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Gericht: Hessisches Landesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 31.10.2005
Aktenzeichen: 16 Sa 654/05
Rechtsgebiete: TVG, VTV/Bau


Vorschriften:

TVG § 1
VTV/Bau § 1 II Abschn. V Nr. 37
VTV/Bau § 1 II Abschn. VII Nr. 4
1. Ein Betrieb, von dem arbeitszeitlich überwiegend von Fremdunternehmen bezogene Fenster- und Türelemente in Bauwerken eingebaut werden, führt Trocken- und Montagebauarbeiten aus und wird daher vom betrieblichen Geltungsbereich der Bautarifverträge, erfasst.

2. Ein vom betrieblichen Geltungsbereich der Bautarifverträge ausgenommener Betrieb des Glaserhandwerks liegt nur dann vor, wenn Tätigkeiten ausgeführt werden, die als wesentliche Tätigkeiten dieses Handwerkszweiges anzusehen sind. Ob diese wesentlichen Tätigkeiten arbeitszeitlich überwiegend oder nur zu einem nicht unerheblichen Teil der Gesamtarbeitszeit ausgeführt werden müssen, bleibt offen.

3. Wesentliche Tätigkeiten des Glaserhandwerks liegen jedenfalls nicht vor, wenn derartige Tätigkeiten, wie der Einbau von Tür- und Fensterlementen, auch zum Berufsbild eines nichthandwerklichen Berufes (hier:Trockenbaumonteur) gehören.

4. Die Art der beruflichen Ausbildung von Arbeitnehmern kann zur Bestimmung der Merkmale eines vom betrieblichen Geltungsbereich der Bautarifverträge ausgenommenen Betriebes des Glaserhandwerks nicht herangezogen werden. Die abweichende Rechtsprechung des BAG (z.B.zuletzt BAG 24. November 2004 AP Nr. 12 zu § 62 ArbGG 1979) findet in den tariflichen Regelungen keine hinreichende Stütze.


Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 1. März 2005 - 8 Ca 3150/03 - teilweise abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 33.510,00 (i.W.: Dreiunddreißigtausendfünfhundertzehn Euro) zu zahlen.

D. Bekl. wird weiter verurteilt,

dem Kläger auf dem vorgeschriebenen Formular darüber Auskunft zu erteilen,

a) wieviel Arbeitnehmer, die nach den Vorschriften des Sozialgesetzbuches, Sechstes Buch (SGB VI) ,über die gesetzliche Rentenversicherung eine arbeiterrentenversicherungspflichtige Tätigkeit ausübten (gewerbliche Arbeitnehmer) in den Monaten Dezember 2001 bis Oktober 2003 in dem Betrieb d. Bekl. beschäftigt wurden, sowie in welcher Höhe die Bruttolohnsumme für diese Arbeitnehmer und die Beiträge zu den Sozialkassen der Bauwirtschaft in den jeweils genannten Monaten angefallen sind;

b) wieviel Angestellte, die eine nach den Vorschriften des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) über die gesetzliche Rentenversicherung eine versicherungspflichtige Tätigkeit ausübten - ausgenommen sind geringfügig Beschäftigte im Sinne des § 8 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IV) - in den Monaten Dezember 2001 bis Oktober 2003 in dem Betrieb d. Bekl. beschäftigt wurden und welche Zusatzversorgungsbeiträge in den jeweils genannten Monaten angefallen sind für den Fall, dass diese Verpflichtung zur Auskunftserteilung nicht innerhalb einer Frist von 6 Wochen nach Urteilszustellung erfüllt wird, an den Kläger folgende Entschädigung zu zahlen:

zu a): € 24.120,00

zu b): € 862,50

Im übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um Zahlungs- und Auskunftsverpflichtungen der Beklagten nach den Sozialkassentarifverträgen des Baugewerbes für den Zeitraum Februar 1999 bis Oktober 2003.

Der Kläger ist als gemeinsame Einrichtung der Tarifverträge des Baugewerbes nach näherer tariflicher Maßgabe die Einzugstelle für die Beiträge zu den Sozialkassen des Baugewerbes.

Die am 09. Mai 1984 ins Handelsregister eingetragene Beklagte befasste sich bis einschließlich 1998 mit der Eigenfertigung von Fenster- und Türelementen. Seit Januar 1999 stellt sie derartige Elemente nur noch in Einzelfällen her. Seit diesem Zeitpunkt besteht die betriebliche Tätigkeit zu ca. 80 % der Arbeitszeit der beschäftigten Arbeitnehmer in dem Einbau von Fenster- und Türelementen, vornehmlich in Altbauten. Diese Elemente werden von anderen Unternehmen gefertigt und an die Beklagte geliefert. Zu ca. 20 % der Arbeitszeit werden Rollläden eingebaut. In die Handwerksrolle ist die Beklagte als Metallbauer eingetragen.

Seit 1999 wurden bei der Beklagten die gewerblichen Arbeitnehmer Xxxxxx Xxxxxxx (vom 01. Februar 1999 bis 31. August 2003), Xxxx Xxxxx (vom 01. März 1999 bis 30. Juni 2000), Xxxxxx Xxxxx (vom 15. Oktober 1999 bis 31. Oktober 2003), Xxxxx Xxxxxx (vom 01. Dezember 2000 bis 31. Oktober 2003) und Xxxxx Xxxxx (vom 01. Mai 1999 bis 15. April 2000) beschäftigt. Von diesen Arbeitnehmern ist Herr Xxxxxx gelernter Glaser. Er nahm die Aufgaben eines Vorarbeiters wahr. Ebenfalls als Vorarbeiter fungierte Herr Xxxxx, der vor seiner Tätigkeit bei der Beklagten eine Schreinerlehre ohne Abschluss absolviert und mehrere Jahre in einer Glaserei und in einem Fachbetrieb für Rollläden und Kunststofffenster gearbeitet hatte.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die Beklagte habe im gesamten Klagezeitraum einen baugewerblichen Betrieb im Sinne der Bautarifverträge unterhalten, weil zu mehr als 50 % der gesamtbetrieblichen Arbeitszeit von Dritten bezogene Fenster- und Türelemente in Gebäude eingebaut worden seien. Um einen vom Geltungsbereich der Bautarifverträge ausgenommenen Glaserbetrieb handele es sich schon deshalb nicht, weil die Beklagte keine typischen Tätigkeiten des Glaserhandwerks durchführe, mit diesem Handwerkszweig auch nicht in die Handwerksrolle eingetragen sei und zudem auf dem Markt als Betrieb für Fenster- und Türmontage auftrete. Dementsprechend schulde die Beklagte zum Einen für den Zeitraum Februar 1999 bis November 2001 Sozialkassenbeiträge für gewerbliche Arbeitnehmer. Deren Höhe, nämlich für den Zeitraum Januar bis November 1999 € 11.594,-- und für den Zeitraum Dezember 1999 bis November 2001 € 21.916,00, errechne sich aus den Beschäftigungszeiten der gewerblichen Arbeitnehmer, aus den sich im Baugewerbe durchschnittlich gezahlten monatlichen Löhnen und dem tarifvertraglichen Beitragssatz. Darüber hinaus sei die Beklagte zur Zahlung von Festbeiträgen für Angestellte verpflichtet, da sie im Zeitraum von Januar 1999 bis November 2001 mindestens eine Angestellte sozialversicherungspflichtig beschäftigt habe. Daraus errechne sich eine Gesamtforderung von € 34.505,52. Darüber hinaus schulde die Beklagte die tarifvertraglich normierten Auskünfte für Arbeiter und Angestellte für den Zeitraum Dezember 2001 bis Oktober 2003, für den Fall der Nichterfüllung binnen einer Frist von sechs Wochen nach Urteilszustellung die Zahlung einer Entschädigung von 80 % der mutmaßlichen Beiträge.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen

1. an ihn € 34.505,52 zu zahlen,

2. auf dem vorgeschriebenen Formular Auskunft darüber zu erteilen,

2.1 wie viel gewerbliche Arbeitnehmer die eine nach den Vorschriften des sechsten Buches Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) versicherungspflichtige Tätigkeit ausübten, in den Monaten

Dezember 2001 bis Oktober 2003

In dem Betrieb der Beklagtenseite beschäftigt wurde, welche Bruttolohnsumme und welche Sozialkassenbeiträge insgesamt für diese Arbeitnehmer in den jeweils genannten Monaten angefallen sind,

2.2 wie viel Angestellte, die eine nach den Vorschriften des sechsen Buches Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) versicherungspflichtige Tätigkeit ausüben - ausgenommen sind geringfügige Beschäftigte im Sinne des § 8 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) - in den Monaten

Dezember 2001 bis Oktober 2003

in dem Betrieb der Beklagtenseite beschäftigt wurden und welche Zusatzversorgungsbeiträge in den jeweils genannten Monaten angefallen sind,

3. für den Fall, dass diese Verpflichtung zur Auskunftserteilung nicht innerhalb einer Frist von sechs Wochen nach Urteilszustellung erfüllt wird, an den Kläger folgende Entschädigung zu zahlen:

Zu Nr. 2.1 24.120,00 €

Zu Nr. 2.2 862,50 €.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Ansicht vertreten, bei ihrem Betrieb habe es sich um einen vom betrieblichen Geltungsbereich der Bautarifverträge ausdrücklich ausgenommenen Betrieb des Glaserhandwerks gehandelt. Das folge bereits aus der Beschäftigung des gelernten Glasers Xxxxxxx. Zudem sei auch der Arbeitnehmer Xxxxx angelernter Glaser und Schreiner. Gemeinsam habe dieser mit Herrn Xxxxxxx auch die anderen Arbeitnehmer im Glaserhandwerk angelernt. Angestellte seien nur geringfügig beschäftigt worden. Frau Xxxxx, wie ihr Arbeitsvertrag, hinsichtlich dessen Inhalts auf Bl. 288 / 289 d. A. Bezug genommen wird, vom 01. Juni 1999 bis 30. Juli 2000, Frau Xxxxx, die Ehefrau des Geschäftsführers, hinsichtlich deren Arbeitsvertrags auf Bl. 70 / 71 d. A. Bezug genommen werde, ab 01. Juni 1999 und Frau Ruck vom 01. Januar bis 30. April 1999. Im Übrigen seien im Zeitraum von Februar bis November 1999 an die gewerblichen Arbeitnehmer Löhne in Höhe von DM 121.796,18 gezahlt worden.

Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 01. März 2005 mit der Begründung abgewiesen, der Betrieb der Beklagten sei im Klagezeitraum dem Glaserhandwerk zuzurechnen, weil zu mindestens 20 % der Arbeitszeit Arbeiten durch einen Glasergesellen ausgeführt worden seien. Hinsichtlich der Einzelheiten des angefochtenen Urteils wird auf Bl. 308 - 318 d. A. Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil hat der Kläger innerhalb der zur Niederschrift über die Berufungsverhandlung am 31. Oktober 2005 festgestellten und dort ersichtlichen Fristen Berufung eingelegt.

Er trägt vor, das Arbeitsgericht sei bereits zu Unrecht davon ausgegangen, dass von der Beklagtenseite die Erfüllung der Merkmale eines Betriebes des Glaserhandwerks ausreichend dargetan worden seien. Glasertätigkeiten könnten überhaupt nur solche sein, die sich auf den Einbau von Fenstern und Fenstertüren bezogen hätten. Den Prozentsatz derartiger Arbeiten habe die Beklagte niemals angegeben. Hinzu komme, dass jedenfalls der Einbau von Türen auch zu den Tätigkeiten des Schreinerhandwerks zähle und dass bereits unklar sei, ob die Beklagte dem Glaser- oder Schreinerhandwerk zugeordnet werden könne, weil der Fenster- und Türeneinbau auch zum Schreinerhandwerk zähle, Betriebe des Schreiberhandwerks jedoch, soweit sie Trocken- und Montagebauarbeiten oder Fertigbauarbeiten durchführten, von den Bautarifverträgen erfasst würden. In jedem Fall seien weniger als 50 % der Gesamtarbeitszeit auf Tätigkeiten entfallen, die dem Glaserhandwerk zuzurechnen seien.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 01. März 2005 - 8 Ca 3150/03 - abzuändern und die Beklagte entsprechend der in der letzten mündlichen Verhandlung gestellten Anträge zu verurteilen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil, und verweist darauf, der Mitarbeiter Xxxxxxx habe als Glasergeselle zu mindestens 25 % der Gesamtarbeitszeit pro Kalenderjahr Tätigkeiten ausgeführt, die jedenfalls auch dem Glaserhandwerk zuzurechnen seien, wie das Einbauen von Fenster- und Türelementen und trägt vor, es sei in einigen Fällen, in denen Fenster- und Türelemente eingebaut worden seien, auch notwendig gewesen, die Scheiben neu zu verklotzen. Die Arbeitnehmerin Ruck sei stundenweise als Reinemachefrau beschäftigt gewesen und als geringfügig Beschäftigte entlohnt worden.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsrechtszug wird auf den vorgetragenen Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze sowie auf die Niederschrift über die Berufungsverhandlung vom 31. Oktober 2005 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß §§ 8 Abs. 2 ArbGG, 511 ZPO an sich statthafte Berufung begegnet hinsichtlich des Wertes des Beschwerdegegenstandes (§ 64 Abs. 2 b ArbGG) keinerlei Bedenken. Sie ist auch form- und fristgerecht eingelegt, sowie rechtzeitig und ordnungsgemäß begründet worden (§§ 66 Abs. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO) und damit insgesamt zulässig.

In der Sache hat die Berufung im Wesentlichen Erfolg. Der Kläger kann von der Beklagten für den Zeitraum Februar 1999 bis November 2001 die Zahlung von Sozialkassenbeiträgen für gewerbliche Arbeitnehmer in Höhe von € 33.510,-- und für den Zeitraum Dezember 2001 bis Oktober 2003 die verlangten Auskünfte fordern. Lediglich hinsichtlich der Zahlungsforderung für Angestellte (€ 995,52) ist die Klage und damit auch die Berufung nicht begründet.

Im Einzelnen gilt folgendes:

Anspruchsgrundlage für das Zahlungsverlangen des Klägers ist bezüglich der gewerblichen Arbeitnehmer für den Zeitraum Februar 1999 bis Dezember 1999 § 24 des Tarifvertrages über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe vom 12. November 1986 (VTV) in den für diese Kalenderjahre jeweils gültigen Fassungen, für die Zeit ab 01. Januar 2000 § 18 des Tarifvertrages über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe vom 20. Dezember 1999 (VTV 2000) in der jeweils gültigen Fassung. Anspruchsgrundlage für das Auskunftsverlangen ist für gewerbliche Arbeitnehmer und Angestellte § 21 VTV 2000.

Durch die vorgenannten tarifvertraglichen Vorschriften wurden für den Klagezeitraum für die Beklagte Zahlungs- bzw. Auskunftsverpflichtungen begründet, weil der VTV bzw. VTV 2000 für sie galt.

Ob die Beklagte Mitglied einer der tarifvertragschließenden Verbände war oder ist, spielt keine Rolle. Denn sowohl der VTV wie der VTV 2000 waren in sämtlichen für den Klagezeitraum maßgeblichen Fassungen für allgemeinverbindlich erklärt, so dass die Rechtsnorm dieser Tarifverträge auch für die nicht tarifgebundenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer galten (§§ 5 Abs. 4, 4 Abs. 2 TVG).

Die Beklagte unterhielt im Gesamtklagezeitraum auch einen Betrieb, der unter den betrieblichen Geltungsbereich des VTV bzw. VTV 2000 fiel.

Nach § 1 Abs. 2 VTV (inhaltsgleich § 1 Abs. 2 VTV 2000) fallen unter den betrieblichen Geltungsbereich dieses Tarifvertrages diejenigen Betriebe, in denen überwiegend entweder die in § 1 Abs. 2 Abschnitt V genannten Beispielstätigkeiten ausgeführt werden oder aber Leistungen im Sinne der Abschnitte I bis IV (ständige Rechtsprechung seit BAG 18.Januar 1984 AP Nr. 60 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau). Ob hiernach bauliche Leistungen überwiegend erbracht werden, bemisst sich danach, ob die überwiegende betriebliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer auf derartige bauliche Tätigkeiten entfällt. Nicht maßgeblich sind dagegen wirtschaftliche Gesichtspunkte wie Umsatz und Verdienst oder handels- oder gewerberechtliche Kriterien (ständige Rechtsprechung, vgl. z. B. BAG, 28.April 2004 AP Nr. 264 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau). Ob die überwiegende Arbeitszeit auf bauliche oder nichtbauliche Leistung entfällt, ist nach der Arbeitszeit eines Kalenderjahres zu beurteilen, soweit sich die Tätigkeiten des Betriebes, wie im vorliegenden Fall, über ein Kalenderjahr erstrecken (vgl. BAG, 22.April 1987, 12.Dezember 1988 und 25.Juli 2001 AP Nr. 82, 106 und 240 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau). Schließlich ist Bedacht darauf zu nehmen, ob der Betrieb unter eine der Ausnahmeregelungen des § 1 Abs. 2 Abschnitt VII VTV (VTV 2000) fällt.

Nach diesen Maßstäben war der Betrieb der Beklagten im gesamten Klagezeitraum ein Baugewerblicher im tariflichen Sinne.

Der unstreitig vom Betrieb der Beklagten in jedem Kalenderjahr des Klagezeitraums überwiegend durchgeführte Einbau, also die Montage, von Fenster- und Türelementen, die von Drittunternehmen produziert und an die Beklagte geliefert wurden, fällt unter die in § 1 Abs. 2 Abschnitt VII Nr. 37 VTV (VTV 2000) ausdrücklich genannten Trocken- und Montagebauarbeiten (vgl. BAG, 26.Januar 1994 AP Nr. 171 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau; BAG, 12.Oktober 1994 - 10 AZR 982/93; ständige Kammerrechtsprechung, vgl. zuletzt Kammerurteil vom 31.Januar 2005 - 16 Sa 1084/04). Das zeigt der Umstand, dass die Tarifvertragsparteien des Baugewerbes im Klammerzusatz dieser Norm ausdrücklich als Beispielstätigkeit den Wandeinbau nennen. Fenster und Türen sind aber nichts anderes als (meist) bewegliche und (meist) durchsichtige Teile der seitlichen Begrenzung eines Raumes oder Gebäudes, also einer Wand (vgl. Wahrig, Deutsches Wörterbuch, Jubiläumsausgabe 1990 S. 1407). Ein Weiteres bestätigt, dass die Tarifvertragsparteien den Einbau von Fenster- und Türelementen als Trockenbauarbeiten ansehen wollen. Mit dem Begriff der "Trockenbauarbeiten" greifen die Tarifvertragsparteien des Baugewerbes nämlich erkennbar auf den in der Fachsprache des Baugewerbes maßgeblichen Begriffsinhalt zurück und lassen sich vom Berufsbild des Trockenbaumonteurs, einem Beruf des Baugewerbes, leiten (vgl. BAG, 27.August 1986, 26.April 1989, 24.Oktober 2001 und 23.Oktober 2002 AP Nr. 70, 110, 245 und 255 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau). Zu den Tätigkeiten des Trockenbaumonteurs zählt der Einbau von Fenstern und Türen. Derartige Arbeiten werden im Ausbildungsrahmenplan für den Trockenbaumonteur ausdrücklich genannt (vgl. für die Zeit bis 31. Juli 1999 Anlage 13 II Nr. 1 i zu § 26 der Verordnung über die Berufsbildung in der Bauwirtschaft vom 08. Mai 1974, zuletzt BGBl. I 1984 S. 1599, ab 01. August 1999 Anlage 12 zu § 64 Nr. 8 c der Verordnung über die Berufsausbildung der Bauwirtschaft vom 02. Juni 1999, BGBl. I 1999 S. 1102).

Ob daneben auch § 1 Abs. 2 Abschnitt V Nr. 13 (Fertigbauarbeiten) einschlägig ist, wovon das BAG unter Umständen ausgeht (vgl. BAG 26.Januar 1994, a. a. O.), während die erkennende Berufungskammer den Einbau von Fertigbauteilen nur bejaht, wenn, was beim Einbau von Fenster- und Türelementen nicht der Fall ist, herkömmliche Bauweise substituiert wird (vgl. Kammerurteil vom 18.August 2003 - 16 Sa 1888/02 EzAÜG § 1 AEntG Nr. 16), kann dahinstehen. Im Übrigen ist auch die allgemeine Bestimmung des § 1 Abs. 2 Abschnitt II VTV (VTV 2000) einschlägig (vgl. BAG 26.Jnaur 1994 und 12.Oktober 1994, jeweils a. a. O.).

Darüber hinaus fällt auch der von der Beklagten zu ca. 20 % der Gesamtarbeitszeit durchgeführte Einbau von Rollläden jedenfalls unter § 1 Abs. 2 Abschnitt II VTV. Denn auch derartige Tätigkeiten gehören, wie zur Erfüllung von § 1 Abs. 2 Abschnitt II vonnöten, zu der vom Bauherrn bzw. Eigentümer gewollten Erstellung bzw. Instandsetzung oder Instandhaltung von Gebäuden. Die erforderliche bauliche Prägung ergibt sich daraus, dass die Tätigkeiten des Rollladen- und Jalousienbauers, die auch die Montage von Rollläden mitumfasst, herkömmlicherweise dem Bereich des Baugewerbes zugeordnet wird (vgl. Kammerurteile vom 30.April 2001 - 16 Sa 1500/00, vom 07.Februar 2000 - 16 Sa 913/99 und vom 24.August 1992 - 16 Sa 1701/92).

Der Betrieb der Beklagten ist, entgegen dem Arbeitsgericht, auch nicht nach § 1 Abs. 2 Abschnitt VII Nr. 4 VTV (VTV 2000) vom betrieblichen Geltungsbereich des Tarifvertrages ausgenommen.

Nach § 1 Abs. 2 Abschnitt VII Nr. 4 werden vom betrieblichen Geltungsbereich nicht erfasst

"Betriebe des Glaserhandwerks".

Einen solchen Betrieb unterhielt die Beklagte im Klagezeitraum nicht. Zwar handelt es sich bei den von ihr arbeitszeitlich überwiegend durchgeführten Arbeiten um solche, die auch vom Glaserhandwerk durchgeführt werden. Von einem Betrieb des Glaserhandwerks nach § 1 Abs.2 Abschn.VII Nr.4 kann jedoch nur ausgegangen werden, wenn wesentliche Tätigkeiten dieses Handwerkszweiges vom Betrieb ausgeführt werden. Das ist beim bloßen Einbau von Fenster- und Türelementen nicht der Fall.

Im Einzelnen gilt:

Was die Tarifvertragsparteien unter "Betriebe des Glaserhandwerks" verstanden wissen wollen, ist durch Auslegung der tarifvertraglichen Regelung zu ermitteln.

Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrages folgt den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Auszugehen ist danach zunächst vom Tarifwortlaut. Zu erforschen ist der maßgebliche Sinn der Erklärung, ohne am Buchstaben zu haften. Der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und damit der von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnorm sind zu berücksichtigen, soweit diese Gesichtspunkte in der Tarifnorm ihren Niederschlag gefunden haben. Auch auf den tariflichen Gesamtzusammenhang ist abzustellen. Verbleiben noch Zweifel, können weitere Kriterien, wie Tarifgeschichte, praktische Tarifübung und Entstehungsgeschichte des jeweiligen Tarifvertrages ohne Bindung an eine bestimmte Reihenfolge berücksichtigt werden. Im Zweifel soll nach der Rechtsprechung die Tarifauslegung zu wählen sein, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Lösung führt (ständige Rechtsprechung, vgl. z. B. BAG, 19.März 2003 - 10 AZR 175/02).

Unter Anlegung dieser Maßstäbe ergibt sich:

Bereits aus dem Wortlaut von § 1 Abs.2 Abschn. VII Nr. 4 folgt, dass es notwendiges Merkmal "eines Betriebes des Glaserhandwerks" ist, dass arbeitszeitlich überwiegend Tätigkeiten dieses Handwerkszweiges durchgeführt werden. Ein Betrieb ist nach allgemeinem arbeitsrechtlichen Sprachgebrauch eine arbeitstechnische Einheit. Ein Betrieb des Glaserhandwerks kann daher nur vorliegen, wenn arbeitstechnische Aufgaben dieses Handwerks durchgeführt werden. Das muss arbeitszeitlich überwiegend geschehen, weil es auch für Abschn.VII des § 1 Abs.2 VTV (VTV 2000) auf die überwiegende Arbeitszeit ankommt (vgl. BAG 18. Mai 1994 AP Nr. 180 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau).

Dieses Merkmal erfüllte der Betrieb der Beklagten im Klagezeitraum.

Der von der Beklagten arbeitszeitlich überwiegend durchgeführte Einbau von Fenster- und Türelementen zählt zu den Tätigkeiten, die nach Berufsrecht und Berufskunde auch dem Glaserhandwerk zuzurechnen sind. Nach der bis zum 31. Juli 2001 gültigen Verordnung über die Berufsausbildung zum Glaser / zur Glaserin vom 18. Dezember 1985 (BGBl. I 1985 S. 253) ist Gegenstand der Berufsausbildung u. a. der Einbau montagefertiger Teile und Erzeugnisse (§ 3 Abs. 1 Nr. 15). Die ab 01. August 2001 gültige Verordnung vom 08. Juli 2001 nennt als Gegenstand der Berufsausbildung in der Fachrichtung Fenster- und Glasfassadenbau ausdrücklich das Einbauen von Fenster-, Türen- und Fassadenkonstruktionen (§ 3 Abs. 2 Nr. 2 c). Nach der Verordnung über das Berufsbild und über die Prüfungsanforderung im praktischen Teil und im fachtheoretischen Teil der Meisterprüfung für das Glaserhandwerk vom 09. Dezember 1975 (BGBl. I 1975 S. 3012) ist dem Glaserhandwerk u. a. zuzuordnen die Herstellung und der Einbau von Verglasungen, Fenster-, Fenstertür-Elementen (§ 1 Abs. 1 Nr. 2). Das berufskundliche Schrifttum bestätigt dies. Es nennt das Herstellen von Fenstern und Einbauen der Bauteile durch Befestigen, Wärmedämmen und Abdichten der Anschlusspunkte als Tätigkeiten des Glaserhandwerks (Blätter für Berufskunde 1-II C 301 S. 2).

Die arbeitszeitlich überwiegende Durchführung von Tätigkeiten, die dem Glaserhandwerk zuzurechnen sind, ist jedoch kein hinreichendes Merkmal zur Erfüllung der Voraussetzungen des § 1 Abs.2 Abschn. VII Nr. 4.

Das folgt freilich nicht bereits aus dem Umstand, dass die Tarifvertragsparteien des Baugewerbes in § 1 Abs.2 Abschn. V Nr. 37 mit den Trocken- und Montagebauarbeiten Tätigkeiten nennen, unter die der Einbau von Fenster- und Türelementen ebenfalls fällt. Denn die Tarifvertragsparteien des Baugewerbes haben das Phänomen, dass Arbeiten eines ausgenommenen Gewerbezweiges auch in Abschn V (oder Abschn. IV) aufgeführt sind, erkannt und geregelt. Das zeigen die in Abschn VII Nr.5, Nr.6, Nr.7, Nr.11 und 12 für das Ofen- und Herdsetzerhandwerk, für das Maler- und Lackiererhandwerk, für die Naturstein- und Naturwerksteinindustrie, für das Schreinerhandwerk und für das Klempnerhandwerk, das Gas- und Wasserinstallationsgewerbe, das Elektroinstallationsgewerbe, das Zentralheizungsbauer- und Lüftungsbauergewerbe sowie den Klimaanlagenbau ausdrücklich in den Tarifvertrag aufgenommenen Rückausnahmen. Danach sind Betriebe dieser Gewerbezweige zwar vom betrieblichen Geltungsbereich des VTV und VTV 2000 ausgenommen, sie werden aber gleichwohl erfasst, wenn Arbeiten der in Abschn. IV oder V aufgeführten Art durchgeführt werden. Eine solche Rückausnahme fehlt für das Glaserhandwerk.

Aus dem Fehlen einer Rückausnahme in § 1 Abs.2 Abschn.VII Nr.4 kann andererseits allerdings nicht geschlossen werden, dass die Tarifvertragsparteien damit alle Tätigkeiten, die nach Herkommen und Üblichkeit (auch) im Glaserhandwerk durchgeführt werden, von ihrem Tarifwerk ausnehmen wollen. Dieser Annahme widerstreitet der Umstand, dass die Tarifvertragsparteien Trockenbau- und Montagebauarbeiten, wie bereits ausgeführt, erkennbar über das bauliche Berufsbild des Trockenbaumonteurs definieren und damit unter § 1 Abs.2 Abschn. V Nr. 37 alle Tätigkeiten fassen wollen, die nach Berufsrecht und Berufskunde von diesem baugewerblichen Beruf wahrgenommen werden. Das schließt die Annahme aus, es entspräche dem erkennbaren Willen der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes, Betriebe, die arbeitszeitlich überwiegend Tätigkeiten durchführen, die dem Berufsbild des Trockenbaumonteurs entsprechen, nur deshalb dem betrieblichen Geltungsbereich der Bautarifverträge zu entziehen, weil sie auch dem Glaserhandwerk zugerechnet werden.

Damit bedarf es einer Harmonisierung zwischen der Bestimmung des § 1 Abs.2 Abschn. V VTV (VTV 2000), hier insbesondere dessen Nr. 37, und der des § 1 Abs.2 Abschn. VII Nr.4 VTV (VTV 2000).

Eine solche Harmonisierung zwischen den Bestimmungen des Abschn. VII und denen der Abschn. IV und V des § 1 Abs.2 soll nach der Rechtsprechung des BAG allgemein dadurch erreicht werden, dass dann, wenn von einem Betrieb Tätigkeiten ausgeübt werden, die sowohl unter § 1 Abs. 2 Abschnitt II bis V wie auch unter einen Tätigkeitsbereich eines von Abschnitt VII ausgenommenen Gewerbezweiges fallen, von sog. "sowohl-als-auch-Tätigkeiten" zu sprechen sei. Ein Betrieb, der derartige Tätigkeiten arbeitszeitlich überwiegend durchführt, soll nach der Rechtsprechung des BAG - soweit nicht Rückausnahmebestimmungen des Abschnittes VII eingreifen - nur (aber auch) ein solcher eines ausgenommenen Gewerbezweiges nach Abschnitt VII sein, wenn daneben auch - und zwar in nicht unerheblichem Umfang - nämlich zu mindestens 20 % der gesamten betrieblichen Arbeitszeit (vgl. z. B. BAG, 16.Mai 2001 AP Nr. 7 zu § 1 TVG Tarifverträge: Dachdecker) - Arbeiten ausgeführt werden, die ausschließlich dem vom betrieblichen Geltungsbereich ausgenommenen Gewerk zuzuordnen sind, die also für dieses Gewerk typisch sind, oder die "sowohl-als-auch-Arbeiten" in nicht unerheblichem Umfang von gelernten Arbeitnehmern dieses Gewerks ausgeführt werden oder eine entsprechende Aufsicht durch einen Fachmann dieses Gewerks besteht.

Diese, zunächst auf das Dachdeckerhandwerk (vgl. BAG, 24.Februar 1988 und 23.November 1988 AP Nr. 2 und 3 zu § 1 TVG Tarifverträge: Dachdeckerhandwerk; BAG, 03.Dezember 1986 und 14.Oktober 1987 AP Nr. 73 und 87 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau; BAG, 06.Mai 1987 - 4 AZR 664/86; BAG, 28.November 1990 - 4 AZR 208/90; BAG, 22.September 1993 - 10 AZR 401/91, zuletzt BAG 16.Mai 2001 aaO.) beschränkte Rechtsprechung hat das BAG später auf die anderen Ausnahmetatbestände des § 1 Abs. 2 Abschnitt VII ausgedehnt (vgl. z. B. BAG, 23.August 1995 AP Nr. 193 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau, BAG, 20.September 1995 - 10 AZR 609/94 und BAG, 24.November 2004 AP Nr. 12 zu § 62 ArbGG 1979 für das Glaserhandwerk; BAG, 22.Januar 1997 AP Nr. 9 zu § 1 TVG Tarifverträge: Maler für Betriebe des Maler- und Lackiererhandwerks; BAG 20. April 2005 - 10 AZR 282/04 - für das Elektroinstallationsgewerbe). Auch für die Abgrenzung zwischen Bautarifverträgen und Tarifverträgen des Garten- und Landschaftsbaus hat das BAG auf diese Rechtsprechung zurückgegriffen (vgl. BAG 23. Februar 2005 - 10 AZR 382/04).

Legt man diese Rechtsprechung des BAG im vorliegenden Fall konsequent zu Grunde, handelt es sich, wie das Arbeitsgericht zu Recht ausgeführt hat, beim Betrieb der Beklagten um einen solchen des Glaserhandwerks.

Zwar wurden nicht Tätigkeiten ausgeführt, die ausschließlich dem Glaserhandwerk zuzurechnen sind, weil das Einbauen von Fenster- und Türelementen auch von Trockenbauern durchgeführt wird und das sog. Verklotzen von Scheiben (Ausrichten der Glasscheiben im Fensterrahmen) sowie das Herstellen von Fenster- und Türelementen, das nur im Einzelfall vorkommt, von der Beklagten zeitlich nicht näher präzisiert worden ist. Wohl aber wurde der Einbau von Fenster- und Türelementen in einem nicht unerheblichen Umfang, nämlich nach der Rechtsprechung zu mindestens 20 % der Gesamtarbeitszeit, von Fachkräften des Glaserhandwerks durchgeführt. Der bei der Beklagten beschäftigte Arbeitnehmer Xxxxxxx war gelernter Glaser. Summiert man die Beschäftigungszeiten der Arbeitnehmer pro Kalenderjahr des Klagezeitraums, ergeben sich für 1999 30,5 Mannmonate, für 2000 34,5 Mannmonate, für 2001 und 2002 jeweils 36 Mannmonate und für 2003 28 Mannmonate. Machte pro Kalenderjahr 80 % der Tätigkeit das Einbauen von Fenster- und Türelementen aus, so waren das 1999 24,4 Mannmonate, 2000 27,6 Mannmonate, 2001 und 2002 jeweils 28,8 Mannmonate und 2003 22,4 Mannmonate aus. Da derartige Arbeiten von allen beschäftigten Arbeitnehmern im entsprechenden arbeitszeitlichen Umfang durchgeführt worden waren, entfielen auf den Glasergesellen Xxxxxxx damit jährlich insoweit 80 % seiner Tätigkeit, das sind für 1999 8,8 Mannmonate, für 2000, 2001 und 2002 9,6 Mannmonate und für 2003 6,4 Mannmonate. Das sind nicht nur mindestens 20 % der auf sog. "sowohl-als-auch-Tätigkeiten" entfallenden Arbeitszeit, sondern mehr als 20 % der Gesamtarbeitszeit pro Kalenderjahr.

Die Berufungskammer vermag dieser Rechtsprechung des BAG, jedenfalls soweit sie auf die Ausbildung von Arbeitnehmern abstellt und jedenfalls, soweit sie auf das Glaserhandwerk bezogen ist, nicht zu folgen. Denn diese Rechtsprechung findet in den tarifvertraglichen Regelungen des § 1 Abs. 2 VTV keine Stütze.

Dieser Rechtsprechung ist folgendes entgegenzuhalten:

Es erscheint bereits zweifelhaft, ob der vom BAG verwendete Begriff der "sowohl-als-auch-Tätigkeiten" hilfreich ist. Bei dem überwiegenden, jedenfalls aber bei einem großen Teil der Tätigkeiten der in Abschn VII genannten Gewerbezweige handelt es sich nämlich, soweit Arbeiten an Gebäuden oder sonstigen Bauwerken erbracht werden, um Tätigkeiten, die jedenfalls unter § 1 Abs. 2 Abschn. II VTV (VTV 2000) zu subsumieren sind. Die Tätigkeiten der in Abschn VII genannten Gewerbezweige dienen nämlich der Erstellung, Instandhaltung oder Ersetzung von Bauwerken, die erforderliche bauliche Prägung resultiert aus dem Umstand, dass zu den Betrieben des Baugewerbes das gesamte Ausbaugewerbe gehört und damit z.B. auch die in Abschn VII genannten Handwerkszweige des Dachdeckers, des Malers- und Lackierers, des Glasers, des Parkettlegers, des (Bau-)Schreiners, des (Bau-)Klempners sowie das Gas-, Wasser- und Elekroinstallationsgewerbe. (vgl. BAG 05. September 1990 AP Nr. 135 zu § 1 TVG Tarifverträge:Bau). Dann aber ist mit dem Begriff "sowohl-als-auch-Tätigkeiten" nichts für die Auslegung der einzelnen Ausnahmetatbestände des Abschn. VII gewonnen.

Entscheidend aber ist, dass sich aus den tarifvertraglichen Bestimmungen nicht ableiten lässt, dass es nach dem erkennbaren Willen der Tarifvertragsparteien zur Erfüllung der Merkmale einer der Ausnahmebestimmungen des Abschn VII, insbesondere der für das Glaserhandwerk, auf die Berufsausbildung der Arbeitnehmer ankommen soll.

Die Antwort auf die Frage, ob ein Betrieb ein solcher des Glaserhandwerks im Sinne von § 1 Abs. 2 Abschnitt VII Nr. 4 ist, soll sich nach dem erkennbaren Willen der Tarifvertragsparteien nur und ausschließlich nach der Art der ausgeübten Tätigkeit richten. Das belegt das Gesamtsystem der betrieblichen Geltungsbereichsbestimmungen des § 1 Abs.2 VTV und VTV 2000. § 1 Abs. 2 Abschnitt VI bestimmt, dass Betriebe nur dann unter den Tarifvertrag fallen, wenn die in den Abschnitten I bis IV genannten Leistungen überwiegend erbracht werden. Als Leistungen bezeichnen die Tarifvertragsparteien in Abschn. I - V bestimmte Tätigkeiten. Das zeigt unmissverständlich, dass die Tarifvertragsparteien für die Antwort auf die Frage, ob der betriebliche Geltungsbereich eröffnet ist, allein und ausschließlich die durchgeführten Tätigkeiten als maßgebend ansehen wollen. Nichts anderes kann dann für die Ausnahmebestimmung des § 1 Abs. 2 Abschnitt VII gelten. Auch insoweit muss nach dem erkennbaren Willen der Tarifvertragsparteien maßgeblich sein, ob Tätigkeiten des ausgenommenen Gewerbezweiges überwiegend durchgeführt werden.

Dagegen lässt sich den tarifvertraglichen Vorschriften des VTV (VTV 2000) auch nicht ansatzweise entnehmen, dass die Art der Ausbildung der Arbeitnehmer in irgendeiner Form für die Frage von Bedeutung sein soll, ob der betriebliche Geltungsbereich des Tarifvertrages eröffnet oder ausgeschlossen ist.

Auf die Art der Ausbildung der beschäftigten Arbeitnehmer wird in keiner der einzelnen Geltungsbereichsvorschriften des § 1 Abs. 2 ausdrücklich verwiesen.

Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Art der Ausbildung von Arbeitnehmern einen hinreichenden Bezug zur Art der ausgeführten Tätigkeit hat und damit nach dem Willen der Tarifvertragsparteien mittelbar, quasi als Hilfskriterium, zur tariflichen Auslegung herangezogen werden kann.

Dem steht entgegen, dass jeder einsichtige Grund für die Annahme fehlt, die Tätigkeit eines gelernten Glasers unterscheide sich von der eines ungelernten Arbeitnehmers, wenn es um die Durchführung von Arbeiten des Einbaus von Fenster- und Türelementen geht. Die Vorstellung, dass insoweit unterschiedliche Arbeitsmethoden angewendet werden, ist abwegig. In der Praxis des Arbeitslebens bestimmt nämlich die Aufgabe, d. h. das konkret gewünschte arbeitstechnische Ergebnis, den Weg zum Ziel und damit die Methode. Wieso ein gelernter Glaser sich einer anderen Methode bedienen sollte als ein nicht gelernter oder nur angelernter Arbeitnehmer, ist unerfindlich. Fehlende fachliche Qualifikation mag prognostisch einen Hinweis auf fehlendes fachliches Können geben. Als Beleg dafür, dass es sich bei der Wahrnehmung identischer Tätigkeiten durch gelernte Glasern einerseits und un- oder angelernte Arbeitnehmer andererseits gleichwohl um verschiedene Tätigkeiten handeln könne, ist die Berufsausbildung dagegen erkennbar untauglich. Das gilt um so mehr im vorliegenden Fall, weil der Einbau von Fenster- und Türelementen Gegenstand der Ausbildung nicht nur des Glasers, sondern eben auch des Trockenbaumonteurs ist. Dafür, dass von Trockenbaumonteuren und Glasern bei der Erfüllung gleichartiger arbeitstechnischer Aufgaben andere Methoden angewendet und damit unterschiedliche Tätigkeiten ausgeführt werden, spricht nichts. Die räumt im Ergebnis auch das BAG ein, wenn es konstatiert, dass bei routinemäßg durchgeführten relativ einfachen Arbeiten die Art und Weise der Arbeitsdurchführung bei Aufsicht durch einen Fachmann des Glaserhandwerks nicht anders sein dürfte als ohne entsprechende Aufsicht (vgl. BAG 24. November 2004 aaO.). Nichts anderes kann gelten, wenn es darum geht, ob die Tätigkeiten durch gelernte Glaser, gelernte Trockenbaumonteure oder lediglich unterwiesene Arbeitnehmer durchgeführt werden.

Die Art der Ausbildung von Arbeitnehmern kann auch nicht deshalb als ein den tarifvertraglichen Geltungsbereichsbestimmungen immanentes Prinzip angesehen werden, weil die Tarifvertragsparteien die in § 1 Abs.2 Abschn. V genannten Tätigkeiten recht allgemein gefasst haben, die Tarifvertragsparteien insoweit die fachsprachlichen Begriffsinhalte zugrunde legen und damit die Merkmale, die zur Erfüllung der einzelnen Beispielstätigkeiten des Abschn. VII erforderlich sind, regelmäßig nur durch einen Blick auf die durch Berufsrecht und Berufskunde bestimmte Fachsprache der Arbeitswelt ermittelt werden können. Dem ist zwar so. Daraus lässt sich jedoch lediglich ableiten, dass die Tarifvertragsparteien nähere berufskundliche und berufsrechtliche Erläuterungen von sprachlich allgemein gefassten Tätigkeiten zur Auslegungshilfe bei der Bestimmung der im Tarifvertrag genannten Tätigkeiten herangezogen sehen wollen. Als Anhaltspunkt für die Annahme, dass nach dem Gesamtsystem der entsprechenden Bestimmungen nach dem Willen der Tarifvertragsparteien auch die tatsächlich absolvierte Ausbildung von Arbeitnehmern für die Auslegung der betrieblichen Geltungsbereichsbestimmungen als Hilfskriterium heranzuziehen ist, taugt dies nichts.

Die Ausbildung von Arbeitnehmern als eines der möglichen Kriterien für die Erfüllung der Merkmale der Ausnahmevorschrift des § 1 Abs. 2 Abschnitt VII widerspricht darüber hinaus dem Sinn und Zweck der tarifvertraglichen Regelungen.

Regelungsgrund für einen wesentlichen Teil des Sozialkassenverfahrens, nämlich das Urlaubskassenverfahren, ist die tatsächlich bestehende, jedenfalls aber von den Tarifvertragsparteien durch kurze Kündigungsfristen ermöglichte stärkeren Fluktuation von Beschäftigten im Baugewerbe als in anderen Gewerbezweigen (vgl. BAG 25. Juni 2002 AP Nr.12 zu § 1 AEntG; BAG 13. Mai 2004 AP Nr.265 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau). Wegen dieser Fluktuation besteht die greifbare Gefahr, dass Arbeitsverhältnisse von kürzerer Dauer als ein Jahr bestehen und damit von diesen Arbeitnehmern ein zusammenhängender Jahresurlaub nicht erlangt werden kann. Diesen gleichwohl zu ermöglichen, ist jedenfalls auch Zweck des Urlaubskassenverfahrens (vgl. § 13 Abs.2 BUrlG). Gehen aber die Tarifvertragsparteien davon aus, dass auch und gerade "unterjährige" Arbeitsverhältnisse typisch für das Baugewerbe sind, gehen sie damit auch davon aus, dass sich die Zusammensetzung einer Belegschaft in kürzeren Abständen ändern kann. Das darf bei der Auslegung der betrieblichen Geltungsbereichsbestimmungen nicht ausgeblendet werden. Denn die Tarifvertragsparteien wollen, wie jeder Normsetzer, den Sinnzusammenhang zwischen Tatbestand und Rechtsfolge wahren

Dieser Sinnzusammenhang zwischen Tatbestand und Rechtsfolge wird zerrissen, wenn die Ausbildung von Arbeitnehmern als mögliches Kriterium für die Anwort auf die Frage eingeführt wird, ob ein vom betrieblichen Geltungsbereich der Bautarifverträge ausgenommener Betrieb vorliegt oder nicht. Hohe Fluktuation der Belegschaft in kurzen zeitlichen Abständen macht es nämlich wahrscheinlich, dass ein Betrieb, wie der des Beklagten, innerhalb kürzerer Zeitspanne, nämlich wegen der erforderlichen jahresbezogenen Betrachtungsweise innerhalb eines Zeitraums von wenigen Jahren, mangels oder wegen Beschäftigung gelernter Glaser in einem Kalenderjahr unter die Bautarifverträge fallen wird, in einem anderen nicht, ohne dass sich die Tätigkeit des Betriebes selbst ändert. Die Inkaufnahme solcher Folgen kann den Tarifvertragsparteien nicht unterstellt werden. Denn dadurch würde der mit dem Urlaubskassenverfahrendies gerade verfolgte Zweck, nämlich den Urlaub an die Branchen- und nicht an die Betriebszugehörigkeit zu knüpfen, verfehlt. Im übrigen stände dies auch in krassem Gegensatz zu den von den Tarifvertragsparteien als Normsetzer ganz selbstverständlich zu Grunde gelegten Grundsätzen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit.

Hinzukommt:

Die Anwendung der Bautarifverträge hat für die Normunterworfenen, nämlich Arbeitnehmer und Arbeitgeber weitreichende Auswirkungen. Die Anwendbarkeit des gesamten Tarifwerks muss deshalb, soweit wie irgend möglich, mit der nötigen Rechtssicherheit und Rechtsklarheit feststellbar sein. Das ist wegen der Allgemeinverbindlichkeit der Tarifverträge für nicht tarifgebundene Außenseiter ganz besonders zu beachten (vgl. BAG 13. Juli 2005 - 10 AZR 466/04). Das schließt es aus, als Auslegungskriterium für die Antwort auf die Frage nach der Geltung der Tarifnormen eine Voraussetzung aufzustellen, die im Tarifwerk selbst keinen Niederschlag gefunden hat.

Für Arbeitnehmer kann es von erheblicher Bedeutung sein, ob der Betrieb, in dem sie beschäftigt sind, unter die Sozialkassentarifverträge des Baugewerbes fällt, weil im Bejahensfall der Urlaub "transportabel" ist und Beschäftigungszeiten auf die erforderliche Wartezeit nach den tarifvertraglichen Regelungen über die Zusatzversorgung angerechnet werden. Ob es sich bei dem Betrieb, dem sie angehören oder angehören wollen, um einen unter die Bautarifverträge fallenden oder um einen solchen handelt, für den eine Ausnahmebestimmung gilt, könnten Arbeitnehmer unter Umständen nur durch Einziehung von Erkundigungen über die konkrete Art der Berufsausbildung von Kollegen ermitteln. Vor Vertragsabschluss wird das regelmäßig kaum möglich sein. Fehlende Rechtssicherheit und Rechtsklarheit werden schließlich vollends offenbar, wenn man gar davon ausgeht, sogar eine dem Arbeitgeber gar nicht bekannte fachliche Qualifikation von Arbeitnehmern könne dazu führen, dass der Ausnahmetatbestand des § 1 Abs.2 Abschn. VII Nr.4 VTV (VTV 2000) zum Tragen kommt (vgl. BAG 24. November 2004 aaO.). In einem solchen Fall könnte es zudem, soweit der Arbeitgeber in der Vergangenheit am Sozialkassenverfahren teilgenommen hat, nach Kenntniserlangung durch den Arbeitgeber von der fachlichen Qualifikation von Arbeitnehmern, zu Rückabwicklungsfragen im Hinblick auf gezahlte Sozialkassenbeiträge kommen. Dann kann kaum davon die Rede sein, dass mit der Art der Ausbildung beschäftigter Arbeitnehmer ein sachgerechtes, zweckorientiertes und praktisch brauchbares Auslegungskriterium zur Bestimmung der Voraussetzungen des § 1 Abs.1 Abschn. VII Nr. 4 VTV (VTV 2000) gefunden worden ist.

Läßt sich danach den tarifvertraglichen Regelungen nicht entnehmen, dass die Art der beruflichen Ausbildung der beschäftigten Arbeitnehmer nach dem erkennbaren Willen der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes irgendein maßgebliches Kriterium dafür sein kann, ob die Voraussetzungen des § 1 Abs.2 Abschn. VII Nr.4 VTV (VTV 2000) gegeben sind, muss davon Abschied genommen werden. Vielmehr sind die Merkmale, die die Tarifvertragsparteien zur Erfüllung der Voraussetzungen des Tatbestandes "Betriebe des Glaserhandwerks" über die bloße Durchführung von Tätigkeiten dieses Handwerkszweiges hinaus zu Grunde gelegt haben, unter Anwendung der herkömmlichen Auslegungsmethoden aus dem Tarifvertrag selbst zu entnehmen.

Eine solche Auslegung ist möglich. Sie führt zu dem Befund, dass über die bloße Durchführung von Tätigkeiten, die dem Glaserhandwerk zuzuordnen sind, die Durchführung von wesentlichen Tätigkeiten des Glaserhandwerks zur Erfüllung der Vorrausetzungen des § 1 Abs. 2 Abschn. VII Nr. 4 erforderlich ist.

Bereits der Wortlaut der maßgeblichen Tarifnorm weist in diese Richtung. Nach dem Wortlaut von § 1 Abs. 2 Abschnitt VII Nr. 4 muss es sich nämlich um einen Betrieb des Glaserhandwerks handeln. Das muss so verstanden werden, dass die Tarifvertragsparteien, mangels eigener abweichender Begriffsbestimmung, den im Gewerberecht maßgeblichen, in § 1 HandwO beschriebenen Begriff des Handwerks übernommen haben. Denn wenn in einem Tarifvertrag ein Wort verwendet wird, das in der Rechtsterminologie einen festen Inhalt hat, so muss, soweit nicht sichere Anhaltspunkte für ein abweichendes Verständnis gegeben sind, davon ausgegangen werden, dass die Tarifvertragsparteien mit diesem Wort den allgemeinen üblichen Rechtsbegriff wiedergeben wollen (vgl. Löwisch/Rieble TVG 2. Aufl. 2004, § 1 Rz 555 m. w. N.).

Nach § 1 Abs. 2 HandwO ist ein Gewerbebetrieb dann ein Handwerksbetrieb, wenn er handwerksmäßig betrieben und ein Gewerbe vollständig umfasst wird, das in der Anlage A aufgeführt, ist oder Tätigkeiten ausgeübt werden, die für dieses Gewerbe wesentlich sind (wesentliche Tätigkeiten).

Legt man diese Begriffsbestimmung zu Grunde, so erschöpft sich die Antwort auf die Frage, ob ein Betrieb des Glaserhandwerks vorliegt, nicht in der Feststellung der überwiegenden Ausführung von Tätigkeiten, die nach Herkommen und Üblichkeit auch solche des Glaserhandwerks sind, und nicht in der Abgrenzung der handwerksmäßigen Betriebsform zur industriellen Fertigung. Vielmehr bedarf es auch der Klärung, ob in dem Betrieb wesentliche Tätigkeiten des Handwerks ausgeführt werden und damit das Niveau des Handwerks erreicht ist, oder ob lediglich unwesentliche Verrichtungen vorgenommen werden, die unterhalb der Grenze des handwerklichen Bereichs bleiben (vgl. Kammerurteil vom 06. Juni 1994 - 16 Sa 1072/93).

Gerade ein solches Verständnis von § 1 Abs.2 Abschn. VII Nr. 4 VTV (VTV 2000) entspricht auch dem erkennbaren Regelungsziel dieser Bestimmung.

Mit den Betrieben des Glaserhandwerk nehmen die Tarifvertragsparteien einen Gewerbezweig aus ihrem Tarifwerk aus, der herkömmlicherweise dem Bereich des Baugewerbes, nämlich dem sogenannten Ausbaugewerbe, zuzuordnen ist (vgl. z.B. Statistisches Bundesamt, Systematik der Wirtschaftszweige mit Erläuterungen Ausgabe 1979 Nr.316 21). Wenn die Tarifvertragsparteien des Baugewerbes gleichwohl ausdrücklich für diesen Gewerbezweig auf tarifliche Regelungen verzichten, haben sie damit erkennbar nicht nur zum Ausdruck gebracht, dass Tarifkonkurrenzen und Tarifpluralitäten vermeiden werden sollen, weil es für diesen Gewerbezweig auch eigene Tarifverträge gibt. Vielmehr geben sie ausdrücklich auch zu erkennen, dass nach ihrer Vorstellung die bautariflichen Regelungen den Spezifika dieses besonderen Zweiges des Baugewerbes im Hinblick auf die Regelung von Arbeitsbedingungen nicht hinreichend gerecht werden. Die insoweit von den Tarifvertragsparteien in § 1 Abs.2 Abschn. VII Nr. 4 vorausgesetzten Besonderheiten des Glaserhandwerks können jedoch, wegen der Anknüpfung der betrieblichen Geltungsbereichsbestimmungen im VTV und VTV 2000 an Tätigkeiten, nur dort gegeben sein, wo gerade dem Glaserhandwerk speziell zugeordnete Tätigkeiten ausgeführt werden und nicht etwa Tätigkeiten, die auch in anderen Gewerbezweigen ausgeübt zu werden pflegen, die vom Tarifwerk des Baugewerbes erfasst werden. Denn für die letztgenannten Tätigkeiten reklamieren die Tarifvertragsparteien ausdrücklich ihre Regelungsbefugnis. Diese "besonderen", von den Tarifvertragsparteien bei der Herausnahme des Glaserhandwerks zugrundegelegten, Tätigkeiten können wiederum nur solche sein, die gerade dieses Handwerk ausmachen, also zum Kernbereich des Handwerks gehören, und diesem seine essentielle Prägung geben. Das sind genau die Tätigkeiten, die nach der Rechtsprechung zur HandwO als wesentliche Tätigkeiten eines Handwerks zu charakterisieren sind (vgl. z.B. BVerwG 11. Dezember 1990 GewArch 1991,231).

Danach war der Betrieb der Beklagten im Klagezeitraum kein Betrieb des Glaserhandwerks. Denn es wurden keine wesentlichen Tätigkeiten dieses Handwerkszweigs ausgeführt. Zu derartigen Tätigkeiten zählt der Einbau von Fenster- und Türelementen nämlich nicht.

Von wesentlichen Tätigkeiten eines Handwerks, hier des Glaserhandwerks, kann dann nicht gesprochen werden, wenn es sich um Tätigkeiten handelt, zu denen auch in staatlich anerkannten, nicht handwerklichen Berufen ausgebildet wird. Denn das signalisiert deutlich, dass es sich bei solchen Arbeiten lediglich um periphere und damit nicht wesentliche Arbeitsvorgänge im Rahmen eines Handwerks handelt. Es wäre nämlich widersprüchlich, als wesentliche handwerkliche Tätigkeiten auch solche anzusehen, zu deren Ausübung Kenntnisse eines Handwerks gar nicht verlangt werden (vgl. insoweit auch die durch Gesetz v. 24. Dezember 2003 [BGBl 2003 I S. 2933] veränderte Fassung von § 1 Abs.2 HandwO).

So ist es beim bloßen Einbau von Fenster- und Türelementen. Die hierfür erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten werden nämlich, wie ausgeführt, nicht nur im Rahmen der Ausbildung zum Glaser vermittelt, sondern auch bei der nicht handwerklichen Ausbildung zum Trockenbaumonteur. Dann kann die Ausführung derartiger Tätigkeiten auch nicht die Merkmale einer "wesentlichen" Tätigkeit des Glaserhandwerks erfüllen. Die Regelungen der Handwerksordnung selbst belegen dies für den Fenster- und Türeinbau nachdrücklich. Denn der Einbau von Fenstern und Türen ist in der Anlage B zur Handwerksordnung ausdrücklich einem Gewerbe zugeordnet, das handwerksähnlich betrieben werden kann (III Nr. 24). Es wäre widersprüchlich, Tätigkeiten, die auch handwerksähnlich betrieben werden können, als wesentliche Tätigkeiten eines Handwerks anzusehen. Vielmehr kann es sich bei einem Betrieb, der solche Tätigkeiten ausübt, nur dann um einen Handwerksbetrieb handeln, wenn andere wesentliche Tätigkeiten des Handwerks hinzukommen.

Offen bleiben kann im vorliegenden Fall, ob zur Erfüllung der Merkmale des § 1 Abs. 2 Abschnitt VII Nr. 4 auch zu verlangen ist, dass wesentliche Tätigkeiten des Glaserhandwerks arbeitszeitlich überwiegend durchgeführt werden (dafür Kammerurteil vom 05.Juni 1994 - 16 Sa 1072/93). Selbst wenn man davon ausgeht, es reiche die zusätzliche Durchführung wesentlicher Tätigkeiten aus, hilft das der Beklagten im vorliegenden Fall nicht. Denn jedenfalls darf der Umfang der Durchführung wesentlichen Tätigkeiten des Glaserhandwerks nicht unerheblich sein, weil sonst die von den Tarifvertragsparteien geforderte, tätigkeitsbezogen zu ermittelnde, Besonderheit des Glaserhandwerks fehlt. Setzt man diesen nicht unerheblichen Umfang, wie das BAG, mit 20% der Gesamtarbeitszeit an, ist die Beklagte jedenfalls darlegungsfällig geblieben. Der arbeitszeitliche Umfang des Verklotzens von Scheiben, der als wesentliche Tätigkeit des Glaserhandwerks angesehen werden mag, ist von der Beklagten ebensowenig dargelegt worden wie der zeitliche Umfang der nur sporadisch erfolgten Fertigung von Fenster- und Türelementen. Dazu war die Beklagte aber schon deshalb gehalten, da sie für die Erfüllung der Merkmale der Ausnahmebestimmung des Abschnitt VII des § 1 Abs. 2 darlegungs- und beweispflichtig ist (vgl. BAG, 13.Mai 2004 AP 265 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau).

Auch die in § 1 Abs.2 Abschn. VII Nr. 11 VTV (VTV 2000) normierte, im übrigen von der Beklagten auch gar nicht reklamierte, Ausnahme für das Schreinerhandwerk greift zugunsten der Beklagten nicht ein. Das gilt schon deshalb, weil das Einbauen von Tür- und Fensterelementen unter die in dieser Norm im Wege der Rückausnahme wiederum in den betrieblichen Geltungsbereich von VTV (VTV 2000) einbezogenen Trocken- und Montagebauarbeiten, fällt.

Handelt es sich danach bei dem Betrieb der Beklagten im gesamten Klagezeitraum um einen solchen des Baugewerbes im tariflichen Sinne, so schuldet die Beklagte dem Kläger die von diesem geforderten Beiträge für gewerbliche Arbeitnehmer in Höhe von € 33.510,--.

Dass der Kläger seine Beitragsforderung unter Hinzuziehung statistischer Angaben mit den durchschnittlichen Monatsverdiensten in der Baubranche in Verbindung mit der Zahl der unstreitig beschäftigten gewerblichen Arbeitnehmer errechnet hat, ist nicht zu beanstanden (vgl. BAG, 04.Mai 1994 - 10 AZR 475/93). Der Kläger kann nämlich nach § 612 BGB mangels konkreter Auskünfte seitens der Beklagten von den üblichen Löhnen ausgehen (vgl. BAG, 11.Juni 1997 AP Nr. 200 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau). Erhebliche Einwände hat die Beklagte nicht geltend gemacht. Für die Zeit ab November 1999 hat sie sich zur Höhe überhaupt nicht geäußert, so dass das klägerische Vorbringen als zugestanden gilt (§ 138 Abs. 3 ZPO). Für die Zeit von Februar bis November 1999 hat sie zwar eine Bruttolohnsumme angegeben. Der mit DM 121.796,18 angegebene Betrag entspricht jedoch angesichts des tariflichen Beitragssatzes mindestens dem vom Kläger verlangten.

Ferner schuldet die Beklagte die vom Kläger geforderten Auskünfte. Die Zubilligung eines Entschädigungsbetrages beruht auf § 61 Abs. 2 ArbGG. Der Höhe nach entspricht der Entschädigungsbetrag dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag des Klägers 80 % der mutmaßlichen Beiträge. Das ist angemessen und ausreichend.

Nicht begründet sind Klage und Berufung dagegen, soweit der Kläger von Januar 1999 bis November 2001 Beiträge für Angestellte verlangt. Denn seinem Vortrag lässt sich in Anbetracht des Sachvorbringens der Beklagten nicht hinreichend entnehmen, dass in diesem Zeitraum von der Beklagten beitragspflichtige Angestellte beschäftigt wor-den sind.

§ 19 VTV 2000 (Zeitraum ab 01. Januar 2000) bzw. § 25 VTV begründet eine Beitragspflicht nur für Angestellte, die nicht nur eine geringfügige Beschäftigung im Sinne von § 8 SGB IV ausüben Dass solche Angestellten von der Beklagten im Zeitraum von Januar 1999 bis November 2002 beschäftigt worden sind, hat der Kläger nicht hinreichend dargelegt. Dass die Angestellten Xxxxx und Xxxxx lediglich im Sinne von § 8 SGB IV beschäftigt wurden und daher für sie keine Beiträge zu erbringen sind, hat der Kläger nach Vorlage der entsprechenden Arbeitsverträge durch die Beklagte nicht mehr in Abrede gestellt. Soweit der Kläger auf die Angestellte Ruck verweist und vorgetragen hat, diese sei bei der AOK krankenversichert gewesen, genügt sein Vortrag, angesichts des Vorbringens der Beklagten, diese Angestellte sei nur stundenweise als Reinemachefrau geringfügig beschäftigt gewesen, nicht. Die tarifvertragliche Beitragsbestimmung stellt erkennbar darauf ab, ob der Angestellte im Verhältnis zu seinem Arbeitgeber geringfügig beschäftigt ist oder nicht. Damit ist der vom Kläger vorgetragene Umstand, Frau Ruck sei gesetzlich krankenversichert gewesen, bereits im Ansatz nicht im Stande, die Annahme zu begründen, insoweit habe ein nach den Sozialkassentarifverträgen des Baugewerbes beitragspflichtiges Angestelltenverhältnis bestanden. Denn Sozialversicherungspflicht kann sich für geringfügig Beschäftigte wegen Zusammenrechnung von Beschäftigungsverhältnissen ergeben (§ 8 Abs. 2 Satz 3 SGB IV). Tatsachen über einen vom Beklagtenvorbringen abweichenden Beschäftigungsumfang von Frau Ruck bei der Beklagten hat der Kläger selbst nicht vorgetragen.

Unbeschadet des Umstands, dass auch der Kläger teilweise unterlegen ist, hat die Beklagte die gesamten Kosten des Rechtsstreits zu tragen, da die Zuvielforderung des Klägers verhältnismäßig geringfügig war und keine höheren Kosten verursacht hat (§ 92 Abs. 2 ZPO).

Die Zulassung der Revision beruht auf § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.

Ende der Entscheidung

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