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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessisches Landesarbeitsgericht
Beschluss verkündet am 08.12.2005
Aktenzeichen: 13 Ta 577/05
Rechtsgebiete: RVG


Vorschriften:

RVG § 11 V
Einwendungen und Einreden, die nicht im Gebührenrecht ihren Grund haben, müssen im Kostenfestsetzungsverfahren zwar nicht schlüssig vorgetragen werden, sie dürfen aber auch nicht handgreiflich unrichtig, formelhaft und ohne jeden Tatsachenkern sein, um die Kostenfestsetzung zu verhindern (ständige Rechtsprechung).
Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde der Beklagtenvertreter wird der Kostenfestsetzungbeschluss des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 11. Oktober 2005 - 4 Ca 3527/04 - abgeändert:

Auf Grund des § 11 RVG sind von den Beklagten als Gesamtschuldner 560,80 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01. August 2005 an die Beklagtenvertreter zu erstatten.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

I.

Mit der am 16. Dezember 2004 zugestellten Klage verlangte der Kläger von den Beklagten Auskunft über die in ihrem Betrieb beschäftigt gewesenen gewerblichen Arbeitnehmer im Bezug auf den Zeitraum Juli 2004 bis September 2004 und, für den Fall nicht rechtszeitiger Auskunft, einen Entschädigungsbetrag von 5,700,00 Euro. Der Kläger stütze sich hierzu auf den allgemeinverbindlichen Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe vom 20. Dezember 1999. Im Termin vom 21. März 2005 erging zu Lasten der Beklagten ein Versäumnisurteil nach Maßgabe des Klageantrags. Hiergegen legten die Beklagten, nunmehr vertreten durch ihre Prozessbevollmächtigten, am 17. Juni 2005 Einspruch ein. Vor Verhandlung des Einspruchs wurde die Klage am 05. Juli 2005 zurückgenommen.

Unter dem 1. August 2005 beantragten die Beklagtenvertreter Vergütungsfestsetzung gegen die Beklagten wie folgt:

 Gegenstandswert: 5.700,00 €
Verfahrensgebühr § 13, Nr. 3100 VV RVG 1,6540,80 €
Gebührenerhöhung Nr. 1008 VV RVG um 0,3 wegen 2 Auftraggebern - 
Post- und Telekommunikation Nr. 7002 VV RVG20.00 €
Zwischensumme netto 60,80 €
Gesamtbetrag560,80 €

Antragsgemäß sollte der Gesamtbetrag mit Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Antragstellung verzinst werden.

Mit ihrem Schreiben ohne Datum, beim Arbeitsgericht am 18. August 2005 eingegangen, erklärten die Beklagten: "Gebühren und Auslagen werden mit dem Anwalt in gegenseitigem Einvernehmen geklärt." Eine Rückfrage des Rechtspflegers führte zu einer ergänzenden Erklärung des Beklagten zu 2) dahin, dass "mit dem Anwalt andere Preise vereinbart" worden seien. Außerdem bat der Beklagte zu 2) "um Aufschub, da Klärung am 15. September 2005 durch Urteil sich verändern könnte".

Durch Beschluss vom 11. Oktober 2005 wies die Rechtspflegerin sodann den Vergütungsfestsetzungsantrag der Beklagtenvertreter zurück mit der Begründung, die Beklagten hätten eingewandt, es sei mit ihren Prozessbevollmächtigten eine Honorarvereinbarung geschlossen worden. Dies hindere die begehrte Vergütungsfestsetzung. Den Beklagtenvertretern wurde dieser Beschluss am 17. Oktober 2005 zugestellt. Unter dem 31. Oktober 2005 legten die Beklagtenvertreter hiergegen sofortige Beschwerde ein unter Hinweis darauf, dass eine Honorarvereinbarung mit den Mandanten nicht abge€schlossen worden sei.

Die Rechtspflegerin hat durch Beschluss vom 16. November 2005 der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Akte dem Hessischen Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Einer Aufforderung des Beschwerdegerichts, ihre Einwendungen gegen den Kostenfestsetzungsantrag der Beklagtenvertreter zu präzisieren, sind die Beklagten trotz Fristsetzung bis zum 02. Dezember 2005 nicht nachgekommen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Akteninhalt im Übrigen verwiesen.

II.

Die sofortige Beschwerde der Beklagtenvertreter ist zulässig (§ 11 Abs. 2 RVG in Verbindung mit § 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO), insbesondere gemäß § 569 Abs. 1 ZPO fristgerecht innerhalb von 2 Wochen nach Zustellung erhoben. Der notwendige Beschwerdewert von mehr als 200 € ist erreicht (§ 567 Abs. 2 ZPO).

Die Rechtspflegerin hat der Beschwerde nicht abgeholfen (§ 572 Abs. 1 Satz 1 ZPO),

Die sofortige Beschwerde ist begründet.

Die Beklagtenvertreter können die begehrte Kostenfestsetzung gegenüber den Beklagten verlangen.

Zu Unrecht hat die Rechtspflegerin die Festsetzung unter Hinweis auf § 11 Abs. 5 RVG abgelehnt. Nach dieser Vorschrift kann eine Vergütungsfestsetzung nicht erfolgen, wenn der Antragsgegner Einwendungen oder Einreden erhebt, die nicht im Gebührenrecht ihren Grund haben. Solche sind hier aber nicht erkennbar. Die von der Rechtspflegerin angenommene Honorarvereinbarung, die für sich genommen tatsächlich die beantragte Vergütungsfestsetzung verbieten würde, ist nämlich noch nicht einmal in dem Maße substantiiert dargetan, wie dies nach allgemeine Ansicht im Rahmen des Vergütungsfestsetzungsverfahrens ausreicht. Hier bedarf es zwar keiner schlüssigen Darlegung der entsprechenden Einwendungen. Andererseits dürfen die Einwendungen auch nicht handgreiflich unrichtig, offensichtlich aus der Luft gegriffen oder ohne jeden Tatsachenkern sein (Hartmann, Kostengesetze, 35. Auflage 2005, § 11 RVG Randziffern 56, 57; Gerold/Schmidt/von Eicken/Madert/Müller-Rabe, RVG, 16. Auflage 2004, § 11 Randziffern 57, 58, jeweils m. w. N.).

Davon muss im vorliegenden Fall aber ausgegangen werden. Die Einwendungen der Beklagten sind völlig inhaltsleer und zudem auch widersprüchlich. So hatten die Beklagten zunächst eingewandt "Gebühren und Auslagen werden mit dem Anwalt im ge€genseitigen Einvernehmen geklärt". Einige Wochen später wurde dann vage behauptet, es "wurden mit dem Anwalt andere Preise vereinbart". Außerdem wurde um Aufschub gebeten wegen eines Urteils vom 15. September 2005. Somit wurde zunächst auf eine zukünftige (eventuelle?) Honorarvereinbarung mit den Prozessbevollmächtigten hingewiesen, sodann auf eine bereits abgeschlossene. Schließlich ist nach dem Verfahrensablauf unerklärlich, welche Klärung ein Urteil vom 15. September 2005 mit sich bringen könnte. Der Aufforderung des Beschwerdegerichts, hierzu ergänzend Stellung zu nehmen, haben die Beklagten keine Folge geleistet. Damit bleiben bei den Einwendungen der Beklagten derartige Dunkelheiten und Widersprüche, dass noch nicht einmal ansatzweise von einem auf konkrete Tatsachen gestützten Einwand der Beklagten gegen den Vergütungsfestsetzungsantrag der Beklagtenvertreter ausgegangen werden kann. Widersprüchliche und formelhafte Hinweise können nicht ausreichen (vgl. dazu auch OLG Frankfurt, AnwBl 83, 568; LAG Düsseldorf JurBüro 95, 649; Kammerbeschluss vom 26. Juli 2004 - 13 Ta 167/04 - ).

Den Beklagtenvertretern steht damit der begehrte Betrag von 560,80 € zu. Dieser ist auch seiner Höhe nach zutreffend berechnet. Die Beklagtenvertreter haben eine Verfahrensgebühr aus einem Gegenstandstandswert von 5.700,00 € zu erhalten. Dies ergibt sich aus § 13 RVG in Verbindung mit Nr. 3100 VV RVG. Der Gebührensatz von 1,3 erhöht sich um 0,3, weil zwei Auftraggeber vertreten wurden (vgl. Nr. 1008 VV RVG). Der Anspruch auf die Post- und Telekommunikationspauschale folgt aus Nr. 7002 VV RVG. Der Anspruch auf die Zinsen ergibt sich aus § 11 Abs. 2 RVG in Verbindung mit § 104 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei (KV Nr. 8613 GKG). Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet (§ 11 Abs. 2 Satz 6 RVG).

Ende der Entscheidung

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