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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessisches Landesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 09.12.2002
Aktenzeichen: 16 Sa 777/02
Rechtsgebiete: TVG, VTV/Bau, ZPO


Vorschriften:

TVG § 1
VTV/Bau § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 8
ZPO § 284
ZPO § 286
1. Ein Betrieb des vom betrieblichen Geltungsbereich der Bautarifverträge mit Rückausnahmen nach § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 8 VTV/Bau ausgenommenen Schreinerhandwerks liegt vor, wenn von den beschäftigten Arbeitnehmern arbeitszeitlich überwiegend Tätigkeiten durchgeführt werden, die nach Berufsrecht und Berufskunde dem Schreinerhandwerk zuzurechnen sind. Zu derartigen Tätigkeiten zählt auch der Einbau von Wand- und Deckenverkleidungen aus Holz und Rigips. Darlegungs- und im Streitfall beweispflichtig für das Vorliegen eines Schreinerhandwerksbetriebes ist derjenige, der sich hierauf beruft.

2. Ein Betrieb des Schreinerhandwerks wird gleichwohl nach der Rückausnahmeregelung in § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 8 VTV/Bau für Trocken- und Montagebauarbeiten vom betrieblichen Geltungsbereich der Bautarifverträge erfasst, wenn arbeitszeitlich überwiegend Wand- und Deckenverkleidungen aus Holz oder Rigips montiert werden. Für das Eingreifen dieser Rückausnahmeregelung ist wiederum derjenige darlegungs- und im Streitfall beweispflichtig, der sich darauf beruft.


Hessisches Landesarbeitsgericht Im Namen des Volkes! Urteil

Aktenzeichen: 16 Sa 777/02

Verkündet am 9. Dezember 2002

In dem Rechtsstreit

hat das Hessische Landesarbeitsgericht, Kammer 16 in Frankfurt am Main auf die mündliche Verhandlung vom ... 9. Dezember 2002 durch den Vorsitzenden Richter am LAG ... Hattesen als Vorsitzenden den ehrenamtlichen Richter ... Grimm und die ehrenamtliche Richterin ... Tonn als Beisitzer

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 24. April 2002 - 6 Ca 2285/01 - abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um Zahlungsverpflichtungen des Beklagten nach den Sozialkassentarifverträgen des Baugewerbes für den Zeitraum Dezember 1994 bis Dezember 1995.

Der Kläger ist als gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes nach näherer tariflicher Maßgabe die Einzugsstelle für die Beiträge zu den Sozialkassen des Baugewerbes.

Der Beklagte, Zimmerermeister und Mitglied der Zimmererinnung ..., unterhielt bis Ende 1995 einen mit dem Zimmererhandwerk in die Handwerksrolle eingetragenen, 1995 gegründeten Betrieb, von dem in den Jahren 1994 und 1995 zu 30% der betrieblichen Gesamtarbeitszeit Zimmererarbeiten in der Form des Aufstellens von Dachstühlen und Holzkonstruktionen durchgeführt und zu ca. 10% der betrieblichen Gesamtarbeitszeit Treppenbauarbeiten (Herstellung von Treppen und Treppengeländern) durchgeführt wurden. Daneben wurden in einem zwischen den Parteien streitigen arbeitszeitlichen Umfang im Bereich des Innenausbaus Trockenbauarbeiten ausgeführt sowie Möbel hergestellt, Türen und Fenster restauriert und Holzfußböden erstellt. Mit Bescheid vom 19.09.1979 war dem Beklagten von Seiten des Arbeitsamts Münster mitgeteilt worden, er werde zur produktiven Winterbauförderung nicht herangezogen. Am 24.11. und 18.12.1998 wurde der vormalige Betrieb des Beklagten vom Arbeitsamt Coesfeld mit dem aus Bl. 49 - 52 d.A. ersichtlichen Ergebnis geprüft. Beschäftigt waren beim Beklagten in den Jahren 1994 und 1995 insgesamt 5 Arbeitnehmer.

Der Kläger hat vorgetragen, der Betrieb des Beklagten sei im Klagezeitraum ein baugewerblicher gewesen, weil in den Kalenderjahren 1994 und 1995 zu mehr als der Hälfte der betrieblichen Gesamtarbeitszeit Zimmererarbeiten, Trockenbauarbeiten sowie Akustikbauarbeiten ausgeführt worden seien. Entsprechend schulde der Beklagte die sich aus den vom Arbeitsamt festgestellten Bruttolöhnen und dem tariflichen Beitragssatz ergebenden Beiträge für die beschäftigten gewerblichen Arbeitnehmer für den Klagezeitraum in Höhe von DM 59.729,33.

Der Kläger hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger € 30.539,12 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat die Ansicht vertreten, sein Betrieb sei kein baugewerblicher im tariflichen Sinne sondern ein solcher des Schreinerhandwerks gewesen. Beschäftigt gewesen seien 3 Tischlergesellen, 1 Zimmermann und 1 angelernter Arbeiter. Gegen einen aufgrund der letzten Betriebsprüfung ergangenen Bescheid des Landesarbeitsamts über die Heranziehung zur produktiven Winterbauförderung sei Klage beim Sozialgericht erhoben worden, die Tätigkeitsbereiche Herstellung von Zimmer- und Haustüren, Schrankwänden, Raumteilern, Garderoben und Parkett seien zu berücksichtigen.

Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Urteil vom 24.02.2002 stattgegeben. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 53 - 59 d.A.) Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil hat der Beklagte innerhalb der zur Niederschrift über die Berufungsverhandlung am 09.12.2002 festgestellten und dort ersichtlichen Fristen Berufung eingelegt.

Er trägt vor, der Schwerpunkt der Tätigkeit, auch arbeitszeitlich habe bei ihm auf kunstvollen Schreinerarbeiten und dabei in der Herstellung von Möbeln, dem Aufarbeiten von Gebälk, der Herstellung von Bauteilen von Wintergärten, der Restaurierung von Türen und Fenstern sowie dem Herstellen von Holzfußböden gelegen. Alles das sei in der eigenen Werkstatt geschehen. Bei der Herstellung von Treppen habe der Schwerpunkt in der Herstellung kunstvoller Treppengeländer bestanden. Belegt werde das Ganze durch das Verhältnis zwischen Lohnsumme und den Kosten für bezogenes Bauholz. Anders als bei Zimmererbetrieben sei bei ihm die Lohnsumme teilweise 3-fach so hoch gewesen wie die Kosten für Bauholz. Trockenbauarbeiten hätten weniger als 10% der betrieblichen Gesamtarbeitszeit ausgemacht, 10% seien auf den Verkauf von Baumaterialien entfallen, der Rest, abgesehen von den Zimmererarbeiten, auf die Herstellung von Möbeln, die Restaurierungsarbeiten und die Herstellung von Holzfußböden.

Der Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und nach den Schlussanträgen erster Instanz zu erkennen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil und trägt vor, bauliche Leistungen im Sinne der Bautarifverträge hätten überwogen. Neben 30% Zimmererarbeiten seien zu 10% Treppenbauarbeiten, zu jeweils 10% Trocken- und Akustikbauarbeiten durchgeführt und zu 10% anschließend montierten Material verkauft worden. Möbel, Türen und Fenster sowie Holzfußböden seien nur zu einem ganz verschwindend geringen Teil hergestellt worden.

Das Berufungsgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zimmermanns und Tischlers ..., des Zimmermanns und Drehers ..., des Zimmerers ..., des Arbeiters ... und des Schreiners ... als Zeugen. Auf das Ergebnis der Beweisaufnahme wird Bezug genommen. Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsrechtszug wird auf den vorgetragenen Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze sowie auf die Niederschrift über die Berufungsverhandlung am 09.12.2002 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gem. §§ 8 Abs. 2 ArbGG, 511 ZPO an sich statthafte Berufung begegnet hinsichtlich des Wertes des Beschwerdegegenstandes (§ 64 Abs. 2 b ArbGG) keinerlei Bedenken. Sie ist auch form- und fristgerecht eingelegt, sowie rechtzeitig und ordnungsgemäß begründet worden (§§ 66 Abs. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO) und damit insgesamt zulässig.

In der Sache hat die Berufung Erfolg. Denn für das Klagebegehren gibt es keine Rechtsgrundlage.

Als allein mögliche Anspruchsgrundlage für das Zahlungsverlangen des Klägers kommt § 24 Abs. 1 des Tarifvertrages über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe (VTV) vom 12.11.1986 in den für die Kalenderjahre 1994 und 1995 maßgeblichen Fassungen vom 15.12.1993 und 12.12.1994 nicht in Betracht. Denn die in dieser Tarifnorm statuierte Zahlungsverpflichtung trifft den Beklagten nicht, weil der VTV für ihn im Klagezeitraum nicht galt. Der Beklagte unterhielt nämlich im Klagezeitraum keinen Betrieb, der unter den betrieblichen Geltungsbereich dieses Tarifvertrages fiel.

Nach § 1 Abs. 2 VTV unterfallen dem betrieblichen Geltungsbereich dieses Tarifvertrages "Betriebe des Baugewerbes". Das sind u.a. solche Betriebe, die nach ihrer durch die Art der betrieblichen Tätigkeit geprägten Zweckbestimmung und nach ihrer betrieblichen Einrichtung gewerblich entweder Bauten aller Art erstellen (§ 1 Abs. 2 Abschnitt I) oder gewerblich bauliche Leistungen erbringen, die der Erstellung, Instandhaltung, Instandsetzung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen (§ 1 Abs. 2 Abschnitt II) oder die sonstige bauliche Leistungen erbringen (§ 1 Abs. 2 Abschnitt III). Zu den erfassten betrieblichen Tätigkeiten zählen u.a. die in § 1 Abs. 2 Abschnitt V genannten Einzeltätigkeiten, darunter:

9. Dämm(Isolier-)arbeiten (z.B. Wärme-, Kälte-, Schallschutz-, Schallschluck-, Schallverbesserungs-, Schallveredelungsarbeiten) einschließlich Anbringung von Unterkonstruktion;

37. Trocken- und Montagebauarbeiten (z.B. Wand- und Deckeneinbau bzw. -verkleidungen), einschließlich des Anbringens von Unterkonstruktionen und Putzträgern;

41. Zimmererarbeiten und Holzbauarbeiten, die im Rahmen des Zimmerergewerbes ausgeführt werden.

Nach dem erkennbaren Willen der Tarifvertragsparteien ist danach ein Betrieb dem Baugewerbe im tariflichen Sinne dann zuzuordnen, wenn seine betrieblichen Tätigkeiten entweder in der Einzelaufstellung (§ 1 Abs. 2 Abschnitt V) genannt sind oder unter die allgemeinen Bestimmungen der Abschnitte I - III des §1 Abs. 2 VTV fallen (ständige Rechtsprechung seit BAG 18.01.1984, AP Nr. 60 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau). Ob hiernach bauliche Leistungen überwiegend erbracht werden, bemisst sich danach, ob die überwiegende Arbeitszeit der Arbeitnehmer des Betriebes auf derartige bauliche Tätigkeiten entfällt. Nicht maßgeblich sind dagegen wirtschaftliche Gesichtspunkte wie Umsatz und Verdienst oder handels- oder gewerberechtliche Kriterien (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BAG 14.07.2000, AP Nr. 232 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau). Schließlich ist Bedacht darauf zu nehmen, ob der Betrieb nach § 1 Abs. 2 Abschnitt VII VTV ausdrücklich vom betrieblichen Geltungsbereich des Tarifvertrages ausgenommen ist.

Nach diesen Maßstäben war der Betrieb des Beklagten in den Kalenderjahren 1994 und 1995 und damit auch im Klagezeitraum kein baugewerblicher im tariflichen Sinne. Denn der Betrieb des Beklagten war nach § 1 Abs. 2 Abschnitt VII Nr. 8 VTV vom Geltungsbereich des Tarifvertrages ausgenommen. Nach dieser Bestimmung werden nicht erfasst Betriebe des Schreinerhandwerks sowie der holzbe- und -verarbeitenden Industrie, soweit nicht Fertigbau-, Dämm-(Isolier-) oder Trockenbau- und Montagebauarbeiten ausgeführt werden.

Der Betrieb des Beklagten war im Klagezeitraum ein Betrieb des Schreinerhandwerks im Sinne von § 1 Abs. 2 Abschnitt VII Nr. 8 VTV.

Mit der Bestimmung, dass Betriebe des Schreinerhandwerks von ihrem Tarifwerk ausgenommen sein sollen, haben die Tarifvertragsparteien des Baugewerbes in die Gerichte bindender Weise festgelegt, dass Betriebe dieses Gewerbezweigs - soweit nicht die in der Tarifnorm besonders aufgeführten Arbeiten geleistet werden - nicht vom betrieblichen Geltungsbereich des VTV erfasst werden sollen. Zwar haben die Tarifvertragsparteien den von ihnen verwendeten Begriff "Betriebe des Schreinerhandwerks" nicht näher erläutert und erklärt. Mit der Verwendung dieses Begriffs knüpfen die Tarifvertragsparteien des Baugewerbes jedoch ersichtlich an den in der Fachsprache des Arbeits- und Wirtschaftslebens üblichen Begriffsinhalt an. Demzufolge wollten sie den Begriff so verwendet wissen, wie er von den beteiligten Berufskreisen, den die Fachsprache prägenden Berufsbildern und den berufsrechtlichen Bestimmungen verstanden wird (vgl. BAG 29.05.1991, AP Nr. 5 zu § 1 TVG Tarifverträge: Maler; Kammerurteil vom 02.09.1991 - 16 Sa 197/91). Unter Berücksichtigung des von den Tarifvertragsparteien in ihrem Tarifvertrag zugrunde gelegten "Überwiegensprinzips" liegt danach ein Betrieb des Schreinerhandwerks dann vor, wenn arbeitszeitlich überwiegend dem Schreinerhandwerk nach Herkommen und Üblichkeit zuzurechnende Arbeiten durchgeführt werden (vgl. BAG 11.11.1996, AP Nr. 199 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau; BAG 09.12.1998 - 10 AZR 248/98). Entsprechend sind Betriebe dann, aber auch nur dann, vom Geltungsbereich der Bautarifverträge ausgenommen, wenn arbeitszeitlich überwiegend Tätigkeiten des Schreinerhandwerks ausgeführt werden, soweit nicht die in der Tarifnorm ausdrücklich genannte Rückausnahme eingreift. Ob daneben noch andere (bauliche) Tätigkeiten durchgeführt werden, ist ohne Belang, weil allein die überwiegende Tätigkeit nach dem erkennbaren Willen der Tarifvertragsparteien einen Betrieb zu einem des Baugewerbes oder zu einem vom betrieblichen Geltungsbereich ausdrücklich ausgenommenen macht.

In diesem Sinne handelte es sich beim Betrieb des Beklagten in den Jahren 1994 und 1995 um einen solchen des nach § 1 Abs. 2 Abschnitt VII Nr. 8 VTV ausgenommenen Schreinerhandwerks. Das steht aufgrund des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses der durchgeführten Beweisaufnahme zur Überzeugung des Berufungsgerichts fest.

Freilich war es Sache des Beklagten, diesen Beweis zu führen, weil es im Streitfall Aufgabe der Partei, die sich auf einen Ausnahmetatbestand beruft, ist, die Voraussetzungen dieses Ausnahmetatbestandes darzulegen und im Streitfall zu beweisen (vgl. BAG 03.12.1986 u. 23.11.1988 AP Nr. 73 u. 104 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau). Hier ist zwischen den Parteien diese Frage streitig. Nach dem Vortrag des Klägers sollen 30% der Gesamtarbeitszeit auf Zimmererarbeiten und Holzbauarbeiten entfallen sein, 10% auf Trockenbauarbeiten, 10% auf Akustikbauarbeiten und 10% auf den Verkauf von Baumaterial. Da der Kläger vorgebracht hat, die Herstellung von Möbeln, Türen, Fenstern und Holzfußböden seien nur zu einem verschwindend geringen Teil angefallen, ergibt sich daraus, dass nach dem klägerischen Vortrag, selbst wenn man die behaupteten Trockenbau- und Akustikbauarbeiten dem Schreinerhandwerk zurechnen wollte, die arbeitszeitlich überwiegende Durchführung von Tätigkeiten des Schreinerhandwerks mit Nichtwissen bestritten worden ist.

Den ihm obliegenden Beweis hat der Beklagte geführt. Sämtliche vernommenen Zeugen, die die Gesamtbelegschaft des Beklagten in den Kalenderjahren des Klagezeitraums repräsentierten, haben übereinstimmend angegeben, sie hätten Dielen, Fußböden, Möbel, Treppen, teilweise auch Gatter, Blendläden hergestellt und Vorbereitungsarbeiten für die Herstellung von Wintergärten durchgeführt. Daneben haben die Zeugen ausgesagt, sie hätten auch Wand- und Deckenverkleidungen aus Holz, erheblich weniger aus Rigips gemacht, ferner Restaurierungsarbeiten an Fenstern und Türen vorgenommen. Alles das sind Schreinerarbeiten.

Dieser Befund ergibt sich zum einen aus einem Blick in berufsrechtliche Bestimmungen. Nach § 1 Abs. 1 der Verordnung über das Berufsbild und über die Prüfungsanforderungen im praktischen und im fachtheoretischen Teil der Meisterprüfung für das Tischlerhandwerk vom 07.09.1987 (BGBl. I, S. 2138) sind nämlich dem Tischlerhandwerk Tätigkeiten des Entwurfs, der Herstellung, des Einbaus, der Instandsetzung von Türen, Toren, Fenstern, Fenster- und Türelementen zuzurechnen (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 der VO), ebenso Tätigkeiten des Entwurfs, der Herstellung, des Einbaus und der Instandsetzung von Inneneinrichtungen, Ausführung von Innenausbauarbeiten aus Holz, Holzwerk- und Kunststoffen (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 der VO), Tätigkeiten des Entwurfs, der Herstellung und Instandsetzung von Möbeln (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 der VO), sowie Tätigkeiten des Entwurfs, der Herstellung und Instandsetzung von Gehäusen, Behältern und Geräten aus Holz, Holzwerk- und Kunststoffen (§ 1 Abs. 1 Nr. 7 der VO). Nach § 3 der für den Klagezeitraum maßgeblichen Verordnung über die Berufsausbildung zum - Tischler vom 15.07.1977 (BGBl. I, S. 1261) gehören zu den Fertigkeiten und Kenntnissen des Tischlerhandwerks das Verwenden von Holz und Holzwerkstoffen (§ 3 Nr. 3), Grundfertigkeiten der Holzbe- und der Holzverarbeitung (§ 3 Nr. 4), die Herstellung von Holzverbindungen (§ 3 Nr. 6), das Herstellen von Teilen und Zusammensetzen der Teile zu Erzeugnissen (§ 3 Nr. 15) sowie das Einbauen von montagefertigen Teilen und Erzeugnissen (§ 3 Nr. 18). Auch das berufskundliche Schrifttum bestätigt diese Sicht. Dieses rechnet die Ausstattung und Einrichtung von Innenräumen, u.a. mit Einbauschränken, Raumteilern, Decken- und Wandverkleidungen sowie Haus- und Zimmertüren sowie Fenstern (vgl. Blätter für Berufskunde 1-III C 101, S. 1) bzw. das Fertigen und Einbauen von Ausrüstungsteilen aus Holz und von Inneneinrichtungen aus Holz für Gebäude, insbesondere das Einbauen von Fensterrahmen, Türen, Wand- und Deckenverkleidungen und Einbaumöbeln zum Schreinerhandwerk (vgl. Klassifizierung der Berufe, Berufstätigkeiten in der Bundesrepublik Deutschland, Ausgabe 1966 Nr. 3021). Damit sind nach berufsrechtlichen Bestimmungen und der im berufskundlichen Schrifttum wiedergegebenen Sprache des Arbeits- und Wirtschaftslebens sämtliche von den Zeugen genannten Tätigkeitsbereiche dem Schreinerhandwerk zuzurechnen.

Dem steht auch nicht entgegen, dass es sich bei dem Einbau von Wand- und Deckenverkleidungen um Tätigkeiten handelt, die unter § 1 Abs. 2 Abschnitt V Nr. 37 VTV, nämlich die dort genannten Trockenbau- und Montagebauarbeiten fallen. Zum einen nennen, wie ausgeführt, die berufsrechtlichen Vorschriften über das Schreinerhandwerk ausdrücklich derartige Tätigkeiten. Zum anderen zwingt die in § 1 Abs. 2 Abschnitt VII Nr. 8 VTV genannte Rückausnahme für Betriebe, die Trockenbau- und Montagebauarbeiten sowie (Dämm-) Isolierarbeiten durchführen, auch tarifrechtlich dazu, dass auch solche Tätigkeiten nach dem Willen der Tarifvertragsparteien dem Schreinerhandwerk im Sinne der Ausnahmebestimmung zuzurechnen sind. Denn die Rückausnahme in § 1 Abs. 2 Abschnitt VII Nr. 8 VTV wäre sinnlos, wenn die Tarifvertragsparteien die Ausführung derartiger Arbeiten nicht dem Schreinerhandwerk zugerechnet sehen wollten. Vielmehr gewinnt die Rückausnahme nur dann einen Sinn, wenn sie so verstanden wird, dass kraft ausdrücklicher tarifvertraglicher Regelungen Betriebe des Schreinerhandwerks eben dann erfasst werden sollen, wenn Tätigkeiten im Sinne der Rückausnahme ausgeführt werden (vgl. BAG 27.08.1986, AP Nr. 70 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau; BAG 22.09.1993, AP Nr. 21 zu § 4 TVG Tarifkonkurrenz; Kammerurteil vom 28.02.1994 - 16 Sa 1630/92).

Dass die von den Zeugen genannten, dem Schreinerhandwerk zuzuordnenden Arbeiten arbeitszeitlich überwiegend durchgeführt worden sind, ergibt sich ebenfalls aus dem Ergebnis der Beweisaufnahme und dem Vorbringen beider Parteien. Abgesehen von der Durchführung von Zimmererarbeiten, die nach dem übereinstimmenden Vortrag beider Parteien 30% der betrieblichen Gesamtarbeitszeit ausmachten, haben die Zeugen nämlich andere, als die von ihnen angeführten Arbeiten nicht durchgeführt. Selbst wenn man die unstreitig zu 10% der betrieblichen Gesamtarbeitszeit angefallenen Treppenbauarbeiten dem Zimmererhandwerk zurechnen wollte (vgl. dazu z.B. BAG 25.07.2001, AP Nr. 240 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau), ergeben sich maximal 40% der betrieblichen Gesamtarbeitszeit, die auf Tätigkeiten entfallen ist, die nicht dem Schreinerhandwerk zuzuordnen sind. Die von beiden Parteien angegebenen Tätigkeiten des Verkaufs von Baumaterial kann ausweislich des Ergebnisses der Beweisaufnahme nur den Verkauf selbst gefertigter Materialien zum Gegenstand gehabt haben, so dass bei einer entsprechenden Aufteilung auf Zimmererarbeiten und Tätigkeiten des Schreinerhandwerks maximal weitere 4% der betrieblichen Gesamtarbeitszeit auf Tätigkeiten entfallen sind, die nicht dem Schreinerhandwerk zuzuordnen sind. Daraus ergibt sich, dass jedenfalls zu 56% der betrieblichen Gesamtarbeitszeit und damit arbeitszeitlich überwiegend Tätigkeiten ausgeführt worden sind, die dem Schreinerhandwerk zuzuordnen sind.

Daran ändert sich auch nichts, wenn man die von den Zeugen bekundeten Herstellungsarbeiten für Wintergärten nicht dem Schreinerhandwerk zuordnet. Irgendeinen Anteil derartiger Arbeiten hat der Kläger selbst nicht behauptet. Selbst wenn man davon ausgeht, der Kläger habe sich insoweit das Ergebnis der Beweisaufnahme zu Eigen gemacht, ergibt sich für ihn nichts Günstigeres. Denn der Anteil dieser Arbeiten ist völlig ungewiss geblieben. Lediglich der Zeuge ... hat sich dazu in der Lage gesehen, eine ungefähre zeitliche Angabe dahingehend zu machen, dass er pro Jahr 3 Wochen für die Herstellung der Wintergartenelemente und deren Einbau verwandt habe. Das lässt nur den Schluss zu, dass auf derartige Arbeiten ein minimaler Teil der betrieblichen Gesamtarbeitszeit entfallen ist, der nichts daran ändert, dass zu mehr als 50% der Gesamtarbeitszeit Tätigkeiten des Schreinerhandwerks durchgeführt worden sind.

Da der Betrieb des Beklagten danach ein solcher des Schreinerhandwerks im Sinne von § 1 Abs. 2 Abschnitt VII Nr. 8 VTV war, könnte er nur dann unter den betrieblichen Geltungsbereich des VTV gefallen sein, wenn die in § 1 Abs. 2 Abschnitt VII Nr. 8 VTV genannte Rückausnahme für Betriebe des Schreinerhandwerks eingriffe. Davon kann nicht ausgegangen werden.

Bereits der eigene Vortrag des Klägers rechtfertigt diese Annahme nicht. Denn die Montage von Wand- und Deckenverkleidungen (Trockenbau- und Montagebauarbeiten bzw. Akustikbauarbeiten) machten danach lediglich 20% der Gesamtarbeitszeit aus. Selbst wenn man davon ausgehen wollte, auch der von den Zeugen bekundete Einbau von Türen und Fenstern sei den Trockenbauarbeiten zuzurechnen, ändert sich nichts. Der Kläger selbst hat den Anteil derartiger Arbeiten nicht quantifiziert. Aufgrund der Vernehmung der Zeugen lässt sich ein bestimmter prozentualer Anteil dieser Arbeiten an der betrieblichen Gesamtarbeitszeit nicht feststellen.

Das muss zu Lasten des Klägers gehen. Denn dieser ist insoweit beweisbelastet. Steht nämlich fest, dass es sich bei einem Betrieb um einen solchen des Schreinerhandwerks handelt, ist es Sache des Klägers, die Voraussetzungen dafür, dass der VTV gleichwohl gilt, also die Voraussetzungen der entsprechenden Rückausnahme, darzulegen und im Streitfall zu beweisen (vgl. Kammerurteile vom 28.02.1994 - 16 Sa 1630/92 u. v. 01.07.2002 - 16 Sa 1962/01). Diesen Beweis hat der Kläger nicht geführt, da die Bekundungen der Zeugen keinerlei Rückschlüsse auf einen arbeitszeitlichen Anteil der Montage von Fenstern und Türen ermöglichen. Das verwundert auch nicht. Denn angesichts des vielfältigen Tätigkeitsfeldes der Zeugen ist es nur zu verständlich, dass sich diese an einen bestimmten Anteil einzelner Arbeiten nicht erinnern konnten.

Weil der Betrieb des Beklagten danach ein vom Geltungsbereich des VTV ausgenommener Betrieb des Schreinerhandwerks war, schuldet der Beklagte die verlangte Zahlung nicht.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, da er unterlegen ist (§ 91 ZPO).

Eine gesetzlich begründete Veranlassung zur Zulassung der Revision war nicht ersichtlich.

Ende der Entscheidung

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