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Gericht: Hessisches Landesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 28.02.2005
Aktenzeichen: 16 Sa 1553/04
Rechtsgebiete: TVG


Vorschriften:

TVG § 1
1. Werden von einem Betrieb sowohl bauliche Leistungen (hier: Montage von Türen und Fenstern) wie auch nichtbauliche Tätigkeiten (hier: Vertrieb von Fenstern und Türen ohne Montage) durchgeführt, so ist die Arbeitszeit der kaufmännischen Angestellten, die für beide Bereiche tätig sind (hier: Werbung von Kunden und Kundenberatung) anteilig auf beide Bereiche zu verteilen.

2. Bei fehlenden konkreten Angaben über die auf beide Bereiche entfallene Arbeitszeit dieser kaufmännischen Angestellten kann der jeweilige Anteil der Arbeitszeit nach dem Verhältnis der Menge der auch montierten zur Menge der ohne Montage vertriebenen Fenster und Türen ermittelt werden.


Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 4. Mai 2004 - 1 Ca 2239/02 - wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um Zahlungsverpflichtungen des Beklagten nach den Sozialkassentarifverträgen des Baugewerbes für den Zeitraum Dezember 1997 bis Dezember 2000.

Der Kläger ist als gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes nach näherer tariflicher Maßgabe die Einzugsstelle für die Beiträge zu den Sozialkassen des Baugewerbes.

Der Beklagte unterhielt vom 01. Dezember 1985 bis 31. Dezember 2000 einen Betrieb, von dem in den Jahren 1997 bis 2000 sowohl von Drittunternehmen gefertigte Fenster und Türen in Gebäude oder sonstige Bauwerke eingebaut wie auch ohne Montage verkauft und angeliefert wurden. 1997 wurden von drei gewerblichen Arbeitnehmern 3.174,4 Arbeitsstunden, 1998 von zwei gewerblichen Arbeitnehmern 3.418,8 Arbeitsstunden, 1999 von drei gewerblichen Arbeitnehmern 3.479,6 Arbeitsstunden und 2000 von drei gewerblichen Arbeitnehmern 3.368,5 Arbeitsstunden erbracht, die auf die Montage von Fenstern und Türen entfielen. Neben diesen gewerblichen Arbeitnehmern waren in den Kalenderjahren 1997 bis 2000 als Angestellte folgende Personen zu folgenden Stundenzahlen beschäftigt:

 Name1997199819992000
G.J.745,6713,6704,0704,0
G.G.719,0694,4684,8692,0
W.S.1.725,21.694,01.760,0730,0
H.H.292,0   
E.K.1.305,01.694,01.760,01.760,0

Von diesen Mitarbeitern war Herr S. als Außendienstmitarbeiter beschäftigt und auf Baustellen im Bereich verschiedener Landkreise unterwegs. Dort betrieb er Werbung vor Ort, beriet Kunden und schloss Vorverträge auf der Grundlage von vorgelegten Bauplänen ab. Herr K. war als Büroleiter des Beklagten für die Kundenberatung in der firmeneigenen Ausstellung, für Anfragen und Maße von Bauplänen und für entsprechende Angebote zuständig. Darüber hinaus wurden von Herrn K. die laufenden Angebote erstellt, abgeschlossene Aufträge nach Aufmaß bei der Herstellerfirma bestellt und ggf. technische Probleme mit den Kunden gelöst. Eingehende Auftragsbestätigungen der Herstellerfirmen wurden von ihm auf Fehler überprüft und notfalls mit den zuständigen Mitarbeiter der Herstellerfirmen berichtigt. Liefertermine wurden überprüft und festgelegt, bei der Anlieferung der bestellten Bauelemente wurden diese von Herrn K. abgenommen und kontrolliert sowie evtl. beschädigte Teile reklamiert. Nach Abschluss der Aufträge mit Durchführung der förmlichen Bauabnahme wurde die Rechnungsstellung von Herrn K. vorbereitet. Außerdem überwachte und bearbeitete dieser die Zahlungseingänge und Ausgaben, mahnte Außenstände an und trieb Zahlungen bei.

Außerdem waren in den Jahren 1998 und 1999 Aushilfskräfte als Bauhelfer für den Beklagten tätig.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, der Beklagte habe im gesamten Klagezeitraum einen baugewerblichen Betrieb unterhalten. Arbeitszeitlich überwiegend seien in allen Kalenderjahren des Klagezeitraums im Handel bezogene, serienmäßig vorgefertigte Fenster und Türen einschließlich notwendiger Stemm- und Isolierarbeiten montiert worden. Diesen eigentlichen Montagetätigkeiten seien als bauliche Tätigkeiten auch solche im Hinblick auf Beratungs- und Verkaufsgespräche, Materialauswahl, Kundenbesuche, Transport von Baumaterial und Auslieferungsfahrten, Lagerhaltung sowie Baustellensäuberung und viele weitere Tätigkeiten zuzurechnen. Im Hinblick darauf hätten auch die Arbeitnehmer K. und S. bauliche Tätigkeiten durchgeführt, nämlich in dem Umfang, der dem Anteil der Arbeitszeit der beschäftigten gewerblichen Arbeitnehmer an der Gesamtarbeitszeit entspreche. Auch das Arbeitsamt Schweinfurt sei im Übrigen in einem Prüfbericht vom 12. Februar 2002 (Bl. 42 - 45 d.A.) zu dem Ergebnis gekommen, dass überwiegend bauliche Tätigkeiten vom Betrieb des Beklagten durchgeführt worden seien. Entsprechend schulde der Beklagte für die gewerblichen Arbeitnehmer Beiträge zu den Sozialkassen des Baugewerbes, deren Höhe sich aus den vom Arbeitsamt festgestellten Bruttolöhnen und dem tarifvertraglichen Beitragssatz errechne.

Der Kläger hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger € 33.357,21 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen. Er hat die Ansicht vertreten, in seinem Betrieb seien im Klagezeitraum nicht überwiegend baugewerbliche Tätigkeiten durchgeführt worden. Tatsächlich habe es sich bei seinem Betrieb im Klagezeitraum um einen Mischbetrieb gehandelt. Die Arbeitnehmer seien teils mit Bauleistungen (Montagearbeiten), teils mit baufremden Arbeiten (Handel und Vertrieb) beschäftigt gewesen. Ganz überwiegend seien arbeitszeitlich baufremde Leistungen erbracht worden, die im Zusammenhang mit Handel und Vertrieb angefallen seien. Von der Arbeitszeit der nicht mit Montagearbeiten befassten Arbeitnehmer seien lediglich 5% der Arbeitszeit des Arbeitnehmers K. als baulich zu bewerten.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 04. Mai 2004 der Klage stattgegeben. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 86 - 97 d.A.) Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil hat der Beklagte innerhalb der zur Niederschrift über die Berufungsverhandlung am 28. Februar 2005 festgestellten und dort ersichtlichen Fristen Berufung eingelegt.

Er meint, das Arbeitsgericht sei zu Unrecht zu dem Ergebnis gelangt, er habe im Klagezeitraum einen baugewerblichen Betrieb unterhalten. Entgegen dem Arbeitsgericht habe nämlich der auf bauliche Tätigkeiten entfallende Anteil der Arbeitszeit der Mitarbeiter S. und K. lediglich 5% ihrer Arbeitszeit betragen. Die Annahme des Arbeitsgerichts, dieser Anteil habe bei 30% gelegen, entbehre jeder Grundlage. Der primäre Geschäftszweck seines Betriebes sei während des Klagezeitraums der Bereich Handel und Vertrieb gewesen und nicht die gelegentlich durchgeführte Montage bei Fenstern und Türen. Die im Bereich Handel und Gewerbe durchgeführten Tätigkeiten seien zu einer sachgerechten Ausführung der baulichen Leistungen in Form von Montagearbeiten nicht notwendig und ständen daher auch in keinem Zusammenhang zu diesen Arbeiten. Diese fehlende Notwendigkeit ergebe sich schon daraus, dass beide im Betrieb ausgeführten Tätigkeiten völlig selbständig und getrennt voneinander ausgeführt werden könnten. So führe die Nachfolgegesellschaft keinerlei Montagearbeiten mehr durch, ohne dass dies seitdem einen negativen Einfluss auf das Betriebsergebnis gehabt habe. Das Angebot von Montagearbeiten im Klagezeitraum sei somit ein zusätzlicher Kundenservice gewesen, ohne dass dieser einen Einfluss auf den primären Geschäftszweck im Betrieb während des Klagezeitraums gehabt habe. Dass von der Arbeitszeit der Mitarbeiter S. und K. lediglich ein Anteil von 5% baulichen Tätigkeiten zuzurechnen sei ergebe sich daraus, dass der Anteil der Verwaltungsarbeiten an den Montageleistungen ausnehmend gering sei. So würden lediglich die angefallenen Montagestunden im Betrieb erfasst, die gesamte restliche Lohnbuchhaltung jedoch außer Haus durch einen Steuerberater durchgeführt. Daraus erschließe sich, dass 95% der gesamten Verwaltungstätigkeit für die gewerblichen Arbeitsleistungen außer Haus gemacht worden seien. Tatsächlich sei es so, dass beim Arbeitnehmer S.l nicht einmal 5% seiner Arbeitszeit baulichen Tätigkeiten zuzuordnen sei. Es mache beim Verkauf keinen Unterschied, ob der Verkäufer die Einheitspreise in seiner Rasterpreisliste der Rubrik "ohne" oder "mit" Montage entnehme. Ein zusätzlicher Verwaltungsaufwand sei damit nicht verbunden. Bei Herrn K. sei ein geringer Verwaltungsaufwand für baugewerbliche Tätigkeiten im Rahmen der Rechnungserstellung angefallen. Auch dies habe maximal 5% seiner gesamten jährlichen Arbeitszeit ausgemacht, zumal er, der Beklagte, sich selbst mit dem gesamten Forderungsmanagement befasst habe. Von den von dritter Seite angelieferten Fenstern würden ca. 2/3 nur verkauft und nicht auch montiert.

Der Beklagte beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils vom 04. Mai 2004 die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er trägt vor, die Arbeitnehmer S. und K. seien in jedem Jahr des Klagezeitraums zu mindestens 30% ihrer persönlichen Arbeitszeit mit Akquisitionstätigkeiten bzw. Kundenberatung, Angebotserstellung, Warenannahme und -kontrolle sowie Vorbereitung und Abwicklung der Rechnungsstellung im Zusammenhang mit den von den gewerblichen Arbeitnehmern montierten Elementen befasst gewesen. Im Übrigen sei auch die Arbeitszeit der übrigen Arbeitnehmer und Aushilfen zu mindestens 50% dem Baubereich zuzuordnen.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsrechtszug wird auf den vorgetragenen Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze sowie auf die Niederschrift über die Berufungsverhandlung am 28. Februar 2005 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gem. §§ 8 Abs. 2 ArbGG, 511 ZPO an sich statthafte Berufung begegnet hinsichtlich des Wertes des Beschwerdegegenstandes (§ 64 Abs. 2 b ArbGG) keinerlei Bedenken. Sie ist auch form- und fristgerecht eingelegt, sowie rechtzeitig und ordnungsgemäß begründet worden (§§ 66 Abs. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO) und damit insgesamt zulässig.

In der Sache hat die Berufung keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat den Beklagten zu Recht zur Zahlung von € 33.357,21 verurteilt.

Anspruchsgrundlage für das Zahlungsverlangen des Klägers ist für die Jahre 1997 bis 1999 § 24 Abs. 1 des Tarifvertrages über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe (VTV) vom 12.11.1986 in der für diese Kalenderjahre gültigen Fassung, für 2000 § 18 des Tarifvertrages über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe vom 20. Dezember 1999 (VTV 2000). Danach ist ein baugewerblicher Arbeitgeber zur Aufbringung der Mittel für die tarifvertraglich festgelegten Leistungen verpflichtet, ein Sozialkassenbeitrag in Höhe eines bestimmten Prozentsatzes der Summe der Bruttolöhne der beschäftigten gewerblichen Arbeitnehmer an den Kläger zu zahlen. Diese Verpflichtung trifft den Beklagten für den Klagezeitraum, weil der VTV bzw. VTV 2000 im Klagezeitraum für ihn galt.

Ohne Belang ist, ob der Beklagte Mitglied einer der tarifvertragschließenden Verbände der vorbezeichneten Tarifverträge war. Denn beide Tarifverträge waren in sämtlichen für den Klagezeitraum maßgeblichen Fassungen für allgemeinverbindlich erklärt, so dass ihre Rechtsnormen auch für die nicht tarifgebundenen Arbeitnehmer und Arbeitgeber galten (§§ 5 Abs. 4, 4 Abs. 2 TVG).

Der Beklagte unterhielt im gesamten Klagezeitraum auch einen Betrieb, der unter den betrieblichen Geltungsbereich des VTV bzw. VTV 2000 fiel.

Nach § 1 Abs. 2 VTV (inhaltsgleich § 1 Abs. 2 VTV 2000) fallen unter den betrieblichen Geltungsbereich dieses Tarifvertrages diejenigen Betriebe, in denen überwiegend entweder die in § 1 Abs. 2 Abschnitt V genannten Beispielstätigkeiten ausgeführt werden oder aber Leistungen im Sinne der Bestimmungen der Abschnitte I - IV (ständige Rechtsprechung seit BAG 18. Januar 1984, AP Nr. 60 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau). Ob hiernach bauliche Leistungen überwiegend erbracht werden, bemisst sich danach, ob die überwiegende betriebliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer auf derartige bauliche Tätigkeiten entfällt. Nicht maßgeblich sind dagegen wirtschaftliche Gesichtspunkte wie Umsatz und Verdienst oder handels- oder gewerberechtliche Kriterien (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BAG 28. April 2004, AP Nr. 264 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau). Ob die überwiegende Arbeitszeit auf bauliche oder nicht bauliche Leistungen entfällt, ist nach der Arbeitszeit innerhalb eines Kalenderjahres zu beurteilen, soweit sich die Tätigkeiten des Betriebes, wie im vorliegenden Fall, über ein Kalenderjahr erstrecken (vgl. BAG 22. April 1987, 12. Dezember 1988 und 25. Juli 2001, AP Nr. 82, 106 und 240 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau). Nicht zu berücksichtigen ist die Arbeitszeit des Arbeitgebers und des gesetzlichen Vertreters desselben (vgl. BAG 24. August 1994, AP Nr. 181 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau). Das folgt daraus, dass der VTV bzw. VTV 2000 grundsätzlich nur Betriebe erfasst, die Arbeitnehmer beschäftigen und tarifvertragliche Vorschriften über die Regelung von Arbeitsverhältnissen enthält. Dann ist es sachgerecht und entspricht dem von den Tarifvertragsparteien intendierten Sinnzusammenhang zwischen Tatbestand und Rechtsfolge, Arbeitszeiten des Arbeitgebers selbst oder seines gesetzlichen Vertreters außer Betracht zu lassen.

Nach diesen Maßstäben war der Betrieb des Beklagten in den Kalenderjahren 1997 bis 2000, und damit auch im Klagezeitraum, ein baulicher im tariflichen Sinne. Denn arbeitszeitlich überwiegend wurden vom Betrieb des Beklagten in jedem Kalenderjahr des Klagezeitraums von Drittunternehmen bezogene Türen und Fenster in Gebäude oder sonstige Bauwerke eingebaut.

Der Einbau von Fenstern und Türen gehört zu den baulichen Leistungen im Sinne von § 1 Abs. 2 VTV (VTV 2000). Denn derartige Tätigkeiten zählen zu den Montagebauarbeiten im Sinne von § 1 Abs. 2 Abschnitt V Nr. 37, weil Türen und Fenster nichts anderes sind als bewegliche, unter Umständen durchsichtige Teile von Wänden (vgl. Kammerurteil vom 30. Oktober 2000 - 16 Sa 759/00 - LAGE § 4 TVG Bauindustrie Nr. 5). Jedenfalls aber handelt es sich bei derartigen Tätigkeiten um eine bauliche Leistung im Sinne der allgemeinen Bestimmungen des § 1 Abs. 2 Abschnitt II (vgl. BAG 26. Januar 1994, AP Nr. 171 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau; BAG 12. Oktober 1994 - 10 AZR 982/93).

Die auf derartige Arbeitsleistungen entfallende Arbeitszeit der im Betrieb des Beklagten in den Kalenderjahren des Klagezeitraums beschäftigten gewerblichen Arbeitnehmer überwog zwar nicht. Dieser Arbeitszeit ist jedoch ein Drittel der Arbeitszeit der Arbeitnehmer S. und K. zuzurechnen.

§ 1 Abs. 2 VTV (VTV 2000) erfasst nicht nur den eigentlichen baugewerblichen Kern der in den tarifvertraglichen Bestimmungen genannten Tätigkeiten, sondern darüber hinaus auch alle Arbeiten, die als Neben- oder Hilfsarbeiten zur sach- und fachgerechten Ausübung der baulichen Tätigkeiten notwendig sind und daher nach der Verkehrssitte üblicherweise mit von Betrieben des Baugewerbes erledigt zu werden pflegen (vgl. BAG 25. Februar 1987, 28. März 1990, 24. August 1994, 13. März 1996, 11. Juni 1997, 20. März 2002, 14. Januar 2004, AP Nr. 81, 130, 181, 194, 200, 253 und 263 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau). Denn wenn die Tarifvertragsparteien in § 1 Abs. 2 Abschnitt I - III auf die bauliche Zweckbestimmung der Arbeiten abstellen, geben sie damit zu erkennen, dass zu den baulichen Leistungen eben auch solche Tätigkeiten gehören, die den baulichen Zweck unterstützen bzw. begleiten. Zu derartigen Tätigkeiten können auch kaufmännisch-verwaltungsmäßige Arbeiten gehören.

Handelt es sich um einen Mischbetrieb, also um einen solchen, der neben der Erbringung baulicher Tätigkeiten auch auf einem nicht baulichen Bereich tätig wird, müssen Neben- und Hilfstätigkeiten den verschiedenen Bereichen zugeordnet werden. Das gilt auch, soweit von einem Betrieb, wie hier, teilweise bauliche Leistungen, teilweise Handelstätigkeiten durchgeführt werden. Soweit kaufmännisch-verwaltungsmäßige Tätigkeiten für den Gesamtbetrieb durchgeführt werden, folgt dies schon daraus, dass derartige Arbeiten für verschiedene Betriebszwecke typischerweise nur unterstützende Funktion haben und damit sachlich sowohl dem einen wie dem anderen Betriebszweck zuzuordnen sind. Soweit es um Verkaufstätigkeiten von Mitarbeitern geht, ist zu beachten, dass die Veräußerung von Baumaterial und Bauelementen, das vom Betrieb selbst eingebaut wird, schon deshalb eine bauliche Tätigkeit ist, weil nach § 1 Abs. 2 Abschnitt II bauliche Tätigkeiten "mit oder ohne Lieferung von Stoffen und Bauteilen" erfolgen können. Das muss so verstanden werden, dass eben auch die Veräußerung anschließend vom Betrieb selbst verarbeiteter Materialien zu den baulichen Leistungen zählt (vgl. Kammerurteile vom 23. Juli 2001 - 16 Sa 2088/00, vom 23. März 1992 - 16 Sa 1289/91 und vom 02. November 1992 - 16 Sa 1890/91).

Lassen sich bei Mischbetrieben Tätigkeiten nicht eindeutig dem baulichen oder nicht baulichen Bereich zuordnen, sondern werden sie in beiden Bereichen gleichmäßig erbracht, so ist es sachgerecht, derartige Arbeitszeiten anteilig entsprechend dem Verhältnis der auf die baulichen und auf die nicht baulichen Leistungen entfallende Arbeitszeit zu verteilen (§ 287 ZPO), soweit sich aus dem Vortrag der Parteien nichts Abweichendes ergibt (vgl. BAG 24. August 1994, a.a.O.).

Im vorliegenden Fall ist die Arbeitszeit der Arbeitnehmer S. und K. anteilig auf bauliche und nicht bauliche Arbeiten zu verteilen. Denn ein Anteil der Gesamtarbeitszeit dieser beiden Arbeitnehmer ist eine bauliche Tätigkeit kraft Sachzusammenhangs. Um Zusammenhangstätigkeiten mit baulichen Tätigkeiten handelt es sich nämlich immer dann, wenn der mit dem Einbau von Fenstern und Türen beauftragte Betrieb dem Kunden in Verkaufsräumen die Möglichkeit bietet, die Türen und Fenster auszuwählen und sich hierbei in Verkaufsgesprächen beraten zu lassen. Die vorgeschaltete Auswahl des Materials ist in solchen Fällen üblicherweise Bestandteil der Auftragsvergabe. Die hierfür im Betrieb oder außerhalb des Betriebs aufgewendete Arbeitszeit kann dann auch nicht tariflich gesondert bewertet werden. Nichts anderes gilt, wenn die Materialauswahl nach Mustermappen o.Ä. anlässlich von Kundenbesuchen, die der Auftragsausführung vorausgehen, erfolgt (vgl. Hess. LAG 18. November 1996 - 10 Sa 341/95).

Danach ist es selbstverständlich, dass ein Anteil der Arbeitszeit der Arbeitnehmer S. und K. als bauliche Zusammenhangstätigkeit zu qualifizieren ist. Denn die von diesen Arbeitnehmern durchgeführten, im Tatbestand wiedergegebenen Arbeiten erfolgten sowohl in den Fällen, in denen Fenster und Türen nur, also ohne Montage, vertrieben wurden wie auch in den Fällen, in denen auch ein Einbau durch den Betrieb des Beklagten erfolgte.

Der auf derartige bauliche Zusammenhangstätigkeiten entfallende Anteil der Arbeitszeit dieser beiden Arbeitnehmer lag jedenfalls bei einem Drittel der Arbeitszeit dieser Arbeitnehmer.

Insoweit kann ohne weiteres zugunsten des Beklagten davon ausgegangen werden, dass es im vorliegenden Fall nicht sachgerecht wäre, die Arbeitszeit dieser beiden Arbeitnehmer entsprechend dem Verhältnis der jährlich angefallenen Montagestunden zu dem Anteil der Arbeitszeit der übrigen Arbeitnehmer (ohne Montagearbeiten) ins Verhältnis zu setzen. Denn es darf nicht außer Betracht bleiben, dass sowohl der Arbeitnehmer K. wie der Arbeitnehmer S. selbst unmittelbar auch reine Handelstätigkeiten ausgeführt haben.

Adäquat ist es demgegenüber, den als baulich zu qualifizierenden Anteil der Arbeitszeit der Arbeitnehmer S. und K. dadurch zu ermitteln, dass auf das Verhältnis der Menge der auch montierten Fenster und Türen zu der Menge der ohne Montage vertriebenen Fenster und Türen abgestellt wird. Denn die von den Arbeitnehmern K. und S. erbrachte Arbeitszeit pro Auftrag kann bei Aufträgen, die auf reinen Vertrieb gerichtet waren, nicht höher gewesen sein als bei solchen, die auch die Montage einschlossen. Im Gegenteil dürfte typischerweise der zeitliche Aufwand beim Arbeitnehmer S. höher gewesen sein, wenn es um eine Auftragsvergabe ging, die auch den Einbau einschloss, weil dabei u.a. die Daten des Einbaus abgesprochen werden mussten.

Insoweit konkrete Angaben zu machen, oblag dem Beklagten. Richtig ist zwar, dass der Kläger nach dem allgemeinen Grundsatz über die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast im Rechtsstreit hinsichtlich der Tatsachen darlegungs- und beweispflichtig ist, die die Unterworfenheit eines Betriebes unter den betrieblichen Geltungsbereich des VTV (VTV 2000) ergeben sollen. Dieser Darlegungslast hat der Kläger jedoch Genüge geleistet. Denn er hat sowie erst- wie zweitinstanzlich vorgetragen, welcher Anteil der Arbeitszeit beide Arbeitnehmer kraft Zusammenhangs als bauliche Leistungen einzuordnen sei. Dem ist der Beklagte nicht ausreichend entgegengetreten.

Nach dem auch das Prozessrecht beherrschenden Grundsatz von Treu und Glauben kann es geboten sein, den besonderen Schwierigkeiten Rechnung zu tragen, die sich daraus ergeben, dass die darlegungs- und beweisbelastete Partei außerhalb des maßgeblichen Geschehensablaufs steht und den rechtserheblichen Sachverhalt von sich aus nicht ermitteln kann, während die Gegenpartei die erforderlichen Informationen hat oder sich leicht zu beschaffen vermag (vgl. BGH 05. November 1980, NJW 1981, 577; BGH 08. Juni 1988, WM 1988, 1494).

So ist es hier. Tatsachen vorzutragen, aus denen sich ableiten lässt, welcher Anteil der Arbeitszeit der Arbeitnehmer S. und K. auf bauliche Zusammenhangstätigkeiten und welcher Anteil auf reine Handelstätigkeiten entfallen ist, war dem Beklagten als demjenigen, der seinen Betrieb organisiert hatte, ohne weiteres möglich. Derartigen Vortrag hat der Beklagte nicht gehalten. Soweit er vorgetragen hat, 5% der Arbeitszeit des Arbeitnehmers K. (und des Arbeitnehmers S.) sei den baulichen Leistungen kraft Sachzusammenhangs zuzuordnen, ist dieser Vortrag, wie das Arbeitsgericht zu Recht angenommen hat, frei gegriffen und hat keine irgendwelche tatsächliche Grundlage.

Mangels entsprechenden Vortrags des Beklagten ist es dann im Hinblick auf dessen Vorbringen, ein Drittel der von Drittunternehmen bezogenen Fenster sei montiert worden, gerechtfertigt, davon auszugehen, dass zumindest ein Drittel der Arbeitszeit der Arbeitnehmer K. und S. als baulich kraft Sachzusammenhangs zu bewerten ist. Denn alle Tätigkeiten, die diese beiden Arbeitnehmer ausübten, fielen sowohl bei Aufträgen an, die sich auf den reinen Vertrieb beschränkten wie Aufträgen, die die Montage beinhalteten. Dieser Folgerung hat denn auch der Beklagte im Berufungstermin, bei Erörterung dieser Frage, nichts entgegenzusetzen vermocht.

Dementsprechend ergibt sich für jedes Kalenderjahr des Klagezeitraums ein arbeitszeitliches Überwiegen baulicher Arbeitsleistungen gegenüber den nicht baulichen. Bewertet man ein Drittel der Arbeitszeit der Arbeitnehmer S. und K. als baulich, entfielen 1997 bei insgesamt 7.669,2 Arbeitsstunden (Rechenfehler des Beklagten im Schriftsatz vom 09. August 2003, Bl. 57 d.A.) 4.184,47 Arbeitsstunden auf bauliche Tätigkeiten (54,56%), 1998 waren es bei 8.045,4 Arbeitsstunden insgesamt 4.548,13 bauliche Arbeitsstunden (56,53%). 1999 lag die Gesamtarbeitszeit bei 7.672,4 Arbeitsstunden, baulich Arbeitsstunden machten 4.652,93 Stunden (60,66%) aus. 2000 entfielen bei einer Gesamtarbeitszeit von 7.371,3 Arbeitsstunden 4.198,77 Stunden (56,96%) auf bauliche Leistungen.

Da sich bereits bei dieser Berechnung ein Überwiegen baulicher Leistungen in jedem Kalenderjahr des Klagezeitraums ergibt, konnte es dahinstehen, ob auch in der Arbeitszeit der übrigen Angestellten ein Anteil liegt, der kraft Sachzusammenhangs den baulichen Leistungen zuzurechnen ist. Dafür spricht freilich einiges, da jedenfalls auch ein Teil der vom Beklagten im Schriftsatz vom 17. Januar 2003 (Bl. 27/28 d.A.) beschriebenen Tätigkeiten der Arbeitnehmerinnen J. und G. Hilfstätigkeiten für den Einbau von Fenstern und Türen waren. Ebenso wenig kommt es darauf an, wie die Arbeitszeiten der beschäftigten Aushilfen einzuordnen sind.

Handelt es sich damit beim Betrieb des Beklagten im gesamten Klagezeitraum um einen baulichen im tariflichen Sinne, so schuldet er dem Kläger die der Höhe nach unbestrittenen Beiträge für gewerbliche Arbeitnehmer.

Der Beklagte hat die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).

Eine gesetzlich begründete Veranlassung zur Zulassung der Revision war nicht ersichtlich.

Ende der Entscheidung

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