lässt sich entnehmen, dass der Kläger tatsächlich erst am geboren worden ist (vgl. dazu auch die Sitzungsniederschrift). Dies lässt die Ausführungen des Klägers bei seiner Vorprüfungsanhörung, wonach er sich im Juli 1992 der oppositionellen AAPO angeschlossen und seine kirchliche Tätigkeit dazu ausgenutzt haben will, die Bevölkerung über die Ziele und Pläne der AAPO zu informieren, in gänzlich anderem Licht erscheinen. Zum Zeitpunkt seines vermeintlichen Parteibeitritts und der angeblichen Aufnahme von parteipolitischen Aktivitäten war der Kläger danach nämlich erst etwa Jahre alt. Es widerspricht aber jeglicher Lebenserfahrung, dass ein Jugendlicher in diesem Alter sich entsprechend engagiert, wenn - wie vom Kläger in der mündlichen Verhandlung nochmals bekräftigt - unmittelbar zuvor seine Eltern und Geschwister verschwunden oder aber sein Vater und sein Bruder im Zusammenhang mit oppositionellen Aktivitäten durch Polizeikräfte verhaftet und verschleppt wurden (insoweit divergieren die Angaben des Klägers, vgl. dazu schon vorstehend). In gleicher Weise erscheint es ausgehend von dem damals jugendlichen Alter des Klägers kaum vorstellbar, dass dieser sich nach angeblich fünfmonatiger Inhaftierung unter härtesten Bedingungen aufgrund oppositioneller Betätigung - welcher Art auch immer - bereits kurze Zeit nach seinem Freikommen aus der Haft unter Missachtung einer anders lautenden Anweisung der äthiopischen Sicherheitskräfte durch Teilnahme an einer Großdemonstration wiederum politisch betätigt und sich so erneut einem Verhaftungsrisiko ausgesetzt hat. Diesem Aspekt kommt im Hinblick auf die einleitend dargestellte Einschätzung des Senats, wonach das Vorbringen des Klägers insgesamt als unglaubhaft zu bewerten ist, nicht zuletzt auch deshalb besondere indizielle Bedeutung zu, weil der Kläger auf Nachfragen zu den Gründen für sein vermeintliches parteipolitisches Engagement keinerlei nachvollziehbares Motiv zu benennen vermochte und letztendlich nur Allgemeinplätze wiedergab. So führte er auf die Frage des Berichterstatters, ob er nach Verhaftung seiner Angehörigen nicht Angst gehabt habe, sich entsprechend zu verhalten, etwa aus: "Ich hatte keine Angst, weil die Idee dieser Partei mir so imponiert hat." Zu seinen Aktivitäten für die AAPO befragt, merkte der Kläger lediglich an: "Damals waren wir so überzeugt, dass die AAPO die einzig vernünftige Partei ist, dass ich nach der Unterrichtung der Schüler diese gebeten haben, auch Parteimitglied zu werden." Eine tiefgehende und erkennbar gefestigte politische Überzeugung, die das Verhalten des Klägers nachvollziehbar erscheinen ließe, lässt sich diesen Aussagen nicht entnehmen. Allein das zur damaligen Zeit jugendliche Alter des Klägers spricht schließlich auch gegen die von ihm vor allem schriftsätzlich in Anspruch genommene Rolle einer in seiner Kirchengemeinde in Addis Abeba als Mitglied der AAPO und innerkirchlichen Opposition außerordentlich bekannten Persönlichkeit.
Das alles zusammengenommen lässt - wie dargelegt - für den Senat nur die Schlussfolgerung zu, dass das von dem Kläger wiedergegebene Verfolgungsschicksal insgesamt nur als unglaubhaft gewertet werden kann, dieser mithin zu keinem Zeitpunkt vor seiner Ausreise mit der staatlichen Verwaltung und den Sicherheitsbehörden Äthiopiens in Konflikt geraten ist und er sein Heimatland insofern jedenfalls nicht aus den von ihm angegebenen Gründen verlassen hat.
Der somit unverfolgt ausgereiste Kläger kann seine Anerkennung als Asylberechtigter auch nicht aufgrund eines im Sinne von § 28 AsylVfG beachtlichen Nachfluchtgrundes verlangen.
Ein Nachfluchtgrund setzt voraus, dass dem Asylbewerber aufgrund von Umständen, die nach seiner Ausreise aus seinem Heimatland eingetreten sind, für den Fall seiner Rückkehr gegenwärtig und in absehbarer Zeit politische Verfolgung droht. Dabei ist zu unterscheiden zwischen objektiven Nachfluchtgründen, die durch Vorgänge im Heimatland des Asylbewerbers unanhängig von seiner Person ausgelöst wurden, und subjektiven Nachfluchtgründen, die der Asylbewerber nach Verlassen des Heimatstaates aus eigenem Entschluss geschaffen hat (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. November 1986 - 2 BvR 1058/85 -, a.a.O.). Letztgenannte sind, da das Asylgrundrecht grundsätzlich einen kausalen Zusammenhang zwischen Verfolgung und Flucht voraussetzt, ausnahmsweise nur dann beachtlich, wenn sie sich als Ausdruck und Fortführung einer schon während des Aufenthalts im Heimatstaat vorhandenen und erkennbar betätigten festen Überzeugung darstellen, mithin als notwendige Konsequenz einer dauernden, die eigene Identität prägenden und nach außen kundgegebenen Lebenshaltung erscheinen (BVerfG, Beschlüsse vom 26. November 1986 - 2 BvR 1058/85 -, a.a.O. und vom 17. Januar 1992 - 2 BvR 1587/90 -, InfAuslR 1992, 142; BVerwG, Urteil vom 19. Mai 1987 - BVerwG 9 C 184.86 -, BVerwGE 77, 258).
Liegt danach ein beachtlicher Nachfluchttatbestand vor, kommt es für die Prognose der Verfolgungsgefahr darauf an, festzustellen, ob dem unverfolgt ausgereisten Asylbewerber politische Verfolgung bei einer Rückkehr in sein Heimatland mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht (BVerwG, Urteil vom 3. Dezember 1985 - BVerwG 9 C 22.85 -, a.a.O.). Eine beachtliche Wahrscheinlichkeit ist dann anzunehmen, wenn bei der im Rahmen der Prognose vorzunehmenden zusammenfassenden Bewertung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhaltes die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht als die dagegen sprechenden Tatsachen haben (BVerwG, Urteil vom 15. März 1988 - BVerwG 9 C 278.86 -, BVerwGE 79, 143). Die für eine Verfolgung sprechenden Umstände können dabei auch dann das größere Gewicht haben, wenn sie zwar eine mathematische Wahrscheinlichkeit von weniger als 50 % für eine politische Verfolgung ergeben, der befürchtete Eingriff aber besonders schwer, insbesondere lebensbedrohend ist und deshalb die Rückkehr in den Heimatstaat als unzumutbar erscheint (BVerwG, Urteil vom 5. November 1991 - BVerwG 9 C 118.90 -, BVerwGE 89, 162).
Der Kläger kann nach der Sachlage im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats derzeit und auf absehbare Zukunft nach Äthiopien zurückkehren, ohne dort von politischer Verfolgung im Sinne von Art. 16 a Abs. 1 GG mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit betroffen zu sein. Weder liegt mit Blick auf die amharische Volkszugehörigkeit des Klägers ein objektiver Nachfluchtgrund vor, noch kann sich der Kläger wegen seiner Asylantragstellung in der Bundesrepublik Deutschland, seiner Mitgliedschaft in der AAPO-Auslandsorganisation oder aber der Zugehörigkeit zur äthiopisch-orthodoxen TEWAHIDO-Kirche in Deutschland auf einen asylrechtlich erheblichen, subjektiven Nachfluchtgrund berufen.
Dem Kläger droht für den Fall seiner Rückkehr nach Äthiopien keine dem äthiopischen Staat zurechenbare Verfolgung aufgrund seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Amharen.
Asylrelevante politische Verfolgung kann sich zwar nicht nur gegen Einzelpersonen, sondern auch gegen eine durch gemeinsame Merkmale verbundene Gruppe von Menschen richten mit der Folge, dass dann jedes Gruppenmitglied als von dem Gruppenschicksal mitbetroffen anzusehen ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 2. Juli 1980 - 1 BvR 147/80 -, BVerfGE 54, 341 = EZAR 200 Nr. 1).
Anhaltspunkte für eine derartige, gegen Mitglieder des Volkes der Amharen gerichtete Gruppenverfolgung ergeben sich aus den in das Verfahren eingeführten Erkenntnisquellen jedoch nicht (vgl. im Übrigen auch Hess. VGH, Urteile vom 26. Oktober 1999 - 3 UE 2605/97.A - und vom 4. November 1999 - 3 UE 717/95.A -). Beispielhaft sei in diesem Zusammenhang auf den Lagebericht des Auswärtigen Amtes Äthiopien vom 20. Januar 2002 hingewiesen, in dem - an gleich lautende Einschätzungen in früheren Auskünften anknüpfend - wiederum darauf hingewiesen wird, Amharen würden in Äthiopien allein aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit grundsätzlich nicht bekämpft oder diskriminiert.
Aus seiner exilpolitischen Betätigung kann der Kläger ebenfalls keinen asylrechtlich relevanten - subjektiven - Nachfluchtgrund herleiten. Die von ihm dargelegte Mitgliedschaft in der AAPO-Auslandsorganisation und Aktivität für die innerkirchliche Opposition stellt sich nicht als Fortsetzung einer festen, bereits in Äthiopien erkennbar betätigten, oppositionellen Überzeugung dar. Die politische Grundhaltung, die der Kläger hierdurch zum Ausdruck bringt, knüpft nicht an eine durch Entfalten entsprechender politischer Aktivitäten bereits in Äthiopien erkennbar gebildete, oppositionelle Grundhaltung an. Zwar hat der Kläger vorgetragen, der AAPO bereits in seinem Heimatland als aktives Mitglied angehört zu haben und als solches sowie durch das Entfalten kirchlicher Aktivitäten aufgefallen zu sein. Wie dargelegt ist das vom Kläger vorgetragene vermeintliche Verfolgungsschicksal jedoch als insgesamt unglaubhaft zu bewerten und davon auszugehen, dass der Kläger vor seiner Ausreise zu keinem Zeitpunkt einmal aufgrund oppositioneller Betätigung in das Fadenkreuz der äthiopischen Sicherheitskräfte geraten wäre. Die für diese Einschätzung maßgeblichen Erwägungen lassen zur Überzeugung des Senats auch die Annahme einer bereits während dieser Zeit bestehenden politischen Überzeugung des Klägers im Sinne der einleitend dargestellten Rechsprechung zur Relevanz von Nachfluchtgründen ausgeschlossen erscheinen, wobei auch in diesem Zusammenhang dem damals noch jugendlichen Alter des Klägers maßgebliche Bedeutung zukommt.
Ob die Asylantragstellung im Bundesgebiet einen beachtlichen subjektiven Nachfluchtgrund (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Januar 1989 - BVerwG 9 C 56.88 -, BVerwGE 81, 170) darstellt, mag dahinstehen. Der Senat ist jedenfalls aufgrund der vorliegenden amtlichen Auskünfte des Auswärtigen Amtes (z.B. in den Auskünften vom 11. September 1998 an VG Neustadt, vom 3. Januar 2000 an VG Ansbach und im Lagebericht Äthiopien vom 20. Januar 2002) sowie der Stellungnahmen und Berichte von amnesty international (vom 17. August 1999 an Hess. VGH und vom 13. August 2001 an OVG Magdeburg) und des Instituts für Afrika-Kunde (z.B. vom 9. November 1999 an VG Wiesbaden und vom 10. November 1999 an Hess. VGH) zu der Überzeugung gelangt, dass der äthiopische Staat zwar die Tätigkeiten oppositioneller Gruppen und Bewegungen genau beobachtet und dass sich diese Beobachtungen nicht nur auf Äthiopien beschränken, sondern dass auch im Ausland die Tätigkeit oppositioneller Gruppen aufmerksam registriert wird, dass aber eine hinreichend wahrscheinliche Gefahr, allein wegen der Asylantragstellung im Bundesgebiet in Äthiopien durch den äthiopischen Staat oder eine staatsähnliche Organisation in menschenrechtswidriger Weise behandelt oder ansonsten politisch verfolgt zu werden, nicht droht. Die bloße Asylantragstellung ohne nach außen hin dokumentierte und manifestierte gewaltbereite oppositionelle Einstellung wird vom äthiopischen Staat nicht zum Anlass genommen, gegen den Betreffenden in asylrechtlich relevanter Weise vorzugehen.
Vor diesem Hintergrund kommt eine Asylanerkennung des Klägers auf Grundlage des Art. 16 a Abs. 1 GG nicht in Betracht.
II.
Die Klage bleibt auch ohne Erfolg, soweit der Kläger die Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 51 Abs. 1 AuslG bezüglich Äthiopien begehrt.
Nach § 51 Abs. 1 AuslG darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Die Voraussetzung des Feststellungsanspruchs nach § 51 Abs. 1 AuslG und des Anerkennungsbegehrens nach Art. 16a Abs. 1 GG sind deckungsgleich, soweit es die Verfolgungshandlung, das geschützte Rechtsgut und den politischen Charakter der Verfolgung betrifft. § 51 Abs. 1 AuslG unterscheidet sich lediglich dadurch von Art. 16a Abs. 1 GG, dass die Voraussetzungen des sogenannten "kleinen Asyls" auch dann gegeben sein können, wenn ein Asylanspruch aus Art. 16a Abs. 1 GG trotz drohender politischer Verfolgung - etwa wegen des Fehlens von Vorfluchtgründen oder relevanter Nachfluchtgründe - ausscheidet (vgl. BVerwG, Urteile vom 18. Februar 1992 - BVerwG 9 C 59.91 -, DVBl. 1992, S. 843 und vom 18. Januar 1994 - BVerwG 9 C 48.92 -, DVBl. 1994, S. 531). Im Übrigen gilt für die Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 51 Abs. 1 AuslG der gleiche Prognosemaßstab wie für Art. 16a Abs. 1 GG (BVerwG, Urteil vom 5. Juli 1994 - BVerwG 9 C 1.94 -, Buchholz 402. 25 AsylVfG § 1 Nr. 173).
Dem Kläger droht aufgrund seiner seit 1997 bestehenden Mitgliedschaft in der AAPO-Auslandsorganisation und seiner seit 1995 bestehenden Zugehörigkeit zu der äthiopisch-orthodoxen TEWAHIDO-Kirche in Deutschland und der in diesem Zusammenhang entfalteten Aktivitäten im Falle der Rückkehr nach Äthiopien nicht mit der insoweit erforderlichen beachtlichen Wahrscheinlichkeit politische Verfolgung im Sinne von § 51 Abs. 1 AuslG.
Hinsichtlich der sozialen, politischen und wirtschaftlichen Entwicklung in Äthiopien im Allgemeinen geht der Senat dabei aufgrund der vorliegenden Auskünfte und Stellungnahmen von folgenden Tatsachen aus:
Dabei ist aufgrund der vorliegenden Auskünfte und Stellungnahmen und der auf dieser Grundlage vom Senat gewonnen Erkenntnisse bezüglich der sozialen, politischen und wirtschaftlichen Entwicklung in Äthiopien von folgenden Tatsachen auszugehen:
Äthiopien ist der älteste unabhängige Staat Afrikas und war - abgesehen von einer nur kurzen italienischen Besetzung zwischen 1936 und 1941 - niemals Kolonie. In Äthiopien leben derzeit ca. 61 Mio. Menschen unterschiedlicher ethnischer Herkunft. Diese ethnische Vielfalt war und ist neben den wirtschaftlichen und sozialen Faktoren eine der Hauptursachen für die bestehenden Konflikte. Die größten Bevölkerungsgruppen Äthiopiens sind die Oromo (ca. 40 v. H.), die Amharen (ca. 28 v. H.) und die Tigriner (ca. 9 v. H.), außerdem Somali, Afar, Benshangui, Gambella, Harrar und 45 Sudan-Völker (u.a. Niloten). Insgesamt leben in Äthiopien ca. 80 Ethnien.
Zwischen 1936 und 1941 war Äthiopien italienisch besetzt und wurde während dieser Zeit mit Eritrea und der Kolonie "Italienisch Somaliland" zu der italienischen Kolonie "Ostafrika" vereinigt. Während dieses Zeitraums befand sich der seit 1916 regierende Kaiser Haile Selassie im Exil. Nach Kriegsende erfolgte aufgrund eines Beschlusses der UN aus dem Jahre 1950 im Jahre 1952 die offizielle Ausrufung der Föderation zwischen Äthiopien und Eritrea. Der damit verbundene Sonderstatus Eritreas wurde nach und nach aufgehoben. Im Jahre 1962 wurde Eritrea nach erzwungener Selbstauflösung des eritreischen Parlaments von Äthiopien annektiert. Dies war der Auslöser eines bewaffneten Befreiungskrieges eritreischer Aufständischer, der zunächst gegen das Kaiserreich Äthiopien und später auch gegen das kommunistische Militärregime von Präsident Mengistu geführt wurde; der eritreische Freiheitskrieg führte im Mai 1991 schließlich zur Vertreibung des Mengistu-Regimes und im Mai 1993 letztlich zur Unabhängigkeit Eritreas.
Aufgrund einer im Jahr 1973 eskalierenden Hungerkatastrophe im Norden Äthiopiens und wegen der aufgestauten Unzufriedenheit in der Bevölkerung über verbreitete Korruption, Repression und Rückständigkeit, die durch die unzureichenden Reformansätze des Kaiserreichs Äthiopien verschärft wurden, kam es im September 1974 zum Putsch gegen Kaiser Haile Selassie. Ein von jungen Offizieren gebildeter "provisorischer Militärverwaltungsrat" (amharisch: DERG) übernahm die Macht. Nach blutigen Machtkämpfen setzte sich im Februar 1977 Oberstleutnant Mengistu Haile Mariam durch, der das Land in den folgenden Jahren mit "Rotem Terror" überzog. Zwischen 1977 und 1978 sollen den so genannten Säuberungsaktionen des Mengistu-Regimes bis zu 15.000 Menschen zum Opfer gefallen sein. Im September 1984 wurde die WPE (Worker's Party of Ethiopia), die aus der 1979 ins Leben gerufenen COPWE (Commission for Organising the Party of the working people of Ethiopia) hervorgegangen ist, gegründet. Sie war nach dem marxistisch-leninistischen Vorbild der kommunistischen Partei der Sowjetunion organisiert und hatte ca. 30.000 Mitglieder. Die Macht in dieser Partei war fast ausschließlich in den Händen von Oberst Mengistu konzentriert, der in Personalunion Generalsekretär der WPE, Vorsitzender des DERG und Oberkommandierender der Armee war (Institut für Afrika-Kunde, Auskunft vom 19. Januar 2001 an VG Kassel). Mengistu ging daran, Äthiopien als sozialistischen Staat marxistisch-leninistischer Prägung umzugestalten, was mit der Verstaatlichung von Banken, Versicherungen und größeren Unternehmen begann und schließlich in einer neuen Arbeitsgesetzgebung sowie in einer Landreform, verbunden mit Vertreibungen und Zwangsumsiedlungen, mündete. Diese Sozialisierung war mit einer umfassenden staatlichen Überwachung nahezu aller Lebensbereiche, Repression und Willkür verbunden (Schweizerische Zentralstelle für Flüchtlingshilfe - SFH - vom 1. Juli 1990; European Union an CJREA vom 5. August 1997).
Das Mengistu-Regime setzte den Kampf gegen die Freiheitsbewegungen, insbesondere in Eritrea, fort und lieferte sich einen blutigen Kampf vor allem mit der Eritrean People's Liberation Front (EPLF) und der 1975 gegründeten Tigray People's Liberation Front (TPLF), einer strikt marxistisch-leninistisch ausgerichteten Organisation. Im Jahre 1990 zeichnete sich allmählich die militärische Niederlage des Mengistu-Regimes ab; nachdem Verhandlungen mit den Widerstandsbewegungen gescheitert waren, siegten die von der EPLF und der TPLF angeführten Rebellenbewegungen schließlich im Mai 1991 über das DERG-Regime. Mengistu floh am 21. Mai 1991 nach Zimbabwe, wo er sich seitdem aufhält. Mit der Einnahme der Hauptstadt Addis Abeba am 28. Mai 1991 endete der Bürgerkrieg (amnesty international vom 4. Juli 1991; Institut für Afrika-Kunde, Auskunft vom 2. April 1997 an VG Würzburg).
Die 1988 gegründete und aus der TPLF, der Ethiopian People's Democratic Movement (EPDM), der Oromo People's Democratic Organisation (OPDO) und der Ethiopian Democratic Officers Revolutionary Movement (EDORM) bestehende Koalition der Widerstandsgruppen formierte sich zur Ethiopian People's Revolutionary Democratic Front (EPRDF) und bildete eine Übergangsregierung unter dem Revolutionsführer Meles Zenawi (amnesty international vom 4. Juli 1991; Institut für Afrika-Kunde, Auskunft vom 26. September 1991 an VG Ansbach). Die TPLF nahm in der EPRDF von Anfang an eine Schlüsselposition ein und sorgte dafür, dass nach der Regierungsübernahme zunächst alle politischen Gefangenen des Mengistu-Regimes aus der Haft entlassen wurden.
An der von der EPRDF einberufenen Nationalkonferenz Anfang Juli 1991 nahmen 27 unterschiedliche Gruppen der Anti-Mengistu-Opposition teil; das dort beschlossene Übergangsparlament nahm danach seine Arbeit auf. Die Übergangsregierung wurde aus einer 87 Sitze umfassenden Nationalversammlung gebildet, in der 32 Sitze von der EPRDF gehalten und 6 Sitze für den späteren Beitritt weiterer politischer Gruppierungen offen gehalten wurden. Im Übrigen wurden kleinere ethnische Gruppen aufgenommen. Als Übergangsverfassung wurde eine Nationalcharta verabschiedet, die freie Wahlen in spätestens zwei Jahren vorsah und neben der Garantie demokratischer Freiheitsrechte des Individuums und Grundsätzen einer künftigen Pressefreiheit den Zugang zu unabhängigen Gerichten garantierte. Die in Opposition zur EPRDF stehenden Gruppierungen wurden von der Nationalkonferenz ausgeschlossen. Der EPRDF soll zu diesem Zeitpunkt noch nicht gelungen gewesen sein, die Kontrolle über das ganze Land zu übernehmen. Zum Staatspräsidenten wurde der Führer der EPRDF, Meles Zenawi, gewählt; er regierte das Land ab August 1991 (amnesty international vom 1. September 1991 und vom 5. November 1992; Institut für Afrika-Kunde, Auskunft vom 26. September 1991 an VG Ansbach). Anfang 1992 teilte die EPRDF das Land in 14 Verwaltungsregionen auf der Grundlage der ethnischen Vielfalt auf. Im Sommer 1992 trat die OLF (Oromo Liberation Front) aus der Regierung aus (European Union an CJREA vom 5. August 1997).
Bei den mit unlauteren Mitteln und militärischen Einschüchterungen manipulierten Distrikts- und Regionalwahlen im Juni 1992 erzielte die EPRDF ein schlechtes Ergebnis. Insbesondere sollen politische Mitbewerber bei den Wahlen und auch noch danach von den Sicherheitskräften behindert, bedroht, beschossen, vertrieben oder inhaftiert worden sein. Diese Wahlen wurden von der Oromo Liberation Front (OLF), der All Amharas People's Organization (AAPO), der Islamic Front for the Liberation of Oromia (IFLO), der Oromo Abo Liberation Front (OALF), der Ethiopian Democratic Action Group (EDAG) und der Afar National Liberation Movement (ANLM) boykottiert. Diese Parteien sind der Opposition gegen die EPRDF zuzurechnen. Obwohl im gesamten Land die Wahlen für den 21. Juni 1992 vorgesehen waren, konnte dieser Termin letztlich nur in den Oromo- und Tigre-Regionen sowie in Addis Abeba eingehalten werden. In den anderen Regionen scheiterte die Durchführung der Wahlen entweder an organisatorischen oder an Sicherheitsgründen; insbesondere konnten Wahlbeobachter zahlreiche Unregelmäßigkeiten feststellen (amnesty international vom 1. Januar 1993 und vom 1. Oktober 1993; European Union an CJREA vom 5. August 1997).
Des Weiteren waren ab 1992 in zunehmendem Maße Menschenrechtsverletzungen zu verzeichnen. So wurden nach Angaben des Auswärtigen Amtes vor allem während der Regionalwahlen 1992 wiederholt standrechtliche Hinrichtungen und ungeklärte Morde an Oppositionellen durch die EPRDF-Truppen registriert. Bis in den Herbst 1993 wird auch von Todesfällen berichtet, die von der Regierung mit einem Vorgehen der Ordnungskräfte gegen kriminelle Elemente erklärt wurden. In einigen Fällen kam es zu Untersuchungen hierüber. Immer wieder erklärten Familien ihre Angehörigen als vermisst, nachdem diese verhaftet worden waren; weiterhin wurden vereinzelt Fälle von Folter und unmenschlicher Behandlung gemeldet. Es gab auch Berichte von standrechtlichen Erschießungen von Gefangenen, die die Regierung nicht bestritt. Allerdings soll sich nach Ansicht des Auswärtigen Amtes die allgemeine Menschenrechtssituation in Äthiopien im Gegensatz zu der Menschenrechtslage während des Mengistu-Regimes seit der Machtübernahme durch die EPRDF insgesamt zunächst verbessert haben (Auswärtiges Amt, Lagebericht Äthiopien vom 26. Oktober 1993). Es ist erklärte Politik der äthiopischen Regierung, gegen Menschenrechtsverletzungen vorzugehen. Die Zentralregierung hat mehrfach ihre Verantwortung für die Einhaltung der Menschenrechte in Äthiopien betont. Die Praxis widerspricht dem jedoch auch heute noch. So wurden etwa im April/Mai 2001 Studenten, Mitglieder von Oppositionsparteien und Menschenrechtsorganisationen willkürlich und ohne Rücksicht auf ihre verfassungsmäßigen Rechte verhaftet. In den entfernteren Regionen hat die Zentralgewalt im Übrigen schon tatsächlich kaum die Möglichkeit, die Einhaltung der Menschenrechte sicherzustellen. Insgesamt ist seit den Studentenprotesten im April 2001 eher eine Verschlechterung der Menschenrechtslage in Äthiopien festzustellen (Auswärtiges Amt, Lageberichte Äthiopien vom 3. April 2000, 10. Januar 2001 und vom 20. Januar 2002).
Nachdem die Versammlungsfreiheit zunächst respektiert wurde und im Sommer 1991 verschiedene Demonstrationen der oppositionellen EPRP (Ethiopian People's Revolutionary Party) gegen die äthiopische Regierung in Äthiopien stattgefunden haben sollen, wurden vor allem im Januar 1993 einzelne Demonstrationen untersagt, eine wurde gewaltsam aufgelöst (Auswärtiges Amt, Lagebericht Äthiopien vom 26. Oktober 1993). Einer Exildelegation der EPRP wurde im Juli 1991 die Einreise verweigert, als diese an der Nationalkonferenz teilnehmen wollte. Amnesty international berichtete, dass oppositionelle Teilnehmer an der von den Oppositionsgruppen veranstalteten "Konferenz für Frieden und Versöhnung in Äthiopien" in Paris im März 1993 entweder keine Ausreiseerlaubnis erhielten oder nach Formulierung einer regierungskritischen Resolution aus dem Parlament ausgeschlossen wurden. Im Mai 1993 soll ein im Untergrund tätiges führendes EPRP-Mitglied von Regierungskräften erschossen worden sein, als es sich angeblich der Verhaftung widersetzte (amnesty international, vom 5. November 1992 und vom 1. Oktober 1993 sowie Auskunft vom 16. Mai 1994 an VG Ansbach).
Im Oktober 1993 planten verschiedene Oppositionsgruppen die Durchführung einer "Konferenz für Frieden und Versöhnung" in Addis Abeba; der Konferenztermin wurde auf Dezember 1993 verschoben. Die zur Teilnahme angereisten Vertreter der EPRP, der CoEDF (Coalition of Ethiopian Democratic Forces) und anderer Oppositionsparteien wurden kurz nach ihrer Ankunft auf dem Flughafen in Addis Abeba am 16. Dezember 1993 festgenommen. Gegen die Festgenommenen wurde zunächst Anklage wegen Planung einer bewaffneten Revolte oder Rebellion gegen die Regierung erhoben; sie wurden dann jedoch in den Folgemonaten bis auf eine Person, die in Haft blieb und wegen Mitwirkung am sog. "Roten Terror" Ende der 70er Jahre angeklagt wurde, bis zum Februar 1994 schließlich freigelassen. Mitentscheidend hierfür war, dass die Oppositionskonferenz internationale Aufmerksamkeit erregt hatte und die Festnahme der aus dem Ausland eingereisten Delegierten zu großen Protesten diplomatischer Vertreter einiger westlicher Länder führte (Institut für Afrika-Kunde, Auskunft vom 30. Juni 1994 an VG Darmstadt; amnesty international, vom 1. August 1994).
Bis 1993 trat Äthiopien verschiedenen internationalen Pakten und Konventionen bei, u. a. dem VN-Pakt für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte sowie dem für bürgerliche und politische Rechte.
Anfang Juni 1994 wurden die Wahlen zur konstituierenden (verfassunggebenden) Versammlung durchgeführt. Alle wichtigen Oppositionsparteien nahmen an dieser Wahl nicht teil. Die Wahlen endeten in einem nahezu vollständigen Monopol der EPRDF. Am 28. Oktober 1994 nahm die Versammlung mit der Erörterung des Verfassungsentwurfs ihre Tätigkeit auf (Auswärtiges Amt, Lageberichte Äthiopien vom 20. Dezember 1994 und vom 10. Juli 1995; European Union an CJREA vom 5. August 1997).
Im Dezember 1994 beschloss die verfassunggebende Versammlung - allerdings im Wesentlichen ohne Beteiligung der Opposition - die neue Verfassung, die auf einem föderativen Viel-Parteien-System beruht und die grundlegenden Menschenrechte garantiert, und ratifizierte sie. Nach einem föderativen System auf ethnischer Basis wurde das Land in nunmehr 12 ethnisch bestimmte Verwaltungsprovinzen und zwei Stadtprovinzen mit jeweils eigenem Regionalparlament eingeteilt. Die Legislative des Staatenbundes liegt bei den zwei "Houses of Parliament"; das wichtigere Abgeordnetenhaus ist der "Council of People's Representatives" (Rat der Volksvertreter), dessen Mitglieder in den Provinzen per Stimmenmehrheit für fünf Jahre gewählt werden. Der Rat der Volksvertreter wählt aus seinen Mitgliedern den Premierminister. Daneben gibt es den "Federal Council" (Bundesrat), in dem jede ethnische Gruppe durch mindestens ein Mitglied mit einem zusätzlichen Vertreter für jede Million ihrer Angehörigen vertreten ist. Dem Bundesrat, der von den Provinzräten gewählt wird, obliegt die Prüfung der Gesetze auf ihre Verfassungsmäßigkeit. Beide Räte wählen auf einer gemeinsamen Sitzung mit Zweidrittelmehrheit den Präsidenten für eine Amtszeit von 6 Jahren (Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 20. Dezember 1994; amnesty international vom 1. April 1995; European Union an CJREA vom 5. August 1997).
Am 7. Mai 1995 fanden die Parlaments- und Regionalwahlen technisch überwiegend korrekt statt, allerdings wiederum ohne die Beteiligung der Oppositionsparteien. Diese machten geltend, dass sie von der EPRDF und den mit ihr verbündeten regionalen Parteien bereits in der Vorwahlphase durch Verhaftungen von Mitgliedern und Anhängern, der Schließung von Parteibüros oder dem Verbot von Veranstaltungen behindert worden seien. Die EPRDF und die ihr zugeordneten regionalen Parteien erzielten einen Sieg. Sie erhielten 483 von insgesamt 550 zu verteilenden Sitzen. Zwar wurde der äthiopischen Regierung und der Wahlkommission von internationalen Beobachtern das Bemühen um technisch korrekte Wahlen bescheinigt; gleichwohl war die Behinderung von Oppositionsgruppen häufig festzustellen, ein Umstand, der auch heute noch zu verzeichnen ist, wobei die Regierung ihre Schritte regelmäßig mit allgemeinen strafrechtlichen Bestimmungen wie der Verhinderung terroristischer Aktivitäten zu begründen sucht (Auswärtiges Amt, Lageberichte Äthiopien vom 10. Juli 1995, 24. April 1997 und 10. Januar 2001; European Union an CJREA vom 5. August 1997). Im August 1995 wurde nach den Parlamentswahlen die Übergangsregierung durch die neue Regierung unter Premierminister Meles Zenawi abgelöst. Diese löste das Innenministerium auf, unterstellte die Polizei dem Justizministerium und schuf eine neue Behörde für Sicherheit, Einwanderung und Flüchtlinge, die unmittelbar dem Premierminister unterstellt war (Auswärtiges Amt, Lageberichte Äthiopien vom 10. Juli 1995 und vom 4. April 1996).
Mit der Einführung der neuen Verfassung, den Parlamentswahlen, der Bildung gewählter Parlamente auf zentralstaatlicher und regionaler Ebene und der neuen Regierung endete 1995 die Übergangsperiode, die mit der Machtübernahme der EPRDF 1991 begonnen hatte. Inzwischen haben sich die politischen Strukturen weiter konsolidiert. Dabei hat die regierende EPRDF ihren Einfluss auf alle Bereiche des öffentlichen Lebens ausgebaut (Auswärtiges Amt, Lageberichte Äthiopien vom 24. April 1997, vom 20. Mai 1999, vom 10. Januar 2001 und vom 20. Januar 2002).
An den Wahlen zum äthiopischen Parlament im Mai 2000 beteiligten sich neben der Regierungspartei EPRDF und ihr nahestehender Gruppierungen ein breites Spektrum von Oppositionsparteien. Im Vorfeld der Wahlen kam es teilweise zu gewalttätigen Zusammenstößen, Verhaftungen von Oppositionskandidaten und -anhängern sowie zu Schließungen von Parteibüros, aber auch zu in Äthiopien bisher nicht gekannten offenen politischen Diskussionen. In einzelnen Landesteilen wurde wegen massiver Wahlunregelmäßigkeiten nachgewählt. In dem traditionell schwer zu verwaltenden Somali-Bundesstaat wurden die Wahlen erst am 31. August 2000 durchgeführt. Die äthiopische Menschenrechtsorganisation Ethiopian Human Rights Council (EHRCO) bezeichnete die Wahlen in einem kritischen Bericht als weder fair noch frei, lastete das für die Opposition schlechte Wahlergebnis (EPRDF auf Bundesebene 90 %, auf lokaler Ebene 83 %) aber auch der Zersplitterung und dem Versagen der Oppositionsparteien bei der Präsentation von Kandidaten und Programmen an (Auswärtiges Amt, Lagebericht Äthiopien vom 10. Januar 2001).
Der Verlauf der Kommunalwahlen (Kebele- und Woredawahlen) im Februar/März 2001 wies nach übereinstimmender Auffassung internationaler Beobachter erhebliche demokratische Defizite auf. Während der eigentliche Wahlakt weitgehend korrekt verlief, kam es im Vorfeld zu massiven Problemen, Behinderungen der Oppositionsparteien bei der Kandidatenaufstellung, Einschüchterungen und Wahlbeeinflussungen. Die maßgeblichen Oppositionsparteien AAPO, EDP, ONC zogen daher nach den Kebele-Wahlen am 25. Februar 2001 die Konsequenz, nicht mehr bei den Woreda (Stadtbezirk/Kreis) -Wahlen am 4. März 2001 anzutreten (Auswärtiges Amt, Lagebericht Äthiopien vom 15. August 2001).
Das Ende des im Sommer 1998 begonnenen äthiopisch-eritreischen Grenzkrieges mit Unterzeichnung des Friedensvertrages in Algier am 12. Dezember 2000 setzte eine Zäsur. Anspannung und innenpolitische Solidarisierung zweier Kriegsjahre endeten. Verdeckte Spannungen in der EPRDF brachen auf und entluden sich in Richtungskämpfen, aus denen vorerst Premierminister Meles Zenawi siegreich hervorging. Chancengleichheit und Handlungsspielraum der Oppositionsparteien werden seitdem zunehmend eingeengt. Die Menschenrechtslage hat sich - wie bereits dargelegt - nach Studentenprotesten im April 2001, die in Straßenkrawallen mit zahlreichen Toten ausuferten und von der Regierungsseite mit der Verhaftung von Oppositionspolitikern und Menschenrechtsaktivisten beantwortet wurde, verschlechtert (Auswärtiges Amt, Lageberichte Äthiopien vom 20. Mai 1999 und vom 15. August 2001). Premierminister Meles gelang es im Übrigen, mit der Wahl des neuen Präsidenten Girma Woldegiorgis am 9. Oktober 2001, der Bestätigung des umgebildeten und gestrafften Kabinetts durch das Parlament am 16. Oktober 2001 und seiner programmatischen Regierungserklärung vom 10. Oktober 2001 seine Macht weiter zu konsolidieren (vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht Äthiopien vom 20. Januar 2002).
Die fortschreitende Übertragung der staatlichen Befugnisse auf die Regionen entsprechend dem föderativen Prinzip der äthiopischen Verfassung ist in der Praxis auch heute noch mit Problemen verbunden. Zwischen den Regionen bestehen erhebliche Unterschiede bezüglich der Qualität und Effizienz ihrer Regierungen, weil viele Regionen noch nicht in der Lage sind, die ihnen übertragenen Aufgaben sachgerecht wahrzunehmen. Zentralregierung und zentrale Rechtsprechung tun sich schwer bei der Aufgabe, die für die Gewährleistung einer rechtsstaatlichen Entwicklung weiterhin erforderliche Kontrolle über die Regierungen auszuüben, dabei gleichzeitig die Menschenrechte zu wahren und der Opposition eine faire Chance, auch zum Machtwechsel, zu geben. Auch hier hat sich die Lage durch die gewaltsame Unterdrückung der Opposition, insbesondere im Südwesten des Landes, verschärft (Auswärtiges Amt, Lageberichte Äthiopien vom 15. August 2001 und vom 20. Januar 2002).
Die Aufgaben der Polizei übernahmen, da viele Polizisten aus der DERG-Zeit entlassen wurden, vor allem auf dem Land zunächst EPRDF-Streitkräfte. Da die Organisationsstruktur aus der Kaiserzeit nicht mehr zeitgemäß war, wurde im Jahre 1994 im Rahmen eines britischen Ausbildungsprojekts eine Neuorganisation eingeleitet. Die von der TPLF dominierten EPRDF-Streitkräfte wurden schrittweise demobilisiert. Durch Rekrutierung von Soldaten aller ethnischen Gruppen wurde mit dem Aufbau einer nationalen Armee begonnen, wobei auch eine Entpolitisierung der Streitkräfte beabsichtigt war (Auswärtiges Amt, Lageberichte Äthiopien vom 20. Dezember 1994 und 10. Juli 1995). Die Neuorganisation der Polizei ist inzwischen nahezu abgeschlossen; zu ihr gehört auch, dass die Polizei sich nicht mehr nur als Vollstreckungsorgan einer traditionell autoritären, rückständigen Verwaltung, sondern als wesentlicher Teil des neuen rechtsstaatlichen Systems betrachtet. Hierbei sind Fortschritte erzielt worden, die allerdings durch das unverhältnismäßig brutale Vorgehen bei den Studentenprotesten und nachfolgenden Straßenschlachten im April 2001 wieder in Frage gestellt sind. Mit Hilfe der USA und der EU finden Schulungsprogramme zu Themen wie z. B. Demokratie und Rechtsstaat statt. Andererseits ist nach wie vor festzustellen, dass sich die Sicherheitsorgane teilweise über Gerichtsurteile hinwegsetzen. Bei der Bundespolizei ist die Einhaltung von Menschenrechtsstandards stärker ausgeprägt, während dies in den Regionen nicht durchgängig der Fall ist (Auswärtiges Amt, Lageberichte Äthiopien vom 3. April 2000, vom 10. Januar 2001, vom 15. August 2001 und vom 20. Januar 2002).
Die Unabhängigkeit der Gerichte wird von der Verfassung garantiert. Erschien die Justiz bisher als das schwächste Glied in der angestrebten rechtsstaatlichen Ordnung, ist in jüngster Zeit eine gewisse Tendenz hin zu größerer Unabhängigkeit zu erkennen, die sich in Freisprüchen am Ende langer politischer Prozesse äußert. Das Gerichtswesen musste nach dem Ende des Mengistu-Regimes von Grund auf neu aufgebaut werden; es hat sich hinsichtlich des Ausbildungsstandes der Richter und der personellen Ausstattung der Gerichte noch nicht von den massenhaften Entlassungen von Richtern nach dem Ende der DERG-Zeit erholt. Das Problem wurde dadurch verschärft, dass die Regierung in jüngerer Zeit erneut eine große Zahl von Richtern entließ und durch wiederum unerfahrene, schlecht ausgebildete Richter ersetzte. Es kommt auch immer wieder vor, dass sich Regionalregierungen und Verwaltungen über Gerichtsurteile hinwegsetzen und z. B. Freigesprochene nicht aus der Haft entlassen.
Das Strafgesetzbuch für kriminelle Vergehen sieht vor, dass Verhaftete innerhalb von 48 Stunden nach ihrer Verhaftung vor Gericht gestellt werden müssen und dann von einem Richter für 14 Tage in Untersuchungshaft genommen werden können. Diese Untersuchungshaft kann ohne Zeitbegrenzung erneuert werden. Nach Abschluss der Untersuchungen muss der Verhaftete innerhalb von 15 Tagen entweder angeklagt oder freigelassen werden (amnesty international vom 1. April 1995). Angesichts des nach wie vor desolaten Zustandes der äthiopischen Justiz haben aber in der Praxis auch heute noch Tausende von Untersuchungsgefangenen keine Chance, in der vorgeschriebenen Frist einem Richter vorgeführt zu werden. So war im August 2000 gegen 75 % der einsitzenden Untersuchungshäftlinge noch kein Verfahren eröffnet worden. Das in der äthiopischen Verfassung niedergeschriebene Recht auf rechtliches Gehör sowie die Möglichkeit der Verteidigung werden in der Praxis regelmäßig stark behindert, indem viele Untersuchungsgefangene überhaupt nicht oder erst nach längerer Wartezeit einem Richter vorgeführt werden oder ihnen aus materiellen Gründen kein eigener Verteidiger zur Verfügung steht; zwei Juristenvereinigungen, die insbesondere Frauen und mittellosen Personen Rechtsbeistand gewähren, können das Problem nur partiell lindern (Auswärtiges Amt, Lageberichte Äthiopien vom 20. Mai 1999, vom 3. April 2000, vom 10. Januar 2001, vom 15. August 2001 und vom 20. Januar 2002).
Staatlich angeordnete Folter und erniedrigende und unmenschliche Behandlung durch äthiopische Behörden sind dem Auswärtigen Amt bis auf einen unklaren Fall möglicherweise erniedrigender Behandlung mehrerer AAPO-Anhänger bis Ende 1994 nicht bekannt geworden (Auswärtiges Amt, Lageberichte Äthiopien vom 20. Dezember 1994 und vom 10. Juli 1995). Im äthiopischen Strafrecht gibt es aber die Todesstrafe, die mit zunehmender Tendenz verhängt wird. Systematische Menschenrechtsverletzungen in Äthiopien sind dem Auswärtigen Amt ebenfalls nicht bekannt geworden, wohl aber solche, die aus Rückständigkeit der Verwaltung vor allem in den Regionen, mangelnder Demokratieerfahrung und noch nicht ausgebildeter Rechtsstaatlichkeit resultieren. Die äthiopische Verfassung untersagt Folter; gleichwohl kommt es zu Misshandlungen von Personen in der Untersuchungshaft, zumeist durch Schläge oder die Durchblutung beeinträchtigende, bleibende Schäden verursachende Handfesseln. In Einzelfällen wurde auch der Vorwurf der Versagung möglicher medizinischer Hilfe erhoben. Der äthiopische Staat bemüht sich, Misshandlungen oder Foltermaßnahmen als kriminelle Straftaten zu ahnden, was bislang jedoch nur in Einzelfällen geschehen ist. Abgesehen von der Todesstrafe sind in Äthiopien keine unmenschlichen oder erniedrigenden Strafen vorgesehen. Die Haftbedingungen in äthiopischen Gefängnissen sind allgemein sehr hart und teilweise unmenschlich; es kommt vor, dass Inhaftierte dauerhaft gefesselt oder in Einzelhaft in dunklen Verliesen untergebracht werden. Zudem sind Verhaftungen ohne gerichtliche Anordnung weit verbreitet, auch mehrjährige Inhaftierungen ohne Anklageerhebung und ohne richterliche Anordnung sind keine Seltenheit (Auswärtiges Amt, Lageberichte Äthiopien vom 3. April 2000, vom 10. Januar 2001, vom 15. August 2001 und vom 20. Januar 2002).
Geschlechtsspezifische Menschenrechtsverletzungen gibt es u. a. in Form von Genitalverstümmelung, die in vielen Landesteilen weit verbreitet und weiterhin nicht strafbar ist, auch wenn die Regierung ihr mit Aufklärung entgegenzuwirken versucht. Vor allem auf dem Land werden Frauen noch zur Frühehe gezwungen und es gibt keinen Schutz vor Gewalt gegen Frauen in der Ehe oder Familie. Den äthiopischen Frauen fällt ein großer Anteil der schweren körperlichen Arbeit des Alltags zu, ohne dass sie deshalb politischen Einfluss haben (Auswärtiges Amt, Lageberichte Äthiopien vom 3. April 2000 und 10. Januar 2001). Obwohl die Gleichberechtigung der Frau ein von der Regierung nachdrücklich propagiertes Ziel darstellt, fehlt sie faktisch in vielen Lebensbereichen. In der weitgehend noch traditionell geprägten Gesellschaft Äthiopiens, insbesondere bei der Landbevölkerung, ist die Realität noch weit von diesem Ziel entfernt. Gewalt gegen Frauen, die in den Städten inzwischen erheblich zurückgegangen ist, ist auf dem Lande noch häufig anzutreffen (Auswärtiges Amt, Lageberichte Äthiopien vom 10. Januar 2001, vom 15. August 2001 und vom 20. Januar 2002).
Amnesty international berichtet unter Schilderung von Einzelfällen auch von inoffiziellen Haftzentren, in denen die Gefahr von Folter bestehe; außerdem sollen die politischen Häftlinge vermehrt dem Militär unterstellt worden sein und sich zum Teil in Inkommunikado-Haft befinden (amnesty international, Auskunft vom 6. September 1995 an VG Schleswig). Auch nach den Parlamentswahlen von 1995 soll es laut amnesty international zu weiteren Menschenrechtsverletzungen gekommen sein; danach sind willkürliche Festnahmen ohne Anklagen und Gerichtsverfahren an der Tagesordnung; es sollen auch Berichte über Folterungen, Tod in der Haft, Fälle von Verschwindenlassen von Personen und über extralegale Hinrichtungen vorliegen. Die äthiopische EPRDF-Regierung duldete laut amnesty international auch in der Folgezeit der Parlamentswahlen von 1995 keinerlei Kritik und Opposition (amnesty international, Auskunft vom 3. Juni 1996 an VG Wiesbaden und vom 4. Juni 1997 an VG Ansbach). Das Auswärtige Amt bestätigt inzwischen diese Darstellungen von amnesty international und berichtet ebenfalls, dass ein entsprechender Verdacht des Verschwindenlassens von Personen aufkam, als eine größere Zahl Oromos festgenommen und an einen unbekannten Ort gebracht wurde, an dem sie - wie sich später herausstellte - verwarnt und politisch geschult wurden; auch haben die Festnahmen von eritreisch-stämmigen Personen zur Deportation und die Verweigerung des freiwilligen Militärdienstes zum Abtauchen von gefährdeten Personen geführt und Nachfragen wegen möglichen Verschwindenlassens ausgelöst (Auswärtiges Amt, Lageberichte Äthiopien vom 3. April 2000, vom 15. August 2001 und vom 20. Januar 2002).
Zu Jahresbeginn 1993 soll es ca. 2000 inhaftierte ehemalige Mitglieder sowie 1500 inhaftierte "hohe Vertreter" des Mengistu-Regimes gegeben haben (Auswärtiges Amt, Lagebericht Äthiopien vom 26. Oktober 1993). Aufgrund der Tätigkeit des im August 1992 ernannten Sonderstaatsanwalts, der die von den Mitarbeitern des Mengistu-Regimes begangenen Verbrechen untersuchte, wurden 1993 ca. 1000 Angehörige der früheren Regierung, der Streitkräfte und der vormals herrschenden Arbeiterpartei Äthiopiens (WPE) ebenso wie 900 Offiziere der ehemaligen äthiopischen Streitkräfte freigelassen (amnesty international, Auskunft vom 1. September 1994 an VG Schleswig). Nachdem die Beweiserhebung in den übrigen Fällen abgeschlossen worden war, begannen am 13. Dezember 1994 die so genannten "DERG-Prozesse", die auch heute teilweise noch nicht abgeschlossen sind. In Abwesenheit der Angeklagten wurden im November 1999 die ersten Todesurteile gefällt (Auswärtiges Amt, Lageberichte Äthiopien vom 20. Dezember 1994, vom 4. April 1996, vom 3. April 2000 und vom 10. Januar 2001). Von den Prozessen wurden bislang 1181 mit Urteil abgeschlossen. Von den Angeklagten wurden 274 freigesprochen, 11 wegen Völkermord zum Tode verurteilt und 7 zu lebenslangen Haftstrafen. Eine Vollstreckung der Todesurteile erfolgte bisher nicht (Auswärtiges Amt, Langebericht Äthiopien vom 20. Januar 2002).
Repressionen allein wegen des Innehabens öffentlicher Ämter oder wegen besonderer Vergünstigungen (z. B. Stipendien) in der Zeit der DERG-Diktatur finden nicht statt. Strafrechtlich verfolgt werden dagegen auch heute noch Repräsentanten der früheren Regierung, denen schwere Straftaten in der DERG-Zeit angelastet werden. Mitläufer des früheren Regimes werden nicht belangt, jedoch werden Denunziationen, die zu Folter und Tötung geführt haben, zumindest teilweise strafrechtlich geahndet. Mit weiteren Ermittlungsverfahren ist beim Vorwurf von Kapitalverbrechen zu rechnen. Fälle strafrechtlicher Sippenhaft können in abgelegenen Regionen nicht völlig ausgeschlossen werden. Im Amhara-Regionalstaat wurde Bauern Land mit der Begründung weggenommen, dass sie oder ihre Eltern mit dem DERG zusammengearbeitet hätten (Auswärtiges Amt, Lageberichte vom 10. Januar 2001, vom 15. August 2001 und vom 20. Januar 2002).
Bewaffnete Aktivitäten gegen die Regierung kommen weiterhin sporadisch vor, allerdings fast ausschließlich in Oromia und in der Somali-Region. Dort kam und kommt es wiederholt zu Zusammenstößen mit radikal-islamischen Gruppen (z. B. OLF, AlIttihad). Nach Ausbruch des Konflikts mit Eritrea haben die in der EUF zusammengeschlossenen, überwiegend amharischen Oppositionsgruppen eine einseitige und seitdem auch eingehaltene Einstellung ihrer bewaffneten Aktionen gegen die Regierung verkündet (Auswärtiges Amt, Lageberichte Äthiopien vom 3. April 2000 und vom 10. Januar 2001).
Zu den innenpolitischen Herausforderungen und Problemen sind der latente Konflikt mit dem Sudan und insbesondere der Krieg mit Eritrea hinzugekommen, die mit bewaffneten Operationen der südsudanesischen Widerstandsbewegung SPLA (Sudanese People's Liberation Army) von äthiopischem Boden aus bei Kurmuk und Quizzan im Januar 1997 sowie dem äthiopisch-eritreischen Grenzkrieg, der im Sommer 1998 begann und immer wieder zu neuen Kampfhandlungen führte, jeweils einen Höhepunkt erreichten (Auswärtiges Amt, Lageberichte Äthiopien vom 24. April 1997, vom 20. Mai 1999 und vom 3. April 2000). Im Zuge des äthiopisch-eritreischen Grenzkonflikts kam es zu umfangreichen Deportationen von Personen eritreischer und halberitreischer Abstammung. Den Abschiebungen gingen meist kurzzeitige Internierungen voraus. Über den Umfang der Deportationen gibt es widersprüchliche Aussagen. Eine unbestimmte Anzahl von Eritreern war seinerzeit in Lagern und Gefängnissen interniert, andere (überwiegend Geschäftsleute) hatten sich ins Ausland abgesetzt. Der äthiopischen Regierung zufolge sollen von den Deportationen ausschließlich Personen betroffen sein, die nicht die äthiopische Staatsangehörigkeit besitzen (vgl. dazu Auswärtiges Amt, Lageberichte Äthiopien vom 10. Januar 2001, 15. August 2001 und vom 20. Januar 2002).
Von diesen allgemeinen Erkenntnissen ausgehend, ist für die Beurteilung der Verfolgungsrelevanz von exilpolitischer Betätigung für die AAPO auf das Verhalten des äthiopischen Staates gegenüber dieser Partei einzugehen:
Die All Amhara People's Organization (AAPO), die Ende 1991 erstmals an die Öffentlichkeit trat, Anfang 1992 gegründet und im April 1994 offiziell als nationale Partei zugelassen wurde, steht in offener Opposition zur Politik der EPRDF-Regierung (Institut für Afrika-Kunde, Auskunft vom 22. April 1996 an VG Wiesbaden). Sie lehnt die föderale Gliederung Äthiopiens nach ethnischen Kriterien und das in der Verfassung von 1995 verankerte prinzipielle Recht der Volksgruppen auf Austritt aus dem Staatsverband ab und tritt insbesondere dafür ein, dass Amharen in allen Teilen des äthiopischen Staatsgebietes ungehindert und in Sicherheit leben und arbeiten können. Folge dieser politischen Grundauffassung der AAPO ist des Weiteren, dass die Unabhängigkeit Eritreas nicht anerkannt wird. Obwohl die Vertreter der AAPO wiederholt betont haben, dass die Partei ihre Ziele nur mit friedlichen Mitteln verfolge, die Anwendung von Gewalt weder befürworte noch aktiv betreibe und für ein friedliches Zusammenleben aller Volksgruppen in einem gemeinsamen äthiopischen Staat eintrete, wird ihr von der EPRDF häufig "Kriegstreiberei" und "Anstachelung zu ethnischem Hass" vorgeworfen. Während des Grenzkrieges mit Eritrea haben Teile der AAPO eine Annäherung zur Regierung der EPRDF vollzogen; andere Repräsentanten übten aber nach wie vor heftige Kritik an der äthiopischen Regierung (amnesty international, Auskunft vom 10. Februar 2000 an VG München).
Die politische Arbeit der AAPO in Äthiopien wird im Wesentlichen dadurch behindert, dass mehr als die Hälfte der Mitglieder des Exekutivkomitees, d. h. des Parteivorstandes, zumindest zeitweise inhaftiert war, lokale Aktivisten - zum Teil unter ungeklärten Umständen - von Sicherheitskräften getötet wurden, Mitglieder ohne formelle Anklageerhebung inhaftiert sind und Parteibüros durchsucht und - insbesondere in den ländlichen Regionen - geschlossen wurden (Institut für Afrika-Kunde, Auskunft vom 22. April 1996 an VG Wiesbaden). Bereits zum Zeitpunkt der Zulassung der Partei befanden sich Parteimitglieder einschließlich Mitglieder der Parteiführung in Haft. Die Berichte der äthiopischen Menschenrechtsorganisation "Ethiopian Human Rights Council" (EHRCO) führen regelmäßig Personen auf, die durch Sicherheitskräfte extralegal getötet worden sein sollen, sowie Fälle von illegal inhaftierten und verschwundenen Personen, deren Verbleib nach der Festnahme nicht festgestellt werden konnte. Derartige Berichte gibt es insbesondere für die Jahre 1992 und 1993 (Institut für Afrika-Kunde, Auskünfte vom 22. April 1996 an VG Wiesbaden).
Im Jahr 1994 wurde , der damalige Parteivorsitzende der AAPO, wegen der angeblichen Planung eines bewaffneten Aufstandes gegen die Regierung zusammen mit vier mitangeklagten Parteimitgliedern zu mehrjährigen Freiheitsstrafen verurteilt. Zu einem früheren Zeitpunkt befand er sich unter der Anschuldigung, zur Gewalt zwischen verschiedenen ethnischen Gruppen angestiftet zu haben, schon einmal in Haft (Institut für Afrika-Kunde, Auskunft vom 20. Dezember 2000 an VG München; amnesty international, Auskunft vom 13. April 1995 an VG Würzburg). Seitens der äthiopischen Behörden soll eine Solidaritätskundgebung von Mitgliedern und Unterstützern der AAPO für den inhaftierten Vorsitzenden als illegale Demonstration bezeichnet und aufgelöst worden sein; rund 500 Teilnehmer sollen festgenommen worden und später mehrheitlich gegen Zahlung einer Kaution wieder entlassen worden sein. Gegen ca. 100 Personen soll Anklage wegen Abhaltung einer ungenehmigten Demonstration erhoben worden sein (Institut für Afrika-Kunde, Auskunft vom 16. November 1998 an Hess. VGH). Amnesty international berichtet davon, dass von insgesamt 500 festgenommenen Personen 250 nach mehr als drei Wochen ohne Anklage wieder freigelassen wurden, 250 vor Gericht gestellt und der Teilnahme an einer nicht genehmigten Demonstration beschuldigt wurden und nur gegen Zahlung einer Kaution vorläufig freikamen, soweit sie zur Zahlung einer Kaution in der Lage waren. Den Festgenommenen ist der Kontakt zu Familienangehörigen, Anwälten und Ärzten verweigert worden. Sie sind auch nicht innerhalb der vorgeschriebenen 48-Stunden-Frist einem Richter vorgeführt worden (amnesty international vom 1. April 1995 und Auskunft vom 5. September 1996 an VG Wiesbaden). wurde im Dezember 1998 aus medizinischen Gründen aus der Haft entlassen und starb kurz darauf im politischen Exil in den USA (Auswärtiges Amt, Lagebericht Äthiopien vom 10. Januar 2001).
In weiteren, amnesty international vorliegenden Quellen wird von 33 als verschwunden geltenden und 34 extralegal getöteten AAPO-Funktionären berichtet (amnesty international, Auskunft vom 10. März 1999 an VG Wiesbaden). Im Jahre 1997 soll es nach Studentendemonstrationen zu Festnahmen von etwa 200 Personen sowie zu Misshandlungen an den Verhafteten gekommen sein; 41 Personen seien in Haft geblieben, weil sie für Anführer gehalten worden seien oder weil sie sich geweigert hätten, ein Schuldeingeständnis zu unterschreiben (amnesty international, Auskunft vom 27. August 1998 an Hess. VGH).
Mitglieder der AAPO-Führung, die bereits 1994 nach allgemeinen Vorschriften des Strafgesetzbuches mit der Begründung verhaftet worden waren, sie hätten eine bewaffnete Aktion gegen die Regierung geplant, befinden sich nach wie vor in Haft; 20 von ihnen, darunter zwei Mitglieder des Zentralkomitees, wurden Ende März 1999 zu Haftstrafen zwischen 3 und 20 Jahren verurteilt. Vier Mitglieder sind inzwischen freigelassen worden, drei Mitglieder des Zentralkomitees befinden sich weiterhin ohne Verurteilung in Haft (Auswärtiges Amt, Lageberichte Äthiopien vom 20. Mai 1999 und vom 10. Januar 2001).
Die von der EPRDF gelenkten staatlichen Maßnahmen gegen Mitglieder, Anhänger und Einrichtungen der AAPO sind darauf gerichtet, den Aufbau landesweiter lokaler Parteistrukturen zu behindern und die öffentlich sichtbaren Aktivitäten in der Tendenz auf die Hauptstadt Addis Abeba zu beschränken (Institut für Afrika-Kunde, Auskunft vom 22. April 1996 an VG Wiesbaden). So sollen auf dem Land zeitweise fast alle Parteibüros der AAPO geschlossen worden sein (Auswärtiges Amt, Lagebericht Äthiopien vom 20. Mai 1999). Zum Umgang mit Angehörigen der AAPO ist ferner zu berücksichtigen, dass für die ersten allgemeinen Wahlen nach dem Machtwechsel in Äthiopien (Wahlen für die Regional- und Bezirksräte im Juni 1992) die AAPO zunächst Kandidaten aufgestellt hatte, die sie jedoch kurz vor dem Wahltag mit der Begründung zurückzog, ihre Arbeit werde massiv behindert. Dieser Vorwurf, der auch von anderen Parteien und Organisationen gegen die EPRDF erhoben wurde, konnte in der Tendenz von internationalen Wahlbeobachtern bestätigt werden. Auch an den Wahlen zur verfassunggebenden Versammlung im Juni 1994 sowie zu den Bundes- und Länderwahlen im Mai 1995 nahm die AAPO nicht teil. Sie begründete dies u. a. damit, dass acht Führungsmitglieder der Partei inhaftiert seien und die Regierung Parteibüros geschlossen habe (Institut für Afrika-Kunde, Auskunft vom 22. April 1996 an VG Wiesbaden). An den Wahlen im Mai 2000 hat die AAPO teilgenommen (Auswärtiges Amt, Lagebericht Äthiopien vom 10. Januar 2001). An den Kommunalwahlen im Februar/März 2001 hat sie sich nur an den Kebelewahlen am 25. Februar 2001 beteiligt und ist zu den Woredawahlen (Stadtbezirk/Kreis)-Wahlen am 4. März 2001 nicht mehr angetreten. Grund hierfür sollen Behinderungen der Oppositionsparteien bei der Kandidatenaufstellung, Einschüchterungen und Wählerbeeinflussungen im Vorfeld der Wahlen gewesen sein (Auswärtiges Amt, Lageberichte Äthiopien vom 15. August 2001 und vom 20. Januar 2002).
Die AAPO ist in Äthiopien nach wie vor offiziell zugelassen und konnte zumindest in Addis Abeba und seit 1999 insgesamt in Äthiopien bis zu Beginn des Jahres 2001 relativ unbehindert arbeiten (Auswärtiges Amt, Lageberichte Äthiopien vom 20. Mai 1999, 10. Januar 2001 und vom 15. August 2001). Ungeachtet bestimmter Einschränkungen ist ihr immer ein gewisser Raum für die Artikulation ihrer politischen Ziele in der Öffentlichkeit verblieben. Dies zeigt sich etwa darin, dass es der AAPO Ende 1994 möglich war, ihre Gründungssitzung als politische Partei im Nationaltheater von Addis Abeba, das der staatlichen Verwaltung unterliegt, ungestört durchzuführen; ferner konnte sie in jenem Gebäude auch ihren sechsten Geburtstag im Januar 1998 uneingeschränkt und unbehelligt von staatlichen Kontrollen feiern.
Die Gefahr der politischen Verfolgung von in Äthiopien aktiven AAPO-Mitgliedern wird von den verschiedenen auskunftgebenden Stellen wie folgt beurteilt:
Das Auswärtige Amt hat früher generell eine Verfolgungsgefahr für AAPO-Mitglieder verneint und ausgeführt, die Arbeit der AAPO in Äthiopien sei jedenfalls in den größeren Städten uneingeschränkt möglich. Die Partei unterhalte in nahezu allen größeren Städten Parteibüros, ihre Schriften seien dort frei erhältlich. Mitglieder und Unterstützer der AAPO müssten wegen ihres politischen Engagements weder mit staatlicher Strafverfolgung noch mit sonstigen Repressalien rechnen (Auswärtiges Amt, Auskünfte vom 20. Juni 1996 an VG Wiesbaden und vom 24. Juli 1996 an VG Würzburg). In seinem Lagebericht zu Äthiopien vom 20. Mai 1999 hat das Auswärtige Amt diese Ansicht jedoch eingeschränkt und ausgeführt, die AAPO arbeite nur noch in Addis Abeba relativ unbehindert; auf dem Lande sei zu hören, dass fast alle Parteibüros geschlossen worden seien und die Anhänger in ihrer Parteiarbeit massiv behindert würden. Nach Verurteilungen von 20 führenden AAPO-Mitgliedern habe sich die Hoffnung, die Lage würde sich für die AAPO zumindest klimatisch verbessern, nicht bestätigt. Für niedere Funktionäre und einfache Parteimitglieder bestehe innerhalb der Hauptstadt aber nach wie vor keine Verfolgungsgefahr.
In der Folgezeit hat das Auswärtige Amt in seinen Lageberichten vom 3. April 2000 und vom 10. Januar 2001 wieder von einer seit 1999 bestehenden relativ unbehinderten landesweiten Entfaltungsmöglichkeit der AAPO berichtet. Seit dieser Zeit hätten auf dem Lande auch viele Büros der AAPO wieder geöffnet werden können. Nach dem Tode des früheren Parteivorsitzenden, Prof. Asrat Woldeyes, sei die Partei einem Spaltungsprozess ausgesetzt. An den Wahlen im Mai 2000 habe die AAPO teilgenommen. In seinem Lagebericht vom 15. August 2001 teilt das Auswärtige Amt mit, neuer Parteivorsitzender der AAPO sei im Jahre 2000 nach schwierigen Diskussionen Heilu Shawel geworden. Generell sei festzustellen, dass Oppositionsgruppen wie die AAPO in ihrer Parteiarbeit erheblich, etwa durch Schließung bzw. Nichtbewilligung von lokalen Parteibüros, Verhaftung und Einschüchterung von Funktionären und Kandidaten bis hin zur Ermordung von Funktionären, Benachteiligung von Oppositionsanhängern bei der Vergabe von Wohnungen, Arbeitsplätzen, Agrarland und Düngemitteln behindert würden. Die Regierung begründe ihre Schritte regelmäßig mit strafrechtlichen Bestimmungen wie z. B. jenen zur Verhinderung terroristischer Aktivitäten oder der Nichtzahlung von Steuern. Im April/Mai 2001 seien in Addis Abeba 150 Mitglieder der Oppositionsparteien AAPO und EDP, darunter viele Kommunalwahlkandidaten verhaftet worden. Anfang Juni 2001 sei die Mehrzahl von ihnen noch immer ohne Anklageerhebung und anwaltliche Betreuung an unbekanntem Ort in Haft gewesen. Dies deckt sich mit der Einschätzung des Auswärtigen Amtes in seinem neuesten Lagebericht vom 20. Januar 2002.
Amnesty international führt seit einigen Jahren aus, Mitglieder und Funktionäre der AAPO müssten in Äthiopien sowohl mit Strafverfolgungsmaßnahmen als auch mit politischer Verfolgung rechnen (amnesty international, Auskünfte vom 14. November 1996 an VG Würzburg und vom 13. August 2001 an OVG Magdeburg). Die äthiopische Regierung betrachte die AAPO als politischen Gegner, und die Mitglieder würden dementsprechend als Feinde des Regimes behandelt (amnesty international, Auskunft vom 10. März 1999 an VG Wiesbaden). Die Ausschaltung oppositioneller Kräfte erfolge nicht nur durch die Verhaftung von Führungsmitgliedern, sondern auch durch Festnahmen weniger bedeutender Mitglieder, Funktionäre und Personen, die es wagten, Opposition oder Kritik gegenüber der Regierung zu üben, so dass es nicht von entscheidender Bedeutung sei, ob jemand eine herausgehobene Position innerhalb der AAPO innehabe (amnesty international, Auskunft vom 18. November 1996 an VG Wiesbaden). Vor dem Hintergrund neuerer Berichte über die Behinderung der Aufstellung von Kandidaten für die Wahlen im Mai 2000 könne nicht ausgeschlossen werden, dass im Vorfeld dieser Wahlen wieder Mitglieder von Oppositionsparteien in größerem Umfang verhaftet würden, um den Machterhalt der EPRDF zu sichern (amnesty international, Auskunft vom 10. Februar 2000 an VG München). Die äthiopische Regierung sehe Kritik an ihrer Politik und Regierungsführung als eine Kampfansage und als Aufforderung zum Umsturz an. Am 17. und 18. April 2001 sei es in Addis Abeba zu den heftigsten Ausschreitungen seit vielen Jahren gekommen. In diesem Zusammenhang seien auch 30 Mitglieder der AAPO verhaftet worden, von denen sechs AAPO Mitglieder nach wie vor inhaftiert worden seien (amnesty international, Auskunft vom 13. August 2001 an OVG Magdeburg).
Das Institut für Afrika-Kunde führt aus, Teilnehmer von Demonstrationen und Kundgebungen, die ohne offizielle Genehmigung nach den äthiopischen gesetzlichen Bestimmungen abgehalten würden, müssten mit ihrer Verhaftung rechnen, dies gelte insbesondere auch für AAPO-Mitglieder (Auskunft vom 16. November 1998 an Hess. VGH). Die vorliegenden Informationen wiesen darauf hin, dass sowohl einfache Mitglieder als auch Funktionäre der AAPO mit politisch begründeten Maßnahmen zu rechnen hätten, wobei einfache Mitglieder und örtliche Aktivisten anscheinend eher von außergerichtlichen als von gerichtlichen Maßnahmen betroffen seien. Alles deute darauf hin, dass die AAPO in Äthiopien trotz ihres offiziell legalen Status Ziel staatlicher Maßnahmen der EPRDF-Regierung sei (Institut für Afrika-Kunde, Auskunft vom 17. September 1996 an VG Würzburg).
Eine Zweigniederlassung der Exil-AAPO wurde in Deutschland am 1. Mai 1993 offiziell gegründet. Darüber hinaus besitzt die AAPO in Amerika sowie in einigen anderen europäischen Staaten so genannte Unterstützungskomitees. Im Jahre 1997 verfügte die AAPO in Deutschland über ca. 1.080 Mitglieder, wobei es Parteibüros in sieben verschiedenen Städten, darunter in Frankfurt, gab (VG Gießen, Verhandlungsniederschrift vom 17. Juni 1997).
Die im vorliegenden Fall bedeutsame Frage der Verfolgungsgefahr von nach Äthiopien zurückkehrenden Mitgliedern oder Unterstützern der Exil-AAPO wird von den auskunftgebenden Stellen unterschiedlich beurteilt.
Das Auswärtige Amt berichtet, da die im Ausland aktiven Splittergruppen die äthiopische Regierung kaum ernsthaft gefährden könnten, stünden sie nicht im Zentrum geheimdienstlicher Aufklärung; die Betätigung für eine solche Organisation - wie die Auslandsorganisation der AAPO - führe bei einer Rückkehr nach Äthiopien nicht automatisch und in jedem Fall zu staatlichen Repressionen. Grundsätzlich komme es darauf an, ob eine Organisation von den äthiopischen Behörden als terroristisch eingestuft werde und welcher Grad exilpolitischer Aktivitäten festgestellt werde. Von Bedeutung sei auch, ob und wie sich eine Person bei Rückkehr nach Äthiopien dort weiterhin betätige (Auswärtiges Amt, Lageberichte Äthiopien vom 10. Januar 2001, vom 15. August 2001 und vom 20. Januar 2002). Gefährdet könnten demnach führende Exilpolitiker sein, aber auch Personen, denen ein strafrechtlicher Vorwurf gemacht werde (Auswärtiges Amt, Lageberichte Äthiopien vom 9. April 1998, 20. Mai 1999 und 3. April 2000). Einfache Mitglieder der AAPO, die sich im Ausland für die Partei engagierten, müssten bei ihrer Rückkehr nach Äthiopien demgegenüber nicht mit politischer Verfolgung rechnen (Auswärtiges Amt, Auskunft vom 20. November 1996 an VG Ansbach). Im Übrigen sei dem äthiopischen Staat bekannt, dass bei einigen Exilgruppen nicht das Hauptmotiv sei, den äthiopischen Staat zu verändern, sondern den geltend gemachten Asylanspruch der Gruppenangehörigen zu untermauern (Auswärtiges Amt, Lageberichte vom 9. April 1998 und 20. Mai 1999).
Den Stellungnahmen von amnesty international lässt sich eine eindeutige Einschätzung zur Rückkehrgefährdung von AAPO-Mitgliedern und -Unterstützern nicht entnehmen. So wird einerseits ausgeführt, die äthiopische Regierung sei offenbar sehr daran interessiert, sich der im Exil befindenden Opponenten zu bemächtigen; sie dulde keinerlei Opposition, Oppositionelle und Kritiker der EPRDF seien staatlicher Verfolgung ausgesetzt, was auch für exilpolitische Opposition und Kritik, die im Ausland geäußert werde, gelte (amnesty international, Auskunft vom 14. November 1996 an VG Würzburg). An anderer Stelle heißt es, ein AAPO-Mitglied, dessen oppositionelle Einstellung durch seine exilpolitischen Aktivitäten bekannt geworden sei, werde bei Rückkehr nach Äthiopien mit Sicherheit unter Beobachtung gestellt; falls der Betreffende dann weiterhin politische Aktivitäten für die AAPO entfalte, müsse er mit seiner Inhaftierung rechnen (amnesty international, Auskunft vom 5. September 1996 an VG Wiesbaden). Schließlich wird berichtet, Mitglieder und Sympathisanten der AAPO seien unter Umständen in Gefahr, in Äthiopien inhaftiert und möglicherweise misshandelt zu werden; falls die betreffende Person durch die Teilnahme an Demonstrationen und Kundgebungen ihre oppositionelle Einstellung zur äthiopischen Regierung und ihre Unterstützung für die AAPO öffentlich bekundet habe und zusätzlich noch eine offizielle Funktion innerhalb dieser Organisation bekleide, müsse sie möglicherweise damit rechnen, bei Rückkehr nach Äthiopien politischer Verfolgung ausgesetzt zu sein (amnesty international, Auskunft vom 8. November 1995 an VG Frankfurt). Im Falle eines früheren Kommunikationsoffiziers der 8. Division der äthiopischen Armee, der zudem Sekretär der WPE gewesen und nunmehr Mitglied der AAPO sei, hielt amnesty international eine an die AAPO-Zugehörigkeit anknüpfende Rückkehrgefährdung für schwer einschätzbar (Auskunft vom 10. Februar 2000 an VG München). Nunmehr geht amnesty international davon aus, dass die Funktion eines Sekretärs einer AAPO-Gruppe und die Mitgliedschaft in der AAPO bei Rückkehr nach Äthiopien zur Inhaftierung führen könnten, insbesondere wenn diese Person öffentlich Kritik an der EPRDF-Regierung geübt habe. Die äthiopische Regierung sehe Kritik an ihrer Politik und Regierungsführung als eine Kampfansage und als Aufforderung zum Umsturz an (amnesty international, Auskunft an OVG Magdeburg vom 13. August 2001).
Auch das Institut für Afrika-Kunde trifft keine eindeutige Aussage zum Verfolgungsrisiko von nach Äthiopien zurückkehrenden AAPO-Mitgliedern und Aktivisten. Danach erscheine es zumindest möglich, dass ein exilpolitisch aktives Mitglied der AAPO nach der Rückkehr staatliche Maßnahmen zu befürchten habe, die über eine sicherheitsdienstliche Beobachtung hinausgehen. Es sei als wahrscheinlich anzusehen, dass den äthiopischen Behörden die exilpolitischen Aktivitäten der in Deutschland lebenden äthiopischen Staatsangehörigen bekannt seien, da die exilpolitisch aktiven Mitglieder der AAPO die gleichen Positionen und Anliegen unterstützten, die die AAPO in Äthiopien vertrete (Auskunft vom 17. September 1996 an VG Würzburg). Die Verfolgungswahrscheinlichkeit hänge davon ab, welcher Art die exilpolitischen Aktivitäten seien, ob ihnen bereits politische Aktivitäten vorausgegangen seien, ob nach der Rückkehr weiterhin eine aktive Mitarbeit oder eine Unterstützung der AAPO erfolge und wo die betreffende Person nach der Rückkehr in Äthiopien ihren Wohnsitz nehme (Institut für Afrika-Kunde, Auskunft vom 22. April 1996 an VG Wiesbaden).
Hinsichtlich des Bereichs der nur untergeordneten exilpolitischen Tätigkeiten, z. B. der bloßen Teilnahme an Demonstrationen, des Verteilens von Werbematerial, der Entrichtung von Mitgliedsbeiträgen oder der Zahlung von Spenden, kann den Auskünften ebenfalls kein eindeutiges Bild entnommen werden. Weder enthalten sie eine ausdrückliche Aussage zum Bekanntwerden auch solcher untergeordneter Exilaktivitäten noch äußern sie sich näher substantiiert zu Art und Umfang der Auslandsüberwachung durch die äthiopischen Behörden oder eingeschaltete Informanten. Allein die Mitteilung von amnesty international, die Organisation habe mehrfach Berichte erhalten, wonach z. B. Demonstrationsteilnehmer fotografiert worden seien (Auskunft vom 17. August 1999 an Hess. VGH), bildet keine hinreichende Grundlage für die Annahme, dass jeder äthiopische Staatsangehörige, der sich an einer solchen Demonstration beteiligt, mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit von den äthiopischen Behörden als Teilnehmer identifiziert und damit als Regimegegner erkannt wird.
Im Ergebnis ist danach festzuhalten, dass die dargestellten Stellungnahmen der auskunftgebenden Stellen zur Rückkehrgefährdung von AAPO-Mitgliedern und -Unterstützern eine sichere Prognose nicht zulassen. Es kann aber festgestellt werden, dass jedenfalls eine beachtlich wahrscheinliche Gefährdung niederer Funktionäre und einfacher Parteimitglieder den Stellungnahmen der genannten auskunftgebenden Stellen im Sinne einer eindeutigen Prognose nicht entnommen werden kann. Die sachkundigen Äußerungen weisen vielmehr nur auf die bloße Möglichkeit von Verfolgungsmaßnahmen wegen untergeordneter exilpolitischer Betätigung für die AAPO hin.
Bei der vorliegend festgestellten Gefährdungslage hängt die Reaktion des äthiopischen Staates weiterhin von Art und Umfang der Kenntniserlangung der jeweiligen exilpolitischen Aktivitäten ab.
Zu Art und Umfang der Auslandsüberwachung der exilpolitischen Tätigkeiten äthiopischer Staatsangehöriger stellt das Auswärtige Amt fest, dass der äthiopische Staat die Aktivitäten der exilpolitischen Organisationen beobachte. Danach verfüge der äthiopische Geheimdienst über ein teilweise funktionsfähiges Informantensystem im Ausland. Es könne davon ausgegangen werden, dass der äthiopischen Regierung bekannt sei, wer tatsächlich eine führende Position innerhalb einer wichtigen Exilpartei einnehme und wer nicht (Auswärtiges Amt, Lagebericht Äthiopien vom 9. April 1998, vom 10. Januar 2001 und vom 20. Januar 2002).
Amnesty international äußert sich dahingehend, dass der äthiopische Geheimdienst sehr genau die exilpolitischen Aktivitäten seiner Staatsangehörigen in Deutschland beobachte, wozu auch gegen die Regierungspolitik gerichtete Demonstrationen und Veranstaltungen gehörten. Die EPRDF-Regierung habe früheres Geheimdienstpersonal des Mengistu-Regimes übernommen, das noch vom Staatssicherheitsdienst der DDR ausgebildet worden sei. Bei exilpolitischen Veranstaltungen müsse befürchtet werden, dass sich unter den Teilnehmern Spitzel der EPRDF befänden, die dem äthiopischen Sicherheitsdienst Bericht erstatteten und Namen weitergäben. Außerdem sei bekannt, dass Telefongespräche abgehört und das Briefgeheimnis verletzt würden (amnesty international, Auskünfte vom 17. August 1999 an Hess. VGH und vom 13. August 2001 an OVG Magdeburg).
Das Institut für Afrika-Kunde geht davon aus, dass im Allgemeinen exilpolitische Aktivitäten äthiopischer Staatsangehöriger sicherheitsdienstlich mit den üblichen Methoden beobachtet würden; hierbei öffentlich in Erscheinung tretende Personen würden registriert (Auskunft vom 16. November 1998 an Hess. VGH). Nach Einschätzung des UNHCR ist vor dem Hintergrund der als vom Ausland gesteuert wahrgenommenen Opposition anzunehmen, dass äthiopische Behörden die Aktivitäten der hauptsächlich im Ausland aktiven Oppositionsparteien sehr genau verfolgen. Deshalb müsse gefolgert werden, dass die äthiopischen Behörden jedenfalls von den Aktivitäten einer Person Kenntnis erlangten, die sich in höherer Funktion an mehreren öffentlichen Veranstaltungen einschließlich Demonstrationen vor der Äthiopischen Botschaft in der Bundesrepublik Deutschland beteiligt und Informationsmaterial verteilt hätte (UNHCR, Auskunft vom 23. Februar 1996 an OVG Koblenz).
Zusammenfassend kann damit hinsichtlich der Auslandsüberwachung exilpolitischer Aktivitäten durch die äthiopischen Behörden festgestellt werden, dass die auskunftgebenden Stellen in der aktuellen Beobachtung des Exilgeschehens übereinstimmen. Das Bekanntwerden öffentlichkeitswirksamer, hervorgehobener exilpolitischer Tätigkeit ist danach überwiegend wahrscheinlich.
Angesichts dieser Situation der AAPO gelangt der Senat bei der Beurteilung der Verfolgungswahrscheinlichkeit nach Äthiopien zurückkehrender Mitglieder der AAPO nach zusammenfassender Würdigung aller vorliegenden Erkenntnisquellen zu dem Ergebnis, dass die EPRDF-Regierung nur diejenigen Mitglieder und Unterstützer der AAPO als gefährliche Gegner einstufen wird, die auch nach außen erkennbar auf eine Beseitigung der EPRDF-Regierung hinarbeiten und dafür wesentliche Beiträge leisten. Selbst wenn nach Äthiopien zurückkehrende AAPO-Mitglieder und -Sympathisanten zum Zwecke eines Verhörs vorübergehend festgenommen werden sollten, könnte hierin keine staatliche Maßnahme, die über der asylrechtlichen Erheblichkeitsschwelle liegt, gesehen werden. Dies gilt insbesondere dann, wenn aus den exilpolitischen Aktivitäten keine ernst zu nehmende Bedrohung hervorgeht, die darauf angelegt ist, in Äthiopien mit dem Ziel der Herbeiführung eines politischen Umsturzes fortgesetzt zu werden. Zwar sind rechtlich erhebliche Verfolgungsmaßnahmen bei exilpolitischen Aktivitäten, durch die sich ein Rückkehrer nicht durch hervorgehobene Tätigkeiten oder sonst öffentlichkeitswirksam als Regimegegner exponiert hat, nicht gänzlich auszuschließen, sie sind jedoch nicht überwiegend wahrscheinlich.
Mit dieser an seine Grundsatzentscheidung vom 29. Oktober 2001 - 9 UE 1702/98.A - anknüpfenden Einschätzung der Beurteilung der Verfolgungswahrscheinlichkeit von Mitgliedern und Unterstützern der AAPO befindet sich der Senat auch in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Thüringischen Oberverwaltungsgerichts (Urteil vom 13. April 2000 - 3 KO 387/97 -) und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (vgl. Beschluss vom 5. Januar 2000 - 9 BA 96.34830 -).
Daraus folgt, dass dem Kläger ausgehend von Art und Umfang der von ihm für die AAPO entfalteten exilpolitischen Aktivitäten bei einer Rückkehr nach Äthiopien nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit politische Verfolgung droht. Der Kläger ist nämlich lediglich einfaches Mitglied dieser Organisation. Er hat innerhalb der Partei keinerlei Funktion inne und es ist zudem weder vorgetragen noch ersichtlich, dass der Kläger die AAPO - über seine bloße Mitgliedschaft hinausgehend - mit persönlichem Engagement, etwa durch exponierte Teilnahme an Demonstrationen, Mitgliederversammlungen oder sonstigen Veranstaltungen der äthiopischen Exilopposition unterstützt. Der Kläger hebt sich mithin durch seine parteilichen Aktivitäten in keiner Weise von dem Kreis einfacher Parteimitglieder der AAPO oder von der Vielzahl der ansonsten in der Bundesrepublik Deutschland lebenden und politisch aktiven Exil-Äthiopier ab. Es kann insofern nicht angenommen werden, dass der Kläger aufgrund seiner parteipolitischen Orientierung in das Fadenkreuz der äthiopischen Sicherheitskräfte geraten wäre.
Auch aufgrund der Zugehörigkeit des Klägers zu der äthiopisch-orthodoxen TEWAHIDO-Kirche in Deutschland und seiner Beteiligung an kirchlichen Aktivitäten erscheint die Gefahr drohender politischer Verfolgung nicht beachtlich wahrscheinlich.
Was die Situation der christlichen Kirche in Äthiopien und das Verhältnis des äthiopischen Staates zu dieser Religionsgemeinschaft anbetrifft, verfügt der Senat auf Grundlage der in das Verfahren eingeführten einschlägigen Auskünfte über die folgenden Erkenntnisse:
Sowohl die amharische als auch die tigrinische Volksgruppe, die politisch miteinander in Konkurrenz stehen, gehören in Äthiopien traditionell der christlich-orthodoxen Kirche an. Der bereits während der DERG-Herrschaft ins Amt gekommene vormalige Patriarch der äthiopisch-orthodoxen Kirche namens verhielt sich politisch sehr angepasst und war deshalb auch innerhalb der Kirche umstritten. Nach dem Machtwechsel im Jahr 1991 trat von seinen Ämtern zurück, reiste zunächst nach Kenia aus und begab sich von dort aus weiter in die USA, wo er noch heute lebt. Durch eine neu einberufene Synode wurde als sein Nachfolger inthronisiert. Dieser stammt aus Tigray, hatte allerdings mehrere Jahre in den USA gelebt und galt als Anhänger der TPLF, die die heutige EPRDF-Regierung dominiert. Er ist deshalb bei vielen amharischen Mitgliedern der orthodoxen Kirche umstritten (insoweit übereinstimmend: Institut für Afrika-Kunde, Auskunft an VG Kassel vom 22. Dezember 2000; amnesty international, Auskunft an VG Kassel vom 1. März 2001). Der ehemalige Patriarch Merkorios gründete zwischenzeitlich eine Synode der äthiopisch-orthodoxen Kirche im Exil (vgl. amnesty international, a. a. O.).
Die Inthronisation des neuen Patriarchen , mit der die Absetzung weiterer höherer Amtsträger der äthiopisch-orthodoxen Kirche einherging, die heute überwiegend in den USA leben, offenbarte einen innerkirchlichen Konflikt, der neben religiösen Faktoren auch von politischen Faktoren bestimmt wird und in dem sich die tigrinisch-amharische Konfliktlinie wiederspiegelt, die die innenpolitische Situation in Äthiopien mitbestimmt. Dem liegt auch zugrunde, dass nach orthodox-kirchlichem Recht zu Lebzeiten eines Patriarchen kein neuer Patriarch eingesetzt werden kann, weshalb die Legitimation des Patriarchen von Teilen der Kirchenmitglieder als unrechtmäßig betrachtet wird. Insofern kann man von der Existenz einer innerkirchlichen Opposition sprechen. In Äthiopien selbst werden kritische Strömungen innerhalb der Kirche oft auch von Wanderpredigern (Priestern, Mönchen oder Laienpredigern) zum Ausdruck gebracht. Es existiert eine Gruppe innerhalb der Kirche namens Mahber Ehawariyat, die der Kirche Nepotismus und schlechte Verwaltung vorwirft, das freie Predigen von Wanderpredigern und Einsiedlern an allen heiligen Orten fordert und konstatiert, die Einsetzung eines neuen Patriarchen zu Lebzeiten des alten verstoße gegen kirchliches Recht (vgl. Institut für Afrika-Kunde, Auskunft an VG Kassel vom 22. Dezember 2000). In vielen Fällen korrespondiert die Haltung in der Patriarchenfrage mit allgemeinen politischen Einstellungen und Überzeugungen, so dass Gegner des heutigen Patriarchen Paulos oft zugleich auch Gegner oder Kritiker der gegenwärtigen Regierung bzw. der EPRDF sind (Institut für Afrika-Kunde, Auskunft an VG München vom 30. November 1999). Dabei sind die oppositionellen Strömungen innerhalb der äthiopisch-orthodoxen Kirche besonders stark in den Exilgemeinden - besonders in den USA - vertreten (vgl. Institut für Afrika-Kunde, Auskunft am VG Kassel vom 22. Dezember 2000).
Die Religionsfreiheit ist in Äthiopien verfassungsmäßig garantiert und wird in der Praxis - so die Einschätzung des Auswärtigen Amtes im Lagebericht Äthiopien vom 20. Februar 2002 - auch gewährleistet. Die äthiopische Regierung versteht sich in religiösen Angelegenheiten grundsätzlich als neutral und greift nicht offiziell in religiöse Konflikte ein, außer wenn es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen kommt (Institut für Afrika-Kunde, Auskunft an VG Kassel vom 22. Dezember 2000). Nach übereinstimmender Einschätzung aller Auskunftsstellen scheint es inoffiziell aber sehr wohl eine Einflussnahme des Staates auf die alte orthodoxe "Staatskirche" zu geben, die sich an der indirekten Steuerung der Besetzung höherer Kirchenämter festmachen lässt (vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht Äthiopien vom 20. Februar 2002; Institut für Afrika-Kunde, Auskunft an VG Kassel vom 22. Dezember 2000 und amnesty international, Auskunft an VG Kassel vom 1. März 2001). So wird bereits der damalige Rücktritt des Patriarchen mit dem Regierungswechsel des Jahres 1991 in Verbindung gebracht. Das Institut für Afrika-Kunde (a. a. O.) merkt dazu an, die TPLF dürfte bei der Absetzung des Patriarchen und der Auswahl des Patriarchen , der aus der gleichen Stadt in Tigray stamme, wie Ministerpräsident Meles Zenawi und als TPLF-Sympathisant gelte, beteiligt gewesen sein. Allerdings sei auch innerhalb des Klerus u. a. wegen mangelnder theologischer Qualifikation umstritten gewesen. Amnesty international (a. a. O.) geht in diesem Zusammenhang noch weiter. Die EPRDF-Regierung habe den Wechsel im Patriarchat vorgenommen, um sich ihren Einfluss auf die uralte traditionelle Institution der äthiopisch-orthodoxen Kirche zu sichern. Die Regierung dulde auch im kirchlichen Bereich keine Kräfte, die ihre Vormachtstellung nicht uneingeschränkt anerkenne und von denen zu befürchten sei, dass sie in der Bevölkerung Unterstützung für ihre oppositionelle Haltung fänden. sei insofern ins Exil gezwungen worden und zunächst nach Kenia geflüchtet. Aufgrund der Befürchtung, dort Anschlägen des äthiopischen Geheimdienstes ausgesetzt zu sein, habe er letztendlich in den Vereinigten Staaten von Amerika Zuflucht gesucht.
Hieraus entnimmt der Senat die allgemeine Schlussfolgerung, dass bei den zu konstatierenden innerkirchlichen Konflikten der äthiopisch-orthodoxen Kirche sowohl religiöse, als auch - durch mehr oder weniger stark ausgeprägte staatliche Einflussnahme mitbestimmte - politische Faktoren eine Rolle spielen, wobei letztere den innenpolitischen Konflikt zwischen der tigrinisch dominierten EPRDF-Regierung und der amharisch dominierten Opposition - etwa der AAPO - widerspiegeln.
Vor diesem Hintergrund wird das Vorgehen der äthiopischen Sicherheitskräfte gegen die innerkirchliche Opposition von vorgenannten Auskunftsstellen unterschiedlich beurteilt. Amnesty international führt dazu - wie dargelegt - zunächst aus, dass die Regierung auch im kirchlichen Bereich keine Kraft dulde, die ihre Vormachtstellung nicht uneingeschränkt anerkenne und von der zu befürchten sei, dass sie in der Bevölkerung Unterstützung für ihre oppositionelle Haltung finde. Der Sicherheitsdienst gehe gegen Kritiker innerhalb der Kirche mit den gleichen Mitteln vor, wie gegen politische Oppositionelle. Willkürliche Festnahmen, Haft ohne Gerichtsverfahren und extralegale Tötungen fänden auch gegen geistliche Regierungskritiker statt (vgl. amnesty international, Auskunft an VG Kassel vom 1. März 2001). Das Institut für Afrika-Kunde weist demgegenüber darauf hin, es lägen keine Informationen über Übergriffe der Regierung gegen solche Personen vor, die ihre Opposition zur derzeitigen orthodoxen Kirchenführung friedlich zum Ausdruck brächten, wobei allerdings insbesondere für ländliche Gebiete eine schlechte Informationslage zu konstatieren sei. Zu direkter staatlicher Verfolgung aufgrund einer innerkirchlich oppositionellen Haltung sei es bislang - soweit bekannt - nur bei Aufstachelung zu Gewalt oder bewaffneten Vorfällen gekommen. (Straf-) Verfolgungsmaßnahmen seien für diejenigen zu befürchten, die die Kirchenleitung und Regierung öffentlich angriffen. Bei den bekannt gewordenen Fällen staatlicher (Straf-) Verfolgungsmaßnahmen gegen orthodoxe Priester seien diese wegen regierungsfeindlicher öffentlicher Predigten und/oder des Vorwurfs der Anstachelung zu Gewalt oder zu ethnischem Hass oder aber wegen gewöhnlicher strafrechtlich relevanter Beschuldigungen wie z. B. Diebstahl von Kircheneigentum und dessen Verkauf zur persönlichen Bereicherung erfolgt (Institut für Afrika-Kunde, Auskunft an VG München vom 30. November 1999 und Auskunft an VG Kassel vom 22. Dezember 2000).
Aus alledem entnimmt der Senat die Überzeugung, dass die Zugehörigkeit zur innerkirchlichen (Exil-) Opposition für Rückkehrer nach Äthiopien die beachtlich wahrscheinliche Gefahr politischer Verfolgung jedenfalls dann nicht begründet, wenn es sich nicht um kirchliche Führungspersönlichkeiten, engagierte Priester und exponierte Laien der Kirchenopposition handelt, die im Zusammenhang mit ihrem kirchlichen Engagement - auch - als Regierungskritiker in besonderem Maße und von einer breiteren Öffentlichkeit wahrgenommen in Erscheinung getreten sind. Maßgeblich für diese Einschätzung ist nicht zuletzt auch, dass mit Blick auf die Auslandsüberwachung exilpolitischer Aktivitäten durch die äthiopischen Behörden, auf deren Umfang bereits in anderem Zusammenhang eingegangen wurde, Anhaltspunkte für das beachtlich wahrscheinliche Bekanntwerden von lediglich untergeordneten exilpolitischen Betätigungen und mithin für die Gefahr, aufgrund solcher in das Fadenkreuz der äthiopischen Sicherheitskräfte zu geraten, nicht bestehen. Diese zur Bewertung parteipolitischer Aktivitäten im Exil geltenden Maßstäbe (vgl. S. 37 f. des Urteilsabdrucks) beanspruchen im Hinblick auf die Einschätzung der Verfolgungswahrscheinlichkeit aufgrund Engagements für die innerkirchliche Opposition mit - gegebenenfalls - entsprechendem politischen Hintergrund ebenfalls Geltung.
In Anwendung dieser Grundsätze gehört der Kläger nicht zu dem danach unter Umständen gefährdeten Personenkreis. Ausweislich der von ihm vorgelegten Bescheinigung der äthiopisch-orthodoxen TEWAHIDO-Kirche in Deutschland vom 27. Juli 2002 gehört er dieser Kirche seit 1995 als "aktives Mitglied der Sonntagsschule" an. Nach dem Inhalt einer weiter vorgelegten Erklärung dieser Kirche, die vom 17. Dezember 2002 datiert und von deren stellvertretendem Vorsitzenden unterzeichnet worden ist, widerspricht die Ernennung des Patriarchen "durch Anordnung der ethnisch-orientierten Minderheitsregierung Äthiopiens" geltendem Kirchenrecht. Die äthiopisch-orthodoxe TEWAHIDO-Kirche in Deutschland bemühe sich, diesen Rechtsverstoß in Deutschland publik zu machen und "kämpfe für die Wiederherstellung des Rechts ihrer Kirche". Zu den kirchlichen Aufgaben des Klägers innerhalb der Gemeinde wird in der erstgenannten Bescheinigung am 27. Juli 2002 ausgeführt, er spiele bei der Gestaltung und Durchführung der Gottesdienste eine wichtige Rolle und wirke außerdem bei der seelsorglichen Betreuung der Gemeindemitglieder und äthiopischen Flüchtlinge mit. Dazu ergänzend in der mündlichen Verhandlung befragt, gab der Kläger an, seine Kirche verstehe sich als "Kirchen- und Oppositionsbewegung". Die Kirche besitze kein eigenes Kirchengebäude, sondern versammle sich in Gemeindehäusern zu Bibelstunden und ähnlichen Veranstaltungen. In seiner Funktion als Diakon sei er bei der Gestaltung von Gottesdiensten behilflich. Er versuche, Interessenten Kirchenlieder beizubringen und sei auch dafür verantwortlich, Einladungsschreiben etwa im Zusammenhang mit dem Empfang ausländischer Kirchenvertreter zu verteilen. An solchen Veranstaltungen nehme er selbstverständlich auch selber teil. Das alles weist den Kläger nicht als besonders exponierte Persönlichkeit innerhalb der äthiopisch-orthodoxen Kirchenopposition mit entsprechendem - von offiziellen äthiopischen Stellen möglicherweise als potenziell bedrohend erkanntem - Einfluss aus. Dabei ist darauf hinzuweisen, dass der Kläger dem Berichterstatter des Senats seiner Persönlichkeit und seinem Wesen nach auch in der mündlichen Verhandlung deutlich den Eindruck vermittelte, dass für ihn im Zusammenhang mit seinem kirchlichen Engagement insbesondere in seiner christlichen Grundeinstellung begründete - und weniger politische - Motive leitend sind.
Schließlich sind im Fall des Klägers auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass ihm jetzt oder in absehbarer Zukunft politische Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit wegen des Zusammenwirkens aller in seiner Person liegender angeblicher Gefährdungsmomente drohen könnte. Die in diesem Zusammenhang vorgetragenen Umstände - insbesondere die Mitgliedschaft in der AAPO und sein kirchliches Engagement - reichen auch bei einer Gesamtschau nicht an die Grenze heran, bei der der Grad der beachtlichen Wahrscheinlichkeit einer politischen Verfolgung erreicht wäre.
III.
Dem Kläger steht auch kein Anspruch auf die begehrte Feststellung von Abschiebungshindernissen nach § 53 Abs. 4 AuslG in Verbindung mit Art. 3 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 (BGBl. II 1952, S.686) - EMRK - zu. Nach dem gegenwärtigen Erkenntnisstand des Senats droht dem Kläger keine im Sinne der genannten Vorschrift beachtlich wahrscheinliche Gefahr, dass die Behörden in Äthiopien ihn mittels schwerer Eingriffe in elementare Rechtsgüter unmenschlich oder erniedrigend behandeln werden.
Nach § 53 Abs. 4 AuslG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung von Art. 3 EMRK, die der deutsche Gesetzgeber bereits mit Zustimmungsgesetz vom 7. August 1952 (BGBl. II, 685) in innerstaatliches deutsches Recht transformiert hat und die seitdem in der Bundesrepublik Deutschland im Range eines einfachen Bundesgesetzes gilt, ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist. Auf der Grundlage der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (grundlegend: Urteil vom 17. Oktober 1995 - 9 C 15.95 -, NVwZ 1996, S. 476; bestätigt durch Urteile vom 4. Juni 1996 - 9 C 134.95 -, InfAuslR 1996, S. 289, vom 19. November 1996 - 1 C 6.95 -, NVwZ 1997, S. 685, vom 8. April 1997 - 1 C 12.94 -, NVwZ 1997, S. 1112, vom 11. November 1997 - 9 C 13.96 -, DVBl. 1998, S. 282 und vom 25. November 1997 - 9 C 58.96 -, DVBl. 1998, S. 284) geht auch der erkennende Senat davon aus, dass Art. 3 EMRK ebenso wie das Asylrecht nicht vor den allgemeinen Folgen von Naturkatastrophen, Bürgerkriegen und anderen bewaffneten Konflikten schützt, sondern dass eine Verantwortlichkeit des Vertragsstaates grundsätzlich nur für die Folgen unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung besteht. Dabei setzt der Begriff der Behandlung ein geplantes, vorsätzliches, auf eine bestimmte Person gerichtetes Handeln voraus. Diese Begrenzung des Schutzbereichs des Art. 3 EMRK ergibt sich, wie das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 17. Oktober 1995 - BVerwG 9 C 15.95, NVwZ 1996, S. 476 - ausführlich dargelegt hat, aus der Entstehungsgeschichte sowie aus Sinn und Zweck der Europäischen Menschenrechtskonvention. In Fällen der Abschiebung ist ein Verstoß gegen Art. 3 EMRK mithin nur dann in Betracht zu ziehen, wenn ernsthafte Gründe für die Annahme bestehen, dass der Abgeschobene im aufnehmenden Land einer von Art. 3 EMRK verbotenen Behandlung unterworfen wird, was bei allgemeinen Folgen von Naturkatastrophen, Bürgerkriegen, nachteiligen Auswirkungen eines unterentwickelten Gesundheitssystems und anderen bewaffneten Konflikten offensichtlich nicht zutrifft, sondern vielmehr grundsätzlich nur eine vom Staat ausgehende oder zumindest von ihm zu verantwortende Misshandlung eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne von Art. 3 EMRK sein kann (so ebenfalls: Hess. VGH, Urteile vom 29. Juli 1996 - 13 UE 2378/96.A, vom 18. Dezember 1997 - 3 UE 3402/97.A - und vom 28. Mai 1998 - 3 UE 755/98.A).
Auch im Hinblick auf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte - EGMR - vom 17. Dezember 1996 (Nr. 71/1995-577-663 - Ahmed gegen Österreich -, InfAuslR 1997, S. 279) ist mit dem Bundesverwaltungsgericht (vgl. Urteil vom 15. April 1997 - 9 C 38.96 -, NVwZ 1997, S. 1127 - und vom 2. September 1997 - 9 C 40.96 -, BVerwGE 105, 187) an dieser Auslegung von § 53 Abs. 4 AuslG festzuhalten. Danach ist auch weiterhin davon auszugehen, dass Abschiebungsschutz nach dieser Bestimmung nur gewährt werden kann, wenn der Kläger im Zielland der Abschiebung (hier Äthiopien) Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Strafe oder Behandlung durch den Staat oder eine staatsähnliche Organisation unterworfen zu werden. Wie das Bundesverwaltungsgericht in der vorgenannten Entscheidung ausgeführt hat, ergibt sich die Begrenzung des Schutzbereichs von Art. 3 EMRK aus den nach Art. 31 der Wiener Vertragsrechtskonvention (BGBl. 1985 II, 926) vorrangigen Gesichtspunkten der gewöhnlichen Bedeutung der Vertragsbestimmungen in ihrem Zusammenhang sowie aus deren Sinn und Zweck unter Berücksichtigung auch der Entstehungsgeschichte, wobei den Erkenntnissen der Konventionsorgane, vornehmlich des EGMR, besonderes Gewicht zukommt. Nach alledem ist bei der Gewährung von Abschiebungsschutz nach § 53 Abs. 4 AuslG i.V.m. Art. 3 EMRK auch weiterhin von den oben genannten Voraussetzungen auszugehen.
Für die Feststellung dieses Anspruchs gilt der gleiche Prognosemaßstab wie für Art. 16 a Abs. 1 GG (vgl. BVerwG, Urteil vom 5. Juli 1994 - 9 C 1.94 - Buchholz 402.25 AsylVfG § 1 Nr. 173 S. 17), hier also der Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit. Dies gilt unbeschadet dessen, ob im Zeitpunkt der Ausreise des Klägers aus Äthiopien eine Verfolgung durch die äthiopischen Behörden gegeben war oder unmittelbar bevorstand. Der im Asylrecht für die Fälle politischer Verfolgung geltende so genannte herabgestufte Wahrscheinlichkeitsmaßstab ist bei der Anwendung des § 53 Abs. 4 AuslG nämlich auch dann nicht anwendbar, wenn der Schutzsuchende schon einmal Opfer einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung gewesen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 4. Juni 1996 - 9 C 134.95 -, InfAuslR 1996, S. 289). Das auch in § 53 Abs. 4 AuslG enthaltene Element der Konkretheit der Gefahr für diesen Ausländer kennzeichnet jedoch das zusätzliche Erfordernis einer einzelfallbezogenen, individuell bestimmten und erheblichen Gefährdungssituation. Des Weiteren gilt, dass der Umstand, dass sich eine Vielzahl von Personen in derselben Situation befindet, die Anwendung von § 53 Abs. 4 AuslG nicht ausschließt (vgl. BVerwG, Urteil vom 4. Juni 1996, a.a.O.).
Überträgt man diese Grundsätze auf den vorliegenden Fall, wird deutlich, dass der Kläger im Falle seiner Rückkehr nach Äthiopien wegen der von ihm geltend gemachten Gefährdungsmomente - soweit diese glaubhaft gemacht wurden - keine im Sinne des § 53 Abs. 4 AuslG in Verbindung mit Art. 3 EMRK beachtlich wahrscheinliche Gefahr droht, in Äthiopien durch staatliche Organe oder durch Dritte, für die der Staat verantwortlich ist, mittels schwerer Eingriffe in elementare Rechtsgüter unmenschlich behandelt zu werden. Zur Begründung kann insoweit auf die obigen Ausführungen zu Art. 16 a Abs. 1 GG bzw. § 51 AuslG verwiesen werden.
IV.
Der Kläger kann jedoch Abschiebungsschutz nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG beanspruchen.
Die Gewährung von Abschiebungsschutz nach dieser Vorschrift setzt grundsätzlich das Bestehen individueller Gefahren voraus. Beruft sich ein Ausländer lediglich auf allgemeine Gefahren im Sinne von § 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG, die - wie beispielsweise die typischen Bürgerkriegsgefahren - nicht nur ihm persönlich, sondern zugleich der ganzen Bevölkerung oder einer Bevölkerungsgruppe drohen, wird Abschiebungsschutz ausschließlich durch eine generelle Regelung der obersten Landesbehörde nach § 54 AuslG gewährt. § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG erfasst allgemeine Gefahren im Sinne des § 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG grundsätzlich auch dann nicht, wenn sie den einzelnen Ausländer konkret und in individualisierbarer Weise betreffen (BVerwG, Urteil vom 17. Oktober 1995 - 9 C 15.95 -, NVwZ 1996, S. 476; Urteil vom 4. Juni 1996 - 9 C 134.95 -, InfAuslR 1996, S.289).
Allerdings ist § 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG verfassungskonform dahin auszulegen und anzuwenden, dass von der Abschiebung eines unter diese Bestimmung fallenden Ausländers nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG abzusehen ist, wenn das Verfassungsrecht dies gebietet (BVerwG, Urteil vom 18. April 1996 - 9 C 77.95 -, InfAuslR 1996, S. 289, Urteil vom 12. Juli 2001 - 1 C 2/01 -, DVBl. 2001, S. 1531). Ein solcher Fall ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gegeben, wenn die oberste Landesbehörde trotz einer extremen allgemeinen Gefahrenlage, die jeden einzelnen Ausländer im Falle seiner Abschiebung gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausliefern würde, von ihrer Ermessensermächtigung nach § 54 AuslG keinen Gebrauch gemacht hat, einen generellen Abschiebestopp zu verfügen. Zu diesen extremen Gefahren für Leib und Leben gehören auch Gefahren, die infolge völliger Unterversorgung der Bevölkerung mit dem elementaren Bedarf des täglichen Lebens entstehen, denn auch ein solcher extremer Mangel kann die Existenz der davon Betroffenen in lebensbedrohlicher Weise gefährden (so auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 25. September 1996 - A 16 S 2211/ 95 -, VBlBW 1997, Teil 1 B6). Liegen die genannten Voraussetzungen vor, gebieten es die Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG, dem einzelnen Ausländer unabhängig von einer Ermessensentscheidung nach §§ 53 Abs. 6 Satz 2, 54 AuslG Abschiebungsschutz zu gewähren. Dabei kommt es nicht darauf an, von wem die Gefahr ausgeht oder wodurch sie hervorgerufen wird.
Von einer individuellen, d. h. dem Kläger als Einzelperson drohenden Gefahr - wie dies in § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG verlangt wird - kann nicht ausgegangen werden. Der Kläger träfe im Falle seiner Rückkehr in sein Heimatland auf fraglos beschwerliche Lebensumstände, denen aber im gleichen Maße die Bevölkerung in Äthiopien allgemein ausgesetzt ist. Es sind im Falle des Klägers auch keine Anhaltspunkte vorgetragen oder erkennbar, die die Annahme rechtfertigen könnten, dass er aufgrund von persönlichen - etwa gesundheitlichen - Umständen stärker gefährdet wäre als die Vielzahl seiner in Äthiopien lebenden Landsleute.
Der Kläger hat indes Anspruch auf Abschiebungsschutz gemäß § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG in verfassungskonformer Auslegung wegen allgemeiner Gefahren im Sinne von § 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG. Der Senat geht unter Berücksichtigung der ihm zur Verfügung stehenden Erkenntnisse davon aus, dass der Kläger aufgrund der allgemeinen Lage in Äthiopien bei einer Rückkehr akut an Leib und Leben gefährdet wäre.
Schon in den vergangenen Jahren wurde Äthiopien von schweren Ernteausfällen getroffen. Nach Ausbleiben der notwendigen Regenfälle kam es zu Beginn des Jahres 2000 zu einer Zuspitzung der Situation. Auch anhaltende Trockenheit hatte seinerzeit dazu geführt, dass die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln nicht mehr in allen Landesteilen gesichert war. Zu diesem Zeitpunkt waren ca. 8 Mio. Menschen im Südosten Äthiopiens durch eine schwere Hungersnot bedroht (Auswärtiges Amt, Lagebericht Äthiopien vom 3. April 2000). Auch zum jetzigen Zeitpunkt ist die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln in Äthiopien nicht in allen Landesteilen und zu jeder Zeit gesichert. Die Existenzbedingungen in Äthiopien, einem der ärmsten Länder der Welt, sind für große Teile, insbesondere der Landbevölkerung äußerst hart und bei Ernteausfällen potentiell lebensbedrohend. In diesen Fällen ist das Land auf die Unterstützung internationaler Hilfsorganisationen angewiesen. Dass sich an dieser Situation in jüngster Zeit etwas geändert haben könnte, ist nicht anzunehmen. Bereits in Presseberichten aus dem Sommer 2002 wird vielmehr darauf hingewiesen, dass Äthiopien aufgrund von Ernteausfällen erneut eine große Hungersnot droht, von der potentiell 4 Mio. Menschen unmittelbar bedroht sind. Der Grund für die drohende Katastrophe mit Schwerpunkt in der Afar-Region im Norden Äthiopiens ist wiederum in Ernteausfällen zu sehen, die ihre Ursache im völligen Ausbleiben des saisonbedingten Regens in den vergangenen zwei Jahren nach zehn Jahren mit ausgeprägten Dürrezeiten haben (vgl. Deutsche Presseagentur, Meldung vom 3. Juli 2002; Die Tageszeitung, Ausgabe vom 3. August 2002). In erstgenannter Meldung ist zudem die Rede davon, internationale Geber seien nach Auffassung äthiopischer Stellen den Appellen für Nahrungsmittelhilfe in diesem Jahr nicht ausreichend nachgekommen. Nur knapp die Hälfte der erbetenen rund 557.000 Tonnen seien bislang eingetroffen. Aktuellen Pressemitteilungen zufolge hat sich die Situation inzwischen weiter zugespitzt. So hat sich der äthiopische Premierminister Meles nochmals über den britischen Sender BBC an die Weltöffentlichkeit gewandt und vor einer sich anbahnenden Hungerkatastrophe mit den Worten gewarnt, wenn die Hungersnot von 1984 ein Albtraum gewesen sei, so sei das Kommende ein "Horror". Anfang 2003 könnten 15 Mio. Äthiopier von Hungersnot betroffen sein und damit ein Viertel der Gesamtbevölkerung, falls die internationale Gemeinschaft nicht helfe. Dieser Einschätzung stimmen humanitäre Verbände zu. Zwar bringe das UN-Welternährungsprogramm US-Getreide über den Hafen von Dschibuti nach Äthiopien. Die Hilfe sickere jedoch nur wie ein Tropf ein. Im Hafen von Dschibuti dauere es mindestens 10 Tage, bis beispielsweise das Schiff "Liberty Glory" mit 42.000 t Getreide entladen sei. Wagdi Othmann vom Welternährungsprogramm in Dschibuti bezifferte die Nothilfe, die Äthiopien in den ersten Monaten des Jahres 2003 brauche, auf 1,5 bis 2 Mio. Tonnen. Doch angesichts der Aufmerksamkeit, die die Dürreopfer im südlichen Afrika und in Westafrika auf sich zögen, zeigten große Geberländer eine gewisse Spendenmüdigkeit (vgl. dazu im Einzelnen: Frankfurter Rundschau, Ausgabe vom 13. November 2002).
Was die medizinische Versorgung in Äthiopien anbetrifft, so ist diese nur in der Hauptstadt Addis Abeba zufriedenstellend. Außerhalb der Hauptstadt ist eine akzeptable medizinische Versorgung, wenn überhaupt, nur punktuell gewährleistet. Abgelegene Gebiete sind kaum oder überhaupt nicht medizinisch versorgt (Auswärtiges Amt, Lageberichte Äthiopien vom 10. Januar 2001, vom 15. August 2001 und vom 20. Januar 2002).
Trotz der von der äthiopischen Regierung unternommenen Versuche, durch die Schaffung neuer Arbeitsplätze den wirtschaftlichen Aufbau des Landes voranzutreiben, ist es in Äthiopien nach wie vor schwierig, einen Arbeitsplatz zu finden. Besondere Bedeutung bei der Suche nach einem Arbeitsplatz hat auch heute noch die familiäre Einbettung; ohne verwandtschaftliche Beziehungen ist es nach wie vor äußerst schwierig, wenn nicht gar unmöglich, eine Beschäftigung zu finden, die ein auch nur annähernd ausreichendes Einkommen garantiert (amnesty international, Auskünfte vom 13. Januar 1996 an VG Würzburg, vom 14. Juni 1999 an VG Wiesbaden und vom 13. Februar 2001 an Hess. VGH). Rückkehrer aus dem Ausland, die über besondere Qualifikationen und Sprachkenntnisse verfügen und die sich im Ausland Ersparnisse schaffen konnten, haben im Hinblick auf die relativ starke Kaufkraft von Devisen eine bessere Möglichkeit der Existenzgründung (Auswärtiges Amt, Lageberichte Äthiopien vom 20. Mai 1999, vom 10. Januar 2001, vom 15. August 2001 und vom 20. Februar 2002). Allerdings spielen auch insoweit nach wie vor geschlechtsspezifische Besonderheiten eine Rolle; insbesondere haben es alleinstehende Frauen schwer, sich ohne familiären Rückhalt eine Existenzgrundlage zu schaffen (amnesty international, Auskunft vom 14. Juni 1999 an VG Wiesbaden). Hinzu kommt, dass infolge der Hungersnot im großen Maße eine Landflucht eingesetzt hat, die sich aufgrund der aktuell drohenden Hungerskatastrophe beschleunigt (vgl. die genannten Pressemitteilungen ). Dieser Umstand führt auch in Addis Abeba in zunehmendem Maße zu sozialer Verelendung; die Anzahl der in Addis Abeba lebenden Straßenkinder hat sich in den vergangenen Jahren noch weiter erhöht (Auswärtiges Amt, Lageberichte vom 10. Januar 2001 und vom 20. Februar 2002). Im Übrigen gibt es keine Organisationen, die zurückkehrenden ehemaligen Asylbewerbern aus Europa Wiedereingliederungshilfe leisten. Daraus schließt amnesty international, dass Rückkehrern nach Äthiopien ohne familiäre Unterstützung und finanzielle Mittel im Allgemeinen ein Leben nur unter dem Existenzminimum möglich sein wird (amnesty international an Hess. VGH vom 13. Februar 2001).
Der Senat hat in früheren Entscheidungen (vgl. Urteil vom 11. Dezember 2000 - 9 UE 2200/98.A -) festgestellt, dass aufgrund der damaligen katastrophalen Versorgungslage junge alleinstehende Äthiopier, die als Jugendliche aus ihrem Heimatland geflohen sind, über kein eigenes Vermögen und über keinen familiären Rückhalt in Äthiopien mehr verfügen, bei einer Rückkehr in ihr Heimatland einer existenzbedrohenden Gefahr für Leib und Leben ausgesetzt seien und daher den Abschiebungsschutz nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG in verfassungskonformer Auslegung beanspruchen könnten.
Die persönliche Situation, in der sich der Kläger befindet, ist dieser Fallkonstellation vergleichbar.
Der Kläger verließ sein Heimatland Äthiopien als Minderjähriger bereits im Jahr 1994. Der Senat glaubt dem Kläger nach Befragung in der mündlichen Verhandlung, dass dieser zu Verwandten - falls solche in Äthiopien überhaupt noch leben sollten - jedenfalls seit sehr langer Zeit keinen Kontakt mehr hat und auch ansonsten in Äthiopien über keinerlei ihm nahe stehende Personen verfügt, von denen er für den Fall einer Rückkehr dorthin eine erste Hilfestellung zur Sicherung seines Existenzminimums zu erwarten hätte. Das würde sich für den Kläger umso schwerer auswirken, als er seinen Lebensmittelpunkt bereits seit mehr als acht Jahren außerhalb Äthiopiens verlegt und sich insofern - zumal er einen wesentlichen Teil seiner Sozialisation im Ausland erfahren hat - immer weiter von den dortigen Lebensbedingungen, Sitten und Gebräuchen entfernt hat. Einen neuen Start in Äthiopien zusätzlich erschweren dürfte der Umstand, dass der Kläger vor seiner Ausreise weder einen Schulabschluss gemacht noch eine Berufsausbildung absolviert hat und es ihm auch während seines langjährigen Aufenthalts in Deutschland - während dessen er zumeist einer beruflichen Tätigkeit als Hilfskraft nachging - nicht möglich war, durch eine Weiterbildung besondere berufliche Qualifikationen zu erwerben. Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger für den Fall seiner Rückkehr auf solche unmittelbar existenzsichernd zurückgreifen könnte. Hinzu tritt, dass es dem Kläger nach seinen insoweit glaubhaften und widerspruchsfreien Angaben im Rahmen seiner Anhörung nicht gelungen ist, während seines Aufenthalts in der Bundesrepublik Deutschland Rücklagen oder sonstiges Vermögen zu erwirtschaften, das er mit Blick auf die Kaufkraft von Devisen in Äthiopien zu seiner Existenzsicherung einsetzen könnte. Der Kläger hat in diesem Zusammenhang nachvollziehbar und plausibel dargelegt, dass er nach anfänglichem Bezug von Sozialhilfe in Deutschland seit ca. viereinhalb Jahren einer Hilfstätigkeit bei einem Blumengroßhandel nachgeht und über ein monatliches Einkommen von bis € netto verfügt. Von dem ihm insofern zur Verfügung stehenden Betrag bestreitet der Kläger seinen gesamten Lebensunterhalt, etwa seinen Mietzins in Höhe von € monatlich und die nicht unerheblichen Kosten, die er für die Fahrt von seiner Wohnung in zu seiner Arbeitsstelle in aufbringen muss. Dazu befragt führte der Kläger in der mündlichen Verhandlung aus, er habe diese Strecke bis vor etwa drei Jahren mit Bus und Bahn zurückgelegt. Obwohl das Geld bei ihm immer knapp gewesen sei, habe sein Arbeitgeber dann aber auf dem Kauf eines eigenen Kraftfahrzeugs bestanden, weil der erste Zug an seinem Wohnort erst um 6.00 Uhr fahre und es ihm deshalb oft nicht gelungen sei, pünktlich um 7.00 Uhr an seiner Arbeitsstelle zu erscheinen. Der Kläger kann in diesem Zusammenhang mit Blick auf die - wie dargelegt - hohe Kaufkraft von Devisen selbst in geringer Höhe in seinem Heimatland auch nicht darauf verwiesen werden, sein Kraftfahrzeug in Deutschland zu veräußern und den entsprechenden Erlös für den Aufbau einer neuen Existenz einzusetzen. Es erscheint nämlich offensichtlich, dass dem Kläger selbst für den Fall einer etwaigen Veräußerung seines Fahrzeugs kein Geldbetrag in nennenswerter Höhe zufließen würde. Bei dem betreffenden Pkw handelt es sich um einen VW, Typ Golf des Baujahrs 1990, den der Kläger als Unfallwagen vor etwa drei Jahren zu einem Kaufpreis von 2.000,-- DM (= 1.022,58 €) erwarb. Der Restwert dieses Fahrzeugs zum heutigen Zeitpunkt dürfte insofern - geschätzt - unter 500,-- € liegen. Schließlich kann im Hinblick auf etwaige internationale Hilfsleistungen für die äthiopische Bevölkerung im Falle des Klägers nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass er hiervon auch profitieren könnte. Denn im Hinblick auf die Verteilung von Hilfsgütern für notleidende Äthiopier durch staatliche Stellen dürfte dem Kläger zum Nachteil gereichen, dass er aufgrund seines Engagements für die innerkirchliche Opposition der äthiopisch-orthodoxen Kirche - unabhängig von der fehlenden Relevanz dieser Umstände für den geltend gemachten Asyl- und Abschiebungsschutzanspruch nach § 51 Abs. 1 AuslG - in Äthiopien nicht zu dem Personenkreis zählt, der unter den gegenwärtig dort herrschenden politischen Verhältnissen als wohlgelitten angesehen werden kann. Damit ist die Schwelle einer konkreten Existenzgefährdung erreicht.
V.
Die Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung sind rechtmäßig (§ 34 Abs. 1 AsylVfG i. V. m. § 50 AuslG). Das Vorliegen eines Abschiebungshindernisses im Sinne von § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG berührt die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung nicht (§ 50 Abs. 3 Satz 1 AuslG). Die Ausreisefrist von einem Monat entspricht der gesetzlichen Regelung gemäß § 37 Abs. 1 AsylVfG.
VI.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83 b AsylVfG nicht erhoben.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
Ende der Entscheidung
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