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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessisches Landesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 24.07.2006
Aktenzeichen: 16 Sa 2258/05
Rechtsgebiete: TVG, VTV/Bau


Vorschriften:

TVG § 1
VTV/Bau § 1 II
Ein Betrieb, von dem arbeitszeitlich überwiegend Schleifarbeiten an Böden zur Vorbereitung anschließender Parkettverlegung durch Betriebe des Parkettlegerhandwerks durchgeführt werden, ist ein baugewerblicher Betrieb im Sinne der betrieblichen Geltungsbereichsbestimmungen der Bautarifverträge.
Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 7. September 2005 - 7 Ca 3400/03 - wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um Zahlungsverpflichtungen der Beklagten nach den Sozialkassentarifverträgen des Baugewerbes für den Zeitraum Januar 1999 bis Januar 2003.

Der Kläger ist als gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes nach näherer tariflicher Maßgabe die Einzugsstelle für die Beiträge zu den Sozialkassen des Baugewerbes.

Die Beklagte unterhält seit 1999 einen Betrieb, von dem im Auftrag von Parkett-verlegeunternehmen von der Beklagten selbst und ein bis zwei Mitarbeitern mittels einer Schleifmaschine Estrichflächen aufgeraut werden, um die Verlegung von Parkett zu ermöglichen. Zur Winterbauförderung wird die Beklagte nicht herangezogen.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die Beklagte habe im Klagezeitraum einen baugewerblichen Betrieb im Sinne der Bautarifverträge unterhalten. Bei den von ihrem Betrieb ausgeübten Tätigkeiten handele es sich um Teiltätigkeiten der Estrichverlegung, jedenfalls aber um bauliche Leistungen im Sinne der Bautarifverträge. Dementsprechend sei die Beklagte verpflichtet, Sozialkassenbeiträge für gewerbliche Arbeitnehmer an ihn zu zahlen. Deren Höhe ergebe sich für den Klagezeitraum aus den Ermittlungen des Arbeitsamts über die Höhe der Bruttolöhne in Verbindung mit dem tariflichen Beitragssatz.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger € 14.112,32 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Ansicht vertreten, bei den von ihr durchgeführten Arbeiten handele es sich um notwendige Vorarbeiten zur anschließenden Verlegung von Bodenbelägen, damit um Bestandteile von Bodenverlegearbeiten und deshalb nicht um bauliche Tätigkeiten im tariflichen Sinn. In jedem Fall führe sie Teiltätigkeiten des Parkettlegerhandwerks aus, das ausdrücklich vom Geltungsbereich der Bautarifverträge ausgenommen sei. Das gelte insbesondre deshalb, weil sie nur für einen Auftraggeber in Verbindung mit dem diesem bereits erteilten Auftrag zur Parkettverlegung tätig werde. Im Übrigen sei die Allgemeinverbindlicherklärung der Bautarifverträge mangels öffentlichen Interesses unwirksam, das gelte zumal, wenn Tätigkeiten, wie die von ihr ausgeübten, unter den Geltungsbereich der Bautarifverträge fallen sollten.

Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Urteil vom 07. September 2005 stattgegeben. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 103 - 113 d.A.) Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil hat die Beklagte innerhalb der zur Niederschrift über die Berufungsverhandlung am 24. Juli 2006 festgestellten und dort ersichtlichen Fristen Berufung eingelegt.

Sie meint, das Arbeitsgericht habe bereits übersehen, dass sie die gesetzlichen Voraussetzungen für die Allgemeinverbindlicherklärung qualifiziert in Frage gestellt habe. So habe sie bereits erstinstanzlich ausgeführt, dass die vom Kläger vertretene Auslegung des Tarifvertrages dazu führe, dass erheblich mehr Arbeitgeber in den Geltungsbereich des Tarifvertrages fielen, als es beispielsweise der Fall wäre, wenn man die vom Kläger vertretene weite Auslegung nicht teile. Damit bliebe die Erfüllung der 50%-Klausel in Frage gestellt. Ferner fehle es am öffentlichen Interesse für eine Allgemeinverbindlicherklärung, weil das öffentliche Interesse über die Vorschriften über die Winterbaulage definiert werde. Zur Winterbaulage werde sie jedoch nicht herangezogen. Schließlich sei zentrales Argument zur Rechtfertigung der Allgemeinverbindlicherklärung die hohe Fluktuation der Arbeitnehmer im Baugewerbe. Bei Betrieben, wie sie einen unterhalte, könne von einer derartigen hohen Fluktuation nicht ausgegangen werden. Im Übrigen handele es sich bei den von ihr durchgeführten Arbeiten um reine Vorbereitungsarbeiten für das Parkettlegerhandwerk, zumal sie nur für einen Auftraggeber tätig sei. Es könne keinen Unterschied machen, ob ein Parkettlegerbetrieb die von ihr durchgeführten Arbeiten selbst ausführe oder ob er diese Arbeiten fremd vergebe.

Die Beklagte beantragt,

unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil und wiederholt und vertieft seine Ansicht, wonach es sich beim Betrieb der Beklagten im Klagezeitraum um einen baugewerblichen im tariflichen Sinn gehandelt habe.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsrechtszug wird auf den vorgetragenen Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze sowie auf die Niederschrift über die Berufungsverhandlung am 24. Juli 2006 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gem. §§ 8 Abs. 2 ArbGG, 511 ZPO an sich statthafte Berufung begegnet hinsichtlich des Wertes des Beschwerdegegenstandes (§ 64 Abs. 2 b ArbGG) keinerlei Bedenken. Sie ist auch form- und fristgerecht eingelegt, sowie rechtzeitig und ordnungsgemäß begründet worden (§§ 66 Abs. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO) und damit insgesamt zulässig.

In der Sache hat die Berufung keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Der Kläger kann von der Beklagten Zahlung von € 14.112,32 verlangen.

Anspruchsgrundlage für das Zahlungsverlangen des Klägers ist für das Kalenderjahr 1999 § 24 des Tarifvertrages über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe vom 12. November 1986 (VTV) in der für dieses Kalenderjahr gültigen Fassung, für die Zeit ab 01. Januar 2000 § 18 des Tarifvertrages über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe vom 20. Dezember 1999 (VTV 2000) in der jeweils gültigen Fassung.

Durch diese tarifvertraglichen Vorschriften wurden für den Klagezeitraum für die Beklagte Zahlungsverpflichtungen begründet, weil der VTV bzw. VTV 2000 für die Beklagte galt.

Die Beklagte unterhielt im gesamten Klagezeitraum einen Betrieb, der unter den betrieblichen Geltungsbereich des VTV bzw. VTV 2000 fiel.

Nach § 1 Abs. 2 VTV (inhaltsgleich § 1 Abs. 2 VTV 2000) fallen unter den betrieblichen Geltungsbereich dieses Tarifvertrages diejenigen Betriebe, in denen überwiegend entweder die in § 1 Abs. 2 Abschnitt V genannten Beispielstätigkeiten ausgeführt werden oder aber Leistungen im Sinne der Abschnitte I - IV (ständige Rechtsprechung seit BAG 18. Januar 1984, AP Nr. 60 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau). Ob hiernach bauliche Leistungen überwiegend erbracht werden, bemisst sich danach, ob die überwiegende betriebliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer auf derartige bauliche Tätigkeiten entfällt. Nicht maßgeblich sind dagegen wirtschaftliche Gesichtspunkte wie Umsatz und Verdienst oder handels- oder gewerberechtliche Kriterien (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BAG 28. April 2004, AP Nr. 264 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau). Ob die überwiegende Arbeitszeit auf bauliche oder nicht bauliche Leistungen entfällt, ist nach der Arbeitszeit innerhalb eines Kalenderjahres zu beurteilen, soweit sich die Tätigkeiten des Betriebes, wie im vorliegenden Fall, über ein Kalenderjahr erstrecken (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BAG 25. Juli 2001, AP Nr. 240 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau).

Ohne Belang ist, ob der Betrieb zur Förderung der ganzjährigen Beschäftigung in der Bauwirtschaft herangezogen wird. Die gesetzlichen Regelungen der Winterbauförderung in Verbindung mit der Baubetriebeverordnung einerseits und die Sozialkassentarifverträge des Baugewerbes andererseits legen unterschiedliche Voraussetzungen fest und verfolgen unterschiedliche Zwecke. Deshalb ist es für die Anwendbarkeit des VTV (VTV 2000) ohne Bedeutung, ob ein Betrieb auch an der Winterbauförderung teilnimmt (vgl. BAG 20. März 2002, EzA TVG § 4 Bauindustrie Nr. 114; BAG 13. Mai 2004, AP Nr. 265 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau).

Schließlich ist Bedacht darauf zu nehmen, ob der Betrieb unter eine der Ausnahmeregelungen des § 1 Abs. 2 Abschnitt VII VTV (VTV 2000) fällt.

Nach diesen Maßstäben war der Betrieb der Beklagten im gesamten Klagezeitraum ein baugewerblicher im tariflichen Sinn. Denn die vom Betrieb der Beklagten ausschließlich durchgeführten Arbeiten, nämlich das Aufrauen von Estrichböden mittels einer Schleifmaschine, gehören zu den baulichen Leistungen im Sinne der allgemeinen Bestimmung des § 1 Abs. 2 Abschnitt II VTV (VTV 2000).

Insoweit gilt:

Richtig ist, dass sich die von der Beklagten durchgeführten Arbeiten nicht unter eine der Tätigkeiten des Beispielskatalogs des § 1 Abs. 2 Abschnitt V VTV (VTV 2000) fassen lassen. Das Aufrauen von Estrichböden ist dort nicht genannt. Zu den in § 1 Abs. 2 Abschnitt V Nr. 11 VTV (VTV 2000) aufgeführten "Estricharbeiten" gehören derartige Tätigkeiten nicht. Denn zu den Arbeiten im Sinne dieser Bestimmung rechnen die Tarifvertragsparteien nur das Herstellen eines auf tragenden Untergrund oder auf einer darauf angebrachten Dämmschicht aufgebrachten Bauteils, nicht aber Arbeiten am Estrich, wie das Aufrauen desselben. Das bringen die Tarifvertragsparteien durch den Klammerzusatz in dieser Bestimmung, in dem typische Materialien für Estricharbeiten genannt sind, deutlich zum Ausdruck.

Das vom Betrieb der Beklagten ausgeführte Aufrauen des Estrichs durch Schleifarbeiten gehört auch nicht zu dem in § 1 Abs. 2 Abschnitt V Nr. 38 VTV (VTV 2000) genannten "Verlegen von Bodenbelägen", das die Tarifvertragsparteien nach dem unmissverständlichen Wortlaut dieser Bestimmung nur dann erfasst sehen wollen, wenn es "in Verbindung mit anderen baulichen Leistungen" erfolgt.

Die Beklagte verlegt keine Bodenbeläge. Damit meinen die Tarifvertragsparteien nämlich erkennbar das Aufbringen bereits vorhandener fester Körper in Form von Bahnen oder Platten (= Bodenbelag) auf einen Boden. Solche Arbeiten führt die Beklagte nicht aus.

Dem Verlegen von Bodenbelägen lässt sich die Tätigkeit der Beklagten auch nicht deshalb zuordnen, weil von § 1 Abs. 2 Abschnitt V VTV (VTV 2000) - und damit auch von § 1 Abs. 2 Abschnitt V Nr. 38 - nicht nur der eigentliche Kern der in den tarifvertraglichen Bestimmungen genannten Tätigkeiten erfasst wird, sondern darüber hinaus auch alle Arbeiten, die als Neben- oder Hilfsarbeiten zur sach- und fachgerechten Ausführung derartigen Tätigkeiten notwendig sind (vgl. BAG 25. Februar 1987, 28. März 1990, 24. August 1994, 13. März 1996, 11. Juni 1997, AP Nr. 81, 130, 181, 194 und 200 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau). Diese Zuordnung rechtfertigt sich daraus, dass es sinnwidrig wäre, Tätigkeiten, die sachlich untrennbar zusammengehören, tarifrechtlich aufzuspalten. Eine derartige Aufspaltung führte nämlich zu einer "Atomisierung" und zu einem dem erkennbaren Willen der Tarifvertragsparteien nicht entsprechenden Ergebnis. Denn wenn die Tarifvertragsparteien in § 1 Abs. 2 Abschnitt I - III VTV (VTV 2000) auf die bauliche Zweckbestimmung der Arbeiten abstellen, geben sie damit deutlich zu erkennen, dass es entscheidend darauf ankommt, ob die vom Betrieb zu erbringende Gesamtleistung baulich ist. Zu dieser Gesamtleistung gehören auch solche Tätigkeiten, die den baulichen Zweck unterstützen (Hilfsarbeiten) bzw. begleiten (Nebenarbeiten).

Insoweit kann ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass es sich bei den von der Beklagten durchgeführten Arbeiten um Hilfstätigkeiten für die Parkettverlegung handelt. Denn dadurch werden diese Tätigkeiten nicht zu solchen des § 1 Abs.2 Abschn. V Nr 38 VTV (VTV 2000). Voraussetzung für die Zuordnung von Hilfs- und Nebentätigkeiten zu solchen des § 1 Abs. 2 Abschnitt V (auch Nr. 38) VTV (VTV 2000) ist nämlich, dass vom Betrieb selbst Arbeiten im Sinn von § 1 Abs. 2 Abschnitt V VTV (VTV 2000) durchgeführt werden. Ist das nicht der Fall, so handelt es sich bei den ausgeführten Arbeiten (hier: Schleifarbeiten) bereits begrifflich nicht mehr um Hilfs- oder Nebenarbeiten für eine hauptsächlich vom Betrieb durchgeführte Tätigkeit, sondern um die oder eine Haupttätigkeit des Betriebs. Gleichzeitig fehlt es damit an jeglichem durch die arbeitstechnische Zweckrichtung des Betriebs vermittelten Zusammenhang zu Tätigkeiten im Sinn von § 1 Abs. 2 Abschnitt V VTV (VTV 2000).

Dem lässt sich im vorliegenden Fall auch nicht entgegenhalten, die vom Betrieb der Beklagten durchgeführten Schleifarbeiten seien deshalb integraler Bestandteil von Bodenverlegearbeiten, weil sie im Auftrag von Parkettlegerbetrieben durchgeführt und anschließend von diesen Betrieben Parkett und damit Bodenverlegearbeiten vorgenommen werden.

Ein solches Verständnis widerspricht der tarifvertraglichen Geltungsbereichsbestimmung des § 1 Abs. 2 VTV. § 1 Abs. 2 VTV erfasst "Betriebe". Betrieb ist eine organisatorische Einheit, innerhalb derer ein Unternehmer allein oder in Gesamtheit mit seinen Mitarbeitern mithilfe von sächlichen und immateriellen Mitteln bestimmte arbeitstechnische Zwecke fortgesetzt verfolgt, die sich nicht in der Befriedigung von Eigenbedarf erschöpfen (vgl. BAG 26. April 1989, AP Nr. 115 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau). Zwecke sind Wirkungen von Handlungen, die der Handelnde mit seinen Handlungen erstrebt. Die Handlungen, die mit Hilfe der Schleifmaschine und Arbeitnehmern vorgenommen werden soll beschränken sich darauf, aufgerauhte Böden zu schaffen. Arbeitstechnischer Zweck der von der Beklagten geschaffenen Organisationseinheit ist damit nicht das Verlegen von Parkett, sondern allein das Aufrauen von Estrichböden. Ob nach Durchführung der Arbeiten durch die Beklagte von anderen Betrieben andere arbeitstechnische Zwecke (hier: Verlegen von Parkett) verfolgt werden, ist ohne Belang. Denn für § 1 Abs.2 VTV (VTV2000) kommt es allein auf die betrieblichen Tätigkeiten des Arbeitgebers und nicht auf solche von Dritten an.

Der tarifliche Gesamtzusammenhang bestätigt dies. Würde man notwendige Vorarbeiten zu Tätigkeiten des § 1 Abs. 2 Abschnitt V VTV (VTV 2000) auch dann, wenn sie isoliert ausgeführt werden, mit zu den Arbeiten des Beispielskatalogs zählen, würde dieser uferlos ausgedehnt. In diesem Fall wäre nämlich auch z.B. ein Betrieb, dessen betriebliche Tätigkeit sich darauf beschränkt, Baumaschinen, wie Bagger, an Baustellen zu transportieren, ohne dass vom Betrieb selbst Tiefbauarbeiten durchgeführt werden, ein baulicher, weil der Antransport der Bagger notwendige Vorarbeit zur Durchführung anschließender Tiefbauarbeiten ist. Diese Konsequenz will auch das BAG, das freilich Kugelstrahlarbeiten auf Betonböden auch dann, wenn vom Betrieb selbst keine anderen Arbeiten durchgeführt werden, mit zu den Betonsanierungsarbeiten im Sinn von § 1 Abs. 2 Abschnitt V Nr. 5 VTV (VTV 2000) rechnet (vgl. BAG 14. Januar 2004 AP Nr 263 zu § 1 TVT Tarifverträge: Bau), zu Recht nicht ziehen (vgl. BAG 20. März 2002, AP Nr. 253 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau). Das Urteil der Berufungskammer vom 29. November 1993 (16 Sa 954/93) widerspricht dem schon deshalb nicht, weil in jenem Fall von dem betroffenen Betrieb Bodenbeläge verlegt worden waren

Soweit das BAG andererseits (12. Februar 2003 - 10 AZR 294/02 - NZA 2003, 879 (LS)) meint, die Merkmale der Durchführung von Abbrucharbeiten (§ 1 Abs. 2 Abschnitt V Nr. 29 VTV) könnten auch dann bei einem Betrieb erfüllt sein, wenn dieser Betrieb selbst keine Abbrucharbeiten durchführe, aber aufgrund der arbeitsteiligen Zusammenarbeit mit einem anderen Betrieb unter Zusammenfassung der Tätigkeiten beider Betriebe von Abbrucharbeiten ausgegangen werden könne, mag das für Abbrucharbeiten zutreffen. Aus den angeführten Gründen kann jedenfalls für den vorliegenden Fall nicht davon ausgegangen werden, dass sich die Tätigkeit der Beklagten unter die in § 1 Abs. 2 Abschnitt V Nr. 38 VTV (VTV 2000) genannten Bodenverlegearbeiten fassen lässt.

Bei den vom Betrieb der Beklagten durchgeführten Arbeiten handelt es sich um bauliche Leistungen im Sinne der allgemeinen Bestimmung des § 1 Abs. 2 Abschnitt II VTV (VTV 2000). Von dieser Bestimmung werden Betriebe erfasst, die nach ihrer durch die Art der betrieblichen Tätigkeit geprägten Zweckbestimmung und nach ihrer betrieblichen Einrichtung gewerblich bauliche Leistungen erbringen, die - mit oder ohne Lieferung von Stoffen oder Bauteilen - der Erstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen. Dazu zählen alle Leistungen, die irgendwie, wenn auch nur auf einem kleinem oder speziellen Gebiet, der Vollendung eines Bauwerks zu dienen bestimmt sind (vgl. BAG 05. September 1990 und 07. Juli 1999, AP Nr. 135 und 221 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau).

Dieses Merkmal erfüllen die vom Betrieb der Beklagten ausschließlich durchgeführten Schleifarbeiten. Durch diese soll nämlich die Grundlage für Erhaltungsarbeiten durch Aufbringung von Parkett gelegt werden. Damit dienen diese Arbeiten der Erstellung bzw. Instandsetzung oder Instandhaltung von Bauwerken. Auch die erforderliche bauliche Prägung ist gegeben. Schleifmaschinen in der von der Beklagten verwendeten Art werden jedenfalls auch in Betrieben des Bautenschutzes, einem Bereich des Baugewerbes, genutzt.

Der Betrieb der Beklagten ist auch nicht nach § 1 Abs. 2 Abschnitt VII Nr. 9 VTV (VTV 2000) vom betrieblichen Geltungsbereich des Tarifvertrages ausgenommen.

Nach § 1 Abs. 2 Abschnitt VII Nr. 9 VTV (VTV 2000) werden vom betrieblichen Geltungsbereich nicht erfasst "Betriebe des Parkettlegerhandwerks".

Einen solchen Betrieb unterhielt die Beklagte im Klagezeitraum nicht. Zwar handelt es sich bei den von ihr ausschließlich durchgeführten Arbeiten um solche, die auch vom Parkettlegerhandwerk durchgeführt werden. Gleichwohl kann von einem Betrieb des Parkettlegerhandwerks nicht ausgegangen werden.

Was die Tarifvertragsparteien unter "Betriebe des Parkettlegerhandwerks" verstanden wissen wollen, ist durch Auslegung der tarifvertraglichen Regelungen zu ermitteln.

Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrages folgt den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Auszugehen ist danach zunächst vom Tarifwortlaut. Zu erforschen ist der maßgebliche Sinn der Erklärung, ohne am Buchstaben zu haften. Der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und damit der von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnorm sind zu berücksichtigen, soweit diese Gesichtspunkte in der Tarifnorm ihren Niederschlag gefunden haben. Auch auf den tariflichen Gesamtzusammenhang ist abzustellen. Verbleiben noch Zweifel, können weitere Kriterien, wie Tarifgeschichte, praktische Tarifübung und Entstehungsgeschichte des jeweiligen Tarifvertrages ohne Bindung an eine bestimmte Reihenfolge berücksichtigt werden. Im Zweifel soll nach der Rechtsprechung die Tarifauslegung zu wählen sein, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Lösung führt (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BAG 19. März 2003 - 10 AZR 175/02; BAG 24. November 2004, EzA TVG § 4 Bankgewerbe Nr. 4).

Bereits aus dem Wortlaut von § 1 Abs. 2 Abschnitt VII Nr. 9 VTV (VTV 2000) folgt, dass es notwendiges Merkmal eines "Betriebs des Parkettlegerhandwerks" ist, dass arbeitszeitlich überwiegend Tätigkeiten dieses Handwerkszweiges durchgeführt werden. Ein Betrieb ist, wie bereits ausgeführt, eine arbeitstechnische Organisationseinheit. Ein Betrieb des Parkettlegerhandwerks kann daher nur vorliegen, wenn arbeitstechnische Aufgaben dieses Handwerks durchgeführt werden. Das muss arbeitszeitlich überwiegend geschehen, weil es auch für Abschnitt VII des § 1 Abs. 2 VTV (VTV 2000) auf die überwiegende Arbeitszeit ankommt (vgl. BAG 18. Mai 1994, AP Nr. 180 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau).

Dieses Merkmal erfüllte der Betrieb der Beklagten im Klagezeitraum allerdings. Denn die von ihr ausschließlich durchgeführten Arbeiten zählen zu den Tätigkeiten, die nach Berufsrecht und Berufskunde auch dem Parkettlegerhandwerk zuzurechnen sind. Die Verordnung über die Berufsausbildung zum Parkettleger vom 03. Oktober 1973 (BGBl. I 1973, S. 1471 ff.) führt bei den für die Berufsausbildung zum Parkettleger notwendigen Kenntnissen und Fertigkeiten das Vorbereiten und Prüfen des Untergrundes (§ 3 Nr. 16) auf. Die ab 01. August 2002 geltende Nachfolgeverordnung vom 17. Juni 2002 (BGBl. I, 2002, S. 1852 ff.) nennt in § 3 Nr. 11 u.a. das Herstellen von Untergründen, der Ausbildungsrahmenplan (Anlage zu § 4) unter Ziffer 11 insoweit auch das Bearbeiten von Untergründen, insbesondere durch Bürsten, Schleifen, Fräsen oder Absaugen. Die Verordnung über das Berufsbild und über die Prüfungsanforderungen im praktischen Teil und im fachtheoretischen Teil der Meisterprüfung für das Parkettlegerhandwerk vom 28. August 1974 (BGBl. I, 1974, S. 2154 ff.) ordnet dem Parkettlegerhandwerk als Kenntnisse und Fertigkeiten ebenfalls das Prüfen des Untergrundes auf Feuchtigkeit, Ebenheit und Abriebfestigkeit sowie das Vorbereiten des Untergrundes für das Verlegen zu (§ 1 Abs. 2 Nr. 15 und 16).

Die arbeitszeitlich überwiegende Durchführung von Tätigkeiten, die laut Berufsrecht und Berufskunde (auch) dem Parkettlegerhandwerk zugehören, ist zwar ein notwendige, jedoch kein hinreichendes Merkmal zur Erfüllung der Voraussetzung des § 1 Abs. 2 Abschnitt VII Nr. 9 VTV (VTV 2000).

Einer solchen Annahme widerstreitet bereits der Umstand, dass die vom Betrieb der Beklagten durchgeführten Schleifarbeiten an Estrichböden berufsrechtlich nicht nur exklusiv dem Parkettlegerhandwerk, sondern auch dem Estrichlegerhandwerk sowie dem Bodenlegergewerbe zuzurechnen sind. § 53 der Verordnung über die Berufsausbildung in der Bauwirtschaft vom 02. Juni 1999 (BGBl. 1999, S. 1102 ff.) führt bei den Fertigkeiten und Kenntnissen des Estrichlegers das Sanieren und Instandsetzen von Estrichen und Belägen auf. Dazu gehören auch Abschleifarbeiten. Die Vorgängerverordnung vom 08. Mai 1974 (zuletzt BGBl. I, 1984, S. 1599) nennt in § 19 Nr. 6 das Verlegen von Bodenbelägen, wozu, ganz selbstverständlich, auch Vorarbeiten, wie das Schleifen von Estrich zu zählen sind. In der Verordnung über die Prüfung zum anerkannten Abschluss geprüfter Bodenleger/geprüfte Bodenlegerin vom 22. September 1982 (BGBl. I, 1982, S. 1348 ff.) sind als notwendige Kenntnisse und Fertigkeiten das Prüfen, Beurteilen und Vorbereiten von Untergrundoberflächen genannt, in der ab 01. August 2002 geltende Verordnung über die Berufsausbildung zum Bodenleger/zur Bodenlegerin (BGBl. I, 2002, S. 1861 ff.) u.a. das Herstellen von Untergründen (§ 3 Nr. 11), im Ausbildungsrahmenplan (Anlage zu § 4) unter Ziffer 11 das Bearbeiten von Untergründen, insbesondere durch Bürsten, Schleifen, Fräsen und Absaugen.

Hält man sich das vor Augen, so spricht nichts dafür, dass die Tarifvertragsparteien des Baugewerbes die Merkmale des § 1 Abs. 2 Abschnitt VII Nr. 9 VTV (VTV 2000) schon dann als erfüllt ansehen wollten, wenn von einem Betrieb Teiltätigkeiten des Parkettlegerhandwerks durchgeführt werden, die auch von anderen, zudem auch von baulichen Betrieben, nämlich solchen der Estrichverlegung, üblicherweise durchgeführt zu werden pflegen.

Der erkennbare Sinn und Zweck der Ausnahmebestimmung des § 1 Abs. 2 Abschnitt VII Nr. 9 VTV (VTV 2000) bestätigt diese Sicht. Mit den Betrieben des Parkettlegerhandwerks nehmen die Tarifvertragsparteien nämlich einen Gewerbezweig aus ihrem Tarifwerk heraus, der herkömmlicherweise dem Baugewerbe, nämlich dem sog. Ausbaugewerbe zuzuordnen ist (vgl. Statistisches Bundesamt, Klassifikation der Wirtschaftszweige mit Erläuterungen, Ausg. 1993 und Ausg. 2003, jeweils Nr. 45.53.1). Wenn die Tarifvertragsparteien gleichwohl ausdrücklich für diesen Gewerbezweig auf tarifliche Regelungen verzichten, kann dies nur so verstanden werden, dass sie damit zum Ausdruck bringen wollen und zum Ausdruck gebracht haben, dass nach ihrer Vorstellung die bautariflichen Regelungen den Spezifika dieses besonderen Zweiges des Baugewerbes im Hinblick auf die Regelung von Arbeitsbedingungen nicht hinreichend gerecht werden. An den insoweit von den Tarifvertragsparteien in § 1 Abs. 2 Abschnitt VII Nr. 9 VTV (VTV 2000) vorausgesetzten Besonderheiten des Parkettlegerhandwerks fehlt es jedoch, wenn Tätigkeiten ausgeübt werden, die nach Herkommen und Üblichkeit lediglich auch dem Parkettlegerhandwerk, daneben aber (auch) einem von den Tarifvertragsparteien erkennbar erfassten beruflichen Tätigkeitsfeld, nämlich dem des Estrichlegers, zugeordnet sind.

Damit bedarf es zur Erfüllung der Voraussetzungen des § 1 Abs.2 Abschn. VII Nr.9 VTV (VTV 2000) weiterer Merkmale als dem der Tätigkeit.

Nach der Rechtsprechung des BAG handelt es sich dann, wenn von einem Betrieb Tätigkeiten ausgeübt werden, die sowohl unter § 1 Abs. 2 Abschnitt II - V VTV (VTV 2000) wie auch unter einen Tätigkeitsbereich eines von Abschnitt VII ausgenommenen Gewerbezweiges fallen, um sog. "sowohl-als-auch-Tätigkeiten". Ein Betrieb der derartige Tätigkeiten arbeitszeitlich überwiegend durchführt, soll nach der Rechtsprechung des BAG, soweit nicht Rückausnahmebestimmungen eingreifen, nur (aber auch) ein solcher eines ausgenommenen Gewerbezweiges nach Abschnitt VII sein, wenn daneben auch - und zwar in nicht unerheblichem Umfang - nämlich zu mindestens 20% der gesamten betrieblichen Arbeitszeit Arbeiten durchgeführt werden, die ausschließlich dem vom betrieblichen Geltungsbereich ausgenommenen Gewerk zuzuordnen sind, die also für dieses Gewerk typisch sind, oder die "sowohl-als-auch-Arbeiten" in nicht unerheblichem Umfang von gelernten Arbeitnehmern dieses Gewerks ausgeführt werden oder eine entsprechende Aufsicht durch einen Fachmann dieses Gewerks besteht (vgl. BAG 24. Februar 1988, 23. November 1999, AP Nr. 2 und 3 zu § 1 TVG Tarifverträge: Dachdeckerhandwerk; BAG 03. Dezember 1986 und 14. Oktober 1987, AP Nr. 73 und 87 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau; BAG 23. August 1995, AP Nr. 193 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau; BAG 24. November 2004, AP Nr. 12 zu § 62 ArbGG 1969; BAG 22. Januar 1997, AP Nr. 9 zu § 1 TVG Tarifverträge: Maler).

Nach dieser Rechtsprechung ist der Betrieb der Beklagten im Klagezeitraum kein solcher des Parkettlegerhandwerks. Ausschließlich dem Parkettlegerhandwerk zuzuordnende Tätigkeiten wurden im Klagezeitraum von der Beklagten nicht durchgeführt. Das folgt schon daraus, dass, wie gezeigt, Abschleifarbeiten der durchgeführten Art auch von Estrichlegern und Bodenlegern durchgeführt zu werden pflegen. Tatsachen, aus denen sich herleiten ließe, dass die Abschleifarbeiten durch einen Fachmann des Parkettlegerhandwerks beaufsichtigt oder zumindest 20% der betrieblichen Gesamtarbeitszeit von gelernten Parkettlegern durchgeführt worden sind, hat die Beklagte nicht vorgetragen.

Nichts anderes gilt im Ergebnis, wenn man, entsprechend der ständigen Rechtsprechung der Berufungskammer (vgl. zuletzt Kammerurteil v. 31. Oktober 2005 - 16 Sa 654/05), davon ausgeht, dass zur Erfüllung der Merkmale der Ausnahmebestimmung des § 1 Abs. 2 Abschnitt VII VTV (VTV 2000) entscheidend darauf abzustellen ist, ob wesentliche Tätigkeiten des ausgenommenen Gewerbezweiges vom Betrieb ausgeführt werden. Denn das war im Klagezeitraum nicht der Fall. Von wesentlichen Tätigkeiten eines Handwerks, hier des Parkettlegerhandwerks, kann jedenfalls dann nicht gesprochen werden, wenn es sich um Tätigkeiten handelt, die auch von anderen Gewerbezweigen ausgeführt zu werden pflegen. Das ist beim Aufrauen von Estrichböden, wie gezeigt, der Fall. Derartige Tätigkeiten werden nach Herkommen und Üblichkeit auch von Estrichlegern und Bodenlegern durchgeführt.

Unterfällt danach die Beklagte im Klagezeitraum dem betrieblichen Geltungsbereich des VTV (VTV 2000), so gilt dieser Tarifvertrag für sie. Ob die Beklagte Mitglied einer der tarifvertragschließenden Verbände war oder ist, spielt keine Rolle. Denn der VTV (VTV 2000) war in sämtlichen für den Klagezeitraum maßgeblichen Fassungen für allgemeinverbindlich erklärt, sodass seine Rechtsnormen auch für die nicht tarifgebundenen Arbeitnehmer und Arbeitgeber galten (§§ 5 Abs. 4, 4 Abs. 2 TVG).

Bedenken gegen die Wirksamkeit der Allgemeinverbindlicherklärung (AVE) bestehen nicht.

Es liegt die für eine AVE nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 TVG erforderliche Mindestzahl von Arbeitnehmern vor, die bei tarifgebundenen Arbeitgebern beschäftigt sind.

Ob die erforderliche Beschäftigtenzahl erreicht ist, haben die Gerichte für Arbeitssachen grundsätzlich von Amts wegen zu prüfen (§ 293 ZPO entsprechend), weil eine AVE nur wirksam ist, wenn die zuständige Behörde bei der AVE die durch das Gesetz gezogenen Grenzen eingehalten hat. Die allgemeine Behauptung einer Partei, die tarifgebundenen Arbeitgeber beschäftigten weniger als 50% der maßgeblichen Arbeitnehmergruppe, löst indessen noch keine Prüfungspflicht aus. Es ist regelmäßig davon auszugehen, dass der zuständige Minister die AVE nur erklärt, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Der erste Anschein spricht deshalb für die Rechtmäßigkeit der AVE. Nur bei einem Parteivortrag, der geeignet ist, erhebliche Zweifel am Vorliegen der Voraussetzungen nach § 5 Abs. 1 TVG aufkommen zu lassen, hat das Gericht die tatsächlichen Grundlagen einer AVE zu überprüfen (vgl. BAG 25. Juni 2002, AP Nr. 15 zu § 1 AEntG; BAG 28. März 1990, AP Nr. 25 zu § 5 TVG).

Das Vorbringen der Beklagten begründet keine erheblichen Zweifel. Sie macht geltend, vorhandenes Zahlenmaterial zu der Frage, ob die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nr. 1 TVG gegeben sind, sei nicht mehr maßgeblich, wenn davon ausgegangen werde, dass auch Betriebe, wie der ihrige, die Vorbereitungsarbeiten für vom betrieblichen Geltungsbereich ausgenommene Betriebe als Subunternehmer durchführten, vom Geltungsbereich des VTV (VTV 2000) erfasst würden. Dieser Vortrag gibt kerine Veranlassung zu Zweifeln daran, dass die erforderliche Mindestzahl von Arbeitnehmern bei tarifgebundenen Arbeitgebern beschäftigt wird. Erheblich wäre dieser Vortrag nämlich nur dann, wenn zwei Voraussetzungen kumulativ vorlägen. Zum einen müsste der Bundesminister im Rahmen der Prüfung der Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nr. 1 TVG davon ausgegangen sein, dass Betriebe wie der der Beklagten nicht unter den betrieblichen Geltungsbereich der Bautarifverträge fielen. Dafür fehlt es an Anhaltspunkten. Zum anderen müsste sich, wenn der Bundesminister tatsächlich davon ausgegangen sein sollte, dass Betriebe wie der der Beklagten nicht vom betrieblichen Geltungsbereich des Tarifvertrages erfasst würden, die Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer so vermindern, dass die tarifgebundenen Arbeitgeber nicht mehr mindestens 50% der unter den Geltungsbereich des Tarifvertrages fallenden Arbeitnehmer beschäftigten. Auch hierzu fehlt es an jeglichem auch nur ansatzweise durch Tatsachen gestützten Vortrag. Das Beklagtenvorbringen erschöpft sich vielmehr in einer rein spekulativen Annahme ohne jegliche erkennbare Tatsachenbasis.

Bedenken bestehen auch nicht gegen das erforderliche öffentliche Interesse an der AVE (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 TVG). Der Bundesminister hat insoweit einen außerordentlich weiten Spielraum (vgl. BVerfG 24. Mai 1977, BVerfGE 44, 322, 344; BAG 28. März 1990, a.a.O.). Dafür, dass dieser überschritten worden wäre, spricht nichts. Soweit die Beklagte insoweit darauf verweist, das erforderliche öffentliche Interesse müsse schon deshalb verneint werden, weil ihr Betrieb nicht zur gesetzlichen Winterbauförderung herangezogen wird, übersieht sie, dass, wie bereits ausgeführt, die tarifvertraglichen Regelungen des Baugewerbes und die Winterbauförderung unterschiedliche Zwecke verfolgen. Der Hinweis auf fehlende Fluktuation in ihrem Betrieb ist unergiebig, weil ein öffentliches Interesse an der Allgemeinverbindlicherklärung der Bautarifverträge nicht nur durch eine, typischerweise, hohe Fluktuation von Arbeitnehmern im Gewerbezweig des Baugewerbes begründet werden kann. Ausreichend ist ein Allgemeininteresse an einer einheitlichen Ausgestaltung der Arbeitsbedingungen im Baugewerbe.

Hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit der Regeln über die AVE bestehen im Übrigen keine Bedenken (vgl. BVerfG 15. Juli 1980, BVerfGE 55, 7 ff.).

Die Beitragsansprüche des Klägers sind schließlich auch nicht verfallen. Die 4-jährige Verfallfrist des § 31 VTV wurde gewahrt. Die Klageschrift wurde der Beklagten am 12. November 2003 zugestellt. Zahlungsforderungen für 1999 wurden nach § 29 Abs. 1 VTV jeweils am 15. des jeweiligen Folgemonats zur Zahlung fällig. Damit war für keine der Beitragsforderungen für 1999 die Verfallfrist bei Klagezustellung abgelaufen.

Der Höhe nach kann der Kläger den geforderten Betrag von € 14.112,32 verlangen. Dieser Betrag resultiert aus der Betriebsprüfung des Arbeitsamts in Verbindung mit dem tarifvertraglichen Beitragssatz. Konkrete Einwände hat die Beklagte insoweit nicht geltend gemacht. Ihr schlichtes Bestreiten reichte schon deshalb nicht aus, weil jede Partei im Rechtsstreit gehalten ist, sich über die vom Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären (§ 138 Abs. 2 ZPO). Weil die Beklagte dies unterlassen hat, gilt der klägerische Vortrag als zugestanden (§ 138 Abs. 3 ZPO).

Die Beklagte hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).

Die Zulassung der Revision beruht auf § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.

Ende der Entscheidung

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