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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessisches Landesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 28.03.2006
Aktenzeichen: 15/14 Sa 1117/05
Rechtsgebiete: KSchG, BetrVG


Vorschriften:

KSchG § 2
KSchG § 1 II
KSchG § 1 III
BetrVG § 102
Änderungskündigung im Zusammenhang mit Teilbetriebsübergang für wirksam befunden.
Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 9. März 2005 - 17/5 Ca 7370/04 - wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Änderungskündigung.

Der am X.X. 1951 geborene verheiratete Kläger (zwei Kindern gegenüber unterhaltspflichtig) war bei der Beklagten seit dem 01. September 1988 als Sachbearbeiter Kurierabfertigung beschäftigt. Das Bruttomonatsgehalt des Klägers betrug im Juni 2004 3.489,27 EUR. In dem schriftlichen Arbeitsvertrag vom 27. August 1985, wegen dessen weiterer Einzelheiten auf die zu den Gerichtsakten gereichte Kopie (Blatt 79/80 d.A.) verwiesen wird, heißt es u. a.:

"Der Arbeitsvertrag richtet sich nach den Bestimmungen des Bundesangestelltentarifvertrages (BAT) einschließlich der für die A. geltenden Zusatzbestimmungen, den betriebsüblichen Regelungen und den Dienstvorschriften."

Die Beklagte beschäftigt regelmäßig etwa 13.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Sie betrieb u. a. die Abfertigung von Luftfracht am Flughafen B. in der Abteilung Bodenverkehrsdienste - Fracht (BVD-F), in der ca. 600 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer - darunter der Kläger - beschäftigt waren. Die Beklagte nahm in dieser Abteilung zum einen mit eigenem Personal die von Frachtführern im Auftrag von Luftverkehrsgesellschaften angelieferte Luftfracht entgegen, lagerte sie zwischen, kommissionierte die Luftfracht nach Angaben der Luftverkehrsgesellschaft, verwog sie und stellte sie zur Verladung in Flugzeuge bereit (so genannter Export). Zum anderen übernahm die Beklagte Luftfracht auf Paletten oder in Containern von Luftverkehrsgesellschaften, die aus Flugzeugen entladen worden war. Die Beklagte lagerte auch diese Fracht vorübergehend ein, bis sie von einem Frachtführer oder einem Endkunden der Luftverkehrsgesellschaft abgeholt wurde (so genannter Import). Zu der Tätigkeit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Abteilung BVD-F gehörte weder die Verladung der Fracht in die Flugzeuge noch die Entladung der Flugzeuge. Für diese Flugzeugabfertigung bestand und besteht bei der Beklagten eine eigene Abteilung.

Die Abteilung BVD-F besaß eine große Halle auf dem Flughafengelände mit Lager- und Büroraum sowie eine Wiegestation direkt vor der Halle zwischen der Halle und dem Vorfeld mit Büro- und Unterkunftscontainern. Sie besaß Flurförderfahrzeuge, insbesondere Gabelstapler zum Transport von Packstücken, Paletten und Containern vornehmlich innerhalb der Halle, Lagereinrichtungen in der Halle sowie eine übliche Büroausstattung und ein EDV-System zur administrativen Abwicklung der Frachtabfertigung.

Am 14. April 2003 beschloss der Vorstand der Beklagten zur Vermeidung sich erhöhender Verluste, den Bereich BVD-F in die hundertprozentige Tochter der Beklagten C. zu verlagern. Während die Beklagte durch Verbandsmitgliedschaft an den BAT und den BMT-G gebunden ist und mit allen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in den Arbeitsverträgen die Geltung dieser Tarifwerke zwecks Gleichstellung vereinbart, unterliegt die Tochtergesellschaft nicht diesen Bindungen und kann daher auf dem Markt kostengünstiger auftreten. Der konzerninternen Verlagerung stimmte der Aufsichtsrat am 24. September 2003 zu. Auf Grund der innerbetrieblichen Diskussion und der Verhandlungen mit dem Betriebsrat zeichnete sich jedoch ab, dass die Mehrzahl der Beschäftigten der Abteilung BVD-F einem Betriebsübergang widersprechen werde. Die Beklagte richtete daher in dem Bereich Bodenverkehrsdienste die neue Abteilung Frachtservice ein (BVD-FS). In dieser Abteilung sollten die Beschäftigten aus der Abteilung BVD-F aufgefangen werden, die einem Betriebsübergang widersprechen würden. Die in der neuen Abteilung BVD-FS beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sollten dann im Wege der Arbeitnehmerüberlassung bei der C. eingesetzt werden. Zwischenzeitlich hat die C. umfirmiert und heißt heute D. .

Mit Schreiben vom 27. Oktober 2003 unterrichtete die Beklagte den Kläger und alle anderen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Abteilung BVD-F über den bevorstehenden Betriebsübergang. Der Kläger widersprach - wie 544 weitere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer - dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses von der Beklagten auf die Tochtergesellschaft (vgl. Kopie der Erklärung des Klägers vom 16. Dezember 2003, Blatt 46 d. A.).

Unter dem Datum des 19. Dezember 2003 schlossen der Hessische Arbeitgeberverband der Gemeinden und Kommunalverbände, dessen Mitglied die Beklagte ist, und E. , die Tarifvertragliche Vereinbarung Nr. 741 (Kopie Blatt 48 bis 53 d.A.) ab. Dabei handelt es sich um eine Sonderregelung zum Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) und zum BMT-G für die Beschäftigten der Abteilung Frachtservice bei der Beklagten. Dieser Tarifvertrag gilt für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf die Tochtergesellschaft widersprochen haben. Er sieht u. a. vor, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer verpflichtet sind, ihre Arbeitsaufgaben bei einem Entleiherbetrieb wahrzunehmen. Nach diesem Tarifvertrag ist die Vergütung bei einer Beschäftigung in der Abteilung Frachtservice (BVD-FS) geringer als bisher.

Unter dem Datum des 22. Dezember 2003 erteilte das F. der Beklagten die Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Überlassung von Arbeitnehmern.

Mit Schreiben vom 27. Juli 2004 hörte die Beklagte den bei ihr gebildeten Betriebsrat zur beabsichtigten Änderungskündigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger an. Gleichzeitig beantragte die Beklagte die Zustimmung des Betriebsrates zu einer mit der Änderungskündigung beabsichtigten Versetzung. Wegen der Einzelheiten des Anhörungsschreibens wird auf die zu den Gerichtsakten gereichte Kopie (Blatt 54 bis 57 d. A.) Bezug genommen. Das Anhörungsschreiben ging dem Betriebsrat am 29. Juli 2004 zu.

Der Betriebsrat nahm zu der beabsichtigten Kündigung mit Schreiben vom 04. August 2004 (Kopie Blatt 58 f. d. A.), der Beklagten zugegangen am 05. August 2004, Stellung.

Mit Schreiben vom 10. August 2004 (Kopie Blatt 3 bis 7 d. A.) kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 31. März 2005, nachdem mit Bescheid vom 20. Juli 2004 (Kopie Blatt 60 bis 65 d.A.) das Integrationsamt die Zustimmung hierzu erteilt hatte. Gleichzeitig bot sie dem Kläger die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses in der Abteilung Frachtservice zu den entsprechend der Tarifvertraglichen Vereinbarung Nr. 741 geänderten Bedingungen ab dem 01. April 2005 an.

Der Kläger nahm das Angebot mit der Klageschrift vom 12. August 2004 (Blatt 1/2 d. A.) unter dem Vorbehalt an, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen nicht sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist. Die Beklagte erhielt die Klageschrift vorab zur Kenntnis, die Klage ist der Beklagten am 23. August 2004 zugestellt worden.

Die Beklagte hatte durch eine vertragliche Vereinbarung sämtliche Betriebsmittel der Abteilung BVD-F mit Wirkung zum 01. Juli 2004 auf die G. übertragen. Zum gleichen Zeitpunkt waren sämtliche Kundenverträge der Frachtabteilung auf diese Tochtergesellschaft übertragen worden. Der bisherige Leiter der Frachtabfertigung, Herr H. , ist nunmehr Geschäftsführer der G. . Die Halle mit dem Lagerraum und dem Büroraum sowie die außerhalb der Halle gelegene Wiegestation nebst Büro und Unterkunftscontainer gingen in den Besitz dieser Gesellschaft über. Die bisherige Frachtabteilung BVD-F existiert nicht mehr, die Organisation ist aufgelöst, es existieren bei der Beklagten keine Betriebsmittel und keine Kundenbeziehungen mehr.

Der Kläger hat die Änderungskündigung für sozial ungerechtfertigt gehalten. Wegen der weiteren Einzelheiten seines erstinstanzlichen Vorbringens wird auf die Klageschrift (Blatt 1 f. d. A.) und den Schriftsatz vom 07. Dezember 2004 (Blatt 72 f. d. A.) Bezug genommen.

Der Kläger hat daher vor dem Arbeitsgericht ausweislich des insoweit maßgeblichen Protokolls vom 09. März 2005 (Blatt 78 d.A.) beantragt,

festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die Änderungskündigung vom 10. August 2004 unwirksam ist, und die Beklagte zu verurteilen, ihn zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Sachbearbeiter Kurierabfertigung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzrechtsstreites weiterzubeschäftigen.

Die Beklagte hat demgegenüber beantragt,

die Klage abzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten ihres erstinstanzlichen Vorbringens wird auf die Schriftsätze vom 11. November 2004 mit Anlagen (Blatt 15 bis 70 d. A.) und vom 01. Februar 2005 mit einer Anlage (Blatt 74 bis 77 d. A.) verwiesen.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 09. März 2005 (Blatt 82 bis 95 d. A.) die Klage abgewiesen, die Kosten des Rechtsstreits dem Kläger auferlegt und den Wert des Streitgegenstandes auf 13.959,00 EUR festgesetzt. Auf dieses Urteil wird zur weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes und bezüglich der Entscheidungsgründe Bezug genommen. Das Arbeitsgericht hat das Vorliegen dringender betrieblicher Erfordernisse bejaht. Aufgrund einer unternehmerischen Entscheidung der Beklagten sei der Arbeitsplatz des Klägers entfallen, und die Möglichkeit der Beschäftigung des Klägers auf einem anderen freien gleichwertigen Arbeitsplatz sei nicht gegeben gewesen. Auch scheitere die Wirksamkeit der Kündigung nicht an einer fehlerhaften Sozialauswahl oder einer fehlerhaften Betriebsratsanhörung, tarifrechtliche Bedenken bestünden nicht.

Das Urteil des Arbeitsgerichts ist dem Kläger am 13. Juni 2005 zugestellt worden. Die dagegen gerichtete Berufung des Klägers ist mit Begründung am 30. Juni 2005 beim Landesarbeitsgericht eingegangen.

Der Kläger hält das Urteil des Arbeitsgerichts für unzutreffend. Er ist nach wie vor der Ansicht, der Betriebsratsanhörung leide unter Mängeln. Weiter könne nicht von einer fehlerfreien Unternehmerentscheidung und einem Betriebsübergang ausgegangen werden. Schließlich habe es eine anderweitige Weiterbeschäftigungsmöglichkeit gegeben, und die Sozialauswahl sei fehlerhaft. Für den Vortrag des Klägers im Berufungsrechtszug im Einzelnen wird Bezug genommen auf den Schriftsatz vom 17. Juni 2005 (Blatt 100 bis 104 d. A.).

Der Kläger beantragt daher,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 09. März 2005 - 17/5 Ca 7370/04 - festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die Änderungskündigung der Beklagten vom 10. August 2004 sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen unwirksam ist, und die Beklagte zu verurteilen, ihn zu unveränderten Bedingungen weiterzubeschäftigen.

Demgegenüber beantragt die Beklagte,

die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt unter Auseinandersetzung mit dem zweitinstanzlichen Klägervortrag das angefochtene Urteil. Sie hält ihr Vorgehen für korrekt. Freie und für den Kläger geeignete Arbeitsplätze habe es nicht gegeben. Für die weiteren Details des Beklagtenvortrags in der Berufungsinstanz wird Bezug genommen auf den Schriftsatz vom 27. Juli 2005 (Blatt 108 bis 114 d. A.).

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers gegen das arbeitsgerichtliche Urteil - dieses stellt sich nicht als Teilurteil dar, obwohl der im Tatbestand des Urteil wiedergegebene Antrag (Blatt 86 d.A.) und die Begründung der Wertfestsetzung (Blatt 94 d.A.) dafür sprechen könnten, dass nur über den Feststellungsantrag entschieden wurde; denn ausweislich des Tenors ist die Klage einschränkungslos abgewiesen worden, und die Wertfestsetzung auf vier Bruttomonatsverdienste belegt, dass die Kammer auch den Weiterbeschäftigungsantrag im Blick hatte - erweist sich als unbegründet: Die Klage ist unbegründet.

Die zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsbedingungen sind durch die Änderungskündigung vom 10. August 2004 entsprechend den in der Änderungskündigung genannten Bedingungen und zum darin genannten Zeitpunkt geändert worden.

Die Änderungskündigung ist zunächst nicht aus anderen Gründen im Sinne des § 4 Satz 2 KSchG unwirksam. Der Kläger hat sich nicht auf einen besonderen Kündigungsschutz oder eine mögliche Unkündbarkeit berufen, so dass hierauf nicht weiter einzugehen ist. An § 102 Abs. 1 BetrVG scheitert die Kündigung gleichfalls nicht, weil die Änderungskündigung ausweislich der im Tatbestand wiedergegebenen Daten erst nach Ablauf der Wochenfrist des § 102 Abs. 2 Satz 1 BetrVG ausgesprochen worden ist. Damit kommt es nicht darauf an, ob Herr X vom Betriebsrat bevollmächtigt war, ob eine abschließende Stellungnahme des Betriebsrates vorlag und ob vom Betriebsrat ein ordnungsgemäßer Beschluss bezüglich der Anhörung zur Kündigung des Klägers gefasst worden ist. Im Übrigen ist nicht erkennbar, dass der Betriebsrat unzureichend informiert worden wäre.

Die Änderungskündigung ist außerdem nicht sozial ungerechtfertigt (§ 2 Satz 1, § 1 Abs. 2 Satz 1 bis 3 und Abs. 3 Satz 1 und 2 KSchG).

Auf Grund der Dauer des Arbeitsverhältnisses und der Zahl der bei der Beklagten beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer findet das Kündigungsschutzgesetz Anwendung (§§ 1 Abs. 1, 23 Abs. 1 KSchG). Nimmt der Arbeitnehmer - wie hier - das Änderungsangebot des Arbeitgebers rechtzeitig unter Vorbehalt an, so hängt die Wirksamkeit der Änderungskündigung von der sozialen Rechtfertigung der angebotenen Vertragsänderung ab.

Aus der Verweisung in § 2 Satz 1 KSchG auf § 1 Abs. 2 und 3 KSchG folgt, dass für die Vertragsänderung ein Grund in der Person oder im Verhalten des Arbeitnehmers oder ein dringendes betriebliches Erfordernis - nur darum geht es hier - vorliegen muss. Die eine ordentliche Änderungskündigung sozial rechtfertigenden dringenden betrieblichen Erfordernisse im Sinne von § 1 Abs. 2 Satz 1, § 2 KSchG setzen voraus, dass das Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers im Betrieb zu den bisherigen Bedingungen entfallen ist (BAG Urteil vom 23. Juni 2005 - 2 AZR 642/04 - EzA § 2 KSchG Nr. 54). Darüber hinaus ist das Änderungsangebot des Arbeitgebers daran zu messen, ob der Arbeitgeber sich bei einem an sich anerkennenswerten Grund zur Änderungskündigung darauf beschränkt hat, nur solche Änderungen vorzuschlagen, die der Arbeitnehmer billigerweise hinnehmen muss (ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts: vgl. dazu BAG Urteil vom 15. März 1991 - 2 AZR 582/90 - NZA 1992, 120; BAG Urteil vom 23. November 2000 - 2 AZR 547/99 - NZA 2001, 492; BAG Urteil vom 27. September 2001 - 2 AZR 236/00 - NZA 2002, 750; BAG Urteil vom 23. Juni 2005 - 2 AZR 642/04 - EzA § 2 KSchG Nr. 54, alle mit weit. Nachw.). Dies beruht auf dem das gesamte Kündigungsrecht beherrschenden Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (vgl. BAG Urteil vom 03. Juli 2003 - 2 AZR 617/02 - DB 2004, 655; vgl. auch BAG Urteil vom 21. April 2005 - 2 AZR 244/04 - EzA-Schnelldienst Nr. 20/2005, S. 6 = DB 2005, 2250 und BAG Urteil vom 23. Juni 2005 - 2 AZR 642/04 - EzA § 2 KSchG Nr. 54). Die Änderungen müssen geeignet und erforderlich sein, um den Inhalt des Arbeitsvertrages den geänderten Beschäftigungsmöglichkeiten anzupassen. Diese Voraussetzungen müssen für alle Vertragsänderungen vorliegen (BAG Urteil vom 03. Juli 2003, a.a.O; BAG Urteil vom 23. Juni 2005 - 2 AZR 642/04 - EzA § 2 KSchG Nr. 54; vgl. weiter KR-Rost, 7. Aufl., § 2 KSchG, Rz. 106 d). Ausgangspunkt ist dabei die bisherige vertragliche Regelung, was bedeutet: Die angebotenen Änderungen dürfen sich nicht weiter vom Inhalt des bisherigen Arbeitsverhältnisses entfernen, als dies zur Erreichung des angestrebten Zieles erforderlich ist (BAG Urteil vom 23. Juni 2005 - 2 AZR 642/04 - EzA § 2 KSchG Nr. 54). Bei einer vom Arbeitgeber angestrebten Änderung von Tätigkeit und Vergütung muss die Vergütungsänderung nur dann nicht selbstständig gerechtfertigt sein, wenn sich die Höhe der Vergütung aus einem Vergütungssystem, etwa einem Lohn- und Gehaltstarifvertrag ergibt, mit dem für die Eingruppierung maßgeblich auf die jeweiligen Tätigkeitsmerkmale abgestellt wird (BAG Urteil vom 18. Oktober 2000 - 2 AZR 465/99 - NZA 2001, 437, unter II. 1. c) dd) der Gründe; BAG Urteil vom 23. Juni 2005 - 2 AZR 642/04 - EzA § 2 KSchG Nr. 54; KR-Rost, a.a.O.).

Unter Zugrundelegung dieser Rechtsgrundsätze hält die Änderungskündigung der Beklagten einer gerichtlichen Prüfung stand. Sie ist sozial gerechtfertigt i. S. v. §§ 2 Satz 1 i. V. m. 1 Abs. 2 KSchG. Es liegen dringende betriebliche Erfordernisse vor, die einer Weiterbeschäftigung des Klägers zu den alten Arbeitsbedingungen entgegenstehen, und die angebotenen neuen Arbeitsbedingungen sind vom Kläger billigerweise hinzunehmen.

Dringende betriebliche Erfordernisse im genannten Sinne sind gegeben. Die Beklagte hat sich zu einer organisatorischen Maßnahme entschlossen, deren Umsetzung das Bedürfnis für die weitere Beschäftigung des Klägers zu den bisherigen Bedingungen entfallen ließ (BAG Urteil vom 22. Januar 1998 - 8 AZR 243/95 - NZA 1998, 536 m. w. N.; vgl. auch BAG Urteil vom 16. Dezember 2004 - 2 AZR 66/04 - NZA 2005, 761; zu II 2. b) aa) der Gründe; vgl. auch BAG Urteil vom 23. Juni 2005 - 2 AZR 642/04 - EzA § 2 KSchG Nr. 54, zu B. I. 1. a) der Gründe). Dieser Entschluss ist wie vom Arbeitsgericht bereits im Tatbestand dargestellt - ein Tatbestandsberichtigungsantrag ist nicht gestellt worden - unstreitig gegeben, und dies ist damit so der gerichtlichen Entscheidung zugrunde zu legen; entgegenstehende Tatsachen hat der Kläger zweitinstanzlich nicht behauptet und nicht unter Beweis gestellt.

Die bisherige Abteilung BVD-F, in der der Kläger beschäftigt war, ist aufgegeben und auf eine Tochtergesellschaft übertragen worden, und zwar zum 01. Juli 2004. Wegen der Stilllegung dieser Abteilung sind die Arbeitsplätze im Bereich Bodenverkehrsdienste - Fracht bei der Beklagten entfallen. Auch dazu enthält der unstreitige Tatbestand des arbeitsgerichtlichen Urteils die entsprechenden Angaben, auch insoweit gibt es keinen Tatbestandsberichtigungsantrag und keinen Vortrag entgegenstehender Tatsachen unter Beweisantritt durch den Kläger in der Berufungsinstanz, womit von einem Teilbetriebsübergang auszugehen ist (dazu auch noch unten). Dass diese Arbeitsplätze bei der Tochtergesellschaft weiter bestehen bzw. weiter bestehen könnten, ist ohne Belang, da der Kläger dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die Tochtergesellschaft wirksam widersprochen hat. Bezüglich des Widerspruchs ist nicht nach einem sachlichen Grund zu fragen (BAG Urteil vom 30. September 2004 - 8 AZR 462/03 - BB 2005, 605); selbst wenn man von einem kollektiven Widerspruch ausgehen wollte, ist dieser nicht gem. § 242 BGB rechtsmissbräuchlich (näher dazu BAG Urteil vom 30. September 2004, a.a.O.).

Diese Entscheidung der Beklagten ist nicht auf ihre sachliche Rechtfertigung oder wirtschaftliche Zweckmäßigkeit zu kontrollieren. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der die Berufungskammer folgt, vermögen die Arbeitsgerichte eine Unternehmerentscheidung nur darauf zu überprüfen, ob sie offenbar unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist (BAG Urteil vom 30. April 1987, 2 AZR 184/86, BAGE 55, 262; weiter ausführlich - auch unter Einbeziehung der verfassungsrechtlichen Aspekte - BAG Urteil vom 26. September 2002 - 2 AZR 636/01 - AP Nr. 124 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung) und ob sie ursächlich für den vom Arbeitgeber geltend gemachten Änderungsbedarf ist (BAG Urteil vom 23. Juni 2005 - 2 AZR 642/04 - EzA § 2 KSchG Nr. 54, zu B. I. 1. a) der Gründe mit weit. Nachw.). Dafür liegen keine Anhaltspunkte vor. Zwar mag es sein, dass die Beklagte wirtschaftlich auch in der Lage gewesen wäre, die Abteilung BVD-F wie bisher fortzuführen. Die Entscheidung hierüber obliegt jedoch nicht den Gerichten für Arbeitssachen (etwa BAG Urteil vom 26. September 2002, a.a.O.). Vielmehr hat der Unternehmer selbst zu entscheiden, wie er seinen Betrieb organisiert. Das gilt bis zu den angesprochenen Grenzen offenbarer Unsachlichkeit, Unvernünftigkeit und Willkür, für deren Überschreiten der Vortrag des grundsätzlich und auch hier insoweit darlegungspflichtigen (dazu BAG Urteil vom 23. Juni 2005 - 2 AZR 642/04 - EzA § 2 KSchG Nr. 54, zu B. I. 1. a) der Gründe) Klägers weder erst- noch zweitinstanzlich etwas Tragfähiges ergibt.

Die Maßnahme der Beklagten erweist sich auch nicht als missbräuchlich.

Es lässt sich nicht feststellen, dass die Beklagte die Auslagerung einer Abteilung auf die Tochtergesellschaft nur vorgenommen hätte, um so "auf Umwegen" eine Reduzierung der Vergütung von bei ihr beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zu erreichen. Die Beklagte hat sich vielmehr aus dem Grunde, in dem entsprechenden Teilbereich weiter wettbewerbsfähig sein zu können, zu der Auslagerung der Abteilung auf die Tochtergesellschaft entschlossen. Dabei war und ist diese Tochtergesellschaft eigenständig und auch mit eigenen Arbeitnehmern tätig. Wenn dann die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer weit überwiegend dem Übergang ihrer Arbeitsverhältnisse auf die Tochtergesellschaft widersprechen, lässt sich der Beklagten nicht der Vorwurf machen, sie habe den Arbeitskräfteüberhang provoziert. Es ist im Gegenteil zu begrüßen, dass die Beklagte im Hinblick auf die zu erwartende Situation Vorkehrungen getroffen hat und im Zusammenwirken mit den Tarifvertragsparteien eine Möglichkeit gesucht und gefunden hat, allen widersprechenden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern trotz des unstreitig erfolgten Teil-Betriebsübergangs - dazu schon oben, ergänzend wird Bezug genommen auf die Seiten 8 bis 9 des angefochtenen Urteils (Blatt 91/92 d. A.) - und trotz des Widerspruchs den Arbeitsplatz (wenngleich mit herabgesetzter Vergütung) zu erhalten.

Damit liegt gerade kein Umgehungstatbestand vor, wie er der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 26. September 2002 (a.a.O.) zugrunde lag, und es ist nicht erkennbar, dass mit dem von der Beklagten gewählten Weg der verfassungsrechtlich geforderte Bestandsschutz unangemessen zurückgedrängt würde.

Die Beklagte hat, wie schon angesprochen, ein von der Rechtsordnung gebilligtes Ziel verfolgt. Sie hat sich dabei eines legitimen Mittels bedient und hat erst veranlasst durch die Aussicht, dass die Mehrzahl der betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dem beabsichtigten Teil-Betriebsübergang widersprechen würde, einen Ausweg gesucht und - auch mit Hilfe der Tarifvertragsparteien - gefunden und damit auch dem in der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 26. September 2002 (a.a.O.) in den Vordergrund gerückten Bestandsschutzinteresse der Arbeitnehmer Rechnung getragen. Dieser Hintergrund verbietet es zugleich, auf die Maßstäbe zurückzugreifen, die das Bundesarbeitsgericht für Änderungskündigungen zur Entgeltreduzierung entwickelt hat (vgl. dazu etwa BAG Urteil vom 27. September 2001 - 2 AZR 236/00 - NZA 2002, 750; vgl. dazu auch BAG Urteil vom 23. Juni 2005 - 2 AZR 642/04 - EzA § 2 KSchG Nr. 54 mit weit. Nachw.).

Die Kündigung verstößt auch nicht gegen § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 b KSchG. Als möglicher zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung anderer freier gleichwertiger Arbeitsplatz - ein Anspruch auf Übertragung eines höherwertigen Arbeitsplatzes besteht nicht (vgl. dazu etwa Dornbusch/Wolff, KSchG, § 1 Rz. 409 mit weit. Nachw.) - im Betrieb der Beklagten kommt nach dem klägerischen Vortrag nach wie vor nur der Arbeitsplatz in Frage, den zuvor der Arbeitnehmer I. inne gehabt hatte. Dazu hatte die Beklagte wie vom Arbeitsgericht wiedergegeben bereits erstinstanzlich unter Vorlage einer entsprechenden Abrechnung vorgetragen, dass Herr I. in eine höhere Vergütungsgruppe eingruppiert gewesen sei, und angesichts dessen bleibt der Vortrag aus der Berufungsbegründung - damit hatte es trotz entsprechenden Hinweises in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht bis auf den unsubstantiierten Hinweis, diese Stelle sei jetzt niedriger ausgeschrieben, sein Bewenden - zu pauschal und unsubstantiiert. Es ist nicht näher zu den Anforderungsprofilen der Stelle des Klägers und der Stelle I. und zu den Eingruppierungsmerkmalen vorgetragen. Der unzureichende Sachvortrag kann auch nicht durch den Beweisantritt ersetzt werden, eine Beweisaufnahme wie vom Kläger beantragt würde sich als Ausforschungsbeweis gestalten.

Die Wirksamkeit der Kündigung scheitert schließlich nicht an einer fehlerhaften Sozialauswahl. Die Beklagte verneint die Erforderlichkeit einer Sozialauswahl, und der Vortrag des insoweit darlegungspflichtigen (§ 1 Abs. 3 Satz 3 KSchG) Klägers ergibt nichts Näheres dafür, dass dies anders zu sehen wäre. Soweit der Kläger bezüglich der Sozialauswahl abermals auf die Stelle I. in der Vorfeldzulassungsstelle abhebt, hilft ihm dies hier nicht weiter, da es insoweit aus den bereits dargestellten Gründen an der Vergleichbarkeit fehlt, die ergibt, in welchem Kreis die Sozialauswahl gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG vorzunehmen ist.

Im Übrigen sind die dem Kläger angebotenen neuen Arbeitsbedingungen von diesem billigerweise hinzunehmen. Ein Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz ist nach dem Vortrag der Parteien nicht zu sehen. Auch wenn man für die Änderung einen sachlichen Grund für erforderlich hält und dazu eine Abwägung zwischen der Berufsfreiheit des Arbeitnehmers (Art. 12 GG) einerseits und der Unternehmerfreiheit des Arbeitgebers (Art. 12,1 4 GG) andererseits vornimmt (vgl. dazu BAG Urteil vom 23. Juni 2005 - 2 AZR 642/04 - EzA § 2 KSchG Nr. 54 mit weit. Nachw.; vgl. weiter eingehend Wallner, Die ordentliche Änderungskündigung des Arbeitgebers, S. 149 ff.), genügt die angebotene Änderung diesen Anforderungen. Wegen des Wegfalls der ursprünglichen Beschäftigungsmöglichkeit und wegen des Fehlens anderweitiger Beschäftigungsalternativen war es der Beklagten nur möglich, das Änderungsangebot so zu unterbreiten, wie es hier geschehen ist. Nur zu diesen Konditionen war der Arbeitsplatz überhaupt zu erhalten, wenngleich zu den verschlechterten Bedingungen, die auch ihrerseits in Anbetracht der oben bereits gewürdigten Gesamtsituation als billigerweise hinzunehmen anzusehen sind. Diese verschlechterten Bedingungen ergeben sich aus der Tarifvertraglichen Vereinbarung Nr. 741, auf die in der Änderungskündigung Bezug genommen worden ist. Die Möglichkeit eines näher am Inhalt des bisherigen Arbeitsverhältnisses liegenden Änderungsangebots ist auch nach dem Vortrag der Berufung nicht zu sehen.

Das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien besteht nach allem in der Abteilung BVD-FS fort. Für diese Beschäftigung gelten die speziellen Regelungen der Tarifvertraglichen Vereinbarung Nr. 741 vom 19. Dezember 2003, gegen deren Wirksamkeit nach dem vorliegenden Vortrag der Parteien keine Bedenken ersichtlich sind.

Ein Weiterbeschäftigungsanspruch des Klägers scheitert schon daran, dass er das Änderungsangebot unter Vorbehalt angenommen hat (BAG Urteil vom 18. Januar 1990 - 2 AZR 183/89 - EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 65).

Der Kläger hat die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).

Die Revision gegen dieses Urteil wird wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen (§ 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG).

Ende der Entscheidung

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