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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessisches Landesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 31.10.2008
Aktenzeichen: 10 Sa 2096/06
Rechtsgebiete: BGB, GewO


Vorschriften:

BGB § 307
GewO § 106
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 22.08.2006 - 18 Ca 2633/06 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung und die Weiterbeschäftigung des Klägers.

Der am 18. Juni 1954 geborene Kläger, welcher seiner getrennt von ihm lebenden Ehefrau und einem Kind gegenüber unterhaltspflichtig ist, ist seit dem 01. Oktober 1982 bei der Beklagten beschäftigt. Im Arbeitsvertrag vom 10. August 1982 (vgl. Bl. 5 - 5 R d. A.) ist unter anderem Folgendes geregelt:

"II.

Herr A. wird eingestellt als Sales-Executive in B..

Seine Tätigkeit umfasst:

Vertrieb der C.- Informationsdienste.

Der Arbeitnehmer erkennt an, dass eine spätere Versetzung möglich sein kann."

Das monatliche Grundgehalt des Klägers betrug zuletzt € 8.180,00 brutto und das Jahresgehalt einschließlich der leistungsbezogenen Entgeltbestandteile ca. € 177.000,00 brutto. Der Kläger war zuletzt im Vertriebsbereich Nord (A./D.) als sogenannter "Sales-Manager-Nord" mit Sitz in B. beschäftigt. Er trug die Personalverantwortung für 4 Vertriebsmitarbeiter, von denen einer im 4. Quartal 2005 ausschied. In den Jahren zuvor war der Kläger bei der Beklagten an den Standorten E.., F., D., G., und H. eingesetzt. Alle Niederlassungen der Beklagten in Deutschland wurden einheitlich von E. aus geleitet. Seit Januar 2006 war der Kläger mit ca. 1/3 seiner Arbeitszeit ausgelastet.

Mitte Dezember 2005 entschied die Beklagte, in E.. die Vertriebsposition "New Business Development Executive" zu schaffen, in welcher ein Jahresbruttogehalt in Höhe von ca. € 100.000,00 erzielt werden konnte. Die Beklagte bot dem Kläger diese Stelle am 02. März 2006 und setzte nach mehreren Gesprächen eine Frist zur Annahme bis zum 15. März 2006. Mit E-Mail vom 17. März 2006 teilte der Kläger mit, dass er die angebotene Position im Hinblick auf die Gehaltskürzung nicht annehme.

Mit Schreiben vom 23. März 2006 hörte die Beklagte den bei ihr bestehenden Betriebsrat zur beabsichtigten ordentlichen Kündigung des mit dem Kläger bestehenden Arbeitsverhältnisses an; wegen des Inhalts dieses Anhörungsschreibens wird auf Bl. 34 - 35 d. A. Bezug genommen. Mit Schreiben vom 28. März 2006 teilte der Betriebsrat der Beklagten unter anderem mit, dass eine abschließende Stellungnahme noch nicht möglich sei, da noch geprüft werden müsse, inwieweit ein Widerspruchsgrund vorläge, wozu die Sozialdaten der aus Sicht des Betriebsrats vergleichbaren Arbeitnehmer I., J., K. und L. benötigt würden. Beim gegenwärtigen Kenntnisstand widerspreche der Betriebsrat der Kündigung und erwarte vollständige Informationen, um eine abschließende Erklärung abgeben zu können. Wegen des gesamten Inhalts dieses Schreibens wird auf Bl. 131 d. A. Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 30. März 2006, welches dem Kläger am 01. April 2006 zugegangen ist, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis des Klägers zum 30. September 2006 (vgl. Bl. 9 d. A.). Hinsichtlich der Kündigungsfrist legte die Beklagte die ab dem 01. Januar 1990 gültige Betriebsvereinbarung zugrunde, welche ab einer Dauer der Betriebszugehörigkeit von 8 Jahren eine Kündigungsfrist von 6 Monaten vorsieht.

Mit der Beklagten am 20. April 2006 zugestellter Klageschrift hat sich der Kläger gegen die Kündigung gewandt und seine Weiterbeschäftigung begehrt.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die Kündigung der Beklagten sei unwirksam. Er hat behauptet, seine Arbeitsaufgaben seien nicht entfallen. Er hätte als "New Business Executive" weiterbeschäftigt werden können, nachdem er sich auf eine solche Position beworben habe. Bis Mitte des Jahres 2006 seien weitere Stellen, die für ihn geeignet gewesen wären, anderweitig besetzt worden. Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die Kündigung sei auch wegen der fehlerhaften Sozialauswahl unwirksam, da er mit den Arbeitnehmern I., M., K., J. und L. vergleichbar sei. Wegen der dem Kläger angebotenen, vom Kläger jedoch abgelehnten Stelle des "New Business Development Executiv" hätte die Beklagte eine Änderungskündigung aussprechen müssen. Die Betriebsratsanhörung sei nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden, da dem Betriebsrat die Sozialauswahl und die Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten nicht mitgeteilt worden seien. Die Beklagte habe auch die gesetzliche Kündigungsfrist von sieben Monaten nicht eingehalten, von der durch Betriebsvereinbarungen nicht abgewichen werden könne.

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 30.03.2006 zum 30.09.2006 nicht aufgelöst werden wird;

2. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsrechtsstreits als Sales-Manager zu unveränderten Arbeitsbedingungen mit der Auftragsbearbeitung, der Angebotserstellung, der Umsatzverantwortung, der Kundenaquise sowie mit Personalverantwortung in der Region Nord weiterzubeschäftigen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, das Arbeitsverhältnis der Parteien sei durch die ausgesprochene betriebsbedingten Kündigung beendet worden. Sie hat behauptet, Anfang März 2006 habe die Beklagte den Entschluss gefasst, die zweite Hierarchieebene in der Region Nord zu streichen, wodurch die Position des Klägers entfallen sei, und die verbleibenden Aufgaben des Klägers umzuverteilen. Wegen des behaupteten Wegfalls von Arbeitsanteilen und der durchzuführenden Umverteilung auf verbleibende Arbeitnehmer wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom 06. Juni 2006 (insbes. S. 3 - 8; Bl. 27 - 32 d. A.) Bezug genommen. Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, eine Sozialauswahl sei nicht durchzuführen, da der Kläger ausweislich seines Arbeitsvertrages räumlich nicht versetzt werden könne. In B. gäbe es keine mit dem Kläger vergleichbaren Sales-Manager. Die Beklagte hat behauptet, den Kläger gleichwohl mit anderen Sales-Managern, nämlich mit den Mitarbeitern I., M., K., J. und L. verglichen zu haben, welche in N. bzw. E.. beschäftigt seien. Diese Mitarbeiter seien jedoch aus der Sozialauswahl herauszunehmen, da sie über besonders gute Kundenbeziehungen zu Großkunden verfügten, die sie persönlich betreuten. Wegen der insoweit behaupteten Einzelheiten der Großkundenbetreuung wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom 17. August 2006 (dort S. 15 - S. 20; Bl. 147 - Bl. 152 d. A.) Bezug genommen. Die Beklagte hat behauptet, zum Zeitpunkt der Kündigung sei eine für den Kläger geeignete freie Stelle nicht vorhanden gewesen. Am 18. März 2006 habe der Vorstand nach internen Gesprächen beschlossen, die dem Kläger angebotene Stelle des "New Business Development Executiv" in Deutschland zu streichen. Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, die Betriebsratsanhörung sei ordnungsgemäß durchgeführt worden. Neben der schriftlichen Anhörung sei am 23. März 2006 mit dem Betriebsrat ein ausführliches Gespräch auch über die Sozialauswahlkriterien und die Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten geführt worden, wobei beide, Arbeitgeber und Betriebsrat, keine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit im Unternehmen der Beklagten für den Kläger gesehen hätten.

Mit Urteil vom 22. August 2006 - 18 Ca 2633/06 - hat das Arbeitsgericht E.. der Klage stattgegeben. Es hat unter anderem ausgeführt, die Beklagte hätte den Kläger auf der Position des "New Business Development Executiv" zu geänderten Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigen können. Sie hätte dem Kläger vor Ausspruch der Beendigungskündigung diesen Arbeitsplatz mittels Änderungskündigung anbieten müssen. Die Ablehnung der einvernehmlichen Abänderung des Arbeitsvertrages durch den Kläger schließe nicht aus, dass der Arbeitnehmer ggf. bereit sei, zu den geänderten Bedingungen weiterzuarbeiten, wenn sich in einem Änderungskündigungsschutzverfahren die Berechtigung der Änderungskündigung herausstelle.

Dieses Urteil ist der Beklagten am 15. November 2006 zugestellt worden. Die Berufung der Beklagten ist am 06. Dezember 2006 und die Berufungsbegründung am 15. Januar 2007 bei Gericht eingegangen.

Die Beklagte wendet sich gegen das erstinstanzliche Urteil und behauptet, nachdem sie dem Kläger die Stelle als "Business Development Executiv" angeboten habe, habe sie Mitte März 2006 erfahren, dass eine identische Position bei der Schwestergesellschaft in der Schweiz geschaffen und mit dem Mitarbeiter O. besetzt worden sei. Es sei dann nach Gesprächen mit der englischen Muttergesellschaft beschlossen worden, diese Stelle zentral bei der C. S.A. anzusiedeln, weshalb die Beklagte die Stelle am 18. März 2006 gestrichen habe. Die Beklagte behauptet, das Erstellen von Angeboten und die Bearbeitung von Aufträgen, die Genehmigung von Angeboten der Accountmanager und die Umsatzberechnung hätten ca. 20 % der Arbeitszeit des Klägers ausgemacht. Von diesen Aufgaben sei die Erstellung von Angeboten und die Bearbeitung von Aufträgen entfallen, da die Angebote automatisch mit Hilfe der Auftragsbearbeitungssoftware CRM-Siebel erstellt, bearbeitet und kontrolliert würden. Die Vertriebsmitarbeiter würden die entsprechenden Daten, die sie in der Vergangenheit an den Kläger weitergemeldet hätten, unmittelbar in das Programm eingeben. Darüber hinaus seien mit den wichtigsten Kunden der Region Nord Rahmenverträge abgeschlossen worden, so dass Verhandlungen über individuelle Angebotskonditionen künftig entbehrlich seien. Die Akquisition von Neukunden habe ca. 5 % der Arbeitszeit des Klägers ausgemacht. Da das Neukundenpotential in der Region Nord weitgehend ausgeschöpft sei, habe die Beklagte beschlossen, die Akquisitionsbemühungen nur noch durch die Vertriebsmitarbeiter wahrnehmen zu lassen. Die Vertriebssteuerung der Produktreihe "Risk" habe ca. 25 % der Arbeitszeit des Klägers ausgemacht. Das Produkt werde nunmehr in einer eigenständigen Abteilung vertrieben, wobei die Vertriebssteuerung von dem Abteilungsleiter P., welcher auf einer höheren Hierarchieebene als der Kläger angesiedelt sei, übernommen worden sei. Die Pflege der bestehenden Geschäftsbeziehungen außerhalb konkreter Projekte habe ca. 15 % der Arbeitszeit des Klägers ausgemacht. Da bei den maßgeblichen Großkunden in der Region Nord keine weiteren Umsätze zu erwarten seien, würde die Kundenbetreuung insoweit durch die Vertriebsmitarbeiter miterledigt. Die Koordinierung/Planung der Vertriebsaktivitäten und die Übermittlung der Vertriebsziele an die Vertriebsmitarbeiter habe ca. 10 % der Arbeitszeit des Klägers ausgemacht. Diese Aufgaben seien weitgehend durch die Einführung des EDV-Systems "Campagne" entfallen, da der Vertriebsleiter Q. die Vertriebsziele unmittelbar über das intranet-basierte EDV-System quartalsweise den Vertriebsmitarbeitern übermittele und über dieses System auch aktuelle Verkaufsaktionen zentral vorgegeben würden. Die Bearbeitung von Urlaubs- und Spesenanträgen der Vertriebsmitarbeiter habe etwa 5 % der Arbeitszeit des Klägers ausgemacht. Der Bearbeitungsaufwand habe sich durch den Einsatz eines neuen EDV-Systems deutlich reduziert und könne ohne etwaige überobligatorische Anstrengungen durch den Vertriebsleiter Q. mit übernommen werden, da er nicht mehr für 4 Vertriebsmitarbeiter in Österreich verantwortlich sei, was allein 20 % seiner Arbeitszeit in Anspruch genommen habe. Die Aufgaben im Zusammenhang mit der Onlinekommunikationssoftware "C.-Messaging" habe ca. 20 % der Arbeitszeit des Klägers ausgemacht. Diese Aufgabe sei der Beklagten entzogen worden und werde europaweit ausschließlich von der Schwestergesellschaft der Beklagten in Österreich betreut und vertrieben. Die Beklagte ist der Ansicht, der Arbeitsvertrag enthalte keine Versetzungsklausel, sondern lediglich einen Hinweis auf die Rechtslage. Da B. als Arbeitsort im Arbeitsvertrag bestimmt sei, sei die Sozialauswahl auf B. beschränkt. Sofern die Klausel im Arbeitsvertrag als Versetzungsklausel zu werten wäre, wäre sie gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. Die Unwirksamkeit beschränke sich nach § 306 Abs. 1 BGB auf Ziffer II. 3. Satz des Arbeitsvertrages. Es handele sich um eine teilbare Klausel, da Ziffer II. des Arbeitsvertrages inhaltlich von einander trennbare und einzeln aus sich

heraus verständliche Regelungen enthalte. Werde der 3. Satz in Ziffer II. des Arbeitsvertrages gestrichen, enthalte Satz 1 eine sinnvolle und in sich abgeschlossene Regelung. Die Grundregel, dass sich der Verwender von AGB nicht auf die Unwirksamkeit einer von ihm selbst gestellten Klausel berufen könne, passe vorliegend nicht, da die Frage der Unwirksamkeit der Versetzungsklausel nicht nur das Verhältnis zwischen dem Verwender und dem Vertragspartner, sondern über die Sozialauswahl auch die Rechtsstellung anderer Arbeitnehmer berühre. Sofern von der Wirksamkeit der Versetzungsklausel ausgegangen würde, würde das im Rahmen der Sozialauswahl dazu führen, dass andere Sales-Manager in den Kreis der zu Entlassenden fielen, obwohl die Beklagte keine Möglichkeiten habe, den Kläger einseitig an einen anderen Standort zu versetzen. Trotz fehlender Austauschbarkeit des Klägers würde eine Austauschbarkeit zu Lasten Dritter unterstellt. Der Kläger sei auch in der Vergangenheit niemals versetzt, sondern immer einvernehmlich an verschiedenen Standorten eingesetzt worden. Die Beklagte behauptet, die vom Kläger als vergleichbar benannten Mitarbeiter I. und L. seien von derselben unternehmerischen Entscheidung der Beklagte betroffen wie der Kläger; L. sei zum 30. Juni 2006 und I., da er noch ein Projekt habe zu Ende führen sollen, mit Kündigung vom 08. Mai 2007 zum 31. Dezember 2007 ausgeschieden. Der Mitarbeiter I. sei allerdings mit dem Kläger nicht vergleichbar, da er weder übergeordnete Kunden-, noch Personalverantwortung besessen habe. Der Mitarbeiter M. sei mit dem Kläger als Lead-Account-Manager nicht vergleichbar, da diese Position unterhalb der Hierarchieebene des Klägers angesiedelt sei. Die Herausnahme des Mitarbeiters K. aus der Sozialauswahl erfolge aufgrund berechtigter betrieblicher Interessen, da der Mitarbeiter K. anders als der Kläger, der keine besonderen Bindungen zu einem Großkunden vorweisen könne, über besondere Beziehungen zum Bereichsleiter IT beim R. verfüge, aus welchem für die Beklagte ein Rahmenvertrag mit einem Volumen von € 12 Millionen im Jahr resultiere; er verfüge weiterhin über persönliche Beziehungen zum Vorstandsmitglied S. der T., mit welcher ein Jahresumsatz von € 1, 4 Millionen erreicht werde. Ebenso bestünden persönliche Beziehungen zum Vorstandsmitglied U. der Börse N., aus welcher ein Umsatz von über € 30.000,00 im Monat resultiere. Gleiches gelte für den Mitarbeiter J.. Dieser Mitarbeiter unterhalte besondere Geschäftsbeziehungen zur V., zum Vorstand der W. und zur X., wobei sich aus diesen Kontakten ein monatliches Umsatzvolumen in Höhe von € 60.000,00 ergebe. Darüber hinaus habe der Mitarbeiter J. aus einem früheren Beschäftigungsverhältnis die Y., die Z. und die AA. als Kunden der Beklagten mit einem monatlichen Umsatz von insgesamt € 120.000,00 eingebracht.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt vom 22. August 2006, Az.: 18 Ca 2633/06, abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt das erstinstanzliche Urteil und ist der Ansicht, die Versetzungsklausel im Arbeitsvertrag sei unwirksam, wobei die Beklagte sich auf die Unwirksamkeit nicht berufen dürfe. Der Beklagten bleibe die Möglichkeit der Änderungskündigung. Im Übrigen habe die Beklagte den Kläger, wie alle anderen Mitarbeiter auch, in der Vergangenheit versetzt. Würde die Beklagte sich nunmehr auf die Nichtversetzbarkeit berufen, stelle das eine unzulässige Rechtsausübung dar. Die Herausnahme der Leistungsträger K. und J. aus der Sozialauswahl sei von der Beklagten nicht hinreichend substantiiert dargelegt worden. Das gelte insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Accountmanager etwa alle 2 Jahre die Kunden wechselten, woraus sich ergäbe, dass der Beklagten eine enge Kundenbeziehung nicht wichtig sei. Der Kläger behauptet, über besondere Kontakte zu Großkunden verfügt zu haben. Wegen der insoweit vom Kläger benannten Kunden und geschätzten Umsatzvolumina wird auf den Schriftsatz des Klägers vom 23. Mai 2008 (S. 7 - S. 10: Bl. 488 - Bl. 491 d. A.) Bezug genommen. Der Kläger bestreitet, dass der Betriebsrat zur Sozialauswahl ordnungsgemäß angehört worden sei. Im Übrigen habe die Beklagte auch die Wochenfrist des § 102 Abs. 2 Satz 1 BetrVG nicht gewahrt.

Das Berufungsgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen BB., CC., Q., DD. und EE.. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschriften vom 08. Februar 2008 (Bl. 373 - Bl. 376 d. A.), vom 25. April 2008 (Bl. 447 - Bl. 451 d. A.), vom 05. September 2008 (Bl. 522 - Bl. 524 d. A.) sowie vom 31. Oktober 2008 (Bl. 539 - Bl. 541 d. A.) Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens wird auf die Berufungsschriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt ist gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthaft. Die Beklagte hat sie auch form- und fristgerecht eingelegt und begründet, §§ 66 Abs. 1 ArbGG, 519 ZPO.

In der Sache hat die Berufung der Beklagten keinen Erfolg. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 30. März 2006 nicht aufgelöst worden, denn diese Kündigung ist unwirksam.

Allerdings ist die Kündigung nicht deshalb unwirksam, weil der Kläger auf einem zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung freien Arbeitsplatz im Betrieb hätte weiterbeschäftigt werden können. Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist stets zu prüfen, ob die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses durch eine anderweitige Beschäftigung des Arbeitnehmers hätte vermieden werden können. Sofern die Weiterarbeit an einem anderen freien Arbeitsplatz, über den der Arbeitgeber verfügen kann, möglich und zumutbar ist, ist die Kündigung weder dringend noch durch ein betriebliches Erfordernis bedingt. Sofern der freie Arbeitsplatz finanziell schlechtere Arbeitsbedingungen aufweist, als der Arbeitsplatz, der einem Arbeitnehmer vertraglich zusteht, ist der Arbeitgeber gehalten, eine Änderungskündigung auszusprechen (BAG 21.04.2005 - 2 AZR 132/04 - NZA 2005, 1289).

Die dem Kläger mit einer Annahmefrist bis zum 15. März 2006 angebotene Position des "New Business Development Executiv" bestand im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung am 01. April 2006 nicht mehr. Das steht aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme zur Überzeugung des Gerichts fest.

Der Zeuge BB. hat insoweit ausgesagt, dass er sich erinnern könne, dass dem Kläger diese Position mehrfach angeboten worden sei. Nachdem der Kläger diese Stelle wegen der abgesenkten Vergütung endgültig abgelehnt habe, sei über diese Stelle neu nachgedacht worden. Er könne sich erinnern, dass die diese Stelle dann gestrichen worden sei, auch wenn er nicht mehr sagen könne, wann das genau gewesen sei. Jedenfalls habe die Stelle nicht mehr existiert, als man beim Betriebsrat gewesen sei und die Kündigung erörtert habe. Die Ablehnung durch den Kläger habe gewissermaßen den letzten Anstoß gegeben, die Stelle ganz zu streichen.

Der Zeuge Q. hat ausgesagt, dass er sich erinnern könne, dass die Stelle dem Kläger aktiv angeboten worden sei und der Kläger die Stelle wegen der finanziellen Ausstattung nicht angenommen habe. Die Stelle sei so konzipiert gewesen, dass künftig eine Person für das Neugeschäft eingesetzt werden sollte. Nachdem der Kläger die Stelle abgelehnt habe, sei entschieden worden, das Geschäft wie in der Vergangenheit weiterzubetreiben. Die Neustrukturierung des Vertriebsgeschäfts sei dann von dem Mitarbeiter O. von Genf aus betrieben worden, der das Neugeschäft weiterhin auf die Accountmanager übertragen habe. Ca. innerhalb von 10 Tagen nach Ablehnung durch den Kläger sei die Stelle gestrichen worden.

Der Zeuge CC. hat ausgesagt, dass für ihn als Berater der Beklagten der zentrale Punkt gewesen sei, ob eine Änderungskündigung ausgesprochen werden müsste oder eine Beendigungskündigung in Frage käme. Ihm sei vor der Betriebsratsanhörung, die er mit vorbereitet habe, gesagt worden, dass nicht nur der Kläger die ihm angebotene Stelle abgelehnt habe, sondern dass die Stelle auch nicht mehr zur Verfügung stünde. Das sei ihm sowohl von Herrn BB. wie vom Vorstandsmitglied FF. gesagt worden.

Die Aussagen dieser Zeugen sind nicht etwa deshalb unglaubhaft, da sie als ehemaliger Personalleiter, Vertriebsleiter und Berater der Beklagten in die damalige Kündigungsentscheidung eingebunden war. Auch der weitere Umstand, dass im April 2007 von der Beklagten entschieden wurde, die Position des "New Business Development Executiv" wegen der zwischenzeitlichen Markterholung neu zu schaffen, ändert nichts daran, dass die Zeugen übereinstimmend ausgesagt haben, dass die Stelle im März 2006 vor der Betriebsratsanhörung nicht mehr zur Verfügung gestanden habe. Die Beklagte war daher nicht verpflichtet, insoweit eine Änderungskündigung auszusprechen.

Die Kündigung ist auch nicht etwa deshalb unwirksam, da keine dringenden betrieblichen Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Klägers in diesem Betrieb entgegenstanden, vorlagen. Aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Beklagte vor Ausspruch der Kündigung die unternehmerische Entscheidung getroffen hat, eine Hierarchieebene an den Außenstandorten, soweit nicht genügend Großkunden betreut wurden, zu streichen und die dem Kläger verbliebenen Aufgaben auf die Accountmanager und den Vertriebsleiter zu verlagern, ohne dass diese überobligatorisch in Anspruch genommen wurden.

Der Zeuge BB. hat ausgesagt, dass über die Positionen der Salesmanager 6 - 9 Monate vor dem Hintergrund diskutiert worden sei, dass die Konkurrenten eine derartige Position teilweise jedenfalls nicht mehr besetzten. Ob die Salesmanager vor Ort erforderlich seien, sei auch abhängig gewesen von der Kundenstruktur. Es sei die Entscheidung gefallen, wichtige Aufgaben beim Vertriebsleiter Q. zu zentralisieren. Die Auslastung des Klägers sei nicht hinreichend gewesen. Erst nachdem dem Kläger das Messaging-Thema übertragen worden sei, sei seine Auslastung besser gewesen. Hauptaufgabe des Klägers als Salesmanager sei die Gewinnung von neuen Kunden und die Pflege von Kunden gewesen. Wenn der Kläger mit 5 % seiner Arbeitszeit in der Neukundenakquisition tätig gewesen sei, wäre das eigentlich viel zu wenig gewesen. Es sei klar gewesen, dass mit den bestehenden Produkten ein Neugeschäft in der Region Nord nicht zu generieren gewesen sei, weshalb auch die Stelle des "New Business Development Executiv" ausgeschrieben worden sei, um die Gewinnung von Neukunden zu bündeln. Das Produkt "Risk" sei auf den in der Hierarchieebene eine Stufe höher angesiedelten Mitarbeiter P. übertragen worden. Der erforderliche Kundenkontakt sei damals durch die Accountmanager gehalten worden, deren Zahl jedoch auch verringerbar gewesen sei. Die Herausnahme des Klägers aus dem Vertriebsgebiet sei möglich gewesen, da die Accountmanager die Tätigkeiten des Klägers ohne Probleme hätten mit übernehmen können. Die Vorgabe der Vertriebsziele sei bereits zentral von E. aus erfolgt. Die Kommunikations-Software "Reuters-Messaging" sei dem Kläger entzogen und nach Österreich vergeben worden. Insgesamt sei der Einsatz des Klägers im Bereich der Kundenpflege praktisch nicht mehr notwendig gewesen, da die Accountmanager die Tätigkeit übernommen hätten und etwaige strategische Entscheidungen in E. gebündelt worden seien. Diese Organisationsentscheidungen dürften im Januar getroffen worden sein.

Der Zeuge Q. hat ausgesagt, dass seinerzeit eine sukzessive Umstrukturierung stattgefunden habe. Die Auslastung des Klägers habe aufgrund verschiedener Ursachen abgenommen. So sei etwa die GG. mit der HH: und die II. mit der JJ. fusioniert. Intern sei die Arbeitsmenge reduziert und die Kundenbeziehungen umstrukturiert worden. Organisatorische Tätigkeiten seien von Papier auf EDV umgestellt und in E. zentralisiert worden. Von manuellen Arbeitsprozessen sei auf elektronische Arbeitsprozesse übergegangen worden. Das habe etwa Spesenabrechnungen, Urlaubsanträge und Ähnliches betroffen. Die Produktreihe "Risk", die ursprünglich in jedem Vertragsgebiet geführt worden sei, sei zentral von E. aus gesteuert worden. C.-Messaging, was vom Kläger mitkoordiniert worden sei, sei ebenfalls nach E. gegeben worden. Anfang 2006 habe dann eine Kollegin in KK. die Aufgaben im Zusammenhang mit "C.-Messaging" übernommen. Der Kläger sei etwa mit einem Drittel seiner Arbeitszeit noch ausgelastet gewesen. Dieses Drittel sei auf ihn und die Accountmanager verteilt worden. Die Entscheidung, die Stelle des Klägers im Vertriebsgebiet Nord entfallen zu lassen, sei sehr früh im Jahr 2006 getroffen worden. Der Arbeitsaufwand, den er vom Kläger übernommen habe, sei durchaus überschaubar gewesen. Auch die Accountmanager hätten die Akquisition von Neukunden, soweit sie vom Kläger gemacht worden sei, übernehmen können. Die vom Kläger zu leistende Koordinationstätigkeit sei von ihm übernommen worden. Vertriebsziele für die Vertriebsmitarbeiter seien durch die EDV übermittelt worden. Gleiches habe für die Bearbeitung der Urlaubs- und Spesenanträge gegolten. Das habe nur eine geringe Zeitspanne in Anspruch genommen.

Aufgrund dieser Aussagen, die in sich schlüssig und glaubhaft sind, steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Kläger mit ca. einem Drittel seiner Arbeitszeit ausgelastet war, dass die Produkte "Risk" und "C.-Messaging" ausgelagert worden waren und dass die verbliebenen Aufgaben des Klägers auf den Vertriebsleiter Q. und die verbliebenen Vertriebsmitglieder verlagert wurden, ohne dass diese überobligatorisch beansprucht wurden.

Die Kündigung ist allerdings deshalb unwirksam, da nicht zur Überzeugung des Gerichts feststeht, dass der Betriebsrat ordnungsgemäß vor Ausspruch der Kündigung angehört worden ist.

Die Unwirksamkeit der Betriebsratsanhörung ergibt sich jedoch entgegen der Ansicht des Klägers nicht daraus, dass die Beklagte die Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 BetrVG nicht eingehalten hat. Danach hat der Betriebsrat Bedenken gegen eine ordentliche Kündigung unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber spätestens innerhalb einer Woche schriftlich mitzuteilen. Zwischen den Parteien besteht kein Streit darüber, dass der Betriebsrat am 23. März 2006 von der Beklagten angehört wurde. Die einwöchige Frist lief am 30. März 2006 ab. Das Kündigungsschreiben ist dem Kläger außerhalb dieser Frist, nämlich am 01. April 2006, zugegangen. Es ist unschädlich, dass das Kündigungsschreiben unter dem 30. März 2006 geschrieben wurde.

Eine ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats liegt, wenn im Rahmen einer betriebsbedingten Kündigung eine Sozialauswahl durchzuführen ist, nur dann vor, wenn der Betriebsrat auch über die Kriterien der Sozialauswahl und die vergleichbaren Arbeitnehmer informiert wurde. Im vorliegenden Fall war eine Sozialauswahl durchzuführen und der Betriebsrat entsprechend anzuhören. Das ergibt sich aus Folgendem:

Der Kläger war jedenfalls mit den Arbeitnehmern K. in N. und J. in E.. vergleichbar. Beide sind wie der Kläger Salesmanager und von der Beklagten nicht in die soziale Auswahl miteinbezogen worden, da ihre Weiterbeschäftigung wegen ihrer Fähigkeiten und Leistungen im berechtigten betriebliche Interesse lag. Das hätte dem Betriebsrat im Rahmen der Anhörung mitgeteilt werden müssen.

Die Sozialauswahl war nicht etwa deshalb entbehrlich, weil der Kläger gemäß Ziff. II. des Arbeitsvertrages seinen Arbeitsort in B. hatte und in der Niederlassung in B. - insoweit besteht zwischen den Parteien kein Streit - kein mit dem Kläger vergleichbarer Arbeitnehmer beschäftigt war. Der Kläger war nämlich gemäß Ziff. II. Satz 3 des Arbeitsvertrages auch örtlich versetzbar. Da die Führung der verschiedenen Niederlassungen der Beklagten insgesamt zentral von E. aus wahrgenommen wurde, stellten sämtliche Betriebsstätten der Beklagten einen Betrieb dar (BAG 20.8.1998 - 2 AZR 84/98 - NZA 1999, 255). Der Kläger war damit jedenfalls mit dem Arbeitnehmer K. in der Betriebsstätte in N. und dem Arbeitnehmer J. in der Betriebsstätte in E.. vergleichbar.

Entgegen der Ansicht der Beklagten stellt Ziff. II. Satz 3 des Arbeitsvertrages nicht lediglich einen Hinweis auf die Rechtslage dar. Entsprechend dem insoweit eindeutigen Wortlaut akzeptierte der Kläger, dass die Beklagte sich das Recht vorbehält, den Kläger in Zukunft zu versetzen.

Diese Versetzungsklausel ist allerdings gem. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. Danach sind Bestimmungen in allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Die Versetzungsklausel benachteiligt den Kläger unangemessen, da die Beklagte sich eine Versetzung nach Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung unbeschränkt offenhält.

Die Unwirksamkeit dieser Versetzungsklausel führt allerdings nicht dazu, dass der Einsatzort des Klägers allein B. ist und die Sozialauswahl dementsprechend auch nur auf diesen Standort bezogen durchzuführen ist.

Gemäß Artikel 229 § 5 EGBGB findet auf Dauerschuldverhältnisse, die vor dem 01. Januar 2002 begründet worden sind, ab dem 01. Januar 2003 das Bürgerliche Gesetzbuch in der dann geltenden Fassung Anwendung. Dazu gehören auch die §§ 305 - 310 BGB. Vertrauensschutz hat das Gesetz nur bis zum 31. Dezember 2002 eingeräumt.

Mit dem BAG wird davon ausgegangen, die unwirksame Vertragsklausel bei dem hier vorliegenden Altfall nicht ersatzlos wegfällt (vgl. BAG 11.10.2006 - 5 AZR 721/05 - NZA 2007, 87). Auch wenn der Verwender eines Formulararbeitsvertrages die Voraussetzungen der Versetzung mindestens soweit konkretisieren muss, wie es § 106 Gewerbeordnung vorsieht, ergibt sich daraus bei vor dem 01. Januar 2002 abgeschlossenen Verträgen nicht zwingend die Unwirksamkeit einer nicht weiter konkretisierten Versetzungsklausel. Dabei geht es nicht um im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten, da langfristig angelegte Formularverträge ohne die Möglichkeit der einseitigen Änderung von allgemeinen Geschäftsbedingungen im gesamten Vertragsrecht vorkommen. Vielmehr resultieren die Bedenken aus der rückwirkenden Anwendung von förmlichen Anforderungen, nämlich der hinreichend deutlichen Formulierung des Versetzungsvorbehalts, auf einen abgeschlossenen Sachverhalt. Da das Gesetz auch für Altverträge gilt und dies hinsichtlich der Anforderungen an die Vertragsformulierungen auf eine echte Rückwirkung hinaus läuft, bedarf es der verfassungskonformen, den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahrenden Auslegung und Anwendung. Das führt dazu, dass die unwirksame Klausel nicht gemäß § 306 Abs. 2 BGB ersatzlos wegfällt. Würde die Klausel ersatzlos wegfallen, würde der Kläger erheblich benachteiligt, da die Sozialauswahl auf Hamburg beschränkt wäre. Würde die Versetzungsklausel nur für die Beklagte als die Partei, die die Klausel erstellt hat, wegfallen, könnte sich der Kläger im Rahmen eines Kündigungsverfahrens auf die Versetzungsklausel und die dementsprechend weiter zu ziehende Sozialauswahl berufen, ohne jedoch einer anschließenden Versetzung folgen zu müssen. Diese Rechtsfolgen wären nicht angemessen und würden den Interessen beider Seiten nicht hinreichend Rechnung tragen. Da der Verwender bei Abschluss des Arbeitsvertrages die §§ 307 f BGB nicht berücksichtigen konnte und die Klausel nur deswegen unwirksam ist, weil sie in formeller Hinsicht den neuen Anforderungen nicht genügt, bedarf es zur Schließung der entstandenen Lücke der ergänzenden Vertragsauslegung. Es ist in diesem Rahmen zu fragen, was die Parteien vereinbart hätten, wenn ihnen die gesetzlich angeordnete Unwirksamkeit der Widerrufsklausel bekannt gewesen wäre. Maßgeblich ist insoweit nicht die subjektive Vorstellung einer Vertragspartei, sondern das, was die Parteien bei einer angemessenen Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragsparteien vereinbart hätten.

Bei Kenntnis der neuen gesetzlichen Anforderungen hätten redliche Parteien den Versetzungsvorbehalt so geregelt, wie er in § 106 Gewerbeordnung vorgesehen ist. Die Beklagte hätte sich vorbehalten, unter anderem den Ort der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen zu können. Der Kläger wäre damit auch unabhängig von der Frage, ob der Kläger in der Vergangenheit in entsprechender Weise versetzt worden ist oder ob die Parteien insoweit einvernehmliche Regelungen getroffen haben, nach E.. und N. versetzbar gewesen.

Daraus folgt, dass jedenfalls die Arbeitnehmer K. und J. mit dem Kläger vergleichbar waren. Die Herausnahme dieser Arbeitnehmer aus der Sozialauswahl aufgrund berechtigter betrieblicher Interessen hätte dem Betriebsrat im Rahmen der Anhörung mitgeteilt werden müssen.

In der schriftlichen Anhörung hat die Beklagte ausdrücklich auf ihren auch im vorliegenden Verfahren vertretenen Rechtsstandpunkt Bezug genommen, dass eine Sozialauswahl im Hinblick auf den Kläger nicht durchzuführen sei, da keine kündigungsschutzrechtliche Vergleichbarkeit mit einem anderen Mitarbeiter bestehe.

Allerdings behauptet die Beklagte, den Betriebsrat im Rahmen der mündlichen Anhörung am 23. März 2006 auch über die Vergleichbarkeit des Klägers u. a. mit den Mitarbeitern K. und J. und die Gründe der Herausnahme dieser Mitarbeiter aus der Sozialauswahl informiert zu haben. Es war deshalb insoweit eine Beweisaufnahme durchzuführen.

Aufgrund der Beweisaufnahme steht nicht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass am 23. März 2006 eine entsprechende Information des Betriebsrats stattgefunden hat.

Der Zeuge EE. hatte ausgesagt, dass im Rahmen des Anhörungsgesprächs mitgeteilt worden sei, dass keine soziale Vergleichbarkeit bestehe. Es sei erläutert worden, warum dem Kläger gekündigt werden solle. Der Betriebsrat habe darauf hingewiesen, dass es andere Jobs ggf. auch in einem Level unterhalb der Position des Klägers gebe und der Kläger dort entsprechend eingesetzt werden könne. Nach seiner Erinnerung sei die Sozialauswahl jedoch nicht weiter angesprochen worden. Insgesamt seien während dieses Gesprächs Erläuterungen zur neuen Struktur der Beklagten gegeben worden. Bis zu diesem Gespräch sei ihm nicht bekannt gewesen, dass ggf. die Arbeitnehmer I., J., K. und L. mit dem Kläger vergleichbar seien. Diese Namen habe der Betriebsrat nach dem Anhörungsgespräch aus dem Personalverzeichnis entnommen.

Der Zeuge DD. hat ausgesagt, dass er sich am 23. März 2006 Notizen gemacht habe. Es sei gesagt worden, dass die Stelle des Klägers entfalle. Eine soziale Vergleichbarkeit sei nicht durchzuführen, da niemand mit dem Kläger vergleichbar sei. Die Betriebsratsseite habe noch gesagt, dass es doch vergleichbare Arbeitnehmer geben müsse. Namen hätten im Gespräch vom Betriebsrat noch nicht genannt werden können. Erst nach dem Gespräch habe der Betriebsrat recherchiert und dann vergleichbare Arbeitnehmer gefunden. Das sei dann der Beklagten mit Schreiben des Betriebsrats vom 28. März 2006 mitgeteilt worden. Auch aus seinen Aufzeichnungen ergäbe sich nicht, dass die Arbeitgeberseite selbst auf eventuell vergleichbare Arbeitnehmer hingewiesen habe. Es sei im Rahmen dieses Gesprächs über Kunden des Klägers und darüber gesprochen worden, dass der Kläger von den Kunden her nicht mehr ausgelastet sei.

Demgegenüber hat der Zeuge BB. ausgesagt, dass dem Betriebsrat erläutert worden sei, warum der Arbeitsplatz des Klägers weggefallen sei. Der Zeuge CC. habe dann die Kundenstruktur dargelegt. Auch zur Sozialauswahl sei etwas gesagt worden. Er erinnere sich, dass jedenfalls die Sales-Manager genannt worden seien. Auch sei der Name des Herrn K. gefallen.

Der Zeuge CC. hat ausgesagt, dass in dem ca. 3/4-stündigen Gespräch die Kündigungsentscheidung und die Kündigungsgründe dargelegt worden seien. Es sei auch über die Vergleichbarkeit anderer Mitarbeiter gesprochen worden. Bereits damals sei das Problem der Vergleichbarkeit bewusst gewesen und man habe überlegt, wie damit in der Betriebsratsanhörung umgegangen werden sollte. Man habe sich entschieden, grundsätzlich davon auszugehen, dass eine Vergleichbarkeit nicht bestünde und das dem Betriebsrat auch so mitzuteilen. Für den Fall jedoch, dass man zu einem anderen Ergebnis komme, sollte der Betriebsrat auch über die ggf. in Frage kommenden anderen Mitarbeiter informiert werden. Das sollte lediglich mündlich gemacht werden. Im Anhörungsgespräch sei das dann von ihm selbst so vorgetragen worden. Insbesondere seien die Sozialdaten der anderen Mitarbeiter genannt worden. Auf einem Zettel habe er sich die besonderen Kundenbeziehungen und die Hauptkunden der in Frage kommenden Mitarbeiter notiert gehabt und sie so auch angesprochen. Der Betriebsrat habe dann jedoch gesagt, dass er die besonderen Kundenbeziehungen der Mitarbeiter kenne. Herr DD. habe gesagt, dass er jedenfalls die Kundenbeziehungen von Herrn K. kenne. Nach seiner Erinnerung seien alle möglicherweise vergleichbaren Mitarbeiter durchgegangen worden und der Betriebsrat habe das auch nachvollzogen.

Alle vier Zeugen haben einen glaubwürdigen Eindruck hinterlassen. Das Gericht hat keinen Anhaltspunkt dafür, entscheiden zu können, welcher Zeuge bzw. welche Zeugen sich entweder fehlerhaft erinnern oder die Unwahrheit sagen. Ein "non liquet" geht zu Lasten der beweisbelasteten Partei, hier also zu Lasten der Beklagten. Die Wirksamkeit der Kündigung scheitert damit an der nicht ordnungsgemäßen Anhörung des Betriebsrats.

Der Kläger ist antragsgemäß weiterzubeschäftigen. Es mag dahinstehen, ob es sich bei dem Schreiben des Betriebsrats vom 28. März 2006 um einen ordnungsgemäßen Widerspruch im Sinn von § 102 Abs. 3 BetrVG handelt und dem Kläger deshalb ein Weiterbeschäftigungsanspruch gemäß §102 Abs. 5 BetrVG zusteht. Jedenfalls steht dem Kläger der allgemeine Weiterbeschäftigungsanspruch zu. Einem solchen Antrag ist stattzugeben, wenn die ordentliche Kündigung unwirksam ist. Zu den Rechten aus dem Arbeitsverhältnis gehört auch ein klagbarer Anspruch auf Beschäftigung, welcher aus dem Gedanken der freien Entfaltung der Persönlichkeit abgeleitet und nicht nur während des unangefochtenen Bestandes des Arbeitsverhältnisses, sondern auch während der Dauer des Kündigungsschutzprozesses besteht. Nach der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 27. Februar 1985 (BAG Beschluss 27.02.1985 - GS 1/84 - DB 1985, 2197) besteht der Anspruch auf Weiterbeschäftigung bei einer fristgerechten Kündigung über den Ablauf der Kündigungsfrist hinaus bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzprozesses, wenn die Kündigung unwirksam ist und überwiegende schutzwerte Interessen des Arbeitgebers einer solchen Beschäftigung nicht entgegenstehen. Liegt ein die Unwirksamkeit der Kündigung feststellendes Urteil vor, so hat der Arbeitgeber besondere zusätzliche Umstände darzulegen, aus denen sich im Einzelfall sein überwiegendes Interesse an der Nichtbeschäftigung des Arbeitnehmers ergibt. Solche zusätzlichen Umstände sind von der Beklagten nicht vorgetragen worden.

Die Beklagte trägt die Kosten ihres ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels, § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Revision wird gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG zugelassen.

Ende der Entscheidung

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