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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessisches Landesarbeitsgericht
Beschluss verkündet am 28.05.2008
Aktenzeichen: 13 Ta 211/08
Rechtsgebiete: RVG VV


Vorschriften:

RVG VV Nr. 1000
RVG VV Nr. 1003
Die Einigungsgebühr entsteht nur, wenn die Einigung in dem zu erledigenden Rechtsstreit erfolgt. Sie entsteht insbesondere nicht in dem zu erledigenden Rechtsstreit, wenn dieser durch eine in einem anderen Rechtsstreit vergleichsweise vereinbarte Rechtsmittelrücknahme beendet wird und diese daraufhin vereinbarungsgemäß erklärt wird.
Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 14. April 2008 - 20 Ca 8754/06 - abgeändert.

Aufgrund des Beschlusses des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 8. Oktober 2007 sind von der Beklagten 1519,87 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23. Januar 2008 an den Kläger zu erstatten.

Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Kläger aus einem Beschwerdewert von 694,60 € zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe:

I.

In dem Rechtsstreit 20/21 Ca 4666/07 vor dem Arbeitsgericht Frankfurt am Main schlossen die Parteien am 10. September 2007 gemäß § 278 Abs. 6 ZPO einen umfänglichen Vergleich, indem es unter anderem bezüglich des hier vorliegenden Rechtsstreits wie folgt heißt:

3. Die Beklagte hat gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 25.04.2007 (20 Ca 8754/06) unter dem Aktenzeichen 7 Sa 1065/07 Berufung zum LAG eingelegt. Die Beklagte wird diese Berufung zurücknehmen. Der Kläger wird dieser Berufungsrücknahme zustimmen. Hiermit entfällt zugleich die unselbständige Anschlussberufung des Klägers. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte. Hinsichtlich der Kosten 1. Instanz verbleibt es bei dem Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 25.04.2007 (20 Ca 8754/07).

Vereinbarungsgemäß nahm die Beklagte mit Schriftsatz vom 17. September 2007 im vorliegenden Berufungsverfahren die Berufung zurück. Durch Beschluss vom 8. Oktober 2007 wurden der Beklagten die Kosten der Berufung auferlegt (§ 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. § 516 Abs. 3 ZPO).

Am 22. Januar 2008 (Eingang 23. Januar 2008)/14. Februar 2008 beantragte der Kläger Kostenfestsetzung gegen die Beklagte, ausgehend von einem Gegenstandswert von 8.188,20 €, in Höhe von insgesamt 2114,47 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Antragseingang, im Einzelnen wie folgt:

 Streitwert:8.188,20 €
1,6 fache Verfahrensgebühr gem. Nr. 3200 VV RVG718,40 €
1,2 fache Terminsgebühr gem. Nr. 3202 VV RVG538,80 €
1,3 fache Einigungsgebühr gem. Nr. 1004 VV RVG583,70 €
Auslagenpauschale gem. Nr. 7002 VV RVG20,00 €
Summe1.860,90 €
19%Mehrwertsteuer353,57 €
insgesamt2.214,47 €

Durch Kostenfestsetzungsbeschluss vom 14. April 2008 setzte die Rechtspflegerin beim Arbeitsgericht die Kosten antragsgemäß gegen die Beklagte fest. Der Kostenfestsetzungsbeschluss wurde der Beklagten am 24. April 2008 zugestellt. Am 25. April 2008 ging die sofortige Beschwerde der Beklagten ein, mit der diese rügt, dass eine Einigungsgebühr im vorliegenden Rechtsstreit nicht entstanden sei. Jedenfalls sei sie nicht erstattungsfähig.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, man habe sich in komplexen Gesprächen vor Abschluss des Vergleichs vom 10. September 2007 auch über die Erledigung des vorliegenden Verfahrens geeinigt. Deshalb sei (auch) hier eine Einigungsgebühr in der begehrten Höhe angefallen.

Die Rechtspflegerin hat der sofortigen Beschwerde der Beklagten am 28. April 2008 nicht abgeholfen und die Sache dem Hessischen Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im Beschwerdeverfahren wird auf den Akteninhalt im Übrigen verwiesen.

II.

Die gemäß den §§ 104 Abs. 3, 567 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 S. 2 ZPO; 11 Abs. 1 RPflG; 78 S. 1 ArbGG statthafte sofortige Beschwerde der Beklagten ist nach einem Beschwerdewert von mehr als 200 € wie auch im Übrigen zulässig, insbesondere ist sie form- und fristgerecht eingelegt.

Die Rechtspflegerin hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen (§ 572 Abs. 2 ZPO).

Die sofortige Beschwerde ist begründet.

Dem Kläger steht im vorliegenden Verfahren eine Einigungsgebühr gemäß Nr. 1000, 1003 VV RVG nicht zu.

Gemäß Nr. 1000 Abs. 1 S. 1 VV RVG entsteht eine Einigungsgebühr, wenn der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis durch Abschluss eines Vertrages unter Mitwirkung eines Rechtsanwalts beseitigt wird, es sei denn, der Vertrag beschränkt sich ausschließlich auf ein Anerkenntnis oder einen Verzicht. Unter der Geltung des RVG kommt es deswegen nicht mehr auf einen Vergleich im Sinne von § 779 BGB, sondern nur noch auf eine Einigung an (BGH vom 13. April 2007 - II ZB 10/06 -, NJW 2007, 2187; BGH vom 10. Oktober 2006 - IV ZR 280/05 -, BGH-Report 2007, 183; Hartmann, Kostengesetze, 37. Aufl. 2007, Nr. 1000 VV RVG Rdz. 5 und 10). Diese kann unter Umständen auch darin bestehen, dass sich die Parteien über eine Klage- oder Rechtsmittelrücknahme einigen (BGH vom 13. April 2007, a.a.O.; Gerold/Schmidt/von Eicken/Madert/Müller-Rabe, RVG, 17. Aufl. 2006, Nr. 1000 VV RVG Rdz. 71,72).

Voraussetzung ist in solchen Fällen allerdings stets, dass die Einigung in dem zu erledigenden Rechtsstreit erfolgt. Daran fehlt es hier. Die Parteien haben sich ausweislich des Vergleichsprotokolls vom 10. September 2007 in dem Rechtsstreit 20/21 Ca 4666/07 vor dem Arbeitsgericht Frankfurt am Main geeinigt und bei dieser Gelegenheit für das vorliegende Berufungsverfahren die Berufungsrücknahme vereinbart, die dann auch erklärt wurde und den vorliegenden Rechtsstreit beendete. Die denknotwendig auch den vorliegenden Rechtsstreit betreffenden Gespräche der Parteivertreter vor Abschluss des Vergleichs sind für das Entstehen einer Einigungsgebühr irrelevant, solange die Einigung dann in einem anderen Prozess erfolgt. Die Einigungsgebühr honoriert nämlich nicht die Einigungsgespräche als solche, sondern nur die, die Erfolg haben, d.h. einen Streit oder eine Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis beseitigen (Nr. 1000 VV RVG Abs. 1). Dieser Erfolg ist hier nur in dem zitierten Rechtsstreit vor dem Arbeitsgericht eingetreten.

Die Kostenentscheidung folgt, soweit sie die außergerichtlichen Kosten betrifft, aus § 97 Abs. 1 ZPO. Danach trägt der Kläger als Unterlegener die entsprechenden Kosten. Die Entscheidung über die Gerichtskosten folgt aus Nr. 8614 der Anlage 1 zu § 34 GKG.

Rechtsmittelbelehrung

Ein Grund für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 78 S. 2 i.V.m. § 72 Abs. 2 ArbGG) ist nicht ersichtlich. Damit ist dieser Beschluss unanfechtbar.



Ende der Entscheidung

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