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Gericht: Hessisches Landesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 19.03.2007
Aktenzeichen: 16 Sa 1462/06
Rechtsgebiete: TVG, VTV/Bau, ZPO


Vorschriften:

TVG § 1
VTV/Bau § 1 Abs. 2
ZPO § 138 Abs. 2
ZPO § 138 Abs. 3
1. Die ZVK/Bau, die einen Arbeitgeber auf Auskunftserteilung oder Beitragszahlung nach den für allgemeinverbindlich erklärten Sozialkassentarifverträgen klageweise in Anspruch nimmt, kann grundsätzlich auch nur vermutete Tatsachen behaupten und unter Beweis stellen, aus denen sich die Geltung der Tarifverträge für den Betrieb des Arbeitgebers ergibt.

2. Gibt die ZVK/Bau selbst vor, über konkrete Kenntnisse hinsichtlich des betrieblichen Geschehens beim Arbeitgeber, insbesondere hinsichtlich der Verteilung der Arbeitszeit auf bauliche und nichtbauliche Tätigkeiten, zu verfügen (hier aufgrund eines Betriebsbesuchs mit Rechnungseinsicht) kann eine höhere Substantiierungsobliegenheit der ZVK/Bau bestehen. In einem solchen Fall muss sie konkreten Angaben des Arbeitgebers über die im fraglichen Kalenderjahr insgesamt geleisteten und die auf nichtbauliche Tätigkeiten (überwiegend) entfallenen Arbeitsstunden u. U. durch konkrete Gegenbehauptungen entgegentreten. Das gilt jedenfalls dann, wenn bei der von der ZVK/Bau errechneten prozentualen Aufteilung der Gesamtarbeitszeit auf bauliche und nichtbauliche Tätigkeiten unstreitig eine unzutreffende (hier zu geringe) Gesamtarbeitszeit zugrundegelegt worden ist. Geschieht das nicht, gilt der Vortrag der Beklagtenseite nach § 138 Abs.3 ZPO als zugestanden.


Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 30. Mai 2006 - 8 Ca 931/05 - abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um Auskunfts- und Zahlungsverpflichtungen des Beklagten nach den Sozialkassentarifverträgen des Baugewerbes für das Kalenderjahr 2004.

Der Kläger ist als gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes nach näherer tariflicher Maßgabe die Einzugsstelle für die Beiträge zu den Sozialkassen des Baugewerbes.

Der Beklagte unterhält einen Betrieb, von dem sowohl Pflanz- und Gartenpflegearbeiten wie auch Pflaster- und Drainierungsarbeiten durchgeführt werden. Der auf die einzelnen Tätigkeitsbereiche im Kalenderjahr 2004 entfallene Anteil der betrieblichen Gesamtarbeitszeit ist zwischen den Parteien im Streit. Im Kalenderjahr 2004 beschäftigte der Beklagte insgesamt 11 Arbeitnehmer zu unterschiedlichen Zeiten.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, der Beklagte habe im Kalenderjahr 2004 einen baugewerblichen Betrieb im tariflichen Sinne unterhalten, weil mehr als 50% der betrieblichen Gesamtarbeitszeit auf das Verlegen von Pflastersteinen einschließlich Vor- und Begleitarbeiten sowie das Verlegen von Drainagen entfallen seien. Anlässlich eines Betriebsbesuchs seiner Betriebsberaterin am 21. Juli 2005 seien betriebliche Unterlagen, u.a. Ausgangsrechnungen, eingesehen worden. Daraus habe sich ergeben, dass im Kalenderjahr 2003 nicht überwiegend bauliche Leistungen durchgeführt worden seien, wohl aber 2004. In diesem Jahr seien insgesamt 2.117 Arbeitsstunden geleistet worden. Davon seien auf Pflasterarbeiten 1.025, auf das Setzen eines Ausgleichsrings für eine Klärgrube 66, auf das Anlegen einer Trockenmauer 15, auf das Verlegen von Drainagen 159, auf Pflanz- und Pflegearbeiten 520, auf Transportleistungen 14, auf die Anlage und den Bau von Teichen 70, auf das Erstellen eines Maschendrahtzauns 45, auf die Reparatur eines Schlosses 14, auf das Bepflanzen von Teichen 164 und auf das Bohren und Setzen eines Spundsteines 25 Arbeitsstunden entfallen. Daraus ergebe sich, dass zu mindestens 59,12% der betrieblichen Gesamtarbeitszeit bauliche Tätigkeiten durchgeführt worden seien. Bekräftigt werde dies durch eine Auskunft eines Arbeitnehmers, hinsichtlich deren Inhalts auf Bl. 28/29 d.A. Bezug genommen wird und auf ein Schreiben der Kreishandwerkerschaft vom 23. August 2004 (Bl. 54 d.A.). Dementsprechend schulde der Beklagte für den Zeitraum März bis Juni sowie September bis Dezember 2004 Zahlung der tariflich normierten Beiträge für gewerbliche Arbeitnehmer in Höhe von € 12.318,56. Dieser Betrag resultiere aus den Bruttolohnsummenunterlagen des Beklagten unter Berücksichtigung des Umstandes, dass teilweise der tarifliche Mindestlohn von € 10,36 pro Stunde nicht gezahlt worden sei. Unter Berücksichtigung des Mindestlohnes sei im vorgenannten Zeitraum eine Bruttolohnsumme von € 61.592,74 angefallen. Darüber hinaus sei der Beklagte für die restlichen Monate des Kalenderjahres 2004 zur Erteilung der tarifvertraglich festgelegten Auskünfte für gewerbliche Arbeitnehmer, für den Fall der Nichterfüllung, zur Zahlung einer Entschädigungssumme in Höhe von 80% der mutmaßlichen Beiträge verpflichtet.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagtenseite zu verurteilen,

1. an den Kläger € 12.318,56 zu zahlen (Vollbeiträge gewerbliche Arbeitnehmer 03/04 - 06/04 sowie 09/04 - 12/04);

2. a) dem Kläger auf dem von ihm zur Verfügung gestellten Formular darüber Auskunft zu erteilen, wie viele gewerbliche Arbeitnehmer, die eine nach den Vorschriften des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) versicherungspflichtige Tätigkeit ausübten, in den Monaten Januar, Februar, Juli und August 2004 im Betrieb des Beklagten beschäftigt wurden, welche Bruttolohnsumme und welche Sozialkassenbeiträge insgesamt für diese Arbeitnehmer in den genannten Monaten angefallen sind;

b) für den Fall, dass diese Verpflichtung zur Auskunftserteilung nicht innerhalb einer Frist von sechs Wochen nach Urteilszustellung erfüllt wird, an den Kläger eine Entschädigung in Höhe von € 4.560,00 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat die Ansicht vertreten, sein Betrieb sei im Kalenderjahr 2004 kein baugewerblicher im tariflichen Sinne gewesen, weil es sich bei diesem um einen Gartenbaubetrieb handele und überwiegend spezifische Gartenbautätigkeiten ausgeführt worden seien. Die gesamte Arbeitszeitaufstellung des Klägers sei nicht schlüssig und schlicht ins Blaue hinein erfolgt. So sei bereits die betriebliche Gesamtarbeitszeit falsch errechnet worden, was sich schon daraus ergebe, dass es ausgeschlossen sei, dass von 11 Arbeitnehmern nur 2.117 Arbeitsstunden geleistet worden seien. Entsprechend könnten auch nicht 1.025 Stunden auf Pflasterarbeiten entfallen sein. Die Betriebsberaterin habe sich lediglich 1,5 Stunden im Betrieb aufgehalten und ausschließlich Ausgangsrechnungen gesichtet. Aus diesen ließen sich Arbeitsstunden jedoch nicht ableiten, weil ganz überwiegend Festpreise vereinbart oder auf der Grundlage von Einheitspreisen abgerechnet worden sei. Die Stellungnahme eines Mitarbeiters sei unerheblich, weil dieser berechtigt fristlos entlassen worden sei.

Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Urteil vom 30. Mai 2006 stattgegeben. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 54 - 65 d.A.) sowie auf den Berichtigungsbeschluss vom 13. September 2006 (Bl. 66/66 R d.A.) Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil hat der Beklagte innerhalb der zur Niederschrift über die Berufungsverhandlung am 19. März 2007 festgestellten und dort ersichtlichen Fristen Berufung eingelegt.

Er trägt vor, das Arbeitsgericht sei zu Unrecht von einem Überwiegen baulicher Tätigkeiten im Kalenderjahr 2004 ausgegangen. 2004 habe der Umsatz € 205.999,03 betragen. Setze man den Materialeinkauf im Wert von € 68.327,39 ab, ergebe sich der Betrag, der durch die Arbeitsleistungen der Arbeitnehmer erzielt worden sei. Arbeitnehmer habe er erst im März 2004 eingestellt, auch im Dezember 2004 habe er allein gearbeitet. Die Bruttolohnsumme sämtlicher im Kalenderjahr 2004 beschäftigter Arbeitnehmer habe sich auf € 75.772,15 belaufen. Der Vorarbeiter habe einen Stundensatz von € 12,30, die übrigen Mitarbeiter einen solchen von € 10,36 brutto erhalten. Daraus errechneten sich insgesamt 7.073 Arbeitsstunden im Kalenderjahr 2004. Von diesen Arbeitsstunden seien 4.527 Stunden, mithin 64% sämtlicher in diesem Kalenderjahr geleisteter Tätigkeiten auf Arbeiten entfallen, die nicht als Bauarbeiten anzusehen seien. Hinsichtlich der Einzelheiten der diesbezüglichen Aufstellung des Beklagten über die im Einzelnen insoweit durchgeführten Tätigkeiten wird auf die Berufungsbegründung vom 02. November 2006 (dort Bl. 101/102 d.A.) sowie die Ergänzung im Schriftsatz vom 14. Dezember 2006 (Bl. 126 - 128 d.A.) Bezug genommen. Darüber hinaus habe er selbst mindestens 2.520 Stunden geleistet. Schließlich gehöre sein Betrieb ab 01. Januar 2004 zur Gartenbau-Berufsgenossenschaft.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 30. Mai 2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil und trägt vor, er mache sich die Angaben der Gegenseite zur Gesamtarbeitszeit hilfsweise zu Eigen. Die von ihm erstinstanzlich angegebene Stundenzahl habe auf einer versehentlichen Division der tatsächlichen Stundenzahl beruht, ohne dass dies auf den tatsächlich richtig ermittelten prozentualen Anteil baugewerblicher Tätigkeiten an der Gesamtarbeitsstundenzahl Einfluss gehabt hätte. Dementsprechend seien die erstinstanzlich angegebenen Prozentzahlen zutreffend. Zudem habe er sämtliche vom Beklagten im Kalenderjahr 2004 beschäftigten Arbeitnehmer als Zeugen benannt. Aus diesem Grunde werde weiter behauptet, dass im Betrieb des Beklagten durch jeden der als Zeugen benannten Arbeitnehmer im Kalenderjahr 2004 zu mehr als 50% seiner jeweiligen persönlichen Arbeitszeit Pflasterarbeiten einschließlich dazugehöriger Vor- und Begleitarbeiten wie Erstellung des Untergrundes sowie die Verlegung von Drainagen und Tiefbauarbeiten ausgeführt worden seien, weiter die Herstellung von Trockenmauern und Zäunen, deren Pfähle stets einbetoniert worden sind. Die vom Beklagten angegebenen einzelnen Stundenzahlen zu den verschiedenen behaupteten Tätigkeiten und die aufgeschlüsselte Art der Arbeiten werde bestritten, weil diese mit anderen Feststellungen nicht in Einklang zu bringen seien.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsrechtszug wird auf den vorgetragenen Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze sowie auf die Niederschrift über die Berufungsverhandlung am 19. März 2007 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gem. §§ 8 Abs. 2 ArbGG, 511 ZPO an sich statthafte Berufung begegnet hinsichtlich des Wertes des Beschwerdegegenstandes (§ 64 Abs. 2 b ArbGG) keinerlei Bedenken. Sie ist auch form- und fristgerecht eingelegt, sowie rechtzeitig und ordnungsgemäß begründet worden (§§ 66 Abs. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO) und damit insgesamt zulässig.

In der Sache hat die Berufung Erfolg. Für das Klagebegehren des Klägers fehlt eine Rechtsgrundlage.

Als allein mögliche Anspruchsgrundlage für das Zahlungsverlangen des Klägers kommt § 18 des Tarifvertrages über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe (VTV) vom 20. Dezember 1999 in der für das Kalenderjahr 2004 maßgeblichen Fassung ebenso wenig in Betracht wie für das Auskunftsverlangen § 21 VTV. Denn die in diesen tarifvertraglichen Vorschriften normierten Pflichten treffen den Beklagten für den Klagezeitraum nicht, weil der VTV für ihn nicht galt. Der Beklagte unterhielt nämlich im Klagezeitraum keinen Betrieb, der unter den betrieblichen Geltungsbereich des VTV fiel.

Nach § 1 Abs. 2 VTV fallen unter den betrieblichen Geltungsbereich dieses Tarifvertrages diejenigen Betriebe, in denen überwiegend entweder die in § 1 Abs. 2 Abschnitt V genannten Beispielstätigkeiten ausgeführt werden oder aber Leistungen im Sinne der Bestimmungen der Abschnitte I - IV (ständige Rechtsprechung seit BAG 18. Januar 1984, AP Nr. 60 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau). Ob hiernach bauliche Leistungen überwiegend erbracht werden, bemisst sich danach, ob die überwiegende betriebliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer auf derartige bauliche Tätigkeiten entfällt. Nicht maßgeblich sind dagegen wirtschaftliche Gesichtspunkte wie Umsatz und Verdienst oder handels- oder gewerberechtliche Kriterien (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BAG 28. April 2004, AP Nr. 264 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau). Ob die überwiegende Arbeitszeit auf bauliche oder nicht bauliche Leistungen entfällt, ist nach der Arbeitszeit innerhalb eines Kalenderjahres zu beurteilen, soweit sich die Tätigkeiten des Betriebes, wie im vorliegenden Fall, über ein Kalenderjahr erstrecken (vgl. BAG 25. Juli 2001, AP Nr. 240 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau).

Nach diesen Maßstäben war der Betrieb des Beklagten im Kalenderjahr 2004 kein baugewerblicher im tariflichen Sinne. Der eigene Vortrag des Klägers rechtfertigt unter Berücksichtigung des Vorbringens des Beklagten diesen Schluss nicht.

Richtig ist, dass der Kläger seine Klage zunächst schlüssig begründet hat. Denn die von ihm als arbeitszeitlich überwiegend durchgeführt behaupteten Pflasterarbeiten und Drainierungsarbeiten sind in § 1 Abs. 2 Abschnitt V Nr. 32 bzw. Nr. 2 VTV ausdrücklich genannt. Zutreffend ist auch, dass der Kläger, der bei Auskunfts- und Beitragsklagen die Darlegungs- und Beweislast dafür trägt, dass der Betrieb des in Anspruch genommenen Arbeitgebers ein baulicher im tariflichen Sinne ist, dieser Darlegungslast grundsätzlich dann genügt, wenn er behauptet, die vorgetragenen, als baulich zu qualifizierenden Arbeiten seien zu mehr als 50% der Arbeitszeit der vom Arbeitgeber beschäftigten Arbeitnehmer durchgeführt worden (vgl. BAG 25. Juni 2005 - 9 AZR 258/03; BAG 28. April 2004, a.a.O.). Das rechtfertigt sich aus dem Umstand, dass der Kläger in der Regel keine Kenntnisse über die einzelnen, im Betrieb des beklagten Arbeitgebers angefallenen Tätigkeiten haben kann.

Im vorliegenden Fall gilt freilich anderes. Denn der Beklagte hat den zunächst schlüssigen Vortrag des Klägers substantiiert bestritten. Gegenüber dem erheblichen und ins Einzelne gehenden Sachvortrag des Beklagten ebenso konkret Stellung zu nehmen, war der Kläger hier gehalten. Dies hat er unterlassen, sodass die erheblichen Gegenbehauptungen des Beklagten gem. § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden anzusehen sind.

Im Einzelnen gilt insoweit:

Der Vortrag des Beklagten ist erheblich.

Nach dem Vortrag des Beklagten sind im Kalenderjahr 2004 insgesamt 7.073 Arbeitsstunden von Arbeitnehmern durchgeführt worden. Nach dem weiteren Vortrag des Beklagten sind von diesen Arbeitsstunden insgesamt 4.527 Stunden auf die in der Berufungsbegründung im Einzelnen angegebenen Tätigkeiten entfallen. Von diesen 4.527 Stunden sind als baulich anzusehen lediglich der Zaunbau im Mai 2004 (115,5 Stunden), weil Zaunbauarbeiten unter die allgemeine Bestimmung des § 1 Abs. 2 Abschnitt II VTV fallen, ferner das Herstellen von Ausstellungsflächen für Garten- und Landschaftsbau im Juli 2004 (420 Stunden), weil insoweit nach dem eigenen Vortrag des Beklagten Pflasterarbeiten ausgeführt worden sind und die Begradigung der Ausstellungsflächen im übrigen sonstige bauliche Leistungen im Sinne von § 1 Abs. 2 Abschnitt II VTV ist, weiter das Anlegen einer Trockenmauer im Juli 2004 (30 Arbeitsstunden), weil es sich insoweit jedenfalls um Tätigkeiten im Sinne von § 1 Abs. 2 Abschnitt II VTV handelt, sowie der Zaunbau mit 15 Stunden im September 2004.

Die übrigen 3.946,5 Arbeitsstunden, mithin 55,8% der betrieblichen Gesamtarbeitszeit von 7.073 Stunden entfielen nach dem Vortrag des Beklagten dagegen nicht auf bauliche Tätigkeiten. Grabpflegearbeiten sowie Gartenpflegearbeiten in der Form von Begrünungsarbeiten und Pflegearbeiten an bestehenden Beeten und Gehölzen, das Anlegen eines Trockenbachlaufs in der vom Beklagten im Schriftsatz vom 14. Dezember 2006 (Bl. 126 d.A.) geschilderten Art, das Anlegen von Rasenflächen, der Austausch von Mutterboden, das Einebnen von Gärten und das Vornehmen der Aussaat, Umpflanzarbeiten und Neupflanzarbeiten sowie Mäharbeiten, das Erstellen von Pflanzringen und Begrünungen sind keine baulichen Tätigkeiten, weil diese im Beispielskatalog des § 1 Abs. 2 Abschnitt V VTV nicht aufgelistet sind und die von den allgemeinen Bestimmungen der Abschnitte II und III des § 1 Abs. 2 VTV geforderte bauliche Prägung der Arbeiten fehlt.

Gegenüber dem danach erheblichen Vorbringen des Beklagten hat der Kläger lediglich in pauschaler Weise an seiner Behauptung festgehalten, dass arbeitszeitlich überwiegend Pflasterarbeiten und Drainierungsarbeiten durchgeführt worden seien. Damit ist der Kläger im vorliegenden Fall seiner prozessualen Darlegungsobliegenheit nicht nachgekommen.

Nach § 138 Abs. 2 und 3 ZPO hat sich jede Partei über die vom Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären. Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, sofern nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht. Hieraus folgt, dass die erklärungsbelastete Partei, soll ihr Vortrag beachtlich sein, auf die Behauptung ihres Prozessgegners grundsätzlich "substantiiert", d.h. mit näheren positiven Angaben, zu erwidern hat (vgl. BGH 11. Juni 1985, NJW-RR 1986, 309). Das gilt freilich nicht ausnahmslos. Voraussetzung hierfür ist, dass der erklärungsbelasteten Partei ein substantiierter Gegenvortrag möglich ist. Das ist in der Regel nicht der Fall, wenn die Partei den Geschehnissen erkennbar fern steht, sodass von ihr eine nähere Substantiierung ihres Bestreitens nicht verlangt werden kann. Dann genügt einfaches Bestreiten (vgl. BGH 11. Juni 1985, a.a.O.). Aus diesem Grund kann der Kläger, weil er in der Regel keine nähere Kenntnis über Geschehensabläufe im Betrieb des Gegners hat, grundsätzlich auch nur vermutete Tatsachen behaupten und unter Beweis stellen (vgl. BAG 28. April 2004, a.a.O.).

Auch nach diesen Grundsätzen war der Kläger freilich im vorliegenden Fall gehalten, auf den Sachvortrag des Beklagten substantiiert zu erwidern und der Tätigkeitsaufstellung des Beklagten im Einzelnen entgegenzutreten. Denn denjenigen, der vorgibt, über "Insiderkenntnisse" zu verfügen, trifft eine erhöhte Substantiierungslast, wenn der Gegner seinen Behauptungen mit einer ins Einzelne gehenden Sachdarstellung entgegentritt (vgl. BGH 17. Februar 1987, NJW-RR 1987, 754, 755; Kammerurteil vom 18. Juli 2005 - 16 Sa 937/03). So ist es hier.

Nach dem Vortrag des Klägers verfügt dieser aufgrund des Betriebsbesuchs seiner Betriebsberaterin über konkrete Kenntnisse hinsichtlich des betrieblichen Geschehens beim Beklagten im Kalenderjahr 2004 und über konkretes Wissen über die Verteilung der betrieblichen Gesamtarbeitszeit auf die einzelnen im Betrieb des Beklagten im Kalenderjahr 2004 angefallenen Tätigkeiten. Damit nimmt er für seine Zahlenangaben eine erhöhte Glaubwürdigkeit in Anspruch, behauptet er doch, dass er eben nicht nur über Vermutungen, sondern über positive Kenntnisse über das betriebliche Geschehen bei dem Beklagten verfügt. Das hat prozessuale Auswirkungen. Weil der Kläger nach seinem eigenen Vortrag über Detailkenntnisse über die Verteilung der betrieblichen Gesamtrbeitszeit auf die Bereiche "Bau" und "Nicht-Bau" im Betrieb des Beklagten besitzt, musste er in Ansehung von § 138 Abs.2 und 3 ZPO zur Aufstellung des Beklagten über die im Bereich "Gartenbau" geleisteten Arbeiten konkret Stellung zu nehmen, um die Rechtsfolgen des § 138 Abs. 3 ZPO zu vermeiden. Weil der Kläger das unterlassen hat, ist sein eigener Vortrag nämlich nicht mehr geeignet, den Schluss auf eine überwiegende bauliche Tätigkeit des Beklagten im Kalenderjahr 2004 zu rechtfertigen. Denn der Vortrag des Klägers ist in Ansehung der Einlassung des Beklagten zu unbestimmt.

Die vom Kläger erstinstanzlich vorgetragene Arbeitszeitverteilung auf die einzelnen Tätigkeiten beruhte auf einer vom Kläger zugrunde gelegten Gesamtarbeitszeit von Arbeitnehmern im Kalenderjahr 2004 von 2.117 Arbeitsstunden. Dass diese Zahl nicht zutrifft, hat der Kläger im Berufungsrechtszug selbst eingeräumt. Seine Erklärung, dies habe auf einer versehentlichen Division der tatsächlichen Stundenzahlen beruht, ist undurchsichtig, weil unklar bleibt, was versehentlich unrichtig wie dividiert sein soll. Damit erweist sich auch die auf einer unrichtigen Gesamtarbeitsstundenzahl beruhende vom Kläger vorgenommene prozentuale Aufteilung von Arbeitszeiten auf unterschiedliche Tätigkeiten als nicht nachvollziebar und kann die begehrte Rechtsfolge, nämlich die Unterworfenheit des Betriebs des Beklagten unter den VTV im Kalenderjahr 2004, nicht tragen.

Der zweitinstanzliche Vortrag des Klägers ändert daran nichts. Das zweitinstanzliche Vorbringen des Klägers beschränkt sich auf den Vortrag, unabhängig von der im Jahr 2004 tatsächlich geleisteten Gesamtarbeitszeit sei jedenfalls die erstinstanzlich gegebene prozentuale Aufteilung für die einzelnen Tätigkeiten zutreffend, und darauf, der Vortrag des Beklagten über die einzelnen Stundenleistungen und die Art der Tätigkeiten würden bestritten. Das ist unzureichend. Vielmehr war der Kläger angesichts der vorgegebenen Kenntnisse über die arbeitszeitliche Verteilung der verschiedenen Tätigkeiten im Betrieb des Beklagten im Kalenderjahr 2004 gehalten, dem Beklagtenvorbringen eine auf die einzelnen Tätigkeiten bezogene Aufstellung entgegenzusetzen. Diese musste sich, wenn schon nicht auf die aufgeführten Projekte, so doch jedenfalls auf die vom Beklagten angegebenen Arbeitsstunden erstrecken. Ohne einen solchen Vortrag bleibt nämlich angesichts der vom Kläger erstinstanzlich angegebenen Stundenzahlen weiterhin unklar, welche Stundenzahl er für baugewerbliche Arbeiten bei einer Gesamtarbeitszeit von 7.073 Arbeitsstunden zugrunde legt.

Der bloße Verweis des Klägers auf Prozentzahlen ist unergiebig. Der Vortrag, es seien zu einem bestimmten Prozentsatz der betrieblichen Gesamtarbeitszeit bestimmte Arbeiten durchgeführt worden, ist nichts anderes als die Mitteilung des Ergebnisses einer Rechenoperation, nämlich der Inbezugnahme sinnfälliger, für die Außenwelt wahrnehmbare Ereignisse (Zeitdauer bestimmter Tätigkeiten von Arbeitnehmern innerhalb eines bestimmten Zeitraums) zu rechnerisch zu ermittelnden Messgrößen (Summe der Arbeitszeiten aller Arbeitnehmer innerhalb eines bestimmten Zeitraums). Nachvollziehbar und damit überprüfbar ist eine solche Rechenoperation nur, wenn die entsprechenden Berechnungsgrundlagen und Bezugsgrößen bekannt sind (vgl. Kammerurteil vom 17. August 1992 - 16 Sa 1610/91). Der Darlegung der Berechnungsgrundlagen bedarf es jedenfalls dann, wenn der pauschale Vortrag über die prozentuale Verteilung der Gesamtarbeitszeit auf verschiedene Tätigkeiten nicht nur pauschal, sondern durch Angabe konkreter Arbeitsstunden hinsichtlich der Gesamtarbeitszeit und der einzelnen Tätigkeiten bestritten wird. Das gilt jedenfalls dann, wenn der Kläger, wie hier, sich selbst berühmt, über entsprechende Kenntnisse zu verfügen. Denn ohne konkreten Gegenvortrag bleibt in einem solchen Fall bereits unklar, ob der Kläger überhaupt andere als die von Beklagtenseite vorgetragenen Tatsachen behaupten will oder lediglich andersartig rechnet..

Der Beweisantritt des Klägers, nämlich die Benennung seiner Betriebsberaterin ändert nichts. Es ist bereits nicht erkennbar, was der Kläger insoweit unter Beweis stellen will. Denn dem klägerischen Vorbringen lässt sich nicht mehr entnehmen, als dass die benannte Zeugin zu dem Ergebnis gekommen sei, bauliche Leistungen seien vom Betrieb überwiegend erbracht worden, wobei sie fälschlich, von einer Gesamtarbeitszeit von 2.117 Arbeitsstunden, also einer gegenüber der tatsächlichen Stundenzahl zu niedrigen Gesamtarbeitszeit im Kalenderjahr 2004 ausgegangen ist. Für ein arbeitszeitliches Überwiegen baulicher Tätigkeiten besagt das nichts. Die insoweit behauptete Einsichtnahme in Ausgangsrechnungen kann über den Umfang der auf die einzelnen Arbeiten entfallenden Arbeitszeit nur etwas besagen, soweit Arbeitszeiten in den Rechnungen enthalten sind. Dass Letzteres nicht der Fall war, hat der Beklagte unwidersprochen vorgebracht.

Ohne Belang ist auch, dass der Kläger sich für seinen allgemein gehaltenen pauschalen Vortrag auf das Zeugnis der beim Beklagten beschäftigten Arbeitnehmer berufen hat. Durch die Benennung der Arbeitnehmer als Zeugen will der Kläger sich nämlich lediglich seiner prozessualen Obliegenheit entziehen, konkrete Tatsachen im Hinblick auf die arbeitszeitliche Verteilung der vom Beklagten im Kalenderjahr 2004 durchgeführten Tätigkeiten vorzutragen. Damit liefe die Beweisaufnahme auf einen unzulässigen Ausforschungsbeweis hinaus, weil durch die beabsichtigte Beweiserhebung erst die Grundlagen für substantiierte Tatsachenbehauptungen gewonnen werden sollen. Dieses Vorgehen ist nach prozessrechtlichen Grundsätzen unzulässig (vgl. BAG 20. September 1989 - 4 AZR 410/89; BAG 25. Oktober 1989, AP Nr. 125 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau).

Schließlich rechtfertigt auch die vom Kläger vorgelegte schriftlichen Angabe eines Arbeitnehmers nicht die Annahme, der unzureichende Vortrag sei richtig. Die Angaben dieses Arbeitnehmers enthalten lediglich prozentuale Schätzungen, wobei unklar bleibt, ob es sich um Schätzungen der eigenen oder der gesamtbetrieblichen Tätigkeit handelt. Das vom Kläger des Weiteren herangezogene Schreiben der Kreishandwerkerschaft ist schon deshalb unzureichend, weil es lediglich die Angaben Dritter wiedergibt und in dem Schreiben selbst ausgeführt wird, der Umfang von Pflaster- und Tiefbauarbeiten habe nicht ermittelt werden können.

Kann danach nicht davon ausgegangen werden, dass der Beklagte im Kalenderjahr 2004 einen baugewerblichen Betrieb im tariflichen Sinne unterhalten hat, schuldet er weder die verlangte Zahlung noch die begehrten Auskünfte.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, weil er unterlegen ist (§ 91 ZPO).

Eine gesetzlich begründete Veranlassung zur Zulassung der Revision war nicht ersichtlich.

Ende der Entscheidung

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