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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessisches Landesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 31.05.2005
Aktenzeichen: 13 Sa 1469/04
Rechtsgebiete: BGB, TzBfG


Vorschriften:

BGB § 620
TzBfG § 14 I 2 Nr. 1
Eine Befristung wegen vorübergehenden betrieblichen Bedarfs ist nur dann wirksam, wenn der Arbeitgeber anhand einer exakt und detailliert darzulegenden Bedarfsprognose angibt, dass zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses gerade der betreffende Arbeitnehmer nach Ablauf des Befristungszeitraums nicht mehr beschäftigt werden konnte.

Dazu reicht ein Hinweis auf den Wunsch eines Landes, entsandte ausländische Arbeitnehmer innerhalb einer bestimmten Frist bis zu einer bestimmten Quote durch Einheimische ersetzen zu wollen, jedenfalls dann nicht aus, wenn das Gastland selbst über Jahrzehnte erkennbar auf das fristgerechte Erreichen dieser Quote keinen Wert gelegt hat.


Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Kassel vom 21. Juni 2004 - 7 Ca 122/04 - abgeändert.

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die Befristung des Arbeitsvertrages vom 14./19. Mai 1996 / 07./28. März 2000 zum 30. Juni 2004 aufgelöst wurde.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit der Befristung ihres Arbeitsverhältnisses bis 30. Juni 2004 und um die Wirksamkeit einer vorsorglich ausgesprochenen Kündigung der Beklagten zum gleichen Datum.

Der Kläger trat mit befristetem Arbeitsvertrag vom 14./19. Mai 1996, auf den im Übrigen zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird (Bl. 4 ff. d.A.), in die Dienste der Beklagten, die ihm gem. Ziffer 1. des vorgenannten Vertrages die Aufgaben eines Kraftfahrzeugmechanikers in ihren Konzessionen in der libyschen Wüste übertrug. Der libysche Staat gestattet dort der Beklagten die Förderung von Rohstoffen auf der Basis eines Konzessionsvertrages von 1966. In diesem Konzessionsvertrag ist in Art. 18 Folgendes geregelt:

"Einstellung und Ausbildung von Libyern

Erstens:

Der Mindestanteil der von der Gesellschaft zu beschäftigenden libyschen Arbeitskräfte muss innerhalb von zehn Jahren ab Beginn der Arbeiten 75% der Gesamtbelegschaft betragen, vorausgesetzt, dass die erforderliche Anzahl an Arbeitskräften mit ausreichenden Fachkenntnissen und Fähigkeiten vorhanden sind.

Zweitens:

Die Gesellschaft hat mit Beginn der regelmäßigen Ausfuhr aus Libyen von aus dem Konzessionsgebiet stammendem Erdöl in kommerziell verwertbaren Mengen jährlich einen Betrag von mindestens 2500 Libyschen Pfund (L£), jedoch höchstens 5000 Libysche Pfund (L£) an die libysche Regierung zu zahlen. Dieser Betrag ist für die technische Ausbildung libyscher Staatsangehöriger bestimmt, die zwischen der Gesellschaft und dem Direktor vereinbart wurde. Sie sollen so die Befähigung zur Beschäftigung in der Erdölindustrie oder den damit verbundenen Unternehmen erhalten.

Die Gesellschaft kann von diesen Zahlungen etwaige für die Ausbildung von Libyern in Libyen selbst oder im Ausland aufgewendete Beträge jährlich absetzen."

Wegen dieser Klausel war der Arbeitsvertrag mit dem Kläger zunächst bis 30. Juni 2000 befristet, im Übrigen mit einer Kündigungsmöglichkeit innerhalb einer Frist von 3 Monaten zum Quartalsende versehen. Mit Vertrag vom 07./28. März 2000 (Bl. 11 d.A.) vereinbarten die Parteien die Verlängerung des Arbeitsvertrages um weitere 4 Jahre bis zum 30. Juni 2004. Der Kläger bezog ein durchschnittliches Bruttomonatsgehalt von € 5.200,00 gemäß der einschlägigen Vergütungsgruppe 10 (= J). Die in Art. 18.1 des Konzessionsvertrags der Beklagten mit dem Staat Libyen verlangte Quote von 75% einheimischer Arbeitnehmer ist bis heute nicht erreicht, weil es an der erforderlichen Anzahl ausgebildeter Arbeitskräfte mangelt. Im Jahr 1997 hatte die Beklagte begonnen, lokale Mitarbeiter zu qualifizieren. Unter anderem dadurch gelang es bis 2000, die Quote ausländischer Arbeitnehmer auf 50%, im Jahr 2004 auf 37% und im Jahr 2005 auf 33% zu senken. Der Staat Libyen erwartet nach wie vor die Absenkung der Quote auf die vertraglich zugesicherten 25%.

Am 01. Juli 2002 entschlossen sich die zuständigen Vorstandsmitglieder A und B der Beklagten, den Einsatz des eigenen Personals auf das Kerngeschäft der Erdöl- und Erdgasförderung zu konzentrieren. In Umsetzung dieser Entscheidung wurde u.a. der in erster Linie aus Toyota-Landcruisern bestehende Fuhrpark der Beklagten in Libyen, in dem auch der Kläger als Kfz-Mechaniker tätig war, der Firma G aus Malta übertragen, die auf die Marke Toyota spezialisiert ist. Diese Firma übernahm die Kfz-Werkstatt der Beklagten per 01. Juli 2003 und führt sie seit dem 01. November 2003 alleinverantwortlich.

Nach Anhörung des Betriebsrats am 02. März 2004 (Bl. 26 ff. d.A.) kündigte die Beklagte vorsorglich das bis 30. Juni 2004 befristete Arbeitsverhältnis der Parteien mit Schreiben vom 15. März 2004 deswegen ebenfalls zum 30. Juni 2004.

In Libyen ist neben dem Kläger u.a. auch der Zeuge F für die Beklagte tätig. Er ist als Kfz-Meister eingestellt und wird aus der nächsthöheren Vergütungsgruppe, der Gruppe 9, vergütet. Im Gegensatz zum Kläger ist er ein sog. "resident". Er arbeitet und wohnt ständig in Tripolis, während der Kläger als sog. "on/off-Kraft" im Wechsel mehrere Wochen vor Ort arbeitet, um dann Heimaturlaub zu machen. Ein weiterer früherer Mitarbeiter der Beklagten, der Zeuge C, arbeitet nach seinem Ausscheiden per 30. September 2004 für die italienische Firma D und erbringt in dieser Funktion Serviceleistungen im Bereich der Gebäudeinstandsetzung für die Beklagte. Noch beschäftigt bei der Beklagten im Libyen ist der Zeuge E, der seit 1980 tätig ist und nach innerbetrieblichen Fortbildungsmaßnahmen Spezialkenntnisse im Bereich der Wartung von Öl- und Gasförderanlagen und von Bohrarbeiten hat.

Der Kläger hat sich mit der am 24. März 2004 erhobenen Kündigungsschutzklage und der am 01. Juni 2004 vorgenommenen Klageerweiterung wegen der Befristung des Arbeitsverhältnisses gegen die Wirksamkeit der Kündigung wie der Befristung gewandt.

Er hat die Ansicht vertreten, der Kündigung stünden keine betriebsbedingten Gründe zur Seite. Die Sozialauswahl sei in Bezug auf die Arbeitnehmer F, C und E mangelhaft. Der Betriebsrat sei nicht ordnungsgemäß beteiligt worden. Für die Befristung des Arbeitsverhältnisses gäbe es keinen sachlichen Grund.

Der Kläger hat beantragt,

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die arbeitgeberseitige Kündigung vom 15. März 2004 nicht zum 30. Juni 2004 aufgelöst wurde, sondern über diesen Tag hinaus zu unveränderten Bedingungen fortbesteht;

2. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die Befristung des Arbeitsvertrages zum 30. Juni 2004 aufgelöst wird, sondern über den Tag hinaus zu unveränderten Bedingungen hinfort besteht (Entfristungsantrag).

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen und widerklagend, festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund Befristung vom 14. Mai 1997/07. März 2000 am 30. Juni 2004 geendet hat.

Der Kläger hat beantragt,

die Widerklage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, die Befristung sei wegen der Verpflichtung zur Senkung der Quote der ausländischen Beschäftigten auf 25% gerechtfertigt. Der Staat Libyen übe insoweit Druck aus. In 2004 sei in 7 Fällen das Visum ausländischer Arbeitnehmer nicht erteilt bzw. verlängert worden unter Hinweis darauf, dass diese Arbeitnehmer durch einheimische ersetzt werden müssten. Bei Abschluss des befristeten Arbeitsvertrages mit dem Kläger in 2000 sei man davon ausgegangen, dass der Kläger in 2004 durch eine libysche Fachkraft ersetzt werden könne.

Die vorsorglich erklärte Kündigung vom 15. März 2004 sei wegen der Übertragung des Fuhrparks an die Firma G aus Malta nötig geworden. Der Arbeitsplatz des Klägers sei deshalb eigentlich schon am 01. November 2003 weggefallen. Anderweitige freie Arbeitsplätze für den Kläger stünden weder in Libyen noch anderenorts zur Verfügung. Mangels vergleichbarer Arbeitnehmer sei eine Sozialauswahl nicht vorzunehmen gewesen. Die Betriebsratsbeteiligung gemäß der schriftlichen Anhörung vom 02. März 2004 (Bl. 26 ff. d.A.) sei vollständig. Ausführungen zur Sozialauswahl seien dort nicht geboten gewesen, weil es keine vergleichbaren Arbeitnehmer gegeben habe.

Durch Urteil vom 21. Juni 2004 hat das Arbeitsgericht nach Vernehmung der Zeugen H und I die Klage abgewiesen und auf die Widerklage festgestellt, dass die Befristung des Arbeitsverhältnisses der Parteien zum 30. Juni 2004 wirksam ist. Begründet hat es dies im Wesentlichen mit der Ansicht, die Befristung sei aus der Eigenart der Arbeitsleistung gem. § 14 Abs. 1 Satz 2 Ziffer 4 TzBfG gerechtfertigt. Auf die Wirksamkeit der Kündigung komme es deshalb nicht mehr an. Wegen der Einzelheiten wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen (Bl. 47 - 54 d.A.). Gegen dieses dem Kläger am 11. August 2004 zugestellte Urteil hat dieser mit einem beim erkennenden Gericht am 27. August 2004 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese zugleich begründet.

Der Kläger wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen.

Er beantragt nach Rücknahme der allgemeinen Feststellungsanträge,

das Urteil des Arbeitsgerichts Kassel vom 21. Juni 2004 - 7 Ca 122/04 - abzuändern und

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die arbeitgeberseitige Kündigung vom 15. März 2004 nicht zum 30. Juni 2004 aufgelöst wurde;

2. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die Befristung des Arbeitsverhältnisses zum 30. Juni 2004 aufgelöst wurde;

Die Beklagte hat im Termin vom 31. Mai 2005 die Widerklage zurückgenommen und beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil und hält weiterhin an ihrer Ansicht fest, sowohl die Befristung des Arbeitsverhältnisses wie auch die Kündigung zum 30. Juni 2004 seien wirksam und hätten das Arbeitsverhältnis der Parteien zu diesem Datum beendet.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im zweiten Rechtszug wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Niederschrift der Berufungsverhandlung vom 31. Mai 2005 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gem. den §§ 8 Abs. 2 ArbGG; 511 ZPO an sich statthafte Berufung begegnet hinsichtlich des Werts des Beschwerdegegenstandes (§ 64 Abs. 2 lit. c ArbGG) keinen Bedenken. Sie ist nach Maßgabe der im Tatbestand mitgeteilten Daten form- und fristgerecht eingelegt sowie rechtzeitig und ordnungsgemäß begründet worden (§§ 66 Abs. 1 ArbGG, 517, 519, 520 ZPO) und damit insgesamt zulässig.

In der Sache ist die Berufung nur teilweise erfolgreich.

Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts ist die Entfristungsklage begründet, die Kündigungsschutzklage jedoch unbegründet.

Der Kläger hat nach zweifelsfrei rechtzeitiger Klageerhebung (§ 1 Abs. 5 BeschFG) Anspruch auf die Feststellung, dass sein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten nicht durch die Befristung zum 30. Juni 2004 sein Ende gefunden hat. Die mit Arbeitsvertrag vom 14./19. Mai 1996, 07./28. März 2000 verabredete Befristung des Arbeitsverhältnisses bis 30. Juni 2004 ist unwirksam.

Hierfür spielt entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts, wie mit den Parteien im Termin erörtert, das Teilzeit- und Befristungsgesetz keine Rolle, denn dieses trat erst am 01. Januar 2001 in Kraft (BGBl. I vom 21. Dezember 2000, S. 1966). Maßgeblich ist vielmehr die vorhergehende, zum Zeitpunkt des letzten Vertragsabschlusses gültige gesetzliche Regelung, nämlich das Beschäftigungsförderungsgesetz vom 26. April 1985 (BGBl. I, S. 710), zuletzt geändert durch Gesetz vom 25. September 1996 (BGBl. I, S. 1476). Dieses Gesetz verzichtet nur bei Erfüllung der Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 - 3 auf eine Befristungskontrolle anhand der zu § 620 BGB vom BAG entwickelten Maßstäbe und damit auf das Erfordernis eines Sachgrundes (vgl. z.B. BAG vom 15. März 1989, EzA Nr. 8 zu § 1 BeschFG 1985). Hier liegen bei der vierjährigen Befristung und einem Lebensalter des Klägers von unter 60 Jahren die Voraussetzungen für eine sachgrundlose Befristung offenkundig nicht vor. Damit unterliegt die Befristungsvereinbarung der Befristungskontrolle nach allgemeinen Grundsätzen (BAG vom 25. September 1987, EzA Nr. 2 zu § 1 BeschFG 1985). Danach sind nach § 620 BGB Befristungen von Arbeitsverträgen grundsätzlich zulässig. Allerdings bedurfte und bedarf nach der ständigen Rechtsprechung des BAG seit dem Beschluss des Großen Senats vom 12. Oktober 1960 (AP Nr. 16 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag) die Befristung eines rechtfertigenden Sachgrunds, wenn durch sie gesetzliche Kündigungsschutzbestimmungen objektiv umgangen werden können. Liegt kein Sachgrund vor, handelt es sich um eine objektiv funktionswidrige und deshalb rechtsmissbräuchliche Vertragsgestaltung mit der Folge, dass die Befristung unwirksam ist und ein unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht (vgl. z.B. BAG vom 26. August 1998 und vom 12. Januar 2000, AP Nr. 202, 217 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag). In der Rechtsprechung und der Literatur hat sich eine Typologie der anerkannten Befristungsgründe herausgebildet, die allerdings als nicht abschließend angesehen werden. Hier einschlägig ist der Befristungsgrund der Aushilfe bzw. des vorübergehenden betrieblichen Bedarfs, der jetzt auch in das Teilzeit- und Befristungsgesetz Eingang gefunden hat (§ 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1). Diese Fallgestaltung kommt in zwei Formen vor, zum einen, wenn die Arbeitsaufgabe ihrem Inhalt nach nur für eine bestimmte Zeit zu erledigen ist und dann vollständig wegfällt, zum anderen, wenn der Arbeitskräftebedarf nach einer gewissen Zeit vorhersehbar absinken soll (BAG vom 10. Juni 1992, EzA Nr. 116 zu § 620 BGB). Die letztgenannte Fallgestaltung liegt hier vor. Anders als in "Normalfällen" resultiert der erkennbare zukünftige Wegfall des Arbeitskräftebedarfs hier zwar nicht aus geplanten Rationalisierungen oder Betriebsstilllegungen, aber der Konzessionsvertrag der Beklagten mit dem Staat Libyen hat eine vergleichbare Interessenlage zur Folge. Durch ihn soll die Beklagte gezwungen werden, ihre entsandten Arbeitnehmer nach und nach abzubauen, um einheimischen Arbeitskräften Platz zu machen. Auch in dieser Situation ist der Bedarf an entsandten Arbeitnehmern vorhersehbar sinkend. Damit durch die Befristung das unternehmerische Risiko nicht unzulässig auf den Arbeitnehmer verlagert wird, bedarf es für diese Fallgruppe der Befristung einer vom Arbeitgeber nachzuweisenden Bedarfsprognose, an die die Rechtsprechung hohe Anforderungen stellt (BAG vom 12. Juni 1996, 29. September 1982, AP Nr. 182, 70 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag). Sie muss "exakt und detailliert" sein und hat sich auf den Umfang und die Dauer des Mehrbedarfs zu beziehen (BAG vom 12. Juni 1996, a.a.O.). Das verlangt im Regelfall eine zahlenmäßige Quantifizierung (BAG vom 14. Januar 1982, 10. Juni 1992, AP Nr. 64, 116 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag). Der Arbeitgeber hat konkrete Tatsachen anzugeben, anhand derer nachvollziehbar wird, weshalb der betreffende Arbeitnehmer nach Ablauf des Befristungszeitraums nicht weiter beschäftigt werden kann (BAG vom 12. Juni 1996, a.a.O.). Die entsprechende Beurteilung des Arbeitgebers kann das Arbeitsgericht voll umfänglich nachprüfen. Ein der richterlichen Kontrolle entzogener Beurteilungsspielraum steht dem Arbeitgeber nicht zu (BAG vom 14. Januar 1982, a.a.O.; BAG vom 25. November 1992, AP Nr. 150 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag).

Nach diesen Kriterien ist die Befristung des Arbeitsverhältnisses des Klägers unwirksam. Es gibt keine quantifizierte Darstellung der Beklagten, anhand derer sich "exakt und detailliert" ablesen ließe, wann und in welchem Umfang Arbeitsplätze für entsandte Arbeitnehmer in Libyen wegfallen sollen und wann mit dem Wegfall des klägerischen Arbeitsplatzes zugunsten eines einheimischen zu rechnen war. Es gibt vielmehr nur die allgemeinen Bemühungen der Beklagten, im Laufe der Zeit "irgendwie" zu einer Verminderung der Entsandtenquote zu kommen. Auch der Staat Libyen hat es offenbar mit der Erfüllung der versprochenen Quote nicht so genau genommen und den im Konzessionsvertrag festgelegten Zeitraum von 10 Jahren für die Reduzierung der Entsandtenquote auf 25% nicht nur sanktionslos verstreichen lassen, sondern fast weitere 30 Jahre hingenommen, dass die Beklagte ihre Entsandtenquote allmählich in ihr passender Weise reduziert. Für die Beklagte bestand deshalb offenbar auch kein Anlass, sich bei der (Wieder-)Befristung des Arbeitsvertrags mit dem Kläger darüber klar zu werden, ob sie den Kläger tatsächlich nach Ablauf von 4 Jahren nicht mehr in Libyen beschäftigen will und kann oder ob es nicht vielleicht doch noch zu einer Fortsetzung des Beschäftigungsverhältnisses kommen kann, wenn es die Verhältnisse in Libyen "hergeben". Damit kann von der geforderten strengen Bedarfsprognose bei Vereinbarung der Befristung nicht die Rede sein. Ohne dass es noch darauf ankäme würde auch die Tatsache, dass es hier bereits um die zweite Befristung des Arbeitsverhältnisses der Parteien geht, den Maßstab an den sachlichen Grund wohl noch weiter steigern (BAG vom 06. Dezember 2000, 27. Juni 2001, EzA Nr. 172, 178 zu § 620 BGB; zweifelnd: BAG vom 21. Februar 2001, 20. Februar 2002 und 23. Januar 2002, EzA Nr. 174, 189, 187 zu § 620 BGB).

Die vereinbarte Befristung des Arbeitsverhältnisses der Parteien bis zum 30. Juni 2004 ist nach alledem unwirksam und beendet das Arbeitsverhältnis nicht.

Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist vielmehr durch die vorsorglich ausgesprochene Kündigung der Beklagten vom 15. März 2004 zum 30. Juni 2004 beendet worden.

Der Kündigung stehen dringende betriebliche Erfordernisse zur Seite (§ 1 Abs. 2 KSchG).

Zugunsten des Klägers geht die Kammer dabei davon aus, dass das Kündigungsschutzgesetz auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung findet, auch zur Anzahl der Beschäftigten und dem Vorliegen eines Betriebs bzw. Unternehmens im Sinne von § 1 Abs. 1 KSchG (in Libyen?) nichts Greifbares vorgetragen wurde.

Die Klagefrist des § 4 KSchG ist jedenfalls eingehalten.

Die Beklagte hat zur Begründung ihrer Kündigung - seit der entsprechenden Erklärung des Klägers im Termin vom 31. Mai 2005 unbestritten - vorgetragen, dass aufgrund einer Entschließung der zuständigen Vorstandsmitglieder am 01. Juli 2002 der Fuhrpark, in dem der Kläger tätig war, per 01. November 2003 der Firma G aus Malta übertragen wurde. Damit ist der Bedarf von Arbeitskräften der Beklagten im Fuhrpark vollständig entfallen. Dies ist evident und bedarf keiner vertiefenden Erläuterungen. Die Beklagte hat auch unbestritten vorgetragen, dass es für den Kläger auch anderenorts im Unternehmen keine Beschäftigungsmöglichkeiten gibt.

Die Kündigung ist auch nicht etwa wegen eines erfolgten Betriebsübergangs unwirksam. Der einschlägige § 613 a BGB findet im Verhältnis zu der Fa. G aus Malta keine Anwendung.

Mängel in der Sozialauswahl (§ 1 Abs. 3 KSchG) sind ebenfalls nicht erkennbar. Dabei mag wiederum zugunsten des Klägers davon ausgegangen werden, dass die Beschäftigten der Beklagten in Libyen einen Betrieb im Sinne des § 1 Abs. 3 KSchG bilden. Wie bereits im unstreitigen Teil des Tatbestandes dargestellt, ist der Zeuge F, auf den sich der Kläger u.a. beruft, mit diesem nicht vergleichbar, weil jener in anderer Funktion (als Kfz-Meister) eingestellt wurde, in einer höheren Vergütungsgruppe geführt wird und sich als "resident" auch in der sonstigen Vertragsgestaltung vom Kläger unterscheidet. Vergleichbar im Sinne des § 1 Abs. 3 KSchG ist aber nur, wer nach den vertraglichen Vereinbarungen untereinander austauschbar ist. Der Zeuge C arbeitet zwar noch zum Vorteil der Beklagten in der Gebäudeinstandsetzung, aber unstreitig nicht mehr in einem Vertragsverhältnis zu der Beklagten, sondern zur italienischen Firma D und scheidet schon deshalb aus dem Kreis der vergleichbaren Arbeitnehmer aus. Dies gilt auch für den weiteren vom Kläger ins Feld geführten Zeugen E, der, wieder unstreitig, Spezialist für Bohrarbeiten und die Wartung von Öl- und Gasförderanlagen ist.

Die im Arbeitsvertrag der Parteien vorgesehene Kündigungsfrist von 3 Monaten zum Quartalsende ist eingehalten.

Auch der Beteiligung des Betriebsrats an der Kündigung des Klägers stehen keine Bedenken entgegen. Gemäß § 102 BetrVG ist der Betriebsrat vor jeder Kündigung zu hören. Der Arbeitgeber hat ihm die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Die Anhörung setzt voraus, dass der Betriebsrat mündlich oder schriftlich informiert wird, wem gekündigt werden soll, welche Kündigung ausgesprochen werden soll und zu welchem Zeitpunkt das Arbeitsverhältnis beendet werden soll. Zu den anzugebenden Sozialdaten gehören auch Alter, Familienstand und Zahl der Kinder. Ferner sind dem Betriebsrat alle in Erwägung gezogenen, verständlicherweise in Betracht kommenden Kündigungsgründe mitzuteilen. Unzureichend ist eine nur pauschale, schlagwortartige oder stichwortartige Bezeichnung des Kündigungsgrundes oder die Abgabe eines bloßen Werturteils. Diesen Anforderungen genügt das Anhörungsschreiben der Beklagten vom 02. März 2004 (Bl. 26 ff. d.A.). Dort sind neben den persönlichen Daten des Klägers und der Absicht der vorsorglichen Kündigung zum 30. Juni 2004 auch genau die Tatsachen festgehalten, die im vorliegenden Rechtsstreit von der Beklagten als Kündigungsgründe herangezogen wurden. Auch Gesichtspunkte der Sozialauswahl sind dahin angesprochen, dass es in Libyen keine mit dem Kläger vergleichbaren Arbeitnehmer gibt und nur noch Spezialisten für Pumpen, Kompressoren und Turbinen als entsandte Mechaniker tätig würden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO und entspricht dem Verhältnis des jeweiligen Unterliegens.

Eine gesetzlich begründete Veranlassung zur Zulassung der Revision (§ 72 Abs. 2 ArbGG) ist nicht ersichtlich. Insbesondere steht keine entscheidungserhebliche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung in Rede (§ 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG; vgl. dazu BAG vom 04. April 2005 - 1 AZN 840/04).

Ende der Entscheidung

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