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Gericht: Hessisches Landesarbeitsgericht
Beschluss verkündet am 28.04.2006
Aktenzeichen: 13/17 Ta 142/06
Rechtsgebiete: GKG, ZPO
Vorschriften:
GKG § 42 IV 1 | |
GKG § 48 | |
ZPO § 3 |
Dies gilt entsprechend für die Kostenfestsetzung zu Lasten der Staatskasse, wenn bei einem auf den unbegrenzten Fortbestand des Arbeitsverhältnisses zielenden Klageantrag nur für einen begrenzten Zeitraum Prozesskostenhilfe bewilligt wurde.
Tenor:
Die Beschwerde des Klägervertreters gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Kassel vom 03. März 2006 - 7 Ca 550/05 - wird zurückgewiesen.
Das Verfahren über die Beschwerde ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
Gründe:
I.
Der Kläger, vertreten durch seinen Prozessbevollmächtigten, erhob am 15. Dezember 2005 beim Arbeitsgericht Kassel eine Klage mit folgenden Anträgen:
1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der klägerischen Partei durch die schriftliche außerordentliche Kündigung der beklagten Partei vom 09. Dezember 2005, zugegangen am gleichen Tage, zum 09. Dezember 2005 nicht aufgelöst worden ist.
2. Die beklagte Partei wird verurteilt, an die klägerische Partei Euro 171,56 nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 09. Dezember 2005 zu zahlen (Trinkgeldanteil).
3. Die beklagte Partei wird verurteilt, an die klägerische Partei Euro 96,15 nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszins seit Rechtshängigkeit zu zahlen (Urlaubsabgeltung).
Zugleich beantragte der Kläger Prozesskostenhilfe und die Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten. Der Kläger verdiente 1.250,00 Euro brutto pro Monat bei der Beklagten.
Im Gütetermin vom 16. Januar 2006 erging ein Prozesskostenhilfebeschluss wie folgt:
Dem Kläger wird mit Wirkung vom 15. Dezember 2005 zur Wahrnehmung seiner Rechte im ersten Rechtszug, ausschließlich der Zwangsvollstreckung, bezüglich des Antrages zu 1 allerdings lediglich insoweit als eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor dem 23. Dezember 2005 angegriffen wurde, ratenfreie Prozesskostenhilfe bewilligt und ihm Rechtsanwalt A, Kassel, beigeordnet.
Sodann schlossen die Parteien einen prozessbeendenden Vergleich.
Am 26. Januar 2006 beantragte der Klägervertreter sodann Kostenfestsetzung gegenüber der Staatskasse wie folgt:
Geb. Nr. | Satz | Bezeichnung Gebühr | Gebühr | PKH |
3100 | 1,30 | Verfahrensgebühr aus 4017,71 EUR | 354,90 | 275,60 |
3104 | 1,20 | Terminsgebühr aus 4017,71 EUR | 327,60 | 254,40 |
1003 | 1,00 | Einigungsgebühr im gerichtlich anhängigen Verfahren | 273,00 | 212,00 |
7002 | Pauschale für Entgelte für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen 20,00 | 20,00 | ||
Summe | 975,50 | 702,00 | ||
7008 | 16,00 % Umsatzsteuer von 975,50 EUR | 156,08 | 121,92 | |
Summe | Euro | 1131,58 | 883,92 |
Durch Beschluss vom 16. Februar 2006 setzte der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle die aus der Staatskasse zu leistenden Gebühren und Auslagen auf 287,10 Euro fest, zusammengesetzt wie folgt:
Geb. | Nr. | Satz | Bezeichnung Gebühr | PKH |
3100 | 1,30 | Verfahrensgebühr aus 892,71 | EUR 84,50 | |
3104 | 1,20 | Terminsgebühr aus 892,71 EUR | 78,00 | |
1003 | 1,00 | Einigungsgebühr im gerichtlich anhängigen Verfahren | 65,00 | |
7002 | Pauschale für Entgelte für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen | 20,00 | ||
Summe | 247,50 | |||
7008 | 16,00 % Umsatzsteuer von | 247,50 EUR | 39,60 | |
Summe | 287,10 Euro |
Der Urkundsbeamte begründete die Absetzung damit, dass die Gebühren nur aus einem Wert in Höhe von 892,71 Euro zu berechnen seien, da die Prozesskostenhilfe für den Klageantrag zu 1 nur im beschränkten Umfang bewilligt worden sei, nämlich für den Zeitraum 09. bis 22. Dezember 2005. Diese sei mit einem halben Monatsgehalt (625,00 Euro) zu bewerten.
Der hiergegen vom Klägervertreter eingelegten Erinnerung half der Urkundsbeamte ebenso wenig ab wie das Arbeitsgericht, Letzteres durch Beschluss vom 03. März 2006 (Bl. B 28 d. A.), der dem Klägervertreter am 09. März 2006 zugestellt wurde. Dieser hat gegen den Beschluss am gleichen Tage "sofortige Beschwerde" eingelegt mit dem Begehren, Gebühren aus einem Gegenstandswert von 1.517,71 Euro erstattet zu erhalten, zusammengesetzt aus dem Wert eines vollen Monatsgehaltes zuzüglich der Werte der bezifferten Klageanträge zu 2 und 3. Nach seiner Ansicht ist die hinsichtlich des Klageantrags zu 1 nur für den Zeitraum 09. bis 22. Dezember 2005 bewilligte Prozesskostenhilfe mit einem vollen Monatsgehalt zu bewerten. Das Arbeitsgericht hat der so verstandenen Beschwerde des Klägervertreters am 10. März 2006 nicht abgeholfen und die Sache dem Hessischen Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien und der Stellungnahme der Bezirksrevisorin im Beschwerdeverfahren wird auf den Akteninhalt im Übrigen verwiesen.
II.
Die so zu verstehende Beschwerde des Klägervertreters gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Kassel vom 03. März 2006 ist gemäß den §§ 56, 33 Abs. 3 bis 8 RVG statthaft und nach form- und fristgerechter Einlegung (§ 33 Abs. 3 Satz 3 RVG) auch im Übrigen zulässig. Der Beschwerdewert von mehr als 200 Euro (§ 33 Abs. 3 Satz 1 RVG) ist überschritten.
Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen (§ 33 Abs. 4 Satz 1 RVG).
Die Beschwerde ist unbegründet.
Der Klägervertreter kann nicht verlangen, dass seine ihm aus der Staatskasse zu erstattenden Gebühren aus einem Gegenstandswert von 1.517,71 Euro errechnet werden. Zu diesem Betrag käme man nur, wenn man den Wert des Klageantrags zu 1, soweit für ihn Prozesskostenhilfe bewilligt wurde, mit einem vollen Monatsgehalt in Höhe von 1.250,00 Euro bewerten wollte. Unter Zurechnung von 171,56 Euro aus dem Klageantrag zu 2 und 96,15 Euro aus dem Klageantrag zu 3 ergäben sich dann die vom Klägervertreter errechneten 1.517,71 Euro.
Diese Berechnung ist jedoch aus Rechtsgründen unzutreffend. Zu Recht hat das Arbeitsgericht für den Klageantrag zu 1, soweit für ihn Prozesskostenhilfe bewilligt wurde, nur einen Gegenstandswert in Höhe eines halben Monatsgehalts (625,00 Euro) zu Grunde gelegt und ist dann nach Addition der beiden unstreitigen Beträge aus den Klageanträgen zu 2 und 3 zu einem Gesamtwert von 892,71 Euro gelangt, aus dem es dann in zutreffender, und auch von dem Klägervertreter nicht angezweifelter Weise, die entsprechenden Gebühren und Auslagen auf 287,10 Euro ermittelt hat.
Mit der für Streitwertbeschwerden im Urteilsverfahren zuständigen Kammer 15 des erkennenden Gerichts geht auch die erkennende Beschwerdekammer davon aus, dass sich das wirtschaftliche Interesse, nach dem sich der Wert zur Berechnung der Anwaltsvergütung bemisst, bei einer gegen einer Kündigung gerichteten Feststellungsklage, die sich nur auf einen begrenzten Zeitraum bezieht, regelmäßig in dem Betrag der Bruttovergütung ausdrückt, die in dem Zeitraum zu zahlen wäre, für den nach dem Klageantrag die Feststellung des Fortbestands des Arbeitsverhältnisses begehrt wird. Dies gilt entsprechend, wenn - wie hier - für einen auf den unbegrenzten Fortbestand des Arbeitsverhältnisses zielenden Klageantrag nur für einen begrenzten Zeitraum Prozesskostenhilfe bewilligt wurde (Hess. LAG vom 21. Januar 1999 - 15/6 Ta 699/98 -, NZA-RR 1999, 159). Für die Berechnung der aus der Staatskasse zu erstattenden Gebühren ist dann auch von dem Betrag der Bruttovergütung auszugehen, der in dem Bewilligungszeitraum zu zahlen wäre.
Die erkennende Beschwerdekammer schließt sich den Erwägungen aus dem zitierten Beschluss der Kammer 15 des Hessischen Landesarbeitsgerichts in vollem Umfang an in Kenntnis der Tatsache, dass insoweit auch andere Auffassungen vertreten werden, die in dem zitierten Beschluss auch schon mit erwogen und abgelehnt worden sind. Weder sind von dem ermittelten Wert weitere Abschläge zu machen noch Zuschläge etwa im Hinblick auf ein besonderes Rehabilitierungsinteresse, die Bedeutung der Entscheidung beim Antrag auf Bezug von Arbeitslosengeld noch wegen sonstiger sozialer Interessen (vgl. dazu die Hinweise in dem zitierten Beschluss der Kammer 15 vom 21. Januar 1999 und in dem Beschluss der Kammer 15 vom gleichen Tage - 15/6 Ta 680/98 - , NZA-RR 99, 156).
Auch der Klägervertreter verkennt, dass § 42 Abs. 4 Satz 1 GKG (früher § 12 Abs. 7 Satz 1 ArbGG) den Gebührenstreitwert bei Kündigungsschutzklagen nur nach oben auf maximal 3 Monate begrenzt, selbst wenn der Antrag auf den längeren Fortbestand des Arbeitsverhältnisses gerichtet ist. In dem Bereich des Streits um den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses bis zu 3 Monaten gelten die allgemeinen Regeln zur Gegenstandswertfestsetzung, nämlich die §§ 3 ZPO, 48 GKG. Maßgebend ist hier also der streitige Zeitraum seit dem streitigen Ereignis (ebenso LAG Köln, MDR 1999, 1449; Hartmann, Kostengesetze, 35. Auflage 2005, GKG § 42 Randziffer 54).
Der Hinweis des Klägervertreters auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 30. November 1984 - 2 AZN 572/82 - NZA 85, 369, geht fehl. Dort ging es um eine Streitwertermittlung bei einem Antrag auf unbegrenzten Fortbestand des Arbeitsverhältnisses, das seinerseits nur kurze Zeit dauerte.
Dieser Fall ist mit dem hier vorliegenden nicht vergleichbar.
Da sonstige Mängel der Kostenfestsetzung nicht erkennbar und auch nicht gerügt sind, muss es bei der vorgenommenen Festsetzung bleiben, nach der der Klägervertreter 287,10 Euro aus der Landeskasse erhält.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 56 Abs. 2 Satz 2 RVG.
Ende der Entscheidung
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