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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessisches Landesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 03.03.2008
Aktenzeichen: 16 Sa 1241/07
Rechtsgebiete: TVG, VTV/Bau


Vorschriften:

TVG § 1
VTV/Bau § 1 Abs. 2
Bei einem Betrieb, von dem von Drittunternehmen gefertigte Bauelemente mit oder ohne anschließenden Einbau durch den Betrieb selbst veräußert werden, zählen zu den baulichen Leistungen nicht nur die eigentlichen Montagearbeiten sondern auch die der Montagetätigkeit kraft Sachzusammenhangs zuzurechnenden Arbeiten. Dazu gehört auch die Arbeit von Verkaufspersonal, soweit die verkauften Elemente vom Betrieb selbst eingebaut werden. Welcher Anteil der Arbeitszeit des Verkaufspersonals insoweit betroffen ist, muss, soweit konkreter Vortrag fehlt, nach § 287 ZPO geschätzt werden. Ein brauchbarer Anhaltspunkt für die Schätzung ist insoweit das Verhältnis der Zahl der Bauelemente, die verkauft und montiert werden zur Zahl der Bauelemente, die lediglich veräußert werden.
Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 02. Mai 2007 - 7 Ca 1468/06 - wird zurückgewiesen.

Auf die Anschlussberufung des Klägers wird das vorbezeichnete arbeitsgerichtliche Urteil teilweise abgeändert.

Der Beklagte wird verurteilt, über den erstinstanzlich ausgeurteilten Zahlungsbetrag von € 2.144,56 (in Worten: Zweitausendeinhundertvierundvierzig und 56/100 Euro) hinaus weitere € 81.079,68 (in Worten: Einundachtzigtausendneunundsiebzig und 68/100 Euro) an den Kläger zu zahlen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um Zahlungsverpflichtungen der Beklagten nach den Sozialkassentarifverträgen des Baugewerbes.

Die Klägerin ist als gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes nach näherer tariflicher Maßgabe die Einzugsstelle für die Beiträge zu den Sozialkassen des Baugewerbes.

Der Beklagte unterhält seit 1978 einen Betrieb, von dem in den Kalenderjahren 2002 bis 2005 sowohl von Drittunternehmen vorgefertigte Normfenster und Normtüren wie auch sonstige Bauelemente in und an Gebäuden eingebaut wie auch - ohne Einbau - verkauft wurden. Der Beklagte ist Mitglied im Landesverband des Bayrischen Einzelhandels e.V. und der Großhandels- und Lagereiberufsgenossenschaft. Zur produktiven Winterbauförderung wird sie herangezogen.

In den Kalenderjahren 2002 bis 2005 beschäftigte der Beklagte folgende Arbeitnehmer zu folgenden Zeiten in Voll- bzw. Teilzeit:

 Name 2002 2003 2004 2005 (= 100) Teilzeit
..., ... 01.01.-31.12. 01.01.- 31.12. 01.01.- 31.12.  50
..., ... 01.01.- 31.12. 01.01.- 31.12. 01.01.- 31.12. 01.01.- 31.12 50 100
..., ... 01.01.- 31.12. 01.01.- 31.12. 01.01.- 31.12. 01.01.- 31.12. 100
..., ... 01.01.- 31.12. 01.01.- 31.12. 01.01.- 31.12. 01.01.- 31.12. 100
..., ... 01.01.- 31.12. 01.01.- 31.12. 01.01.- 31.12. 01.01.- 31.12 50 100
..., ... 01.01.- 31.12. 01.01.- 31.12. 01.01.- 31.12 50%.  2002 100
..., ... 01.01.- 31.12. 01.01.- 31.12. 01.01.- 31.12. 01.01.- 31.12 50 100
..., ... 01.01.- 31.12. 01.01.- 31.12 70%. 01.01.- 31.12 80%. 01.01.- 31.12. 90% 2002 100
..., ... 01.01.- 31.10.    100
..., ...  01.06.- 31.12.   15
..., ...  01.01.- 31.12.   20
..., ...   01.01.- 31.12. 01.01.- 31.12. 100
..., ...-...   01.01.- 31.12.  15
..., ...   01.01.- 31.12.  50
..., ...   01.01.-31.12. 01.01.-31.12. 60
..., ...   01.01.- 31.12.  35
..., ...   01.01.-31.12.  20
..., ...   01.01.- 31.12.  30
..., ... jr   01.01.- 31.12. 01.01.-31.12. 100
..., ...    01.01.- 31.12. 100

Von diesen Arbeitnehmern war der Arbeitnehmer Albert Wagner jr. in den Jahren 2002 und 2003 als Auszubildender im Betrieb der Beklagten tätig und der Arbeitnehmer Xxxx Xxxxxxx vom 16.10., 2002 bis 31.12.2002 als Handelsvertreter beschäftigt. Im Büro der Beklagten eingesetzt war die Arbeitnehmerin Xxxx Xxxxxx, im Verkauf waren als Angestellte die Arbeitnehmer Xxxxxxxxx Xxxx, Xxxxxx Xxxx, Xxxxx-Xxxxxxx Xxxxx, Xxxxxx Xxxxxxxx und Xxxxxxxx Xxxxx eingesetzt. Der Beklagten arbeitete als Handelsvertreter selbst mit.

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, der Beklagte habe im Klagezeitraum einen baugewerblichen Betrieb im tariflichen Sinne unterhalten. Arbeitszeitlich überwiegend seien von den bei dem Beklagten beschäftigten Arbeitnehmern in jedem Kalenderjahr des Klagezeitraums vorgefertigte Norm-Fenster und -Türen, Fensterbänke, Vordächer, Boden- und Platzspartreppen, Garagentore, feuerhemmende Türen, Holzdecken mit Profil- und /oder Panelbrettern, Wintergärten, Außenjalousien, Wandverkleidungen und Deckensystem inklusive des Anbringens von Unterkonstruktionen und des Isoliermaterials sowie Leichtbautrennwände montiert sowie Handels-, Büro- und Planungsarbeiten, die damit im Zusammenhang ständen, durchgeführt worden. Das habe nicht nur einer ihrer Mitarbeiter anlässlich eines Betriebsbesuches am 04. April 2006 festgestellt, gleichartiges hätten auch die Arbeitsbehörden ermittelt. Deren Prüfung am 16. Dezember 2004 habe ergeben, dass zu 57% der gesamten Arbeitszeit genormte Fenster und Türen in Alt- und Neubauten eingebaut worden seien, ihr Mitarbeiter habe sogar einen Arbeitszeitanteil derartiger Arbeiten von 70% .ermittelt. Außerdem sei noch im Klagezeitraum der Arbeitnehmer Xxxxxx Xxxxx als Tischler beschäftigt gewesen.. Dementsprechend schulde der Beklagte einmal die tarifvertraglich normierten Beiträge für gewerbliche Arbeitnehmer für den Monat Dezember 2002, der sich der Höhe nach aus der eigenen Meldung der Beklagten ergebe, sowie die tariflich normierten Auskünfte für den Zeitraum Januar 2003 bis Dezember 2005, für den Fall der Nichterfüllung zur Zahlung einer Entschädigungssumme.

Der Kläger hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen,

1. an den Kläger € 2.144,55 zu zahlen

2. dem Kläger auf dem von ihm zur Verfügung gestellten Formular Auskunft darüber zu erteilen,

2.1 wie viele gewerbliche Arbeitnehmer, die eine nach den Vorschriften des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) versicherungspflichtige Tätigkeit ausübten, in den Monaten Januar 2003 bis Dezember 2005 in dem Betrieb der Beklagtenseite beschäftigt wurden, welche Bruttolohnsumme und welche Sozialkassenbeiträge insgesamt für diese Arbeitnehmer in den jeweils genannten Monaten angefallen sind;

2.2 wie viele Angestellte, die eine nach den Vorschriften des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) versicherungspflichtige Tätigkeit ausübten - ausgenommen sind geringfügig Beschäftigte im Sinne des § 8 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IV) -, in den Monaten Januar 2003 bis Dezember 2005 in dem Betrieb der Beklagtenseite beschäftigt wurden und in welcher Höhe Zusatzversorgungsbeiträge in den jeweils genannten Monate angefallen sind;

2.3. für den Fall, dass diese Verpflichtung zur Auskunftserteilung innerhalb einer Frist von sechs Wochen nach Urteilszustellung nicht erfüllt wird, an den Kläger folgende Entschädigung zu zahlen:

 zu Nr. 2.1€ 151.800,00
zu Nr. 2.2€ 3.402,50
Gesamtbetrag:€ 155.202,50

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat die Ansicht vertreten, sie habe im Klagezeitraum keinen baugewerblichen Betrieb unterhalten. Die in seinem Betrieb durchgeführten Tätigkeiten bezögen sich ausschließlich auf Handelstätigkeiten. Es gebe zwar tatsächlich 70% Handelsware, die neben der Auslieferung auch noch montiert werde. Da es sich dabei um Bauelemente handele, sei dies jedoch nicht mit einem Zeitaufwand wie z.B. bei einer Trockenbaufirma verbunden. Der wichtigste Teil und die zeitintensivste Aufgabe bei Fertigfenstern und Türen seien das Ausmessen der Öffnungen und das Besprechen mit Auftraggebern, die Bestellung der Fertigware beim Hersteller über ein eigenes Programm mit entsprechenden Detailangaben. Weitere Zeiten gingen durch Zwischenlagerungen und das Zusammenstellen der Elemente verloren. Leichtbautrennwände, Fußböden, Decken, Wandverkleidungen, Unterkonstruktionen sowie Isoliermaterial seien noch nie montiert worden. Die Arbeitszeiten in der Montage lägen unter 50% der Gesamtarbeitszeit. Nichts anderes habe der Mitarbeiter der Klägerin anlässlich des Betriebsbesuches festgestellt, dessen Besuchsbericht habe die Klägerin vorzulegen. Schließlich würden die Bautarifverträge ohnehin aufgrund ihrer Mitgliedschaft im bayrischen Einzelhandelsverband verdrängt.

Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Urteil vom 02. Mai 2007 stattgegeben. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe der angefochtenen Urteile (Bl. 59 bis 72 d.A.) Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil hat der Beklagte innerhalb der zur Niederschrift über die Berufungsverhandlung am 03. März 2007 festgestellten und dort ersichtlichen Fristen Berufung und der Kläger innerhalb der ebenfalls in der Berufungsverhandlung festgestellten Fristen Anschlussberufung eingelegt.

Der Beklagte meint, das arbeitsgerichtliche Urteil sei unrichtig. Entgegen dem Arbeitsgericht habe er seiner Darlegungslast genügt. Aus den tabellarischen Übersichten für jedes Kalenderjahr des Klagezeitraums über die beschäftigten Arbeitnehmer und deren Tätigkeit ergebe sich unmissverständlich, dass bauliche Tätigkeiten nicht überwogen hätten. Aus diesen folge, dass für jedes der Kalenderjahre die auf den Einbau genormter Bauteile entfallene Arbeitszeit weit unter 50% der betrieblichen Gesamtarbeitszeit gelegen habe. Die Arbeitszeit habe sich wie folgt verteilt:

2002

 Name 2002 2003 2004 2005 (= 100) Teilzeit
..., ... 01.01.-31.12. 01.01.- 31.12. 01.01.- 31.12.  50
..., ... 01.01.- 31.12. 01.01.- 31.12. 01.01.- 31.12. 01.01.- 31.12 50 100
..., ... 01.01.- 31.12. 01.01.- 31.12. 01.01.- 31.12. 01.01.- 31.12. 100
..., ... 01.01.- 31.12. 01.01.- 31.12. 01.01.- 31.12. 01.01.- 31.12. 100
..., ... 01.01.- 31.12. 01.01.- 31.12. 01.01.- 31.12. 01.01.- 31.12 50 100
..., ... 01.01.- 31.12. 01.01.- 31.12. 01.01.- 31.12 50%.  2002 100
..., ... 01.01.- 31.12. 01.01.- 31.12. 01.01.- 31.12. 01.01.- 31.12 50 100
..., ... 01.01.- 31.12. 01.01.- 31.12 70%. 01.01.- 31.12 80%. 01.01.- 31.12. 90% 2002 100
..., ... 01.01.- 31.10.    100
..., ...  01.06.- 31.12.   15
..., ...  01.01.- 31.12.   20
..., ...   01.01.- 31.12. 01.01.- 31.12. 100
..., ...-...   01.01.- 31.12.  15
..., ...   01.01.- 31.12.  50
..., ...   01.01.-31.12. 01.01.-31.12. 60
..., ...   01.01.- 31.12.  35
..., ...   01.01.-31.12.  20
..., ...   01.01.- 31.12.  30
..., ... jr   01.01.- 31.12. 01.01.-31.12. 100
..., ...    01.01.- 31.12. 100

2003:

 Name Anteil Handel und Ausstellung Lieferung Einbau von Bauteilen Lager/Entsorgung
...,... 30% 70%    
...,...  20% 10% 60% 10%
...,...  40% 10%  50%
...,...  100%    
...,...   20% 70% 10%
...,...  100%    
...,...   20% 70% 10%
...,...f   20% 70% 10%
...,...   20% 70% 10%
...,...  30%  70%

2004

 Name Anteil Handel und Ausstellung Lieferung Einbau von Bauteilen Lager/Entsorgung
...,... 30% 70%    
...,... 30% 70%    
...,...  20% 10% 60% 10%
...,...  40% 10%  50%
...,...  100%    
...,...   20% 70% 10%
...,...  100%    
...,...jr.  100%    
...,...-...  100%    
...,...   20% 70% 10%
...,...f   20% 70% 10%
...,...   20% 70% 10%
...,...  70%   30%
...,...   20% 70% 10%
...,...    100%  
...,...  100%   

2005

 Name Anteil Handel und Ausstellung Lieferung Einbau von Bauteilen Lager/Entsorgung
...,... 30% 70%    
...,...  30% 10% 50% 10%
...,...  50% 10%  40%
...,...  100%    
...,...  30% 10% 50% 10%
...,...  100%    
...,... jr.  100%    
...,...  30% 10% 50% 10%
...,...f  30% 10% 50% 10%
...,...  100%    
...,...  100%   

Hinsichtlich des genauen Inhalts der Tabellen wird im Übrigen auf die Schriftsätze vom 26. Oktober 2007 (Bl. 94 bis 97 bzw. Bl. 106 bis 109 d.A.) und vom 20. Februar 2008 (Bl. 138 bzw. 148 d.A.) Bezug genommen. Rätselhaft sei es, wie das Arbeitsgericht zu dem Ergebnis habe gelangen können, dass weitere Tätigkeiten als bauliche Zusammenhangsarbeiten ebenfalls als baulich zu bewerten seien. In jedem Fall habe er einen Anspruch auf Vorlage des Prüfberichts des Mitarbeiters der Klägerin, zumal dieser zu dem Ergebnis gekommen sei, dass es sich bei ihrem Betrieb nicht um einen baulichen handele. Die Tätigkeit der Mitarbeiter lasse sich in neun Schritte einteilen. Der Kundenakquise folge das Aufmass, die Angebotserstellung, das Feinvermessen der Objekte, die Warenentladung nebst Lieferscheinkontrolle und Lagerhaltung, die Auslieferung, die Montage, die Entsorgung und als letzter Schritt der Besuch von Verkaufsmessen und der Umbau des betriebseigenen Ausstellungsraums. Nur ein Schritt, nämlich die Montage, sei eine baugewerbliche Tätigkeit. Auf diese Arbeiten seien, wie die Auswertung Bl. 156 d.A. zeige, im Mittelwert nur etwas über 32% der Arbeitszeit entfallen.

Der Beklagte, der die begehrten Auskünfte im Verlauf des Berufungsrechtsstreits erteilt hat, beantragt,

das angefochten Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden abzuändern und die Klage abzuweisen sowie die Anschlussberufung zurückzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen und auf die Anschlussberufung das angefochtene Urteil teilweise dahingehend abzuändern, dass die Beklagte verurteilt wird, an den Kläger weitere € 81.079,68 zu zahlen.

Er geht bezüglich der erstinstanzlich begehrten Auskunft im Hinblick auf die mittlerweile seitens des Beklagten erteilten Auskünfte zu Zahlungsklage über, trägt vor, aus den Auskünften des Beklagten ergäben sich Beiträge für den Auskunftszeitraum für gewerbliche Arbeitnehmer von € 75.023,43 und für Angestellte von € 6.056,23, verteidigt das angefochtene Urteil, wiederholt sein erstinstanzliches Vorbringen und trägt vor, abgesehen davon , dass sich bereits aus dem Vortrag des Beklagten, den er sich hilfsweise zu eigen mache, folge, dass es sich bei dem Betrieb des Beklagten um einen baugewerblichen im tariflichen Sinne handele, bleibe er bei seinem Vortrag hinsichtlich der arbeitszeitlich ausgeführten Tätigkeiten. Sämtliche beschäftigten gewerblichen Arbeitnehmer hätten zu 70% ihrer Tätigkeit genormte Bauteile eingebaut und zu weiteren 30% Produkte geliefert, die anschließend beim jeweiligen Kunden montiert worden seien. Die Angestellten, die mit dem Verkauf von Bauelementen beschäftigt gewesen seien, hätten zu 70% ihrer Tätigkeit Produkte verkauft, die anschließend beim Kunden montiert worden seien. Alles das habe ihr Betriebsprüfer auch festgestellt. Aus den Auswertungen der Rechnungen habe dieser ermittelt, dass über 70% der verkauften Produkte auch von Arbeitnehmern des Beklagten bei Kunden angeliefert und eingebaut worden seien. Selbst wenn man die eigenen Aufstellungen des Beklagten zugrunde lege, komme man angesichts des Umstandes, dass 70% der Produkte auch montiert worden seien zu einem Überwiegen baulicher Tätigkeiten.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsrechtszug wird auf den vorgetragenen Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze sowie auf die Niederschrift über die Berufungsverhandlung am 03. März 2008 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gem. §§ 8 Abs. 2 ArbGG, 511 ZPO an sich statthafte Berufung begegnen hinsichtlich des Wertes des Beschwerdegegenstandes (§ 64 Abs. 2 b ArbGG) keinerlei Bedenken. Sie ist auch form- und fristgerecht eingelegt, sowie rechtzeitig und ordnungsgemäß begründet worden (§§ 66 Abs. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO) und damit insgesamt zulässig. Auch die Anschlussberufung ist unbedenklich zulässig. Aus den zur Niederschrift über die Berufungsverhandlung vom 08. Mai 2006 festgestellten Daten ergibt sich, dass die Anschlussberufung innerhalb der antragsgemäß verlängerten Berufungserwiderungsfrist und damit innerhalb der Frist des § 524 Abs. 2 Satz 1 ZPO eingelegt wurde. Sie ist auch ordnungsgemäß begründet worden (§ 524 Abs. 3 ZPO).

In der Sache hat die Berufung keinen Erfolg während die Anschlussberufung begründet ist. Das Arbeitsgericht hat den Beklagten zu Recht zur Zahlung von € 2.144,56 verurteilt. Darüber hinaus kann die Klägerin, wie mit der Anschlussberufung gefordert, die Zahlung weiterer € 81.079,68 verlangen.

Dass die Klägerin bezüglich des Zeitraums Januar 2003 bis Dezember 2005 von der Auskunfts- zur Zahlungsklage übergegangen ist, ist prozessual unbedenklich. Ob diese teilweise Umstellung des Klageantrags nach § 264 Nr. 2 oder Nr. 3 ZPO nicht als Änderung der Klage anzusehen ist, braucht nicht entschieden zu werden.

Geht man von einer Anwendung von § 264 Nr. 2 oder 3 ZPO aus, sind die Voraussetzungen des § 533 ZPO nicht zu prüfen, weil diese Bestimmung nur für Klageänderungen gilt. Fälle des § 264 Nr.2 und 3 ZPO gelten jedoch nach § 264 ZPO, der über § 525 ZPO auch im Berufungsverfahren anzuwenden ist, nicht als Klageänderung. (vgl. BGH 19. März 2004 NJW 2004, 2152).

Geht man dagegen davon aus, dass es sich um eine nicht von § 264 Nr.2 oder 3 ZPO erfasste privilegierte Klageänderung handelt, sondern § 263 ZPO und damit auch § 533 ZPO gilt, ist die Klageerweiterung zulässig, weil sich der Beklagte auf dieselbe widerspruchslos eingelassen hat und die der Klageerweiterung zugrunde liegenden Tatsachen unstreitig sind. Damit bestehen Bedenken nach § 533 Nr. 2 ZPO schon deshalb nicht, weil der zur Höhe der Beitragsforderung gehaltene Vortrag des Klägers unstreitig ist und unstreitiger Tatsachenvortrag in der Berufungsinstanz stets berücksichtigt werden muss (vgl. BGH 18. November 2004, MDR 2005, 527).

Der Kläger kann von dem Beklagten sowohl die Zahlung der bereits erststinstanzlich geforderten € 2.144,56, wie auch der zweitinstanzlich zusätzlich begehrten € 81.079,68 verlangen.

Anspruchsgrundlage für das klägerische Begehren ist hinsichtlich der Beitragsforderung für gewerbliche Arbeitnehmer § 18 des Tarifvertrages über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe (VTV) vom 20. Dezember 1999 in den für die Kalenderjahre 2002 bis 2005 gültigen Fassungen, bezüglich der Beitragsforderung für Angestellte § 19 VTV. Den Beklagten treffen nämlich die in den vorgenannten Tarifnormen statuierten Zahlungsverpflichtungen, weil der VTV für sie im Klagezeitraum gilt.

Ob der Beklagte Mitglied einer der tarifvertragschließenden Verbände des VTV war oder ist spielt keine Rolle. Denn der VTV war in sämtlichen für den Klagezeitraum maßgeblichen Fassungen für allgemeinverbindlich erklärt, so dass seine Rechtsnormen auch für die nicht tarifgebundenen Arbeitnehmer und Arbeitgeber gelten (§§ 5 Abs. 4, 4 Abs. 2 TVG).

Der Beklagte unterhielt im Klagezeitraum auch einen Betrieb, der unter den betrieblichen Geltungsbereich des VTV fällt.

Nach § 1 Abs. 2 VTV fallen unter den betrieblichen Geltungsbereich dieses Tarifvertrages diejenigen Betriebe, in denen überwiegend entweder die in § 1 Abs. 2 Abschnitt V genannten Beispielstätigkeiten durchgeführt oder aber Leistungen im Sinne der Bestimmungen der Abschnitte I - IV durchgeführt werden (ständige Rechtsprechung seit BAG 18. Januar 1984, AP Nr. 60 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau).

Kraft Sachzusammenhangs mit zu den baulichen Leistungen zu zählen sind solche Tätigkeiten, die zur ordnungsgemäßen und sachgerechten Erbringung baulicher Leistungen unabdingbar sind. § 1 Abs.2 VTV erfasst nämlich nicht nur den eigentlichen baugewerblichen Kern der in den tariflichen Bestimmungen genannten Arbeiten, sondern darüber hinaus auch solche Tätigkeiten, die als Neben- oder Hilfsarbeiten zur sach- und fachgerechten Ausübung der baulichen Tätigkeiten notwendig sind und daher nach der Verkehrssitte üblicherweise mit von Betrieben des Baugewerbes erledigt werden. Derartige Tätigkeiten sind den eigentlichen baulichen Leistungen zuzurechnen (vgl. BAG 25. Februar 1987, 28. März 1990, 11. Juni 1997 und 20. März 2002, AP Nr. 81, 130, 200 und 253 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau). Denn wenn die Tarifvertragsparteien in § 1 Abs. 2 Abschnitt I - III auf die bauliche Zweckbestimmung der Arbeiten abstellen, geben sie damit zu erkennen, dass zu den baulichen Leistungen eben auch solche Tätigkeiten gehören, die den baulichen Zweck unterstützen bzw. begleiten. Zu derartigen Tätigkeiten können auch kaufmännisch-verwaltungsmäßige Arbeiten gehören.

Handelt es sich um einen Mischbetrieb, also um einen solchen, der neben der Erbringung baulicher Tätigkeiten auch auf einem nicht baulichen Bereich tätig wird, müssen Neben- und Hilfstätigkeiten u.U. den verschiedenen Bereichen zugeordnet werden. Soweit kaufmännisch-verwaltungsmäßige Tätigkeiten für den Gesamtbetrieb durchgeführt werden, folgt dies schon daraus, dass derartige Arbeiten für verschiedene Betriebszwecke typischerweise nur unterstützende Funktion haben und damit sachlich sowohl dem einen wie dem anderen Betriebszweck zuzuordnen sind.

Soweit Baumaterialien nicht nur eingebaut, sondern auch verkauft werden ohne dass ein Einbau erfolgt, ist zu differenzieren. Die bloße Veräußerung von Bauelementen ohne anschließenden Einbau durch den Betrieb selbst, ist keine bauliche Leistung. Die Veräußerung von Baumaterial und Bauelementen, das vom Betrieb selbst eingebaut wird, ist dagegen schon deshalb eine bauliche Tätigkeit, weil nach § 1 Abs. 2 Abschnitt II bauliche Tätigkeiten "mit oder ohne Lieferung von Stoffen und Bauteilen" erfolgen können. Das muss so verstanden werden, dass eben auch die Veräußerung anschließend vom Betrieb selbst verarbeiteter Materialien zu den baulichen Leistungen zählt (vgl. Kammerurteile vom 28. Februar 2005 - 16 Sa 1553/04, vom 23. Juli 2001 - 16 Sa 2088/00, vom 23. März 1992 - 16 Sa 1289/91 und vom 02. November 1992 - 16 Sa 1890/91). Veräußert ein Betrieb Bauelemente, die zum Teil vom Betrieb selbst eingebaut, zum Teil nur veräußert werden (Mischbetrieb mit den Bereichen Handel und Baugewerbe), müssen Tätigkeiten, die in beiden Bereichen anfallen, auf den baulichen Sektor und den nichtbaulichen Bereich verteilt werden. Dabei gilt:

Lassen sich bei Mischbetrieben Tätigkeiten nicht eindeutig dem baulichen oder nicht baulichen Bereich zuordnen, sondern werden sie in beiden Bereichen gleichmäßig erbracht, so ist es sachgerecht, derartige Arbeitszeiten anteilig entsprechend dem Verhältnis der auf die baulichen und auf die nicht baulichen Leistungen entfallende Arbeitszeit zu verteilen (§ 287 ZPO), soweit sich aus dem Vortrag der Parteien nichts Abweichendes ergibt (vgl. BAG 24. August 1994 AP Nr.181 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau.).

Ob hiernach bauliche Leistungen überwiegend erbracht werden, bemisst sich danach, ob die überwiegende betriebliche Arbeitszeit auf bauliche Tätigkeiten entfällt. Nicht maßgeblich sind dagegen wirtschaftliche Gesichtspunkte wie Umsatz und Verdienst oder handels- oder gewerberechtliche Kriterien (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BAG 14. Juli 2000, AP Nr. 232 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau). Nichts anderes gilt für die Berufsgenossenschaftszugehörigkeit. Auf sie kommt es nicht an, weil die Tarifvertragsparteien hierauf nicht abstellen (vgl. Kammerurteil v. 12. Februar 2007 - 16 Sa 1485/06). Maßgeblich ist auch nicht, ob der Betrieb zur produktiven Winterbauförderung herangezogen wird oder nicht (vgl. BAG 20. März 2002, EzA TVG § 4 Bauindustrie Nr. 114; BAG 13. Mai 2004, AP Nr. 265 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau).

Ob die überwiegende Arbeitszeit auf bauliche oder nicht bauliche Leistungen entfällt, ist nach der Arbeitszeit der beschäftigten Arbeitnehmer innerhalb eines Kalenderjahres zu beurteilen, soweit sich die Tätigkeiten des Betriebes, wie im vorliegenden Fall, über ein Kalenderjahr erstrecken (vgl. BAG 22. April 1987, 12. Dezember 1988 und 25. Juli 2001, AP Nr. 82, 106 und 240 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau). Ohne Bedeutung ist damit die Arbeitszeit von Handelsvertretern (vgl. Kammerurteil v. 24. August 1992 - 16 Sa 1701/01). Denn Handelsvertreter sind selbständige Gewerbetreibenden (§ 84 Abs.1 HGB). Nicht zu berücksichtigen ist ferner die Arbeitszeit des Arbeitgebers selbst oder, bei einer Personengesellschaft oder juristischen Person, diejenige des gesetzlichen Vertreters des Arbeitgebers (vgl. BAG 24. August 1994, AP Nr. 181 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau).

Ebensowenig von Belang ist die Arbeitszeit von Auszubildenden (vgl. Kammerurteile v. 27. April 2004 - 16 Sa 1570/97 - NZA-RR 1999,372 u. v. 16. Juli 2001 - 16 Sa 2110/00). Denn das Ausbildungsverhältnis ist kein Arbeitsverhältnis, vom Auszubildenden geschuldet wird keine Arbeitsleistung, sondern das Bemühen, die Fertigkeiten und Kenntnisse zu erlangen, die erforderlich sind, um das Ausbildungsziel zu erreichen (§ 9 BBiG aF) bzw. das Bemühen, die berufliche Handlungsfähigkeit zu erwerben, die zum Erreichen des Ausbildungsziels erforderlich ist (§ 13 BBiG). Da es mithin nicht Zweck der Tätigkeiten eines Auszubildenden ist, zur Verfolgung bestimmter arbeitstechnischer Zielsetzungen des Betriebes beizutragen, kann seine Tätigkeit bei einem Betrieb mit unterschiedlichen arbeitstechnischen Zwecksetzungen (Mischbetrieb) auch nicht die erforderliche Auskunft darüber geben, welcher Zweck mit seiner Tätigkeit verfolgt wird.

Nach diesen Maßstäben war der Betrieb des Beklagten in den Kalenderjahren 2002 bis 2005 ein baugewerblicher im tariflichen Sinne. Damit war er es auch im Klagezeitraum Dezember 2002 bis Dezember 2005. Denn es wurden in sämtlich betroffenen Kalenderjahren unter Heranziehung von Zusammenhangstätigkeiten zu mehr als der Hälfte der maßgeblichen betrieblichen Gesamtarbeitszeit vom Betrieb des Beklagten bauliche Tätigkeiten durchgeführt. Das folgt aus dem eigenen Vorbringen des Beklagten, das sich der Kläger hilfsweise zu Eigen gemacht hat. Auf die Frage, welche Feststellungen der Betriebsberater der Klägerin anlässlich seines Besuches getroffen hat, kommt es nicht an. Damit besteht auch keine Verpflichtung oder Oblegenheit der Klägerin, diesen Bericht vorzulegen.

Der Einbau und die Montage von Norm-Fenstern und Türen in und an Gebäuden fällt unter § 1 Abs. 2 Abschnitt V Nr. 37 VTV (vgl. BAG 15. November 2006 AP Nr. 34 zu § 4 TVG Tarifkonkurrenz; BAG 18. Oktober 2006 AP Nr. 287 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau; ständige Kammerrechtsprechung, vgl. z.B. Kammerurteil vom 30. April 2001 - 16 Sa 1500/00). Fenster und Türen sind nämlich nichts anderes als durchsichtige bzw. bewegliche Teile der seitlichen Begrenzung eines Raumes oder Gebäudes (Wand), deren Einbau die Tarifvertragsparteien im Klammerzusatz von § 1 Abs. 2 Abschnitt V Nr. 37 VTV ausdrücklich erwähnen. Im Übrigen handelt es sich bei derartigen Tätigkeiten auch um eine bauliche Leistung im Sinne der allgemeinen Bestimmungen des § 1 Abs. 2 Abschnitt II VTV (vgl. BAG 26. Januar 1994, AP Nr. 171 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau; BAG 12. Oktober 1994 - 10 AZR 982/93). Der Einbau sonstiger, von der Beklagten fertig bezogener .Bauteile, auch von Roll-Läden (vgl. Kammerurteile vom 30.April 2001 - 16 Sa 1500/00, vom 07.Februar 2000 - 16 Sa 913/99 und vom 24.August 1992 - 16 Sa 1701/92). fällt ebenfalls unter § 1 Abs.2 Abschn. II Nr. 37 VTV, weil insoweit Montagebauarbeiten vorliegen. Jedenfalls ist die allgemeine Bestimmung des § 1 Abs.2 Abschn. II VTV einschlägig.

Die vorgenannten Tätigkeiten fielen, unter Berücksichtigung baulich zu bewertender Zusammenhangstätigkeiten, im Betrieb des Beklagten in den Jahren des Klagezeitraum arbeitszeitlich überwiegend an.

Für die einzelnen Kalenderjahre gilt:

2002

In diesem Jahre fielen an Arbeitszeit von Arbeitnehmern (unter Herausrechnung des Auszubildenden Albert Wagner jr. und des Handelsvertreters Xxxx Xxxxxxx) 100 Mann-Monate (MM) an Arbeitleistungen an. Ein MM entspricht der Arbeitszeit eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers in einem Monat, bei Beschäftigung eines Arbeitnehmers in Teilen eines Monats ist die Beschäftigungszeit der anfallenden Kalendertage durch 30 zu teilen (Rechtsgedanke § 18 Abs. 1 S.2 BBiG; vgl. Kammerurteil vom 19. Dezember 2005 - 16 Sa 1781/03). Legt man die Berechnungsweise des Beklagten zugrunde, die die Vollbeschäftigung in einem Jahr mit 100 angesetzt hat, so dass ein MM einer Messzahl von 12:100 entspricht, ergibt sich eine Messzahl von 833,3 (100x7+1x50+1x83,3).

Auf (eigentliche) bauliche Tätigkeiten (Einbau von Baufertigteilen) entfielen nach der eigenen Aufstellung des Beklagten 39,4 MM oder, entsprechend der Berechnung des Beklagten, eine Messzahl von 328,31.

Weiter den baulichen Tätigkeiten im tariflichen Sinne zuzuschlagen ist kraft Sachzusammenhangs ein Teil der Arbeitszeit, der auf die Anlieferung von Bauteilen entfallen ist, nämlich der Teil, der sich auf die Anlieferung von Bauelementen mit anschließender Montage durch den Betrieb der Beklagten bezogen hat.

Da nach dem eigenen Vortrag des Beklagten 70% der ausgelieferten Bauelemente auch eingebaut worden sind, ist es mangels entgegenstehenden Vortrags der Parteien gerechtfertigt, 70% der Transporttätigkeiten als bauliche Zusammenhangstätigkeit zu qualifizieren, weil der Antransport in notwendigem Zusammenhang zur anschließenden Montage steht. Damit ergeben sich weitere 8,12 MM (Beklagtenmesszahl 67,66, nämlich 70% von 96,66) baulicher Leistungen.

Nichts anderes gilt für die auf Lagertätigkeiten entfallenen Arbeitszeitanteile von Arbeitnehmern. Denn auch die zur Montage bestimmten Bauteile müssen gelagert werden und sind von dem Beklagten auch gelagert worden. Damit errechnen sich weitere 8,26 MM (Messzahl des Beklagten 68,53, nämlich 70% von 98,33) baulicher Leistungen.

Die von der Arbeitnehmerin Xxxx Xxxxxx zu 30% ihrer Tätigkeit erbrachten Büroarbeiten fallen gleichermaßen beim bloßen Verkauf von Bauteilen wie beim Verkauf von Bauteilen mit anschließender Montage an. Soweit sie für den baulichen Bereich erbracht werden, gehören sie kraft Sachzusammenhangs mit zu den baulichen Leistungen, weil sie zur ordnungsgemäßen und sachgerechten Erbringung baulicher Leistungen unabdingbar sind. Weil 70% der verkauften Bauteile auch montiert wurden, ist es angemessen, einen Anteil baulicher Tätigkeiten von Frau Wagner von 1,26 MM (Messzahl der Beklagten: 10,5, nämlich 70% von 15) anzusetzen.

Bereits danach ergeben sich 57,04 MM baulicher Tätigkeiten dieses Kalenderjahres (Messzahl des Beklagten: 475,3) und damit ein deutliches Überwiegen baulicher Tätigkeiten in diesem Kalenderjahr.

Den baulichen Tätigkeiten zuzurechnen sind ferner Anteile der nach dem Vortrag des Beklagten auf den Verkauf von Bauelementen entfallenen Arbeitszeitanteile.

Die auf Handelstätigkeiten entfallene Arbeitszeit ist anteilig auf bauliche und nichtbauliche Arbeiten zu verteilen. Richtig ist zwar, wie bereits ausgeführt, dass der Handel mit Baumaterialien, also deren Beschaffung und Verkauf, keine bauliche Tätigkeit ist. Im vorliegenden Fall können jedoch nicht alle auf den Handelsbereich nach der Behauptung des Beklagten entfallenen Arbeitszeiten diesem baufremden Bereich zugeordnet werden. Vielmehr zählt ein Anteil der insoweit angefallenen Arbeitszeit notwendigerweise zu den baulichen Tätigkeiten kraft Sachzusammenhangs.

Um Zusammenhangstätigkeiten mit baulichen Tätigkeiten handelt es sich beim Verkauf von Bauelementen immer dann, wenn der mit dem Einbau von Fenstern und Türen oder sonstigen Bauelementen befasste Betrieb dem Kunden in Verkaufsräumen die Möglichkeit bietet, die Türen und Fenster auszuwählen und sich hierbei in Verkaufsgesprächen beraten zu lassen. Nichts anderes gilt, wenn gleichartige Ziele durch Hausbesuche oder sonstige Formen der Kontaktaufnahme mit Kunden erfolgen. Die vorgeschaltete Auswahl des Materials inklusive etwa notwendiger Aufmassarbeiten beim Kunden und entsprechender Bestellungen beim Bauelementehersteller ist in solchen Fällen üblicherweise Bestandteil der Auftragsvergabe. Die hierfür im Betrieb oder außerhalb des Betriebs aufgewendete Arbeitszeit kann dann auch nicht tariflich gesondert bewertet werden, sondern ist integraler Bestandteil der baulichen Einbautätigkeit. Nichts anderes gilt, wenn die Materialauswahl nach Mustermappen o.ä. anlässlich von Kundenbesuchen, die der Auftragsausführung vorausgehen, erfolgt (vgl. Kammerurteil v. 28. Februar 2005 - 16 Sa 1553/04; Hess. LAG 18. November 1996 - 10 Sa 341/95).

Adäquat ist es, den als baulich zu qualifizierenden Anteil der Arbeitszeit, der nach dem Vortrag des Beklagten auf Handelstätigkeiten entfallen ist, im Ansatz dadurch zu ermitteln, dass auf das Verhältnis der Menge der auch montierten Fenster, Türen und sonstigen Bauelemente zu der Menge der ohne Montage vertriebenen Gegenstände abgestellt wird. Denn die erbrachte Arbeitszeit pro Auftrag ist bei Aufträgen, die auf reinen Vertrieb gerichtet waren, typischerweise nicht höher als bei solchen, die auch die Montage einschließen. Im Gegenteil dürfte sogar der zeitliche Aufwand höher sein, wenn es um eine Auftragsvergabe geht, die auch den Einbau einschließt, weil dabei u.a. etwa die Daten und Kosten des Einbaus abgesprochen werden müssen. In jedem Fall ist es damit im vorliegenden Fall mangels entgegenstehenden Vortrags der Parteien gerechtfertigt, angesichts des Verhältnisses auch montierter Bauelemente zu nur veräußerten Bauelemente von 70:30 mindestens 50% der von der Beklagten dem Handelsbereich zugeordneten Tätigkeiten als bauliche Leistungen kraft Sachzusammenhangs anzusehen. Damit erhöht sich die auf bauliche Tätigkeit entfallenen Gesamtarbeitszeit um 17,7 MM, legt man die Messzahl des Beklagten zugrunde, um 147,5 (415,8-100 [Auszubildender]-20,8 [Handelsvertreter], so dass auf bauliche Tätigkeiten insgesamt sogar annähernd 75% der betrieblichen Gesamtarbeitszeit entfielen.:

2003

Die Gesamtarbeitszeit betrug ohne den Auszubildenden Albert Wagner jr. 90,6 MM (korrigierte Messzahl des Beklagten 755,00). Einbautätigkeiten machten nach dem eigenen Vortrag des Beklagten 32,82 MM aus (Messzahl der Beklagten 273,55). Hinzuzurechnen sind, wie für das Vorjahr, 70 % der Transporttätigkeiten, also 6,47 MM (Messzahl des Beklagten 53,9, nämlich 70% von 77,00) sowie 70% der Lagerarbeiten, also 7,43 MM (Messzahl des Beklagten 61,95) sowie 1,26 MM der Bürotätigkeiten (Messzahl der Beklagten 10,5). Das ergibt bereits einen Anteil baulicher Tätigkeiten von 52,96%, nämlich von 47,98 MM (Messzahl des Beklagten 399,9). Rechnet man, wie geboten, des weitern 50% der auf Handelstätigkeit nach dem Vortrag des Beklagten entfallenen Arbeitszeiten hinzu, ergibt sich sogar eine Messzahl von 550,4, das sind, von der Arbeitszeit her gesehen, mehr als 70% bauliche Tätigkeiten.

2004

Die Gesamtarbeitszeit betrug 130,8 MM (Messzahl des Beklagten 1.090). Einbautätigkeiten machten nach dem Vortrag des Beklagten 40,26 MM aus (Messzahl der Beklagten 335,5). 70% der Transporttätigkeiten ergeben weitere 7,81MM (Messzahl des Beklagten 65,1), 70% der Lagertätigkeiten nochmals 9,62 MM (Messzahl des Beklagten 80,15). 70% der Büroarbeiten machen 3,78 MM (Messzahl des Beklagten 31,5) aus Das ergibt bauliche Leistungen in einem Umfang von 61,47 MM (Messzahl des Beklagten 512,25). Das sind zwar noch weniger als 50% der betrieblichen Gesamtarbeitszeit. Hinzuzurechnen sind jedoch, wie ausgeführt, auch in diesem Kalenderjahr 50% der mit Handelstätigkeiten bezeichneten Arbeitszeit. Das sind weitere 30,12 MM oder, unter Zugrundelegung der Messzahl des Beklagten, weitere 251, so dass sich ein Anteil baulicher Tätigkeiten an der betrieblichen Gesamtarbeitszeit von 70% ergibt.

2005

Die Gesamtarbeitszeit betrug 121,2 MM (Messzahl des Beklagten 1.010,0). Einbautätigkeiten machten nach dem Vortrag des Beklagten 23,4MM aus (Messzahl des Beklagten 195,0). 70% der Transporttätigkeiten ergeben weitere 4,12MM (Messzahl des Beklagten 34,3), 70% der Lagertätigkeiten nochmals 6,64 MM (Messzahl des Beklagten 55,3). 70% der Büroarbeiten machen 2,52 MM (Messzahl des Beklagten 21) aus Das ergibt bauliche Leistungen in einem Umfang von 36,68 MM (Messzahl des Beklagten 305,6). Das sind zwar weniger als 50% der betrieblichen Gesamtarbeitszeit. Hinzuzurechnen sind jedoch, wie ausgeführt, auch in diesem Kalenderjahr 50% der mit Handelstätigkeiten bezeichneten Arbeitszeit. Das sind 39,42 MM oder, unter Zugrundelegung der Messzahl des Beklagten, weitere 328,5, so dass sich ein Anteil baulicher Tätigkeiten an der betrieblichen Gesamtarbeitszeit von 62,3 % ergibt.

War der Betrieb des Beklagten danach in sämtlichen Kalenderjahren des Klagezeitraums ein baulicher im tariflichen Sinne, so muss die Anwendung der Bestimmungen des VTV auf den Betrieb des Beklagten auch nicht deshalb scheitern, weil dieser unstreitig Mitglied im Landesverband des Bayrischen Einzelhandels e.V. ist. Denn die Bestimmungen des VTV werden nicht durch die tariflichen Regelungen des Einzelhandels in Bayern verdrängt.

Ein Fall der Tarifkonkurrenz, der nach den Grundsätzen der Spezialität zugunsten der Tarifverträge für den bayrischen Einzelhandel Trockenbau zu lösen wäre, liegt von vornherein nicht vor.

Von Tarifkonkurrenz spricht man, wenn beide Parteien eines Arbeitsvertrages gleichzeitig an zwei verschiedene, miteinander konkurrierende Tarifverträge kraft Tarifrechts gebunden sind, weil sie entweder Mitglied der Tarifvertragsparteien beider Tarifverträge sind oder weil sie an einen Tarifvertrag kraft Mitgliedschaft bei den Tarifvertragsparteien gebunden sind und ihr Arbeitsverhältnis gleichzeitig von einem anderen, für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrag erfasst wird (vgl. BAG 05.09.1990, AP Nr. 19 zu § 4 TVG Tarifkonkurrenz). Ein solcher Fall ist hier nicht gegeben. Selbst wenn man davon ausgeht, dass der Beklagte an die Tarifverträge des bayrischen Einzelhandels gebunden wäre und es auch im Klagezeitraum war, bestand nämlich keine Tarifkonkurrenz. Denn der Beklagte hat nicht vorgetragen, dass einer seiner Arbeitnehmer im Klagezeitraum Mitglied der insoweit auf Arbeitnehmerseite vertragsschließenden Gewerkschaft war. Dazu war er zur erfolgreichen Berufung auf einen Vorrang der Einzelhandelstarifverträge nach den Grundsätzen der Lösung von Tarifkonkurrenzen gehalten, weil es sich der Sache nach insoweit um einen rechtsvernichtenden Einwand handelt und für die einen solchen begründenden Tatsachen nach allgemeinen Grundsätzen derjenige darlegungs- im im Streitfall beweispflichtig ist, der sich darauf beruft.

Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass der Beklagte im Klagezeitraum an die Tarifverträge des bayrischen Einzelhandels gebunden war und deshalb die tariflichen Regelungen des Baugewerbes, allerdings mit Ausnahme der Beitragsverpflichtungen zur Urlaubskasse, nach der Rechtsprechung des BAG (vgl. BAG 18. Oktober 2006 APÜ NR. 25 zu § 1 TVG Tarifverträge: Holz) verdrängt würden.

Abgesehen davon dass es einen Grundsatz der Tarifeinheit nicht gibt, aus dem sich herleiten ließe, dass bei alleiniger Bindung des Arbeitgebers an einen Tarifvertrag ein kraft Allgemeinverbindlicherklärung ebenfass für den Arbeitgeber (und seine Arbeitnehmer) geltender Tarifvertrag über gemeinsame Einrichtungen verdrängt werden kann (vgl. Kammerurteil v. 14. Juli 2003 - 16 Sa 530/02 - DB 2004,1786), scheitert eine partielle Verdrängung der Bautarifverträge hier bereits aus einem anderen Grund.

Eine Bindung des Beklagten an die Tarifverträge des bayrischen Einzelhandels setzte voraus, dass sein Betrieb im Klagezeitraum unter den betrieblichen Geltungsbereich dieser Tarifverträge gefallen wäre. Denn die Rechtsnormen eines Tarifvertrages können überhaupt nur dann für einen Arbeitgeber gelten, wenn er unter den Geltungsbereich dieses Tarifvertrages fällt (§ 4 Abs.1 TVG). Insoweit ist der Beklagte schon deshalb darlegungsfällig geblieben, weil er weder die entsprechenden Tarifverträge vorgelegt noch ihren Inhalt im Hinblick auf den betrieblichen Geltungsbereich vorgetragen hat. Dazu war er gehalten. Im allgemeinen Sinne einen Betrieb des Einzelhandels unterhält der Beklagte nämlich nicht, weil, wie ausgeführt, im Klagezeitraum die überwiegende Arbeitszeit der beschäftigten Arbeitnehmer auf baugewerbliche Tätigkeiten entfallen ist. Dann hätte es konkreten Vortrages des Beklagten dahingehend bedurft, wieso die Einzelhandelstarifverträge gleichwohl auch einen Betrieb wie den seinen erfassen.

Weil der VTV danach im Klagezeitraum für den Beklagte gilt, schuldet er die der Höhe nach unstreitigen Beiträge für gewerbliche Arbeitnehmer und Angestellte.

Der Beklagte hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels zu tragen (§ 97 Abs.1 ZPO).

Eine gesetzlich begründete Veranlassung zur Zulassung der Revision war nicht ersichtlich.

Ende der Entscheidung

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