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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessisches Landesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 02.05.2007
Aktenzeichen: 20/11 Sa 971/07
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 286
ZPO § 427
ZPO § 444
1. Weigert sich ein Arbeitgeber, vom Arbeitnehmer geleistete Arbeitsstunden abzuzeichnen, kann hierin insbesondere dann eine Beweisvereitelung analog den §§ 427, 444 ZPO gesehen werden, wenn der Arbeitnehmer im Rahmen von Pflegeleistungen allein für den Arbeitgeber tätig wird, vertraglich keine Mindestarbeitszeit vereinbart ist und der Arbeitgeber jegliche Arbeitsleistung bestritten hat.

2. Liegen die Voraussetzungen der Beweisvereitelung vor, kann dies im Rahmen des § 286 ZPO dazu führen, dass in freier Beweiswürdigung auf die Wahrheit des Vorbringens der beweisbelasteten Partei zu schließen und die Leistung aller substantiiert vorgetragenen Arbeitsstunden deshalb zu unterstellen ist.

3. Sind sowohl die substantiiert vorgetragen Umstände der Beweisvereitelung - Weigerung, geleistete Arbeitsstunden abzuzeichnen - als auch die Ableistung der substantiiert vorgetragenen Arbeitsstunden streitig, ist zunächst Beweis über die die Annahme der Beweisvereitelung rechtfertigenden Umstände zu erheben. Das im Verhältnis zwischen Hilfstatsache und Haupttatsache bestehende Verbot, zunächst über die Hilfstatsache Beweis zu erheben, greift hier nicht ein, weil die beweisbelastete Partei gerade von dem Risiko der erschwerten Beweisführung entlastet werden soll.


Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 02. Mai 207 - 2 Ca 7607/06 - wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung und um Vergütungsansprüche der Klägerin.

Die Klägerin und die Beklagte - ein schwerbehinderter Mensch, der einer 24stündigen Betreuung durch Pflegekräfte bedarf - schlossen unter dem Datum des 18. August 2006 einen Arbeitsvertrag. Hiernach sollte die Klägerin der Beklagten persönliche Hilfestellungen in allen Dingen des täglichen Lebens leisten und praktische Pflegeleistungen erbringen, wobei nicht lesbar ist, ob in § 1 des Vertrags der 16. oder der 17. August als Tag der Arbeitsaufnahme angegeben ist.

§ 2 des Vertrages lautet:

"(1) Für die Tätigkeit wird ein Stundenlohn 10, 25 EUR brutto vereinbart. Die Parteien gehen von einer unregelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von ca. 40 Stunden (auf Stundenlohnbasis/keine Garantiestunden) aus.

(2) Die Auszahlung des Arbeitslohnes erfolgt nachträglich monatlich bis zum 15. des Folgemonats durch Überweisung auf ein dem Arbeitgeber bekannt zu gebendes Girokonto, wenn bis spätestens zum 2. des Folgemonats die im vorausgegangenen Monat erbrachten Stunden ordnungsgemäß belegt worden sind.

(3) Die Gehaltsabrechung erfolgt über den Verein "D e.V."

§ 3 des Vertrages regelt, dass die Lage der Arbeitszeit und deren Verteilung auf die Wochentage vom Arbeitgeber bestimmt werden und sich so gestalten, dass die von dem Arbeitgeber benötigten Hilfestellungen gesichert sind. § 8 enthält die Vereinbarung einer dreimonatigen Probezeit, innerhalb derer die Kündigungsfrist zwei Wochen betragen soll. Wegen der Einzelheiten des Arbeitsvertrags im Übrigen wird auf die zur Akte gereichte Abschrift (Bl. 3 d.A.) verwiesen.

Jedenfalls im September 2006 arbeiteten die Zeuginnen A und B als Pflegekräfte bei der Beklagten. Die Pflegetätigkeit bei der Beklagten wird im Schichtdienst geleistet, die Pflegekräfte lösen einander ab. Die Lohnabrechnung der bei der Beklagten beschäftigten Arbeitnehmerinnen erfolgt über den Verein "D e.V.", einen gemeinnützigen Verein der Behindertenhilfe, der hierfür die Stundenzettel der Arbeitnehmerinnen benötigt.

Die Beklagte unterzeichnete keine Stundenzettel der Klägerin. Diese erhielt weder von der Beklagten noch von dem Verein "D e.V." Vergütungszahlungen. Auch wegen der Vergütungsansprüche der Zeuginnen B und A waren vor dem Arbeitsgericht Frankfurt am Main Verfahren anhängig (Az: 2/9 Ca 7996/06 und Az: 2/9 Ca 7997/06), die durch Versäumnisurteil zu Gunsten der Zeuginnen rechtskräftig abgeschlossen worden sind. Im Zusammenhang mit der unterlassenen Vergütungszahlung wurde gegen die Beklagte von der Staatsanwaltschaft Frankfurt ein Ermittlungsverfahren eingeleitet.

Wie in der Berufungsverhandlung vom 31. Juli 2008 unstreitig gestellt wurde, kam es im September 2006 zu einem Treffen der Klägerin und der Beklagten in einem Café im Nordwestzentrum in Frankfurt am Main, zu dem die Zeugin B die Beklagte begleitete. Grund dieses Treffens waren Uneinigkeiten zwischen der Klägerin und der Beklagten hinsichtlich der Unterzeichnung von Stundenzetteln der Klägerin durch die Beklagte. Das Treffen endete mit der Zusage der Beklagten, den bei diesem Gespräch übergebenen Stundenzettel der Klägerin zu unterzeichnen.

Mit Schreiben vom 23. September 2006 (Bl. 11. d.A.), der Klägerin zugegangen am 05. Oktober 2006, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien fristlos und begründete dies damit, dass die Klägerin der Arbeit unerlaubt ferngeblieben sei und bereits drei Abmahnungen erhalten habe.

Die Klägerin hat die Kündigung vom 23. September 2006 mangels Kündigungsgrund für unwirksam gehalten und die Meinung vertreten, diese sei sittenwidrig. Außerdem hat sie Vergütungsansprüche in Höhe von 1952,62 EUR brutto für den Zeitraum vom 16. August 2006 bis einschließlich 25. September 2006 geltend gemacht und hierzu behauptet, sie habe aufgrund des geschlossenen Arbeitsvertrags im August 2006 80,5 Stunden und im September 2006 110 Stunden für die Beklagte gearbeitet. Insoweit hat sie im Einzelnen dargelegt, an welchen Tagen und zu welchen Tageszeiten sie Arbeitsleistungen erbracht hat. Auf die Auflistung im Schriftsatz vom 19. Februar 2007 (Bl. 46 d.A.) und die dortigen Beweisangebote wird Bezug genommen. Die Klägerin hat behauptet, die Beklagte habe die Unterzeichnung ihrer Stundenzettel böswillig verweigert und vorgetragen, ihrer Kenntnis nach habe die Beklagte die Pflegeleistungen zugunsten ihres Neffen, des geladenen Zeugen C abgerechnet. Sie hat gegen die Kündigung der Beklagten am 26. Oktober 2006 Kündigungsschutzklage eingereicht, die der Beklagten am 2. November 2006 zugestellt worden ist. Außerdem hat sie zunächst Vergütungsklage auf Zahlung von 1952,62 EUR brutto erhoben und im Wege der Stufenklage beantragt, die Beklagte zu verurteilen, Abrechnung über diesen Bruttobetrag zu erteilen und Zinsen auf den sich hiernach ergebenden Nettobetrag zu zahlen. Die Stufenklage hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 05. Januar 2007 (Bl. 40 d.A.) zurücknehmen lassen. Im Kammertermin vom 02. Mai 2007 hat sie erklärt, sie wende sich nur gegen die fristlose Kündigung und akzeptiere eine im Wege der Umdeutung zu gewinnende fristgemäße Kündigung.

Die Klägerin hat zuletzt unter Klagerücknahme im Übrigen beantragt,

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die fristlose Kündigung der Beklagten vom 23. September 2006 beendet worden ist;

die Beklagte zu verurteilen, an sie 1952,62 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02. November 2006 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, die Kündigung sei wirksam und der Klägerin stehe kein Vergütungsanspruch zu. Hierzu hat sie behauptet, es sei zu keinem Zeitpunkt zu einem tatsächlichen Einsatz der Klägerin gekommen. Die Klägerin habe immer, wenn sie zur Arbeit vorgesehen gewesen sei, telefonisch oder persönlich mitgeteilt, sie könne wegen ihrer Kinder nicht arbeiten.

Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main hat mit seinem am 02. Mai 2007 verkündeten Urteil - 2 Ca 7607/06 (Bl. 56. - 63 d.A.) - festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die fristlose Kündigung der Beklagten vom 23. September 2006 nicht beendet worden ist und die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 1952,62 EUR brutto nebst Zinsen seit dem 02. November 2006 zu zahlen. Von den Kosten des Rechtsstreits hat es der Beklagten 93 % und der Klägerin 7 % auferlegt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Beklagte habe nicht substantiiert vorgetragen, dass ein wichtiger Grund i.S.d. § 626 BGB die Kündigung rechtfertige, sondern nur pauschal behauptet, die Klägerin sei der Arbeit unerlaubt ferngeblieben. Der geltend gemachte Vergütungsanspruch stehe der Klägerin zu, weil die Beklagte die von der Klägerin substantiiert dargelegten Arbeitsstunden nur pauschal bestritten habe. Sie sei aber gehalten gewesen, darzulegen, an welchen Arbeitstagen die Klägerin die von ihr geforderte Arbeitsleistung nicht erbracht habe und wer an den von der Klägerin behaupteten Arbeitstagen ihre Pflege übernommen habe. Den Gebührenstreitwert nach § 63 Abs. 2 GKG hat das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 21. Mai 2007 auf 2933, 67 EUR festgesetzt.

Gegen das ihr am 24. Mai 2007 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 25. Juni 2007, einem Montag, per Telefax Berufung eingelegt und diese nach rechtzeitig beantragter Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 24. August 2007 an diesem Tag begründet.

Die Beklagte rügt, das Arbeitsgericht habe verkannt, dass die Vorlage der Stundenzettel anspruchsbegründende Tatsache sei, solche aber unstreitig nicht vorlägen. Zu der von ihr bereits erstinstanzlich bestrittenen Behauptung der Klägerin, sie, die Beklagte, habe sich geweigert, die Stundenzettel zu unterzeichnen, fehle substantiierter Vortrag der Klägerin, wann, wie und weshalb sie sich geweigert haben solle, die Stundenzettel zu unterzeichnen. Das Arbeitsgericht habe jedenfalls nicht darauf verzichten dürfen, den Zeugen C zu ihrer Behauptung zu hören, dass sie nie Abrechnungen manipuliert hätte. Stehe fest, dass die Klägerin mangels Arbeitsleistung keine Vergütung zu beanspruchen habe, ergebe sich hieraus auch, dass die Kündigung wirksam sei. In der Berufungsverhandlung vom 31. Juli 2008 (Sitzungsniederschrift Bl. 111 ff d.A.) erklärte die Beklagte, sie habe nie bestritten, dass die Klägerin bei ihr gearbeitet habe und behauptet nunmehr, die Klägerin habe an zwei Tagen zur Probe bei ihr gearbeitet, es sei aber vereinbart gewesen, dass sie hierfür kein Geld erhält. Die Probearbeitstage hätten in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Unterzeichnung des Arbeitsvertrags stattgefunden, vermutlich einen Tag vor und einen Tag nach dem Vertragsschluss. Bei dem Gespräch mit der Klägerin im Café im Nordwestzentrum sei es um Stundenzettel gegangen, die diese beiden Probetage betroffen hätten.

Die Beklagte behauptete in der Berufungsverhandlung, die bei ihr beschäftigten Pflegekräfte erhielten die Vergütung nie von ihr direkt, sondern über den Verein "D e. V." von der Kostenübernahmestelle der Stadt Frankfurt am Main.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 02. Mai 2007 - 2 Ca 7607/06 - abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens. Sie behauptet zunächst unter Bezugnahme auf ihr erstinstanzliches Beweisangebot auf Vernehmung der Zeuginnen A und B, die Vorlage der Stundenzettel sei nicht möglich gewesen, weil die Beklagte sich tagtäglich geweigert habe, die Stundenzettel zu unterschreiben. In der Berufungsverhandlung vom 31. Juli 2008 (Sitzungsniederschrift Bl. 111 ff d.A.) präzisierte die Klägerin diesen Vortrag dahingehend, sie habe die Beklagte an den in ihrer Auflistung aufgeführten Arbeitstagen aufgefordert, die Stundenzettel zu unterschreiben oder nachgefragt, wann diese unterschrieben würden. Außerdem behauptet die Klägerin, die Beklagte habe sich auch geweigert, die Stundenzettel der Zeuginnen B und A zu unterzeichnen. Sie vertritt die Ansicht, aus diesem Sachverhalt ergebe sich die Umkehr der Beweislast hinsichtlich der von ihr geleisteten Arbeitsstunden. Einer genaueren Darlegung der Weigerung der Beklagten bedürfe es nicht, zumal diese immer nach dem gleichen Muster verfahren sei und sie ebenso wie die beiden Zeuginnen auf einen späteren Zeitpunkt vertröstet habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der Berufungsschriftsätze und den Inhalt der Sitzungsniederschrift vom 31. Juli 2008 (Bl. 111 d.A.) verwiesen. Das Berufungsgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeuginnen A und B. Wegen des Inhalts des Beweisbeschlusses und des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird ebenfalls auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift vom 31. Juli 2008 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung der Beklagten ist statthaft, §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 2 c) ArbGG, 511 ZPO. Sie ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520 Abs. 1 und 3 ZPO.

II.

In der Sache hat die Berufung jedoch keinen Erfolg. Die Klage ist in ihrer letzten Fassung - wie das Arbeitsgericht im Ergebnis zutreffend erkannt hat - begründet.

1. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 23. September 2006 nicht aufgelöst worden, sondern hat bis zum 19. Oktober 2006 fortbestanden. Die außerordentliche Kündigung ist unwirksam, da der Beklagten kein wichtiger Grund im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB zur Seite steht.

Gem. § 626 Abs. 1 BGB berechtigt ein Sachverhalt nur dann zum Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung, wenn es dem Kündigenden danach unzumutbar ist, das Arbeitsverhältnis unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen bis zum Ablauf der Kündigungsfrist fortzusetzen. Insofern kann offen bleiben, ob die Prüfung des § 626 Abs. 1 BGB dreistufig (HK-ArbR- Griebeling, § 626 BGB Rz. 49 ff; für den dreistufigen Prüfungsaufbau bei der verhaltensbedingten Kündigung; KR-Griebeling, 1 KSchG Rz. 404 ff; APS/Dörner, § 1 KSchG Rz. 272; HaKo-Fiebig; § 1 KSchG, Rz. 202; HK-Dorndorf § 1 Rz. 495; Bader/Bram/Dörner/Kriebel, KSchG, § 1 Rz. 161 ff, wohl auch BAG, Urt. v. 31.05.2007 - 2 AZR 200/06 - juris; BAG, Urt. v. 24.06.2004 - 2 AZR 63/03 - EzA § 1 KSchG verhaltensbedingte Kündigung Nr. 65; für § 626 BGB offen Bader/Bram/Dörner/Kriebel, KSchG, § 626 BGB Rz. 24) oder zweistufig (KR-Fischermeier, § 626 BGB Rz. 84 ff.; ErfK-Müller-Glöge, § 626 BGB Rz. 15; BAG, Urt. v. 27.04.2006 - 2AZR 415/05 - EzA § 626 BGB 2002 Nr. 17; LAG Rheinland Pfalz, Urt. v. 18.02.2008 - 5 Sa 658/08 - juris) zu erfolgen hat. Sowohl bei zwei - als auch bei dreistufiger Prüfung setzt das Vorliegen eines wichtigen Grundes i. S. d. § 626 Abs. 1 BGB auf der ersten Stufe die Feststellung voraus, dass der Arbeitnehmer - i. d. R. schuldhaft - arbeitsvertragliche Pflichten verletzt hat oder anderweitig eine objektive Belastung des Arbeitsverhältnisses besteht (vgl. nur BAG, Urt. v. 02.03.2006 - 2 AZR 53/05 - juris; LAG Rheinland Pfalz, Urt. v. 18.02.2008 - 5 Sa 658/07 - juris; ArbR- Griebeling, § 626 BGB Rz. 49 ff). Der wesentliche Unterschied zwischen zwei- und dreistufigem Prüfungsaufbau besteht darin, dass bei dreistufiger Prüfung auf der zweiten Stufe das Vorliegen der Negativprognose zu prüfen ist (HK-Dorndorf § 1 Rz. 553; Bader/Bram/Dörner/Kriebel, KSchG, § 1 Rz. 68) und erst auf der dritten Stufe im Rahmen einer Interessenabwägung festzustellen ist, ob dem Arbeitgeber nach allen Umständen des Einzelfalls die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zugemutet werden kann.

Hier hat die Beklagte jedoch bereits nicht in einer den Anforderungen des § 138 Abs. 1, 3 ZPO genügenden Weise dargelegt, dass die Klägerin ihre das Arbeitsverhältnis betreffenden Pflichten schuldhaft verletzt hat oder eine anderweitige objektive Störung des Arbeitsverhältnisses vorliegt. Entgegen der Auffassung der Beklagten fehlte es an der auf der ersten Prüfungsstufe festzustellenden objektiven Pflichtverletzung selbst dann, wenn die Klägerin die Arbeit bei der Beklagten tatsächlich nicht aufgenommen hätte. Die Parteien haben im Arbeitsvertrag weder eine verbindliche Wochenarbeitszeit noch die Verteilung der Arbeitszeit auf die Wochentage geregelt, sondern nur vereinbart, dass die Lage der Arbeitszeit und deren Verteilung auf die Wochentage vom Arbeitgeber bestimmt werden soll und sich so gestaltet, dass die von dem Arbeitgeber benötigten Hilfestellungen gesichert sind. Da die Beklagte unstreitig einer 24stündigen Pflege bedarf, die Klägerin aber nach dem Vertrag nur ca. 40 Stunden wöchentlich für sie tätig werden sollte, oblag es der Beklagten, die Lage der Arbeitszeit im Rahmen ihres Direktionsrecht gem. § 106 GewO festzulegen und die Klägerin zur Arbeit aufzufordern oder ihr Dienstpläne zukommen zu lassen. Erst durch eine solche Konkretisierung wäre die Verpflichtung der Klägerin zur Arbeitsleistung aktualisiert worden. Obgleich das arbeitsgerichtliche Urteil bereits feststellt, dass die Beklagte hätte darlegen müssen, wann sie die Klägerin zur Arbeit aufgefordert hat, ist hierzu auch zweitinstanzlich kein nachvollziehbarer Vortrag seitens der Beklagten erfolgt.

2. Die Berufung hat auch keinen Erfolg, soweit sie sich gegen die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 1952,62 EUR brutto nebst Zinsen seit dem 02. November 2006 richtet.

a) Der Klägerin steht ein Anspruch auf Vergütung von 80,5 im Monat August 2006 geleisteten Arbeitsstunden und von 110 im Monat September 2006 geleisteten Arbeitsstunden mit einem Stundenlohn von 10,25 EUR brutto aus § 611 BGB i.V.m. dem Arbeitsvertrag zu.

aa) Zwar kann die Leistung der von der Klägerin angegebenen Arbeitsstunden nicht, wie das Arbeitsgericht meint, schon deshalb angenommen werden, weil die Beklagte diese nicht substantiiert bestritten hat. Die Beklagte hat erstinstanzlich behauptet, die Klägerin habe die Arbeit bei ihr nie aufgenommen und sodann in der Berufungsverhandlung erklärt, die Klägerin habe an zwei Tagen Mitte August zur Probe gearbeitet, wobei ausdrücklich vereinbart worden sei, dass hierfür keine Vergütung gezahlt werde. Dieser Vortrag stellt ein substantiiertes, nämlich konkretes Bestreiten der von der Klägerin angegeben Arbeitsstunden dar. Die Beklagte war auch hinsichtlich ihrer Verteidigung gegen die Klage auf Vergütungszahlung für tatsächlich erbrachte Arbeitsstunden nicht gehalten, darzulegen, wann sie die Klägerin zur Arbeitsleistung aufgefordert hat oder wer die Pflegetätigkeit in den von der Klägerin angegeben Zeiten durchgeführt hat. Eine derartige Verpflichtung lässt sich aus § 138 Abs. 3 ZPO nicht ableiten.

bb) Dass die Klägerin für die Beklagte Arbeitsleistungen im genannten Umfang erbracht hat, erachtet die Kammer jedoch nach Durchführung der Beweisaufnahme i.S.d. des § 286 ZPO als wahr. Nach § 286 Abs. 1 ZPO hat das Gericht unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses der Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder nicht wahr zu erachten ist. Grundlage der Würdigung ist dabei der gesamte Inhalt der Verhandlung, die Art, der Zusammenhang und der Zeitpunkt des Vorbringens, Handlungen, Unterlassungen, ggfs. eine Verletzung der Wahrheitspflicht, eine ggfs. vorliegende Beweisvereitelung, der persönliche Eindruck von den Prozessbeteiligten einschließlich einer Beweisaufnahme, all dies auch unter Einbeziehung von Erfahrungssätzen (vgl. Thomas-Putzo-Reichold, 27. Aufl. § 286 ZPO Rn 6; Zöller-Greger, 26.Aufl. § 286 ZPO Rn 14). Bei Vorliegen einer Beweisvereitelung kann das Gericht nach dem Rechtsgedanken der §§ 427, 444 ZPO in freier Beweiswürdigung auf die Wahrheit des Vorbringens der beweisbelasteten Partei schließen (Zöller-Greger/Geimer, 26. Aufl. § 444 Rz. 1).

Hier hat die Beweisaufnahme ergeben, dass die Voraussetzungen der Beweisvereitelung durch die Beklagte im Hinblick auf von der Klägerin geleistete Arbeitsstunden vorliegen (1). Dies und die Widerlegung der Behauptungen der Beklagten führt in Gesamtschau mit dem Prozessverhalten der Parteien dazu, dass die Kammer die von der Klägerin angegebenen Arbeitsstunden i.S.d. § 286 Abs. 1 ZPO als wahr erachtet (2). Einer Vernehmung der benannten Zeugen zu den einzelnen von der Klägerin behaupteten Arbeitsstunden bedurfte es daher zur Überzeugungsbildung des Gerichts nicht (3).

(1) Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme durch die Vernehmung der Zeuginnen A und B steht fest, dass die Beklagte im Zeitraum August/September 2006 Stundenzettel der Klägerin nicht unterzeichnet hat, obwohl die Klägerin Arbeitsleistungen in erheblichem Umfang für sie erbrachte, die Beklagte zur Abzeichnung aufforderte und diese hierzu arbeitsvertraglich verpflichtet gewesen wäre. Zwar vermochte weder die Zeugin A noch die Zeugin B das Beweisthema vollständig zu bestätigen, dass die Beklagte an jedem der Tage die Unterzeichnung der Stundenzettel abgelehnt hat, an dem die Klägerin ihrem Vortrag nach bei der Beklagten tätig wurde. Die Kammer sieht es jedoch als erwiesen an, dass die Beklagte sowohl der Zeugin A als auch der Zeugin B erzählt hat, sie werde die Stundenzettel der Klägerin nicht unterzeichnen, dass sie mit der Klägerin vor dem gemeinsamen Besuch der "Dippemess" in Frankfurt über die Unterzeichnung ihrer Stundenzettel gestritten hat und dass wegen der nicht unterzeichneten Stundezettel ein Treffen zwischen der Klägerin, der Beklagten und der Zeugin B im Nordwestzentrum stattgefunden hat, bei dem die Beklagte erklärt hat, sie werde die Stundenzettel unterschreiben, wenn sich die Klägerin benehme.

Die Zeugin A hat ausgesagt, die Beklagte habe ihr erzählt, dass sie die Stundenzettel der Klägerin nicht unterschreibe, diese werde kein Geld von ihr bekommen. Sie hat weiterhin ausgesagt, die Beklagte und die Klägerin hätten vor dem Besuch der "Dippemess" in Frankfurt über die Unterzeichnung von Stundenzetteln der Klägerin gestritten. Diese Aussage ist glaubhaft. Sie wird durch die Aussage der Zeugin B bestätigt, die Beklagte habe ihr nach dem Treffen im Nordwestzentrum ebenfalls erklärt, wenn sich die Klägerin nicht benehme, unterschreibe sie deren Stundenzettel nicht. Zudem hat die Beklagte bei der Verhandlung zum Ergebnis der Beweisaufnahme eingeräumt, die Unterzeichnung von Stundenzetteln der Klägerin bei dem Treffen mit dieser im Nordwestzentrum von Bedingungen abhängig gemacht zu haben, wenn auch mit der Behauptung, es habe sich um die Stundenzettel für angebliche Probetage gehandelt. Diese Behauptung der Beklagten ist jedoch durch die Aussage der Zeugin B widerlegt. Die Zeugin hat bereits vor der Konfrontation mit der Behauptung der Beklagten erklärt, sie habe bei dem Treffen im Café den Stundenzettel der Klägerin sehen können und nur nicht erkannt, auf welche Daten er sich bezöge. Sie hat ausgesagt, da das Treffen im September stattgefunden hat, vermute sie, dass es um Arbeitsstunden in der Zeit vom 15. August bis Ende August gegangen sei. Als ihre Vernehmung auf die Behauptung der Beklagten im Rahmen der Verhandlung zum vorläufigen Ergebnis der Beweisaufnahme - bei dieser war die Zeugin nicht anwesend - fortgesetzt wurde, hat die Zeugin ausdrücklich ausgeschlossen, dass es lediglich um die Stundenzettel für zwei Tage gegangen sei. Sie hat ausgesagt, es müssten so um die 15 Tage gewesen sein, die auf dem Stundenzettel aufgeführt waren und hat insofern erläutert, die Hälfte des Papiers sei beschrieben gewesen. Dies deckt sich mit ihrer vorherigen Aussage, sie habe den Zettel sehen, aber die Daten nicht erkennen können. Weiterhin hat die Zeugin B ausgesagt, bei diesem Gespräch sei der Begriff Probetage oder ein ähnlicher Begriff nicht gefallen. Es ist aber fern liegend, dass dieser Begriff weder von der Beklagten noch von der Klägerin benutzt wird, wenn zuvor vereinbart war, dass ohne Vergütung auf Probe gearbeitet wird und die Klägerin bei diesem Treffen dennoch die Unterzeichnung der Stundenzettel forderte.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist im Übrigen widerlegt, dass die Klägerin nur an zwei Tagen für die Beklagte Probe gearbeitet hat. Es steht vielmehr fest, dass sie im Zeitraum August und September 2006 in erheblichem Umfang für die Beklagte tätig war. Die Zeugin A hat ausgesagt, die Klägerin habe konkret an dem Tag im August bei der Beklagten gearbeitet, an dem sie sich dort vorgestellt habe und an dem Tag, an dem die Beklagte, die Zeugin A und die Klägerin gemeinsam die "Dippemess" besuchten. Insoweit hat die Zeugin ausgesagt, die Klägerin sei auf 18.00 Uhr "bestellt" worden, was einen rein privaten Charakter des Besuchs ausschließt. Weiterhin hat die Zeugin A ausgesagt, dass sie die Klägerin einmal vor ihrem Schichtantritt im Aufzug bei der Beklagten getroffen habe und dass klar gewesen sei, dass diese vorher gearbeitet hatte. Außerdem habe die Beklagte ihr während ihrer eigenen Schicht gesagt, dass die Klägerin da war und was sie gemacht habe und sie habe gesehen, wie die Klägerin im Auto weggefahren sei. Auch diese Aussage ist glaubhaft. Es ist nahe liegend, dass einer Arbeitnehmerin, die einen schwerbehinderten Menschen in Wechselschicht mit einer oder mehreren Arbeitnehmerinnen pflegt, bei Schichtwechsel jeweils mitgeteilt wird, wer zuvor welche Arbeiten verrichtet hat, weil diese Tätigkeiten dann eben nicht mehr verrichtet werden müssen oder Folgetätigkeiten zu verrichten sind. Zwar liegt ein gewisser Widerspruch darin, dass die Zeugin A zunächst ausgesagt hat, sie habe die Klägerin öfter gesehen, nämlich immer bei der Wechselschicht, manchmal vor der Tür und manchmal in der Wohnung, andererseits aber ausgesagt hat, einmal sei sie sehr früh gewesen und da habe sie die Klägerin im Aufzug gesprochen. Insoweit muss jedoch in die Würdigung einbezogen werden, dass die Beweisaufnahme zwei Jahre zurückliegende Vorgänge betraf und dass sich die Aussage der Zeugin auf einen Zeitraum von mehreren Wochen bezieht. Unsicherheiten darüber, wie häufig die Zeugin die Klägerin bei Schichtwechsel an der Tür, vor der Tür oder im Aufzug sah und wann sie lediglich wahrnahm, dass die Klägerin wegfuhr, vermögen in diesem Zusammenhang keine Zweifel an der Glaubhaftigkeit der Aussage der Zeugin A zu begründen, zumal die Zeugin nach ihren Wahrnehmungen im Zusammenhang mit der Unterzeichnung von Stundenzetteln befragt wurde, als sie aussagte, sie habe die Klägerin immer beim Schichtwechsel gesehen. Der Schwerpunkt ihrer Aussage lag also gerade bei der Mitteilung, nicht gleichzeitig mit der Klägerin tätig geworden zu sein und auf der Arbeit keinen Austausch mit ihr gehabt zu haben. Zudem wird die Aussage der Zeugin A, die Klägerin habe deutlich häufiger als nur an zwei Probetagen bei der Beklagten gearbeitet, durch die Aussage der Zeugin B bestätigt. Diese hat, um die Arbeitsleistungen bei der Beklagten in Wechselschicht darzustellen, ausgesagt, es laufe so, dass die Klägerin z.B. Nachschicht habe, sie zur Frühschicht erscheine und die Klägerin dann die Wohnung der Beklagten verlasse. Sie hat damit indirekt bestätigt, dass die Klägerin in das Schichtsystem bei der Beklagten eingebunden war. Außerdem hat sie deckungsgleich mit der Zeugin A ausgesagt, dass es bei Schichtwechsel kaum zu Kontakt zwischen ihr und der Klägerin gab.

Die Zeuginnen A und B sind auch glaubwürdig. Ihr gesamtes Aussageverhalten war ruhig und sicher. Keine der beiden Zeuginnen hat ein persönliches Interesse am Ausgang des Rechtsstreits, nachdem die von ihnen gegen die Beklagte geführten Verfahren vor dem Arbeitsgericht Frankfurt am Main zu ihren Gunsten rechtskräftig abgeschlossen sind. Es ist auch sonst kein Grund ersichtlich, warum sie zu Gunsten der Klägerin falsch hätten aussagen sollen.

Die von den Zeuginnen bekundeten Umstände, deren Inhalt sich der Klägervertreter im Rahmen der Verhandlung zu dem Beweisergebnis ergänzend zu seinem Hauptvorbringen zueigen gemacht hat, lassen den Schluss zu, dass die Beklagte sich geweigert hat, Stundenzettel der Klägerin zu unterzeichnen, obgleich die Klägerin die in diesen dokumentierte Arbeit geleistet hat. Es ist kein Grund ersichtlich, warum die Beklagte beiden Zeuginnen unabhängig von einander erklärt haben sollte, sie werde die Stundenzettel der Klägerin nicht unterschreiben, wenn die Klägerin nie mit einem solchen Ansinnen an die Beklagte herangetreten ist und nicht für sie gearbeitet hat. Auch der Streit vor dem gemeinsamen Besuch der "Dippemess" über die Unterzeichnung von Stundenzetteln der Klägerin ist nur verständlich, wenn die Klägerin deren Unterzeichnung gefordert hat, die Beklagte sich aber geweigert hat. Schließlich belegt das Treffen der Parteien im Nordwestzentrum, bei dem die Beklagte an die Unterzeichung unzulässigerweise die Bedingung geknüpft hat, die Klägerin müsse sich "benehmen", dass die Beklagte sich zunächst geweigert hat, die Stundenzettel der Klägerin zu unterzeichnen.

Der Zeuge C war nicht gegenbeweislich zu vernehmen, da er nur zu dem Beweis der Tatsache benannt war, die Beklagte habe keine Abrechnungen manipuliert. Diese Frage ist jedoch von der Weigerung, Stundenzettel der Klägerin zu unterzeichnen, zu trennen und sagt hierüber nichts aus.

In der Weigerung, Stundenzettel betreffend geleistete Arbeit zu unterzeichnen, liegt eine Beweisvereitelung, nämlich ein missbilligenswertes vorprozessuales Verhalten, für das die Beklagte keine Gründe vorgebracht hat und das den Beweis der geleisteten Arbeitsstunden für die Klägerin deutlich erschwert. Da zwischen den Parteien keine Mindestarbeitszeit vereinbart war, war die Klägerin darauf angewiesenen, dass ihr sämtliche geleisteten Stunden durch die Beklagte quittiert werden, um Vergütungsansprüche nachweisen zu können. Dem Zeugenbeweis ist die Ableistung von Arbeitsstunden nur schwer zugänglich, insbesondere wenn der Arbeitnehmer wie hier - jedenfalls i.d.R. - allein für den Arbeitgeber tätig ist. Andererseits war es der Klägerin wegen der Art der geschuldeten Arbeitsleistung auch aus moralischen Gründen erschwert, ihre Arbeitsleistung nach § 273 BGB zurückzuhalten, denn die Beklagte war dringend auf die Erbringung der Pflegeleistungen angewiesen. Dass die Klägerin nicht den Beweis erbracht hat, dass die Beklagte arbeitstäglich die Abzeichnung der Stundenzettel verweigert hat, hindert die Annahme einer Beweisvereitelung nicht. Entscheidend für die Annahme der Beweisvereitelung und deren Würdigung im Rahmen des § 286 ZPO ist, dass die Beklagte der Klägerin den Nachweis tatsächlich geleisteter Arbeitsstunden jedenfalls erheblich erschwert hat.

(2) Neben den damit bewiesenen Voraussetzungen für das Vorliegen einer Beweisvereitelung würdigt das Gericht auch das übrige vorprozessuale und prozessuale Verhalten der Beklagten zu deren Lasten. Die Beklagte hat selbst nach ihrer eigenen Einlassung keine Stundenzettel der Klägerin unterzeichnet, obwohl sie ihr dies unstreitig - für welche Tage auch immer - bei dem Treffen im Café zu dieser Frage ausdrücklich zugesagt hat und den Zettel sogar zu diesem Zweck an sich nahm. Im Prozess hat die Beklagte mehrfach falsch vortragen lassen und erst unter dem Druck der bevorstehenden Beweisaufnahme oder konkreter Aussagen der Zeuginnen ihren Vortrag gewechselt. So hat sie erstinstanzlich mehrfach behauptet, die Klägerin habe nie bei ihr gearbeitet, um dann erstmals in der Berufungsverhandlung vorzutragen, die Klägerin habe an zwei Tagen bei ihr zur Probe gearbeitet. Insofern hat sie zunächst behauptet, es sei vereinbart gewesen, dass diese Probetage nicht vergütet werden. Nachdem die Zeugin B von dem Treffen der Beklagten und der Klägerin im Nordwestzentrum berichtet hatte, hat die Beklagte erstmals zugestanden, dass es Diskussionen mit der Klägerin über Stundenzettel gab, obgleich sie erst- und zweitinstanzlich zunächst hat vortragen lassen, sie hätte sich niemals geweigert, Stundenzettel zu unterzeichnen. Im Widerspruch zu ihrer Darstellung, die Probetage hätten nicht vergütet werden sollen, behauptete die Beklagte im Rahmen der Verhandlung zum vorläufigen Beweisergebnis, es sei bei den Stundenzetteln um die Probetage gegangen.

(3) Der über die Ableistung der einzelnen behaupteten Arbeitsstunden angebotene Zeugenbeweis der Klägerin war nicht zu erheben. Zwar ist es unzulässig, Zeugen für den Beweis einer Hilfstatsache zu vernehmen, wenn auch für die Haupttatsache Zeugenbeweis angeboten ist. Dieser Grundsatz lässt sich jedoch nicht auf das Verhältnis zwischen einem den Tatbestand der Beweisvereitelung ausfüllenden Sachverhalt und der Haupttatsache übertragen. Hat die beweisbelastete Partei der beweispflichtigen Partei den Beweis unmöglich gemacht oder deutlich erschwert, soll diese gerade nicht mit dem Risiko einer Beweisführung belastet werden. Deshalb ist - wenn die die Annahme einer Beweisvereitelung begründenden Umstände streitig sind - zunächst über diese Beweis zu erheben. Der zur Haupttatsache angebotene Beweis ist nur dann zu erheben, wenn es der beweispflichtigen Partei nicht gelingt, die tatsächlichen Voraussetzungen für das Vorliegen einer Beweisvereitelung zu erbringen.

cc) Die Beklagte ist für den Anspruch der Klägerin auf Vergütung der von ihr geleisteten 190,5 Arbeitsstunden gem. § 611 BGB i.V.m dem Arbeitsvertrag passiv legitimiert. Sie ist Arbeitgeberin der Klägerin und als solche Gläubigerin der Arbeitsleistung und Schuldnerin des Vergütungsanspruchs. Dass die Abrechnung über den Verein "D e.V." erfolgt und der Erläuterung der Beklagten im Termin zufolge die Kostenübernahmestelle der Stadt Frankfurt am Main über diesen Verein direkt die Auszahlung an die Arbeitnehmer der Beklagten vornimmt, stellt eine reine Abwicklungsmodalität dar, die auf die Passivlegitimation der Beklagten ohne Einfluss ist. Der mit der Klägerin geschlossene Arbeitsvertrag sieht eine Aufspaltung der Arbeitgeberfunktionen in den Weisungsberechtigten einerseits und den Gegenleistungsverpflichteten andererseits nicht vor, so dass die rechtliche Möglichkeit einer solchen Konstruktion dahinstehen kann.

dd) Entgegen der Auffassung der Beklagten ist der Anspruch der Klägerin auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Vorlage der Stundenzettel anspruchsbegründende Tatsache wäre. § 2 Abs. 2 des Arbeitsvertrags der Parteien stellt lediglich eine Fälligkeitsregel dergestalt dar, dass die Auszahlung nur dann bis zum 15. des Folgemonats erfolgen kann, wenn der Abrechnungsstelle die Stundenbelege bis zum 2. des Folgemonats vorliegen. Ob es überhaupt zulässig wäre, im Rahmen eines Arbeitsvertrags für den Vergütungsanspruch zusätzlich zu der Erbringung der Arbeitsleistung andere Anspruchsvoraussetzungen zu vereinbaren, kann daher dahinstehen, zumal der Beklagten nach dem Rechtsgedanken der §§ 162, 242 BGB ohnehin verwehrt wäre, sich auf das von ihr verschuldete Nichtvorliegen von Stundenzetteln zu berufen.

ee) Bei einem Stundenlohn von 10,25 EUR brutto errechnet sich für 190,5 Stunden der Klagebetrag von 1952,62 EUR brutto.

b) Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286 Abs. 1 S. 2, 288 Abs. 1 S. 1 BGB. Auf eine mangelnde Fälligkeit bei Klageerhebung wegen fehlender Vorlage der Stundenzettel kann sich die Beklagte nach dem Rechtsgedanken der §§ 162, 242 BGB nicht berufen, da sie die die Fälligkeit auslösende Vorlage der Stundenzettel bei der Abrechnungsstelle treuwidrig verhindert hat.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, da die Berufung der Beklagten erfolglos ist. Die Kostenentscheidung des erstinstanzlichen Urteils ist, soweit sie sich auf solche Klagegegenstände bezieht, die nicht Gegenstand der Berufung sind, hier nicht zu überprüfen. Zwar ergreift die Berufung gegen das Urteil in der Hauptsache auch die Kosten(misch)entscheidung (Zöller-Vollkommer, 26. Aufl., § 91 a Rz. 56), also die Kostenentscheidung, soweit sie auf § 91 a ZPO oder auf § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO beruht. Es spricht hier auch viel dafür, dass es sich bei der im Kammertermin erster Instanz erklärten Beschränkung der Kündigungsschutzklage auf die außerordentliche Kündigung der Beklagten um eine teilweise Klagerücknahme handelt. Die Klägerin hat sich nämlich zunächst ausdrücklich gegen die gesamte Kündigung - also auch gegen eine durch Umdeutung zu gewinnende ordentliche Kündigung - gewendet und sich auf deren Unwirksamkeit nach § 138 BGB berufen. Die Anträge im Kammertermin hat die Klägerin "unter Klagerücknahme im Übrigen" gestellt. Diese Klagerücknahme im Übrigen kann sich nur auf die durch Umdeutung zu gewinnende ordentliche Kündigung bezogen haben - die zunächst angekündigte Stufenklage hatte die Klägerin bereits zuvor schriftsätzlich zurückgenommen.

Voraussetzung der Überprüfung der Kostenmischentscheidung erster Instanz bezogen auf in der Berufung nicht angefallene Streitgegenstände ist aber, dass insoweit den Voraussetzungen der § 567 Abs. 2, 511 Abs. 2 Nr. 2 ZPO genügt ist (Zöller-Vollkommer, 26. Aufl., § 91 a Rz. 56). Dies ist hier nicht der Fall. Das Arbeitsgericht hat den Gebührenstreitwert nach § 63 Abs. 2 GKG mit Beschluss vom 21. Mai 2007 auf 2933, 67 EUR festgesetzt, so dass ein Erreichen des Beschwerdewerts von 200 EUR im Hinblick auf die Kostenentscheidung ausscheidet, weil insgesamt nur Gerichtsgebühren in Höhe von 178,00 EUR angefallen sind.

IV. Die Zulassung der Revision ist durch keinen der gesetzlich vorgesehenen Gründe veranlasst, § 72 Abs. 2 ArbGG.

Ende der Entscheidung

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