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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessisches Landesarbeitsgericht
Beschluss verkündet am 25.05.2005
Aktenzeichen: 9 TaBVGa 82/05
Rechtsgebiete: ZPO, BetrVG, BGB, ArbGG


Vorschriften:

ZPO § 935
ZPO § 940
BetrVG § 5 III
BetrVG § 8
BetrVG § 9
BGB § 611
ArbGG § 85 II
Kein Eingriff in laufende Betriebsratswahl durch einstweilige Verfügung im Rahmen des Schwellenwertes von 20 / 21 wahlberechtigten Arbeitnehmern, weil fehlende Wahlberechtigung wegen Eigenschaft einer Mitarbeiterin als leitende Angestellte oder freie Mitarbeiterin nicht mit hinreichender Sicherheit festgestellt werden konnte.
Tenor:

Die als sofortige Beschwerde anzusehende Beschwerde der Beteiligten zu 1) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 24. Mai 2005 - 15 BVGa 702/05 - wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin (im Folgenden Arbeitgeberin) begehrt im Wege des Eilverfahrens den Erlass von Anordnungen sowie Feststellungen im Zusammenhang mit der Durchführung einer für den 25. Mai 2005 vorgesehenen Betriebsratswahl, hilfsweise deren Aussetzung bzw. Abbruch.

Die Arbeitgeberin ist eine in K ansässige Gesellschaft des L. Der Antragsgegner ist der dreiköpfige Wahlvorstand, der nach einer Entscheidung des Arbeitsgerichtes Darmstadt vom 24. Februar 2005 (Aktenzeichen 11 BV 11/04) zur Durchführung einer Betriebsratswahl bei der Arbeitgeberin bestellt worden ist.

Der Wahlvorstand erließ am 9. Mai 2005 das Wahlausschreiben für die Betriebsratswahl, wonach der am 25. Mai 2005 zu wählende Betriebsrat aus drei Mitgliedern zu bestehen hat (Bl. 16 ff. d. A.). Auf der Liste der Wahlberechtigten vom 9. Mai 2005 (Bl. 18 d. A.) sind insgesamt 24 Personen aufgeführt. Die darunter befindlichen Mitarbeiter/innen E, D, E sowie G erhoben jeweils mit Schreiben vom 11. Mai 2005 Einspruch gegen die Wählerliste mit der Begründung, darauf befänden sich Namen von Personen, die nicht zum Kreis der wahlberechtigten Mitarbeiter gehörten. Diese Einsprüche wurden vom Wahlvorstand mit Schreiben vom 18. Mai 2005 ohne weitergehende Begründung zurückgewiesen. Ein Schreiben der Arbeitgeberin vom 11. Mai 2005 (Bl. 48 ff. d. A.), in dem diese auf die nach ihrer Ansicht offensichtlichen Unrichtigkeiten der Wählerliste hinwies, blieb seitens des Wahlvorstandes unbeantwortet.

Die Arbeitgeberin ist der Auffassung gewesen, das Wahlverfahren sei mit erheblichen Mängeln behaftet, so dass die unmittelbare Gefahr bestehe, dass in ihrem Betrieb am 25. Mai 2005 eine nichtige, in jedem Fall aber eine anfechtbare Betriebsratswahl stattfinde. Sie hat behauptet, auf der Wählerliste seien drei Personen aufgeführt, die dem Kreis der leitenden Angestellten im Sinne des § 5 BetrVG zuzuordnen seien, nämlich der kaufmännischer Leiter D, die Leiterin Business Development und Marketing E sowie der Leiter Global Customer Services and Sales E. Diese bildeten zusammen mit dem Geschäftsführer der Arbeitgeberin das Managementteam des Unternehmens. Alle drei genannten Personen verfügten über entscheidende Personal- und Ergebnisverantwortlichkeit. Auf die eidesstattlichen Versicherungen der genannten Mitarbeiter/in wird verwiesen (BI. 23 ff. d. A.).

Die Arbeitgeberin hat weiter behauptet, die auf der Liste befindlichen Personen E, S und D hätten keinen Arbeitsvertrag mit ihr. Sie hat gemeint, Herr E unterfalle nicht dem deutschen Betriebsverfassungsgesetz, da er lediglich konzernintern und vorübergehend entsandt worden sei, er globale Verantwortung für ihre Verkaufsaktivitäten habe und sowohl in E, als auch in C und H tätig sei. Frau S erbringe Leistungen als selbständige Unternehmerin; Frau D sei freie Mitarbeiterin.

Zudem, so die Arbeitgeberin weiter, sei das Wahlverfahren mit weiteren erheblichen formellen Mängeln behaftet. An Mitarbeiter, die vorübergehend nicht an ihrem Arbeitsplatz anwesend gewesen seien, sei eine Wählerliste versandt worden, die Anschriften und Geburtsdaten der dort erwähnten Personen enthalte. Außerdem habe der Wahlvorstand die Wahlunterlagen auf dem für alle Nutzer zugänglichen DV-System als Dateien im Programm Acrobat Reader in nicht schreibgeschützter Art und Weise und damit löschbar abgelegt, was zu gravierenden Beeinflussungen der Wahlvorschläge sowie des Wahlergebnisses führen könne.

Die Arbeitgeberin hat beantragt,

1. anzuordnen, dass die zur Betriebsratswahl von dem Antragsgegner aufgestellte Wählerliste (Anlage ASt 2) unverzüglich, jedenfalls vor Durchführung der Betriebsratswahl am 25. Mai 2005 dahingehend geändert wird, dass die Personen Frau E, Herr E, Herr D, Frau S und Frau D in der Wählerliste nicht mehr aufgeführt werden;

2. anzuordnen, dass das zur Betriebsratswahl veröffentlichte Wahlausschreiben von dem Antragsgegner dahingehend zu ändern ist, dass der zu wählende Betriebsrat aus einer Person besteht und dementsprechend die bisherigen Formulierungen des Antragsgegners zur Zusammensetzung des Betriebsrates zu beseitigen sind;

3. festzustellen, dass durch die Versendung von Abdrucken der Wählerliste zur Betriebsratswahl durch den Antragsgegner, welche die Geburtsdaten und die Anschriften der Wahlberechtigten enthielt, gegen die Vorschriften des Betriebsverfassungsgesetzes und der Wahlordnung zum Betriebsverfassungsgesetz verstoßen worden ist;

4. festzustellen, dass durch den Verweis auf die Einsichtbarkeit der Unterlagen zur Betriebsratswahl auf dem allgemein zugänglichen Laufwerk der Datenverarbeitungsanlage der Antragstellerin, trotz der hier bestehenden Änderbarkeit bzw. Löschbarkeit dieser Unterlagen, durch den Antragsgegner gegen die Vorschriften des Betriebsverfassungsgesetzes und der Wahlordnung zum Betriebsverfassungsgesetz verstoßen worden ist;

5. wegen der Verstöße zu Ziffern 3. und 4. die Neudurchführung des Wahlverfahrens anzuordnen;

hilfsweise,

die für den 25. Mai 2005 vorgesehene Betriebsratswahl bis zur gerichtlichen Klärung über die Anzahl der zu wählenden Betriebsratsmitglieder und die Gestaltung der Wählerleiste auszusetzen;

hilfsweise,

die für den 25. Mai 2005 vorgesehene Betriebsratswahl abzubrechen und eine neue Betriebsratswahl unter Ernennung eines neuen Wahlvorstandes anzuordnen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens der Arbeitgeberin, des vom Arbeitsgericht festgestellten Sachverhalts und des arbeitsgerichtlichen Verfahrens wird auf die Sachdarstellung des angefochtenen Beschlusses verwiesen.

Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main hat den Antrag durch Beschluss vom 24. Mai 2005 - 15 BVGa 702/05 - zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Anträge zu 1) und zu 2) seien schon deshalb unbegründet, weil ein korrigierender Eingriff im begehrten Sinne, das heißt eine Abänderung der Wählerliste und des Wahlausschreibens angesichts der bereits für den 25. Mai 2005 anberaumten Betriebsratswahl nicht mehr in Betracht komme. Für die Feststellungsanträge bestehe kein Rechtsschutzbedürfnis. Die auf Wahlabbruch oder -aussetzung gerichteten Anträge seien nicht begründet. Für die Kammer ergebe sich auch aus den vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen nicht mit hinreichender Sicherheit, dass es sich bei den genannten Mitarbeitern um leitende Angestellte oder Selbständige handele. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses Bezug genommen.

Gegen diesen ihr am 24. Mai 2005 zugestellten Beschluss hat die Arbeitgeberin am 25. Mai 2005 per Telefax Beschwerde eingelegt und diese gleichzeitig begründet.

Die Arbeitgeberin trägt vor, das Arbeitsgericht verkenne, dass Eingriffe durch einstweilige Verfügungen in eine laufende Betriebsratswahl auch dann in Betracht kämen, wenn Gründe vorlägen, die eine Wahlanfechtung mit einiger Sicherheit rechtfertigten. Die bevorstehende Betriebsratswahl sei mit so offensichtlichen Mängeln behaftet, dass sie jedenfalls begründet anfechtbar sei. Sie habe glaubhaft gemacht, dass es sich bei Frau E, Herrn E und Herrn D um leitende Angestellte im Sinne des § 5 Abs. 3 BetrVG handele. Diese Personen seien schon deshalb leitende Angestellte, weil sie nach Arbeitsvertrag und Stellung im Unternehmen oder im Betrieb zur selbständigen Einstellung und Entlassung von im Betrieb oder in der Betriebsabteilung beschäftigten Arbeitnehmern berechtigt seien. Aus den ihnen erteilten Vollmachten ergebe sich ausdrücklich, dass sie berechtigt seien, Arbeitsverträge für die Mitarbeiter der L (in ihrer Organisationseinheit) zu unterzeichnen, zu ändern oder zu kündigen. Herrn D sei zudem Prokura erteilt. Im Übrigen würden von ihnen regelmäßig Aufgaben wahrgenommen, die für den Bestand und die Entwicklung des Unternehmens von Bedeutung seien und deren Erfüllung besondere Erfahrungen und Kenntnisse voraussetze, wobei die notwendigen Entscheidungen im Wesentlichen frei von Weisungen getroffen oder jedenfalls zumindest maßgeblich von dem leitenden Angestellten beeinflusst würden. Das Arbeitsgericht verkenne die Grundlage eines einstweiligen Verfügungsverfahrens, in dem der Grundsatz der Glaubhaftmachung gelte. Es bedürfe keiner Überprüfung. Im Weiteren sei für Frau S durch Vorlage eidesstattlicher Versicherung (Anlage AST 20) glaubhaft gemacht, dass diese nicht in einem Arbeitsverhältnis zu der Antragstellerin stünde.

Die Arbeitgeberin beantragt,

den Beschluss des Arbeitsgerichtes Frankfurt am Main vom 24. Mai 2005 abzuändern und nach den Haupt- und Hilfsanträgen aus der Antragsschrift zu erkennen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Beschwerdevorbringens wird auf den Inhalt der Beschwerdebegründung verwiesen.

II.

Die gemäß §§ 78 Satz 1 ArbGG, 922, 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO als sofortige Beschwerde anzusehende Beschwerde ist zulässig, jedoch nicht begründet. Hierüber entscheidet das Beschwerdegericht ohne mündliche Verhandlung, §§ 78 Satz 1 ArbGG, 572 Abs. 4, 128 Abs. 4 ZPO. Von dem Grundsatz des § 85 Abs. 2 ArbGG, dass die Entscheidungen durch Beschluss der Kammer ergehen, ist eine Ausnahme zu machen, wenn die ehrenamtlichen Richter nicht mehr rechtzeitig herangezogen werden können und die Einhaltung dieser Vorschrift zu einer zwischenzeitlichen Erledigung der Hauptsache und damit Rechtsverweigerung des Gerichts führte (vgl. ArbGV-Krönig, § 85 Rz. 33; Schaub, ArbGV, 7. Aufl., § 62 Rz. 15; ErfK-Eisenmann, 4. Aufl., § 85 ArbGG Rz. 7; Hauck/Helml, ArbGG, 2. Aufl., § 85 Rz. 14). Angesichts des Eingangs der Beschwerdebegründung beim Vorsitzenden am Vormittag des 25. Mai 2005 gegen 11 Uhr und des Beginns der Wahlversammlung um 14 Uhr konnte eine Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter nicht mehr erfolgen.

Der Antrag zu 1) ist mangels Rechtsschutzbedürfnisses nicht zulässig. Dass die Personen E und D zu Unrecht auf der Liste angeführt sind, kann nicht mit hinreichender Sicherheit festgestellt werden. Ob der Umstand, dass die in der Liste angeführten Personen E, D und S ggf. mangels Wahlberechtigung dort nicht stehen dürfen, zu einem Verfahrensfehler führt, der eine Wahlanfechtung rechtfertigt, lässt sich erst feststellen, wenn diese Personen gewählt haben oder gewählt worden sind.

Die Feststellungsanträge zu 3) und 4) sind mangels Feststellungsinteresses ebenfalls unzulässig. Zum einen änderte die begehrte Feststellung nichts am Ablauf des Wahlverfahrens, zum anderen steht noch nicht fest, ob die gerügten Verfahrensfehler Einfluss auf das Wahlverfahren haben werden.

Die Anträge zu 2), 5) und die Hilfsanträge sind unbegründet. Eine Korrektur des Wahlausschreibens kommt nicht in Betracht, weil nicht festgestellt werden kann, dass der Betriebsrat nur aus einer Person bestehen darf. Ein Verstoß gegen §§ 8, 9 in Verbindung §§ 5 Abs. 3 BetrVG, 611 BGB kann bezüglich der Mitarbeiterinnen E und D nicht mit hinreichender Sicherheit, die einen Wahlabbruch oder eine Aussetzung rechtfertigen könnte, festgestellt werden.

Für den Abbruch oder die Aussetzung des Wahlverfahrens fehlt damit ein ausreichender Grund im Sinne der §§ 935, 940 ZPO. In laufende Betriebsratswahlen kann im Wege der einstweiligen Verfügung nur eingegriffen werden, wenn die Wahl als nichtig anzusehen wäre (Hess. LAG in st. Rspr., zuletzt etwa Beschluss vom 17. Febr. 2005 - 9 TaBVGa 28/05 -; Hess LAG Beschluss vom 12. Nov. 2004 - 9 TaBVGa 166/04; ebenso LAG Baden-Württemberg Beschluss vom 20. Mai 1998 - 8 Ta 9/98 - AiB 1998; LAG Köln Beschluss vom 29. März 2001 - 5 TaBV 22/01 - BB 2001,1356; 401; LAG Köln Beschluss vom 17. April 1998 - 5 TaBV 20/98 - LAGE § 19 BetrVG 1972 Nr. 16; LAG München, Beschluss vom 14. April 1987 - 2 TaBV 14/87 - LAGE § 18 BetrVG 1972 Nr. 2). Eine nichtige Betriebsratswahl ist nur bei so schwerwiegenden Verstößen gegen wesentliche Grundsätze des gesetzlichen Wahlrechts gegeben, dass keine Wahl i.S. des Betriebsverfassungsgesetzes mehr vorliegt (vgl. BAG Beschluss vom 21. Juli 2004 - 7 ABR 56/03 - Juris; BAG Beschluss vom 19. Nov. 2003 - 7 ABR 25/03 - EzA § 19 BetrVG 2001 Nr. 1). Die Betriebsratswahl muss den Stempel der Nichtigkeit auf der Stirn tragen. In Ausnahmefällen kann auch eine mit Sicherheit erfolgreiche Wahlanfechtung wegen unkorrigierbarer, feststehender Wahlfehler im Einzelfall zur Anordnung eines Wahlabbruchs oder Eingriffs in das laufende Wahlverfahren führen (etwa Hess. LAG Beschluss vom 24. Juni 2004 - 9 TaBVGa 83/04 -; LAG Düsseldorf Beschluss vom 25. Juni 2003 - 12 TaBV 34/03 - Juris). Das kann z. B. im Rahmen der nach §§ 85 Abs. 2 ArbGG, 935, 940 ZPO vorzunehmenden Abwägung der Fall sein, wenn eine Wahlanfechtung wegen eines schwerwiegenden Fehlers im Wahlverfahren mit Sicherheit zum Erfolg führen wird und eine nicht nur unerhebliche betriebsratslose Zeit nicht zu befürchten ist.

Ein Verfahrensfehler lässt sich hinsichtlich der Größe des Betriebsrats nicht mit der Sicherheit, die einen Wahlabbruch nur rechtfertigen könnte, feststellen. Die Arbeitgeberin selbst geht von 19 aktiv und passiv wahlberechtigten Arbeitnehmern aus. Bezüglich Herrn L hat die Arbeitgeberin vorgetragen und glaubhaft gemacht, dass er nicht die Stellung eines ihrer Arbeitnehmer hat, sondern bei der L in E beschäftigt ist. Sie hat das Abordnungsschreiben vom 27. Mai 2004 vorgelegt ("you might be assigned temporarily to F") und eine eidesstattliche Versicherung des Geschäftsführers. Der Mitarbeiter D fällt unter § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 BetrVG, weil er Prokura hat. Dafür, dass diese im Verhältnis zum Arbeitgeber unbedeutend ist, ergeben sich keinerlei Anhaltspunkte. Frau S hat durch eidesstattliche Versicherung glaubhaft gemacht, dass sie mit einer eigenen Unternehmung selbständig ist, wobei allerdings unklar bleibt, ob sie eine "Eine-Frau-AG" mit Werkvertrag ist oder ein Unternehmen hat.

Es lässt sich jedoch nicht mit hinreichender Sicherheit feststellen, dass zu den 19 Arbeitnehmern nicht die Mitarbeiterinnen E und D gezählt werden müssen, so dass nach § 9 Satz 1 BetrVG ein Betriebsrat mit drei Mitgliedern zu wählen ist.

Hinsichtlich der Mitarbeiterin E ist eine Feststellung, dass sie leitende Angestellte im Sinne des § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 oder 3 BetrVG ist, nicht möglich. Sie ist zwar nach der vorgelegten Vollmacht zur selbständigen Einstellung oder Entlassung von im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmern berechtigt. Es lässt sich jedoch nicht feststellen, dass ihre Personalverantwortung den gesetzlichen Anforderungen genügt. Die Einstellungs- und Entlassungsbefugnis muss nicht nur im Außenverhältnis, sondern auch im Innenverhältnis zum Arbeitgeber gegeben sein. Eine Übertragung von Aufgaben und Befugnissen i. S. des § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BetrVG im Arbeitsvertrag reicht für sich allein nicht aus. Maßgebend ist stets, ob eine leitende Stellung sowohl nach Vertrag als auch nach tatsächlicher Stellung besteht. Die tatsächlichen Verhältnisse müssen mit den arbeitsvertraglichen Grundlagen übereinstimmen. Die Regelung des § 5 Abs. 3 BetrVG ist zwingend. Der Status gem. § 5 Abs. 3 BetrVG bestimmt sich objektiv anhand der tatsächlichen Verhältnisse. Weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass einem Arbeitnehmer Aufgaben eines leitenden Angestellten im schriftlichen Vertrag nur pro forma übertragen werden, diese in Wirklichkeit aber nicht ausgeübt werden, kommt dem Merkmal "nach Stellung im Unternehmen oder im Betrieb" entscheidende Bedeutung zu (ebenso BAG Urteil 11. März 1982 - 6 AZR 136/79 - AP Nr. 28 zu § 5 BetrVG 1972; LAG Hamburg Urteil vom 5. Mai 2004 - 4 Sa 25/02 - Juris ). Hierdurch wird klargestellt, dass neben die vertragsrechtlich eingeräumte Befugnis bzw. Funktion auch deren tatsächliche Ausübung treten muss, damit von einem leitenden Angestellten die Rede sein kann. Es ist den Arbeitsvertragsparteien nicht überlassen, im Arbeitsvertrag selbst abschließend zu definieren, ob ein leitender Status vorliegt oder nicht oder eine mit dem Vertrag verbundene leitende Stellung tatsächlich nicht zuzuweisen ist. Ein Arbeitnehmer kann nur leitender Angestellter sein, wenn er die Aufgaben und Befugnisse, die seinen Status als leitenden Angestellten begründen, tatsächlich ausübt. Ausreichende Feststellungen zur tatsächlichen Stellung der Mitarbeiterin E im Unternehmen lassen sich nicht treffen. Sie ist nach dem Vorbringen der Arbeitgeberin Teamleiterin und Mitglied des Managementteams, das das Unternehmen leitet. Sie hat lediglich fünf Mitarbeiter. Welche Stellung diese im Unternehmen bekleiden, einfache Sachbearbeiter, Schreibkräfte, Sekretärinnen oder hochrangige Marketingfachleute und Betriebswirte, und ob Frau E tatsächlich jemals Personalentscheidungen im Rahmen ihrer Vollmacht zu treffen hat, wird nicht vorgetragen.

Die Eigenschaft als leitende Angestellte im Sinne des § 5 Abs. 3 BetrVG kann auch nicht aus Satz 2 Nr. 3 dieser Vorschrift hergeleitet werden. Für die Abgrenzung der leitenden Angestellten von der betriebsverfassungsrechtlich verfassten Belegschaft eines Betriebs kommt es entscheidend auf die Bedeutung der den Angestellten obliegenden unternehmerischen Aufgaben und auf ihre Gestaltungsfreiheit an. Solche Aufgabenstellungen, die den Angestellten in die Nähe zum Unternehmer (Arbeitgeber) rücken, müssen von der Leitung des Unternehmens auf ihn übertragen werden und Einwirkungsmöglichkeiten eröffnen, die regelmäßig für das Unternehmen, zumindest aber für den Bestand und die Entwicklung eines Betriebes des Unternehmens von Bedeutung sind. Um von einer unternehmerischen Teilaufgabe zu sprechen, muss dem leitenden Angestellten rechtlich und tatsächlich ein eigener, erheblicher Entscheidungsspielraum zur Verfügung stehen, d.h. er muss mit weitgehender Weisungsfreiheit und Selbstbestimmung im Rahmen seines Tätigkeitsbereichs versehen sein ("eigenverantwortlich" i.S. des § 5 Abs. 3 Nr. 3 BetrVG). Welcher Entscheidungsspielraum gewährt wird, hängt im Einzelfall von Größe und Struktur des Unternehmens und der frei zu bestimmenden Unternehmensorganisation ab. Aufschluss darüber kann im Einzelfall nur mit Blick auf die Größe des Unternehmens die Delegationsstufe geben, auf der der Arbeitnehmer Führungsfunktionen in Stab oder Linie wahrnimmt, sowie der Grad seiner konkreten Einbindung in Pläne und Richtlinien, Genehmigungsvorbehalte und Rechenschaftspflichten gegenüber höheren Vorgesetzten (BAG Urteil vom 25. Oktober 2001 - 2 AZR 358/00 - EzA § 5 BetrVG 1972 Nr. 64).

Frau E ist Leiterin Business Development und Marketing. Sie besitzt fachliche Entscheidungsbefugnisse für das Unternehmen in K und die Filialen C und H. Sie verantwortet das gesamte Marketing, Akquisitions- und Öffentlichkeitsarbeit und ist budgetverantwortlich. Wie groß ihre Abteilung ist, welche Aktivitäten im einzelnen entfaltet werden und wie hoch das Budget in diesem Bereich ist, wird jedoch nicht mitgeteilt und ergibt sich auch nicht aus der Arbeitsplatzbeschreibung. Die Leiterin eines Marketingteams ist grundsätzlich keine leitende Angestellte. Inwiefern ihre Marketing- und Akquisitionsaktivitäten Unternehmensrang haben, lässt sich nicht feststellen.

Zum Rechtsverhältnis mit Frau D behauptet die Arbeitgeberin, es handele sich um einen Dienstvertrag, nachdem diese zuvor ein sechsmonatiges Praktikum absolviert hat und ein weiteres Jahr in einem befristeten Arbeitsverhältnis zur Arbeitgeberin stand. Sie war tätig im Bereich Marketing und Kommunikation. Eine Verlängerung wurde aufgrund von Vorgaben der Muttergesellschaft nicht durchgeführt. Inwiefern sich ihr Aufgabenbereich geändert hat, wird nicht mitgeteilt. Inwiefern sie hinsichtlich einer Tätigkeit, die zuvor im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses verrichtet wurde, nun weisungsfrei und persönlich unabhängig tätig werde und nicht in den Betrieb eingegliedert sei, wird aus dem Vorbringen der Arbeitgeberin nicht deutlich. Ein Arbeitsverhältnis unterscheidet sich vom Rechtsverhältnis eines freien Dienstnehmers oder Werkunternehmers durch den Grad der persönlichen Abhängigkeit bei der Erbringung der Dienst- oder Werkleistung. Arbeitnehmer ist, wer weisungsgebunden vertraglich geschuldete Leistung im Rahmen einer von seinem Vertragspartner bestimmten Arbeitsorganisation erbringt. Selbständig ist, wer im wesentlichen seine Tätigkeit frei gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. Fehlt es daran, so liegt in der Regel ein Arbeitsverhältnis vor (Hess. LAG Urteil vom 27. Oktober 1998 - 9 Sa 1068/98 - NZA-RR 1999, 435). Eindeutige Feststellungen sind aufgrund der Vorbringens der Arbeitgeberin nicht möglich.

Diese Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei, § 12 Abs. 5 ArbGG. Ein Rechtsmittel gegen diese Entscheidung ist nicht gegeben, § 92 Abs. 1 Satz 3 in Verbindung mit § 85 Abs. 2 ArbGG.

Ende der Entscheidung

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