Judicialis Rechtsprechung
Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:
Gericht: Hessisches Landesarbeitsgericht
Beschluss verkündet am 04.12.2002
Aktenzeichen: 15 Ta 203/02
Rechtsgebiete: KSchG
Vorschriften:
KSchG § 5 Abs. 1 | |
KSchG § 5 Abs. 3 Satz 1 | |
KSchG § 13 Abs. 1 Satz 2 | |
KSchG § 13 Abs. 4 Satz 1 |
Hessisches Landesarbeitsgericht BESCHLUSS
Az.: 15 Ta 203/02
In dem Verfahren gemäß § 5 Kündigungsschutzgesetz
hat das Hessische Landesarbeitsgericht - Kammer 15 - durch den Vorsitzenden Richter Dr. Bader als Vorsitzenden ohne mündliche Verhandlung am 04. Dezember 2002
beschlossen:
Tenor:
Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Offenbach am Main vom 16. April 2002 - 2 Ca 676/01 - wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen, mit der Maßgabe, dass der Antrag gem. § 5 Abs. 1 KSchG als unzulässig verworfen wird. Dabei wird - vorbehaltlich etwaiger Gegenvorstellungen - der Beschwerdewert auf 2000,-- Euro festgesetzt.
Gründe:
I.
Im Hauptverfahren streiten die Verfahrensbeteiligten um die Wirksamkeit einer arbeitgeberseitigen außerordentlichen Kündigung vom 01. November 2001 (Kopie Blatt 7 d.A.) und einer fristgemäßen Arbeitgeberkündigung vom 05. November 2001 zum 31. März 2002 (Kopie Blatt 8 d.A.). Der Kläger begehrt zudem die nachträgliche Zulassung seiner Klage gegen die außerordentliche Kündigung.
Die Klage gegen beide Kündigungen ist per Fax am 23. November 2001 beim Arbeitsgericht eingegangen, der Beklagten ist sie am 04. Dezember 2001 zugestellt worden.
Im Gütetermin vom 24. Januar 2002 (Protokoll Blatt 21 d.A.) hat der Beklagtenvertreter erklärt, die Kündigung vom 01. November 2001 sei am selben Tage um 9.30 Uhr in den Hausbriefkasten des Klägers eingeworfen worden.
Darauf hat der Klägervertreter mit Schriftsatz vom 19. Februar 2002 (Blatt 23 d.A.) - eingegangen beim Arbeitsgericht am 21. Februar 2002 -vorsorglich den Antrag gestellt, die Kündigungsschutzklage nachträglich zuzulassen. Für die Antragsbegründung wird auf diesen Schriftsatz Bezug genommen.
Die Beklagte ist dem Antrag entgegen getreten und hat besonders die Nichteinhaltung der Frist des § 5 Abs. 3 KSchG gerügt (vgl. den Schriftsatz vom 26. Februar 2002 = Blatt 24 bis 26 d.A.).
Für die Darstellung des Sach- und Streitstands im Übrigen wird I. der Gründe des angefochtenen Beschlusses des Arbeitsgerichts Bezug genommen (Blatt 43/44 d.A.).
Das Arbeitsgericht hat nach Vernehmung des Zeugen V... zum Zeitpunkt des Einwurfs des Kündigungsschreibens - für das Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll vom 05. März 2002 (Blatt 31/32 d.A.) Bezug genommen - mit Kammerbeschluss vom 16. April 2002 den Antrag auf nachträgliche Klagezulassung zurückgewiesen: Der Antrag sei bereits wegen der Nichteinhaltung der Frist des § 5 Abs. 3 Satz 1 KSchG unzulässig. Der Beschluss ist dem Kläger am 30. April 2002 zugestellt worden.
Am 13. Mai 2002 ist beim Landesarbeitsgericht per Fax die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde des Klägers eingegangen, der das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 11. Juni 2002 (Blatt 58 d.A.) nicht abgeholfen hat.
Für den Inhalt der Beschwerdebegründung vom 13. Mai 2002 wird auf den Schriftsatz vom 13. Mai 2002 (Blatt 53 bis 55 d.A.) Bezug genommen.
Die Beklagte tritt der Beschwerde entgegen und verteidigt den angefochtenen Beschluss (vgl. Schriftsatz vom 12. August 2002 = Blatt 69 bis 71 d.A.).
II.
Die Entscheidung über die statthafte (§ 5 Abs. 4 Satz 2 KSchG) und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde kann ohne mündliche Verhandlung (§ 78 Satz 1 ArbGG n.F., §§ 572 Abs. 4, 128 Abs. 4 ZPO n.F.) ergehen und wird vom Vorsitzenden allein getroffen (§ 78 Satz 3 ArbGG n.F.).
Die Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
Die Klage gegen die streitgegenständliche Kündigung kann nicht gemäß § 5 Abs. 1 KSchG nachträglich zugelassen werden, da der gestellte Antrag bereits unzulässig ist: Die Frist des § 5 Abs. 3 Satz 1 KSchG ist nicht eingehalten.
Für die Feststellung des Zeitpunkts der Behebung des Hindernisses im Sinne des § 5 Abs. 3 Satz 1 KSchG kommt es nicht auf die positive Kenntnis des Klägers oder seines Prozessbevollmächtigten an, sondern entscheidend ist, wann schon zuvor bei zumutbarer Sorgfalt hätte Kenntnis erlangt werden können, d.h. das Hindernis ist bereits dann behoben, sobald auf Grund konkreter Anhaltspunkte bei gehöriger Sorgfalt zu erkennen ist, dass die Klagefrist möglicherweise versäumt ist (KR-Friedrich, 6. Aufl., § 5 KSchG Rz. 110 mit weit. Nachw.). Abzustellen ist dabei auf den Kenntnisstand des Prozessbevollmächtigten (§ 166 Abs. 1 BGB). Dies ist grundsätzlich allgemeine Meinung, gilt aber auch hier, und zwar auch dann, wenn man im Rahmen der Prüfung des Verschuldens gem. § 5 Abs. 1 KSchG Verschulden von Prozessbevollmächtigten nicht zurechnet (so Kammerbeschluss vom 10. September 2002 - 15 Ta 98/02 -, zur Veröff. vorgesehen, mit weit. Nachw.; vgl. im Übrigen zum Meinungsstand KR-Friedrich, 6 Aufl., § 5 KSchG Rz. 112). Es besteht kein Anlass, die Interpretation des § 5 Abs. 1 KSchG auszudehnen oder ausstrahlen zu lassen auf die Anwendung des § 5 Abs. 3 Satz 1 KSchG (so allerdings KR-Friedrich, 6. Aufl., § 5 KSchG Rz. 112 unter Hinweis etwa auf Wenzel, ArbuR 1976, 326; ähnlich wie hier LAG Hamm Beschluss vom 24. September 1987 - 8 Ta 95/87 - LAGE § 5 KSchG Nr. 31, allerdings mit einer Differenzierung, die nicht überzeugt, auf die es hier aber ohnehin nicht ankommt).
Nach diesen Grundsätzen war das Hindernis bereits am 24. Januar 2002 beseitigt, ohne dass es auf den Zugang des Protokolls oder gar eine eigene Kenntnis des Klägers noch angekommen wäre (parallel Sächs. LAG Beschluss vom 25. Januar 2000 - 12 Ta 235/00 - LAGE § 5 KSchG Nr. 101), und der erst am 21. Februar 2002 eingegangene Antrag konnte die zweiwöchige Frist des § 5 Abs. 3 Satz 1 KSchG nicht mehr wahren.
Der Kläger hat die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels zu tragen (§§ 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG, 97 Abs. 1 ZPO). Der Gerichtsgebührenwert gem. § 25 Abs. 2 GKG für das Beschwerdeverfahren ist auf 2000,-- Euro (= 1/3 des angenommenen Wertes gem. § 12 Abs. 7 Satz 1 ArbGG) festzusetzen.
Die Möglichkeit einer Zulassung der Rechtsbeschwerde besteht nicht (Kammerbeschluss vom 17. Mai 2002 - 15 Ta 77/02 -, zur Veröff. vorgesehen; ebenso nunmehr BAG Beschluss vom 20. August 2002 - 2 AZB 16/02 - demnächst EzA § 5 KSchG Nr. 34).
Ende der Entscheidung
Bestellung eines bestimmten Dokumentenformates:
Sofern Sie eine Entscheidung in einem bestimmten Format benötigen, können Sie sich auch per E-Mail an info@protecting.net unter Nennung des Gerichtes, des Aktenzeichens, des Entscheidungsdatums und Ihrer Rechnungsanschrift wenden. Wir erstellen Ihnen eine Rechnung über den Bruttobetrag von € 4,- mit ausgewiesener Mehrwertsteuer und übersenden diese zusammen mit der gewünschten Entscheidung im PDF- oder einem anderen Format an Ihre E-Mail Adresse. Die Bearbeitungsdauer beträgt während der üblichen Geschäftszeiten in der Regel nur wenige Stunden.