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Gericht: Hessisches Landesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 02.02.2004
Aktenzeichen: 16 Sa 47/03
Rechtsgebiete: AEntG, SGB III, VTV/Bau


Vorschriften:

AEntG § 1
SGB III § 211
VTV/Bau § 18 Abs. 5
1. Zur Frage, wann eine bauliche Betriebsabteilung iSv § 211 SGB III gegeben ist.

2. Der in § 18 Abs. 5 VTV/Bau statuierte Ausschluss der Aufrechnung mit Erstattungsansprüchen für vom Arbeitgeber geleistete Zahlungen von Urlaubsvergütungen an seine Arbeitnehmer gegenüber Beitragsansprüchen der Urlaubs- und Lohnausgleichskasse ist rechtlich nicht zu beanstanden.


Hessisches Landesarbeitsgericht Im Namen des Volkes ! Urteil

Aktenzeichen: 16 Sa 47/03

Verkündet laut Protokoll am 02. Februar 2004

In dem Berufungsverfahren

hat das Hessische Landesarbeitsgericht Kammer 16 in Frankfurt am Main auf die mündliche Verhandlung vom 02. Februar 2004

durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Hattesen als Vorsitzenden den ehrenamtlichen Richter Herrmann und den ehrenamtlichen Richter Lachmann als Beisitzer

für Recht erkannt:

Tenor:

Das Versäumnisurteil des Landesarbeitsgerichts vom 28. Juli 2003 wird aufrechterhalten.

Die Beklagte hat auch die weiteren Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung von Urlaubskassenbeiträgen für die von ihr in der Zeit von Januar 2000 bis Juni 2001 in Deutschland beschäftigten gewerblichen Arbeitnehmer.

Der Kläger ist eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes. Er hat nach den für allgemeinverbindlich erklärten tarifvertraglichen Regelungen des Baugewerbes (Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe [BRTV/Bau]; Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe [VTVj) insbesondere die Aufgabe, die Auszahlung der tarifvertraglich vorgesehenen Urlaubsvergütung zu sichern. Zu diesem Zweck haben die den Bautarifverträgen unterfallenden Arbeitgeber monatliche Beiträge in Höhe eines bestimmten Prozentsatzes der Bruttolohnsumme der beschäftigten gewerblichen Arbeitnehmer an den Kläger zu zahlen.

Die Beklagte ist eine juristische Person polnischen Rechts mit Sitz in (Polen). In den Kalenderjahren 2000 und 2001 führte sie mit Hilfe aus Polen entsandter polnischer Arbeitnehmer auf der Grundlage von Werkverträgen als Subunternehmerin in der Bundesrepublik Deutschland Brückenbau-, Tunnelbau- und Gebäudeerrichtungsarbeiten durch. In Hanau unterhält die Beklagte ein von ihr auf dem Firmenstempel als "Betriebsstätte in Deutschland" bezeichnetes Büro. Von diesem Büro aus wird die Lohnbuchhaltung bezüglich der in Deutschland eingesetzten Arbeitnehmer bearbeitet. Ein Prokurist der Beklagten ist für die Tätigkeiten der Beklagten in Deutschland zuständig, die Verträge mit deutschen Unternehmen werden über das Büro in Hanau abgewickelt.

Der Kläger hat vorgetragen, die Beklagte sei aufgrund ihrer baugewerblichen Tätigkeit in der Bundesrepublik Deutschland zur Zahlung von Urlaubskassenbeiträge für ihre nach Deutschland entsandten und hier beschäftigten Arbeitnehmer verpflichtet. Arbeitszeitlich überwiegend seien in den Jahren 2000 und 2001 von der Beklagten, auch unter Berücksichtigung ihrer Tätigkeit in Polen, die Arbeiten durchgeführt worden, die von ihr in Deutschland erbracht worden seien. Das ergebe sich aus der Auskunft einer Wirtschaftsauskunftei. Im übrigen entspreche nur dies auch einer lebensnahen Betrachtungsweise. In jedem Fall unterhalte die Beklagte in Deutschland eine selbständige Betriebsabteilung. Von der Hanauer Betriebsstätte aus würden die Aufträge in Deutschland akquiriert und verwaltet. Entsprechend schulde die Beklagte Beiträge zu den Sozialkassen des Baugewerbes für die Monate Januar 2000 bis Juni 2001. Die Beitragsforderung berechne er anhand der tariflichen Mindestlöhne, einer durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit von 7,8 Stunden pro Arbeitstag, der sich aus den Meldungen gegenüber den Landesarbeitsämtern bzw. der Zollverwaltung ergebenden Beschäftigungsdauer entsandter Arbeitnehmer und dem tariflichen Beitragssatz. Daraus errechne sich ein Beitrag von € 75.103,59, den die Beklagte mindestens schulde.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger € 75.103,59 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Ansicht vertreten, sie schulde dem Kläger keine Beiträge, weil sie nicht verpflichtet sei, für ihre nach Deutschland entsandten Arbeitnehmer Sozialkassenbeiträge zu zahlen. Im Übrigen handele es sich bei ihr um ein Unternehmen, das nicht überwiegend baugewerblichen Tätigkeiten ausführe. Ihr Geschäftsgegenstand in Polen bestehe insbesondere in Handel, Spedition und Transport, den größten Arbeitszeitaufwand erbrächten die in Polen beschäftigten Arbeitnehmer für diese Tätigkeiten. Während in Polen zwischen 28 und 35 Arbeitnehmer für derartige Tätigkeiten eingesetzt seien, seien im Klagezeitraum nur 5 bis maximal 7 Arbeitnehmer mit Bauleistungen beschäftigt gewesen. Im übrigen sei die Forderungsberechnung des Klägers unzutreffend. Die tatsächliche Arbeitszeit der entsandten Arbeitnehmer sei, wie sich aus der Auflistung der monatlichen Arbeitsstunden (Bl 83 bis 92 d.A.) ergebe, viel niedriger gewesen. Schließlich habe sie ihren Arbeitnehmern bereits direkt das diesen zustehende Urlaubsgeld gezahlt, nämlich im März 2001 an inzwischen ausgeschiedene Arbeitnehmer jedenfalls insgesamt € 3.784,49.

Das Arbeitsgericht hat der Klage mit seinem am 13. November 2003 verkündeten Urteil in Höhe von € 24.991,50 stattgegeben und im übrigen die Klage abgewiesen. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 233 bis 252 d. A.) Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil hat die Beklagte innerhalb der zur Niederschrift über die Berufungsverhandlung am 28. Juli 2003 festgestellten und dort ersichtlichen Fristen Berufung eingelegt.

Sie meint, das Arbeitsgericht habe zu Unrecht angenommen, dass das an ihre entsandten Arbeitnehmer gezahlte Urlaubsgeld nicht mit Beitragsforderungen des Klägers verrechnet werden könne. Es sei jedenfalls treuwidrig, im vorliegenden Fall den tarifvertraglichen Verrechnungsausschluss anzuwenden. Darüberhinaus sei das Arbeitsgericht zu Unrecht davon ausgegangen, dass sie im Klagezeitraum einen baugewerblichen Betrieb unterhalten habe. Sie habe den Vortrag des Klägers erheblich bestritten und dargelegt, dass überwiegend Tätigkeiten außerhalb des Baugewerbes durchgeführt worden seien.

Nachdem der Kläger im Berufungstermin vom 28. Juli 2003 gegen die ordnungsgemäß geladene, aber nicht erschienene Beklagte ein die Berufung zurückweisendes Versäumnisurteil erwirkt und die Beklagte hiergegen innerhalb der zur Niederschrift über die Berufungsverhandlung am 02. Februar 2004 festgestellten und dort ersichtlichen Fristen Einspruch eingelegt hatte, beantragt die Beklagte das Versäumnisurteil des Landesarbeitsgerichts vom 28. Juli 2003 aufzuheben und unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts die Klage in vollem Umfang abzuweisen.

Der Beklagte beantragt,

das Versäumnisurteil des Landesarbeitsgerichts aufrechtzuerhalten.

Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil und wiederholt seien Vortrag zur überwiegenden baugewerblichen Arbeit der Beklagten und zum Vorliegen einer baulichen Betriebsabteilung.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsrechtszug wird auf den vorgetragenen Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze sowie auf die Niederschriften über die Berufungsverhandlung am 28. Juli 2003 und 02. Februar 2004 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gem. §§ 8 Abs. 2 ArbGG, 511 ZPO an sich statthafte Berufung begegnet hinsichtlich des Wertes des Beschwerdegegenstandes (§ 64 Abs. 2 b ArbGG) keinerlei Bedenken. Sie ist auch form- und fristgerecht eingelegt, sowie rechtzeitig und ordnungsgemäß begründet worden (§§ 66 Abs. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO) und damit insgesamt zulässig.

In der Sache hat die Berufung keinen Erfolg, so dass das die Berufung zurückweisende Versäumnisurteil vom 28. Juli 2003 aufrechtzuerhalten ist, weil es inhaltlich richtig ist (§§ 539 Abs. 3, 343 S. 1 ZPO). Der Kläger kann von der Beklagten Zahlung von € 24.991,50 verlangen.

Anspruchsgrundlage für das Zahlungsbegehren des Klägers ist § 1 Abs. 3 S. 2 AEntG i.V.m. § 8 Ziff. 15.1 BRTV/Bau und § 18 N/TV (in der ab 01.01.2000 geltenden Fassung).

Nach § 1 Abs. 3 S. 2 AEntG ist ein Arbeitgeber im Sinne des Abs. 1 S. 1 verpflichtet, einer gemeinsamen Einrichtung der Tarifvertragsparteien die ihr nach S. 1 zustehenden Beiträge - das sind im Zusammenhang mit der Gewährung von tariflichen Urlaubsansprüchen durch allgemeinverbindlich erklärte Tarifverträge einer gemeinsamen Einrichtung zustehende Beiträge - zu leisten. Diese Regelung ist, wie das Arbeitsgericht zu Recht ausgeführt hat, geltendes Recht und trifft die Beklagte.

§ 1 Abs. 3 S. 1 AEntG regelt nichts anderes als eine Erstreckung von tariflichen Normen, die aufgrund Allgemeinverbindlichkeitserklärung (AVE) - und damit kraft Tarifrechts - für inländische Arbeitgeber und Arbeitnehmer gelten, auf einen Arbeitgeber mit Sitz im Ausland und seine im räumlichen Geltungsbereich des Tarifvertrages beschäftigten Arbeitnehmer. Diese Erstreckung erfolgt nicht etwa durch den entsprechenden Tarifvertrag, sondern unmittelbar durch das Gesetz selbst.

Für die damit gesetzlich normierte Erstreckung bestimmter tarifvertraglicher Vorschriften auf Arbeitgeber mit Sitz im Ausland und ihre in Deutschland beschäftigten Arbeitnehmer spielt es auch keine Rolle, ob für die Arbeitsverhältnisse deutsches oder ausländisches Recht gilt. Deshalb ist es unerheblich, dass für die Arbeitsverhältnisse zwischen der Beklagten und ihren nach Deutschland entsandten Arbeitnehmern nicht deutsches, sondern polnisches Recht gilt. Denn deutsche Vorschriften sind, unabhängig vom Arbeitsvertragsstatut, stets dann auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden, wenn Bestimmungen des deutschen Rechts betroffen sind, die ohne Rücksicht auf das auf den Vertrag anzuwendende Recht den Sachverhalt zwingend regeln (Art. 34 EGBGB). Um eine solche international zwingende Bestimmung handelt es sich bei § 1 Abs. 1 und 3 AEntG (vgl. BAG 25.06.2002 - 9 AZR 405/00 - AP Nr. 12 zu § 1 AEntG; BAG 25.06.2002 - 322/01 - NZA 2003, 519; BAG 25.06.2002 - 9 AZR 439/01 - AP Nr. 15 zu § 1 AEntG; BAG 25.06.2002 - 9 AZR DB 2003,2287; BAG 9 AZR 406/00; 9 AZR 106/01; 9 AZR 264/01; 9 AZR 440/01).

Die durch das Gesetz mit international zwingender Wirkung erfolgte Erstreckung für allgemeinverbindlich erklärter Tarifverträge des Baugewerbes auf Arbeitgeber mit Sitz im Ausland und ihre in die Bundesrepublik Deutschland entsandten Arbeitnehmer wird im vorliegenden Fall auch nicht durch § 285 Abs. 2 SGB III iVm § 3 der Anwerbestoppausnahmeverordnung vom 17.09.1998 (BGBl I S. 2893) verdrängt. Der Regelungsgehalt dieser Bestimmung und der des § 1 AEntG sind nicht vergleichbar (vgl. BAG 25.06. 2002 aaO).

Die gesetzliche Regelung des § 1 AEntG verstößt auch nicht gegen höherrangiges Recht.

Unerheblich ist im vorliegenden Fall, ob § 1 Abs. 1 und 3 AEntG gegen Bestimmungen des EG-Vertrages verstoßen. Bei der Beklagten handelt es sich um ein polnisches Unternehmer, Polen ist (noch) nicht Mitglied der EG, so dass die europarechtliche Bestimmungen der Art.49, 50 EG, die die Dienstleistungsfreiheit regeln, für die Beklagte nicht gelten. Selbst wenn die in § 1 Abs. 3 AEntG geregelt Beitragspflicht ausländischer Unternehmen zum Urlaubskassenverfahren mit europarechtlichen Bestimmungen unvereinbar sein sollten (dafür: Kammerurteile v. 24.03.2003 - 16 Sa 497/00 u. 874/02), führt dies nämlich nicht zur Nichtigkeit der gesetzlichen Regelungen, sondern lediglich dazu, dass diese Bestimmungen vom Gemeinschaftsrecht verdrängt werden und damit, soweit das Gemeinschaftsrecht gilt, nicht mehr angewendet werden dürfen. Der EG Vertrag gilt jedoch (noch) nicht im Verhältnis zu Polen.

Nichts anderes gilt für die EG Entsenderichtlinie (Richtlinie 96/71/EG vom 16.12.1996). Denn auch diese findet nur für Unternehmen mit einem Sitz in einem Mitgliedsstaat Anwendung.

Die in § 1 Abs. 3 S. 1 AEntG statuierte gesetzlich zwingende Wirkung bestimmter für allgemeinverbindlich erklärter Tarifverträge auch für ausländische Arbeitgeber und ihre im räumlichen Geltungsbereich des entsprechenden Tarifvertrages beschäftigten Arbeitnehmer verstößt, entgegen der Ansicht der Beklagten, auch nicht gegen Bestimmungen des Europaabkommens zur Gründung einer Assoziation zwischen den europäischen Gemeinschaften sowie ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Polen andererseits vom 16.12. 1991 (Abl. EG 1993 L 348/1 ff). Bestimmungen in Beitragsabkommen gewähren nur dann unmittelbare Rechte, wenn ihre Durchführung nicht vom Erlass weiterer Akte abhängt (vgl. EuGH 29.01.2002 NZA 2002, 377) Umsetzungsakte hinsichtlich der im Assoziationsabkommen enthaltenen Regelungen über den Dienstleistungsverkehr (Art. 55) und die Freizügigkeit der Arbeitnehmer (Art. 42) sind bislang nicht getroffenen worden. Auch aus anderen Bestimmungen des Assoziationsabkommens läßt sich ein Verstoß des AEntG gegen dieses Abkommen nicht herleiten (vgl. BAG 25.06.2002 aaO.).

Die gesetzliche Regelung des § 1 Abs. 1 und 3 AEntG verstößt auch nicht gegen deutsches Verfassungsrecht. Denn es ist weder ein Verstoß gegen Art. 3 noch Art. 9 Abs. 3 GG gegeben. Das hat das BAG in seinen vorzitierten Entscheidungen im einzelnen ausgeführt. Darauf wird, zur Vermeidung bloßer Wiederholungen, verwiesen. Die Berufungskammer vertritt diese Ansicht seit jeher und hat diese auch in Kenntnis der Rechtsprechung des BAG mehrfach ausdrücklich bestätigt (vgl. zB. Kammerurteil v. 11.08.2003 - 16 Sa 580/00), Neue, bislang nicht behandelte Argumente hat die Beklagte nicht vorgebracht.

Die Voraussetzungen des § 1 Abs. 3 S. 2 AEntG sind in Bezug auf das Verhältnis zwischen den Parteien im vorliegenden Fall gegeben.

Die Beklagte ist Arbeitgeber i. S. von § 1 Abs. 1 S. 1 AEntG (in der bis zum 31.12.2003 gültigen, hier maßgeblichen Fassung), weil sie Vertragspartner von Arbeitnehmern ist, die im räumlichen Geltungsbereich eines für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrages des Bauhaupt- und Baunebengewerbes i. S. der §§ 1 und 2 Baubetriebe VO, nämlich des BRTV/Bau, von ihr beschäftigt werden.

Der BRTV/Bau ist ein Tarifvertrag des Bauhaupt- und Baunebengewerbes i. S. der §§ 1, 2 Baubetriebe VO. Denn sein betrieblicher Geltungsbereich erstreckt sich auf eben die Betriebe, die in den §§ 1, 2 Baubetriebe VO genannt sind (§ 1 Abs. 2 BRTV/Bau). Dieser Tarifvertrag ist seit jeher und auch im Klagezeitraum für allgemeinverbindlich erklärt worden.

Bedenken gegen die Wirksamkeit der AVE bestehen nicht. Erheblichen Tatsachenvortrag, der Zweifel am Vorliegen der Voraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 1 TVG aufkommen lassen könnte, hat die Beklagte nicht gehalten. Nach der Rechtsprechung des BVerfG ist das Veröffentlichungsverfahren mit Art.20 Abs. 3 GG vereinbar (vgl. BVerfG 10.09.1991 AP Nr. 27 zu § 5 TVG).

Die Beklagte unterhielt im Klagezeitraum einen Betrieb, von dem überwiegend Bauleistungen i. S. des § 211 Abs. 1 SGB III erbracht wurden.

Nach § 211 Abs. 1 S. 2 SGB III sind Bauleistungen alle Leistungen, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen. Dazu gehören auch Brückenbau-, Tunnelbauarbeiten sowie Arbeiten zur Errichtung von Gebäuden, weil derartige Arbeiten durchweg dazu bestimmt sind, ein. Gebäude oder sonstiges Bauwerk (Brücke, Tunnel) zu erstellen.

Die Beklagte unterhielt im Klagezeitraum auch einen Betrieb, von dem überwiegend Bauleistungen durchgeführt werden. Insoweit gilt für § 211 Abs. 1 SGB III nichts anderes als für die Frage der Unterworfenheit unter den Geltungsbereich der Bautarifverträge (vgl. BSG 09.12.1997, AP Nr. 205 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau). Es kommt darauf an, ob die überwiegende Arbeitszeit der Arbeitnehmer auf bauliche Tätigkeiten entfällt (ständige Rechtsprechung, vgl. z. B. BAG 24.08.1994, AP Nr. 181 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau). Das ist in Bezug auf die Beklagte der Fall.

Aus § 1 Abs. 4 AEntG (in der bis zum 31.12.2003 gültigen Fassung) folgt dies freilich nicht. Nach dieser Bestimmung gelten für die Zuordnung zum betrieblichen Geltungsbereich eines Tarifvertrages nach den Abs. 1, 2, 3 und 3a die vom Arbeitgeber mit Sitz im Ausland im Inland eingesetzten Arbeitnehmer in ihrer Gesamtheit als Betrieb. Nach dem unmißverständlichen Wortlaut bezieht sich diese Fiktion ausschließlich auf die tarifliche Zuordnung, nicht aber auf den Betriebsbegriff des § 1 Abs. 1 AEntG. Die Systematik der gesetzlichen Regelung bestätigt das. Der mit "wenn" eingeleitete Nebensatz des § 1 Abs. 1 AEntG ("wenn der Betrieb überwiegend Bauleistungen im Sinne des § 211 Abs. 1 SGB III erbringt") beschreibt die Voraussetzungen, die gegeben sein müssen, damit ein Arbeitgeber mit Sitz im Ausland überhaupt kraft Gesetzes an die Rechtsnormen eines derartigen Tarifvertrages gebunden sein kann. Erst wenn dies der Fall ist, wird über § 1 Abs. 4 AEntG fingiert, dass die entsandten Arbeitnehmer von den üblicherweise auf "Betriebe" einer bestimmten Branche abstellenden Geltungsbereichsnormen von Tarifverträge erfasst werden (vgl. Kammerurteile v. 14.07.2003 - 16 Sa 1956/02 u. 16 Sa 512/00).

Im vorliegenden Fall kann zugunsten der Beklagten unterstellt werden, dass sie, unter Einrechnung der Tätigkeiten in Polen, in den Kalenderjahren 2000 und 2001 einen einheitlichen Gesamtbetrieb unterhalten hatte, von dem arbeitszeitlich überwiegend andere als bauliche Leistungen durchgeführt worden waren.

Zu Recht verweist die Beklagte insoweit darauf, dass die gegenteilige Annahme des Arbeitsgerichts sich nicht daraus herleiten läßt, ihr Vortrag sei nicht ausreichend substantiiert. Denn dem ist nicht so. Handel ist keine bauliche Leistung, weil hierunter nur der Handel mit und der Vertrieb von Material an Dritte verstanden werden kann. Solches fällt nicht unter § 1 Abs. 2 VTV (vgl. Kammerurteil vom 18.10.1993 - 16 Sa 260/92). Auch Transport- und Speditionsarbeiten sind als solches keine baulichen Leistungen. Zwar können derartige Tätigkeiten kraft Sachzusammenhangs bauliche Tätigkeiten sein, nämlich dann, wenn etwa Material für eigene bauliche Leistungen an- oder abtransportiert wird. Zu Unrecht hat das Arbeitsgericht jedoch angenommen, der fehlende Vortrag der Beklagten hinsichtlich der Einzelheiten dieser Tätigkeiten wirke sich zu ihren Lasten aus.

Insoweit mag davon ausgegangen werden, dass sich der Kläger den entsprechenden Vortrag der Beklagten hilfsweise zu Eigen gemacht hat und seinen Vortrag auch darauf stützt. Darlegungs- und im Streitfall beweispflichtig für das Überwiegen baulicher Leistungen als anspruchsbegründende Tatsache für das Klagebegehren ist und bleibt aber der Kläger. Will er behaupten, bestimmte Tätigkeiten des Betriebes seien, auch wenn es sich nicht um eigentliche bauliche Tätigkeiten handelt, kraft Sachzusammenhangs den baulichen Tätigkeiten zuzuschlagen, so ist es seine Sache, die die Bewertung dieser Tätigkeiten als Zusammenhangstätigkeiten rechtfertigenden Tatsachen vorzutragen und im Streitfall zu beweisen. Das hat der Kläger im Hinblick auf Handels-, Transport- und Speditionsarbeiten hier nicht getan. Dann kann es sich auch nicht zum Nachteil der Beklagten auswirken, dass ihr Vortrag keine Tatsachen enthält, die eine Einordnung als Zusammenhangstätigkeiten zulassen oder ausschließen (vgl. BAG 22.06.1994 - 10 AZR 656/93; Kammerurteil v.26.01.2004 - 16 Sa 1857/02). Denn es ist nicht Sache der Beklagten, einen unschlüssigen Vortrag schlüssig zu machen.

Streitentscheidend kommt es hierauf freilich nicht an. Auch wenn man den Vortrag der Beklagten zur gesamtbetrieblichen Tätigkeit als richtig unterstellt, unterhielt sie in den Kalenderjahren 2000 und 2001 nämlich einen "Betrieb" iSv § 211 Abs. 1 SGB, weil die in Deutschland durchgeführten baulichen Tätigkeiten von einer (baulichen) Betriebsabteilung der Beklagten ausgeführt wurden.

"Betrieb" iSv § 211 Abs. 1 SGB III ist auch eine Betriebsabteilung. Das bestimmt ausdrücklich § 211 Abs. 1 S. 4 SGB III. Weil § 1 Abs. 1 S. 1 AEntG den gesamten Abs. 1 des § 211 SGB II in Bezug nimmt, kann das nur bedeuten, dass von § 1 Abs. 1 S. 1 AEntG auch solche Arbeitgeber mit Sitz im Ausland und ihre im räumlichen Geltungsbereich eines für allgemeinverbindlich erklärten Bautarifvertrages Anwendung finden, wenn eine Betriebsabteilung dieser Arbeitgeber überwiegend Bauleistungen erbringt (vgl. BAG 25.06.2002 - 9 AZR 322/01 NZA 2003, 519; Kammerurteile v. 14.07.2003 - 16 Sa 582/00 - und 16 Sa 1956/02; OLG Stuttgart 05.09.2002 Justiz 2003, 175; LAG Düsseldorf 14.10.2003 - 16 Sa 1589/02)). Bekräftigt wird dies dadurch, dass § 1 Abs. 1 S. 1 AEntG auch auf §§ 1, 2 der Baubetriebe VO verweist. Denn § 1 Baubetriebe VO erfasst ausdrücklich Betriebe und Betriebsabteilungen, die gewerblich überwiegend Bauleistungen erbringen. Auch der Sinn und Zweck der Inbezugnahme des § 211 Abs. 1 SGB III bestätigt dies. Die Verweisung in § 1 Abs. 1 S. 1 AEntG auf § 211 Abs. 1 SGB III verfolgt den Zweck, die Organisationseinheiten von Arbeitgebern zu beschreiben, auf die sich für allgemeinverbindlich erklärte Tarifverträge erstrecken sollen. Maßgebliche Organisationseinheit soll das sein, was es auch in § 211 Abs. 1 SGB III ist. Dort sind es der Betrieb und die Betriebsabteilung.

Die Beklagte wird durch dieses Auslegungsergebnis auch nicht verfassungswidrig gegenüber inländischen Unternehmen diskriminiert. Denn für inländische Mischbetriebe, also solche, die sowohl bauliche wie nichtbauliche Leistungen erbringen, gilt, selbst wenn die nichtbaulichen Leistungen überwiegen, nichts anderes. Wird von einem solchen Betrieb eine bauliche Betriebsabteilung unterhalten, findet § 211 Abs. 1 SGB III Anwendung.

Die von der Beklagten im Klagezeitraum in Deutschland eingesetzten und mit baulichen Tätigkeiten beschäftigten Arbeitnehmer gehörten zu einer von der Klägerin unterhaltenen (baulichen) Betriebsabteilung.

Unter "Betriebsabteilung" im Sinne von § 211 Abs. 1 S. 4 SGB III wird das verstanden, was man allgemein im arbeitsrechtlichen Sinne darunter versteht (vgl. BSG 20.01.1982 SozR 4100 § 75 Nr. 9), nämlich einen vom Gesamtbetrieb organisatorisch abgegrenzten Betriebsteil, der eine personelle Einheit aufweist und mit eigenen technischen Arbeitsmitteln einen eigenen Betriebszweck verfolgt, der auch ein Hilfszweck sein kann (vgl. z.B. BAG 08.10.1975 und 11.09.1991 AP Nr. 25 und 145 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau). Dabei ist freilich ein eigener Betriebszweck nicht zwingend erforderlich, da es möglich ist, dass ein Betrieb aus mehreren organisatorisch abgegrenzten Betriebsteilen besteht, die den gleich arbeitstechnischen Zweck verfolgen (vgl. Niesei SGB III 2. Aufl. 2002 § 171 Rz 7).

Diese Merkmale sind im Hinblick auf die von der Beklagten in den Kalenderjahren 2000 und 2001 in Deutschland durchgeführten baulichen Tätigkeiten erfüllt. Diese wurden von einer (baulichen) Betriebsabteilung der Beklagten erbracht.

Die Tätigkeiten der Beklagten in Deutschland waren räumlich von derjenigen in Polen deutlich abgegrenzt. Diese Tätigkeiten wurden auch von einer eigenen Personaleinheit, nämlich eigenem, speziell der Tätigkeit in Deutschland zuzuordnendem Personal durchgeführt, weil ein steter Arbeitnehmeraustausch bezüglich der in Polen und der in Deutschland durchgeführten Arbeiten aufgrund der räumlichen Entfernung ausgeschlossen ist. Ob die Arbeitnehmer nach ihrer Rückkehr nach Polen (wieder) dort beschäftigt wurden, ist ohne Belang. Erforderliches Merkmal einer Betriebsabteilung ist nicht der ausschließliche Einsatz bestimmter Arbeitnehmer in dieser Einheit, sondern lediglich die Möglichkeit einer Zuordnung von Arbeitnehmern zu dieser Einheit. Eine solche Zuordnung ist unproblematisch möglich, wenn diese Arbeitnehmer, wie hier, für bestimmte Zeit, von den übrigen räumlich getrennt, bestimmte, in der Arbeitseinheit anfallende Tätigkeiten ausüben. Im übrigen hat die Beklagte nach ihrem eigenen Vorbringen die Arbeitsverhältnisse mit ihren nach Deutschland entsandten Arbeitnehmern nach Aufgabe der Tätigkeiten in Deutschland beendet.

Dass für die in Deutschland durchgeführten baulichen Leistungen eigene technische Arbeitsmittel Verwendung fanden, ist selbstverständlich, weil schon die räumliche Entfernung der Arbeitnehmer von der Betriebsstätte in Polen den Einsatz von Arbeitsmitteln, die im gleichen Zeitraum auch in Polen zur Verwendung kommen, ausschließt.

Es handelte sich bei den baulichen Tätigkeiten in Deutschland auch um einen organisatorisch abgegrenzten Betriebsteil der Beklagten. Da "Organisation" nichts anderes ist als ein "Teil eines gegliederten Ganzen" (vgl. Wahrig, Deutsches Wörterbuch, Jubiläumsausgabe 1990 S. 134), bzw., betriebswirtschaftlich, eine "ordnende Gestaltung" (vgl. Schneck, Lexikon der Betriebswirtschaft, 3. Aufl. 1998 S. 541), ist zur Annahme einer Betriebsabteilung ein abgrenzbarer (personeller) Apparat erforderlich, der gerade die in der Teileinheit anstehenden arbeitstechnisch erforderlichen Maßnahmen plant, d.h. gedanklich vorwegnimmt, und damit den arbeitstechnischen Ablauf im Hinblick auf das gewünschte Ergebnis festlegt und steuert.

Es spricht bereits eine tatsächliche Vermutung für einen von der Beklagten bezüglich der von ihr in Deutschland durchgeführten baulichen Leistungen unterhaltenen, vom übrigen Betrieb abgegrenzten verselbständigten arbeitstechnischen Leitungsapparat. Denn die arbeitstechnische Abwicklung und Koordinierung von Werkverträge in Deutschland ist, nicht nur wegen der Vielzahl der zu beachtenden rechtlichen Vorgaben, sondern auch wegen der Notwendigkeit eines den jeweiligen Gegebenheiten an den Baustellen Rechnung tragenden Personaleinsatzes, ohne speziell darauf ausgerichtete übergeordnete, das heißt alle in Deutschland anfallenden Bauvorhaben erfassende planerische Tätigkeit, praktisch nicht möglich.

Das gilt umso mehr, als die Tätigkeit der Klägerin im Klagezeitraum in Polen von der arbeitstechnischen Zielsetzung her gesehen nach ihrem eigenen Vorbringen eine gänzlich andere war als die in Deutschland ausgeführte. Während in Deutschland bauliche Leistungen erbracht wurden, war und ist die Beklagte nach ihrem Vortrag in Polen mit Handels sowie Transport/Speditionsarbeiten befasst. Derartig unterschiedliche, zudem räumlich deutlich geschiedene arbeitstechnische Zwecke können regelmäßig nur sachgerecht verfolgt werden, wenn dezentrale relativ verselbständigte Leitungseinheiten vorhanden sind.

Dass die erforderliche Steuerung der in Deutschland von der Klägerin verfolgten arbeitstechnischen Zwecke, nämlich der Durchführung baulicher Leistungen, jedenfalls im Klagezeitraum von einer eigenständigen Leitungseinheit tatsächlich vorgenommen wurde, belegt zudem der Umstand, dass die Beklagte im Klagezeitraum in Deutschland ein als "Betriebsstätte in Deutschland" firmierendes Büro in Hanau unterhalten hat und unterhält. Diese Aussenstelle der Beklagten war, wie der Kläger unbestritten vorgetragen hat, hinsichtlich der in Deutschland erbrachten Tätigkeiten Ansprechpartner und Kontaktstelle für Dritte. Auch die Lohnabrechnung wurde und wird von Hanau und dem dort eingesetzten Personal durchgeführt. Zudem war und ist ein Prokurist vorhanden, der gerade für die in Deutschland durchzuführenden Arbeiten verantwortlich ist. Das kann nur so verstanden werden, dass nicht nur das insoweit eingesetzte Personal verwaltungsmäßig eigenständig betreut wurde, sondern dass darüberhinaus auch arbeitstechnische Leitungsaufgaben im Hinblick auf die Tätigkeiten der Beklagten in Deutschland über den speziell für den Deutschlandeinsatz zuständigen Prokuristen wahrgenommen wurden. Damit war eine eigene, vom übrigen Betrieb abgegrenzte Leitungsebene in Bezug auf die verfolgten arbeitstechnischen Zwecke für die Tätigkeit in Deutschland vorhanden. Das zwingt zu dem Schluss, dass die Beklagte in Deutschland eine bauliche Betriebsabteilung, jedenfalls in den Kalenderjahren 2000 und 2001, unterhielt.

Daraus, dass die Beklagte im Klagezeitraum einen Betrieb iSv § 211 Abs. 1 SGB unterhielt, folgt ihre Verpflichtung zu Leistungen von Urlaubskassenbeiträgen gegenüber dem Kläger. Denn die von der Beklagten in Deutschland arbeitszeitlich überwiegend durchgeführten Arbeiten fallen unter die Geltungsbereichsbestimmung § 1 Abs. 2 BRTV/Bau. Die durchgeführten Arbeiten dienen nämlich durchweg der Erstellung von Bauwerken (§ 1 Abs. 2 Abschn II BRTV/Bau). Durch § 1 Abs. 4 AEntG (in der bis 31.12.2003 geltenden Fassung) wird auch die Gesamtheit der in Deutschland eingesetzten Arbeitnehmer als Betrieb iSv § 1 BRTV/Bau und VTV fingiert.

Die Beklagte wird gegenüber inländischen Baubetrieben auch nicht dadurch diskriminiert, dass § 1 Abs. 2 Abschn. VI BRTV/Bau nicht allgemein eine Betriebsabteilung, sondern nur eine "selbständige" Betriebsabteilung einem Betrieb gleichstellt und damit inländische Arbeitgeber, die arbeitszeitlich andere als bauliche Leistungen erbringen, nur dann von den tarifvertraglichen Vorschriften erfasst werden, wenn sie eine selbständige baulich Betriebsabteilung unterhalten. Denn die von der Beklagten in Deutschland unterhaltene Betriebsabteilung erfüllt auch dieses zusätzliche Merkmal. Das besondere Kriterium einer "selbständigen" Betriebsabteilung ist eine deutliche räumliche und organisatorische Abgrenzung, sowie ein besonders ausgeprägter arbeitstechnischer Zweck (vgl. BAG 11.09.1991 aaO.). Diese Merkmale sind erfüllt. Belegt werden sie durch die Entfernung zwischen Polen und Deutschland, die eigenständige Leitung durch einen Prokuristen und den Umstand, dass die Beklagte außerhalb Deutschlands nach ihrem eigenen Vorbringen gänzlich andersartige Tätigkeiten durchführt.

Der Höhe nach kann der Kläger als Beitragszahlung für den Klagezeitraum nach § 18 VTV € 24.991,50 verlangen.

Die Regelungen des VTV gelten für die Beklagte ebenfalls, weil der betriebliche Geltungsbereich dieses Tarifvertrages mit dem des BRTV/Bau identisch ist und § 1 Abs. 4 AEntG Anwendung findet.

Angriffe gegen die Höhe der Beitragsforderung hat die Beklagte im Berufungsrechtszug nicht mehr gehalten. Der Hinweis der Beklagten in der Berufungsbegründung auf eine fehlerhafte Anwendung von § 3 AEntG durch das Arbeitsgericht ist daher unverständlich. Denn das Arbeitsgericht hat den eigenen Vortrag der Beklagten zu den geleisteten Arbeitsstunden zugrundegelegt und die Klage, soweit der Kläger mehr verlangt hatte, vom Kläger unangegriffen, abgewiesen.

Die übrigen Einwände der Beklagten sind unerheblich.

Soweit die Beklagte an ihre Arbeitnehmer Urlaubsgeld gezahlt, ändert dies an der Verpflichtung zur Zahlung von Urlaubskassenbeiträgen nichts.

Soweit die Beklagte entsandten Arbeitnehmern Urlaub gewährt und Urlaubsvergütung gezahlt hat, hat sie gegen den Kläger zwar einen Erstattungsanspruch (§ 13 Abs. 1 VTV). Dieser Erstattungsanspruch ist - in Höhe der erfolgten Zahlung - auch gegeben, wenn die Urlaubsvergütung, wofür die Äußerung der Beklagten in der arbeitsgerichtlichen Sitzung vom 23. Oktober 2003 Bl. 232 d.A.) spricht, nach polnischem Recht gezahlt wird. Denn Ansprüche der Arbeitnehmer nach deutschem und polnischem Recht bestehen nicht nebeneinander, sondern ergänzen sich lediglich gegenseitig (vgl. Kammerurteil v. 08.12.2003 - 16 Sa 785/03). Nach § 18 Abs. 5 VTV ist jedoch eine Aufrechnung mit Erstattungsansprüchen gegen Beitragsansprüche ausgeschlossen.

Diese Regelung ist rechtlich bedenkenfrei.

Die tariflichen Regelungen des VTV sind integraler Bestandteil der für allgemeinverbindlich erklärten tariflichen Vorschriften über die gemeinsamen Einrichtungen der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes. Ebensowenig wie die Auferlegung von Zahlungspflichten in diesen Tarifverträgen gegen Art. 12 GG verstößt (vgl. BVerfG 15.07.1980 AP Nr. 17 zu § 5 TVG), ist ein Verstoß des Aufrechnungsausschlusses des § 18 Abs. 5 VTV gegen diese Verfassungsnorm erkennbar.

Durch den tariflichen Aufrechnungsausschluss wird auch nicht gegen gesetzliche Vorschriften verstoßen. Zwar dürfen auch die Tarifvertragsparteien keine gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoßende Regelung schaffen (vgl. BAG 16.11.1965 AP Nr. 30 zu § 4 TVG Ausschlussfristen). Derartiges ist durch § 18 Abs. 5 VTV jedoch auch nicht geschehen.

Sinn der tariflichen Regelungen über die verfahrensmäßige Ausgestaltung der Urlaubsansprüche und die Einschaltung des Klägers ist die Sicherung der Auszahlung der sich aus den tariflichen Bestimmungen ergebenden Urlaubsvergütung (§ 8 Ziff. 15.1 BRTV/Bau). Gesichert wird die Auszahlung bezüglich Urlaubsvergütung für gewährten Urlaub indirekt, nämlich dadurch, dass es für den Arbeitgeber unattraktiv ist, sich seiner Zahlungspflicht gegenüber dem Arbeitnehmer zu entziehen. Denn mit dem Kläger steht eine Institution zur Verfügung, die die Beiträge einzutreiben hat und dies, wie die Erfahrung lehrt, auch unnachsichtig tut. Wirtschaftlich ist es daher ein Gebot der Vernunft für den Arbeitgeber, die Urlaubsvergütungen zu zahlen, um damit seinerseits geldwerte Erstattungsansprüche gegen den Kläger zu erwerben, die sogar, allerdings nur, soweit der Arbeitgeber am sog. Spitzenausgleichsverfahren teilzunehmen berechtigt ist, mit Beitragsansprüchen saldiert werden (§ 23 VTV).

In diese System fügt sich die Vorschrift des § 18 Abs. 5 VTV nahtlos und rechtlich bedenkenfrei ein. Zweck des tariflichen Aufrechnungsausschlusses des § 18 Abs. 5 VTV ist es, das Beitragsaufkommen zu sichern und zu vermeiden, dass dieses durch Aufrechnungen mit den tariflich geregelten Erstattungsansprüchen teilweise ausgezehrt wird (vgl. BAG 14.12.1977 AP Nr. 1 zu §4 TVG Gemeinsame Einrichtungen). Diese Sicherung ist auch für ein reibungsloses Funktionieren der gemeinsamen Einrichtung erforderlich. Durch ein Urlaubskassenverfahren wie das im Baugewerbe werden die Lasten der Freizeitgewährung und Bezahlung gleichmäßig auf die Schultern aller Arbeitgeber einer Branche verteilt. Die insofern erfolgenden kollektiven Sicherung des "Urlaubslohns" (vgl. BAG 08.10.1981 AP Nr. 2 zu § 1 TVG Tarifverträge: Maler) würde durch die Befugnis des Arbeitgebers zur Aufrechnung mit Erstattungsansprüchen konterkariert, weil er sich damit teilweise der zum Funktionieren des Systems unabdingbaren Beitragszahlungsverpflichtung entziehen könnte. Dann kann auch keine Rede davon sein, durch § 18 Abs. 5 VTV würden die allgemein geltenden Grenzen des § 242 BGB überschritten.

Ob der entsendende Arbeitgeber dann einen aufrechenbaren Erstattungsanspruch hat, wenn er an seine Arbeitnehmer wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses für die Entsendezeit nach ausländischem Recht Urlaubsabgeltung zu zahlen hatte und gezahlt hat (vgl. dazu Kammerurteil v. 08.12.2003 - 16 Sa 785/03), kann dahinstehen. Denn derartiges hat die Beklagte nicht behauptet.

Die Beklagte hat auch die weiteren Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).

Eine gesetzlich begründete Veranlassung zur Zulassung der Revision war nicht ersichtlich.

Ende der Entscheidung

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