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Gericht: Hessisches Landesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 14.02.2008
Aktenzeichen: 14 Sa 682/06
Rechtsgebiete: BGB, EG-Vertrag
Vorschriften:
BGB § 612 | |
EG-Vertrag Art. 141 |
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 21. Februar 2006, Az. 12 Ca 6478/05 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor wie folgt neu gefasst wird:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin
99.932,40 Euro brutto abzüglich
47.428,56 Euro netto sowie abzüglich weiterer
4.919,40 Euro netto zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass sich die Betriebsrente der Klägerin ab dem 01. Oktober 2007 um monatlich 157,33 Euro erhöht.
Von den Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte 64 %, die Klägerin 36 % zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten um die Verpflichtung der Beklagten, an die Klägerin über das 60. Lebensjahr hinaus bis zur Vollendung des 63. Lebensjahres Beurlaubungsgeld zu zahlen, ferner darum, den sich hieraus ergebenden Abschlag beim Rentenbezug auszugleichen, dies unter dem Gesichtspunkt der Ungleichbehandlung von Frauen.
Die am 21.09.1944 geborene Klägerin und Berufungsbeklagte (im Folgenden: Klägerin) ist seit dem 01.07.1964 bei der Beklagten und Berufungsklägerin (im Folgenden: Beklagte), einer Krankenkasse, beschäftigt. Auf den Inhalt des zwischen den Parteien abgeschlossenen Arbeitsvertrages vom 14.04.1994 (Bl. 61 d.A.) wird Bezug genommen. Auf das Arbeitsverhältnis ist kraft Bezugnahme im Arbeitsvertrag der Manteltarifvertrag der Techniker Krankenkasse (im Folgenden: TKT), auf dessen Inhalt Bezug genommen wird (Bl. 99 d.A.), anwendbar.
Die Klägerin war zunächst bis zum 30.09.2001 aktiv beschäftigt, im Zeitraum vom 01.10.2001 bis zum 30.10.2002 war die Klägerin auf eigenen Wunsch unbezahlt freigestellt.
Mit Wirkung ab dem 01. Oktober 2002 wurde die Klägerin auf eigenen Wunsch gem. § 30 Abs. 2 TKT beurlaubt. Auf das entsprechende Schreiben der Beklagten (Anlage B 4, Bl. 100 d.A.) wird Bezug genommen. Das für den Zeitraum der Beurlaubung bezahlte Entgelt berechnete die Beklagte in Höhe von 75% von € 3.589,50, mithin € 2.692,13 monatlich. In der Folgezeit erhöhten sich die Bezüge für den Beurlaubungszeitraum auf monatlich € 2.775,90. Hinsichtlich des Endes des Beurlaubungszeitraums enthält § 30 Abs. 3 TKT folgende Regelung:
"Die Beurlaubung endet mit einem Bezug der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung, die zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu beantragen ist."
Auf diese Bestimmung wies die Beklagte die Klägerin u.a. im Schreiben vom 04.09.2002 hin. Hierin heißt es:
"Gemäß § 30 Abs. 3 TKT sind Sie verpflichtet, zum frühestmöglichen Zeitpunkt einen Antrag auf Altersrente zu stellen (vorzeitige Inanspruchnahme der Altersrente); nach unseren Unterlagen ab dem 01.10.2004 und dabei auch etwaige Abschläge bei der Rentenhöhe in Kauf zu nehmen."
Die Klägerin erhielt unter dem 16.07.2004 einen Rentenbescheid für den Zeitraum ab dem 01.10.2004, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird (Anlage zur Klageschrift, Bl. 16 d.A.). Dieser wies eine monatliche Rente ab dem 01.10.2004 in Höhe von € 1.317,46 aus. Ferner erhält die Klägerin eine Rente der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (im Folgenden: VBL) in Höhe von € 136,65.
Im Streit zwischen den Parteien ist ferner die Höhe der Betriebsrente, die nach der Anlage 6 a zum TKT berechnet wird (Anlage B 5, Bl. 102 d.A.). Für die Berechnung des Gesamtruhegeldes legte die Beklagte 37 anrechnungsfähige Beschäftigungsjahre zugrunde, woraus sich ein Gesamtruhegeld in Höhe von 75% des ruhegehaltfähigen Gehalts ergab. Nach Buchstabe a) der Nr. 11 zur Anlage A zum TKT wird auf das Gesamtruhegeld die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung in voller Höhe angerechnet, und zwar auch dann, wenn die Rente ruht. Zweitinstanzlich verfolgt die Klägerin einen Differenzbetrag in Höhe von € 157,33 monatlich weiter, der sich daraus ergibt, dass ein männlicher Mitarbeiter maximal einen Rentenabzug in Höhe von 7,2% für die hier streitigen 3 Jahre hätte.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 19. Mai 2005 begehrte die Klägerin die Fortführung der Beurlaubung nach § 30 MTV unter dem Aspekt der Gleichbehandlung bis zur Vollendung des 63. Lebensjahres. Nachdem die Beklagte dieser Forderung nicht nachkam, macht sie die entsprechenden Ansprüche mit ihrer am 28.07.2005 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage geltend.
Wegen des weiteren Sachvortrags der Parteien sowie der erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des Urteils des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 21. Februar 2006 Bezug genommen.
Das Arbeitsgericht hat - soweit zweitinstanzlich noch von Interesse - den Ansprüchen der Klägerin im Wesentlichen stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Regelung in § 30 Abs. 2 TKT gegen Art. 141 Abs. 2 EG-Vertrag verstoße, da männliche Mitarbeiter das Übergangsgeld bis zur Vollendung des 63. Lebensjahres beziehen könnten. Ein sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung liege nicht vor.
Gegen dieses Urteil, das der Beklagten am 10.04.2006 zugestellt worden ist, hat die Beklagte mit Schriftsatz, der am 18.04.2006 beim Hessischen Landesarbeitsgericht eingegangen ist, Berufung eingelegt und diese nach rechtzeitiger Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 10.07.2006 am 11.07.2006 im Einzelnen begründet. Die Beklagte wiederholt und vertieft ihren Vortrag aus dem ersten Rechtszug. Sie führt aus, dass Sinn und Zweck der tariflichen Regelung darin liege, die Zeit zwischen Ende des Beschäftigungsverhältnisses und der Altersrente zu überbrücken. In § 30 TKT sei lediglich bestimmt, wann der entsprechende Überbrückungszeitraum ende. Die mittelbare Benachteiligung sei mithin nicht durch die Beklagte vorgenommen worden, sondern beruhe auf einer gesetzlichen Regelung, an die lediglich angeknüpft werde. Zudem liege in dem vorzeitigen Bezug einer Altersrente auch ein Vorteil jedenfalls für die Arbeitnehmer, deren Wunsch es sei, möglichst früh aus dem Erwerbsleben auszuscheiden. Schließlich habe sich die Klägerin freiwillig für eine vorzeitige Beurlaubung entschieden.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 21.02.2006 - Az. 12 Ca 6478/05 - teilweise abzuändern und die Klage abzuweisen sowie der Klägerin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.
Die Klägerin hat im Berufungsverfahren die Klage teilweise zurückgenommen. Sie beantragt zuletzt - unter Zurückweisung der Berufung der Beklagten -,
das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 21. Februar 2006 mit folgender Maßgabe aufrechtzuerhalten:
1. Die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin € 99.932,40 brutto abzüglich übergegangene Ansprüche in Höhe von € 47.428,56 netto sowie € 4.919,40 netto zu zahlen.
2. Festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, zusätzlich zur monatlichen Betriebsrente an die Klägerin € 157,33 monatlich zu zahlen.
Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung ihres Vortrags aus dem ersten Rechtszug.
Wegen des weiteren Sachvortrags der Beklagten wird auf den Inhalt der in der mündlichen Verhandlung vorgetragenen Berufungsbegründung der Beklagten vom 11.7.2006 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gem. den §§ 8 Abs. 2 ArbGG, 511 ZPO sowie nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes gem. § 64 Abs. 2 ArbGG statthafte Berufung ist zwar fristgerecht eingelegt, jedoch nicht fristgemäß begründet worden. Gemäß Beschluss des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 13.07.2006 wurde die Berufungsfrist bis zum 10.07.2006 verlängert. Der Beklagten war jedoch Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, § 233 ZPO, da sie ohne ihr Verschulden verhindert war, die Frist zur Berufung einzuhalten. Auf die Gründe des entsprechenden Beschlusses des Bundesarbeitsgerichts vom 20.08.2007 (3 AZB 10/07, Bl. 260 ff. d.A.) wird Bezug genommen.
Die Berufung hat jedoch in der Sache keinen Erfolg, weil sie unbegründet ist. Das Arbeitsgericht hat mit zutreffenden Erwägungen der Klage - soweit sie nach teilweiser Klagerücknahme noch in der Berufungsinstanz anhängig war - stattgegeben. Im Einzelnen gilt Folgendes:
1.
Die in der Berufungsinstanz geänderten Anträge der Klägerin sind, soweit es die Änderung des Zahlungsantrags in einen Feststellungsantrag betrifft, zulässig. Der von der Kammer angeregte Antragswechsel vom Übergang von einer Leistungs- auf eine Feststellungsklage - soweit es die Anträge der Klägerin auf Erhöhung der Ansprüche aus betrieblicher Altersversorgung betrifft - stellt keine Klageänderung im Sinne des § 263 ZPO dar, sondern ist eine von den Voraussetzungen des § 263 ZPO unabhängige Klageeinschränkung. Das Gericht folgt insoweit der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 21. März 1996 (2 AZR 543/95 - AP BGB § 123 Nr. 42). Zudem handelt es sich um sachdienliche Änderungen, da lediglich die Differenz zwischen der bisher seitens der Beklagten gewährten Rentenbezüge und einem Erhöhungsbetrag, der sich aufgrund der vorgezogenen Inanspruchnahme der betrieblichen Altersversorgung ergab, im Streit ist.
2.
Zutreffend hat das Arbeitsgericht entschieden, dass der Klägerin ein Anspruch auf monatliche Zahlung in Höhe von € 2.775,90 für den Zeitraum vom 01. Oktober 2004 bis zum 30. September 2007 zusteht, dies jedoch - was nach der entsprechenden Klagerücknahme der Klägerin unstreitig ist - unter Anrechnung der in diesem Zeitraum bezogenen Rente sowie der Leistungen der VBL. Der Anspruch ergibt sich aus § 612 Abs. 3 BGB in Verbindung mit § 30 TKT. Die in § 30 Abs. 2 TKT enthaltene Begrenzung auf Zahlung des Beurlaubungsgeldes ist unwirksam, da eine Verletzung des § 612 BGB in Verbindung mit Art. 141 Abs. 2 EG-Vertrag vorliegt.
Bei den von der Klägerin in Anspruch genommenen Leistungen handelt es sich um Entgelt. Der Begriff des Entgelts im Sinne des Art. 141 EG-Vertrag umfasst alle gegenwärtigen oder zukünftigen Leistungen, die der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer unmittelbar oder mittelbar aufgrund des Arbeitsverhältnisses gewährt. Ausreichend ist, wenn die Leistung im weitesten Sinn mit dem Beschäftigungsverhältnis im Zusammenhang steht (vgl. Entscheidung des EuGH 21. Oktober 1999 - C 333/97 - juris). Auch das von der Beklagten gewährte Beurlaubungsgeld stellt somit Entgelt im Sinne dieser Vorschrift dar.
2.1
Die in § 30 Abs. 2 enthaltene Regelung, wonach der Anspruch der Klägerin auf Zahlung des Beurlaubungsgeldes mit dem Bezug der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung, die zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu beantragen ist, erlischt, ist unwirksam und mithin nicht anzuwenden. Sie führt zu einer Benachteiligung der Klägerin.
Zwar diskriminiert die Regelung weibliche Arbeitnehmer nicht unmittelbar, da sie neutral gefasst ist. Sie knüpft insbesondere nicht an das Geschlecht "Frau" an, sondern an Merkmale, die bei beiden Geschlechtern vorliegen können. Tatsächlich betrifft sie jedoch überwiegend Frauen.
Soweit es den frühestmöglichen Rentenbezug betrifft, haben vor dem 01. Januar 1952 geborene Frauen unter der Voraussetzung von § 237 a SGB VI Anspruch auf Altersrente mit Vollendung des 60. Lebensjahres. Unter diesen Anwendungsbereich fällt auch die Klägerin, die vor dem 01. Januar 1952 geboren ist. Demgegenüber erhalten Männer, die vor dem 01. November 1949 geboren sind entsprechende Leistungen gem. § 236 SGB VI erst ab dem 63. Lebensjahr. Aus diesen Regelungen ergibt sich, dass gleich alte Männer von der Beklagten 3 Jahre länger Beurlaubungsgeld erhalten als die Klägerin. Hieraus folgt im Übrigen auch ein Nachteil dadurch, als die gesetzliche Altersrente durch die Inanspruchnahme ab Vollendung des 60. Lebensjahres gem. § 77 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII gekürzt wird (Kürzungsfaktor 18%), während bei gleichaltrigen Männern nur ein Abschlag in Höhe von 7,2% anfällt.
2.2
Dahingestellt bleiben kann die Frage, inwiefern auch männliche Schwerbehinderte unter den Anwendungsbereich dieser Norm fallen, zumal sie gem. § 37 SGB VI gleichfalls vorzeitig in Altersrente gehen können. Dies kann in diesem Zusammenhang offen bleiben, da eine etwaige Benachteiligung schwerbehinderter Menschen nach Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG gleichfalls unwirksam wäre.
2.3
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, von der abzuweichen die Kammer keine Veranlassung sieht, ist jedoch anerkannt, dass arbeitsrechtliche Regelungen, die an das gesetzliche Rentenrecht oder an das dort geregelte unterschiedliche Rentenzugangsalter anknüpfen, gerechtfertigt sein können. Dies gilt insbesondere auch für Sozialplanleistungen (vgl. BAG, Urteil vom 31.07.1996 - 10 AZR 45/96 - AP BetrVG 1972 § 112 Nr. 103; ebenso Urteil vom 14.12.1999 - 1 AZR 267/99 - juris). Entsprechend hat auch der Europäische Gerichtshof (Urteil des EuGH vom 20. März 2003 - C-187/00 - EzA EGV Nr. 5 Richtlinie 76/07) darauf abgestellt, dass zu prüfen ist, ob die unterschiedliche Behandlung, die sich aus der streitigen Regelung über die Beurlaubung ergibt, durch objektive Faktoren gerechtfertigt ist, die nichts mit einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts zu tun haben. Dies gilt auch dann, wenn sie darauf beruht, dass sie jedenfalls an eine für eine Übergangsphase als noch verfassungsgemäß beurteilten unterschiedlichen Zugangsalter für Männer und Frauen beruhen, die an der typischen Doppelbelastung der Frauen durch Familie und Beruf anknüpfen und daher verfassungsrechtlich zulässig sind (vgl. BVerfG, Urteil vom 27.01.1987 - 1 BvR 455/82 - juris).
Grundsätzlich ist es daher zulässig, an die sich hieraus ergebende sozialrechtliche Begünstigung von Frauen anzuknüpfen, die sich jedoch auch nachteilig auswirken können. Entscheidend ist bei der Überprüfung, ob zwischen der vom Arbeitgeber geschuldeten Leistung und der in Bezug genommenen Rentenberechtigung des Arbeitnehmers ein sachlicher Zusammenhang besteht, wobei sich dies danach beurteilt, welches Ziel der Arbeitgeber mit seiner Leistung erreichen will. Hierbei ist auf die anspruchsbegründenden Merkmale der Norm abzustellen (vgl. BAG, Urteil vom 20.08.2002 - 9 AZR 750/00 - NZA 2003, S. 861).
2.4
Zutreffend hat jedoch bereits das Arbeitsgericht erkannt, dass sachliche Gründe für eine Ungleichbehandlung nicht gegeben sind.
Soweit die Beklagte darauf abstellt, dass der Zweck der Regelung insbesondere darin besteht, dass Mitarbeiter, die nach Vollendung des 58. Lebensjahres sich außer Stande sehen, die ihnen obliegenden Aufgaben in vollem Umfang zu erfüllen und ihnen andere, ihrer Vergütungsgruppe entsprechende Aufgaben nicht übertragen werden können, kann dies eine differenzierte Behandlung nicht rechtfertigen.
Zwar folgt aus § 30 Abs. 2 TKT, dass das Beurlaubungsgeld im Wesentlichen eine Überbrückungsfunktion hat, nämlich das Schließen einer möglichen Versorgungslücke, die dadurch entsteht, dass ein Arbeitnehmer seinen vertraglichen Verpflichtungen nicht mehr nachkommen kann, andererseits jedoch eine Rente wegen voller Erwerbsminderung nicht beansprucht werden kann. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass insbesondere der Überbrückungszweck eine sachliche Rechtfertigung für die Begrenzung von Leistungen darstellen kann (vgl. zu Sozialplanregelungen: BAG vom 30.10.2001 - 1 AZR 65/01 - AP BetrVG 1972 § 112 Nr. 145, m.w.N.). Im Rahmen von Sozialplanregelungen geht es im Wesentlichen darum, im Zusammenhang mit einer Betriebsänderung vorhandene beschränkte Mittel möglichst bedarfsgerecht an die betroffenen Arbeitnehmer zu verteilen, wobei bereits aufgrund der großen Zahl von möglichen Versorgungsnachteilen eine Pauschalisierung und Begrenzung der Mittel erforderlich ist. Die für den Sozialplan geltenden Gesichtspunkte (vgl. insoweit auch Urteil des Hess. LAG vom 06.12.2005 - 4 Sa 617/05 - juris) sind jedoch nicht einschlägig. Insbesondere besteht nicht die Situation, im Rahmen eines Interessenausgleichs nach § 112 BetrVG innerhalb kurzer Zeit begrenzte Mittel zu verteilen, wobei nur in engem Umfang auf unterschiedliche individuelle Umstände abgestellt werden kann und notwendig eine Pauschalisierung erforderlich ist. Die in § 30 Abs. 2 TKT gesetzte Regelung verfolgt jedoch allein den Zweck, die finanziellen Mittel, die im Zusammenhang mit einer Beurlaubung entstehen, zu begrenzen, dies mit der Konsequenz, dass hiervon weibliche Mitarbeiter in erheblichem Umfang benachteiligt sind. Dass allein finanzielle Erwägungen dies nicht rechtfertigen können, hat bereits der Europäische Gerichtshof in seiner Entscheidung vom 20.03.2003 (a. a. O.) erkannt (vgl. ebenso Hess. LAG, Urteil vom 22.01.2002 - 15 Sa 1786/01 - juris).
Entsprechen hat der EuGH angenommen, dass die für Männer und Frauen der hier interessierenden Jahrgänge das unterschiedliche Eingangsalter der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung eine unterschiedliche Dauer einer tarifvertraglichen Altersteilzeit nicht rechtfertigen kann (vgl. EuGH, 20.3.2003, aaO.), wobei eine tarifliche Altersteilzeitregelung eine ähnliche Überbrückungsfunktion erfüllt wie die hier streitige Regelung des Beurlaubungsgeldes.
Als Folge des Verstoßes hat das Gericht die Diskriminierung dadurch auszuschließen, dass die Regelung zugunsten der benachteiligten Gruppe auszuschließen ist (vgl. EuGH, Urteil vom 20.03.2003, a. a. O., Rz 73).
3.
Hieraus folgt ein Zahlungsanspruch der Klägerin in - insoweit unstreitiger - Höhe von monatlich € 2.775,90, mithin für den hier streitigen 3-Jahres-Zeitraum, insgesamt somit € 99.932,40. Unstreitig ist insoweit die gem. § 3 Abs. 5 TKT geregelte Reduzierung um die in Anspruch genommene Rente in Höhe von € 1.317,46, mithin für 36 Monate € 47.428,56 sowie ferner die seitens der Klägerin bezogene VBL-Leistungen in Höhe von € 136,65 monatlich, mithin € 4.919,40.
4.
Aus den obigen Erwägungen ergibt sich des Weiteren, dass auch die durch die vorzeitige Inanspruchnahme der Rente reduzierten Rentenbezüge auszugleichen sind (vgl. hierzu BAG, 24.1.2006, 3 AZR 484/04 - juris). Die Beklagte hat die Rente der Klägerin mit € 1.589,21 berechnet, der Abschlag in Höhe von 7,2% führt zu einer Reduzierung auf € 1.474,78, woraus sich eine monatliche Differenz zur Rente der Klägerin in Höhe von € 1.317,46 auf € 157,33 ergibt. In entsprechender Höhe war dem Feststellungsantrag der Klägerin stattzugeben.
5.
Die Kosten des Rechtsstreits waren unter Berücksichtigung der Teilklagerücknahme im Verhältnis des Obsiegens und Unterliegens zu teilen, § 92 ZPO.
Die Revisionszulassung erfolgt gem. § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache.
Ende der Entscheidung
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