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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessisches Landesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 22.10.2007
Aktenzeichen: 16 Sa 1194/06
Rechtsgebiete: AEntG, VTV/Bau


Vorschriften:

AEntG § 1
VTV/Bau § 13 Abs. 1
VTV/Bau § 18 Abs. 5
VTV/Bau § 25 Abs. 2
VTV/Bau § 25 Abs. 3
Zur Frage des Verfalls und der Verjährung von Ansprüchen eines Arbeitgebers mit Sitz im Ausland, der Erstattungsansprüche wegen Zahlung von Urlaubsvergütung geltend macht, sowie zur Frage, ob verfallene und verjährte Forderungen auf Zahlung von Urlaubskassenbeiträgen sowie Ansprüche auf Zahlung von Verzugszinsen wegen verspäteter Beitragszahlung eine Verfügungsbefugnis des baugewerblichen Arbeitgebers über Erstattungsforderungen ausschließenden »Debetsaldo« auf dem Beitragskonto des Arbeitgebers begründen.
Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 06. April 2006 - 5 Ca 3633/03 - teilweise - unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung - abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass der Rechtsstreit hinsichtlich der Klage erledigt ist.

Auf die Widerklage der Beklagten wird der Kläger verurteilt, an die Beklagte 32.276,43 EUR (in Worten: Zweiunddreißigtausendzweihundertsechsundsiebzig und 43/100 Euro) zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14. August 2007.

Im Übrigen wird die Widerklage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger 3/13 der des 1. Rechtszuges und 2/5 der des Berufungsverfahrens, die Beklagte 10/13 der Kosten 1. Instanz und 3/5 der Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darum, ob die Beklagte gegenüber dem Kläger verpflichtet ist, für ihre in Deutschland im Zeitraum von Juli bis Dezember 1999 beschäftigten gewerblichen Arbeitnehmer Urlaubskassenbeiträge zu zahlen und ob der Kläger zur Erstattung von seitens der Beklagten an ihre Arbeitnehmer in den Jahren 1999 und 2000 gezahlter Urlaubsvergütungen verpflichtet ist.

Der Kläger ist eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes. Er hat nach den für allgemeinverbindlich erklärten tarifvertraglichen Regelungen des Baugewerbes (Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe [BRTV/Bau]; Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe [bis 31. Dezember 1999 v.12. November 1986, in der für 1999 gültigen Fassung = VTV aF, ab 01. Januar v. 20. Dezember 1999 = VTV]) insbesondere die Aufgabe, die Auszahlung der tarifvertraglich vorgesehenen Urlaubsvergütung zu sichern. Zu diesem Zweck haben die den Bautarifverträgen unterfallenden Arbeitgeber monatliche Beiträge in Höhe eines bestimmten Prozentsatzes der Bruttolohnsumme der beschäftigten gewerblichen Arbeitnehmer an den Kläger zu zahlen

Die Beklagte ist eine Gesellschaft tschechischen Rechts mit Sitz in Xxxx, die einen baugewerblichen Betrieb unterhält. Mit Hilfe tschechischer Arbeitnehmer führte sie in den Jahren 1999 und 2000 in der Bundesrepublik Deutschland auf der Grundlage von Werkverträgen als Subunternehmerin Tunnelvortriebs- und Ausbauarbeiten an Bauwerken aus. Die tschechischen Arbeitnehmer waren zum deutschen Arbeitsmarkt zugelassen.

Mit Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 11. August 2003 (16 Sa 617/00) wurde eine von der Beklagten erhobene Klage auf Feststellung, dass die Beklagte seit 1999 nicht zur Teilnahme am bautariflichen Urlaubskassenverfahren verpflichtet sei, abgewiesen und die Beklagte gleichzeitig auf die Widerklage des Klägers zur Auskunftserteilung über die 1999 in der Bundesrepublik beschäftigten gewerblichen Arbeitnehmer und die für den Zeitraum Juli bis Dezember 1999 angefallenen Urlaubskassenbeiträge, für den Fall der Nichterfüllung binnen sechs Wochen nach Urteilszustellung zur Zahlung eines Entschädigungsbetrages verurteilt. Die von der Beklagten hiergegen eingelegte Revision, mit der sie ihr Feststellungsbegehren nur noch für das Kalenderjahr 1999 verfolgte, wurde mit Urteil des BAG vom 25. Januar 2005 (9 AZR 620/03) zurückgewiesen. Mit einem dem Kläger am 13. Juli 2007 zugestellten Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 10. Juli 2007 (Bl. 563/564 d.A.) wurden etwaige Erstattungsforderungen der Beklagten gegen den Kläger in Höhe der beim BAG angefallenen Kosten von € 1.387,00 gepfändet und der Justizbeitreibungsstelle beim BAG überwiesen.

Mit Urteil vom 27. November 2003 verurteilte das Arbeitsgericht Wiesbaden die Beklagte zur Zahlung von Urlaubskassenbeiträgen in Höhe von € 61.504,97 für gewerbliche Arbeitnehmer für das Kalenderjahr 2000. Die Höhe der geschuldeten Beiträge errechnete der Kläger aus den gegenüber den öffentlichen Stellen gemachten Angaben der Beklagten über die Dauer der Beschäftigung von gewerblichen Arbeitnehmern im Kalenderjahr 2000, der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit, dem tariflichen Mindestlohn und dem Beitragssatz für Urlaubskassenbeiträge, wobei er zunächst einen Betrag in Höhe von € 96.755,36 klageweise geltend gemacht hatte. Die Berufung der Beklagten gegen die arbeitsgerichtliche Entscheidung wurde vom Hessischen Landesarbeitsgericht mit Urteil vom 31. Januar 2005 (16 Sa 136/04) zurückgewiesen. In der Berufungsinstanz hatte die Beklagte hilfsweise mit einem Anspruch auf Erstattung von im Jahre 2000 an ihre gewerblichen Arbeitnehmer gezahlter Urlaubsvergütung von € 56.881,89 aufgerechnet und diesen Betrag für den Fall, dass die Zahlungsklage des Klägers keinen Erfolg habe, im Wege der Hilfswiderklage geltend gemacht. Über den zur Aufrechnung gestellten Betrag entschied das Landesarbeitsgericht mit der Begründung nicht, eine Aufrechnung gegen Beitragsforderungen sei wegen des tariflichen Aufrechnungsverbots des § 18 Abs.5 VTV ausgeschlossen. Den ausgeurteilten Betrag zahlte die Beklagte am 31. Oktober 2005 an den Kläger.

Mit seiner am 12. Dezember 2003 beim Arbeitsgericht eingegangenen und der Beklagten am 14. Februar 2004 zugestellten Klage hat der Kläger die Ansicht vertreten, die Beklagte schulde ihm für die im Zeitraum von Juli bis Dezember 1999 in Deutschland eingesetzten gewerblichen Arbeitnehmer Zahlung von Urlaubskassenbeiträgen in Höhe von € 40.500,59. Die Höhe berechne er mangels Auskunftserteilung durch die Beklagte aus den Meldungen der Beklagten gegenüber den Landesarbeitsämtern bzw. aus den Prüfberichten der Dienststellen der Zoll- und Arbeitsverwaltung, denen die jeweilige Entsendedauer der in die Bundesrepublik Deutschland beschäftigten Arbeitnehmer zu entnehmen sei, ferner aus der tarifvertraglichen durchschnittlichen Wochenarbeitszeit, dem tarifvertraglichen Mindestlohn sowie dem tariflichen Beitragssatz für Urlaubskassenbeiträge.

Nachdem der Kläger gegen die ordnungsgemäß geladene aber nicht erschienene Beklagte im arbeitsgerichtlichen Termin vom 06. September 2004 ein klagezusprechendes Versäumnisurteil erwirkt, die Beklagte hiergegen fristgerecht Einspruch eingelegt und den titulierten Betrag am 11. Januar 2006 gezahlt hatte, hat der Kläger beantragt,

festzustellen, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen, sowie widerklagend

1. festzustellen, dass das Beitragskonto der Beklagten keinen Debetsaldo im Sinne des § 18 Abs.5 VTV aufweist,

2. den Kläger zu verurteilen, an sie € 102.005,38 nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 20. Oktober 2005 aus € 61.504,79 sowie Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 17. Januar 2006 aus € 102.005,38 zu zahlen.

Sie hat gemeint, sie schulde dem Kläger keine Beitragszahlung, weil Ansprüche der Arbeitnehmer gegen den Kläger für den Klagezeitraum Juli bis Dezember 1999 verfallen seien und es mit der Aufgabenstellung des Klägers unvereinbar sei, Beiträge einzuziehen ohne Leistungen zu erbringen. Darüber hinaus habe sie an ihre Arbeitnehmer Urlaubs- und Urlaubsabgeltungsansprüche geleistet und ihre Urlaubsverpflichtungen nach tschechischem Recht erfüllt. Gezahlt habe sie insoweit insgesamt € 140.658,43, nämlich für 1999 € 16.044,85 und für 2000 € 124.715,84. In den Jahren 1999 und 2000 sei an ihre Arbeitnehmer ein Bruttolohn vom DM 2.146.300,20 gezahlt worden. Im Entsendezeitraum von Juli bis Dezember 1999 hätten die Arbeitnehmer einen steuerpflichtigen Bruttolohn von DM 582.434,80 erhalten, der einen Urlaubskassenbeitrag von € 42.435,67 ergebe. An Urlaubskassenbeiträgen gezahlt habe sie insgesamt € 102.005,38. Mit Schreiben vom 13. Oktober 2005 habe sie dem Kläger Monatsmeldungen für die beschäftigten gewerblichen Arbeitnehmer für den Zeitraum 1999 und 2000 inklusive des in Anspruch genommenen Urlaubs erteilt. Weitere Beitragsansprüche ständen dem Kläger nicht zu, weil sämtliche Forderungen verjährt seien. Ihre Ansprüche seien demgegenüber weder verjährt noch verfallen. Da sie an Urlaubsvergütung mehr gezahlt habe als an Beiträgen könne sie die gezahlten Beiträge in voller Höhe als Erstattungsbeträge fordern. An der begehrten Feststellung habe sie ein rechtliches Interesse, weil der Kläger auch andere als Beitragsforderungen in das Beitragskonto eingestellt habe, nämlich Zwangsvollstreckungskosten, die in der erforderlichen Höhe im übrigen von ihr bezahlt worden seien.

Der Kläger hat beantragt,

die Widerklage abzuweisen.

Er hat meint, die Beklagte könne nichts von ihm verlangen. Sie habe ihm gegenüber die tarifvertraglich geschuldeten Meldungen nicht ordnungsgemäß vorgenommen. So habe sie erstmals im Jahre 2005 Bruttolöhne mitgeteilt und dann mit Schreiben vom 31. Januar 2006 dargelegt, wie diese korrigiert werden müssten. Auf Grund der verspäteten Meldungen sei er nicht imstande gewesen, seine Beitragsansprüche, soweit sie die titulierte Höhe überstiegen, zeitgerecht geltend zu machen, nunmehr seien jene verfallen und verjährt. Für 1999 ergebe sich aus den Meldungen der Beklagten bezüglich der Baustelle Xxxxxxxx (Bl. 118/119 d.A.), der einzigen Baustelle, auf der die Beklagte 1999 tätig gewesen sei, eine Bruttolohnsumme, aus der sich ein Urlaubskassenbeitrag von € 47.829,52 für dieses Jahr errechne. Darüber hinaus bestehe auf dem Beitragskonto eine Debetsaldo zu Lasten der Beklagten, weil durch die Vollstreckung in Tschechien aus dem Urteil des Landesarbeitsgerichts vom 31. Januar 2005 Vollstreckungskosten in Höhe von € 3.742,26 angefallen und von der Beklagten nicht ausgeglichen worden seien. Schließlich seien Erstattungsansprüche der Beklagten ohnehin verfallen und verjährt. Letztlich habe die Beklagte Erstattungsansprüche auch nicht hinreichend substantiiert dargelegt.

Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Urteil vom 06. April 2006 stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 256 bis 266 d.A.) Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil hat die Beklagte innerhalb der zur Niederschrift über die Berufungsverhandlung am 12. Februar 2007 festgestellten und dort ersichtlichen Fristen Berufung eingelegt.

Nachdem sie zur Klage zunächst vorgetragen hatte, die im Verlaufe des erstinstanzlichen Verfahrens erfolgte Zahlung der im erstinstanzlichen Versäumnisurteil titulierten Forderung sei zur Abwendung der Zwangsvollstreckung erfolgt, trägt sie zuletzt vor, diese im Januar erfolgte Zahlung sei zur Erfüllung der klageweise geltend gemachten Forderung bestimmt gewesen. Zur Widerklage trägt die Beklagte vor, für das Kalenderjahr 1999 lägen vollständig korrigierte Meldungen über Bruttolöhne vor, aus denen sich ein Urlaubskassenbeitrag von € 42.435,67 ergebe. Den Differenzbetrag zum erstinstanzlich geforderten und gezahlten Betrag für diesen Zeitraum habe sie mittlerweile beglichen. Die Verjährungseinrede werde nicht erhoben, soweit es um Beitragsforderungen des Klägers für diese Jahr gehe, die den titulierten Betrag von € 40.500,59 überstiegen. Im Jahre 2000 habe sie Arbeitnehmer nur auf der Baustelle Xxxxxxxx beschäftigt und auch für diese Meldungen erteilt. Deren Bruttolöhne habe sie bereits erstinstanzlich mitgeteilt. Nachdem die Beklagte insoweit zunächst vorgetragen hatte, die mitgeteilten Bruttolöhne für 1999 und 2000 seien um den darin enthaltenen Arbeitgeberanteil zur tschechischen Sozialversicherung zu kürzen, trägt sie zuletzt vor, die mitgeteilten Bruttolöhne enthielten nicht die Arbeitgeberanteile. Für die Berechnung der Urlaubskassenbeiträge seien jedoch die mitenthaltenen Sonntags- und Nachtzuschläge abzuziehen, da diese nicht steuerpflichtig seien. Für das Jahr 1999 habe der Bruttolohn DM 656.466,10, für das Jahr 2000 DM 1.489.834,10, jeweils ohne Abzug von Sozial- und Krankenversicherungsbeiträgen, betragen. Ziehe man Sozial- und Krankenversicherungsbeiträge ab und lege den tariflichen Urlaubskassenbeitragssatz zugrunde, ergäben sich Beiträge für 1999 in Höhe von € 42.113,00 und für 2000 in Höhe von € 92.205,00. An Urlaubsvergütungen habe sie an ihre entsandten Arbeitnehmer unter Gewährung von Urlaub in der Zeit bis 31. Dezember 1999 DM 31.381 = € 16.044,85 gezahlt. Weiteren Urlaub für 1999 habe sie in der Zeit bis 30. April 2000 gewährt und vergütet in Höhe von DM 84.690,00 = € 43.301,00. Im Jahre 2000 sei für dieses Jahr während der Entsendezeit bis August 2000 Urlaub gewährt und vergütet worden in Höhe von DM 113.411 = € 51.986,00. Insgesamt habe sie daher an Urlaubsvergütung für 1999 und 2000 an die entsandten Arbeitnehmer € 111.331,00 gezahlt. Danach habe sie mehr an Urlaub gewährt und vergütet, als sie an Beiträgen an den Kläger gezahlt habe. Erstattet verlangen könne sie geleistete Urlaubsvergütung in Höhe der gezahlten Beiträge, mithin, unter Berücksichtigung der während des Berufungsverfahrens noch erfolgten Zahlung von € 1.935,08, einen Betrag von € 103.940,64. Verfallen oder verjährt seien ihre Erstattungsansprüche nicht, zumal sie in einem der vorangegangenen Verfahren einen Betrag von € 56.881,89 hilfsweise widerklagend geltend gemacht habe. Die Voraussetzungen für eine Erstattung dieses Betrages habe sie hinreichend dargelegt, hilfsweise mache sie sich den Vortrag des Klägers im Berufungsrechtszug in dessen Anlagen 1 bis 128 zu dessen Schriftsatz vom 20. Juli 2007 (Bl. 434 bis 562 d. A.) zu eigen. Sie habe an alle im Jahre 1999 und 2000 nach Deutschland entsandten Arbeitnehmer nach tschechischem Recht Urlaubsgeld gezahlt und zahlen müssen, ihre entsandten Arbeitnehmer hätten ihr Ansprüche gegen den Kläger an sie, die Beklagte, abgetreten.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen, sowie, widerklagend,

1. festzustellen, dass das Beitragskonto der Beklagten keinen Debetsaldo im Sinne des § 18 Abs.5 VTV aufweist,

2. den Kläger zu verurteilen, an sie € 103.940,46 nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 20. Oktober 2005 aus € 61.504,79 sowie Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus € 102.005,38 vom 12. Januar 2006 bis 25. Mai 2007 und 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus € 103.940,46 seit dem 26. Mai 2007 zu zahlen

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen

Er verteidigt das angefochtene Urteil, wiederholt sein erstinstanzliches Vorbringen und trägt vor, das Beitragskonto der Beklagten weise nach wie vor einen Debetsaldo auf, weil der wahre Beitrag für 1999 € 47.829,52 betragen habe. Zudem habe sie zu Recht die durch die Mandatierung einer tschechischen Rechtsanwältin im Rahmen der Vollstreckung angefallenen Kosten dem Beitragskonto belastet. Darüber hinaus habe die Beklagte noch immer keine ordnungsgemäßen Meldungen erteilt, schließlich seien Erstattungsansprüche der Beklagten verfallen und verjährt. Rein vorsorglich habe er die erstattungsfähige Urlaubsvergütung an Hand der Angaben der Beklagten berechnet-. Daraus ergebe sich ein Betrag von maximal € 98.161,97. Hinsichtlich der Berechnung des Klägers wird auf dessen Schriftsatz vom 20. Juli 2007 und die beigefügten Anlagen Bezug genommen (Bl. 421 bis 568 d.A.). Für 2000 habe er Beitragsforderungen von insgesamt € 105.120,13 (einschließlich August 2000) gehabt. Der über den titulierten Betrag hinausgehende Beitrag für 2000 sei nicht, zumindest nicht in Höhe der Differenz zu dem insoweit einmal erstinstanzlich geltend gemachten Betrages von € 96.755,36 verfallen. In jedem Falle rechne er hilfsweise mit ausstehenden Beitragsansprüchen für 1999 und 2000 in Höhe von € 48.134,04 gegen die Widerklageforderung auf. Zinsen könne die Beklagte nicht verlangen. Vorsorglich rechne er gegen Zinsansprüche der Beklagten mit Verzugszinsansprüchen seinerseits über € 20.694,72, die titulierten Forderungen betreffend, auf. Hinsichtlich der Berechnung der Zinsen wird auf den Schriftsatz des Klägers vom 26. Juli 2007 Anlage 131 (Bl. 568 d.A.) Bezug genommen. Schließlich seien weitere Beitragsansprüche seinerseits für den Zeitraum September bis November 2000 zu berücksichtigen. Diese machten (inklusive August) € 8.068,72 aus.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsrechtszug wird auf den vorgetragenen Inhalt der vorbereiteten Schriftsätze, sowie auf die Niederschrift über die Berufungsverhandlung am 12. Februar; 18. Juni und 22. Oktober 2007 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gem. §§ 8 Abs. 2 ArbGG, 511 ZPO an sich statthafte Berufung begegnet hinsichtlich des Wertes des Beschwerdegegenstandes (§ 64 Abs. 2 b ArbGG) keinerlei Bedenken. Sie ist auch form- und fristgerecht eingelegt, sowie rechtzeitig und ordnungsgemäß begründet worden (§§ 66 Abs. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO) und damit insgesamt zulässig.

In der Sache hat die Berufung in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Das Arbeitsgericht hat zur Recht festgestellt, dass die Hauptsache hinsichtlich der Klage erledigt ist. Die Widerklage ist in Höhe von € 32.276,43 begründet, im Übrigen hat das Arbeitsgericht diese zu Recht abgewiesen.

Im Einzelnen gilt:

Klageforderung:

Die Hauptsache ist hinsichtlich der vom Kläger ursprünglich mit der Klage verlangten Zahlung von € 40.500,59 erledigt.

Bei einseitiger Erledigung der Hauptsache ist Streitgegenstand des Verfahrens die Frage, ob die Hauptsache tatsächlich erledigt ist. Das bedeutet, dass auf einseitige, auch teilweise, Erledigungserklärung des Klägers hin die gänzliche oder teilweise Erledigung der Hauptsache dann auszusprechen ist, wenn die Hauptsache tatsächlich erledigt ist. Das wiederum ist sie dann, wenn nach Rechtshängigkeit der Klage ein Ereignis eingetreten ist, das einer bislang zulässigen und begründeten Klage die Zulässigkeit oder Begründetheit (teilweise) genommen hat (vgl. BAG 05. September 1995, AP Nr. 67 zu § 74 HGB; BAG 01. August 1995, AP Nr. 13 zu § 74 a HGB; BAG 22. Januar 1975, AP Nr. 23 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau).

So ist es hier.

Zahlung dieses Betrages konnte der Kläger von der Beklagten nach § 1 Abs. 3 S. 2 AEntG i.V.m. § 8 Ziff. 15.1 BRTV/Bau und den einschlägigen Bestimmungen des VTV verlangen.

Dass die Beklagte im Kalenderjahr 1999 zur Teilnahme am bautariflichen Urlaubskassenverfahren verpflichtet war, steht zwischen den Parteien aufgrund der rechtskräftigen Abweisung der von der Beklagten weiland erhobenen negativen Feststellungsklage durch Urteil des BAG vom 25. Januar 2005 (9 AZR 612/03) unangreifbar fest (§ 322 Abs.1 ZPO). Denn für den hier vorliegenden Fall einer aus Sachgründen abgewiesenen negativen Feststellungsklage hat die Rechtskraft der Entscheidung zur Konsequenz, dass die damalige Klägerin, hier die Beklagte, hinsichtlich aller Einwendungen gegen den bekämpften Anspruch präkludiert ist, unabhängig davon, ob sie sie als damalige Klägerin vorgetragen hatte oder nicht und ob das Gericht sich damit auseinandergesetzt hat (vgl. BGH 17. März 1995 NJW 1995,1757; Musielak/Musielak ZPO 5. Aufl. 2007 § 322 Rz 59). Im Übrigen stellt die Beklagte eine Verpflichtung, 1999 und 2000 am Urlaubskassenverfahren teilzunehmen, selbst nicht in Abrede.

Dass der Kläger für den Zeitraum Juli bis Dezember 1999 als Urlaubskassenbeitrag der Höhe nach jedenfalls den klageweise geltend gemachten Betrag verlangen konnte, stellt die Beklagte ebenso wenig in Frage.

Die entsprechende Forderung des Klägers war auch weder verfallen noch verjährt. Ein Verfall scheidet aus, weil die Forderung innerhalb der tariflichen Ausschlussfrist von vier Jahren (§ 63 Abs.1 VTV aF; § 25 Abs.1 VTV), nämlich im Dezember 2003 gerichtlich anhängig gemacht worden ist und bereits die gerichtliche Anhängigmachung den Verfall hemmt (§ 25 Abs.1 VTV). Dass diese Hemmungsregelung erst mit Wirkung vom 01. September 2002 in den Tarifvertrag eingefügt worden ist, spielt keine Rolle. Diese für den Kläger günstigere tarifliche Regelung der Ausschlussfrist als zuvor (zuvor: keine Hemmung der Ausschlussfrist allein durch gerichtliche Anhängigmachung) beinhaltet keine unzulässige Rückwirkung zu Lasten der Beklagten. Ausschlussfristen betreffen nicht die Entstehung von Rechten und deren Inhalt, sondern ihren zeitlichen Bestand. Sie sind daher kein Bestandteil des entstehenden Rechts, vielmehr regeln sie den Fortbestand des entstandenen Rechts. Damit hatte die Beklagte im Hinblick auf die früher geltende, für sie günstigere Ausschlussfrist keine "Rechtsposition" erworben, auf deren Bestand sie sich verlassen konnte, weil im Zeitpunkt des Inkrafttretens der "neuen" Ausschlussfrist Ansprüche des Klägers für den Klagezeitraum noch nicht verfallen waren. Verjährt waren die Ansprüche des Klägers schließlich aufgrund der erfolgten gerichtlichen Geltendmachung ebenso wenig.

Die danach zulässige und begründete Klage ist nach Rechtshängigkeit durch die Zahlung der Beklagten unbegründet geworden. Die Beklagte hat im Berufungsrechtszug ausdrücklich klargestellt, dass die Zahlung des Klagebetrages im Januar 2006 zur Erfüllung der geltend gemachten Beitragsforderung - und nicht nur zur Abwendung der Zwangsvollstreckung aus dem vorangegangenen Versäumnisurteil zugunsten des Klägers - erfolgt ist. Damit ist das Schuldverhältnis nach Rechtshängigkeit erloschen (§ 362 BGB) und die Hauptsache erledigt.

Widerklage:

Die Widerklage der Beklagten hat in Höhe von € 32.276,43 Erfolg, im Übrigen ist die Widerklage bezüglich der Zahlung nicht begründet, hinsichtlich der verlangten Feststellung ist sie unzulässig.

Zahlungsforderung:

Verlangen kann die Beklagte die Erstattung von an ihre entsandten Arbeitnehmer im Jahre 2000 gezahlter Urlaubsvergütung in der vorgenannten Höhe.

Der Erstattungsanspruch ergibt sich aus § 13 Abs.1 VTV.

§ 13 Abs.1 VTV lautet:

Die ULAK erstattet dem Arbeitgeber monatlich die von ihm an den Arbeitnehmer ausgezahlte Urlaubsvergütung sowie in den Fällen des § 8 Nr. 6.2 Satz 3, Nr. 11.1 und Nr. 12.1 BRTV die ausgezahlte Urlaubsabgeltung, soweit auf diese nach den tarifvertraglichen Bestimmungen ein Anspruch bestand. Die Erstattung erfolgt aufgrund vollständiger und ordnungsgemäßer Meldung der Daten gemäß §§ 5 und 6. Sie setzt die Versicherung des Arbeitgebers voraus, dass die in die Meldescheine eingetragenen Urlaubsvergütungen bzw. Urlaubsabgeltungen unter Beachtung der tarifvertraglichen Bestimmungen tatsächlich an die Arbeitnehmer ausgezahlt wurden und mit den Lohnkonten sowie den Lohnabrechnungen übereinstimmen

Die Merkmale dieser tariflichen Bestimmung sind bezüglich der von der Beklagten an ihre entsandten Arbeitnehmer im Jahre 2000 gezahlten Urlaubsvergütung erfüllt.

Einem Erstattungsanspruch der Beklagten steht nicht von vornherein entgegen, dass die Beklagte sich im Jahre 2000 nicht am bautariflichen Urlaubskassenverfahren beteiligt und ihren Arbeitnehmern Urlaub und Urlaubsvergütung nach tschechischem Recht gewährt hatte. Hat nämlich ein nach Deutschland entsandter Arbeitnehmer nach den Vorschriften seines Heimatstaates Anspruch auf Urlaubs, gewährt der Arbeitgeber mit Sitz im Ausland diesen Urlaub unter Zahlung von Urlaubsvergütung, hat der ausländische Arbeitgeber gleichwohl nach § 13 Abs. 1 Satz 1 VTV einen Erstattungsanspruch in Höhe der den Arbeitnehmern nach den bautariflichen Vorschriften zustehenden Urlaubsvergütung, soweit ein Betrag in dieser Höhe vom Arbeitgeber gezahlt worden ist. Denn Ansprüche der Arbeitnehmer nach deutschem und tschechischem Recht bestehen nicht nebeneinander, sondern ergänzen sich lediglich gegenseitig (vgl. Kammerurteil v. 08.12.2003 - 16 Sa 785/03).

Wie zwischen den Parteien nicht im Streit steht, hat die Beklagte den von ihr 2000 nach Deutschland entsandten Arbeitnehmern durch Gewährung von Freizeit Urlaub in diesem Jahr gewährt. Die dafür nach den tarifvertraglichen Bestimmungen zu zahlende und gezahlte Urlaubsvergütung belief sich auf € 74.307,85.

Soweit die Beklagte mit ihrem hauptsächlichen Vorbringen einen Betrag von € 95.287,00 (€ 43.301,00+€ 51.986,00) mit der Begründung geltend macht, dieser Betrag sei an die Arbeitnehmer gezahlt worden, ist sie darlegungsfällig geblieben. Denn ihrem Vortrag lässt sich nicht entnehmen, dass die entsandten Arbeitnehmer in dieser Höhe Ansprüche auf Urlaubsvergütung nach den bautariflichen Vorschriften erworben hatten.

Anspruch auf die bautarifliche Urlaubsvergütung nach § 8.4 BRTV/Bau hat ein Arbeitnehmer für den ihm nach § .1 BRTV/Bau zustehenden Urlaub in der sich nach § 8.4.1.und §.4.3 BRTV/Bau berechnenden Höhe. Danach richtet sich die Urlaubsdauer nach den in Betrieben des Baugewerbes zurückgelegten Beschäftigungstagen (§ 8.1.4 BRTV/Bau), wobei der Arbeitnehmer nach jeweils 12 Beschäftigungstagen einen Anspruch auf einen Tag Urlaub erwirbt (§ 8.2.2 BRTV/Bau) und Beschäftigungstage grundsätzlich alle Kalendertage des Bestehens des Arbeitsverhältnisses im Betrieben des Baugewerbes während des Urlaubsjahres sind (§ 8.2.3 BRTV/Bau). Die Urlaubsvergütung für teilweise geltend gemachten Urlaub wird berechnet, indem die nach § 8.4.1 errechnete Urlaubsvergütung durch die Summe der gemäß § 8.2 BRTV/Bau ermittelten Urlaubstage geteilt und mit der Zahl der beanspruchten Urlaubstage vervielfacht wird. Die danach erforderlichen Angaben zu den einzelnen Arbeitnehmern (Beschäftigungstage, Urlaubstage, Vergütung) hat die Beklagte in nachvollziehbarer Form im Rechtsstreit nicht gemacht, obgleich sie durch Beschluss der Berufungskammer vom 13. August 2007 ausdrücklich auf diesen Mangel hingewiesen worden ist. Damit erschließt sich aus ihrem hauptsächlichen Vortrag nicht, in welcher Höhe die Beklagte durch Urlaubsgewährung und Urlaubsvergütungszahlung ihren Arbeitnehmern (auch) den diesen zustehenden Urlaub nach dem BRTV/Bau gewährt und Urlaubsvergütung gezahlt hatte.

Die Beklagte hat sich jedoch das Vorbringen des Klägers über die Höhe von Erstattungsansprüchen hilfsweise zu Eigen gemacht. Daraus ergibt sich hinsichtlich im Jahre 2000 gewährten und gezahlten Urlaubs ein Erstattungsanspruch in Höhe von € 74.307,85

Der Kläger hat die erstattungsfähige Urlaubsvergütung anhand der Angaben der Beklagten zu den gezahlten Vergütungen und der Beschäftigungszeit, der Angaben der Beklagten über die an die einzelnen Arbeitnehmer gezahlten Urlaubsvergütungen und den Angaben der Beklagten über die gewährten Urlaubstage errechnet. Dabei ist er unter Einrechnung des 1999 gewahrten und bezahlten Urlaubs und unter Einrechnung von Urlaubsvergütungen für Urlaubszeiten nach August 2000 auf einen Erstattungsbetrag von € 98.161,97 gekommen.

Rechnet man die Urlaubsvergütung, die für im Jahre 1999 gewährten Urlaub gezahlt worden ist, heraus und berücksichtigt die Urlaubsvergütungszahlungen nach August 2000 nicht, ergibt sich ein erstattungsfähiger Betrag für im Kalenderjahr 2000 gewährten Urlaub von € 74.307,85. Erstattung von Urlaubsvergütungen für Urlaubszeiten nach Beendigung der Entsendung im August 2000, die der Kläger bei seiner Berechnung berücksichtigt hat, müssen außer Betracht bleiben. Für nach August 2000 gewährten und gezahlten Urlaub macht die Beklagte nämlich wegen Beendigung der Entsendung keine Erstattung geltend (Schriftsatz v. 09. Oktober 2007, Bl. 647 bzw. 667 d.A.).

Der Betrag von € 74.307,85 hat die Berufungskammer, wie mit den Parteien im letzten Berufungstermin erörtert, wie folgt errechnet:

Der in den Anlagen 63 bis 124 zum Schriftsatz des Klägers vom 20. Juli 2007 (Bl. 496 bis 557 d.A.) jeweils für die einzelnen Arbeitnehmer aufgeführte "konkrete Erstattungsanspruch" wurde bei jedem Arbeitnehmer um den im Jahre 1999 gewahrten Urlaub gekürzt und weiter, soweit berechnet, um die für Zeiten nach August 2000 aufgeführten Erstattungsansprüche vermindert (Beispiel: Arbeitnehmer Bludsky, Milan [Bl. 497 d.A.]: ermittelte erstattungsfähige Urlaubsvergütung € 1.635,55, tatsächliche erstattungsfähige Urlaubsvergütung: € 1.635,55 abzüglich € 93,40 [ gewährt im September 2000]).

Meldungen für 2000 gem. §§ 5.6 VTV hat die Beklagte erteilt. Das hat der Kläger im arbeitsgerichtlichen Termin vom 24. November 2005 selbst eingeräumt. Die dort von Klägerseite gerügten fehlenden Angaben sind von der Beklagten nachgeholt worden, und zwar mit Schreiben vom 11. Dezember 2005 (Bl. 189 d.A.). Dass Vergütungsangaben später im Laufe des Rechtsstreits berichtigt worden sind, ändert daran nichts. Jedenfalls war der Kläger, wie seine Berechnung von Erstattungsbeträgen im Übrigen zeigt, imstande, Urlaubsansprüche und Erstattungsbeträge zu berechnen.

Erstattungsansprüche der Beklagten für 2000 sind nicht nach § 25 VTV verfallen.

§ 25 Abs.2 und 3 VTV lauten:

(2) Ansprüche auf des Arbeitgebers auf Erstattung der Urlaubsvergütung verfallen zugunsten der ULAK, der UKB oder der Soka-Berlin, wenn sie nicht bis zum 30. September des Kalenderjahres geltend gemacht worden sind, welches auf das Kalenderjahr folgt, in dem der Erstattungsanspruch entstanden ist. Im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und im Falle der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses, ohne dass der Arbeitnehmer weiter von dem Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe erfasst wird, verfallen die Ansprüche jedoch bereits zum 15. des zweiten auf den Monat der Beendigung folgenden Monats.

(3) Wird der Arbeitgeber rückwirkend zur Meldung und Beitragszahlung herangezogen, so beträgt die Verfallfrist in allen Fällen des Abs. 2 zwei Jahre. Sie beginnt mit Ablauf des Jahres, in dem die Einzugsstelle dem Arbeitgeber seine Beitragspflicht mitgeteilt hat, im Falle eines Rechtsstreits jedoch frühestens mit Ablauf des Jahres, in dem rechtskräftig oder durch übereinstimmende Erklärungen der Parteien festgestellt wird, dass der Betrieb von diesem Tarifvertrag erfasst wird

Danach begann die Verfallfrist für Erstattungsansprüche der Beklagten für das Kalenderjahr 2000 frühestens mit Ablauf des Kalenderjahres 2003 zu laufen und betrug zwei Jahre. Zwischen den Parteien war nämlich ein Rechtsstreit um die Frage anhängig, ob der Betrieb der Beklagten von den Bautarifverträgen im Jahre 2000 erfasst wurde. Die im Berufungsrechtszug auch das Kalenderjahr 2000 umfassende negative Feststellungsklage der Beklagten wurde bezüglich des Jahres 2000 mit Urteil des Landesarbeitsgerichts vom 11. August 2003 (16 Sa 617/00) aus sachlichen Gründen abgewiesen. Da die Beklagte ihr auf das Kalenderjahr 2000 bezogenes Feststellungsbegehren vor dem Revisionsgericht nicht weiterverfolgt hat, stand mithin frühestens 2003 rechtskräftig fest, dass die Beklagte auch 2000 von den Bautarifverträgen über die Erstreckungswirkung des § 1 Abs.3 AEntG erfasst wurde. Geltend gemacht wurde die Erstattung von Urlaubsvergütungen für dieses Jahr mit der dem Kläger am 14. Oktober 2005 zugestellten Widerklage.

Erstattungsansprüche der Beklagten für 2000 sind auch nicht verjährt.

Die Verjährung beginnt mit der Entstehung des Anspruches (§ 199 Abs.1 Nr.1 BGB; § 198 BGB aF). Anspruch ist das Recht, von einem anderen ein tun oder Unterlassen zu verlangen (§ 194 BGB). Entstanden ist mithin ein Anspruch, sobald er tatsächlich gefordert und im Wege der Klage geltend gemacht werden kann (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB 66. Aufl. 2007 § 199 Rz 3; MünchKomm-BGB/Grothe 5. Aufl. 2006 § 199 Rz 4). Diese Möglichkeit bestand für die Beklagte erstmals im Jahre 2005.

Nach § 18 Abs.5 VTV sind Erstattungsansprüche des Arbeitgebers mit der Maßgabe zweckgebunden, dass der Arbeitgeber über sie nur verfügen kann, wenn das Beitragskonto keinen Debetsaldo aufweist und er seinen Meldepflichten entsprochen hat. Vor Begleichen der titulierten Beitragsforderung für das Kalenderjahr 1999 im Jahre 2006 bestand ein Debetsaldo, weil die Beitragsforderungen des Klägers Gutschriften zugunsten der Beklagten überstiegen.

Was die Tarifvertragsparteien unter einem "Debetsaldo auf dem Beitragskonto" verstehen, haben sie nicht ausdrücklich definiert. Damit ist auf den allgemeinen Sprachgebrauch zurückzugreifen. "Konto" ist eine zweiseitige Darstellung, die auf jeder Seite sachlich zusammengehörige Posten erfasst, wobei in die Sollseite die Zahlungsverpflichtungen, in die Habenseite die bezahlten Beträge oder sonstige Gutschriften einzustellen sind (vgl. Schneck, Lexikon der Betriebswirtschaft 6. Aufl. 2005 S. 583). Ein "Saldo" ist ein Begriff der Buchführung für den Unterschiedsbetrag, der sich durch Aufrechnung zwischen den Soll- und Habenseiten eines Kontos ergibt (vgl. Gablers Wirtschafts Lexikon 15. Aufl. 2000 "Saldo"), ein "Debetsaldo" der Betrag, den jemand nach Aufrechnung sämtlicher Last- und Gutschriften schuldet (vgl. Gablers Wirtschafts Lexikon aaO. "Debetsaldo"). Beitragskonto ist damit nichts anderes als die vom Kläger zu führende Aufstellung über die Beitragsforderungen, die er gegenüber baugewerblichen Arbeitgebern mit Sitz im Ausland hat und über die zu Gunsten des baugewerblichen Arbeitgebers erfolgten Gutschriften.

Damit war der Beklagten bis zum Ausgleich der vorgenannten Forderung eine Verfügung und damit auch eine Einziehung von Erstattungsansprüchen durch gerichtliche Geltendmachung versagt, weil die Sollseite des Kontos größer war als die Habenseite, mithin ein Debetsaldo bestand. Entsprechend konnte eine Verjährungsfrist nicht zu laufen beginnen.

Dem steht nicht entgegen, dass die Möglichkeit gerichtlicher Geltendmachung grundsätzlich auch dann gegeben ist, wenn Feststellungsklage erhoben werden kann (vgl. BGH 19. Januar 1978 WM 1978,496). Von der Beklagten konnte zur Vermeidung der Verjährung eine solche Feststellungsklage nämlich nicht erwartet werden, weil diese offensichtlich unzulässig gewesen wäre. Die Frage, dass der Beklagten, für den Fall, dass sie zur Teilnahme am Urlaubskassenverfahren verpflichtet war, für das Jahr 2000 Erstattungsansprüche zustehen konnten, war zwischen den Parteien nie im Streit.

Durch die 2005 erhobene Widerklage wurde jede Verjährungsfrist gewahrt.

Die Beklagte ist an der Verfügung über und damit an der Geltendmachung von Erstattungsansprüchen auch nicht deshalb nach § 18 Abs.5 VTV gehindert, weil ihr Beitragskonto weiter einen Debetsaldo aufweist. Denn das ist nicht der Fall.

In das Beitragskonto einzustellende Beitragsschulden der Beklagten bestehen nicht mehr.

Insoweit gilt:

Richtig ist zunächst, dass die Beklagte die von ihr geschuldeten Urlaubskassenbeiträge für die Jahre 1999 und 2000 nicht vollständig gezahlt hat.

Für 1999 betrug die "wahre" Beitragsschuld € 47.829,52. In den von der Beklagten angegebenen Bruttolöhnen sind, wie diese zuletzt selbst eingeräumt hat, Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung nicht enthalten, die eingerechneten Sonntags- und Feiertagszuschläge zählen zum Bruttolohn, weil sie in die Lohnsteuerkarte einzutragen sind. Entsprechendes gilt für 2000. Die "wahre" Beitragsschuld der Beklagten einschließlich des Monats August belief sich für 2000 auf insgesamt € 105.120,13.

Eine über den Betrag von € 96.755,36 hinausgehende Beitragsforderung des Klägers für das Kalenderjahr 2000 ist jedoch verfallen, weil der Kläger insoweit die tarifliche vierjährige Ausschlussfrist des § 25 Abs.1 VTV nicht eingehalten hat. Denn fristgerecht, also bis zum 31. Dezember 2004, geltend gemacht hatte er gegenüber der Beklagten lediglich einen Urlaubskassenbeitrag in vorgenannter Höhe im erstinstanzlichen Verfahren 16 Sa 136/04.

Die Verfallfrist für Beitragsansprüche aus dem Jahre 2000 begann auch nicht deshalb nicht zu laufen, weil die Beklagte die tarifvertraglichen Auskünfte nach § 21 Abs. 1 VTV nicht erteilt hatte. Denn die Verfallfrist für Beitragsansprüche beginnt unabhängig vom Zeitpunkt der Auskunftserteilung durch den Arbeitgeber an zu laufen. Das folgt aus dem Wortlaut der tarifvertraglichen Regelung (vgl. BAG 25. September 1996 - 10 AZR 678/95). § 25 Abs.1 VTV spricht von "Ansprüchen". Da es sich bei Auskunfts- und Beitragsansprüchen des Klägers jeweils um selbständige, tarifvertraglich unterschiedlich geregelte Ansprüche handelt, zwingt dies zu der Annahme, dass für beide Ansprüche die Verfallfrist jeweils eigenständig zu laufen beginnt. Darüber hinaus hat der Kläger Auskunftsansprüche für 2000 gegenüber der Beklagten nicht geltend gemacht. Vielmehr hatte er in dem Verfahren 16 Sa 617/00 lediglich Auskünfte für 1999 gefordert.

Soweit der Kläger meint, eine Berufung der Beklagten auf einen Verfall höherer als der titulierten Beiträge für 2000 sei schon deshalb treuwidrig, weil der Kläger durch die Beklagte veranlasst worden sei, seine damalige Forderung zu reduzieren, übersieht er, dass dieses Verhalten der Beklagten nur die Herabsetzung er ursprünglich höheren, ohnehin nicht verfallen Forderung betrifft, nicht aber die "wahre" Höhe derselben. Im Übrigen hätte es des Kläger freigestanden, eine Stufenklage gegen die Beklagte zu erheben, um so Beitragsansprüche in wahrer Höhe gegen die Beklagte rechtzeitig geltend zu machen.

Mithin bestehen Beitragsforderungen des Klägers gegenüber der Beklagten für 2000 nur noch in Höhe der Differenz zwischen € 96.755,36 und den gezahlten € 61.504,97, also von € 35.250,39. Denn der Verfall eines Anspruchs führt zu dessen Erlöschen (vgl. BAG 01. Januar 2007 AP Nr.3 zu § 179 BGB). Erloschene Beitragsansprüche sind keine Posten, die in ein Beitragskonto eingestellt werden können.

Für das Kalenderjahr 1999 sind Beitragsforderungen des Klägers allerdings nicht verfallen.

Unstreitig hat der Kläger von der Beklagten bereits im Jahre 1999 für dieses Jahr außergerichtlich Auskunftserteilung und Urlaubskassenbeitragszahlung verlangt und dieses Verlangen, wie seine Rechtsverteidigung gegen die negative Feststellungsklage der Beklagten belegt, .während des gesamten Gerichtsverfahrens aufrechterhalten. In dem Verlangen des Klägers liegt eine hinreichende Geltendmachung auch seiner Beitragsforderungen für das Jahr 1999, weil weder die 1999 für Arbeitgeber mit Sitz im Ausland geltende Bestimmung des § 63 VTV aF, noch die ab 01. Januar 2000 geltende Vorschrift des § 25 Abs.1 VTV eine gerichtliche Geltendmachung fordert.

Die Geltendmachung einer Forderung im Sinne einer tariflichen Ausschlussfrist verlangt, dass die andere Seite zur Erfüllung des Anspruchs aufgefordert wird. Das ist hier in Bezug auf Beitragsforderungen für 1999 seitens des Klägers geschehen. Für die Geltendmachung genügt eine Erklärung einer Partei, mit der klargestellt wird, sie stelle an die Gegenseite einen näher bestimmten Anspruch (vgl. BAG 20.Februar 2001 AP Nr.11 zu § 1 TVG Gaststätten). Eine solche Erklärung hat der Kläger sowohl vor Einleitung des Verfahrens über die negative Feststellungsklage ausdrücklich wie auch während dieses Verfahrens durch den Antrag auf Klageabweisung hinreichend deutlich stillschweigend abgegeben.

Mithin besteht für 1999 noch eine Beitragsforderung in Höhe der Differenz zwischen erfolgten Beitragszahlungen von € 42.435,67 und der wahren Beitragshöhe von € 47.829,52, also von € 5.393,85.

Die danach nicht verfallenen und auch nicht seitens der Beklagten auch nicht beglichenen Beitragsansprüche des Klägers von € 35.250,39 für 2000 und € 5.393,85 für 1999 führen gleichwohl nicht zu einem Debetsaldo. Denn die Beklagte ist berechtigt, die Zahlung dieser Beträge zu verweigern, weil die Forderungen des Klägers verjährt sind und die Beklagte die Verjährungseinrede erhoben hat.

Die insoweit geltende kurze Verjährung des § 197 BGB aF begann gemäß § 201 BGB a.F. mit dem Schluss des Jahres, in dem der nach den §§ 198-200 BGB aF maßgebende Zeitpunkt eintrat. Der maßgebende Zeitpunkt nach § 198 BGB aF ist die Entstehung des Anspruches. Fällig waren die Beitragsforderungen des Klägers zum 15. des jeweiligen Folgemonats (§ 61 Abs.3 VTV a.F, § 22 VTV). Damit waren Beitragsansprüche des Klägers für den Zeitraum bis November 1999 mit Ablauf des 31. Dezember 2003, Beitragsforderungen für Dezember 1999 bis August 2000 mit Ablauf des 31. Dezember 2004 verjährt. Die Unterbrechung der Verjährung für Beitragsansprüche für 2000 auch über € 35.250,39 durch die weiland erfolgte Klageerhebung gilt als nicht erfolgt, weil die Klage insoweit zurückgenommen und nicht binnen sechs Monaten von neuem Klage erhoben worden ist (§ 212 Abs.1 und 2 BGB aF). Die Verjährungseinrede wurde von der Beklagten erhoben. Der Verzicht der Beklagten auf die Erhebung der Verjährung hinsichtlich Beitragsforderungen für 1999 bezog sich erkennbar nur auf die Differenz zwischen den titulierten € 40.500,59 und € 42.425,67. Denn letzteren Betrag hielt die Beklagte, aufgrund ihres Vortrages für den Kläger erkennbar, für den "wahren" Betrag der Beitragsforderung. Die Differenz hat die Beklagte unstreitig gezahlt..

Die Verjährungsvorschriften des BGB in der ab 01. Januar 2002 geltenden Fassung ändern nichts.

Bei den Beitragsforderungen des Klägers handelt es sich um Ansprüche, die vor dem In-Kraft-Treten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes vom 28. November 2001 (BGBl I S.3138) am 01. Januar 2002 entstanden sind. Gem. Art.220 § 6 Abs.1 S.1.EGBGB gelten für am 01. Januar 2002 noch nicht verjährte Forderungen die Vorschriften des BGB in der vor dem 01. Januar 2002 gültigen Fassung. Ist die Verjährungsfrist nach den seit 01. Januar 2002 geltenden Vorschriften des BGB kürzer als nach dem BGB aF, so wird die kürzere Frist gem. Art.229 § 6 Abs.4 S.1 EGBGB vom 01. Januar 2002 an berechnet, es sei denn, die längere Verjährungsfrist des BGB. aF läuft früher ab. In diesem Fall bleibt es nach Art.229 § 6 Abs.4 S.2 EGBGB beim Ablauf der Frist nach dem BGB aF.

Die Verjährungsfrist des ab 01. Januar 2002 geltenden BGB ist für die Ansprüche des Klägers nicht kürzer als die vierjährige Verjährungsfrist des § 197 BGB aF, weil die Tarifvertragsparteien mit dem Änderungstarifvertrag vom 04. Juli 2002 bestimmt haben, dass Ansprüche der Kassen innerhalb von 4 Jahren verjähren. Das ist bedenkenfrei zulässig, weil das Gesetz eine Verlängerung der Verjährungsfrist zulässt (§ 202 BGB).

Die danach von Seiten der Beklagten nicht ausgeglichenen, aber verjährten Beitragsforderungen des Klägers führen nicht zu einem Debetsaldo auf dem Beitragskonto der Beklagten.

Das Beitragskonto soll Auskunft darüber geben, welche Beiträge in welcher Höhe ein baugewerblicher Arbeitgeber noch zu begleichen hat. Verjährte Beitragsforderungen müssen, wenn sich der Schuldner, wie hier die Beklagte, auf Verjährung beruft, nicht mehr beglichen werden. Denn die Verjährung führt zwar nicht zur Vernichtung, wohl aber zur fortdauernden Lähmung eines Anspruchs.

Der Zweck der tariflichen Verfügungsbeschränkung des § 18 Abs.5 VTV bestätigt diese Sicht. Durch die Verfügungsbeschränkung soll das Beitragsaufkommen des Klägers gesichert und vermieden werden, dass dieser Erstattungsleistungen zu erbringen hat, obgleich geschuldete Beitragszahlungen nicht geflossen sind. Sinn der Verfügungsbeschränkung ist es dagegen nicht, mittelbar die Durchsetzung verjährter Beitragsforderungen zu ermöglichen. Ginge man davon aus, die Verfügungsbefugnis eines baugewerblichen Arbeitgebers über Erstattungsansprüche sei auch dann noch beschränkt, wenn dieser sich lediglich mit verjährten Beitragsforderungen in Zahlungsrückstand befindet, wäre dies der Fall. Erstattungsansprüche könnte ein baugewerblicher Arbeitgeber nämlich nur noch durchsetzen, wenn er auch sämtliche verjährten Forderungen beglichen hätte.

Der von den Tarifvertragsparteien des Baugewerbes normierte Gleichlauf von Ausschlussfristen und Verjährungsfristen bestätigt diese Sicht. Beide Fristen betrugen unter der Geltung des BGB aF vier Jahre, beide Fristen sind auch unter der Geltung des BGB in seiner ab 01. Januar 2002 maßgeblichen Fassung mit vier Jahren gleich lang, eine Geltendmachung im Sinne der Verfallfrist ist bereits rechtzeitig erfolgt, wenn, wie bei der Verjährung, eine entsprechende Klage anhängig gemacht worden ist. Das zeigt den Willen der Tarifvertragsparteien, beide Fristen hinsichtlich ihrer praktischen Wirkungen, nämlich der Nichtdurchsetzbarkeit verfallener und verjährter Beitragsforderungen, gleich zu behandeln. Dann können verjährte Beitragsforderungen auch keinen Debetsaldo begründen.

Im Übrigen wird Interessen des Klägers, nicht für Zeiträume Erstattungsleistungen erbringen zu müssen, für die er nicht vollständig Beitragszahlungen erlangt hat, durch die gesetzlichen Regelungen hinreichend Rechnung getragen. Die Verjährung schließt nämlich die Aufrechnung nicht aus, wenn der Anspruch in dem Zeitpunkt noch nicht verjährt war, in dem erstmals aufgerechnet werden konnte (§ 215 BGB). Mithin steht es dem Kläger frei, u.U. gegen Erstattungsforderungen, soweit diese nicht ohnehin verfallen sind, mit verjährten, aber nicht verfallenen Beitragsforderungen aufzurechnen.

Ein Debetsaldo auf dem Beitragskonto der Beklagten ist auch nicht dann vorhanden, wenn man davon ausgeht, dass die Beklagte dem Kläger wegen verspäteter Zahlung von Urlaubskassenbeiträgen auch Zahlung von Verzugszinsen nach § 62 VTV aF, § 24 VTV schuldet.

§ 18 Abs.5 VTV spricht von einem "Beitragskonto". Damit nehmen die Tarifvertragsparteien unmissverständlich Bezug auf die im VTV normierten Beitragsverpflichtungen eines baugewerblichen Arbeitgebers (für Arbeitgeber mit Sitz im Ausland: die Beitragsverpflichtung zum Urlaubskassenverfahren § 61 VTV aF, § 18 Abs.1 VTV). Eine Berechtigung, auf diesem Beitragskonto auch andere als Beitragsforderungen gegen einen baugewerblichen Arbeitgeber zu verbuchen lässt sich dagegen den tariflichen Regelungen nicht entnehmen

Verzugszinsen sind begrifflich keine Beiträge. Aus den tariflichen Bestimmungen lässt sich auch nicht sonst wie ableiten, dass Verzugszinsen auf dem Beitragskonto zu verbuchen sind. Das Beitragskonto ist kein Kontokorrentkonto, auf dem sämtliche gegenseitigen Forderungen zu führen sind (vgl. BAG 05. November 2002 AP Nr.256 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau). Eine Verzugszinsforderung des Klägers ist vielmehr eine selbständige, auf einen abstrakten Schadensersatz gerichtete Forderung, die die Tarifvertragsparteien auch selbständig in einer gesonderten Bestimmung geregelt haben.

Unter Zins versteht man eine laufzeit-, aber nicht gewinn- und umsatzabhängige, in Geld zu entrichtende Vergütung für den Kapitalgebrauch (vgl. BGH 24. Januar 1992 NJW-RR 1992,592). Als Nebenschuld hängt das Entstehen und Weiterbestehen eines Zinsanspruchs zwar von der Hauptschuld ab (vgl. BAG 14. Juli 1961 AP Nr.6 zu § 322 ZPO). Die einmal entstanden Zinsforderung ist jedoch eine selbständige Forderung, die die Hauptforderung überdauern und selbständig abgetreten werden kann. Ein Anspruch auf Verzugszinsen ist nichts anderes als ein Schadensersatzanspruch. § 288 Abs. 1 BGB gibt nämlich einen unabhängig von den konkreten Umständen bestehenden Anspruch auf Verzinsung. Damit handelt es sich um eine gesetzliche Schadensfiktion (vgl. BAG GS 07. März 2001, a.a.O.). Nichts anderes gilt für den hier tariflich normierten Verzugszinsanspruch (vgl. Kammerurteil v. 07. März 2005 - 16/10 Sa 1385/04).

Im Übrigen ist es dem Kläger unbenommen, mit Zinsforderungen gegen Erstattungsansprüche aufzurechnen.

Nicht einzustellen in das Beitragskonto ist auch die vom Kläger geltend gemachte Forderung auf Zahlung von Kosten der Zwangsvollstreckung. Insoweit mag zugunsten des Klägers unterstellt werden, dass er eine Forderung gegen die Beklagte in dieser Höhe hat. Eine Berechtigung, auf diesem Beitragskonto auch Zwangsvollstreckungskosten zu Lasten des baugewerblichen Arbeitgebers zu verbuchen, lässt sich ebenfalls den tariflichen Regelungen nicht entnehmen. Dass es dem Kläger freisteht, mit einer Kostenerstattungsforderung gegen Forderungen der Beklagten auf Erstattung aufzurechnen, bleibt zwar richtig. Die ursprünglich hilfsweise erklärte Aufrechnung hat der Kläger jedoch mit Zustimmung der Beklagten im letzten Berufungstermin ausdrücklich fallengelassen Erstattungsansprüche der Beklagten in Höhe von € 74.307,85 sind in Höhe von € 40.644,24 erloschen, weil der Kläger in dieser Höhe in Ansehung von § 18 Abs.5 VTV Erstattungsbeträge mit Beitragsforderungen verrechnen konnte und dies wie seine Aufrechnungserklärung belegt, auch getan hat.

Die Aufrechnung ist nach § 533 ZPO auch im Berufungsrechtszug zulässig, weil ihre Berücksichtigung die endgültige Beilegung des Streits zwischen den Parteien fördert, die Beklagte sich im übrigen widerspruchslos auf die Aufrechnung eingelassen hat und damit ein Einwilligung ihrerseits vermutet wird (§§ 525, 267 ZPO) und sie auf Tatsachen gestützt wird, die das Berufungsgericht seiner Entscheidung ohnehin zugrunde zu legen hat, weil die zugrunde zulegenden Tatsachen bereits erstinstanzlich vorgebracht worden sind und zudem nicht im Streit stehen.

Der Aufrechnung steht nicht entgegen, dass Beitragsansprüche des Klägers für 1999 und 2000 aufgrund der von der Beklagten erhobenen Einrede verjährt sind, soweit sie nicht tituliert wurden.

Die Verjährung schließt, wie ausgeführt, die Aufrechnung nicht aus, wenn der Anspruch in dem Zeitpunkt noch nicht verjährt war, in dem erstmals aufgerechnet werden konnte (§ 215 BGB). Beitragsforderungen des Klägers für 1999 und 2000 waren im Jahre 2000 fällig und damals nicht verjährt. In diesem Jahre hätte der Kläger auch die Erstattungsforderung der Beklagten hinsichtlich geleisteter Urlaubsvergütungen für das Jahr 2000 erfüllen können, weil § 18 Abs.5 VTV lediglich den Arbeitgeber, nicht aber den Kläger in seiner Verfügungsbefugnis über Erstattungsforderungen beschränkt und die Erstattungsansprüche mit der Zahlung von Urlaubsvergütung entstanden waren. Die tarifliche Verfügungsbeschränkung des § 18 Abs.5 VTV ändert daran nichts. Sie hinderte nur die Einziehung der Erstattungsforderung und deshalb, wie ausgeführt, den Beginn des Laufs einer Verjährungsfrist.

Beitragsansprüche für die Zeit nach September 2000 stehen dem Kläger nicht zu. In dieser Zeit beschäftigte die Beklagte unstreitig keine Arbeitnehmer in Deutschland. Die gezahlten Urlaubsvergütungen erfolgten nach tschechischem Recht, ihre Erstattung wird von der Beklagten, wie bereits ausgeführt, auch nicht begehrt.

Von dem der Beklagten danach als Erstattungsanspruch für im Jahre 2000 gewährte Urlaubsvergütung verbleibenden Betrag von € 33.663,61 abzuziehen sind weitere € 1.387,00. In dieser Höhe ist die Beklagte nämlich aufgrund des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses der Justizbeitreibungsstelle des BAG nicht mehr einziehungsberechtigt und kann daher keine Zahlung an sich verlangen.

Den danach der Beklagten zustehenden Betrag von € 32..276,61 hat der Kläger ab 14. August 2007 zu verzinsen. Zwar stehen der Beklagten Verzugszinsen vom Eintritt der Rechtshängigkeit an zu (§§ 288,291 ZPO). Die insoweit bis zum 14. August 2007 angefallenen Zinsen sind jedoch durch die vorsorgliche Aufrechnung des Klägers mit seinen nicht verfallenen und nicht verjährten Verzugszinsansprüchen wegen verspäteter Beitragszahlung, die der Höhe nach (€ 20.694,73) nicht im Streit stehen und die Zinsforderung der Beklagten überschreiten, erloschen (§ 389 BGB).

Im Übrigen hat die auf Zahlung gerichtete Widerklage keinen Erfolg.

Erstattung von Urlaubsvergütungen für den 1999 gezahlten und gewährten Urlaub (€ 16.044,85) kann die Beklagte nicht verlangen. Es fehlt eine Anspruchsgrundlage.

Ein tariflicher Erstattungsanspruch besteht nicht.

Nach dem VTV aF hatten die entsandten Arbeitnehmer - anders als die bei deutschen Arbeitgebern tätigen Arbeitnehmer - einen Direktanspruch gegen den Beklagten auf Zahlung der Urlaubsvergütung (§ 65). Das war nach der Rechtsprechung des BAG nicht zu beanstanden (vgl. BAG 25. Juni 2002 AP Nr.12 zu § 1 AEntG). Dem folgt die Berufungskammer nunmehr trotz der in der Vergangenheit mehrfach geäußerten Bedenken gegen diese Ansicht. Es ist nicht Aufgabe eines Instanzgerichts, einer im Einzelnen begründete Ansicht des BAG weiter zu widersprechen, wenn sämtliche Argumente ausgetauscht und zudem die fragliche Rechtsauslegung zwischenzeitlich, aufgrund Änderung der maßgeblichen Regelungen, obsolet geworden ist. Vielmehr gebietet der Gesichtspunkt der Rechtssicherheit in einem solchen Fall, die höchstrichterliche Rechtsprechung als geltendes Recht anzusehen.

Ein tariflicher Erstattungsanpruch könnte allenfalls bestehen, soweit zur Erfüllung des nach tschechischen Rechts geltenden Mindesturlaubsanspruchs die Beklagte rechtlich gehalten war, unmittelbar an die entsandten Arbeitnehmer Leistungen zu erbringen (vgl. BAG 25. Januar 2005 AP Nr.21 zu § 1 AEntG) In diesem Fall könnte ein Erstattungsanspruch gegen den Kläger nach tarifvertraglichen Grundsätzen (§ 13 VTV analog) entstehen.

Letzteres ist nicht ersichtlich.

Nach den 1999 geltenden tschechischen Regelungen über den Erholungsurlaub steht einem Arbeitnehmer für die Zeit der Inanspruchnahme von Urlaub ein Lohnersatz in Höhe des durchschnittlichen Verdienstes beziehungsweise der Naturalbezüge zu (§ 110 b Arbeitsgesetzbuch v. 16. Juni 1965). Dass dieser Anspruch zwingend vom Arbeitgeber zu erfüllen war und nicht auch von dem Kläger erfüllt werden konnte, lässt sich den tschechischen Regelungen nicht entnehmen. Gegenteiliges hat die Beklagten auch nicht begründet vorgetragen worden.

Eine sonstige Anspruchsgrundlage fehlt.

Ein Anspruch nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag scheidet aus.

Da die Abwicklung von Urlaubsansprüchen der entsandten Arbeitnehmer nach der tariflichen Systematik ausschließlich dem Beklagten oblag, entsprachen die von der Klägerin dennoch getätigten Aufwendungen für die Vergütung des Urlaubs weder dem wirklichen noch dem mutmaßlichen Willen des Beklagten. Der Klägerin ist deshalb kein Erstattungsanspruch entstanden (§§ 677, 683 BGB, vgl BAG 25. Januar 2005 AP Nr.22 zu § 1 AEntG).

Soweit die Beklagte schließlich darauf verweist, ihre Arbeitnehmer hätten ihr die ihnen gegen den Kläger zustehenden Urlaubsansprüche abgetreten, ändert das nichts. Nach § 8.14 BRTV/Bau in der für 1999 gültigen Fassung ist die Abtretung unmittelbarer Ansprüche der Arbeitnehmer gegen den Kläger nur mit Zustimmung des Klägers zulässig. Eine solche Zustimmung des Klägers fehlt, anderes hat die Beklagte nicht einmal behauptet.

Feststellungsantrag:

Der Feststellungsantrag der Beklagten ist abzuweisen, weil er unzulässig ist.

Das nach § 256 Abs.1 ZPO erforderliche rechtliche Interesse an der begehrten Feststellung, dass kein Debetsaldo auf dem Beitragskonto der Beklagten vorhanden ist, fehlt, weil die entsprechende Feststellung aufgrund der Leistungsklage der Beklagten ohnehin getroffen werden musste. Denn nur dann, wenn kein Debetsaldo vorhanden ist, kann die Beklagte Erstattungsforderungen im Wege der Klage gegen den Kläger geltend machen.

Auch als Zwischenfeststellungsklage (§ 256 Abs.2 ZPO) ist das Begehren unzulässig. Eine Zwischenfeststellungsklage ist nämlich dann unzulässig, wenn bzw. sobald die in der Hauptsache ergehende Entscheidung die Rechtsbeziehungen erschöpfend klarstellt (vgl. BAG 24. April 1996 AP Nr.1 zu § 1 TVG Waldarbeiter).

So ist es hier. Durch die Entscheidung zum Zahlungsantrag der Beklagten ist erschöpfend und abschließend über die Frage befunden, ob ein Debetsaldo zu Lasten der Beklagten vorhanden ist.

Die Kosten waren im Verhältnis des jeweiligen Obsiegens bzw. Unterliegens verhältnismäßig zu teilen (§ 92 Abs.1 ZPO), wobei Bedacht darauf zu nehmen war, dass sich der Streitwert zweitinstanzlich durch die erklärten Hilfsaufrechnungen und die Entscheidung über dieselben verändert hat.

Die Zulassung der Revision beruht auf § 72 Abs.2 Nr. 1 ArbGG.

Ende der Entscheidung

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