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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessisches Landesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 20.02.2006
Aktenzeichen: 10 Sa 653/05
Rechtsgebiete: Gesetz zur Änderung der Bundesärzteordnung vom 27.07.2004


Vorschriften:

Gesetz zur Änderung der Bundesärzteordnung vom 27.07.2004 Art. 10
Arbeitsvertrag als Arzt im Praktikum ist zweckbefristet im Hinblick auf die Erlangung der Approbation. Dieser Zweck ist erreicht mit der Abschaffung des AiP durch Art. 10 des Gesetzes zur Änderung der Bundesärzteordnung und anderer Gesetze vom 27.07.2004.
Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wetzlar vom 02.03.2005 - 2 Ca 499/04 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob das Arbeitsverhältnis zwischen ihnen, wonach die Klägerin als Ärztin im Praktikum bei der Beklagten eingestellt ist, beendet wurde oder fortbesteht.

Die am 19. Januar 1971 geborene, verheiratete Klägerin wurde mit Arbeitsvertrag vom 13./25. Mai 2002 bei der Beklagten ab dem 15. Juni 2002 als Ärztin im Praktikum befristet bis zum 14. Dezember 2003 zu einer monatlichen Bruttovergütung in Höhe von € 1.500,00 eingestellt. Ausweislich des Arbeitsvertrages richtete sich das Ausbildungsverhältnis nach den jeweiligen für Ärzte im Praktikum geltenden Bestimmungen des Dienstvertragsrechts des A, insbesondere nach dem Tarifvertrag zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Ärzte im Praktikum vom 10. April 1987 und den diesen ändernden, ergänzenden und ersetzenden Tarifverträgen. Im Falle von Meinungsverschiedenheiten ist im Gütevertrag zum Arbeitsvertrag die Anrufung einer Schlichtungsstelle vorgesehen. Wegen des gesamten Inhalts dieses Arbeitsvertrages wird auf Bl. 5 - 6 d. A. Bezug genommen.

Nach der Geburt des Kindes der Klägerin am 05. Mai 2003 bewilligte die Beklagte der Klägerin auf deren Antrag hin mit Schreiben vom 30. Juni 2003 Elternzeit bis zum 04. Mai 2006 (vgl. Bl. 18 d.A.).

Durch Art. 10 des Gesetzes zur Änderung der Bundesärzteordnung und anderer Gesetze vom 27. Juli 2004 schaffte der Gesetzgeber die Tätigkeit als Arzt im Praktikum ohne Übergangsregelung zum 01. Oktober 2004 ab, hob den 4. Abschnitt der ÄApprO betreffend die Tätigkeit als Arzt im Praktikum auf und ermöglichte den Ärzten, die sich in diesem Ausbildungsabschnitt befanden, unmittelbar die Approbation zu beantragen.

Mit Schreiben vom 13. September 2004 teilte die Beklagte der Klägerin u.a. Folgendes mit:

"... mit dem Stichtag 01.10.2004 gibt es den "Arzt im Praktikum" nicht mehr. Ihr Arbeitsvertrag als Ärztin im Praktikum endet am 30.09.2004, ohne dass es einer Kündigung bedarf.

... Eine auf die Ausübung einer Tätigkeit als Arzt im Praktikum bereits erteilte, beschränkte Berufserlaubnis nach § 10 Abs. 1 BÄO ist mit diesem Termin rechtlich nicht mehr existent, weil die Rechtsvorschrift zu diesem Datum durch Art. 1 Nr. 6 b des Gesetzes zur Änderung der BÄO und anderer Gesetze aufgehoben wird.

Da wir mit Ihnen einen auf 18 Monate befristeten Ausbildungsvertrag abgeschlossen hatten, wandelt sich dieses Ausbildungsverhältnis nicht automatisch in ein Arbeitsverhältnis um, so dass durch diese neue gesetzliche Regelung Ihr AiP-Vertrag hinfällig und damit das Arbeitsverhältnis beendet ist, also auch nach der Erziehungszeit nicht mehr auflebt. ..."

Wegen des gesamten Inhalts dieses Schreibens, welches der Klägerin am 15. September 2004 zuging, wird auf Bl. 7 d.A. Bezug genommen.

In der Folgezeit wurde der Klägerin auf ihren Antrag hin die Approbation als Ärztin erteilt.

Mit am 06. Oktober 2004 bei Gericht eingegangener Klageschrift hat die Klägerin die Feststellung begehrt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht zum 30. September 2004 beendet wurde, sondern über diesen Tag hinaus unverändert fortbestehe.

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, die Beklagte habe das bestehende Arbeitsverhältnis nicht kündigen dürfen, da sie in der Elternzeit und wegen einer aktuellen Schwangerschaft unkündbar sei. Außerdem habe sich die Geschäftsgrundlage geändert, weshalb ihr ein Anspruch auf Anpassung des Vertrages zustehe. Ab dem 01. Oktober 2004 sei es ihr nicht zumutbar, weiterhin als Ärztin im Praktikum beschäftigt und bezahlt zu werden. Vielmehr müsse sie ab diesem Zeitpunkt als Assistenzärztin eingesetzt und vergütet werden. Eine solche Anpassung sei der Beklagten auch zumutbar, da der Gesetzgeber die Finanzierung etwaiger Mehrkosten im Rahmen des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung geregelt habe. Auch liege ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz vor, da die Beklagte - so hat die Klägerin behauptet - drei andere Ärzte im Praktikum auf Assistenzarztstellen weiterbeschäftigt habe.

Die Klägerin hat beantragt,

festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht zum 30. September 2004 beendet wurde, sondern über den 30. September 2004 hinaus unverändert fortbesteht.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, der Klage fehle das Rechtsschutzbedürfnis, da zunächst das interne Schlichtungsverfahren durchzuführen sei. Sie hat des Weiteren die Ansicht vertreten, das Arbeitsverhältnis der Parteien sei auf 18 Monate befristet gewesen und habe deshalb mit dem 14. Dezember 2003 geendet. Falls das Arbeitsverhältnis über den 14. Dezember 2003 hinaus fortgesetzt worden sei, sei es spätestens zum 30. September 2004 beendet worden und zwar durch Zweckerreichung, ohne dass es einer Kündigung bedurft habe. Entscheidender Inhalt des Arbeitsverhältnisses als Arzt im Praktikum sei es gewesen, der Klägerin die Approbation zu ermöglichen. Dieser Zweck sei aufgrund der neuen Gesetzeslage unter Fortfall des Verhältnisses "Arzt im Praktikum" erreicht worden. Eine Regelung zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses enthalte das Krankenhausentgeltgesetz nicht, vielmehr regele dieses nur den Ausgleich etwaiger entstehender Mehrkosten.

Mit Urteil vom 02. März 2005 hat das Arbeitsgericht Wetzlar - 2 Ca 499/04 - die Klage abgewiesen. Es hat u.a. ausgeführt, dass das Ausbildungsverhältnis der Parteien durch Fristablauf und Zweckerreichung zum 30. September 2004 beendet worden sei. Für eine Vertragsanpassung wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage bleibe kein Raum, da die Klägerin ihre Approbation bereits erhalten habe und eine weitere Ausbildung der Klägerin deshalb nicht in Betracht komme. Auch habe die Klägerin nicht hinreichend dargetan, dass ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz vorläge.

Dieses Urteil ist der Klägerin am 14. März 2005 zugestellt worden. Die Berufung ist am 12. April 2005 und die Berufungsbegründung am Dienstag nach Pfingsten, dem 17. Mai 2005 bei Gericht eingegangen.

Die Klägerin ist weiterhin der Ansicht, hinsichtlich des AiP-Vertrages sei die Geschäftsgrundlage entfallen mit der Folge, dass der Arbeitsvertrag nur dann aufzulösen sei, wenn die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar sei. Der Beklagten sei die Beschäftigung der Klägerin als Assistenzärztin zumutbar.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Wetzlar vom 02.03.2005 abzuändern und festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht zum 30.09.2004 beendet wurde, sondern über den 30.09.2004 hinaus unverändert fortbesteht.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil und ist weiterhin der Ansicht, das Arbeitsverhältnis der Parteien sei zweckbefristet gewesen und spätestens mit Erlangung der Approbation beendet worden. Sie behauptet, am 30. September 2004 seien neben der Klägerin noch zwei Ärzte im Praktikum beschäftigt gewesen; einem dieser Ärzte sei ein befristeter Arbeitsvertrag für eine Assistenzarztstelle angeboten worden, da der seinerzeit beschäftigte Assistenzarzt ausgeschieden sei.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsrechtszug wird auf den vorgetragenen Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 20. Februar 2006 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wetzlar ist gem. §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthaft. Die Klägerin hat die Berufung auch form- und fristgerecht eingelegt sowie rechtzeitig und ordnungsgemäß begründet, §§ 66 Abs. 1 ArbGG, 517, 519, 520 ZPO.

Die Berufung der Klägerin hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht Wetzlar hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn das Arbeitsverhältnis der Parteien ist zum 30. September 2004 beendet worden.

Der von der Klägerin erhobenen Klage fehlt nicht das Rechtsschutzinteresse. Gemäß § 1032 Abs. 1 ZPO hat das Gericht eine Klage als unzulässig abzuweisen, wenn vor einem Gericht Klage in einer Angelegenheit erhoben wird, die Gegenstand einer Schiedsvereinbarung ist, sofern der Beklagte dies vor Beginn der mündlichen Verhandlung zur Hauptsache rügt. Die Parteien haben im Gütevertrag zum Arbeitsvertrag geregelt, dass bei Meinungsverschiedenheiten aus dem Praktikantenverhältnis zunächst die Schlichtungsstelle beim A anzurufen und auch nach Erhebung einer entsprechenden Klage vorrangig das Schichtungsverfahren zu betreiben ist. Allerdings finden die Vorschriften der Zivilprozessordnung über das schiedsrichterliche Verfahren gem. § 101 Abs. 3 ArbGG in Arbeitssachen keine Anwendung, sofern nicht eine Rückausnahme gem. § 102 ArbGG eingreift. Dieser Ausschluss des vorrangig durchzuführenden Schiedsverfahrens gilt auch nach der Neuregelung des Schiedsgerichtsverfahrens in der ZPO durch das Schiedsverfahrensneuregelungsgesetz vom 22. Dezember 1997 (Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge, ArbGG, 5. Aufl. 2004, § 101 Rn 32, m.w.N.).

Das gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse besteht. Zwischen den Parteien ist nämlich streitig, ob und mit welchem Inhalt zwischen ihnen ggf. ein Arbeitsverhältnis fortbesteht

Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist allerdings nicht durch Zeitablauf beendet worden. Zwar ist in § 1 des zwischen den Parteien geschlossenen Arbeitsvertrages geregelt, dass die Tätigkeit der Klägerin als Ärztin im Praktikum am 14. Dezember 2003 endet, ohne dass es einer Kündigung bedarf. Gemäß § 20 Abs. 1 Satz 2 des von den Parteien einzelvertraglich in Bezug genommenen Tarifvertrages zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Ärzte/Ärztinnen im Praktikum vom 10. April 1987 soll allerdings die Tätigkeit des Arztes im Praktikum auf Antrag um die Zeit der nicht anrechenbaren Unterbrechungen verlängert werden, wenn der Arzt im Praktikum in der im Ausbildungsvertrag vereinbarten Zeit die vorgesehene Zeit der Tätigkeit als Arzt im Praktikum wegen Unterbrechungen, die nach der Approbationsordnung für Ärzte nicht auf die Zeit der Tätigkeit als Arzt im Praktikum angerechnet werden können, nicht ableisten kann. Wegen der Geburt des Kindes der Klägerin und der sich anschließenden Elternzeit hat die Beklagte dementsprechend mit Schreiben vom 30. Juni 2003 das Praktikum der Klägerin bis zum 04. Mai 2006 verlängert.

Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist auch nicht durch Kündigung ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gem. § 20 Abs. 3 Ziffer 1. a) Mantel-TV AiP beendet worden. Nach dieser Vorschrift kann das Ausbildungsverhältnis nach Ablauf der Probezeit ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn die Erlaubnis nach § 10 Abs. 4 der BÄO widerrufen wird. Ein Widerruf der Erlaubnis nach § 10 BÄO liegt nicht vor. Vielmehr hat der Gesetzgeber § 10 Abs. 4 BÄO zum 01. Oktober 2004 ersatzlos gestrichen und die Position eines Arztes im Praktikum ersatzlos entfallen lassen. Unabhängig von der Frage, ob in dem Schreiben der Beklagten vom 13. September 2004 entgegen dem Wortlaut eine Kündigungserklärung der Beklagten zu sehen ist, unabhängig auch von dem weiteren Umstand, dass eine Kündigung während der Mutterschutz- bzw. Elternzeit ohne weiteres nicht zulässig ist, betrifft § 20 Abs. 3 Ziffer 1. a) Mantel-TV AiP nicht den Fall, dass der Gesetzgeber die Regelungen betreffend den Arzt im Praktikum ersatzlos streicht.

Es kann dahin stehen, ob sich die Umstände, die zur Grundlage des zwischen den Parteien geschlossenen Arbeitsvertrages geworden sind, wegen der gesetzlichen Neuregelung grundlegend verändert haben, deshalb vom Wegfall der Geschäftsgrundlage im Sinn von § 313 Abs. 1 BGB auszugehen ist und was es mit der Kündigungsmöglichkeit gemäß § 314 Abs. 1 BGB angesichts des Umstandes auf sich hat, dass sich die Klägerin in Elternzeit befindet. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist nämlich durch Erreichung des vertraglich vorgesehenen Zwecks beendet worden. Zwar ergibt sich aus dem Arbeitsvertrag der Parteien nicht ausdrücklich, zu welchem Zweck er geschlossen wurde (vergl. zu Zweckbefristung und Schriftform BAG 21. Dezember 2005 - 7 AZR 541/04 - NZA 2006, 321). Dieser befristete Arbeitsvertrag ist jedoch als "Arbeitsvertrag als Ärztin im Praktikum" überschrieben und die Klägerin als "Ärztin im Praktikum" eingestellt. In § 2 des Arbeitsvertrages wird ausdrücklich auf die Bestimmungen des Dienstvertragsrechts und der Tarifverträge für die Ärzte im Praktikum verwiesen. Aus § 21 Satz 1 Mantel-TV AiP ergibt sich, dass der Arzt bei Beendigung der Tätigkeit im Praktikum eine Bescheinigung nach Maßgabe der Approbationsordnung für Ärzte erhält. In den §§ 35 - 37 der vom 01. Oktober 2003 bis zum 26. Juli 2004 gültigen Ärzteapprobationsordnung (ÄApprO) vom 27. Juni 2002 werden die Tätigkeiten und Ausbildungsveranstaltungen sowie die dem Arzt im Praktikum zu erteilenden Bescheinigungen im Einzelnen beschrieben. Die gesamte Tätigkeit des Arztes im Praktikum zielt darauf ab, die Approbation gem. § 35 ÄApprO in der bis zum 30. September 2003 gültigen Fassung zu erlangen. Gemäß § 35 Abs. 1 Ziffer 8. ÄApprO war zur Erlangung der Approbation die Vorlage der Bescheinigung über die ordnungsgemäße Ableistung der Tätigkeit als Arzt im Praktikum erforderlich. Anhand dieser Regelungen wird deutlich, dass der von den Parteien geschlossene Arbeitsvertrag neben der Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten in erster Linie darauf abzielte, der Klägerin die Möglichkeit der Erlangung der Approbation zu verschaffen. Nachdem nunmehr der Gesetzgeber ab dem 01. Oktober 2004 auf die Ableistung dieser Ausbildungszeit und die Vorlage entsprechender Bescheinigungen ersatzlos verzichtet hat, ist und war der Klägerin die Erlangung der Approbation auch ohne Absolvierung dieser Ausbildungszeit möglich. Der vertraglich zugrunde liegende Zweck ist somit ab dem Zeitpunkt erreicht, ab dem die Klägerin ihre Approbation beantragen konnte, ohne eine Bescheinigung über die ordnungsgemäße Ableistung der Tätigkeit als Arzt im Praktikum vorlegen zu müssen. Dieser Zeitpunkt war der 01. Oktober 2004. Ab diesem Zeitpunkt durfte die Beklagte die Klägerin als Ärztin im Praktikum nicht mehr einsetzen, da es einen Arzt im Praktikum nach der BÄO nicht mehr gab und im Übrigen die Heilkunde, ohne als Arzt bestellt zu sein, nur ausüben darf, wer eine entsprechende Erlaubnis besitzt (§ 1 Abs. 1 Heilpraktikergesetz). Diese Zweckerreichung teilte die Beklagte der Klägerin in ihrem Schreiben vom 13. September 2004 mit.

Da das Arbeitsverhältnis der Parteien zum 30. September 2004 beendet wurde, ist auch der allgemeine Feststellungsantrag der Klägerin, wonach das Arbeitsverhältnis über den 30. September 2004 hinaus unverändert fortbestehen soll, abzuweisen.

Doch selbst wenn davon ausgegangen würde, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch Zweckerreichung zum 30. September 2004 beendet wurde, könnte die Klägerin mit ihrem allgemeinen Feststellungsantrag keinen Erfolg haben.

Der Antrag der Klägerin ist zunächst auszulegen. Soweit sie den unveränderten Fortbestand des Arbeitsverhältnisses geltend macht, wäre dieser Antrag auf eine unmögliche Leistung gerichtet und bereits deshalb abzuweisen. Die Beklagte kann und darf die Klägerin ab dem 01. Oktober 2004 nicht mehr - unverändert - als Ärztin im Praktikum beschäftigen, da der Gesetzgeber die Position der Ärztin im Praktikum ersatzlos gestrichen hat.

Allerdings ist der Antrag der Klägerin anhand ihrer Schriftsätze auszulegen. Aus den Schriftsätzen ergibt sich, dass die Klägerin nicht als Ärztin im Praktikum, sondern nach ihrer Approbation als Assistenzärztin weiter beschäftigt werden will. Die Beschäftigung als Assistenzärztin könnte die Klägerin jedoch auch dann nicht verlangen, wenn davon ausgegangen würde, dass die Voraussetzungen des § 313 Abs. 1 BGB vorliegen, also die Geschäftsgrundlage des Arbeitsvertrages entfallen und der Arbeitsvertrag als Ärztin im Praktikum gem. § 313 Abs. 1 BGB anzupassen wäre. Vertragsanpassung heißt nämlich nicht, dass ein gänzlich anderer Vertrag mit anderen Tätigkeiten und anderer Vergütung im Wege der Anpassung geschlossen werden könnte oder müsste. Die Stelle einer Assistenzärztin hat mit der Position einer Ärztin im Praktikum nichts zu tun. Deshalb kann die Klägerin nicht verlangen, von der Beklagten künftig - sei es bis zum Ablauf der Elternzeit, sei es bis zum Ablauf der arbeitsvertraglich vorgesehenen 1 1/2-jährigen Befristung - als Assistenzärztin beschäftigt zu werden.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung vom 14. November 2003, durch welches das Krankenhausentgeltgesetz geändert wurde. Unter § 4 Abs. 14 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) vom 30. April 2002 ist lediglich geregelt, dass Mehrkosten infolge der Abschaffung des Arztes im Praktikum in den Jahren 2004 bis 2008 außerhalb des Erlösbudgets finanziert werden. Zur Umwandlung der Stelle einer Ärztin im Praktikum in eine Stelle als Assistenzärztin enthält dieses Gesetz keinerlei Regelungen.

Auch aus dem Grundsatz der Gleichbehandlung kann die Klägerin nicht verlangen, als Assistenzärztin bei der Beklagten weiter beschäftigt zu werden. Der Gleichbehandlungsgrundsatz ist anwendbar, wenn ein Arbeitgeber Leistungen nach einem bestimmten, erkennbaren und generalisierenden Prinzip gewährt. Insgesamt will der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz einer Ungleichbehandlung in der Sache entgegenwirken. Deshalb ist der Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt, wenn der Arbeitgeber einzelne Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern ohne sachlichen Grund von allgemeinen begünstigenden Regelungen des Arbeitsverhältnisses ausnimmt oder sie sonst schlechter stellt als andere Arbeitnehmer in vergleichbarer Lage (ErfK/Preis, 6. Aufl., § 611 BGB Rn 730, m.w.N.). Die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes liegt grundsätzlich beim Arbeitnehmer, der sich darauf beruft (ErfK/Preis, § 611 BGB Rn 748). Die Klägerin hat zwar erstinstanzlich behauptet, die Beklagte habe die anderen bei ihr beschäftigten Ärzte im Praktikum als approbierte Assistenzärzte weiter beschäftigt. Sie hat diese Behauptung aber nicht näher spezifiziert und im Übrigen auch keinen Beweis angetreten.

Die Klägerin trägt die Kosten der Berufung, da sie mit ihrem Rechtsmittel keinen Erfolg hat, § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Revision wird gem. § 72 Abs. 2 ArbGG zugelassen.

Ende der Entscheidung

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