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Gericht: Hessisches Landesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 01.03.2006
Aktenzeichen: 8 Sa 788/05
Rechtsgebiete: BetrVG
Vorschriften:
BetrVG § 37 |
2) Die Einigungsstelle nach § 37 Abs. 6 S. 5 BetrVG kann und braucht nicht zur Entscheidung über die Erforderlichkeit einer Schulung angerufen werden.
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts in Frankfurt am Main vom 10.11.2004 - 7 Ca 9669/03 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung hat die Beklagte zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten darüber, ob dem Kläger auf seinem Arbeitszeitkonto Stunden gutzuschreiben sind für die Zeit, in der er trotz Widerspruchs der Beklagten an einer von der Gewerkschaft ver.di veranstalteten Tagesseminar mit dem Thema: "Die Rolle des Betriebsrats bei der korrekten Ein-/Umgruppierung im Betrieb unter spezieller Berücksichtigung eines ausgelaufenen und nachwirkenden Gehaltstarifvertrages" teilgenommen hat.
Der Kläger ist Mitglied des Betriebsrats des Frankfurter Betriebs der Beklagten. Dieser Betriebsrat hatte die Teilnahme des Klägers und zweier weiterer Betriebsratsmitglieder an dem Tagesseminar beschlossen.
Die Beklagte widersprach der Teilnahme mit der Begründung, die Voraussetzungen der Erforderlichkeit nach § 37 Abs. 6 BetrVG seien nicht erfüllt. Der Betriebsrat hielt an der Notwendigkeit der Teilnahme fest. Der Kläger nahm an dem Seminar teil und hat mit seiner Klage eine Zeitgutschrift auf seinem Arbeitszeitkonto verlangt.
Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main hat die Beklagte verurteilt, dem Arbeitszeitkonto des Klägers 6 Stunden und 30 Minuten gutzuschreiben, im Übrigen die Klage abgewiesen und die Berufung zugelassen mit Urteil vom 10. November 2004, auf das insbesondere zur näheren Darstellung des Sachverhalts verwiesen wird.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten. Wegen der für die Zulässigkeit erheblichen Daten wird auf das Protokoll vom 01. März 2006 verwiesen.
Die Beklagte wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie vertritt die Auffassung, eine Zeitgutschrift komme schon deshalb nicht in Betracht, weil die Beklagte der Teilnahme des Klägers widersprochen hatte und er von ihr nicht freigestellt war. Der Kläger habe jedenfalls ein Einigungsstellenverfahren einleiten können und müssen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 10. November 2004 - 7 Ca 9669/03 - abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen des weiteren Vorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Die Klage ist begründet in dem Umfang, in dem das Arbeitsgericht ihr stattgegeben hat. Das Berufungsgericht folgt den zutreffenden Gründen des Arbeitsgerichts. Die Ausführungen in der Berufung können zu keiner abweichenden Beurteilung führen.
Soweit die Beklagte die Auffassung vertritt, eine Vergütung - d.h. im vorliegenden Fall eine Zeitgutschrift - für die Teilnahme an der Schulung müsse daran scheitern, dass sie den Kläger zur Teilnahme an dem Tagesseminar nicht freigestellt hatte, verkennt die Beklagte die Regelungen des § 37 Abs. 6 BetrVG. Dort ist für die Teilnahme von Betriebsratsmitgliedern an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen auf § 37 Abs. 2 und 3 BetrVG verwiesen. Für diese Vorschriften ist anerkannt, dass es keiner vorherigen Freistellung durch den Arbeitgeber bedarf, sondern eine Abmeldung genügt. Ob ein Anspruch auf Vergütung besteht ist allein abhängig davon, ob objektiv die Voraussetzungen für eine Arbeitsbefreiung bestanden. Führt ein Betriebsratsmitglied Betriebsratstätigkeiten durch oder nimmt an einer Schulungsveranstaltung teil, die der Arbeitgeber für nicht erforderlich hält und holt nicht die vorherige Zustimmung des Arbeitgebers ein, so trägt das Betriebsratsmitglied allerdings das Risiko, dass bei fehlender Erforderlichkeit ein Vergütungsanspruch nicht besteht. Unter diesem Gesichtspunkt mag auch eine einstweilige Verfügung auf Arbeitsbefreiung im Einzelfall gerechtfertigt sein können. Diese Möglichkeit sagt aber nichts aus darüber, dass die vorherige Zustimmung und die ausdrückliche Arbeitsbefreiung durch den Arbeitgeber Voraussetzung für den Vergütungsanspruch nach § 37 Abs. 2 BetrVG wäre.
Der Kläger war insbesondere auch nicht verpflichtet, vor der Teilnahme ein Einigungsstellenverfahren zu betreiben. Nach § 37 Abs. 6 Satz 5 BetrVG ist es der Arbeitgeber, der die Einigungsstelle anrufen kann, wenn er betriebliche Notwendigkeiten für nicht ausreichend berücksichtigt hält. Für ein solches Einigungsstellenverfahren wäre im Übrigen im vorliegenden Fall kein Raum gewesen. Die Beklagte als Arbeitgeber hat nicht die betrieblichen Notwendigkeiten für nicht ausreichend berücksichtigt angesehen, sondern hat die Erforderlichkeit im Sinn des § 37 Abs. 6 Satz 1 BetrVG bestritten. Für eine Entscheidung darüber ist aber die Einigungsstelle nach § 37 Abs. 6 Satz 5 BetrVG nicht zuständig.
Die Beklagte hat die Kosten der Berufung zu tragen, da sie erfolglos blieb.
Für die Zulassung der Revision besteht kein Grund.
Ende der Entscheidung
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