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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessisches Landesarbeitsgericht
Beschluss verkündet am 22.10.2007
Aktenzeichen: 13 Ta 400/07
Rechtsgebiete: VV-RVG


Vorschriften:

VV-RVG Nr. 3104 Abs. 1 S. 1
Wird im Urteilsverfahren vor den Arbeitsgerichten ein Vergleich geschlossen, so entsteht eine Terminsgebühr.

Unerheblich ist, ob der Vergleich in mündlicher Verhandlung protokolliert oder schriftlich nach § 278 VI ZPO festgestellt wird.


Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss das Arbeitsgericht Frankfurt am Main vom 27. Juli 2007 -22 Ca 2855/06- wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Gründe:

I.

Am 12. April 2007 schlossen die Parteien auf Vorschlag des Gerichts vor dem Hessischen Landesarbeitsgericht einen prozessbeendenden Vergleich, der ohne vorherige mündliche Verhandlung schriftlich gemäß § 278 Abs. 6 ZPO festgestellt wurde. Dabei übernahm die Beklagte die Kosten des Berufungsverfahrens. Der Streitwert wurde auf 8.645,43 € für das Berufungsverfahren und auf 10.086,34 € für den Vergleich festgesetzt.

Am 4. Mai 2007 beantragte die Klägerin Kostenfestsetzung gegen die Beklagte, dabei unter anderem eine 1,2- fache Terminsgebühr aus einem Gegenstandswert von 8.645,43 € in Höhe von 538,80 €. Am 27. Juli 2007 erließ das Arbeitsgericht einen Kostenfestsetzungsbeschluss, mit dem unter anderem auch diese Terminsgebühr zulasten der Beklagten festgesetzt wurde.

Nach Zustellung des Kostenfestsetzungsbeschlusses am 7. August 2007 erhob die Beklagte hiergegen am 21. August 2007 sofortige Beschwerde mit dem Einwand, eine Terminsgebühr sei nicht entstanden, weil man weder einen gerichtlichen Termin wahrgenommen, noch außergerichtlich über den abgeschlossenen Vergleich verhandelt habe.

Das Arbeitsgericht hat der sofortigen Beschwerde am 19. August 2007 nicht abgeholfen und die Sache dem Hessischen Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im Beschwerdeverfahren wird auf den Akteninhalt im Übrigen verwiesen.

II.

Die gemäß den §§ 104 Abs. 3, 567 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 S. 2 ZPO; 11 Abs. 1 Rechtspflegergesetz; 78 S. 1 ArbGG statthafte sofortige Beschwerde der Klägerin ist nach einem Beschwerdewert von mehr als 200 € wie auch im Übrigen zulässig, insbesondere ist sie form- und fristgerecht eingelegt.

Die Rechtspflegerin hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen (§ 572 Abs. 2 ZPO).

Die sofortige Beschwerde ist unbegründet.

Zu Recht der die Rechtspflegerin die Kosten gegen die Beklagte unter Einschluss der begehrten, ihrer Höhe nach zweifelsfrei richtig berechneten Terminsgebühr festgesetzt. Die Terminsgebühr ist entstanden, und zwar sogar unabhängig davon, ob die Parteien, die hier genau darüber streiten, an einer " auf die Vermeidung und Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechung ohne Beteiligung des Gerichts" mitgewirkt haben (Vorbem. 3 Abs. 3 RVG-VV). Hierauf hatte die erkennende Beschwerdekammer in ihrem Beschluss vom 17. Mai 2005 - 13 Ta 123/05 - noch abgestellt.

Nach Nr. 3104 Abs.1 Nr.1 RVG-VV entsteht eine Terminsgebühr für einen tatsächlich nicht wahrgenommenen Termin schon dann, wenn in einem Verfahren, für das mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, entweder im Einverständnis mit den Parteien oder gem. § 307 oder § 495a ZPO ohne mündliche Verhandlung entschieden wird oder in einem solchen Verfahren, dh. in einem Verfahren, für das mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, ein schriftlicher Vergleich geschlossen wird. Im Urteilsverfahren vor den Arbeitsgerichten ist die mündliche Verhandlung vorgeschrieben (§ 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG iVm. § 128 Abs. 1 ZPO). Die zwischenzeitlich erhobenen Bedenken hinsichtlich des nicht ganz zweifelsfreien Wortlauts der Nr. 3104 Abs. 1Nr. 1 RVG-VV sind mittlerweile ausgeräumt (vgl. dazu Hartmann, Kostengesetze, 37. Aufl. 2007, Nr. 3104 RVG-VV, Rdz. 30 m.w.N.). Der Wortlaut dieser Vorschrift legt nach jetzt herrschender Ansicht, der auch die Beschwerdekammer folgt, die Auslegung näher, dass der dort angesprochene Abschluss eines schriftlichen Vergleichs für alle die Verfahren gilt, in denen eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist (BGH vom 22. Februar 2007 -VII ZB 101/06- NJW-RR 2007, 1149; BGH vom 3. Juli 2006 -II ZB 31/05- NJW-RR 2006, 1507; BGH 27. Oktober 2005 - III ZB 42/05 - NJW 2006, 157; BAG vom 20. Juni 2006 -3 AZB 78/05- NZA 2005, 1060; Zöller/Greger, ZPO 26. Aufl. 2007, § 278 Rn. 27; Gerold/ Schmidt/ v.Eicken/ Madert/ Müller-Rabe, RVG, 17. Aufl.2006, VV 3104 Rn. 61ff.). Nach der amtlichen Begründung soll Teil 3 des RVG-VV für alle bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten einschl. der Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen sowie für die Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit gelten (BT-Drucks. 15/1971 S. 208). Auch das spricht gegen die Annahme, Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 RVG-VV sei nur dann in Betracht zu ziehen, wenn mit Einverständnis der Parteien in einem schriftlichen Verfahren nach § 128 Abs. 2 ZPO entschieden werde. Eine einengendere Auslegung wird schließlich den allgemeinen Vorstellungen des Gesetzgebers nicht gerecht, der den Anwendungsbereich der neuen Terminsgebühr gegenüber dem früheren Recht ausweiten wollte, um im Interesse auch der Gerichte zu vermeiden, die früher geübte Praxis zu perpetuieren, einen gerichtlichen Verhandlungstermin nur um einer anwaltlichen Gebühr willen anzustreben. In den arbeitsgerichtlichen Verfahren, in denen ein schriftlicher Vergleich nach § 278 Abs. 6 ZPO geschlossen wird, fällt daher eine Terminsgebühr nach Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 RVG-VV an.

Die Kostenentscheidung folgt, soweit sie die außergerichtlichen Kosten betrifft, aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die Gerichtskosten folgt aus Nr. 8614 der Anlage 1 zu § 34 GKG.

Ende der Entscheidung

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