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Gericht: Hessisches Landesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 13.09.2005
Aktenzeichen: 15 Sa 2194/04
Rechtsgebiete: KSchG, BGB


Vorschriften:

KSchG § 2
BGB § 133
BGB § 140
BGB § 157
1. Enthält bei einer ordentlichen Änderungskündigung das vom Arbeitnehmer unter Vorbehalt akzeptierte Änderungsangebot für den Beginn der geänderten Vertragsbedingungen ein Datum, das vor dem Ende der Kündigungsfrist liegt, führt dies dazu, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial ungerechtfertigt ist.

2. Eine Umdeutung des Änderungsvertrages (§ 140 BGB) in einen Vertrag, nach dem die geänderten Bedingungen erst zum Ende der Kündigungsfrist einsetzen, ist in einer solchen Konstellation nicht möglich.


Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 20. Oktober 2004 - 17/15 Ca 3335/04 - wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen, mit der Maßgabe, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial ungerechtfertigt ist.

Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Änderungskündigung.

Für die Angaben bezüglich der Sozialdaten der klagenden Partei und bezüglich des Arbeitsverhältnisses, hinsichtlich der anwendbaren Tarifverträge und auch hinsichtlich der maßgebenden Bruttomonatsvergütung wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.

Die Beklagte beschäftigt regelmäßig etwa 13.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Sie betrieb u. a. die Abfertigung von Luftfracht am Flughafen A. in der Abteilung Bodenverkehrsdienste - Fracht (BVD-F), in der ca. 600 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer - darunter die klagende Partei - beschäftigt waren. Die Beklagte nahm in dieser Abteilung zum einen mit eigenem Personal die von Frachtführern im Auftrag von Luftverkehrsgesellschaften angelieferte Luftfracht entgegen, lagerte sie zwischen, kommissionierte die Luftfracht nach Angaben der Luftverkehrsgesellschaft, verwog sie und stellte sie zur Verladung in Flugzeuge bereit (so genannter Export). Zum anderen übernahm die Beklagte Luftfracht auf Paletten oder in Containern von Luftverkehrsgesellschaften, die aus Flugzeugen entladen worden war. Die Beklagte lagerte auch diese Fracht vorübergehend ein, bis sie von einem Frachtführer oder einem Endkunden der Luftverkehrsgesellschaft abgeholt wurde (so genannter Import). Zu der Tätigkeit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Abteilung BVD-F gehörte weder die Verladung der Fracht in die Flugzeuge noch die Entladung der Flugzeuge. Für diese Flugzeugabfertigung bestand und besteht bei der Beklagten eine eigene Abteilung.

Die Abteilung BVD-F besaß eine große Halle auf dem Flughafengelände mit Lager- und Büroraum sowie eine Wiegestation direkt vor der Halle zwischen der Halle und dem Vorfeld mit Büro- und Unterkunftscontainern. Sie besaß Flurförderfahrzeuge, insbesondere Gabelstapler zum Transport von Packstücken, Paletten und Containern vornehmlich innerhalb der Halle, Lagereinrichtungen in der Halle sowie eine übliche Büroausstattung und ein EDV-System zur administrativen Abwicklung der Frachtabfertigung.

Am 14. April 2003 beschloss der Vorstand der Beklagten zur Vermeidung sich erhöhender Verluste, den Bereich BVD-F in die hundertprozentige Tochter der Beklagten B. zu verlagern. Während die Beklagte durch Verbandsmitgliedschaft an den BAT und den BMT-G II gebunden ist und mit allen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in den Arbeitsverträgen die Geltung dieser Tarifwerke zwecks Gleichstellung vereinbart, unterliegt die Tochtergesellschaft nicht diesen Bindungen und kann daher auf dem Markt kostengünstiger auftreten. Der konzerninternen Verlagerung stimmte der Aufsichtsrat am 24. September 2003 zu. Auf Grund der innerbetrieblichen Diskussion und der Verhandlungen mit dem Betriebsrat zeichnete sich jedoch ab, dass die Mehrzahl der Beschäftigten der Abteilung BVD-F einem Betriebsübergang widersprechen werde. Die Beklagte richtete daher in dem Bereich Bodenverkehrsdienste die neue Abteilung Frachtservice ein (BVD-FS). In dieser Abteilung sollten die Beschäftigten aus der Abteilung BVD-F aufgefangen werden, die einem Betriebsübergang widersprechen würden. Die in der neuen Abteilung BVD-FS beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sollten dann im Wege der Arbeitnehmerüberlassung bei der B. eingesetzt werden. Zwischenzeitlich hat die B. umfirmiert und heißt heute C. .

Mit Schreiben vom 27. Oktober 2003 unterrichtete die Beklagte die klagende Partei und alle anderen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Abteilung BVD-F über den bevorstehenden Betriebsübergang. Die klagende Partei widersprach - wie 544 weitere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer - dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses von der Beklagten auf die Tochtergesellschaft.

Unter dem Datum des 19. Dezember 2003 schlossen der Hessische Arbeitgeberverband der Gemeinden und Kommunalverbände, dessen Mitglied die Beklagte ist, und D. , die Tarifvertragliche Vereinbarung Nr. 741 ab. Dabei handelt es sich um eine Sonderregelung zum BAT und zum Bundesmanteltarifvertrag für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe (BMT-G II) für die Beschäftigten der Abteilung Frachtservice bei der Beklagten. Dieser Tarifvertrag gilt für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf die Tochtergesellschaft widersprochen haben. Er sieht u. a. vor, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer verpflichtet sind, ihre Arbeitsaufgaben bei einem Entleiherbetrieb wahrzunehmen. Nach diesem Tarifvertrag ist die Vergütung bei einer Beschäftigung in der Abteilung Frachtservice (BVD-FS) geringer als bisher.

Unter dem Datum des 22. Dezember 2003 erteilte das E. der Beklagten die Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Überlassung von Arbeitnehmern.

Nach Anhörung des bei der Beklagten gebildeten Betriebsrates zur beabsichtigten Änderungskündigung des Arbeitsverhältnisses mit der klagenden Partei und der Erklärung des Betriebsrates, er sehe sich nicht in der Lage, eine abschließende Stellungnahme zu dem Kündigungsbegehren abzugeben, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 30. September 2004. Gleichzeitig bot sie der klagenden Partei die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses in der Abteilung Frachtservice zu den entsprechend der Tarifvertraglichen Vereinbarung Nr. 741 geänderten Bedingungen ab dem 01. Juli 2004 an.

Die klagende Partei nahm das Angebot rechtzeitig unter dem Vorbehalt an, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen nicht sozial ungerechtfertigt ist.

Die klagende Partei hat die Änderungskündigung für unwirksam gehalten.

Die klagende Partei hat daher vor dem Arbeitsgericht aufgrund fristgerecht erhobener Klage beantragt,

festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die Kündigung vom 24. März 2004 unwirksam ist.

Die Beklagte hat demgegenüber beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat erstinstanzlich die Ansicht vertreten, die Änderungskündigung sei wirksam und nicht sozial ungerechtfertigt. Die Beklagte hat behauptet, sie habe durch eine vertragliche Vereinbarung sämtliche Betriebsmittel der Abteilung BVD-F mit Wirkung zum 01. Juli 2004 auf die C. übertragen. Zum gleichen Zeitpunkt seien sämtliche Kundenverträge der Frachtabteilung auf diese Tochtergesellschaft übertragen worden. Der bisherige Leiter der Frachtabfertigung, Herr Hartmann, sei nunmehr Geschäftsführer der C. . Die Halle mit dem Lagerraum und dem Büroraum sowie die außerhalb der Halle gelegene Wiegestation nebst Büro und Unterkunftscontainer seien in den Besitz dieser Gesellschaft übergegangen. Die bisherige Frachtabteilung BVD-F existiere nicht mehr, die Organisationseinheit sei aufgelöst, es existierten bei der Beklagten keine Betriebsmittel und keine Kundenbeziehungen mehr.

Das Arbeitsgericht hat mit dem angefochtenen Urteil festgestellt, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die im Antrag bezeichnete Kündigung unwirksam ist, die Kosten des Rechtsstreits der Beklagten auferlegt und den Wert des Streitgegenstandes auf den Betrag des Bruttoarbeitsentgeltes für ein Kalendervierteljahr festgesetzt. Auf dieses Urteil (Blatt 104 bis 112 d. A.) wird zur weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes und bezüglich der Entscheidungsgründe Bezug genommen. Das Arbeitsgericht hat angenommen, die Änderungskündigung halte der gerichtlichen Überprüfung nicht stand, da das unterbreitete Änderungsangebot bereits vor dem Ablauf der Kündigungsfrist wirksam werden sollte.

Für die Daten der Zustellung des arbeitsgerichtlichen Urteils, des Eingangs der Berufung und der Berufungsbegründung wird Bezug genommen auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vor der Berufungskammer vom 13. September 2005 (Blatt 202 d. A.).

Die Beklagte ist der Ansicht, das Urteil des Arbeitsgerichts sei unzutreffend. Das Arbeitsgericht habe bereits einen falschen Überprüfungsmaßstab gewählt, nämlich den für eine außerordentliche Änderungskündigung. Bei Anwendung des zutreffenden sich aus der Rechtsprechung ergebenden Prüfungsmaßstabes sei der von ihr gewählte Weg nicht zu beanstanden. Der Termin für die Änderung der Arbeitsbedingungen habe sich aus dem Termin des Betriebsübergangs zum 01. Juli 2004 ergeben und sei daher von den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern auch mit längerer Kündigungsfrist so hinzunehmen. In jedem Fall würde die Änderung mit Ablauf der Kündigungsfrist wirksam, und zwar aufgrund entsprechender Auslegung oder entsprechender Umdeutung. Für den Vortrag der Beklagten im Berufungsrechtszug im Übrigen und im Einzelnen wird Bezug genommen auf den Schriftsatz vom 28. Januar 2005 und Anlagen (Blatt 125 bis 156 d. A.) sowie den Schriftsatz vom 29. August 2005 mit Anlagen (Blatt 179 bis 200 d. A.).

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 20. Oktober 2004 - 17/15 Ca 3335/04 - die Klage kostenpflichtig abzuweisen und die Kosten des Berufungsverfahrens dem Kläger aufzuerlegen.

Demgegenüber beantragt die klagende Partei in der Sache,

die Berufung zurückzuweisen.

Die klagende Partei verteidigt unter Auseinandersetzung mit dem zweitinstanzlichen Beklagtenvortrag das angefochtene Urteil. Für die Einzelheiten ihres Vortrags vor dem Berufungsgericht wird Bezug genommen auf den Schriftsatz vom 14. Juli 2005 (Blatt 173 bis 176 d. A.).

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten bleibt ohne Erfolg. Die Klage ist begründet. Die Maßgabe im Tenor ergibt sich aus § 2 Satz 1 KSchG.

Die zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsbedingungen sind durch die unter Vorbehalt akzeptierte Änderungskündigung der Beklagten vom 24. März 2004 nicht geändert worden: Die Änderung der Arbeitsbedingungen erweist sich als sozial ungerechtfertigt (§ 2 Satz 1, § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG). Die Möglichkeit einer Auslegung oder Umdeutung im Sinne der Beklagten besteht nicht.

Auf Grund der Dauer des Arbeitsverhältnisses und der Zahl der bei der Beklagten beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer findet das Kündigungsschutzgesetz Anwendung (§§ 1 Abs. 1, 23 Abs. 1 KSchG). Nimmt der Arbeitnehmer - wie hier - das Änderungsangebot des Arbeitgebers rechtzeitig unter Vorbehalt an, so hängt die Wirksamkeit der Änderungskündigung von der sozialen Rechtfertigung der angebotenen Vertragsänderung ab.

Aus der Verweisung in § 2 Satz 1 KSchG auf § 1 Abs. 2 und 3 KSchG folgt, dass für die Vertragsänderung ein Grund in der Person oder im Verhalten des Arbeitnehmers oder ein dringendes betriebliches Erfordernis - nur darum geht es hier - vorliegen muss. Darüber hinaus ist das Änderungsangebot des Arbeitgebers daran zu messen, ob der Arbeitgeber sich bei einem an sich anerkennenswerten Grund zur Änderungskündigung darauf beschränkt hat, nur solche Änderungen vorzuschlagen, die der Arbeitnehmer billigerweise hinnehmen muss (ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, vgl. etwa BAG Urteil vom 15. März 1991 - 2 AZR 582/90 - NZA 1992, 120; BAG Urteil vom 23. November 2000 - 2 AZR 547/99 - NZA 2001, 492; BAG Urteil vom 27. September 2001 - 2 AZR 236/00 - NZA 2002, 750; alle mit weit Nachw.). Dies beruht auf dem das gesamte Kündigungsrecht beherrschenden Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (vgl. BAG Urteil vom 03. Juli 2003 - 2 AZR 617/02 - DB 2004, 655; vgl. auch BAG Urteil vom 21. April 2005 - 2 AZR 244/04 - EzA-Schnelldienst Nr. 20/2005, S. 6 = DB 2005, 2250). Die Änderungen müssen geeignet und erforderlich sein, um den Inhalt des Arbeitsvertrages den geänderten Beschäftigungsmöglichkeiten anzupassen. Diese Voraussetzungen müssen für alle Vertragsänderungen vorliegen (BAG Urteil vom 03. Juli 2003, a.a.O; vgl. weiter KR-Rost, 7. Aufl., § 2 KSchG, Rz. 106 d). Genügt eine der beabsichtigten Änderungen den Anforderungen nicht, hat dies grundsätzlich die Unwirksamkeit der gesamten Änderungskündigung zur Folge (vgl. KR-Rost, a.a.O.). Allenfalls kann sich im Rahmen einer Gesamtabwägung ergeben, dass eine Änderung für sich zwar nicht gerechtfertigt, aufs Ganze gesehen aber so unwesentlich ist, dass sie der Annahme der sozialen Rechtfertigung nicht entgegensteht (BAG Urteil vom 07. Juni 1973 - 2 AZR 450/72 - NJW 1973, 1819; KR-Rost, a.a.O.).

Unter Zugrundelegung dieser Rechtsgrundsätze lässt sich die Änderung der Arbeitsbedingungen aufgrund der streitgegenständlichen Änderungskündigung der Beklagten nicht als sozial gerechtfertigt qualifizieren.

Während die Kündigung der Beklagten unter Beachtung der tarifvertraglichen Kündigungsfrist zum 30. September 2004 ausgesprochen worden ist, soll das von ihr unterbreitete Änderungsangebot bereits zum 01. Juli 2004 wirksam werden. Die Beklagte macht damit die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Bedingungen davon abhängig, dass der Kläger im Ergebnis auf drei Monate der ihm zustehenden Kündigungsfrist verzichtet. Die Beklagte ist jedoch bei der ordentlichen Änderungskündigung gehalten, die Kündigungsfrist zu beachten und geänderte Arbeitsbedingungen auch erst für die Zeit nach Ablauf der Kündigungsfrist anzubieten. Eine vorzeitige Änderung der Arbeitsbedingungen vermag der Arbeitgeber gegen den Willen des Arbeitnehmers ausschließlich durch Ausspruch einer außerordentlichen Änderungskündigung durchzusetzen (im Ergebnis ebenso LAG Köln Urteil vom 21. Juni 2002 - 11 Sa 1418/01 - NZA-RR 2003, 247; im selben Sinne offenbar auch BAG Urteil vom 21. April 2005 - 2 AZR 244/04 - EzA-Schnelldienst Nr. 20/2005, S. 6 = DB 2005, 2250, zu 4. c) ee) und ff) der Gründe), eine solche ist hier indes nicht ausgesprochen.

Die Arbeitnehmerin bzw. der Arbeitnehmer muss bei Ausspruch einer ordentlichen Änderungskündigung - der Arbeitgeber macht damit deutlich, dass er keine besondere Eilbedürftigkeit sieht, damit keine Notwendigkeit, von der an strengere Voraussetzungen gebundenen außerordentlichen Änderungskündigung Gebrauch zu machen - billigerweise bis zum Ende der Kündigungsfrist keine Änderungen hinnehmen. Die Kündigungsfrist bei einer ordentlichen Kündigung (Änderungskündigung) soll gerade den Bestand und den Inhalt des Arbeitsverhältnisses bis zu deren Ende schützen und garantieren, und zwar aus sozialen Gründen und um so der Arbeitnehmerin/dem Arbeitnehmer die Möglichkeit zu geben, auf die Beendigung/Änderung des Vertrages reagieren und sich darauf einstellen zu können (im Ergebnis ebenso bereits Kammerurteil vom 17. Dezember 1996 - 15 Sa 841/96 - unveröffentl.)

Die von der Berufung angeführten Argumente sind nicht geeignet, zu einem gegenteiligen Ergebnis zu führen. Der von der Beklagten gewählte Termin für den Betriebsübergang, der nach ihrem Vortrag vorliegt, stellt allenfalls eine selbst produzierte Zwangslage dar, und dies rechtfertigt keine Durchbrechung der dargestellten Grundsätze.

Im Übrigen greift die Berufung der Beklagten auf die Frage der Tarifautomatik/Vergütungsautomatik hier schon deswegen zu kurz, weil sich nach ihrem Änderungsangebot mit Wirkung vom 01. Juli 2004 nicht nur die Vergütung ändern sollte, sondern auch die Qualität des Arbeitsverhältnisses: es sollte ein Arbeitnehmerüberlassungsverhältnis werden.

Schließlich führt eine Gesamtabwägung zu keinem anderen Ergebnis. Die Tangierung der Kündigungsfrist ist keineswegs unwesentlich, sie steht vielmehr einer sozialen Rechtfertigung der Änderungskündigung entgegen.

Eine Auslegung des Änderungsangebotes der Beklagten in dem Sinne, dass es erst zum 30. September 2004 wirksam werden sollte, ist hier nicht möglich. Die klagende Partei konnte und musste das Angebot nicht so verstehen (§§ 133, 157 BGB), dass eine Änderung in Wahrheit erst zum 30. September 2004 gemeint und gewollt war. Dagegen spricht schon, dass es der Beklagten erkennbar darauf ankam, die Änderung zeitgleich mit dem Betriebsübergang - dieser ist jedenfalls aus Sicht der Beklagten gegeben - zum 01. Juli 2004 umzusetzen und durchzusetzen.

Schlussendlich führt der Aspekt der Umdeutung (§ 140 BGB) nicht dazu, dass von einer (vorbehaltlich der sonstigen Wirksamkeitsvoraussetzungen) wirksamen und nicht sozial ungerechtfertigten Änderung der Arbeitsbedingungen zum 30. September 2004 auszugehen wäre.

Dabei ist zu beachten, dass es sich hier um einen Vertrag handelt, den Änderungsvertrag, der gem. § 2 KSchG unter dem Vorbehalt der gerichtlichen Überprüfung steht. Eine Umdeutung ist damit nur dann möglich, wenn das Umdeutungsergebnis - der dann wirksame Vertrag anderen Inhalts - dem mutmaßlichen Willen der beiden Vertragsparteien entspricht, weshalb die von der Beklagten zur Stützung ihrer Sichtweise angeführten Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts hier nicht einschlägig sind (sie betreffen sämtlich einseitige Willenserklärungen). Die klagende Partei ist jedoch gerade gar nicht an der Wirksamkeit der geänderten Arbeitsbedingungen interessiert, sie hat sie notgedrungen (unter Vorbehalt) akzeptiert und bekämpft sie im Gegenteil mit ihrer Klage. Erweist sich also die geschlossene Änderungsvereinbarung - wie hier der Fall - als unwirksam, ist ein mutmaßlicher Wille und ein Interesse der klagenden Partei, den Änderungsvertrag mit einem anderen Inhalt wirksam zu sehen, nicht erkennbar. Es gibt hier gerade kein eigenes wirtschaftliches Ziel, das die klagende Partei mit der Vornahme des Ersatzgeschäftes vernünftigerweise zu erreichen versuchen könnte. Auch dem Beklagtenvortrag ist insoweit nichts Tragfähiges zu entnehmen.

Die Beklagte hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).

Die Revision gegen dieses Urteil wird wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen (§ 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG).

Ende der Entscheidung

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