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Gericht: Hessisches Landesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 25.11.2002
Aktenzeichen: 16 Sa 1162/02
Rechtsgebiete: TVG, VTV/Bau
Vorschriften:
TVG § 1 | |
VTV/Bau § 1 Abs. 2 |
Hessisches Landesarbeitsgericht Im Namen des Volkes! Urteil
Aktenzeichen: 16 Sa 1162/02
Verkündet am 25. November 2002
In dem Rechtsstreit
hat das Hessische Landesarbeitsgericht, Kammer 16 in Frankfurt am Main auf die mündliche Verhandlung vom 25. November 2002 durch den Vorsitzenden Richter am LAG ... Hattesen als Vorsitzenden und die ehrenamtlichen Richter ... Dr. Bulla ... und ... Grom als Beisitzer
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 11. Juni 2002 - 1 Ca 2098/01 - abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten um Beitrags- und Auskunftsverpflichtungen des Beklagten nach den Sozialkassentarifverträgen des Baugewerbes für den Zeitraum Dezember 1996 bis Februar 2002.
Der Kläger ist als gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes nach näherer tariflicher Maßgabe die Einzugsstelle für die Beiträge zu den Sozialkassen des Baugewerbes.
Der Beklagte unterhält einen Betrieb, von dem in den Kalenderjahren seit 1996 auf Parkdecks, Tiefgaragen, in Verkaufsgebäuden und auf Hallenflächen Böden aus Beton, Stahl, Asphalt und Stein mit Hilfe einer so genannten Blastrac-Maschine mit kleinen Metallkugeln bestrahlt werden. Unter Umständen anschließend anfallende Beschichtungsarbeiten auf den behandelten Flächen (Aufbringen eines Bodenbelages, z. B. aus Epoxydharzverbindungen) werden vom Betrieb des Beklagten nicht durchgeführt. Zur produktiven Winterbauförderung wird der Beklagte nicht herangezogen.
Der Kläger hat die Ansicht vertreten, beim Betrieb des Beklagten habe es sich im gesamten Klagezeitraum um einen baugewerblichen im tariflichen Sinne gehandelt, da arbeitszeitlich überwiegend von den beschäftigten Arbeitnehmern Glätt- und Aufrauarbeiten auf Betonflächen mittels Kugelstrahltechnik zum Zwecke der Vorbereitung zum Aufbringen eines Oberbelages durchgeführt worden seien. Die Bestrahlung erfolge, um eine möglichst hochprozentige Haftung der nachfolgenden Schichten zu gewährleisten und zudem überwiegend als Subunternehmer von Beschichtungsfirmen. Entsprechend schulde der Beklagte zum einen die auf der Grundlage des von den beschäftigten gewerblichen Arbeitnehmern mindestens erzielten Verdienstes und des tarifvertraglichen Beitragssatzes sich errechnenden Beiträge für gewerbliche Arbeitnehmer für den Zeitraum Dezember 1996 bis November 1997 in Höhe von 7.246,54 EUR (= 14.173,00 DM), Angestelltenbeiträge auf der Grundlage der Zahl der beschäftigten Angestellten und des tarifvertraglichen Festbeitrages für den Zeitraum Dezember 1996 bis Februar 2000 in Höhe von 2.534,89 EUR (= 4.957,81 DM), zusammen also 9.781,43 EUR, sowie die tarifvertraglich vorgeschriebenen Auskünfte für gewerbliche Arbeitnehmer für den Zeitraum Dezember 1997 bis Februar 2002 und für Angestellte - nach Rücknahme der Klage für Januar bis Dezember 2000 - für den Zeitraum Januar 2001 bis Februar 2002, für den Fall der Nichterfüllung jeweils Zahlung eines Entschädigungsbetrages.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagtenseite zu verurteilen, an den Kläger 9.781,43 EUR zu zahlen und weiterhin
1. dem Kläger auf dem vorgeschriebenen Formular Auskunft darüber zu erteilen
1. wie viel gewerbliche Arbeitnehmer, die eine nach den Vorschriften des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) versicherungspflichtige Tätigkeit ausübten, in den Monaten Dezember 1997 bis Februar 2002 in dem Betrieb der Beklagtenseite beschäftigt wurden, welche Sozialkassenbeiträge insgesamt für diese Arbeitnehmer in den jeweils genannten Monaten angefallen sind,
2. wie viel Angestellte, die eine nach den Vorschriften des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung -(SGB VI) versicherungspflichtige Tätigkeit ausübten - ausgenommen sind geringfügig Beschäftigte im Sinne des § 8 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IV) - in den Monaten Januar 2000 bis Februar 2002 in dem Betrieb der Beklagtenseite beschäftigt wurden und welche Zusatzversorgungsbeiträge in den genannten Monaten angefallen sind,
1. für den Fall, dass diese Verpflichtung zur Auskunftserteilung innerhalb einer Frist von sechs Wochen nach Urteilszustellung nicht erfüllt wird, an den Kläger folgende Entschädigung zu zahlen:
zu Nr. 1.1 EUR 47.631,29, zu Nr. 1.2 EUR 641,19, Gesamtbetrag: EUR 48.272,48.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat die Ansicht vertreten, er habe im Klagezeitraum keinen baugewerblichen Betrieb im tariflichen Sinne unterhalten, da die von ihm durchgeführten Oberflächenbehandlungen im Kugelstrahlverfahren nichts anderes als Reinigungsarbeiten seien. Diese gehörten nicht zu den baulichen Leistungen im tariflichen Sinne. Durch das Überfahren mit einer Kugelstrahlmaschinen würden unterschiedliche Verschmutzungen, z. B. Ölrückstände, Reifenabrieb, Kaugummi, Reste von Zementschlämmen u. Ä. beseitigt, der gelöste Schmutz werde aufgesaugt, gesammelt und entsorgt. Glättungs- und Begradigungsarbeiten führe er nicht aus, da die Maschine hierzu gar nicht im Stande sei. Von einem Aufrauen der Flächen könne ebenso wenig die Rede sein. Dass die Flächen rauer würden, sei Folge der Reinigung, jedoch nicht Zweck seiner Tätigkeit. Mit anschließenden Arbeiten der Beschichtung habe er nichts zu tun. Ihm sei lediglich nachträglich in einer Vielzahl von Fällen bekannt geworden, dass die gereinigten Flächen eine Beschichtung oder sonstige Oberbeläge erhalten hätten. Zudem habe keiner der beschäftigten Arbeitnehmer jemals die Kugelstrahlmaschine bedient. Das habe er allein getan. Die Arbeitnehmer seien mit Zuarbeiten, wie Hilfestellung beim Abladen und Umsetzen der Maschinen, Anliefern und Wiedereinsammeln des Kugelstrahlmaterials, Beseitigung des aufgesaugten Schmutzes oder ähnlichen Arbeiten befasst gewesen.
Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Urteil vom 11.06.2002 stattgegeben. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 155 bis 165 d. A.) Bezug genommen.
Gegen dieses Urteil hat der Beklagte innerhalb der zur Niederschrift über die Berufungsverhandlung am 25.11.2002 festgestellten und dort ersichtlichen Fristen Berufung eingelegt.
Er wiederholt und vertieft seine Auffassung, wonach es sich bei den von ihm durchgeführten Arbeiten nicht um bauliche Leistungen im Sinne der Bautarifverträge handele. Sein Betrieb befasse sich weder mit Estrichverlegearbeiten noch mit Bodenbelagsarbeiten in irgend einer Form. Vielmehr handele es sich bei den betrieblichen Tätigkeiten um Reinigungsarbeiten, die u. a. auch in Wohnungen durchgeführt würden. Für ihn sei es gleichgültig, ob und gegebenenfalls wie die von ihm gereinigten Flächen anschließend weiterbehandelt oder mit den unterschiedlichsten Bodenbelägen versehen würden. Dies werde ihm auch nicht mitgeteilt, da das auf seine Arbeiten kein Einfluss habe. Seine Auftraggeber benötigten primär einen von jeglichen Verunreinigungen freien, aber nicht etwa aufgerauten Boden. So würden z. B. für Beschichtungen die durch die Kugelstrahlmaschine verursachten Spuren von den Beschichtungsfirmen, je nach Beschaffenheit des Unterbodens, durch eine Spachtelung wieder ausgeglichen, um eine glatte Fläche erreichen zu können. Im Übrigen sei auf Betonböden die Bearbeitung mit einer Kugelstrahlmaschine keineswegs erforderlich, um eine Beschichtung oder sonstige Bodenbeläge aufbringen zu können. Sein Einsatz hänge vielmehr vom Grad der Verunreinigung ab. Er trage weder den Boden ab, noch begradige er ihn, da dies schon deshalb nicht möglich sei, weil das Strahlenmittel stets in gleicher Intensität auf den Boden treffe. Im Unterboden vorhandene Unebenheiten blieben daher in vollem Umfang bestehen. Es sei auch nicht so, dass er überwiegend als Subunternehmer von Beschichtungsfirmen tätig werde. Seine Auftraggeber seien Bauherrn, Architekten, Bauträger, Generalunternehmer, Estrichleger, Firmen, die die unterschiedlichsten Arten von Bodenbelagsarbeiten ausführten. Da er Einzelheiten über die weitere Bearbeitung der Böden nicht kenne, gehe er davon aus, dass in einer Vielzahl von Fällen die von ihm gereinigten Flächen nicht weiterbehandelt würden. So sei es z. B. auf Tankstellengeländen, Landebahnen auf Flughäfen, Verkehrsflächen in- und außerhalb von Fabrik- oder Werkhallen. Im Übrigen habe der Kläger nicht berücksichtigt, dass er diesem eine Auflistung sämtlicher Mitarbeiter mit Beschäftigungszeiten (Bl. 183 d. A.) überreicht habe. Letztendlich sei es auch unrichtig, dass sämtliche gewerbliche Arbeitnehmer im Klagezeitraum überwiegend Oberflächenbehandlungen mittels Kugelstrahlverfahren ausgeführt hätten. Nur der in der Zeit vom 01.12.1997 bis 29.08.1998 für ihn tätige Herr ... habe im Einzelfall die Kugelstrahlmaschine bedient, wenn er selbst ausnahmsweise verhindert gewesen sei.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 11.06.2002 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil, wiederholt sein erstinstanzliches Vorbringen und trägt vor, die Kugelstrahlarbeiten des Beklagten hätten immer der Herstellung eines Untergrunds zur festen Verbindung mit Oberflächenbeschichtungen gedient und seien im Rahmen der Tätigkeit als Subunternehmer für Beschichtungsfirmen durchgeführt worden. Ausgeführt worden seien die Arbeiten in den einzelnen Kalenderjahren des Klagezeitraums an Betonböden zu etwa 98 % der persönlichen Arbeitszeit der jeweils tätigen gewerblichen Arbeitnehmer. Sämtliche Arbeitnehmer seien mit der Bedienung der Maschine vertraut gewesen und hätten einen entsprechenden Arbeitsvertrag mit Verpflichtung zur entsprechender Schulung erhalten. Die vom Beklagten verwendeten Blastrac-Maschinen seinen als optimale Methode zur Untergrundvorbehandlung von Herstellern der Beschichtungsmaterialen empfohlen. Mit der Maschine könnten horizontale Flächen aus Beton, Stein, Asphalt und Stahl profiliert und von Anhaftungen gereinigt werden. Beschichtungen hafteten nach der Oberflächenvorbehandlung mit der Maschine sicher und dauerhaft. Wesentlich sei insbesondere die Profilierung bei Flächen aus Beton, Stein und Asphalt. In keinem Fall sei es um schlichte Reinigung gegangen, dies sei auch nicht Gegenstand des Auftrags gewesen.
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsrechtszug wird auf den vorgetragenen Inhalt der vorbereiteten Schriftsätze sowie auf die Niederschrift über die Berufungsverhandlung am 25.11.2002 Bezug genommen.
Die vom Beklagten eingereichten Fotographien (Hülle Bl. 222 d. A.) wurden mit den Parteivertretern im Berufungstermin in Augenschein genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gem. §§ 8 Abs. 2 ArbGG, 511 ZPO statthafte Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt, sowie rechtzeitig und ordnungsgemäß begründet worden (§§ 66 Abs. 1 ArbGG, 517, 519, 520 ZPO), begegnet auch im Hinblick auf den Wert des Beschwerdegegenstandes (§ 64 Abs. 2 b ArbGG) keinerlei Bedenken und ist damit insgesamt zulässig.
In der Sache hat die Berufung Erfolg. Der Kläger kann weder die begehrte Zahlung noch die geforderten Auskünfte, die vom Kläger entgegen dem erstinstanzlich formulierten und so vom Arbeitsgericht beschiedenen Antrag bezüglich der Angestellten angesichts der Klagerücknahme für den Zeitraum Januar bis Dezember 2000 (Bl. 39 d. A.) nur noch für den Zeitraum Januar 2001 bis Februar 2002 verlangt werden, fordern, weil es hierfür an einer Rechtsgrundlage fehlt.
Als allein mögliche Anspruchsgrundlage für das Zahlungsverlangen des Klägers kommt § 24 Abs. 1 des Tarifvertrages über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe (VTV) vom 12.11.1986 bezüglich der gewerblichen Arbeitnehmer und § 25 VTV (ab 01.01.2000 inhaltsgleich § 19 VTV vom 20.12.1999) ebenso wenig ist Betracht wie für das Auskunftsbegehren § 27 Abs. 1 VTV (ab 01.01.2000 § 21 VTV vom 20.12.1999). Durch die vorbezeichneten Tarifnormen konnten nämlich Verpflichtungen des Beklagten nicht begründet werden, weil der VTV für ihn im Klagezeitraum nicht galt. Denn der Beklagte unterhielt im Klagezeitraum keinen Betrieb, der unter den betrieblichen Geltungsbereich dieses Tarifvertrages fiel.
Nach § 1 Abs. 2 VTV in sämtlichen für den Klagezeitraum maßgeblichen Fassungen fallen unter den betrieblichen Geltungsbereich dieses Tarifvertrages diejenigen Betriebe, in denen überwiegend entweder die in § 1 Abs. 2 Abschn. V genannten Beispielstätigkeiten ausgeführt oder aber Leistung im Sinne der Bestimmungen der Abschn. I bis IV durchgeführt werden (ständige Rechtsprechung seit BAG 18.01.1984, AP Nr. 60 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau). Ob hiernach bauliche Leistungen überwiegend erbracht werden, bemisst sich danach, ob die überwiegende betriebliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer auf derartige bauliche Tätigkeiten entfällt. Nicht maßgeblich sind dagegen wirtschaftliche Gesichtspunkte, wie Umsatz und Verdienst oder handels- oder gewerberechtliche Kriterien (ständige Rechtsprechung, vgl. z. B. BAG 14.07.2000, AP Nr. 232 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau). Ob die überwiegende Arbeitszeit auf bauliche oder nichtbauliche Leistungen entfällt, ist nach der Arbeitszeit innerhalb eines Kalenderjahres zu beurteilen, soweit sich die Tätigkeit des Betriebes, wie im vorliegenden Fall, über ein Kalenderjahr erstreckt (vgl. BAG 22.04.1987 und 12.12.1988, AP Nr. 82 und 106 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau).
Nach diesen Maßstäben handelt es sich beim Betrieb des Beklagten im Klagezeitraum unstreitig arbeitszeitlich überwiegend durchgeführten Kugelstrahlarbeiten um keine baulichen Leistungen im tariflichen Sinne, weil diese Tätigkeiten weder unter die Beispielstätigkeiten des Abschnittes V noch unter die allgemeinen Bestimmungen der Abschnitte I bis III des § 1 Abs. 2 VTV gefasst werden können.
Die Kugelstrahlarbeiten sind nicht, soweit sie - nach dem Vortrag des Klägers weit überwiegend - auf bzw. an Betonflächen erfolgten und erfolgen Arbeiten i. S. von § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 5 VTV.
Nach dieser Bestimmung zählen zu den baulichen Tätigkeiten "Beton- und Stahlbetonarbeiten einschließlich Betonschutz- und Betonsanierungsarbeiten sowie Armierungsarbeiten". Diese Merkmale erfüllen die vom Beklagten durchgeführten Kugelstrahlarbeiten nicht. Mit der Verwendung des Begriffs "Betonarbeiten" stellen die Tarifvertragsparteien des Baugewerbes mangels eigener Begriffsbestimmung erkennbar auf das Tätigkeitsfeld des den baulichen Berufen zuzuordnenden Beton- und Stahlbetonbauers ab. Dessen Tätigkeitsfeld ist berufsrechtlich gekennzeichnet durch die Herstellung und Verarbeitung von Betonmischungen, also durch Arbeiten mit dem Baumaterial Beton inklusive Sanierung und Instandhaltung von Beton- und Stahlbetonbauteilen (vgl. § 13 der Verordnung über die Berufsausbildung in der Bauwirtschaft vom 08.05.1974 BGBl. 1984 I S. 1599 ff, ab 01.08.1999: § 28 der Verordnung vom 02.06.1999, BGBl. 1999 I S. 1102 ff). Das Bestrahlen von Böden aus Beton mit kleinen Metallkugeln zählt hierzu nicht. Von Betonverarbeitung kann keine Rede sein, weil durch das Kugelbestrahlen der Beton nicht als Material verarbeitet wird (vgl. zum Begriff der Verarbeitung: BAG 14.10.1987, AP Nr. 86 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau). Die Betonflächen werden durch das Bestrahlen auch weder saniert noch instand gesetzt. Sanieren ist in der Fachsprache des Bauhandwerks der Sammelbegriff für Instandsetzungs-, Erneuerungs- und Modernisierungsmaßnahmen (vgl. Gerner, Handwerkerlexikon, 1984, S. 162). Erneuert bzw. wieder hergestellt (= instand gesetzt) wird die Betonfläche durch das Kugelbestrahlen nicht. Denn nach dem eigenen Vortrag des Klägers verfolgen diese Arbeiten nicht den Zweck, die Betonfläche für eine anschließende Nutzung gebrauchsfertig zu machen, sondern dienen vielmehr dazu, eine Oberflächenbehandlung durch Dritte mittels Auftrages von Beschichtungen, also die eigentliche Erneuerung, Modernisierung und Instandsetzung der Betonfläche und damit die von § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 5 erfassten Betonarbeiten, vorzubereiten.
Derartige Vorbereitungsarbeiten können zwar den baugewerblichen Arbeiten i. S. von § 1 Abs. 2 Abschn. V VTV hinzugerechnet werden. Dies ist jedoch nur dann möglich, wenn die Vorbereitungsarbeiten in unmittelbarem Zusammenhang mit eigenen baulichen Arbeiten des Betriebes stehen. Erbringt ein Betrieb demgegenüber ausschließlich solche, als Neben- oder Hilfsarbeiten zu baulichen Tätigkeiten zu charakterisierende Arbeiten, unterfällt er nicht dem Beispielskatalog des § 1 Abs. 2 Abschn. V (vgl. BAG 20.03.2002 - 10 AZR 501/01 - m. w. N.). Das ergibt sich zwingend daraus, dass es in einem solchen Fall an der Durchführung von Tätigkeiten des Beispielskataloges fehlt und damit auch an einem durch die arbeitstechnische Zweckrichtung des Betriebes vermittelten Sachzusammenhang zu eigenen baulichen Tätigkeiten (vgl. Kammerurteil vom 13.05.2002 - 16 Sa 1909/01 -).
Bei den Kugelstrahlarbeiten handelt es sich auch nicht um Betonschutz- und Betonsanierungsarbeiten i. S. von § 1 Abs. 2 Abschn. V VTV. Eine derartige Qualifikation der vom Betrieb des Beklagten durchgeführten Arbeiten scheitert bereits daran, dass nach dem eigenen Sachvortrag des Klägers die Kugelstrahlarbeiten weder dem Schutz der Betonfläche noch deren Sanierung unmittelbar dienen. Derartige Zwecke verfolgen vielmehr erst die nachfolgenden, von Drittunternehmern durchgeführten Arbeiten.
Die vom Betrieb des Beklagten durchgeführten Kugelstrahlarbeiten unterfallen auch nicht der allgemeinen Bestimmung des § 1 Abs. 2 Abschn. II VTV.
Von § 1 Abs. 2 Abschn. II VTV werden Betriebe erfasst, die nach ihrer durch die Art der betrieblichen Tätigkeit geprägten Zweckbestimmung und nach ihrer betrieblichen Einrichtung gewerblich bauliche Leistungen erbringen, die - mit oder ohne Lieferung von Stoffen oder Bauteilen - der Erstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen. Dazu gehören alle Arbeiten, die irgendwie - wenn auch nur auf einem kleinen und speziellen Gebiet - der Vollendung eines Bauwerks zu dienen bestimmt sind (vgl. BAG 05.09.1990 und 07.07.1999, AP Nr. 135 und 221 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau). Voraussetzung ist freilich, dass diese Arbeiten, wie es der Wortlaut des Tarifvertrages ausdrücklich verlangt, baulich geprägt sind (vgl. BAG 05.09.1990, a.a.O.).
Die vom Betrieb des Beklagten durchgeführten Kugelstrahlarbeiten sind weder kraft entsprechender Prägung baulich noch dienen sie der Instandsetzung oder Instandhaltung von Bauwerken.
Bereits die erforderliche bauliche Prägung der Arbeiten fehlt. Diese liegt vor, wenn die durchgeführten Arbeiten solche sind, die nach Herkommen und Üblichkeit bzw. nach den verwendeten Arbeitsmitteln und der Arbeitsmethode dem Baugewerbe zugerechnet werden.
Das von dem Beklagten verwendete Werkzeug und die angewandten Arbeitsmethoden besagen insoweit nichts. Zwar sind Kugelstrahler Arbeitsgeräte, die auch in Betrieben des Bautenschutzes, einem Bereich des Baugewerbes, zur Vorbereitung der durch derartige Betriebe durchgeführten nachfolgenden schützenden Behandlung von Bauwerksflächen benutzt werden. Derartige Arbeitsgeräte sind jedoch nach Herkommen und Üblichkeit nicht exklusiv dem Baugewerbe zugewiesen. Denn Kugelstrahlgeräte finden sich auch in anderen Berufssparten, z. B. im metallverarbeitenden Gewerbe. Nichts anderes gilt für die verwendete Arbeitsmethode, die sich ohnehin an dem erstrebten Erfolg auszurichten hat. Insoweit ist es ohnehin bereits zweifelhaft, ob es tatsächlich eine spezifische Arbeitsmethode gibt, deren Anwendung hinreichender Anhaltspunkt für einen baulichen Betrieb sein kann.
Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass das Kugelbestrahlen von Böden - nach Vortrag des Klägers weit überwiegend auf Beton - eine Tätigkeit ist, die nach Herkommen und Üblichkeit eine solche eines Betriebes des Baugewerbes ist.
Dieser Annahme widerstreitet bereits der Umstand, dass Kugelstrahlarbeiten in der vom Beklagten ausgeführten Weise auch der Reinigung von Böden dienen und Reinigungsarbeiten zu einem ein Tätigkeitsfeld gehören, das herkömmlicherweise nicht dem Bereich des Baugewerbes zugezählt wird.
Der allgemeine Sprachgebrauch steht einem solchen Verständnis nicht entgegen. Unter "Reinigen" versteht man nach Auskunft der Lexikographen "etwas von Schmutz, Zusätzen u. ä. befreien" (vgl. Brockhaus/Wahrig, 1993, Stichwort "Reinigen"). Dass die Arbeiten des Beklagten auch diesem Zweck dienen, zeigen augenfällig die vom Beklagten im Berufungsrechtszug vorgelegten Fotos und ist zwischen den Parteien auch nicht im Streit.
Ob und inwieweit durch das Kugelstrahlen auf die Substanz (hier: des Bodens) eingewirkt wird, ist insoweit ohne Belang. Denn dies ist nur ein beschränkt taugliches Kriterium zur Abgrenzung von Reinigungsarbeiten gegenüber anderen Tätigkeiten. Nahezu immer, wenn ein Objekt von Schmutz oder Zusätzen befreit wird, wird auch auf die Substanz des Objekts eingewirkt. Physikalisch betrachtet besteht ohnehin jeder körperliche Gegenstand aus einem Schwarm vibrierender Moleküle, sodass es bereits kaum möglich ist, zwei physikalische Gegenstände gegeneinander abzugrenzen, geschweige denn eine Substanzeinwirkung auch nur durch Berühren zu verneinen oder zu bejahen.
Auch bei einer an der Begriffswelt des Arbeits- und Wirtschaftslebens orientierten natürlicher Betrachtungsweise wird bei Reinigungsarbeiten an Oberflächen üblicherweise in die Materialsubstanz eingegriffen. Das belegt der Umstand, dass die Tätigkeit des Abziehens und Schleifens, bei der notwendigerweise auf das bearbeitete Material eingewirkt wird, mit zu den Kenntnissen des Gebäudereinigerhandwerks gehört (vgl. § 1 Abs. 2 Nr. 21 der Verordnung über das Berufsbild und über die Prüfungsanforderungen im praktischen und im fachtheoretischen Teil der Meisterprüfung für das Gebäudereiniger-Handwerk vom 12.02.1988, BGBl. 1988 I, S. 151). Zu Recht geht deshalb die 10. Kammer des Landesarbeitsgerichts (vgl. Urteil vom 10.12.2001 - 10 Sa 712/01 -) davon aus, dass Reinigungsarbeiten nicht allein deshalb verneint werden können, weil es zu einem Eingriff in die Materialsubstanz kommt. Damit erledigt sich der Einwand des Klägers, eine Qualifizierung als Reinigungsarbeiten scheide schon deshalb aus, weil durch das Kugelbestrahlen der Betonflächen diese nicht nur gesäubert, d. h. von Verschmutzungen befreit, sondern auch "rauer" würden.
Einer Qualifizierung der Kugelstrahlarbeiten als Reinigungsarbeiten widerstreitet auch nicht der Umstand, dass diese Tätigkeiten nach dem Vortrag des Klägers durchgeführt werden, um eine spätere Beschichtung der Böden zu ermöglichen. Merkmal von Reinigungsarbeiten ist nicht, dass die bearbeiteten Flächen später nicht weiterverarbeitet werden. Vielmehr ist eine Säuberung in der Regel Voraussetzung für eine sach- und fachgerechte anschließende Bearbeitung der Flächen. Soweit die Berufungskammer in ihrem vom Arbeitsgericht herangezogenen Urteil vom 03.03.1997 (16 Sa 1687/96) - ohne dass es in jenem Fall entscheidend darauf ankam - davon ausgegangen ist, das Kugelbestrahlen von Böden könne niemals als Reinigung angesehen werden, gibt sie diese Auffassung auf.
Weil die Kugelstrahlarbeiten des Beklagten jedenfalls auch als Reinigungsarbeiten anzusehen sind, fehlt es an dem notwendigen baulichen Bezug dieser Arbeiten. Denn Betriebe, die Reinigungsarbeiten - Ausnahme: Fassadenreinigung - durchführen, werden herkömmlicherweise nicht dem Baugewerbe zugerechnet. Das zeigt bereits der Umstand, dass Reinigungsarbeiten zum Gewerbezweig der Gebäudereinigung zählen, von der berufsrechtlich auch die Reinigung von Innenbauteilen an Bauwerken (Böden) sowie Verkehrs- und Freiflächen erfasst wird (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 2 der Verordnung vom 12.12.1988 a.a.O.). Ob Tätigkeiten wie die des Beklagten damit gleichzeitig auch unter den Geltungsbereich des für Gebäudereiniger geltenden und für allgemeinverbindlich erklärten Rahmentarifvertrages für die gewerblich Beschäftigten im Gebäudereinigerhandwerk in der Bundesrepublik Deutschland fallen, ist dabei im vorliegenden Fall nicht für die Entscheidung erheblich. Hier geht es allein darum, ob es sich bei den Tätigkeiten des Beklagten um solche handelt, die nach Herkommen und Üblichkeit dem Baugewerbe zuzurechnen sind. Das ist nicht der Fall, weil es sich bei den Tätigkeiten eben auch um Reinigungsarbeiten handelt.
Darüber hinaus werden die vom Betrieb des Beklagten kugelbestrahlten Böden durch die Bestrahlung noch nicht, wie für die Annahme von Instandsetzungsarbeiten i. S. v. § 1 Abs. 2 Abschn. II VTV erforderlich, unmittelbar ihrer bestimmungsgemäßen Nutzung zugeführt. Denn nach dem eigenen Vortrag des Klägers handelt es sich bei den Kugelstrahlarbeiten nur um Vorarbeiten zur anschließenden von anderen Betrieben durchgeführten Beschichtung. Damit ist es nicht der Zweck der Arbeiten des Betriebes, nutzbare Bodenflächen herzurichten, also Bauwerksteile (Böden) instand zu setzen oder instand zu halten. Zweck der Arbeiten des Betriebes des Beklagten ist es vielmehr lediglich, durch die Kugelstrahlarbeiten dafür Sorge zu tragen, dass es nachfolgenden Unternehmen möglich ist, Instandsetzungsarbeiten in der Form der sach- und fachgerechten Aufbringung von Beschichtungen auf die Böden auszuführen. Das allein macht die Arbeiten des Beklagten noch nicht zu solchen i. S. von § 1 Abs. 2 Abschn. II VTV.
Etwas anderes gilt auch nicht deshalb, wenn man mit dem Kläger davon ausgeht, dass Beschichtungsarbeiten ohne vorangehende Bodenbearbeitung in der vom Betrieb des Beklagten durchgeführten Form sinnvoll nicht durchgeführt werden können. § 1 Abs. 2 Abschn. II VTV ist nämlich nicht schon dann einschlägig, wenn irgendwie Arbeiten "im Umfeld von Bauten" verrichtet werden (vgl. BAG 25.02.1987, AP Nr. 79 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau). Denn die betriebliche Tätigkeit muss, wie der Wortlaut der Tarifnorm zeigt, selbst der Instandsetzung, Instandhaltung usw. von Bauwerken dienen. Das schließt es aus, auch reine nicht selbst als baulich einzuordnende Vorbereitungsarbeiten, für anschließende Instandsetzungs- oder Instandhaltungsarbeiten, soweit diese nicht selbst auch vom Betrieb durchgeführt werden, zu den baulichen Tätigkeiten zu zählen.
Die betriebliche Tätigkeit des Beklagten wird auch nicht von § 1 Abs. 2 Abschn. III VTV erfasst. Insoweit kann es dahinstehen, ob diese Bestimmung mangels hinreichender Bestimmtheit und Klarheit wirksam ist (kritisch Koch, Die Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes, 1994, Rz. 142). Denn jedenfalls verlangt auch § 1 Abs. 2 Abschn. III VTV nach seinem Wortlaut eine bauliche Zweckbestimmung, d. h. unmittelbaren Bauwerksbezug der Arbeiten. Dieser fehlt, wenn, wie hier, der Zweck der betrieblichen Tätigkeit allein darin besteht, (nichtbauliche) Vorbereitungsarbeiten für anschließende bauliche Tätigkeiten durchzuführen.
Unerheblich ist schließlich, ob der Beklagte, wie der Kläger vorträgt, überwiegend als Subunternehmer für Beschichtungsunternehmen tätig wird. Ebenso wenig wie es für die Antwort auf die Frage, ob bauliche Leistungen erbracht werden, darauf ankommt, ob diese gegenüber dem Bauherrn oder gegenüber einem anderen Unternehmer erbracht werden, kann eine nichtbauliche Tätigkeit nicht deshalb zu einer baulichen werden, weil sie durch einen Subunternehmer für ein Bauunternehmen durchgeführt wird. Denn § 1 Abs. 2 VTV stellt auf die Tätigkeit des Betriebes und nicht auf das Tätigkeitsfeld des Auftraggebers ab.
Weil der Betrieb des Beklagten im Klagezeitraum kein baugewerblicher im tariflichen Sinne war, schuldet der Beklagte weder die geforderte Zahlung noch die verlangten Auskünfte. Daher bedarf es auch keiner Entscheidung darüber, ob die vom Kläger im Falle der Nichterfüllung der Auskunftspflicht geforderte Entschädigungssumme angesichts der vom Beklagten mitgeteilten Beschäftigungszeiten von gewerblichen Arbeitnehmern im Klagezeitraum überhöht ist.
Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, da er unterlegen ist (§ 91 ZPO).
Die Zulassung der Revision beruht auf § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.
Ende der Entscheidung
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